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PR 46 PariserCommune

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Proletarische<br />

Nr.<strong>46</strong><br />

unabhängig<br />

von Staat und Kapital<br />

Revolution<br />

im 141. Jahr<br />

der Pariser Kommune revolutionär-kommunistische Zeitung in Österreich<br />

11. Jg.<br />

Proletarier/innen aller Länder, vereinigt euch!<br />

Juli 2011 Spendenempfehlung: Euro 2,-<br />

140. Jahrestag der Pariser Commune<br />

Referate der Offenen Schulung der IA*RKP<br />

März 2011


Inhalt<br />

Einleitung und Programm<br />

Die Pariser Commune 18. 3. bis 28. 5. 1871:<br />

Historischer Ablauf der Ereignisse<br />

Lehren der Commune<br />

Zur Haltung verschiedener politischer Strömungen<br />

in und gegenüber der Pariser Commune<br />

1. Opportunisten/Revisionisten/ Kautskyaner<br />

2. Anarchisten (Bakunin und Kropotkin)<br />

3. Blanqui und die Blanquisten<br />

4. Trotzki<br />

Einleitung zur Diskussion<br />

... die Gesetze seien künftig nicht beachtet...<br />

Flugblatt vom März 2011<br />

3<br />

4<br />

12<br />

18<br />

38<br />

40


Ich begrüße euch zum<br />

„Tag der Pariser Commune“.<br />

Die IA*RKP hat diese<br />

Veranstaltung zum 140.<br />

Jahrestag organisiert, weil<br />

die Pariser Commune der<br />

erste erfolgreiche Aufstand<br />

von Arbeiter/innen<br />

war, der zur politischen<br />

Machtergreifung geführt<br />

hat, zur Diktatur des Proletariats,<br />

wie der wissenschaftliche<br />

Begriff heißt,<br />

im Gegensatz zur Diktatur<br />

der Bourgeoisie, unter der<br />

wir heute weltweit leiden.<br />

Die Pariser Commune 1871<br />

ist für Revolutionäre Kom-<br />

munist/innen der erste der<br />

drei roten Leitsterne, auf<br />

die wir uns beziehen, sie<br />

dient uns als Vorbild und<br />

wir lernen aus deren Erfahrungen<br />

– auch aus ihren<br />

Fehlern. Die beiden anderen<br />

herausragenden Ereignisse<br />

in der Geschichte der<br />

internationalen Arbeiter/<br />

innenbewegung sind die<br />

Oktoberrevolution in Russland<br />

1917 und die Kulturrevolution<br />

in China 1966.<br />

Jede der nachfolgenden<br />

Erhebungen hat direkt auf<br />

die historischen Erfahrungen<br />

der Pariser Commune<br />

Offene Schulung 26.3.2011<br />

140 Jahre Pariser Commune<br />

Einleitung und Programm<br />

10:00 – 11:00 Historischer Ablauf und Hintergrund<br />

Pause 30 Min.<br />

11:30 – 13:00 Erfahrungen und Lehren: Staat und Revolution<br />

Pause 60 Min.<br />

14:00 – 15:00 Einschätzung durch verschiedene Strömungen<br />

Pause 30 Min.<br />

15:30 – 17:00 Lehren der Commune für heute (Diskussion)<br />

zurückgegriffen und darauf<br />

aufgebaut.<br />

...<br />

Der letzte Block ist vor<br />

allem für die Diskussion<br />

vorgesehen. Dort sollen<br />

eventuell auch Themen<br />

noch einmal aufgegriffen<br />

werden, die aus Zeitmangel<br />

bei den anderen Blöcken<br />

zu kurz gekommen<br />

sind. Der letzte Block soll<br />

allerdings unsere Aufgaben<br />

heute behandeln und<br />

nicht irgendwelche historischen<br />

Spezialdebatten.<br />

Programmablauf<br />

Proletarische Revolution 43<br />

3


Pariser Commune<br />

4<br />

Historischer Ablauf der Ereignisse<br />

Die ökonomisch-soziale<br />

Ausgangslage Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

(1850-60er Jahre)<br />

Die Niederlage der Revolution<br />

von 1848 ermöglicht<br />

der Bourgeoisie eine<br />

hemmungslose Reaktion<br />

als Mittel zum sozialen<br />

Zweck ihrer Herrschaft: in<br />

Westeuropa wird ein beispielloser<br />

Aufschwung der<br />

Profi tmacherei und eine<br />

drastische Beschleunigung<br />

der kapitalistischen Ausbeutung<br />

erreicht, nicht<br />

nur in England und Frankreich,<br />

den für die kapitalistische<br />

Produktionsweise<br />

fortgeschrittensten Ländern;<br />

Kapital dringt auch<br />

in die rückständigeren<br />

Länder ein, zerschlägt die<br />

vorkapitalistischen Produktionsverhältnisse,ruiniert<br />

Massen von Bauern<br />

und des städtischen Kleinbürgertums<br />

und schafft<br />

damit sowohl die Basis für<br />

die Ausbreitung der kapitalistischen<br />

Industrie als<br />

auch für das beschleunigte<br />

Entstehen einer Arbeiter/<br />

innenklasse.<br />

In dieser Konkurrenzschlacht<br />

ist England der<br />

Vorreiter, es überfl ügelt<br />

um 1850 alle anderen und<br />

übt eine unbestrittene<br />

Vormachtstellung unter<br />

den kapitalistischen Ländern<br />

aus.<br />

Ab 1850 jedoch holt Frankreich<br />

massiv auf: das sogenannte<br />

Zweite Kaiserreich<br />

1852-1870 steht für eine<br />

Phase ununterbrochenen<br />

kapitalistischen Wachstums.<br />

Die Zahlen belegen<br />

dies eindringlich:<br />

die Steinkohleförderung<br />

steigt innerhalb von nur 10<br />

Die Pariser Commune 18. 3. bis 28. 5. 1871:<br />

Jahren von 4,9 Mio. t (1852)<br />

auf 10,3 Mio. t (1862), die<br />

Gusseisengewinnung von<br />

522.000 t (1862) auf 1,1<br />

Mio. t (1862).<br />

Das französische Eisenbahnnetz<br />

umfasst 1840<br />

1.832 km; 20 Jahre später<br />

(1860) ist es auf das Fünffache<br />

angestiegen (9.439<br />

km). Gibt es 1840 3.200<br />

Betriebe mit Dampfantrieb,<br />

sind es 12 Jahre später<br />

doppelt so viele (6.500)<br />

und weitere 10 Jahre später<br />

(1862) bereits 15.000.<br />

In einer Zeitspanne von<br />

18 Jahren (1851 – 1869)<br />

kommt es zu einer Verdoppelung<br />

des Nationalvermögens<br />

von 82 auf 162<br />

Mrd. Francs.<br />

Während in den 1860-70er<br />

Jahren in Frankreich somit<br />

eine stark steigende<br />

Zahl von Lohnarbeitern<br />

entsteht, fehlt es dieser<br />

Arbeiter/innenklasse aber<br />

noch an wirklich großen<br />

Kadern von Industrieproletariat:<br />

in Paris beträgt<br />

zunächst die Gesamtzahl<br />

der Industriearbeiter nur<br />

442.000, davon nicht mehr<br />

als 50.000 in der Großindustrie,<br />

im Transport- und<br />

Verkehrswesen; viele der<br />

neuen Lohnarbeiter kommen<br />

aus dem Kleinbürgertum<br />

ideologisch und sozial<br />

nahestehenden Schichten<br />

(siehe weiter unten zum<br />

Stichwort “Proudhonismus“).<br />

Auf der anderen Seite ist<br />

die Großbourgeoisie mit<br />

dem napoleonischen Regime<br />

des Zweiten Kaiserreichs<br />

eng verfl ochten; es<br />

entwickelt sich ein breit<br />

angelegtes Börsenwesen<br />

und Spekulantentum, die<br />

Korruption blüht in ungekanntem<br />

Ausmaß auf und<br />

es konzentrieren sich ungeheure<br />

Kapitalien in den<br />

Händen von immer weniger<br />

Kapitalisten. Folge<br />

dieser verschärften kapitalistischen<br />

Akkumulation<br />

ist die Herausbildung der<br />

Klassenbasis einer zukünftigen<br />

imperialistischen Finanzbourgeoisie.<br />

Anfangs noch auf Bourgeoisie<br />

und Bauernschaft<br />

gestützt, verliert Napoleon<br />

III im Laufe der 1860er<br />

Jahre zunehmend die<br />

Unterstützung auch der<br />

mittleren und industriellen<br />

Bourgeoisie. Zusätzlich<br />

verschärfen sich die<br />

Widersprüche, da eine<br />

massive Steuerlast auf die<br />

Volksmassen abgewälzt<br />

wird, um die enormen Lasten<br />

der zahlreichen Kriege<br />

zu decken, die allesamt<br />

mit Niederlagen geendet<br />

haben. Eine immer krasser<br />

sich gebärdende Bestechlichkeit<br />

des Beamtenapparats<br />

tut ein Übriges, so<br />

dass trotz massiver Repression<br />

oppositionelle und republikanische<br />

Strömungen<br />

immer stärker werden. Das<br />

Ende des Regimes zeichnet<br />

sich 1869 immer klarer ab.<br />

Die politisch-ideologische<br />

Ausgangslage vor<br />

der Pariser Kommune<br />

Das politische Regime des<br />

Zweiten Kaiserreichs heißt<br />

für Arbeiter/innenklasse<br />

und Volksmassen schwärzeste<br />

Reaktion, die Herrschaft<br />

einer Militärclique.<br />

Bürokratie und Geistlichkeit<br />

herrschen uneingeschränkt.


