PDF-Datei zu diesem Artikel - Kulturvision
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Eros als Triebkraft<br />
Die Maler Evelyn und Horst Hermenau<br />
„Unsere künstlerische Arbeit war von Anfang<br />
an mit unserer Gemeinschaft verbunden.“ Sagt<br />
Horst Hermenau und seine Frau Evelyn nickt <strong>zu</strong>stimmend.<br />
Beide sind bildende Künstler, beide<br />
sind Musiker und haben eine Tochter Andrea,<br />
die gerade als Jazzpianistin und Sängerin eine<br />
steile Karriere macht.<br />
Die Gemeinschaft der beiden Hermenaus geht<br />
so weit, dass sie gemeinsam an einem Bild arbeiten,<br />
einer fängt an, der andere macht weiter,<br />
bringt seine Aspekte ein, zerstört dabei auch<br />
Dinge des anderen, der seinerseits wieder übernimmt,<br />
erweitert und zerstört. Aber das ist die<br />
Ausnahme. Die Regel der beiden Künstler ist,<br />
dass sie die Arbeit des anderen als erste sehen<br />
und bewerten. „Sie ist meine strengste Kritikerin,<br />
sie ist gnadenlos ehrlich“, sagt Horst und<br />
räumt ein, dass die Kritik dann am Wehesten<br />
tue, wenn sie Recht habe. Er als Pädagoge sei<br />
geschickter, meint die Zahnärztin Evelyn, und<br />
schaffe es, über die Hervorhebung der positiven<br />
Aspekte auch Kritik an<strong>zu</strong>bringen.<br />
„Natürlich geht es nicht ohne Konflikte und<br />
manchmal fließen auch Tränen“, sagt Horst.<br />
Und natürlich gibt es nicht nur Gemeinschaft, jeder<br />
der beiden bringt seine Aspekte aus seinem<br />
ganz eigenen Leben ein. Horst aus der Schule,<br />
wo er als Kunstpädagoge tätig ist und Evelyn<br />
aus der Medizin. „Es ist eine Stärke, wenn zwei<br />
Menschen ihre positiven Energien <strong>zu</strong>sammenführen<br />
können“, sagt Evelyn. Aus Spannungen<br />
erwächst etwas Neues.<br />
Seit 43 Jahren sind die Hermenaus ein Paar.<br />
In dieser Zeit hat Horst Hermenau mehrere<br />
Schaffensphasen durchlaufen. Vom Realismus<br />
kommend, wurde er <strong>zu</strong>nehmend abstrakt, bis<br />
er heute wieder naturalistisch malt. Seine neuesten<br />
Arbeiten sind Kombinationen von Fotos<br />
mit Malerei. Bei all diesen Übergängen begleitete<br />
Evelyn Hermenau ihren Mann behutsam,<br />
mischte sich nicht ein, aber erkannte, wenn etwas<br />
Neues, Interessantes heranwuchs. Die Viel-<br />
falt sei es, die den Menschen ausmache, jedes<br />
Eindimensionale führe in die Starre, sagt Hermenau,<br />
das habe er von seinem Lehrer Heinz Butz<br />
gelernt. Und die neue Technik mit Fotografie<br />
und Mehrfachbelichtungen, die habe er dem<br />
digitalen Zeitalter <strong>zu</strong> verdanken.<br />
Zur Zeit befasst er sich nur mit Fotografie. Er<br />
will herausfinden, wie sich junge Mädchen <strong>zu</strong>r<br />
Frau entwickeln und fotografiert 15- bis 17-Jährige,<br />
natürlich mit dem Einverständnis der Eltern.<br />
Manchmal sei es nicht leicht, aber wenn<br />
die Mädchen ihre Masken fallen ließen, dann<br />
kämen ganz authentische Fotos heraus. Sehr<br />
spannend, sagt Horst Hermenau.<br />
Evelyn Hermenau ist für ihre Naturstudien bekannt,<br />
für das genaue Betrachten und Umsetzen<br />
des Gesehenen. Zumeist als Schwarz-<br />
Weiß-Studien von Wasser und Bergen. Es sei<br />
beeindruckend, wie stringent sie ihre Arbeit<br />
verfolge, sagt Horst Hermenau. Einmal seien sie<br />
bei minus 10 Grad an einem Bach gewesen, der<br />
Evelyn so stark berührte, dass sie stundenlang<br />
saß und skizzierte, während er entsetzlich fror.<br />
Er bewundere an ihr, dass sie sich trotz ihrer intensiven<br />
Arbeit als Zahnärztin schnell auf das<br />
Bildnerische fokussieren könne.<br />
Sie schwächt ab. Manchmal dauere es im Urlaub<br />
Tage bis sie den Einstieg finde, aber dann<br />
könne es schon sein, dass die Ideen explodieren.<br />
Auch in der Musik sind die Hermenaus eine Gemeinschaft,<br />
haben sie sich doch beim Singen<br />
kennen gelernt. Und der Klavierspieler Horst<br />
habe ihr schon imponiert, erzählt Evelyn, die<br />
Flöte und Gitarre und jetzt E-Bass spielt. Die<br />
beiden spielen gemeinsam und in Gemeinschaft<br />
mit anderen Musikern. Nicht für die Öffentlichkeit.<br />
Ihnen liegt viel an experimenteller Musik,<br />
am Dialog, am Fragen und Antworten.<br />
Dies haben sie auch der Tochter Andrea ver-<br />
mittelt. Nein, stolz sind die Eltern nicht, denn<br />
das hat was mit Ego <strong>zu</strong> tun. „Es gibt schon Momente,<br />
wo es durchschlägt“, lacht Horst. Aber<br />
<strong>zu</strong>meist betrachten sie Talent und Erfolg der<br />
Tochter als Geschenk voller Dankbarkeit. Und<br />
wieder relativiert Evelyn: „Es ist auch viel Arbeit<br />
nötig, um das Talent <strong>zu</strong> entfalten.“<br />
Am wichtigsten aber sei es, ist Horst überzeugt,<br />
dass man die Struktur des eigenen Lebens erkenne.<br />
„Andrea hat das Glück, dass sie Öffentlichkeit<br />
erlangen konnte.“ Er hingegen wandere<br />
auf kleinen verschlungenen Wegen. Aber das<br />
sei in Ordnung, wenn man vertraue, dass es so<br />
und nicht anders richtig und gewollt sei.<br />
Und noch etwas haben die Hermenaus in ihrer<br />
Gemeinschaft erkannt: Eros ist eines der wichtigsten<br />
Dinge in der Kunst, die Triebkraft. Die<br />
Gemeinschaft dürfte hier<strong>zu</strong> recht förderlich<br />
sein. MG<br />
Kontakt: Tel.: 08024 2887<br />
Bildende Kunst 07