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Übungsfall: „Rückforderungsdurchgriff und finanzierter Autokauf“

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StudZR 2/2006 399<br />

Christian M. Leisinger/Martin C. Mekat*<br />

<strong>Übungsfall</strong>:<br />

<strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong><br />

Abstract<br />

Der Fall wirft insbesondere Probleme aus dem neuen Schuldrecht auf. Der<br />

Klausurbearbeiter sollte im Kaufrecht <strong>und</strong> in den Vorschriften des Verbraucherrechts<br />

solide Kenntnisse besitzen. Schwerpunkt der Bearbeitung<br />

ist die Problematik der Rückabwicklung verb<strong>und</strong>ener Verträge. Die<br />

Rechtsprechung des BGH <strong>und</strong> die vertretenen Lehrmeinungen sind anzubringen.<br />

Der Fall soll bei Examenskandidaten das Verständnis für die unterschiedlichen<br />

Interessen <strong>und</strong> daraus folgende Wertungen bei verb<strong>und</strong>enen<br />

Verträgen schärfen <strong>und</strong> eventuelle Lücken im Hinblick auf die Examensvorbereitung<br />

schließen. Die Ausführlichkeit der Lösung könnte<br />

indes in einer Klausurbearbeitung so nicht verlangt werden, insofern versteht<br />

sich diese Darstellung als Lernbeitrag. StudZR 2/2006<br />

* Die Autoren sind Doktoranden bei Prof. Dr. Dr. h. c. Werner F. Ebke,<br />

LL. M. (UC Berkeley); der Autor Mekat ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

an oben genanntem Lehrstuhl am Institut für deutsches <strong>und</strong> europäisches<br />

Gesellschafts- <strong>und</strong> Wirtschaftsrecht der Ruprecht-Karls-<br />

Universität Heidelberg. Der Autor Leisinger hat den kaufrechtlichen<br />

Teil, der Autor Mekat hat den Darlehens- <strong>und</strong> Rückforderungsteil bearbeitet.<br />

Beide Autoren verantworten den Beitrag gemeinsam.


400<br />

StudZR 2/2006<br />

Sachverhalt<br />

K möchte beim Automobilhändler V mit Sitz in Heidelberg einen Pkw kaufen. In dem Geschäft<br />

des V einigen sich K <strong>und</strong> V über den Kauf eines neuartigen Autos mit Hybridmotor, das<br />

laut Werbeaussagen des Herstellers durch die Kombination von Elektro- <strong>und</strong> Benzinmotor einen<br />

besonders sparsamen Verbrauch verspricht. Da K den Kaufpreis des Autos in Höhe von<br />

30 000 A nicht aus seinem eigenen Vermögen bezahlen kann, bietet V ihm eine Finanzierung<br />

durch die hauseigene B-Bank des Automobilherstellers T an. K nimmt dieses Angebot erfreut<br />

an <strong>und</strong> unterschreibt das Darlehensformular. Angaben zum effektiven Jahreszins enthält das<br />

Darlehensformular nicht, da die B-Bank annimmt, diese Zahl könne jedermann leicht selbst errechnen.<br />

Eine ordnungsgemäße Belehrung über eventuelle Widerrufsrechte findet statt. Das<br />

Darlehen wird kurz darauf direkt an den V ausgezahlt.<br />

Nach Inbetriebnahme des Hybridfahrzeugs hält die Freude des K allerdings nur kurze Zeit an.<br />

Schon nach Zahlung der ersten zwei (monatlichen) Raten stellt sich heraus, dass das Auto deutlich<br />

mehr Benzin verbraucht, als dies nach den Werbeangaben des Herstellers der Fall sein sollte.<br />

Als K den V damit konfrontiert, erklärt V, dass er damit nichts zu tun habe. Vielmehr liege es<br />

erst einmal an K zu beweisen, dass der Wagen bereits bei der Schlüsselübergabe mangelhaft gewesen<br />

sei. Zudem könne er nichts für die unzutreffenden Werbeangaben des Herstellers T. K<br />

müsse wohl noch ein paar Jahre warten, bis ein so niedriger Verbrauch technisch möglich sei.<br />

Die anderen Käufer dieses Modells, bei denen ebenfalls ein erhöhter Benzinverbrauch verzeichnet<br />

wurde, würden dies auch hinnehmen.<br />

K ist von diesen Aussagen wenig begeistert <strong>und</strong> möchte nun das Auto wieder zurückgeben;<br />

schließlich sei der besonders geringe Verbrauch Gr<strong>und</strong>lage seiner Kaufentscheidung gewesen.<br />

Kurz nachdem er dem V sein Begehren mitgeteilt hat, erhält er von der B-Bank eine Aufforderung<br />

zur Zahlung der ausstehenden Raten. Daraufhin fährt K völlig verärgert auf das Areal der<br />

B-Bank <strong>und</strong> lässt dort das Auto stehen. K verfasst ein Schreiben an den zuständigen Sachbearbeiter<br />

der Bank, dass er nicht bereit sei, weitere Raten für ein mangelhaftes Auto zu zahlen.<br />

Da V <strong>und</strong> die B-Bank sowieso unter einer Decke stecken würden, habe er das Auto bei B stehen<br />

lassen <strong>und</strong> werde sich um nichts mehr kümmern. Zudem widerrufe er als Verbraucher den<br />

Darlehensvertrag. Das Schreiben geht am nächsten Tag der B-Bank zu. Ein gleich lautendes<br />

Schreiben hatte er zuvor auch schon an den V gesendet.<br />

K erhält daraufhin ein Schreiben der B-Bank, in welchem ihm mitgeteilt wird, dass er sehr<br />

wohl verpflichtet sei, weiterzuzahlen <strong>und</strong> die B-Bank sich nicht mit „Autokram“ beschäftigen<br />

könne <strong>und</strong> wolle. Weiterhin solle K sein Auto von dem Bankareal entfernen, da hierdurch<br />

K<strong>und</strong>enparkplätze blockiert würden.<br />

K ist nun doch verunsichert <strong>und</strong> wendet sich an Sie, um zu erfahren, welche Rechte ihm gegen<br />

V zustehen. Weiterhin möchte er wissen, ob er noch zur Ratenzahlung verpflichtet ist, ob<br />

er für die Benutzung des Autos eine „Nutzungsvergütung“ entrichten <strong>und</strong> ob er der Bank<br />

Zins- <strong>und</strong> Kostenanteile des Darlehens erstatten muss.<br />

Bitte erstellen Sie zu den aufgeworfenen Fragen ein Gutachten.<br />

<strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> Leisinger/Mekat <strong>Autokauf“</strong>


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 401<br />

Gutachten<br />

A. Ansprüche K gegen V aus Mängelgewährleistung<br />

I. Anspruch auf Nacherfüllung, §§ 433, 434, 437, 439<br />

K könnte gegen V ein Nacherfüllungsanspruch aus den §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 I<br />

zustehen. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen eines wirksamen Kaufvertrages<br />

<strong>und</strong> die Mangelhaftigkeit der Sache bei Gefahrübergang.<br />

1. Wirksamer Kaufvertrag, § 433<br />

Zunächst müsste ein wirksamer Kaufvertrag bestehen. Ein Kaufvertrag kommt<br />

durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande, Angebot <strong>und</strong> Annahme<br />

i. S. d. §§ 145 ff. Laut Sachverhalt haben sich V <strong>und</strong> K über die essentialia negotii2 eines<br />

Autokaufs geeinigt. Da zudem keine rechtshindernden Einwendungen ersichtlich<br />

sind, liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor.<br />

2. Mangel bei Gefahrübergang, § 434<br />

Weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Rechte aus § 437 ist das Vorliegen eines<br />

Mangels bei Gefahrübergang. Ein Sachmangel liegt nach § 434 vor, wenn die Ist-Beschaffenheit<br />

der Sache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs von der Soll-Beschaffenheit<br />

für den Käufer nachteilig abweicht. § 434 I unterscheidet verschiedene Arten der<br />

Ermittlung der Sollbeschaffenheit. Zudem werden in § 434 II, III bestimmte andere<br />

Umstände einem Sachmangel gleichgestellt.<br />

a) Beschaffenheitsvereinbarung, § 434 I S. 1<br />

Unter Zugr<strong>und</strong>elegung des subjektiven Fehlerbegriffs ist eine Sache zunächst nach<br />

§ 434 I S. 1 dann mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit<br />

hat. Eine solche Vereinbarung, für die zwei übereinstimmende Erklärungen<br />

erforderlich sind, hat nicht stattgef<strong>und</strong>en. V <strong>und</strong> K haben gar nicht über den<br />

Benzinverbrauch des Wagens gesprochen.3<br />

1 §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB.<br />

2 Kaufgegenstand, Kaufpreis, Vertragsparteien.<br />

3 Bei der Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung ist Zurückhaltung geboten.<br />

Es besteht die Gefahr einer bloßen Willensfiktion. Deswegen sind zumindest immer konkrete<br />

Anhaltspunkte für das Vorliegen der Willensübereinstimmung zu fordern, vgl. Faust, in:<br />

Bamberger/Roth, Bd. 1 (2003), § 434 Rn. 40.


402<br />

StudZR 2/2006<br />

b) Vertraglich vorausgesetzte Verwendung, § 434 I S. 2 Nr. 1<br />

Da eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wurde, ist weiterhin zu prüfen,<br />

ob sich das Auto nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet, § 434 I<br />

S. 2 Nr. 1. Hierzu bedarf es eines über die bloße Sachmängelfreiheit hinausgehenden<br />

besonderen Verwendungszwecks. Der Verwendungszweck eines Pkw ist es, diesen<br />

als Transportmittel zu verwenden. Dieser Zweck ist aber nicht beeinträchtigt. Somit<br />

ergibt sich ein Mangel auch nicht aus § 434 I S. 2 Nr. 1.<br />

c) Gewöhnliche Verwendung, § 434 I S. 2 Nr. 2<br />

Wie bereits festgestellt, ändert ein erhöhter Benzinverbrauch nicht die Eignung zur<br />

gewöhnlichen Verwendung des Autos als Transportmittel. Somit ergibt sich ein<br />

Mangel auch nicht aus § 434 I S. 2 Nr. 2.<br />

d) Mangelbegründende öffentliche Äußerungen, § 434 I S. 3<br />

Möglicherweise ergibt sich die Annahme eines Mangels aus § 434 I S. 3. Danach<br />

weicht eine Kaufsache auch dann von der üblichen Beschaffenheit ab, wenn sie von<br />

öffentlichen Aussagen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere<br />

in der Werbung oder bei der Kennzeichnung abweicht.4 Durch diese Regelung<br />

werden somit auch solche Äußerungen für die Bestimmung der Beschaffenheit<br />

erfasst, auf die im Verkaufsgespräch nicht Bezug genommen wurde.<br />

aa) Öffentliche Äußerung<br />

Zunächst müsste eine öffentliche Äußerung vorliegen. Erforderlich ist hierfür, dass<br />

die Äußerung an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtet ist.5 Die öffentliche<br />

Äußerung muss geeignet sein, innerhalb der entsprechenden Zielgruppe die Erwartung<br />

einer bestimmten Beschaffenheit hervorzurufen. Aus der Formulierung „erwarten<br />

kann“ <strong>und</strong> dem Verweis auf § 434 II Nr. 2 ist zu entnehmen, dass auf das Verständnis<br />

eines Durchschnittsk<strong>und</strong>en abzustellen ist.6 Wie aus dem Gesetzestext<br />

abzuleiten ist, stellt die Werbung den Hauptanwendungsbereich dieser Vorschrift dar.<br />