Das Schulwesen ist gänzlich<br />

der Kirche ausgeliefert,<br />

die Presse steht unter<br />

strenger Zensur; Arbeiterstreiks<br />

und –koalitionen<br />

werden mit standrechtlicher<br />

Erschießung beantwortet.<br />

Die sogenannten<br />

„Wahlen zur gesetzgebenden<br />

Versammlung“,<br />

ein Scheinparlament, fi nden<br />

unter massiver Unterdrückung<br />

oppositioneller<br />

Strömungen und mithilfe<br />

„gekaufter“ Stimmabgaben<br />

statt. Trotz all dieser<br />

Machinationen tauchen<br />

1869 bei diesen „Farce“-<br />

Wahlen 3,5 Mio. Stimmen<br />

gegen die Regierung auf,<br />

bei 4,5 Mio. Stimmen „dafür“;<br />

das Ende des Kaiserreichs<br />

scheint unausweichlich.<br />

Die ideologische Situation<br />

ist allerdings verworren.<br />

Die Niederlage der Revolution<br />

von 1848 hat insbesondere<br />

in Frankreich dem<br />

Proletariat schwere Schläge<br />

zugefügt und seine Unterwerfung<br />

unter schärfste<br />

Reaktion zur Folge. Die<br />

tiefgreifende politische<br />

Desorientierung des Proletariats<br />

fi ndet ihren Ausdruck<br />

in der kleinbürgerlichen,<br />

dem Privateigentum<br />

verschriebenen Lehre von<br />

Proudhon, sie wird zur<br />

verbreiteten ideologischen<br />

Strömung. Erst die scharfe<br />

klassenkämpferische Auseinandersetzung<br />

damit,<br />

wie sie am III. Kongress<br />

der I. Internationale 1868<br />

in Brüssel stattfi ndet, hilft<br />

der französischen Arbeiter/innenklasse,<br />

sich von<br />

dieser das Privateigentum<br />

schützenden Ideologie<br />

wieder zu entfernen.<br />

Im Proudhonismus drückt<br />

sich einerseits die soziale<br />

Herkunft eines beträchtlichen<br />

Teils der Arbeiter/innenklasse<br />

aus, d.h. sie entstammt<br />

der immer weiter<br />

zunehmenden Masse von<br />

dem Ruin preisgegebenen<br />

Handwerkern, die ihre<br />

wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

wiedererlangen<br />

wollen, daher ist ihr Ziel<br />

und soziales Ideal die aus<br />

Kleinbesitzern als selbständige<br />

Warenproduzenten<br />

bestehende Gesellschaft,<br />

die von den „Übeln“ des<br />

Kapitalismus nicht betroffen<br />

ist. Nicht verwunderlich<br />

also, dass gesellschaftliches<br />

Staatseigentum an<br />

Produktionsmitteln für<br />

Proudhon eine „Tyrannei“<br />

darstellt, der Kommunismus<br />

für ihn eine „Sklavengesellschaft“.<br />

Was er dagegen<br />

fordert, sind Kleinkredite<br />

und „Volksbanken“,<br />

die Schaffung eines „nationalen<br />

Kreditsystems“<br />

(so u.a. auch nachzulesen<br />

im Forderungskatalog der<br />

proudhonistisch geprägten<br />

Resolution des 2.Kongresses<br />

der Internationale,<br />

1867 in Lausanne).<br />

Dass sich so große Teile<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

dieser Ideologie des Kleinbürgertums<br />

anschließen,<br />

ist neben den Wirkungen<br />

der brutalen Reaktion<br />

und der Auslöschung vieler<br />

bewusster Elemente<br />

mit Kampferfahrung im<br />

Klassenkampf seit 1848<br />

aber im besonderen auch<br />

der Zersplitterung der<br />

Arbeiter/innenklasse geschuldet:<br />

zwischen dem<br />

Lohnarbeiter und dem<br />

Handwerker bestehen in<br />

wichtigen Zweigen der<br />

Industrie wie der relativ<br />

bedeutenden Produktion<br />

von Luxusgegenständen,<br />

in der Kleider- und Mö-<br />

belfabrikation, noch keine<br />

festen Scheidelinien. Hinzu<br />

kommt, dass die Bourgeoise<br />

im napoleonischen<br />

Kaiserreich mit einer Politik<br />

von „Zuckerbrot und<br />

Peitsche“ versucht, die Arbeiter/innenklasse<br />

ruhig<br />

zu halten. Auf der einen<br />

Seite wird sie mittels brutaler<br />

Reaktion und Unterdrückung<br />

niedergehalten,<br />

auf der anderen versucht<br />

die Bourgeoisie, Teile der<br />

Arbeiter/innenklasse mit<br />

kleinen materiellen Zugeständnissen<br />

zum Verzicht<br />

auf den politischen Kampf<br />

zu bestechen.<br />

Es ist letztlich die unvermeidliche<br />

Tatsache und<br />

praktische Erfahrung des<br />

hartnäckig und beständig<br />

zu führenden Klassenkampfs,<br />

die die Arbeiter/<br />

innenklasse zur Erkenntnis<br />

der Untauglichkeit der<br />

proudhonistischen Konzepte<br />

führt. Dazu trägt<br />

auch 1868 der Zusammenbruch<br />

der proudhonistischen<br />

Bank (zur „gegenseitigen<br />

Unterstützung“<br />

und vor allem zu Schutz<br />

und Förderung des Kleineigentums<br />

gegen Großindustrie<br />

und Finanzkapital)<br />

bei, der den utopischen<br />

Charakter dieses untauglichen<br />

Kampfplans gegen<br />

den Kapitalismus entlarvt.<br />

Gegen Ende der 1860er<br />

Jahre steht ein Teil der<br />

Proudhonisten, die den<br />

politischen Kampf bisher<br />

abgelehnt hatten, nicht<br />

mehr auf dem Boden des<br />

friedlichen Ökonomismus<br />

und der Verteidigung des<br />

Privateigentums.<br />

Auf der anderen Seite der<br />

