Filmheft – Materialien für den Unterricht - Das Parfum - Film.de
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entspricht <strong>de</strong>m Erfassen <strong>de</strong>s Geruchs, führt also von <strong>de</strong>r Nase zum Objekt. Diese Bewegung<br />
<strong>de</strong>s Erfassens, Erkennens, Aufspürens entspricht <strong>de</strong>r natürlichen Wahrnehmung. Sie geht<br />
Hand in Hand mit <strong>de</strong>m zentralen Thema <strong>de</strong>r Aneignung und prägt <strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>Film</strong> durch das<br />
sichtbar gemachte Riechen.<br />
DAS PARFUM erweitert die <strong>Film</strong>sprache, entwickelt ein neues filmisches Vokabular, mit <strong>de</strong>m<br />
die subjektive Wahrnehmung <strong>de</strong>s Riechens auf <strong>de</strong>r Leinwand zur Geltung kommt. Ein<br />
entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong>de</strong>s Mittel da<strong>für</strong> stellt die Kamerafahrt zum Objekt dar, die das geruchliche<br />
Erfassen nachahmt. Meist eingeführt durch statische objektive Einstellungen (Grenouille<br />
steht o<strong>de</strong>r liegt, schließt die Augen, schnuppert), schleicht, läuft, ja stürzt o<strong>de</strong>r fliegt die<br />
Kamera anschließend auf das zu, was er wahrnimmt. Viele Einstellungen führen mittels<br />
subjektiver Kamera vor, was Grenouilles Nase wahrnimmt, beispielsweise auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite einer Person.<br />
Manchmal verkürzen schnelle Schnitte diesen Weg, markieren die Ungeduld, verleihen <strong>de</strong>r<br />
Szene eine zusätzliche irreale Note. Als Richis mit seiner Tochter Grenouille zu Pfer<strong>de</strong><br />
abschütteln will, überbrückt die Kamera in schwin<strong>de</strong>lerregen<strong>de</strong>m Flug die beträchtliche<br />
Entfernung zu <strong><strong>de</strong>n</strong> Flüchten<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>–</strong> nicht geradlinig, son<strong>de</strong>rn in leichtem Zickzack wie ein<br />
Fährtenhund <strong>–</strong> und nimmt <strong><strong>de</strong>n</strong> Weg <strong>de</strong>s Verfolgers vorweg. Starke Zeitlupe hebt <strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Augenblick <strong>de</strong>r olfaktorischen Zielansprache hervor.<br />
Auch die objektive Richtung, von <strong>de</strong>r Duftquelle zur Nase, kommt in Kamerabewegungen<br />
zum Ausdruck, am <strong>de</strong>utlichsten bei <strong>de</strong>r Massenszene in Grasse. Wie ein Heißluftballon<br />
schwebt die Kamera mit <strong>de</strong>r ausströmen<strong><strong>de</strong>n</strong> <strong>Parfum</strong>wolke über die Menge, <strong>de</strong>ren<br />
Reaktionen sie zugleich einfängt, o<strong>de</strong>r verfolgt das flattern<strong>de</strong>, parfumgetränkte Tüchlein auf<br />
seinem Triumphzug über die Köpfe hinweg.<br />
An<strong>de</strong>re filmische Mittel kreisen weitere Charakteristika <strong>de</strong>r Geruchswahrnehmung ein.<br />
Schwenks und rasche Schnitte stehen <strong>für</strong> suchen<strong>de</strong>s Kopfdrehen o<strong>de</strong>r eine Flut von<br />
flüchtigen Eindrücken. Naheinstellungen kombiniert mit einer Reihe von Schnitten, oft auch<br />
in vermin<strong>de</strong>rter Schärfentiefe, isolieren das Geruchserlebnis: Die Intensität <strong>de</strong>s Geruchs<br />
verdrängt die optische Orientierung (Kun<strong><strong>de</strong>n</strong> in <strong>de</strong>r Parfümerie). Grenouille, rauschhaft<br />
versunken in Düften, sieht alles Unwichtige unscharf, hört Geräusche nur noch wie von<br />
ferne an sein Ohr dringen.<br />
Duften<strong>de</strong> Projektion:<br />
<strong>Das</strong> Mädchen mit <strong><strong>de</strong>n</strong> Mirabellen<br />
Die kurze Begegnung mit <strong>de</strong>r Mirabellenverkäuferin<br />
wird <strong>für</strong> Grenouille zum Schlüsselerlebnis. Die<br />
Sequenz kehrt mehrfach abgewan<strong>de</strong>lt an entschei<strong><strong>de</strong>n</strong><strong><strong>de</strong>n</strong><br />
Stellen im <strong>Film</strong> wie<strong>de</strong>r und kommentiert<br />
<strong><strong>de</strong>n</strong> „künstlerischen“ Wer<strong>de</strong>gang <strong>de</strong>r Hauptfigur.<br />
Die erste Darstellung entspricht <strong>de</strong>m Mord, so wie<br />
er geschehen ist. Grenouille schleicht sich an, das<br />
Mädchen bemerkt ihn, gerät in Panik, er tötet sie<br />
und wei<strong>de</strong>t sich an ihrem kostbaren Duft, <strong>de</strong>ssen<br />
Flüchtigkeit ihm schmerzlich klar ist.<br />
Duft und verführerische Früchte:<br />
das Mirabellen-Mädchen (Karoline Herfurth)<br />
Kino <strong>für</strong> die Nase // DAS PARFUM 11