Darunter versteht man jedes Verhalten, das andere dafür gewinnen soll, die Leistung<br />

desjenigen in Anspruch zu nehmen, für den geworben wird.7 Laut Sachverhalt erfolgte<br />

die Äußerung in „Werbeaussagen“ <strong>und</strong> richtete sich somit an eine unbestimmte<br />

Vielzahl von Personen. Das Merkmal der öffentlichen Äußerung ist somit gegeben.<br />

bb) Person des Äußernden<br />

Als Personen, von denen die Äußerung stammen muss, kommen sowohl der Verkäufer,<br />

der Hersteller8 als auch seine Gehilfen in Betracht, § 434 I S. 3 i. V. m. § 4 I, II<br />

ProdHaftG. Laut Sachverhalt wurden die Werbeaussagen vom Hersteller getätigt.<br />

4 Vgl. hierzu eingehend Tröger, Gr<strong>und</strong>fälle zum Sachmangel nach neuem Kaufrecht, JuS 2005,<br />

S. 503, 508 f.<br />

5 Grigoleit/Herrestal, Gr<strong>und</strong>lagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003, S. 233, 237.<br />

6 Peifer, Die Haftung des Verkäufers für Werbeangaben, JR 2001, S. 665, 668.<br />

7 Bernreuther, Sachmangelhaftung <strong>und</strong> Werbung, MDR 2003, S. 63, 67.<br />

8 Wer Hersteller ist, richtet sich nach der Legaldefinition des § 4 I <strong>und</strong> II ProdHaftG. Danach<br />

ist auch die Werbung des Herstellers eines Teilprodukts relevant, § 4 I S. 1 ProdHaftG.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 403<br />

cc) Bestimmte Eigenschaften<br />

Weiterhin ist erforderlich, dass sich die Äußerung auf bestimmte Eigenschaften bezieht.<br />

Hierfür ist notwendig, dass es sich um nachprüfbare Tatsachen handelt.9 Dies<br />

ist zu bejahen.<br />

dd) Kein Ausschluss der Mängelrechte<br />

Neben dem für alle Mängel geltenden Ausschlussgr<strong>und</strong> der Kenntnis des Käufers<br />

nach § 442, wird speziell bei öffentlichen Äußerungen die Sollbeschaffenheit dann<br />

nicht durch die Äußerung bestimmt, wenn einer der in § 434 S. 3 genannten Ausschlussgründe<br />

gegeben ist. Durch die Formulierung des Gesetzes („es sei denn“)<br />

wird klargestellt, dass die Beweislast für das Vorliegen der Ausschlussgründe beim<br />

Verkäufer liegt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige des Vertragsschlusses.10<br />

Zum einen haftet der Verkäufer nicht für solche Äußerungen, die er weder kannte<br />

noch kennen musste. Was unter „Kennenmüssen“ zu verstehen ist, wird in § 122 II<br />

legaldefiniert. Es schadet auch fahrlässige Unkenntnis, wobei jede Form der Fahrlässigkeit<br />

ausreichend ist, § 276 II. Für die Frage, ob V die Äußerung des Herstellers<br />

kennen musste, ist zu berücksichtigen, dass im gewerblichen Verkehr von einem Verkäufer<br />

erwartet werden kann, dass dieser sich über alle Äußerungen des Herstellers<br />

informiert. Somit kann zumindest davon ausgegangen werden, dass in der Person<br />

des V fahrlässige Unkenntnis vorliegt, so dass dieser Ausschlussgr<strong>und</strong> nicht vorliegt.<br />

Weiterhin haftet der Verkäufer dann nicht, wenn die öffentliche Äußerung im Zeitpunkt<br />

des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt wurde.11 Dazu muss<br />

sie mit demselben oder einem vergleichbar wirksamen Medium <strong>und</strong> in einer vergleichbar<br />

deutlichen Aufmachung erfolgen. Unerheblich ist, ob der konkrete Käufer<br />

die Berichtigung wahrgenommen hat. Im vorliegenden Fall ist mangels anderer Angaben<br />

im Sachverhalt nicht davon auszugehen, dass bei Vertragsschluss eine gleichwertige<br />

Berichtigung vorgenommen wurde. Somit kommt auch dieser Ausschlusstatbestand<br />

nicht in Betracht.<br />

Schließlich hätte der Verkäufer dann nicht für öffentliche Äußerungen einzustehen,<br />

wenn er beweisen kann, dass die Äußerung die Kaufentscheidung des Käufers nicht<br />

beeinflussen konnte. Während es für die Frage der Berichtigung darauf ankommt, ob<br />

die Äußerung trotz der Richtigstellung noch einen vernünftigen Durchschnittskäufer<br />

hätte beeinflussen können, geht es beim dritten Ausschlussgr<strong>und</strong> um den konkreten<br />

Käufer.12 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Verkaufsgespräch, dass der<br />

Benzinverbrauch des Pkw ein für den Kaufentschluss des K entscheidender Faktor<br />

9 Lehmann, Die Haftung für Werbeangaben nach neuem Schuldrecht, DB 2002, S. 1090, 1092.<br />

10 H. P. Westermann, in: MüKo, 4. Aufl., Bd. 3 (2004), § 434 Rn. 85.<br />

11 Grigoleit/Herresthal (Fn. 5), S. 233, 238; a. A. Weiler, Haftung für Werbeangaben nach neuem<br />

Kaufrecht, WM 2002, S. 1784, 1792.<br />

12 H. P. Westermann, in: MüKo (Fn. 10), § 434 Rn. 87. Eine Berichtigung setzt dabei voraus,<br />

dass auf die vorherige Äußerung Bezug genommen wird. Ungenügend wäre es also, wenn<br />

lediglich der richtige Sachverhalt mitgeteilt wird, vgl. Grigoleit/Herresthal (Fn. 5), S. 233,<br />

239; Palandt – Heinrichs, 64. Aufl. (2005), § 434 Rn. 39.


404<br />

StudZR 2/2006<br />

war. Somit beeinflusst das Beschaffenheitsmerkmal des Benzinverbrauches die Kaufentscheidung.<br />

Damit sind keine Ausschlussgründe gegeben.<br />

e) Bei Gefahrübergang<br />

Weiterhin müsste der Sachmangel bei Gefahrübergang vorliegen, § 434 I S. 1. Bei dem<br />

Pkw handelt es sich um eine bewegliche Sache, sodass der Gefahrübergang nach<br />

§ 446 S. 1 in der Übergabe liegt. Ob der Sachmangel bei der Übergabe tatsächlich<br />

vorhanden war, muss nicht dargelegt werden, wenn die (widerlegbare) Vermutungsregel<br />

des § 476 eingreift.13 Voraussetzung hierfür ist, dass ein wirksamer Verbrauchsgüterkauf<br />

gem. § 474 I S. 1 vorliegt. Hierbei handelt es sich nicht etwa um den Kauf<br />

von Verbrauchsgütern, wie der insoweit missverständliche Wortlaut vermuten lässt,<br />

sondern um den Kauf einer beweglichen Sache zwischen einem Unternehmer <strong>und</strong> einem<br />

Verbraucher. Bei dem Autokauf handelt es sich um einen Kaufvertrag über eine<br />

bewegliche Sache. Weiterhin muss das Verbrauchsgut von einem Unternehmer an einen<br />

Verbraucher verkauft werden. Insofern gelten die Definitionen der §§ 13, 14. Der<br />

Autohändler V ist als Unternehmer i. S. d. § 14 anzusehen, da er in Ausübung seiner<br />

gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. Dieses Merkmal fehlt in der Person<br />

des K, sodass seine Eigenschaft als Verbraucher i. S. d. § 13 ebenfalls bejaht werden<br />

kann. Die Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs nach § 474 I liegen vor. Somit<br />

ist auch die Beweislastregelung des § 476 anwendbar. Festgestellt werden kann<br />

damit, dass K nicht beweisen muss, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen<br />

hat, da dies nach § 476 widerlegbar vermutet wird.14 Eine Widerlegung wird<br />

dem V nach den Umständen des Sachverhalts nicht möglich sein.<br />

f) Zwischenergebnis<br />

Es kann festgehalten werden, dass das Auto wegen des erhöhten Benzinverbrauchs<br />

einen Sachmangel bei Gefahrübergang hat.<br />

3. §§ 437 Nr. 1, 439 Rechtsfolge: Nacherfüllungsanspruch<br />

§ 437 ist die Zentralnorm für die Rechtsbehelfe des Käufers bei Mängeln des Kaufgegenstandes.<br />

Hierbei handelt es sich nicht um eine Anspruchsgr<strong>und</strong>lage, sondern um<br />

eine Rechtsgr<strong>und</strong>verweisung. Zwar bestehen die Rechte aus § 437 gr<strong>und</strong>sätzlich unabhängig<br />

voneinander, es ergibt sich aber der Vorrang der Nacherfüllung daraus, dass<br />

erst bei erfolglosem Ablauf einer zur Nacherfüllung gesetzten Frist die Rechte des<br />

13 Siehe hierzu im Gebrauchtwagenhandel Schattenkirchner, Umkehr der Beweislast bei Gebrauchtwagenkauf<br />

zu Lasten des Verkäufers, DAR 2003, S. 179, 179.<br />

14 Nach BGH, NJW 2004, 2299 gilt § 476 nur für den Zeitpunkt des Mangels, nicht dagegen<br />

für das eigentliche Vorliegen eines Mangels, welchen der Käufer nach allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

zu beweisen hat (Rechtsgedanke des § 363). Diese Entscheidung wird in der Literatur<br />

heftig kritisiert, siehe dazu die Nachweise bei Lorenz, Schuldrechtsreform 2002: Problemschwerpunkte<br />

drei Jahre danach, NJW 2005, S. 1889, 1894 Fn. 60. Im vorliegenden Fall kommen<br />

freilich beide Ansichten zum selben Ergebnis, da das „eigentliche Vorliegen“ eines<br />

Mangels unstreitig ist.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 405<br />

Rücktritts <strong>und</strong> der Minderung geltend gemacht werden können, vgl. §§ 440, 441. Der<br />

Nacherfüllungsanspruch umfasst die Nachlieferung einer mangelfreien Sache (Umtausch)<br />

<strong>und</strong> die Nachbesserung in eine mangelfreie Sache (Reparatur).<br />

Wegen der bereits geprüften Voraussetzung eines Mangels bei Gefahrübergang liegen<br />

die Tatbestandsvoraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs gr<strong>und</strong>sätzlich vor.<br />

Der Nacherfüllungsanspruch unterliegt jedoch unabhängig von § 439 III dem allgemeinen<br />

Ausschlussgr<strong>und</strong> des § 275 I.15 Unmöglichkeit i. S. d. § 275 I liegt danach vor,<br />

wenn der Leistungserfolg zumindest vom Schuldner dauerhaft nicht erbracht werden<br />

kann. Im vorliegenden Fall müsste der Benzinverbrauch des Pkw erheblich reduziert<br />

werden, was technisch nicht möglich, § 275 I, oder zumindest nach § 275 II wirtschaftlich<br />

unzumutbar ist.16 Laut Sachverhalt weisen alle Fahrzeuge dieses Modells<br />

einen erhöhten Verbrauch auf, sodass auch eine Nachlieferung nicht in Betracht<br />

kommt. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass der Nacherfüllungsanspruch<br />

nach § 439 wegen objektiver Unmöglichkeit nach § 275 I ausgeschlossen ist.<br />

II. Rücktritt vom Kaufvertrag gem. §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 326 V, 323, 346<br />

1. Tatbestandsvoraussetzungen, §§ 326 V, 323 I<br />

Es ist zu prüfen, ob dem K ein Rücktrittsrecht nach den §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323 zusteht.<br />