politischen Strömungen<br />

steht schon seit längerem<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

5


Pariser Commune<br />

6<br />

eine Minderheit, die Blanquisten,<br />

die eine konspirative<br />

Gruppe von Revolutionären<br />

schaffen wollen.<br />

Sie sind die unversöhnlichsten<br />

Gegner des napoleonischen<br />

Kaiserreichs<br />

und planen im günstigen<br />

Augenblick einen Staatsstreich<br />

zum Sturz des Regimes<br />

und zur Errichtung<br />

einer eigenen Diktatur,<br />

befassen sich aber wenig<br />

mit sozialökonomischen<br />

Fragen und halten vor allem<br />

die Massenarbeit für<br />

weniger wichtig.<br />

Die Verschärfung des<br />

Klassenkampfes vor<br />

Ausbruch des deutschfranzösischen<br />

Kriegs<br />

(1864 -70)<br />

Mit der Gründung der I.<br />

Internationale im September<br />

1866 in Genf und<br />

insbesondere der Zurückweisung<br />

der vor allem<br />

von den französischen<br />

Vertretern vorgetragenen<br />

proudhonistischen Konzepte,<br />

wie der Forderung<br />

nach Gründung von „Gesellschaften<br />

zur gegenseitigen<br />

Hilfe“ anstelle von<br />

Gewerkschaftsorganisationen,<br />

die Streiks organisieren<br />

sollen, entwickelt sich<br />

zunehmend das internationalistische<br />

Bewusstsein<br />

der Arbeiter/innenklasse,<br />

maßgeblich aufbauend<br />

auf der „Resolution über<br />

die Gewerkschaften“ des<br />

1. Kongresses der Internationale<br />

und der von Marx<br />

dazu ausgearbeiteten Thesen.<br />

Seine Kernpunkte sind<br />

die Forderung nach Arbeitsschutzgesetzen,<br />

nach<br />

gesetzlicher Beschränkung<br />

des Arbeitstags auf 8<br />

Stunden, nach Verbot von<br />

Frauen- u. Kinderarbeit.<br />

Überall in Westeuropa, so<br />

auch in Frankreich, bilden<br />

sich nun Sektionen der Internationale.<br />

1868 führt in Paris ein großer,<br />

siegreicher Streik der<br />

Bronze-Arbeiter, mit starker<br />

Unterstützung der Internationale,<br />

zur massiven<br />

Verbreitung ihrer Ideen<br />

und Beschlüsse. Napoleonische<br />

Polizei und Gerichte<br />

zerschlagen daraufhin<br />

die Pariser Sektion der Internationale,<br />

was sie aber<br />

in der Arbeiter/innenklasse<br />

nur noch mehr verankert.<br />

Organisatorisch aber<br />

dauert es bis 1870, bis sich<br />

erneut diverse Arbeiterorganisationen<br />

zur „Pariser<br />

Föderation der Internationale”<br />

vereinigen.<br />

Die Bourgeoispresse hält<br />

sich anfangs noch mit<br />

Kritik an der Internationale<br />

zurück, aber mit den<br />

zunehmend härter werdenden<br />

Streiks und den<br />

zunehmend klassenkämpferischen<br />

Beschlüssen der<br />

Kongresse ändert sich<br />

schlagartig ihre Sprache:<br />

nun ist die Internationale<br />

eine „Mordbrennerbande“<br />

aus Leuten, denen „nichts<br />

heilig“ ist, die „Anarchie“<br />

und „Vernichtung der Zivilisation“<br />

anstreben;<br />

der 3. Kongress der I. Internationale<br />

im September<br />

1868 in Brüssel erkennt<br />

den Streik als notwendige<br />

Waffe des Klassenkampfs<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

an, auch die Proudhonisten<br />

stimmen für die Resolution!<br />

Das Hauptthema<br />

dieses Kongresses ist aber<br />

die Kriegsfrage.<br />

Die internationale Lage<br />

vor dem deutsch-französischen<br />

Krieg<br />

Die Schlacht von Königgrätz<br />

1866 besiegelt den<br />

Dauerkonfl ikt Österreichs<br />

mit Preußen um die Vorherrschaft<br />

in Deutschland<br />

durch den Sieg Preußens.<br />

Die internationale Lage<br />

ist weiter äußerst unsicher,<br />

der nächste Krieg<br />

zwischen den großen Konkurrenzmächten<br />

ist von einem<br />

Tag auf den anderen<br />

zu erwarten.<br />

Vor dem Hintergrund eines<br />

mächtigen Anwachsens<br />

der republikanischen<br />

Opposition beginnt Napoleon<br />

III am 19. Juli 1870<br />

den Krieg gegen Preußen.<br />

Seine Hoffnung ist es, damit<br />

die militärische Größe<br />

des angeschlagenen<br />

Kaiserreichs zu erweitern,<br />

anzuknüpfen an seine<br />

„frühere Größe“, so sucht<br />

er den nationalen Chauvinismus<br />

zu nutzen, um die<br />

oppositionelle Bewegung<br />

zu untergraben. Bismarck<br />

auf der Gegenseite will<br />

den Krieg ebenfalls: ein<br />

Sieg über Frankreich soll<br />

die Vollendung der Einigung<br />

Deutschlands unter<br />

preußischer Vorherrschaft<br />

bringen.<br />

2 Monate später, es folgt<br />

Niederlage auf Niederlage<br />

einer schlecht ausgerüsteten,<br />

von innerer Fäulnis<br />

und Zersetzung geprägten<br />

französischen Armee, wird<br />

in der Schlacht bei Sédan<br />

Napoleon III samt Armee<br />

eingeschlossen und muss<br />

kapitulieren. Am 4. September<br />

1870 zerfällt das<br />

Kaiserreich, es folgt die<br />

Proklamation einer bür-


gerlichen Republik, die<br />

bürgerliche Opposition<br />

bildet eine „Regierung der<br />

nationalen Verteidigung“.<br />

Arbeiter/innenklasse und<br />

Kleinbürgertum sind auf<br />

Seiten der bürgerlichen<br />

Regierung und halten<br />

die Befreiung Frankreichs<br />

von den preußischen Okkupationstruppen<br />

für die<br />

Hauptaufgabe des Tages.<br />

Dieser „patriotische Gedanke“<br />

stammt „noch<br />

aus der Zeit der Großen<br />

Französischen Revolution<br />

des 18. Jahrhunderts; er<br />

beherrschte den Geist der<br />

Sozialisten der Kommune,<br />

und Blanqui z.B., ein<br />

unzweifelhafter Revolutionär<br />

und feuriger Anhänger<br />

des Sozialismus, fand<br />

für seine Zeitung keinen<br />

passenderen Namen als<br />

den bürgerlichen Alarmruf<br />

: Das Vaterland in Gefahr!“<br />

(Lenin) „Angesichts<br />

des Feindes darf es keine<br />

Parteien und Meinungsverschiedenheiten<br />

geben“,<br />

schrieb Blanqui.<br />

19. Sept. 1870: preußische<br />

Truppen haben ihren Vormarsch<br />

fortgesetzt und belagern<br />

Paris; dort wird die<br />

Nationalgarde auf 300.000<br />

Mann verstärkt, die Arbeiter/innenklasse<br />

erhält<br />

Waffen. Das Kalkül der<br />

Bourgeoisie dabei spricht<br />

ihr General TROCHU klar<br />

aus: „Wenn in einer großen<br />

Schlacht 20.000 Mann<br />

fallen, kapituliert Paris“,<br />

sprich: hoffentlich werden<br />

sie geschlagen, denn<br />

bewaffnete proletarische<br />

Massen sind wesentlich<br />

gefährlicher als der Feind<br />

vor der Tür! So verwandelt<br />

sich die „Regierung der<br />

nationalen Verteidigung“<br />

in eine des nationalen<br />

Verrats, die geheim die<br />

Auslieferung von Paris vorbereitet.<br />

Ihre verräterische<br />

Politik geht einher mit einer<br />

Flut von Repressalien<br />

gegen die Volksmassen,<br />

die unter anderem die Requirierung/Beschlagnahmung<br />

der Lebensmittelvorräte<br />

verlangen und ihre<br />

Verteilung an die Massen<br />

auf Basis von Lebensmittelkarten.<br />

Die auf Verrat und Destruktion<br />

basierenden militärischen<br />

Niederlagen<br />

lösen am 31. Oktober 1870<br />

und 23. Jänner 1871 Aufstandsversuche<br />

der Jakobiner<br />

und Blanquisten aus,<br />

sie werden aber noch wegen<br />

Fehlens straffer Organisation<br />

niedergeschlagen.<br />

Am 28. Januar 1871 erfolgt<br />

die Kapitulation von<br />

Paris, über die Friedensbedingungen<br />

mit Preußen<br />

soll eine Nationalversammlung<br />

entscheiden. Am<br />

6. Februar 1871 werden<br />

Wahlen zu dieser Nationalversammlung<br />

abgehalten<br />

unter den Losungen: „Für<br />

den Frieden!“ oder „Für<br />

den Krieg!“ Republikaner<br />

und Sozialisten wollen<br />

sich nicht abfi nden mit der<br />

militärischen. Niederlage,<br />

sie fordern stattdessen<br />

Fortsetzung des Krieges.<br />

Daher geben die Bauern<br />

ihre Stimme den Monarchisten,<br />

die als einzige für<br />

einen Friedensschluss mit<br />

Preußen sind. Resultat der<br />

Wahl: von 740 Mitgliedern<br />

der Nationalversammlung,<br />

die übrigens nicht in Paris,<br />

sondern in Bordeaux tagt,<br />

sind 450 Monarchisten<br />

(Marx nennt sie daher die<br />

„Krautjunkerversammlung“).<br />

Die Nationalversammlung<br />

schließt Frieden mit<br />

Preußen. Der Vertrag sieht<br />

Reparationszahlungen<br />

Frankreichs an Preußen<br />

von 5 Mrd. Francs vor;<br />

Elsass-Lothringen muss<br />

an Preußen abgetreten<br />

werden. Aber nun die<br />

Hauptaufgabe der Bourgeoisie:<br />

es geht um die<br />

Niederschlagung und Entwaffnung<br />

der revolutionären<br />

Arbeiterbewegung.<br />

Dazu ist bestens geeignet<br />

die neue reaktionäre<br />

Regierung bestehend aus<br />

ihrem Chef THIERS, dem<br />

General TROCHU sowie<br />

dem Außenminister FA-<br />

VRE. Auch Gouverneur von<br />

Paris und Kommandeur<br />

der Nationalgarde werden<br />

monarchistische Generäle.<br />

Als erstes wird den Nationalgardisten<br />

der Lohn<br />

(1 ½ Francs/Tag) entzogen,<br />

die Stundung ihrer Wohnungsmiet-<br />

und Wechselschulden<br />

(während des<br />

Krieges eingeführt) wird<br />

aufgehoben, damit sind<br />

sie angesichts von Massenarbeitslosigkeit<br />

mit<br />

ihren Familien dem Ruin<br />

preisgegeben.<br />

Am 18. März 1871 kommt<br />

es zum Aufstand der Nationalgarde<br />

- der reaktionäre<br />

Monarchist und<br />

Regierungschef THIERS<br />

hat Befehl zur geheimen<br />

Überrumpelung und Beschlagnahmung<br />

der 250<br />

Geschütze der Nationalgarde<br />

gegeben, was<br />

aber vom Pariser Volk verhindert<br />

wird. Regierung<br />

und reguläre Truppen<br />

fl üchten nach Versailles,<br />

Machtergreifung durch<br />

das Zentralkomitee der<br />

Nationalgarde, das von<br />

der übergroßen Mehrzahl<br />

der Bataillone gewählt<br />

worden ist.<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

7


Pariser Commune<br />

8<br />

Die Ausgangslage der<br />