Das Bestehen eines Kaufvertrages <strong>und</strong> eines Mangels bei Gefahrübergang wurden<br />

bereits bejaht. Weiterhin müsste die Leistung nach § 275 I unmöglich geworden<br />

sein. Die Unmöglichkeit der Nacherfüllung wurde bereits festgestellt, sodass auch<br />

diese Voraussetzung bejaht werden kann. Die Voraussetzungen der §§ 326 V, 323 liegen<br />

somit vor. Nach § 326 V bedarf es auch keiner Fristsetzung im Rahmen des § 323.<br />

2. Ausschluss, §§ 326 V, 323 V S. 2<br />

Wie sich aus dem Verweis aus § 326 V ergibt, finden die Ausschlussgründe des § 323<br />

ebenfalls Anwendung. Nach § 323 V S. 2 darf die Pflichtverletzung nicht unerheblich<br />

sein. Unerheblichkeit liegt bei Mängeln unterhalb der Bagatellgrenze vor. Im Einzelnen<br />

ist eine auf der Gr<strong>und</strong>lage des Vertrages umfassende Interessenabwägung erforderlich.17<br />

Zu berücksichtigen sind dabei der für die Mängelbeseitigung erforderliche<br />

Aufwand, funktionelle <strong>und</strong> ästhetische Beeinträchtigungen <strong>und</strong> gegebenenfalls die<br />

Schwere des Verschuldens.18 Im vorliegenden Fall verbraucht das Auto wesentlich<br />

15 Die Frage, ob eine Nacherfüllung im Rahmen einer Stückschuld generell wegen Unmöglichkeit<br />

nach § 275 I ausscheidet oder unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, war hier<br />

nicht zu beantworten, da es sich vorliegend um einen Gattungskauf handelt.<br />

16 Da man hier das Vorbringen des V als Erhebung der Einrede verstehen kann, ergeben sich im<br />

Ergebnis insofern keine Unterschiede zwischen § 275 I <strong>und</strong> II. Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte aber der<br />

rechtstechnische Unterschied beachtet werden, dass § 275 I Einwendung ist <strong>und</strong> § 275 II<br />

<strong>und</strong> III Einreden sind, auf die sich der Schuldner berufen muss.<br />

17 Vollkommer, in: Jauernig, 11. Aufl. (2004), § 323 Rn. 20.<br />

18 Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 281 Rn. 48.


406<br />

StudZR 2/2006<br />

mehr Benzin als vom Hersteller angegeben. Diese Pflichtverletzung ist nicht unerheblich.<br />

Weitere Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich, sodass die Voraussetzungen<br />

eines Rücktrittsrechts gegeben sind.<br />

3. Ausübung des Rücktrittsrechts, § 349<br />

Schließlich bedarf es noch der Ausübung des Rücktrittsrechts durch eine einseitige<br />

empfangsbedürftige Willenserklärung, § 349. Rücktrittsgegner ist hierbei der Verkäufer<br />

V, eventuelle Erklärungen gegenüber der Bank haben keine Rechtswirkungen.<br />

Dies folgt aus dem Gr<strong>und</strong>satz, dass, soweit keine gesetzlichen Ausnahmeregelungen<br />

bestehen (vgl. § 143 II), zur Entgegennahme rechtsgestaltender Erklärungen immer<br />

nur der jeweilige Vertragspartner berufen ist.19 Für die Annahme einer Empfangsvertretung,<br />

einer Empfangsbotenschaft oder einer konkludenten Bevollmächtigung<br />

fehlt es an Angaben im Sachverhalt. In der Erklärung des K an V, den Wagen nicht<br />

mehr behalten zu wollen, wird bei Auslegung nach den §§ 133, 157 unter Zugr<strong>und</strong>elegung<br />

einer Parallelwertung in der Laiensphäre deutlich, dass K nicht mehr an den<br />

Vertrag geb<strong>und</strong>en sein will. Somit ist das Gestaltungsrecht durch K wirksam ausgeübt<br />

worden.<br />

4. Rechtsfolge, §§ 346 ff.<br />

Als Rechtsfolge ergibt sich, dass das bestehende Schuldverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis<br />

umgewandelt wird, <strong>und</strong> die Leistungen nach § 346 I zurückgewährt<br />

werden müssen. Nach § 346 I sind gr<strong>und</strong>sätzlich die empfangenen Leistungen<br />

<strong>und</strong> die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Im vorliegenden Fall müsste K daher<br />

das Auto an V zurückgeben <strong>und</strong> würde im Gegenzug den Kaufpreis erhalten. Zwar<br />

hat V von K nicht den Kaufpreis erhalten, aber der Kaufpreis wurde durch die B-<br />

Bank an V überwiesen. Für die Frage, wer geleistet hat, sind bereicherungsrechtliche<br />

Gr<strong>und</strong>sätze heranzuziehen.20 Da nach den Umständen davon auszugehen ist, dass<br />

die Bank im Namen des K zur Begleichung ihrer Verbindlichkeit ihm gegenüber<br />

zahlt, ist die Überweisung der Bank aus Sicht des V als eine Leistung des K zu verstehen.21<br />

Somit kann K von V den Kaufpreis herausverlangen.<br />

Daneben müsste er dem V nach § 346 I Ersatz für die gezogenen Nutzungen (§ 100)<br />

leisten, welche hier in den Gebrauchsvorteilen des Besitzes des Kfz zu sehen sind<br />

(sog. „Nutzungsvergütung“). Die Gebrauchsvorteile lassen sich nicht in Natur herausgeben,<br />

sodass die Pflicht aus § 346 I infolge Unmöglichkeit (§ 275 I) erlischt. Jedoch<br />

könnte K zum Wertersatz nach § 346 II S. 1 Nr. 1 verpflichtet sein, da die Rückgewähr<br />

nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist. Damit ist K gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zum Wertersatz nach § 346 II S. 1 Nr. 1 verpflichtet. Ein Ausschluss der Wertersatzpflicht<br />

für die Nutzungen nach § 346 III S. 1 Nr. 1–3 kommt nicht in Betracht, da sich<br />

19 Staudinger – Kaiser, Neubearbeitung (2004), § 346 Rn. 109.<br />

20 Der Leistende wird nach der herrschenden Ansicht gr<strong>und</strong>sätzlich nach dem Empfängerhorizont<br />

bestimmt; Palandt – Sprau (Fn. 12), § 812 Rn. 41.<br />

21 Siehe Staudinger – Kaiser (Fn. 19), § 346 Rn. 110.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 407<br />

die Ausnahmeregelungen nur auf den empfangenen Gegenstand im Sinne von § 346<br />

II S. 1 Nr. 2 – 3 beziehen. Damit bleibt es bei der Wertersatzpflicht nach § 346 II S. 1<br />

Nr. 1. Die Rückabwicklung hat nach §§ 348, 320 Zug-um-Zug zu erfolgen. Inwieweit<br />

sich von diesem Rückabwicklungsregime Abweichungen durch eine eventuelle Verbindung<br />

der Verträge i. S. v. § 358 III ergeben, soll vorerst offen gelassen werden.<br />

III. §§ 437 Nr. 3, 280 I, 283<br />

In Betracht käme zudem ein Schadensersatzanspruch aus den §§ 437 Nr. 3, 280 I, III,<br />

283. Hierfür bedarf es eines Schuldverhältnisses <strong>und</strong> einer schuldhaften Pflichtverletzung.<br />

Der Kaufvertrag stellt das erforderliche Schuldverhältnis dar. Zudem ist die<br />

Nacherfüllung nach § 275 I unmöglich, sodass die in § 283 geregelte Pflichtverletzung<br />

bejaht werden kann. In Abgrenzung zu der spezielleren Anspruchsgr<strong>und</strong>lage des<br />

§ 311a II muss weiterhin entschieden werden, ob das Leistungshindernis vor oder erst<br />

nach Vertragsschluss eingetreten ist. Das Leistungshindernis ist die Unmöglichkeit<br />

der Nacherfüllung. Diese liegt hier in dem erheblichen Mehrverbrauch des Autos an<br />

Benzin, welcher sich technisch nicht beheben lässt, § 275 I. Dieses Hindernis bestand<br />

bereits vor Vertragsschluss, sodass anfängliche Unmöglichkeit i. S. d. § 311a vorliegt.<br />

IV. §§ 437 Nr. 3, 311a II<br />

Zu prüfen ist daher, ob die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus<br />

§ 311a II gegeben sind. Das erforderliche Schuldverhältnis ist in dem Kaufvertrag zu<br />

sehen. § 311a I stellt klar, dass die anfängliche Unmöglichkeit der Wirksamkeit des<br />

Vertrages nicht entgegensteht. Das Merkmal der anfänglichen Unmöglichkeit,<br />

§§ 311a II, 275 I, ist daher gegeben. Die Pflichtverletzung ist darin zu sehen, dass<br />

sich V nicht über seine Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses informiert<br />

hat.<br />

Weiterhin müsste V die Pflichtverletzung zu vertreten haben, § 276. Anzuknüpfen ist<br />

hierbei an die Informationspflichtverletzung. Entscheidend ist nach § 311a II S. 2,<br />

ob V das Leistungshindernis kannte oder kennen musste. Laut Sachverhalt haben<br />

auch schon andere K<strong>und</strong>en den erhöhten Benzinverbrauch bemängelt, sodass wenigstens<br />

fahrlässige Unkenntnis bei V angenommen werden kann. Das Merkmal des<br />

Verschuldens kann somit bejaht werden.<br />

Als Rechtsfolge ergibt sich, dass K als Gläubiger des Anspruchs so zu stellen ist, wie<br />

er bei ordnungsgemäßer Leistung stehen würde, §§ 249 ff. Da K hier kein Interesse<br />

mehr an seinem Auto hat, kommt nur der sog. große Schadensersatz in Betracht. K<br />

kann den bis dato gezahlten Kaufpreis zurückverlangen <strong>und</strong> muss im Gegenzug nach<br />

§§ 311a II 2, 281 V das Auto zurückgeben. Von dem Schadensersatzanspruch sind<br />

auch die nutzlosen Aufwendungen zur Vertragsdurchführung, so z. B. die Finanzierungskosten,<br />

erfasst.22<br />

22 Vollkommer, in: Jauernig (Fn. 17), § 281 Rn. 19.


408<br />

StudZR 2/2006<br />

V. Minderung, § 441<br />

In Betracht kommt auch das Recht zur Minderung des Kaufpreises gem. den §§ 433,<br />

434, 437 Nr. 2, 441. Wie sich aus der Formulierung „statt zurückzutreten“ ergibt, bedarf<br />

es im Vergleich zum Rücktritt keiner zusätzlichen Voraussetzung. Beachtet werden<br />

muss jedoch, dass K das Auto zurückgeben möchte <strong>und</strong> daher eine Minderung<br />

nicht dem Begehren des K entspricht.<br />

VI. Ergebnis<br />

Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass K gegen V ein Anspruch auf Rückgewähr<br />

des Kaufpreises nach den §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 326 V, 323, 346 I zusteht. Zudem besteht<br />

ein Schadensersatzanspruch des K gegen V aus den §§ 437 Nr. 3, 311a II. Im Gegenzug<br />

kann V von K eine Nutzungsvergütung nach § 346 II 1 Nr. 1 verlangen. Die<br />

Leistungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis sind Zug-um-Zug abzuwickeln,<br />

§§ 348, 320.<br />

B. Darlehensanspruch B gegen K aus §§ 488, 491<br />

I. §§ 488 I S. 2, 491<br />

B könnte gegen K einen Anspruch auf die ausbleibenden Raten gem. § 488 I S. 2 haben.<br />

1. Wirksamer Darlehensvertrag, § 488<br />

Für einen Anspruch aus § 488 I S. 2 müsste zunächst ein Darlehensvertrag vorliegen.<br />

Der vor der Schuldrechtsreform bestehende Streit, ob es sich beim Darlehen um einen<br />

Konsensual-23 oder Realvertrag24 handelt, ist durch die Schuldrechtsreform hinfällig<br />

geworden.25 Soweit für das Darlehen Zinsen geschuldet werden, handelt es sich<br />

um einen gegenseitigen Vertrag i. S. d. §§ 320 ff.; das zinslose Darlehen dagegen ist ein<br />

bloß zweiseitiges, nicht synallagmatisches Rechtsgeschäft.26 Die Parteien K <strong>und</strong> B<br />

haben sich hier über die zeitweise Gewährung eines Darlehens geeinigt. Anzeichen<br />

für rechtshindernde Einwendungen wie die Nichtigkeit nach § 138 II, I wegen<br />

Wuchers oder Sittenwidrigkeit sind nicht ersichtlich.<br />

23 So die jetzt ganz h. M.: stellvertretend nur Chr. Berger, in: Jauernig (Fn. 17), § 488 Rn. 5;<br />

Schlechtriem, Schuldrecht Besonderer Teil, 6. Aufl. (2003), S. 87; Rohe in: Bamberger/Roth<br />

(Fn. 3), § 488 Rn. 1.<br />

24 Vgl. Mülbert, Das verzinsliche Darlehen, AcP 192 (1992), S. 447, 449, 485 ff.; wobei aber die<br />

Bezugnahme auf das römische Recht nicht überzeugt, siehe Berger, in: MüKo (Fn. 10), vor<br />

§ 488 Rn. 15 f.<br />

25 Vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 252; Rohe, in: Bamberger/Roth (Fn. 3), § 488 Rn. 1; Berger, in:<br />

MüKo (Fn. 10), § 488 Rn. 1.<br />

26 Siehe insgesamt hierzu Chr. Berger, in: Jauernig (Fn. 17), § 488 Rn. 1 ff.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 409<br />

Des Weiteren müssten, soweit es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt, die<br />

Formvoraussetzungen des § 492 eingehalten worden sein. Für ein solches muss ein<br />

Unternehmer (§ 14) einem Verbraucher (§ 13) ein entgeltliches Darlehen gewähren<br />

<strong>und</strong> es darf kein Ausnahmetatbestand nach § 491 II, III vorliegen. K tritt auch in diesem<br />

Vertrag als Verbraucher i. S. v. § 13 auf. Die B-Bank handelt in Ausübung ihrer<br />

gewerblichen Tätigkeit <strong>und</strong> ist somit nach § 14 II Unternehmer.27 Die erforderliche<br />

Entgeltlichkeit des Darlehens liegt vor, wenn der zurückzuzahlende Betrag einschließlich<br />

Zinsen <strong>und</strong> Gebühren die ausgezahlte Darlehensvaluta übersteigt.28 Dies<br />

ist nach den Angaben im Sachverhalt der Fall. Kein Verbraucherdarlehen besteht in<br />

den Fällen des § 491 II, III.29 Diese Ausnahmevorschriften sind im vorliegenden Fall<br />

nicht einschlägig. Damit liegt ein Verbraucherdarlehensvertrag i. S. d. § 491 I vor. Erforderlich<br />

ist somit die Einhaltung der Schriftform nach § 126. Das Darlehensformular<br />

wurde von K unterschrieben, sodass die Formvorschrift erfüllt wurde. Jedoch<br />

fehlen Angaben zum effektiven Jahreszins, § 492 I S. 5 Nr. 5. Bei Nichteinhaltung<br />

dieser Anforderung ist der Vertrag gr<strong>und</strong>sätzlich nichtig, § 494 I. In diesem Fall hat<br />

der Vertrag von Anfang an keine Rechtswirkungen. Es besteht jedoch eine Heilungsmöglichkeit<br />

nach § 494 II, soweit das Darlehen ausgezahlt wird. Das Gesetz verwendet<br />

in § 494 II die Begriffe „empfängt oder in Anspruch nimmt“. Dies soll nicht nur<br />

den Empfang in der Person des Darlehensnehmers abdecken, sondern auch die auf<br />

Weisung erfolgte Zahlung an einen Dritten.30 Hier ist dieser letztere Fall verwirklicht.<br />

Damit ist der Formmangel geheilt; die Rechtsfolge der Nichtigkeit tritt nicht<br />

ein. Da jedoch die Angabe des effektiven Jahreszinses fehlt, ist die Valuta nach § 494<br />

II S. 2 nur mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Insofern tritt eine Verringerung<br />

des Zinssatzes ein.<br />

2. Anspruch untergegangen<br />

Der Rückzahlungsanspruch aus § 488 I S. 2 könnte nachträglich erloschen sein. Als<br />

Erlöschensgr<strong>und</strong> kommt zunächst ein Widerruf des Verbraucherdarlehens in Betracht.31<br />

a) Widerrufsgr<strong>und</strong><br />

Hierfür bedarf es eines Widerrufsgr<strong>und</strong>es. Ein solcher könnte sich aus § 495 I i. V. m.<br />

§ 355 I S. 1 ergeben. Weitere Voraussetzungen werden an den Widerrufsgr<strong>und</strong> nicht<br />

gestellt. Ein Verbraucherdarlehen liegt vor, sodass ein Widerrufsgr<strong>und</strong> gegeben ist.<br />

27 Auf die gesellschaftsrechtliche Verfassung (Körperschaft oder „rechtsfähige“ Personengesellschaft)<br />

kommt es aufgr<strong>und</strong> § 14 II insoweit nicht an.<br />

28 Möller/Weidehorst, in: Bamberger/Roth (Fn. 3), § 491 Rn. 5.<br />

29 Die Ausnahmetatbestände von § 491 II, III umfassen einerseits die Bagatellgrenze von 200 A<br />

nach § 491 II Nr. 1, Arbeitgeberdarlehen nach § 491 II Nr. 2 sowie gem. § 491 II Nr. 3 Darlehen<br />

aufgr<strong>und</strong> öffentlich-rechtlicher Bewilligungsbescheide. Daneben enthält § 491 III Ausnahmen<br />

für Verbraucherdarlehen, welche gerichtlich protokolliert oder notariell beurk<strong>und</strong>et<br />

sind.<br />

30 Möller/Wendehorst, in: Bamberger/Roth (Fn. 3), § 494 Rn. 7 m. w. N.<br />

31 Zur Berücksichtigung eines Rücktritts vom Kaufvertrag siehe unten im Rahmen von C. IV.


410<br />

StudZR 2/2006<br />

b) Widerrufserklärung, § 355 I S. 2<br />

Des Weiteren bedarf es einer fristgerechten Widerrufserklärung. Eine Erklärung,<br />

welche nach dem objektiven Empfängerhorizont der §§ 133, 157 als Widerruf verstanden<br />

werden kann, könnte hier in dem Schreiben an V liegen. Der Zugang ist<br />

Wirksamkeitsvoraussetzung jeder Willenserklärung, sodass die Erklärung auch der<br />

richtigen Person zugegangen sein muss, § 130 I S. 1. Das an V gerichtete Schreiben<br />

reicht hierfür nicht aus, da es nicht dem Widerrufsgegner B zugeht. Anzeichen für<br />

Empfangsvertretung oder Empfangsbotenschaft ergeben sich aus dem Sachverhalt<br />

nicht. Laut Sachverhalt ist aber auch der B-Bank ein Brief zugegangen. Hier wird<br />

ausdrücklich der Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen. Die Formvorschrift der<br />

§§ 355 I S. 2, 126b ist eingehalten. Insofern liegt eine wirksame Widerrufserklärung<br />

vor.<br />

c) Widerrufsfrist<br />

Der Widerruf könnte hier aber möglicherweise verfristet <strong>und</strong> damit nach § 355 I S. 2<br />

unwirksam sein. Die Frist beginnt nach § 355 II gr<strong>und</strong>sätzlich mit korrekter Belehrung,32<br />

was nach § 355 II S. 3 auch eine Ausfertigung der Vertragsurk<strong>und</strong>e beinhaltet.<br />

Da keine Anzeichen für Mängel der Belehrung aus dem Sachverhalt ersichtlich sind,<br />

ist von der gewöhnlichen Widerrufsfrist von zwei Wochen ab Belehrung auszugehen.33<br />

Die Zeitspanne ist abgelaufen, so dass kein wirksamer Widerruf des K vorliegt.<br />

Es ließe sich allenfalls an eine Umdeutung des unwirksamen Widerrufs in eine Kündigung<br />

nach § 489 denken, § 140. Dafür müssten jedoch die Voraussetzungen der<br />

Kündigung gegeben sein. Hier ist indes kein Kündigungsgr<strong>und</strong> der §§ 489, 490 einschlägig.<br />

Damit kann festgestellt werden, dass mangels wirksamen Widerrufs oder<br />

Kündigung der Rückzahlungsanspruch nicht untergegangen ist.<br />

3. Anspruch durchsetzbar<br />

a) Einreden aus dem Darlehensvertrag<br />

Weiterhin müsste der Anspruch auch durchsetzbar sein. Hierfür bedarf es der Fälligkeit<br />

nach § 271. Beim Tilgungsdarlehen ist für die Fälligkeit die vertragliche Vereinbarung<br />

maßgebend. Vorliegend besteht aufgr<strong>und</strong> der Vereinbarung einer monatlichen<br />

Rückzahlungsverpflichtung zunächst nur die Fälligkeit für die jeweilige terminlich<br />

geschuldete Rate, die anderen Raten sind noch nicht fällig.34 Die Beendigung des<br />

Darlehens, welche für den Rückerstattungsanspruch in gesamter Höhe Voraussetzung<br />

ist, tritt erst mit der vereinbarten Fälligkeit der letzten Rate oder mit Kündigung<br />

ein. Keiner dieser Beendigungsgründe ist vorliegend ersichtlich. Mangels An-<br />

32 Siehe zu den Einzelheiten § 355 II BGB sowie Anlage 2 der BGB-InfoV. Dabei ist zu beachten,<br />

dass § 358 V verlangt, dass auf die Rechtsfolgen aus § 358 I <strong>und</strong> II hingewiesen wird.<br />

33 Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 187 I, 188 II, 193. Des Weiteren ist bei verb<strong>und</strong>enen<br />

Verträgen gem. § 358 V eine qualifizierte Belehrung erforderlich. Siehe zum Merkmal der<br />

verb<strong>und</strong>enen Verträge unten B. I. 3. b) aa).<br />

34 Chr. Berger, in: Jauernig (Fn. 17), § 488 Rn. 28.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 411<br />

zeichen für sonstige Einwendungen oder Einreden aus dem Darlehensvertrag ist der<br />

Anspruch nur in Höhe der fälligen Raten durchsetzbar.<br />

b) Einwendungen <strong>und</strong> Einreden aus dem Kaufvertrag<br />

Möglicherweise könnten dem Rückzahlungsanspruch der B jedoch Einwendungen<br />

aus dem zwischen V <strong>und</strong> K geschlossenen Kaufvertrag entgegengehalten werden.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich handelt es sich um zwei rechtlich selbständige Verträge, die in ihrem<br />

Bestand <strong>und</strong> ihrer Existenz voneinander unabhängig sind, sog. Trennungsprinzip.<br />

Etwas anderes könnte sich aus der Tatsache ergeben, dass vorliegend die Verträge in<br />

einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Im Fall von verb<strong>und</strong>enen Verträgen<br />

i. S. d. § 358 III ist ein Einwendungsdurchgriff nach § 359 möglich. Der Einwendungsdurchgriff<br />

ist ein aus § 242 abgeleitetes allgemeines Rechtsinstitut, welches<br />

in § 359 seine gesetzliche Ausformung gef<strong>und</strong>en hat.35 Die Regelungen der §§ 358,<br />