Kommune<br />

Der Aufstand vom 18. März<br />

ist spontan erfolgt; revolutionäre<br />

Organisationen<br />

sind darauf in keiner Weise<br />

vorbereitet; in der Arbeiterbewegung<br />

herrschen<br />

vielfältige grundverschiedene<br />

Anschauungen vor<br />

(Proudhon, Blanqui, Bakunin),<br />

die aber alle nicht<br />

wirklich auf die Aufgaben<br />

vorbereitet sind, vor denen<br />

die Arbeiter/innenklasse<br />

historisch nun steht.<br />

Die “Föderation der Internationale“<br />

kann sich noch<br />

nicht entschließen, sich in<br />

die Ereignisse einzumischen.<br />

Das ZK der Nationalgarde,<br />

in seiner Zusammensetzung<br />

proletarisch<br />

und sozialistisch, will die<br />

Macht nicht bei sich behalten,<br />

sondern möglichst<br />

zügig über „Wahlen zur<br />

Kommune“ die Verantwortung,<br />

d.h. alle Macht<br />

abgeben an ein „wirklich<br />

demokratisches“ Organ,<br />

das die gesamte Bevölkerung<br />

repräsentieren soll.<br />

Nach den Wahlen übernimmt<br />

am 28.März 1871<br />

der „Rat der Kommune“<br />

die Macht.<br />

Gleich von Beginn an<br />

bricht die Klassenfront<br />

unter den Mitgliedern der<br />

Kommune auf: da das ZK<br />

auf eine Verständigung<br />

mit der Konterrevolution<br />

in Versailles hofft, hat es<br />

der Bourgeoisie nicht das<br />

Wahlrecht entzogen; dafür<br />

grenzen sich 17 gewählte<br />

Bourgeois-Ratsmitglieder<br />

sogleich vom Proletariat<br />

ab und legen ihr Mandat<br />

nieder, nach Ersatzwahlen<br />

zählt die Kommune<br />

schließlich 77 Mitglieder.<br />

Die Zusammensetzung<br />

der Kommune<br />

Die soziale Zusammensetzung<br />

der Kommune refl ektiert<br />

32% Arbeiter, 15%<br />

kleine Beamte, 15% kleine<br />

Geschäftsleute, 39% Angehörige<br />

der freien Berufe<br />

(Advokaten (Rechtsanwälte),<br />

Lehrer usw.). Sie<br />

stellt damit einen Aktionseinheitsblock<br />

der proletarischen<br />

Massen mit dem<br />

Kleinbürgertum dar, der<br />

während des Krieges auf<br />

dem Boden der Verteidigung<br />

von Paris gegen<br />

den preußischen Angriff<br />

zustandegekommen war.<br />

Politisch-ideologisch<br />

besteht die Mehrheit der<br />

Kommune aus Jakobinern<br />

und Blanquisten sowie<br />

einer proudhonistischen<br />

Minderheit. Die Jakobiner<br />

sind Vertreter eines radikalen<br />

Kleinbürgertums, sie<br />

halten sich für die Träger<br />

der Tradition der Grossen<br />

Französischen Revolution,<br />

sie sind keine Sozialisten,<br />

sie begreifen die historische<br />

Rolle der Arbeiter/<br />

innenklasse nicht und wollen<br />

in der Kommune die<br />

demokratischen Ideale von<br />

1793 verwirklichen, sehen<br />

also die neuen Aufgaben<br />

der neuen Epoche nicht.<br />

Die Proudhonisten sind<br />

in der Minderheit, aber<br />

vielfach uneins mit der<br />

Mehrheit; sie setzen auf<br />

ein „staatenloses Bündnis<br />

autonomer Kommunen“,<br />

sie sind Gegner der Staatsgewalt<br />

und diktatorischer<br />

Maßnahmen (die Minderheit<br />

tritt sogar einmal demonstrativ<br />

aus der Kommune<br />

aus, bezichtigt sie<br />

des „Diktatorentums“ und<br />

veröffentlicht ihren Pro-<br />

test in den Zeitungen, was<br />

in der Arbeiter/innenklasse<br />

in Paris beträchtliche<br />

Verwirrung stiftet).<br />

Schlussfolgerung: die<br />

Kommune hat kein klares<br />

Aktionsprogramm, weist<br />

keine einheitliche Führung<br />

auf, sondern sich<br />

gegenseitig bekämpfende<br />

Richtungen und muss das<br />

Proletariat in einer sehr<br />

schwierigen Lage führen.<br />

Die objektive Lage zur<br />

Zeit der Kommune<br />

Der bürgerliche Staatsapparat<br />

funktioniert nicht<br />

mehr, da hohe und mittlere<br />

Beamte nach Versailles<br />

gefl üchtet sind. Durch<br />

die Ereignisse selbst kann<br />

die Kommune also den<br />

bürgerlichen Staatsapparat<br />

nicht „übernehmen“,<br />

sondern muss ihren eigenen<br />

Staatsapparat vollständig<br />

neu gestalten.<br />

Sie löst diese historische<br />

Aufgabe, wenn auch nur<br />

langsam und teilweise,<br />

aber die von ihr durchgeführten<br />

Maßnahmen<br />

bringen eine radikale Änderung<br />

des Charakters des<br />

Staatsapparats mit sich,<br />

verwandeln ihn aus einem<br />

Werkzeug der Herrschaft<br />

der Bourgeoisie in den<br />

Staat der Arbeiter/innenklasse,<br />

der auf der Unterstützung<br />

der breiten<br />

Massen der Werktätigen<br />

basiert.<br />

Sie löst diese Aufgaben<br />

zudem in einer äußerst<br />

prekären Lage, nämlich<br />

der des Bürgerkriegs, die<br />

sie zu Methoden der Diktatur<br />

und Unterdrückung<br />

des Klassenfeinds und der<br />

Konterrevolution zwingt,


ohne dass aber die Kommune<br />

sich dessen bewusst<br />

ist, dass sie die Diktatur<br />

des Proletariats verwirklicht.<br />

(Zu den Maßnahmen<br />

siehe weiter unten)<br />

Demgegenüber sieht die<br />