359 verfolgen dabei den Zweck, das Risiko, das durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich<br />

einheitlichen Geschäfts (Abzahlungskauf) in zwei Verträge entstanden ist<br />

(sog. Aufspaltungsrisiko), zu minimieren.36 Dieses Risiko betrifft insbesondere die<br />

Verteilung des Insolvenzrisikos zwischen den Parteien. Der Käufer soll nicht gegenüber<br />

der Bank das Darlehen zurückzahlen <strong>und</strong> die Mängel gegenüber dem möglicherweise<br />

insolventen Verkäufer geltend machen müssen.37 Er soll stattdessen so gestellt<br />

werden, als habe er nur einen Vertragspartner, dem er sämtliche Einwendungen<br />

<strong>und</strong> Einreden entgegenhalten kann. Der Verbraucher kann nach § 359 Einwendungen,<br />

die ihm aus dem verb<strong>und</strong>enen Vertrag zustehen, auch im Rahmen des Darlehensvertrags<br />

geltend machen. Für die Bejahung eines Einwendungsdurchgriffs nach<br />

§ 359 müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:<br />

aa) Verb<strong>und</strong>ener Vertrag<br />

Zunächst müssten zwei miteinander verb<strong>und</strong>ene Verträge vorliegen. Dies beurteilt<br />

sich nach Maßgabe von § 358 III S. 1. Erforderlich ist, dass ein Vertrag über eine Warenlieferung<br />

oder sonstige Dienstleistungserbringung <strong>und</strong> ein Verbraucherdarlehen<br />

in einem gesetzlich bestimmten besonderen Verhältnis zueinander stehen. Dies ist<br />

der Fall, wenn der Vertrag über die Lieferung einer Ware oder Erbringung einer<br />

Dienstleistung mit einem Verbraucherdarlehen eine wirtschaftliche Einheit bilden,<br />

<strong>und</strong> das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient<br />

(sog. Zweckverknüpfung), § 358 III S. 1. Der Darlehensnehmer muss in beiden Fällen<br />

Verbraucher i. S. v. § 13 sein, seine beiden Vertragspartner jeweils Unternehmer<br />

nach § 14. Dieser persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet (vgl. oben).<br />

Eine wirtschaftliche Einheit wird nach § 358 III 2 vermutet, wenn der Unternehmer<br />

35 Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 1.<br />

36 Diese Aufspaltung resultiert im Wesentlichen daraus, dass die Autoverkäufer nicht mehr die<br />

Finanzkraft haben, ihren K<strong>und</strong>en den Kaufpreis zu st<strong>und</strong>en.<br />

37 Schwab, Einwendungsdurchgriff bei kreditfinanziertem Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung,<br />

ZGR 2004, S. 861, 879 mit zusätzlichen Erwägungen für den Fall eines drittfinanzierten<br />

Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds.


412<br />

StudZR 2/2006<br />

das Darlehen selbst finanziert oder sich der finanzierende Dritte bei Vorbereitung<br />

oder Abschluss des Darlehens der Mitwirkung des Unternehmers bedient hat.38 Der<br />

Sache nach geht es darum, ob aus der Sicht des Verbrauchers Unternehmer <strong>und</strong> Kreditgeber<br />

diesem wie eine Partei gegenüberstehen.39 Häufig arbeitet der Verkäufer<br />

schon mit vorgefertigten Formularen der betreffenden Partnerbank, hier handelt es<br />

sich sogar um die hauseigene Bank des V. Ein „Sichbedienen“ des Verkäufers ist damit<br />

anzunehmen, da der Händler V die vorgefertigten Kreditformulare bei sich im<br />

Geschäft hat <strong>und</strong> die Bank nicht in unmittelbaren Kontakt mit dem K getreten ist.<br />

Damit liegt eine wirtschaftliche Einheit zwischen den beiden Verträgen vor.<br />

Außerdem muss das Verbraucherdarlehen dem Zweck der Finanzierung des verb<strong>und</strong>enen<br />

Vertrages dienen (sog. Zweckverbindung). Dies ist hier der Fall, da K sich das<br />

Auto nicht hätte kaufen können, wenn die Finanzierung nicht sichergestellt gewesen<br />

wäre. Damit liegen zwei miteinander verb<strong>und</strong>ene Verträge i. S. v. § 358 III vor.<br />

bb) Einwendungsdurchgriff<br />

Der Einwendungsdurchgriff ermöglicht dem Käufer, die Zahlung künftiger Darlehensraten<br />

zu verweigern, soweit ihn Einwendungen aus dem verb<strong>und</strong>enen Vertrag<br />

dazu berechtigen.<br />

Dabei ist der Begriff des Einwendungsdurchgriffs rechtstechnisch zu eng geraten;<br />

umfasst werden alle Sorten rechtshindernder, rechtsvernichtender oder rechtshemmender<br />

Einwendungen <strong>und</strong> Einreden, egal ob diese vorübergehender oder dauerhafter<br />

Natur sind.40 Die Einwendungen müssen entstanden sein, eine bloße Existenz<br />

„der Möglichkeit oder dem Gr<strong>und</strong>e nach“ reicht nicht.41 Die Einwendungen müssen<br />

darüber hinaus vom Verbraucher gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht<br />

worden sein, da keine automatische Erstreckung der Einwendungen auf das Darlehen<br />

erfolgt. Bei Gestaltungsrechten muss die Erklärung dem Erklärungsgegner wirksam<br />

zugegangen sein, vorher ist kein Einwendungsdurchgriff möglich. Die Einwendungen<br />

müssen auch „aus dem verb<strong>und</strong>enen Vertrag“ stammen, insofern besteht eine<br />

38 Siehe Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 358 Rn. 15; Lauer, Risiken des neu geregelten verb<strong>und</strong>enen<br />

Geschäfts bei Immobilienfinanzierungen, BKR 2004, S. 92, 95. Folgende Indizien sprechen<br />

für eine wirtschaftliche Einheit: Planmäßige, arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen<br />

Verkäufer <strong>und</strong> Finanzierendem, enger örtlicher <strong>und</strong> zeitlicher Zusammenhang beim Vertragsschluss,<br />

gemeinsame Formulare <strong>und</strong> Mitwirkung des Verkäufers, z. B. als Vertreter<br />

beim Abschluss des Darlehensvertrags oder Ausschluss des Verbrauchers von der Verfügung<br />

über die Darlehensvaluta, vgl. auch Habersack, in: MüKo, 4. Aufl., Bd. 2a (2002), § 348<br />

Rn. 36 ff.<br />

39 Möller/Wendehorst, in: Bamberger/Roth (Fn. 3), § 358 Rn. 22. Dieser Sichtweise wird zum<br />

Teil entgegengehalten, dass die wirtschaftliche Einheit nach dem Willen des Gesetzgebers<br />

nur noch objektiv bestimmt werden sollte, vgl. hierzu mit Nachweisen zur abweichenden<br />

Rechtsprechung der Instanzgerichte: Staudinger – Kessal-Wulf, Buch 2, Neubearbeitung<br />

(2004), § 358 Rn. 7. Danach bedürfte die wirtschaftliche Einheit hier weiterer Untersuchung.<br />

40 Habersack, in: MüKo (Fn. 38), § 359 Rn. 37; Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 3; Staudinger<br />

– Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 13.<br />

41 Eine Einrede der Anfechtbarkeit oder Gestaltbarkeit, wie sie in § 770 vorgesehen ist, gibt es<br />

im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs nicht.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 413<br />

inhaltlich-kausale Begrenzung. Vorliegend besteht als rechtsvernichtende Einwendung<br />

des verb<strong>und</strong>enen Kaufvertrags der Rücktritt, welcher den Kaufvertrag in ein<br />

Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat. Der Rücktritt des Kaufvertrags<br />

ergibt sich, wie oben geprüft, aus den §§ 433, 434 I S. 3, 437 Nr. 2, 326 V, 323, 346.42<br />

Dieser stammt auch aus dem verb<strong>und</strong>enen Vertrag in obigem Sinne.<br />

Des Weiteren ist nach § 359 S. 3 der Vorrang der Nacherfüllung zu beachten. Solange<br />

die Nacherfüllung möglich <strong>und</strong> nicht fehlgeschlagen ist, bleibt der Einwendungsdurchgriff<br />

verwehrt.43 Im vorliegenden Sachverhalt greift auch diese Ausnahme<br />

nicht, da nach obiger Prüfung beide Nacherfüllungsvarianten unmöglich sind. Weiterhin<br />

kann der Einwendungsdurchgriff nach § 242 ausgeschlossen sein, wenn Verbraucher<br />

<strong>und</strong> Unternehmer bewusst zum Nachteil des Darlehensgebers handeln.44<br />

Dafür bestehen im Sachverhalt aber keine Anzeichen.45 Somit kann festgestellt werden,<br />

dass die hier bestehende Einwendung des Rücktritts vom Kaufvertrag dem Einwendungsdurchgriff<br />

unterfällt.<br />

Der Einwendungsdurchgriff gibt dem Verbraucher gegenüber dem Darlehensgeber<br />

ein Leistungsverweigerungs-, nicht aber ein Rückforderungsrecht.46 Selbst im Falle<br />

von rechtshindernden Einwendungen, wie der Nichtigkeit des Vertrages, gibt § 359<br />

lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht.47 Der Rückforderungsdurchgriff wird<br />

nach ganz hM von § 359 nicht geregelt.48 Bei einem Rücktritt ist der Verbraucher berechtigt,<br />

die künftigen Ratenzahlungen auf Dauer einzustellen.49 Somit ist der Zahlungsanspruch<br />

aus § 488 I nicht durchsetzbar.<br />

4. Ergebnis:<br />

Die Bank hat keinen durchsetzbaren Anspruch.<br />

42 Vgl. zum Rücktritt als Einwendung beim finanzierten Autokauf Reinking/Eggert, Autokauf,<br />

9. Aufl. (2005), Rn. 724.<br />

43 Ausgenommen vom Einwendungsdurchgriff sind gem. § 359 S. 2: Bagatelleinwendungen,<br />

bei denen das finanzierte Entgelt 200 A nicht übersteigt, <strong>und</strong> Einwendungen, die auf nachträglichen<br />

Vertragsänderungen des Kaufvertrags nach Abschluss des Verbraucherdarlehens<br />

beruhen.<br />

44 Vgl. hierzu die Nachweise bei Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 6.<br />

45 Früher ging man davon aus, dass der Einwendungsdurchgriff einem Subsidiaritätsprinzip<br />

unterliegt <strong>und</strong> nur anzunehmen ist, soweit der Kreditnehmer seine Rechte gegenüber dem<br />

Käufer nicht zumutbar geltend machen kann, z. B. wegen dessen Insolvenz, siehe Staudinger<br />

– Kessal-Wulf (Fn. 39), § 358 Rn. 13 m. w. N. Diese Rechtsprechung war jedoch schon seit<br />

Erlass des VerbKrG nicht mehr haltbar <strong>und</strong> ist auch vom Gesetzgeber ausdrücklich ad acta<br />

gelegt worden, siehe Begr. RegE. BT-Drs. 11/5462 S. 23.<br />

46 Canaris, Gr<strong>und</strong>probleme des Finanzierungsleasings im Lichte des Verbraucherkreditgesetzes,<br />

ZIP 1993, S. 401, 409; Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 1.<br />

47 Allg. Ansicht: Siehe Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 72; Palandt – Heinrichs<br />

(Fn. 12), § 359 Rn. 4; Möller/Wendehorst, in: Bamberger/Roth (Fn. 3), § 359 Rn. 3.<br />

48 Statt aller: Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 5.<br />

49 Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 13.