Konterrevolution ihr Ziel<br />

ganz klar: THIERS und<br />

Konsorten haben von Anfang<br />

an beschlossen, die<br />

Kommune rücksichtslos<br />

niederzuschlagen, ihnen<br />

zu Hilfe kommt auch die<br />

preußische Regierung, die<br />

bis zu 130.000 (!) französische<br />

Kriegsgefangene<br />

zur Verstärkung der Versailler<br />

Konterrevolution<br />

freilässt und deren Truppen<br />

der Versailler Konterrevolution<br />

den Weg zum<br />

Zangenangriff auf Paris<br />

ebnen zwecks Niederschlagung<br />

der Kommune. Es<br />

geht um die Verteidigung<br />

der kapitalistischen Gesellschaftsordnung<br />

gegen den<br />

Ansturm der revolutionären<br />

Arbeiter/innenklasse!<br />

Die militärische Lage ist<br />

prekär: Paris ist von allen<br />

Seiten umringt, von<br />

den Versaillern und den<br />

preußischen Truppen. Am<br />

21.Mai 1871 dringen Versailler<br />

Landsknechte in<br />

Paris ein. Offener Verrat<br />

sowie auch teilweise militärische<br />

Fehler der Kommune<br />

begünstigen diesen<br />

Durchbruch durch die<br />

Verteidigungslinien. Heroisch<br />

widersetzen sich die<br />

Kommunarden 1 Woche<br />

lang, bis sie unter unglaublichen<br />

Verlusten am<br />

28.5.1971 in der letzten<br />

Schlacht um den Friedhof<br />

Père Lachaise untergehen.<br />

Hier sterben allein am letzten<br />

Tag 6.000 Kämpfer;<br />

die Gesamtbilanz ist ein<br />

Blutbad: 30.000 gefallene<br />

Kommmunarden, 45.000<br />

Inhaftierte, viele davon<br />

später ebenfalls hingerichtet<br />

bzw. nach Neu-Kaledonien<br />

(französische Kolonie<br />

östlich von Australien)<br />

deportiert und dort an<br />

Fieberanfällen durch tropische<br />

Krankheiten und<br />

Unterernährung gestorben;<br />

Tausende Emigranten<br />

(meist nach London); Gesamtverlust<br />

der Bevölkerung<br />

von Paris: ca. 100.000.<br />

85% der Gefallenen und<br />

Hingerichteten sind nach<br />

offi zieller Statistik „ouvriers<br />

manuels“ (Handarbeiter).<br />

Unter den Gefallenen<br />

ist das Verhältnis der Kommunarden<br />

zu Versaillern<br />

20:1: Die Konterrevolutionäre<br />

töten nämlich alle<br />

Kriegsgefangenen, Geiseln<br />

etc, massakrieren und morden<br />

mit MGs und durch<br />

Anzünden ganzer Häuser-<br />

und Straßenzüge, bei<br />

Versperren der Hausausgänge.....<br />

Die Kommune hat ihre<br />

politische Unklarheit, mangelnde<br />

Einheit und Führung,<br />

Unentschlossenheit<br />

und Zögerlichkeit im Ausmerzen<br />

der ideologischen<br />

Bindung an das Privateigentum<br />

bitter bezahlen<br />

müssen:<br />

- anstatt am 18. März<br />

unverzüglich gegen Versailles<br />

zu marschieren und<br />

die Feinde zu vernichten,<br />

zögert sie, in der Hoffnung,<br />

auf die Versailler Konterrevolution<br />

moralisch einwirken<br />

zu können<br />

- anstatt sofort die Bank<br />

von Frankreich zu verstaatlichen<br />

(sich so mit einem<br />

Schlag Werte von über 3<br />

Mrd. Francs zu sichern)<br />

und die Bourgeoisie zu expropriieren,<br />

ist sie noch in<br />

der Ideologie des Schutzes<br />

des Privateigentums gefangen<br />

und ihre Maßnahmen<br />

rühren daher noch<br />

nicht wirklich an die Grundlagen<br />

der kapitalistischen<br />

Gesellschaftsordnung<br />

- anstatt sich mit den<br />

Provinzen zu verbinden –<br />

in etlichen Städten (Lyon,<br />

Marseille, St. Etienne, etc)<br />

kommt es zu Aufständen,<br />

die aber vereinzelt bleiben<br />

und leicht wieder unterdrückt<br />

werden können<br />

– versucht sie, allein auf<br />

sich gestellt Paris zu verteidigen<br />

- anstatt den militärischen<br />

Fragen der Aufstandsbewegung<br />

und ihrer Verteidigung<br />

für den Erhalt der<br />

Staatsmacht erste Bedeutung<br />

beizumessen, kümmert<br />

sie sich vorrangig um<br />

überstürzt beschleunigte<br />

Wahlen und entmachtet<br />

zu schnell das zentrale Instrument<br />

ihrer Macht, das<br />

ZK, das unabhängig von<br />

der Kommunalkörperschaft<br />

die Ereignisse zielgerichtet<br />

und zentralisiert<br />

hätte zu leiten vermocht,<br />

schließlich war die Kommune<br />

ja gezwungen, zu<br />

scharfen diktatorischen<br />

Maßnahmen gegen eine<br />

Konterrevolution zu greifen!<br />

Für ihr Scheitern ganz<br />

wichtig war auch der Fehler,<br />

dass die Kommune<br />

nicht versucht hat, sich bewusst<br />

und nachhaltig mit<br />

der Masse der Bauern zu<br />

verbünden.<br />

Bei all dem gilt es aber<br />

festzuhalten, dass es nicht<br />

das Versäumnis der Kom-<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

9


Pariser Commune<br />

10<br />

mune ist, sondern ein Verhängnis<br />

des französischen<br />

Proletariats, dass es keine<br />

revolutionäre Partei<br />

besaß, die fähig gewesen<br />

wäre, die entscheidenden<br />

historischen Aufgaben zu<br />

begreifen und das Proletariat<br />

zu führen.<br />

Nichtsdestotrotz sind die<br />

von der Kommune ergriffenen<br />

Maßnahmen der<br />

große Schatz der ersten<br />

praktischen Erfahrung der<br />

revolutionären Arbeiter/<br />

innenklasse in Bezug auf<br />

die zu errichtende Diktatur<br />

des Proletariats und er gilt<br />

als solches auch gewürdigt<br />

zu werden. Daher würdigen<br />

wir auch die Maßnahmen<br />

der Kommune nun<br />

zum Schluss.<br />

Die revolutionären<br />

Maßnahmen der Kommune<br />

28.3.1871: Abschaffung<br />

der Sittenpolizei, Freilassung<br />

der politischen Gefangenen,<br />

die teilweise<br />

schon unter Napoleon<br />

III seit über 1 Jahr ohne<br />

Anklage und gerichtliche<br />

Untersuchung eingekerkert<br />

sind<br />

29.3.1871: Abschaffung<br />

der Konskription (Zwangsaushebung)<br />

und des Stehenden<br />

Heeres, stattdessen<br />

allgemeine Volksbewaffnung<br />

Detto: Wegfall der Mietzahlungsverpfl<br />

ichtung für<br />

die Periode Oktober 1870<br />

bis April 1871 (sowie Anrechnung<br />

bereits gezahlter<br />

Mieten auf die zukünftige<br />

Periode); alle von Hausbe-<br />

sitzern ergangenen Kündigungen<br />

sind um 3 Monate<br />

hinausgeschoben<br />

Detto: Verfall von Wechseln;<br />

alle Verfahren wegen<br />

Nichtbezahlung fälliger<br />

Wechsel werden<br />

eingestellt; Verbot der<br />

Pfandleihe durch Pfandhäuser<br />

Detto: Bestätigung aller<br />

gewählten ausländischen<br />

Mitglieder der Kommune<br />

(die Kommune ist „Weltrepublik“!),<br />

später Wahl<br />

des deutschen Mitglieds<br />

der Internationale, Frankel,<br />

in die Exekutivkommission<br />

der Kommune (21.4.),<br />

Schutz aller Ausländer vor<br />

Requisitionen<br />

1.4.1871: Abschaffung<br />

der gesamten Bürokratie,<br />

Wählbarkeit und Abwählbarkeit<br />

aller<br />

Beamten, Beschränkung<br />

ihres Gehalts auf maximal<br />

6000 Francs<br />

2.4.1871: Trennung von<br />

Kirche und Staat; Nationalisierung<br />

des Kircheneigentums;<br />

Streichung aller staatlichen<br />

Subventionen an die<br />

Kirche; 8.4.1871: Verbannung<br />

der Religion aus den<br />

Schulen<br />

Detto: jegliches Glücksspiel<br />

wird untersagt<br />

5.4.1871: Dekret über Repressalien<br />

und die Ergreifung<br />

von Geiseln durch die<br />

Kommune (als Antwort<br />

auf die brutale Ermordung<br />

von Gefangenen durch<br />

die Versailler Konterrevolution;<br />

das Dekret führte<br />

zu kurzem Nachlassen der<br />

Massenmorde, sie stiegen<br />

in der Folge aber sogleich<br />

wieder an, weil das<br />

Dekret von der Kommune<br />

nicht konsequent durchgeführt<br />

wurde; so wurden<br />

der Erzbischof und hohe<br />

kirchliche Verschwörer, die<br />

Vermögen auf die Seite<br />

bringen wollten, lediglich<br />

verhaftet, während auf<br />

der anderen Seite alle<br />

gefangen genommenen<br />

Nationalgardisten sofort<br />

erschossen, Verwundete<br />

nicht behandelt, sondern<br />

ermordet wurden und<br />

selbst auf Ambulanzen gefeuert<br />

wurde)<br />

6.4.1871: Verbot und Verbrennung<br />

der alten und<br />

der neuen (von Thiers extra<br />

in Auftrag gegebenen)<br />

Guillotine<br />

12.4./16.4.1871: Abriss<br />

der Säule auf der Place<br />

Vendôme (zu Ehren Napoleons,<br />

1809 gebaut), „ein<br />

Denkmal der Barbarei,<br />

Sinnbild roher Gewalt und<br />

falschen Ruhms, Bestätigung<br />

des Militarismus und<br />

der Leugnung des internationalen<br />

Rechts“<br />

16.4.1871: Erfassung aller<br />

stillgelegten bzw. verlassenen<br />

Fabriken und ihre<br />

Übergabe (teilweise gegen<br />

eine geringe Entschädigung)<br />

an Arbeiterproduktivgenossenschaften<br />

sowie<br />

deren Organisierung als<br />

Gesamtverband<br />

20.4.1871: Verbot der<br />

Nachtarbeit für Bäckergesellen<br />

27.4.1871: Verbot der „privaten<br />

Gerichtsbarkeit“ der


Fabrikherren, derzufolge<br />

sie Arbeitern jederzeit<br />

Geldbussen und als Strafen<br />

getarnte Lohnabzüge<br />

auferlegen konnten, das<br />

Verbot gilt in öffentlichen<br />

und privaten Werkstätten;<br />

solcherart Lohnraub,<br />

wo seit 18.3.1871 erfolgt,<br />

muss unverzüglich zurückgezahlt<br />

werden<br />

28.4.1871: Einrichtung<br />

einer Kommission zur Organisierung<br />

des allgemeinen<br />

elementaren und des<br />

berufl ichen Unterrichts,<br />

kostenlose Ausgabe der<br />

Lehrmittel wie Bücher,<br />

Landkarten, Papier durch<br />

die Mairien (Kommunalen<br />

Räte) an die Lehrer zwecks<br />

Weiterverteilung an die<br />

Schüler<br />

29.4.1871: Endgültige<br />

Aussetzung von Verkauf<br />

von Pfandgütern in Leihhäusern;<br />

Pfandbriefe ausgestellt<br />

vor dem 25.4.1871<br />

über Kleidung, Möbel,<br />

Wäsche, Bücher, Bettzeug<br />

und Arbeitswerkzeuge,<br />

sofern nicht 20 Francs<br />

übersteigend, können ab<br />

12.5.1871 unentgeltlich<br />

eingelöst werden<br />

7.5.1871: Schleifen des<br />