414<br />

StudZR 2/2006<br />

C. Rückforderungsanspruch für den gezahlten Kaufpreis<br />

<strong>und</strong> gezahlte Darlehensraten<br />

Es ist weiterhin fraglich, ob <strong>und</strong> von wem K den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen<br />

kann. In Betracht kommt zunächst ein Anspruch des K gegen V aus § 346 I.<br />

I. K gegen V aus § 346 I<br />

Wie oben geprüft, ist K vom Kaufvertrag zurückgetreten <strong>und</strong> ihm steht gegen V ein<br />

Rückgewähranspruch aus § 346 zu. Aus dieser Anspruchsgr<strong>und</strong>lage folgen aber nur<br />

Ansprüche gegenüber dem Verkäufer V. Der Darlehensvertrag wird als Konsequenz<br />

des Trennungsprinzips von dem Rücktritt in seinem Bestand gr<strong>und</strong>sätzlich nicht erfasst.<br />

Problematisch ist, dass K damit das Insolvenzrisiko des V tragen muss. Somit<br />

stellt sich die Frage, ob er einen Anspruch gegen die Bank hat, die regelmäßig einen<br />

solventeren Schuldner darstellt.<br />

II. K gegen B aus § 359<br />

Der Einwendungsdurchgriff gem. § 359 gibt dem Verbraucher nur Einwendungen,<br />

aber nach allgemeiner Ansicht keine Ansprüche. Ansprüche bedürfen insofern einer<br />

eigenen, unabhängigen juristischen F<strong>und</strong>ierung. Insbesondere enthält § 359 keine<br />

Gr<strong>und</strong>lage für einen Rückforderungsdurchgriff.50<br />

III. K gegen B aus §§ 358 IV S. 3, 346 I in direkter Anwendung<br />

K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta haben. Ein<br />

solcher Anspruch gegen die Bank könnte sich zunächst aus den §§ 358 IV S. 3, 346 I<br />

ergeben. § 358 IV S. 3 regelt die Rückabwicklung bei verb<strong>und</strong>enen Verträgen (sog.<br />

Rückforderungsdurchgriff). Der Rückforderungsdurchgriff ist im Rahmen verb<strong>und</strong>ener<br />

Verträge ein noch weitergehendes Verbraucherschutzinstrument als der Einwendungsdurchgriff.<br />

Er erlaubt dem Verbraucher trotz zweier juristisch getrennter<br />

Verträge, die Rückabwicklung nicht „über das Dreieck“, sondern bipolar, also nur<br />

mit einem Vertragspartner, dem Kreditgeber, vorzunehmen. Damit vermindern sich<br />

die Abwicklungsrisiken, zuvorderst das Insolvenzrisiko, da die Bank als Kreditgeber<br />

nur selten insolvent werden wird. Gesetzlich ist der Rückforderungsdurchgriff nur<br />

für den Fall des Widerrufs in § 358 IV S. 3 geregelt. Nach dem eindeutigen Wortlaut<br />

ist nur die Rückabwicklung infolge eines Widerrufs erfasst. Im vorliegenden Fall<br />

liegt jedoch weder ein Widerruf des Kaufvertrags noch des Verbraucherdarlehens<br />

vor. Sonstige Rückabwicklungen lassen sich nicht unter den insoweit abschließenden<br />

Wortlaut subsumieren. Somit besteht mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen<br />

aus den §§ 358 IV 3, 346 I kein Anspruch gegen die Bank.<br />

50 Statt aller Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 4.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 415<br />

IV. §§ 358 IV 3 analog, 346 I<br />

K könnte jedoch gegen B einen Anspruch analog §§ 358 IV S. 3, 346 I auf Zahlung<br />

der Darlehensvaluta haben.<br />

1. Anwendbarkeit des Rückforderungsdurchgriffs beim Rücktritt<br />

Die Rückabwicklung aus anderen Gründen als aus Widerruf ist gesetzlich nicht ausdrücklich<br />

geregelt (s. o.). Problematisch ist daher, ob der Rechtsgedanke des Rückforderungsdurchgriffs<br />

auch auf die Rückabwicklung infolge von anderen Gestaltungsrechten<br />

als dem Widerruf übertragen werden kann. Sinn <strong>und</strong> Zweck des Rückforderungsdurchgriffs<br />

ist, dass der Verbraucher einerseits von den Risiken befreit<br />

wird, welche aus der Aufspaltung in zwei selbständige Verträge resultieren, aber andererseits<br />

auch nicht besser gestellt wird als in einem „normalen“ Abzahlungsgeschäft<br />

zwischen zwei Parteien. Ein Aufspaltungsvorteil ist zu vermeiden, die Verdoppelung<br />

der Vertragspartner soll insbesondere keine Verdoppelung der Haftungsmassen<br />

<strong>und</strong> damit einhergehende Privilegierung des Verbrauchers bewirken.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der gesetzgeberischen Zurückhaltung wurde bisweilen gefolgert, dass sich<br />

der Gesetzgeber bewusst gegen den Rückforderungsdurchgriff entschieden hätte.51<br />

Anhaltspunkte für die Anwendung des Rückforderungsdurchgriffs auf den Rücktritt<br />

lassen sich auch nicht durch eine europarechtskonforme Auslegung anhand Art. 11<br />

der den §§ 358, 359 zugr<strong>und</strong>e liegenden Richtlinie 87/102/EWG52 gewinnen, da diese<br />

nur ein Mindestschutzniveau vorgibt, dem das deutsche Recht genügt.53 Zudem hat<br />

die EG-Richtlinie die nähere Ausgestaltung der Verbraucherrechte den Mitgliedsstaaten<br />

überlassen.<br />

2. Meinungsstand<br />

a) Lösung über § 813<br />

Die wohl herrschende Auffassung hat einen Rückforderungsdurchgriff bei Mängeln<br />

der Kaufsache bisher abgelehnt.54 Die Rückabwicklung soll über § 813 nur für den<br />

Fall der Nichtigkeit des finanzierten Vertrages durchgeführt werden können (bloß<br />

bereicherungsrechtlicher Durchgriff), da § 813 eine dauerhafte Einrede im Zeitpunkt<br />

51 Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 358 Rn. 33 m. w. N.<br />

52 Richtlinie vom 22. 12. 1986 ABl. Nr. L 42/48. Diese Richtlinie führte zuerst zu den Regelungen<br />

des VerbrKrG, welche im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB überführt<br />

wurden.<br />

53 Staudinger – Kessal-Wulf (Fn. 39), § 358 Rn. 16 ff.<br />

54 Habersack, in: MüKo (Fn. 38), § 359 Rn. 71; Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 6; Staudinger<br />

– Kessal-Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 33; Vollkommer, FS Merz, S. 608 ff; Coester, Verbraucherschutz<br />

bei drittfinanzierten Geschäften (§ 9 VerbrKrG), Jura 1992, S. 617, 624;<br />

Fuchs, Zum Einwendungs- <strong>und</strong> Rückforderungsdurchgriff bei verb<strong>und</strong>enen Geschäften,<br />

AcP 199 (1999), S. 305, 332 ff.; Karollus, Gr<strong>und</strong>fälle zum Verbraucherkreditgesetz, JuS 1993,<br />

S. 820, 821; vgl. z. B. aus der Rechtsprechung OLG Stuttgart, WM 2001, 1167, 1175; LG Bochum,<br />

NJW-RR 2002, 349, 350.


416<br />

StudZR 2/2006<br />

der Leistungserbringung voraussetzt. Im Regelfall bleibt es daher bei einer Rückabwicklung<br />

im jeweiligen Leistungsverhältnis, da § 813 wegen Vorhandensein eines<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>es im Fall der Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht einschlägig ist:55<br />

§ 813 ist allenfalls für die nach Erklärung des Rücktritts geleisteten Raten heranzuziehen<br />

<strong>und</strong> besteht dabei nur vorbehaltlich von § 814.56 Gegen eine analoge Anwendung<br />

von § 358 IV 3 wird angeführt, dass es schon an den Analogie-Voraussetzungen<br />

mangele, weil sich der Gesetzgeber durch die Beschränkung auf den Widerruf bewusst<br />

gegen einen allgemeinen Rückforderungsdurchgriff entschieden habe. Nach<br />

dieser Ansicht würde eine Rückabwicklung wie folgt durchgeführt werden: Der Unternehmer<br />

erhält nach § 346 I die Sache. Der Verbraucher erhält vom Verkäufer seine<br />

Anzahlung, sofern er eine geleistet hat <strong>und</strong> die Darlehensvaluta. Ein darüber hinausgehender<br />

wie auch immer gearteter Rückforderungsdurchgriff wird nicht angenommen.<br />

Ausnahmsweise soll § 242 zur Anwendung gebracht werden können, wenn ansonsten<br />

Zustände unerträglicher Ungerechtigkeit entstünden.57 Dies wird jedoch nur<br />

sehr selten der Fall sein.<br />

b) Lösung über Wegfall der Geschäftsgr<strong>und</strong>lage, § 313<br />

Nach anderer Ansicht sollen die Gr<strong>und</strong>sätze des Wegfalls der Geschäftsgr<strong>und</strong>lage<br />

nach § 313 (clausula rebus sic stantibus) einen Rückforderungsdurchgriff ermöglichen.58<br />

Der Sache nach geht es dabei um einen Gedanken, der vom Finanzierungsleasing<br />

bekannt ist.59 Dort wird mit Rücktritt vom Kaufvertrag dem Leasingvertrag<br />

rückwirkend die Gr<strong>und</strong>lage entzogen. Nun könnte daran gedacht werden, dass auch<br />

dem Darlehensvertrag die Gr<strong>und</strong>lage durch Rücktritt vom verb<strong>und</strong>enen Kaufvertrag<br />

entzogen wird. Anders als beim Leasing ist jedoch die Gebrauchsüberlassung nicht<br />

die vertragstypische Leistung des Darlehensgebers. Insofern wird keine Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Geschäfts entzogen. Zudem ist der Leasingnehmer anders als bei den verb<strong>und</strong>enen<br />

Verträgen nicht Partner des Kaufvertrages, sondern nur ausübungsberechtigt hinsichtlich<br />

der Gewährleistungsrechte.60 Darüber hinaus liegt in den meisten Fällen<br />

55 Lauer (Fn. 38), S. 92, 101; Habersack, in: MüKo (Fn. 38), § 359 Rn. 77; Staudinger – Kessal-<br />

Wulf (Fn. 39), § 359 Rn. 75.<br />

56 Es bleibt die Frage offen, welcher vernünftige Verbraucher noch Raten bezahlt, nach dem er<br />

vom Vertrag zurückgetreten ist <strong>und</strong> gleichzeitig keine Kenntnis der Nichtschuld i. S. v. § 814<br />

hat. Insofern dürften in diesem Fall die praktischen Auswirkungen einer Anwendung von<br />

§ 813 gering sein.<br />

57 Siehe zu der Anwendung von § 242: Fuchs (Fn. 54), S. 305, 335; LG Braunschweig, NJW<br />

1994, 2701.<br />

58 Ott, in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl. (1994), § 9<br />

VerbrKrG Rn. 129 ff.; Pietzcker, Die Rückabwicklung verb<strong>und</strong>ener Geschäfte beim Einwendungsdurchgriff<br />

nach dem Verbraucherkreditgesetz, Diss. Hamburg 1994, S. 89.<br />

59 Vgl. dazu Hennig, Examensrelevante Probleme des Leasingsvertrages, JA 2004, S. 880,<br />

882 ff.<br />

60 Beim Leasingvertrag schließt der Verbraucher nur einen (Leasing-)Vertrag ab, der Unternehmer<br />

hingegen einen Kaufvertrag <strong>und</strong> den Leasingvertrag. Der vorliegende Fall liegt<br />

strukturell anders: Hier schließt der Verbraucher zwei Verträge ab: einen Kauf- <strong>und</strong> einen<br />

Kreditvertrag.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 417<br />

auch keine wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- <strong>und</strong> Leasingvertrag vor. Es besteht<br />

kein tripolares, sondern nur ein Zwei-Personen-Verhältnis. Daher geben die Gr<strong>und</strong>sätze<br />

des WGG hier keine Hilfe <strong>und</strong> können deswegen nicht herangezogen werden.61<br />

c) Lösung über eine Analogie zu § 358 IV S. 3<br />

Der BGH hat sich in seinen Urteilen zum finanzierten Gesellschaftsbeitritt62 für einen<br />

Rückforderungsdurchgriff auf der Gr<strong>und</strong>lage von § 358 IV S. 3 in analoger Anwendung<br />

entschieden.63 Zu den Voraussetzungen einer Analogie ist Folgendes festzuhalten:<br />

Eine Analogie verlangt nach allgemeiner Dogmatik eine planwidrige Regelungslücke<br />

<strong>und</strong> eine vergleichbare Interessenlage.64 Es bedarf daher zuerst des<br />

Vorliegens einer Regelungslücke. Die gesetzgeberische Zurückhaltung bei der Schaffung<br />

der §§ 358, 359 könnte als Entscheidung gegen den Rückforderungsdurchgriff<br />

gewertet werden. Eine solche bewusste Entscheidung gegen einen Rückforderungsdurchgriff<br />

stünde der Annahme einer Regelungslücke entgegen. Der BGH <strong>und</strong> mit<br />

ihm Stimmen aus der Literatur meinen jedoch, es ergebe sich aus den Gesetzgebungsmaterialien,<br />

dass es sich bei § 358 IV S. 3 um eine offene Vorschrift handele, deren<br />

Entwicklung Schrifttum <strong>und</strong> Rechtsprechung überlassen werden sollte.65 Eine<br />

Entscheidung gegen die Annahme des Rückforderungsdurchgriffs könne in der<br />

Nichterwähnung nicht gesehen werden. Diese Sichtweise kann sich darauf berufen,<br />

dass die Vorschläge einer Beschränkung aus den Referentenentwürfen gerade nicht in<br />

den Regierungsentwurf aufgenommen wurden.66 Somit ist das Merkmal einer Regelungslücke<br />

zu bejahen.67<br />

Weiterhin bedarf es für die Annahme einer Analogie einer vergleichbaren Interessenlage.<br />

Dies wird teilweise abgelehnt <strong>und</strong>, zumindest für den Fall eines finanzierten<br />

Immobilienfondsbeitritts, eine von den §§ 358, 359 losgelöste, neue juristische F<strong>und</strong>ierung<br />

verlangt.68 Diese Argumentation basiert im Wesentlichen darauf, dass der<br />

61 Vgl. nur BGHZ 109, 136, 146 <strong>und</strong> Habersack, in: MüKo (Fn. 38), § 359 Rn. 76.<br />

62 Siehe nur BGHZ 156, 46; BGH, DStR 2004, S. 1346, 1346 ff.<br />

63 Diese betrafen die Fälle der finanzierten Beitritte zu einem geschlossenen Immobilienfonds<br />

(sog. „Schrottimmobilien“-Fälle), vgl. dazu Lauer (Fn. 38), S. 92, 94 ff.; Schäfer, Anlegerschutz<br />

durch Rückforderungsdurchgriff beim finanzierten Fondsbeitritt – eine Zwischenbilanz,<br />

BKR 2005, S. 98, 98 ff. Siehe aber auch OLG Schleswig, Urteil vom 2. 6. 2005–5U162/<br />

01 (nicht rechtskräftig).<br />

64 Vgl. hierzu allgemein Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. (1991),<br />

S. 381 ff.<br />

65 Siehe nur BGH, NJW 2003, S. 2821, 2823; Reinking/Nießen, Das Verbraucherkreditgesetz,<br />

ZIP 1991, S, 79, 84; Vollkommer in: FS Merz, S. 595, 603; Goebbels, Der Rückforderungsdurchgriff<br />

des Verbrauchers im Rahmen der Rückabwicklung verb<strong>und</strong>ener Geschäfte i. S.<br />

des § 9 Verbraucherkreditgesetz, Diss. Bonn 2000, S. 46 ff.<br />

66 Vgl. für das wortgleiche VerbrKrG: ReferentenE vom 10. 6. 1988 S. 34 <strong>und</strong> RegierungsE BT-<br />

Drs. 11/5462 S. 23.<br />

67 Ein ähnlicher Fall einer solchen gesetzgeberischen Zurückhaltung <strong>und</strong> Übertragung der legislativen<br />

Funktion an Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis findet sich in § 311 III, dessen Reichweite<br />

noch weitgehend offen ist.<br />

68 Vgl. etwa Schwab (Fn. 37), S. 861, 901; Lauer (Fn. 38), S. 92, 100 ff.


418<br />

StudZR 2/2006<br />

Aufspaltungsnachteil bei Zulassung eines Rückforderungsdurchgriffs durch Verlagerung<br />

des Anlagerisikos in einen Aufspaltungsvorteil umgekehrt würde. Damit stünde<br />

der Verbraucher beim verb<strong>und</strong>enen Vertrag nicht nur gleich, sondern besser als<br />

bei einem Geschäft mit bloß einem einzigen Vertragspartner, da ihm das Risiko einer<br />

schlechten Finanzanlage abgenommen wird.<br />

Ob diese Einwände auf den finanzierten Autokauf übertragen werden können erscheint<br />

indes fraglich. Beim finanzierten Autokauf ist die Lage bezüglich des Investitionsrisikos<br />

eine andere. Die Bank erhält hier nicht einen regelmäßig wertlosen Gesellschaftsanteil<br />

wie in den Fällen des finanzierten Fondsbeitritts, sondern eine Sache,<br />

welche noch einen Wert repräsentiert.69 Zudem ist bei einem finanzierten Sachkauf<br />

die Situation insofern unterschiedlich, als dass es nicht um ein Anlage- bzw. Spekulationsrisiko<br />

geht, sondern um die Finanzierung eines Konsumguts, welches keine spekulativen<br />

Aspekte aufweist. Die typische Entwertung des finanzierten Gegenstands<br />

kann dabei kein ausschlaggebendes Argument für die gr<strong>und</strong>sätzliche Anerkennung<br />

oder Ablehnung des Rückforderungsdurchgriffs sein. Daneben steht das Interesse<br />

des Verbrauchers an einer schnellen <strong>und</strong> einfachen Rückabwicklung. Zudem hat die<br />

Rückabwicklung mit der Bank den Vorteil, dass deren Insolvenzrisiko sehr gering ist,<br />

da es sich um einen staatlich regulierten <strong>und</strong> beaufsichtigten Marktteilnehmer handelt,<br />

der in der Regel keine Solvenz- <strong>und</strong> Liquiditätsprobleme hat. Die bloße Tatsache<br />

der höheren Liquidität kann aber nicht allein ausschlaggebend sein.<br />

Vom BGH wird in den Fällen des finanzierten Gesellschaftsbeitritts immer wieder<br />

plakativ das „unabweisbare Bedürfnis“ für den Rückforderungsdurchgriff betont,<br />

welches juristisch aber nicht weiter begründet wird.70 Die Billigkeitserwägungen stehen<br />

deutlich im Vordergr<strong>und</strong>. Nahe liegend geht es dabei um eine Sanktionierung der<br />

Banken, welche einen erheblichen Eigennutz aus der Vermarktung von „Schrottimmobilien“<br />

ziehen <strong>und</strong> einen deutlich besseren Einblick in die entstehenden „weichen<br />

Kosten“ <strong>und</strong> die Lage auf dem Vermietungsmarkt haben. Der Wissensvorsprung der<br />

Banken wird damit in diesen Fällen sanktioniert. Zwar hat auch hier die Bank Einblick<br />

in die Verhältnisse des Autoverkäufers, dieser Sanktionsgedanke greift aber bei<br />

bloß mangelhafter Kaufsache nicht, da sich die Bank regelmäßig nicht vorwerfbar<br />

verhalten hat.<br />

3. Entscheidung des Streitstandes<br />

Die zu entscheidende Wertungsfrage ist, inwieweit der Verbraucher über das Verteidigungsinstrument<br />

des Einwendungsdurchgriffs hinaus eines Angriffsinstruments<br />

zum Zwecke der Rückabwicklung bedarf. Zu beachten ist auch, dass die Annahme<br />

eines Rückforderungsdurchgriffs dem Sicherungsinteresse der Bank förderlich ist.<br />

Ohne eine solche Annahme trägt die Bank das Insolvenzrisiko des Verbrauchers,<br />

welches regelmäßig erheblich höher ist als das des Verkäufers. Die Verlagerung des<br />

Insolvenzrisikos des Verbrauchers wird jedoch in der Praxis dadurch umgangen, dass<br />

69 Schäfer (Fn. 63), S. 98, 103.<br />

70 Zuerst in BGHZ 156, 46, danach in weiteren Urteilen zu finanzierten Fondsbeitritten.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 419<br />

sich die Bank die Ansprüche des Käufers abtreten lässt <strong>und</strong> dann den Rückforderungsanspruch<br />

des Käufers gegen den Verkäufer geltend machen kann.71 Dies führt<br />

faktisch dazu, dass die Rückabwicklung nur noch zwischen der Bank <strong>und</strong> dem Käufer<br />

stattfindet. Die Bank trägt so zwar das Insolvenzrisiko des Verkäufers,72 dieses<br />

Problem ist jedoch regelmäßig als nicht so erheblich einzustufen, weil sie dieses aufgr<strong>und</strong><br />

der unterhaltenen Geschäftsbeziehungen abschätzen kann. Die Interessen des<br />

Kreditgebers werden hierbei gewahrt; der Verkäufer hat durch die Rückabwicklung<br />

mit der Bank auch keine Nachteile. Dem Verbraucher wird die Rückabwicklung erleichtert,<br />

da er es nur noch mit einer Partei zu tun hat. Insofern ist das Insolvenzrisiko<br />

des Verkäufers das Korrelat zur Möglichkeit, am verb<strong>und</strong>enen Geschäft teilzunehmen.<br />

Ein solches Vorgehen läuft der Sache nach aber auf eine analoge Anwendung des<br />

§ 358 IV S. 3 hinaus. Zwar ist es methodisch unzulässig von der vorstehend beschriebenen<br />

Vertragspraxis auf die Gesetzesauslegung zu schließen, aber die Vertragspraxis<br />

gibt in jedem Fall einen wichtigen Anhaltspunkt für einen angemessenen<br />

Ausgleich der verschiedenen betroffenen Interessen im Rahmen eines drittfinanzierten<br />

Geschäfts. Da der Gesetzgeber im Rahmen des § 358 IV S. 3 eine solche<br />

Anwendung zumindest für den Widerruf vorgesehen hat, spricht vieles dafür, eine<br />

Rückabwicklung am Vorbild des § 358 IV S. 3 durchzuführen.73 Zudem streiten teleologische<br />

Gesichtspunkte für das gef<strong>und</strong>ene Ergebnis, da der Zweck einer effektiven<br />

<strong>und</strong> einfachen Rückabwicklung am besten durch einen Rückforderungsdurchgriff<br />

erreicht wird. Die Sicherungsinteressen der Bank werden durch eine solche<br />

Lösung, wie oben gezeigt, zumindest nicht mehr gefährdet als bei anderen<br />

Kreditgeschäften auch. Obwohl eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser<br />

Konstellation noch nicht vorliegt, erscheint es in Anbetracht der oben aufgezeigten<br />

Interessenlage angemessen, die Rückabwicklung per Rückforderungsdurchgriff<br />

zuzulassen.74<br />

Gegen die von der herrschenden Meinung vorgenommene Differenzierung, einen<br />

Rückforderungsdurchgriff nur bei Nichtigkeit über § 813 vorzunehmen, spricht zudem,<br />

dass bei anderen Gestaltungsrechten keine interessengerechten Ergebnisse erzielt<br />

werden. So würde ein irrender Verbraucher (z. B. Inhalts- oder Eigenschaftsirrtum<br />

nach § 119 I oder II) besser gestellt als der wegen Mangelhaftigkeit der Kauf-<br />

71 So der Vorschlag im wohl führenden Praxishandbuch Reinking/Eggert (Fn. 42), Rn. 727.<br />

72 In concreto die Gefahr, dass der Verkäufer Anzahlung <strong>und</strong> Darlehensvaluta nicht mehr herausgeben<br />

kann.<br />

73 Ein Rückforderungsdurchgriff ist auch schon vorher in der Rechtsprechung zu finden gewesen:<br />

Vgl. nur LG Braunschweig, NJW 1994, 2701 <strong>und</strong> OLG Düsseldorf, NJW–RR 1996,<br />

1265.<br />

74 Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf die kürzlich erschienenen Urteile des EuGH in den Sachen<br />

„Schulte“ <strong>und</strong> „Crailsheimer Volksbank“, siehe EuGH, Urteil v. 25. 10. 2005, C-350/03<br />

<strong>und</strong> EuGH, Urteil v. 25. 10. 2005, C-229/04; dazu auch Staudinger, Die Zukunft der<br />

„Schrottimmobilien“ nach den EuGH-Entscheidungen vom 25. 10. 2005, NJW 2005,<br />

S. 3521. Der EuGH hat in diesen beiden parallel ergangenen Urteilen ausdrücklich die europarechtliche<br />

Zulässigkeit eines Rückforderungsdurchgriffs betont.


420<br />

StudZR 2/2006<br />

sache Rücktrittsberechtigte. Warum soll aber der Irrende für die Rückabwicklung<br />

besser gestellt werden als der Empfänger einer mangelhaften Kaufsache? Zwar wollte<br />

der Käufer, anders als der Irrende, genau diesen Kaufvertrag abschließen, welcher lediglich<br />

mangelhaft erfüllt wurde. Beide sehen sich jedoch einer Kaufsache ausgesetzt,<br />

die nicht ihren Vorstellungen entspricht. Diese Vorstellungen hat der Rücktrittsberechtigte<br />

zudem fehlerfrei geäußert. Eine Differenzierung aufgr<strong>und</strong> des unterschiedlichen<br />

Rechtscharakters der Gestaltungsrechte ist daher wertungsmäßig schwer zu<br />

begründen.<br />

Weiterhin lässt sich an einen Erst-Recht-Schluss denken. Wenn schon ein Widerrufsrecht,<br />

welches nicht an ein Fehlverhalten einer Partei, sondern nur an die Art des<br />

Zustandekommens eines Geschäfts anknüpft, für die Rechtsfolgen des § 358 IV S. 3<br />

ausreicht, dann muss erst recht eine kaufrechtliche Pflichtverletzung ausreichen.<br />

Der Gesetzgeber hat sich auf bestimmte Fallkonstellationen des Verbraucherschutzes<br />

beschränkt. Zu diesen gehört auch das Kaufrecht mit den Regeln zum Verbrauchsgüterkauf<br />

in den §§ 474 – 479. Diese den Verbraucher schützenden Regeln<br />

liefen aber bei Ablehnung des Rückforderungsdurchgriffs leer. Der Verbraucher<br />

müsste das Insolvenzrisiko des Verkäufers tragen <strong>und</strong> gleichzeitig der Bank das<br />

Darlehen zurückzahlen. Die Aufspaltung des Geschäfts führte damit zu einer Risikoverdoppelung<br />

für den Verbraucher. Dies steht im Widerspruch zum Ziel des Verbraucherschutzes,<br />

da der Verbraucher im schlimmsten Fall das mangelhafte Auto<br />

zurückgewähren <strong>und</strong> gleichzeitig das Darlehen zurückzahlen muss. Er steht damit<br />

schlechter als in einem Abzahlungsgeschäft zwischen zwei Personen. Dieses Ergebnis<br />

würde aber dem Telos der §§ 358, 359 widersprechen, der gerade eine Gleichstellung<br />

von drittfinanzierten Geschäften mit Abzahlungsgeschäften im Zwei-Personen-Verhältnis<br />

bezweckt. In unserem Fall hat sich der Rücktrittsberechtigte zudem<br />

keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, vielmehr ist er Opfer einer Pflichtverletzung<br />

durch den Verkäufer <strong>und</strong> damit besonders schutzwürdig. Damit ließe sich argumentieren,<br />

ihn erst-recht den Vorteil eines Rückforderungsdurchgriffs zuzusprechen.<br />

Insofern erscheint uns eine Lösung über eine analoge Anwendung von §§ 358 IV<br />

S. 3, 346 I vorzugswürdig.<br />

4. Zwischenergebnis<br />

Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser<br />

Frage äußern wird. Die vorgebrachten Argumente gegen eine analoge Anwendung<br />

von § 358 IV S. 3 überzeugen unseres Erachtens zumindest in der Konstellation des<br />

finanzierten Autokaufs nicht.75<br />

75 Im Ergebnis auch Schwab (Fn. 37), S. 861, 889 f. allgemein für den drittfinanzierten Abzahlungskauf.


Leisinger/Mekat <strong>Übungsfall</strong>: <strong>„Rückforderungsdurchgriff</strong> <strong>und</strong> <strong>finanzierter</strong> <strong>Autokauf“</strong> 421<br />

5. Zinsen <strong>und</strong> Finanzierungskosten<br />

Umstritten ist weiterhin, ob der Verbraucher der Bank Zinsen <strong>und</strong> Finanzierungskosten<br />

erstatten muss. Nach einer Ansicht hat der Verbraucher Zins- <strong>und</strong> Kostenanteile<br />

selbst zu tragen <strong>und</strong> kann die Valuta daher nur eingeschränkt zurückfordern:<br />

Bei diesen Anteilen sei es angemessen, sie beim Darlehensgeber zu belassen,<br />

da der Betrag, den der Verkäufer vom Darlehensgeber erhält, gerade keine solchen<br />

Zins- <strong>und</strong> Kostenanteile enthält.76 Die §§ 358, 359 würden sich auf die dort getroffenen<br />

Schutzregelungen beschränken. Der Verbraucher habe daher den Zins- <strong>und</strong><br />

Kostenanteil selbst zu tragen <strong>und</strong> könne ihn von keinem Vertragspartner ersetzt<br />

verlangen. Es sei nicht einzusehen, dass der Käufer nichts dafür zu zahlen habe,<br />

dass er fremdes Kapital einsetze.77 Dies privilegiere den Verbraucher gr<strong>und</strong>los gegenüber<br />

einem Käufer, der den Kaufpreis aus eigenen Mitteln aufbringt.78 Diese<br />

Ansicht hat sich dabei auch auf den Wortlaut von § 467 a. F. gestützt <strong>und</strong> diesbezüglich<br />

angeführt, dass die Zinsen keine Vertragskosten im Sinne dieser Vorschrift<br />

seien.79 Dieser Begründungsstrang ist jedoch im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung<br />

weggefallen.80<br />

Nach herrschender Meinung81 erhält der Verbraucher im Rahmen von § 346 die gezahlten<br />

Raten einschließlich von Zins- <strong>und</strong> Kostenanteilen erstattet. Nur dies entspricht<br />

einer vollständigen Rückabwicklung i. S. v. § 346. Inwiefern Zinsen als entgangene<br />

Nutzungen nach § 346 zu ersetzen sind, richtet sich nach § 346 II Nr. 1.<br />

Dafür spricht letztlich auch die Wertung von § 358 IV S. 2, welcher Zins- <strong>und</strong> Kostenansprüche<br />

gegen den Verbraucher ausschließt. Die Bank hat darüber hinaus die<br />

Möglichkeit, ihre Beziehungen mit dem Verkäufer in einem Kooperationsvertrag<br />

detailliert <strong>und</strong> interessengerecht zu regeln. Dabei kann die Bank auch für nach dieser<br />

Lösung entgangene Zins- <strong>und</strong> Kostenanteile beim Verkäufer Regress nehmen.<br />

Zusammengefasst kann der Verbraucher damit von der Bank die kompletten Raten<br />

verlangen. Es gibt kein Recht der Bank zum Einbehalt von Zins- oder Kostenanteilen.<br />

6. Ergebnis<br />

K hat einen Anspruch auf Rückabwicklung analog §§ 358 IV S. 3, 346 I gegen die<br />

B-Bank. Dabei werden sowohl Kaufvertrag als auch Darlehen rückabgewickelt, jedoch<br />

sind Parteien der Rückabwicklung nur B <strong>und</strong> K. K muss den Wagen an B zu-<br />

76 OLG Naumburg, OLGR 2003, 87, 88; speziell zum finanzierten Autokauf Reinking/Eggert<br />

(Fn. 42), Rn. 725.<br />

77 LG Bochum, NJW-RR 2002, 349, 350.<br />

78 LG Hagen, MDR 1994, 251; LG Bonn, BB 1993, 1319 zum wortgleichen § 9 VerbrKRG.<br />

79 Vgl. nur die Argumentation bei LG Bochum, NJW-RR 2002, 349, 350; LG Zweibrücken,<br />

NJW-RR 2001, 167, 167 sowie LG Bonn, BB 1993, 1319, 1319.<br />

80 So Reinking/Eggert (Fn. 42), Rn. 735.<br />

81 Habersack, in: MüKo (Fn. 38), § 359 Rn. 71; Palandt – Heinrichs (Fn. 12), § 359 Rn. 6; OLG<br />

Düsseldorf, BB 1996, 1905.


422<br />

StudZR 2/2006<br />

rückgeben <strong>und</strong> kann geleistete Raten einschließlich enthaltener Zins- <strong>und</strong> Kostenanteile<br />

von der Bank verlangen. Von der Zahlung künftiger Raten ist K befreit.82<br />

Zwischen den Ansprüchen des K aus § 346 I gegen V <strong>und</strong> §§ 358 IV S. 3 analog, 346 I<br />

gegen die B-Bank besteht echte Anspruchskonkurrenz; der Verbraucher kann jedoch<br />

nur einmal Erfüllung verlangen.83<br />

82 Die Bank kann ihrerseits die an V geleistete Darlehensvaluta <strong>und</strong> eventuelle Anzahlungen<br />

von V herausverlangen. Dies geschieht entweder nach den Regelungen aus dem Kooperationsvertrag<br />

oder nach Bereicherungsrecht.<br />

83 Auch für ein solches Wahlrecht des Verbrauchers: Bülow, Einwendungsdurchgriff <strong>und</strong><br />

Rückforderungsdurchgriff in neuer Sicht – Folgerungen aus dem Urteil des BGH vom<br />

21. 7. 2003 = WM 2003, 1762, WM 2004, 1257, 1262. Dagegen wohl BGH, WM 2003, 1762.<br />

Ein Vorrang des § 358 IV 3 mag vielleicht in Hinsicht auf den lex specialis – Gr<strong>und</strong>satz sinnvoll<br />

sein. Zweckmäßiger erscheint es, § 358 IV 3 als verbraucherrechtliches Schutzinstrument<br />

zu verstehen, auf welches der Verbraucher auch nach seiner Wahl verzichten kann.

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