„Büßerkapelle Louis XVI“<br />

genannten Denkmals zum<br />

Andenken an dessen Exekution<br />

in der Grossen Französischen<br />

Revolution<br />

Detto: Sicherstellung der<br />

Versorgung von Witwen<br />

und Waisen der im Kampf<br />

gegen die Versailler Konterrevolution<br />

gefallenen<br />

Nationalgardisten, dabei<br />

Gleichstellung der „legitimen“<br />

mit den „illegitimen“<br />

Frauen, gleiche Unterhaltszahlung<br />

an alle<br />

von 75 Centimes.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Bereits zwei Tage nach<br />

dem Fall der Kommune<br />

schrieb Marx seine Denkschrift<br />

über den „Bürgerkrieg<br />

in Frankreich“ als<br />

geniale Beurteilung der<br />

Bedeutung der Kommune<br />

und zugleich Analyse ihrer<br />

Erfahrungen und ihrer Fehler.<br />

Die welthistorische Bedeutung<br />

der Kommune<br />

bestand für Marx wie für<br />

Engels darin, dass „sie we-<br />

sentlich eine Regierung der<br />

Arbeiter/innenklasse war,<br />

das Resultat des Kampfes<br />

der hervorbringenden gegen<br />

die aneignende Klasse,<br />

die endlich entdeckte politische<br />

Form, unter der die<br />

ökonomische Befreiung<br />

der Arbeit sich vollziehen<br />

konnte“.<br />

Marx betont eindringlich,<br />

dass die Kommune nichts<br />

gemeinsam hatte mit der<br />

bürgerlich-parlamentarischen<br />

Republik: „Die<br />

Kommune sollte nicht eine<br />

parlamentarische, sondern<br />

eine arbeitende Körperschaft<br />

sein, vollziehend<br />

und gesetzgebend zu gleicher<br />

Zeit ...Statt einmal in<br />

drei oder sechs Jahren zu<br />

entscheiden, welches Mitglied<br />

der herrschenden<br />

Klasse das Volk im Parlament<br />

ver- und zertreten<br />

soll, sollte das allgemeine<br />

Stimmrecht dem in Kommunen<br />

konstituierten Volk<br />

dienen, wie das individuelle<br />

Stimmrecht jedem anderen<br />

Arbeitsgeber dazu<br />

dient, Arbeiter, Aufseher<br />

und Buchhalter in seinem<br />

Geschäft auszusuchen...“<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

11


Pariser Commune<br />

12<br />

Lehren der Commune<br />

Die Pariser Commune war<br />

wie wir gehört haben historisch<br />

der erste Versuch,<br />

einen proletarischen Staat<br />

aufzubauen. Ihr verblieben<br />

nur zwei Monate, aber die<br />

Pariser Kommunard/innen<br />

haben der internationalen<br />

Arbeiter/innenbewegung<br />

einige sehr wichtige Erkenntnisse<br />

hinterlassen,<br />

die von Marx, Engels und<br />

Lenin analysiert und zusammengefasst<br />

wurden.<br />

Auf zwei Komplexe möchte<br />

ich in meinem Referat<br />

eingehen:<br />

- zum einen betrifft das<br />

die Frage des Staates.<br />

- zum anderen die Organisationsformen<br />

des Proletariats.<br />

Zunächst zum Staat.<br />

Hier ist zuerst zu klären: -<br />

Was ist ein Staat, was sind<br />

seine Funktionen?<br />

Und dazu muss ich kurz<br />

ausholen.<br />

Entstanden sind Staaten<br />

mit der Teilung der Gesellschaft<br />

in Klassen, als die<br />

Arbeitsteilung unter den<br />

Menschen schon so weit<br />

fortgeschritten war, dass es<br />

solche gab, die arbeiteten<br />

und solche, die herrschten,<br />

verwalteten oder beteten<br />

(bzw. spezielles Wissen<br />

hatten – zB Priester), also<br />

keine eigentlichen Handarbeiten<br />

verrichteten.<br />

Die Gesellschaft war an<br />

diesem Punkt ihrer Entwicklung<br />

fähig, ein Mehrprodukt<br />

zu produzieren,<br />

das ausreichte auch diese<br />

Unproduktiven zu versorgen.<br />

Diese Wenigen<br />

konzentrierten nach und<br />

nach immer mehr Macht<br />

in ihren Händen. Bald<br />

schon war für die Vielen<br />

nicht mehr klar ersichtlich,<br />

warum die Wenigen vom<br />

Nichtstun leben konnten,<br />

woher sie ihre Macht hatten.<br />

An der Oberfl äche<br />

wird ein verzerrtes Bild<br />

der wirklichen Verhältnisse<br />

sichtbar, und das ist<br />

auch einer der Gründe für<br />

die Ohnmacht mit der der<br />

Staatsgewalt bis heute oft<br />

begegnet wird:<br />

Aber die Wenigen mussten<br />

ihre Herrschaft legitimieren,<br />

erhalten, absichern<br />

und durchsetzen<br />

und brauchten dazu Werkzeuge,<br />

einen Apparat.<br />

Und dieser Apparat ist der<br />

Staat. Es ist ein Gewaltapparat,<br />

mit dessen Hilfe<br />

die herrschende Klasse<br />

ihre Herrschaft über die<br />

andere(n) aufrechterhält<br />

und durchsetzt.<br />

Ein Staat ist also eine Unterdrückungsmaschine,<br />

ein<br />

diktatorisches Instrument.<br />

Was sind nun die Mittel,<br />

die der staatlichen Unterdrückung<br />

dienen?<br />

Es sind das die Polizei und<br />

das Heer, („besondere bewaffnete<br />

Formationen“)<br />

die Richter und Beamten,<br />

und im weiteren Sinn auch<br />

die Gesetze (die stets Sinne<br />

der Aufrechterhaltung der<br />

Herrschaft der herrschenden<br />

Klasse verfasst sind<br />

– so sehr auch die bürgerliche<br />

Propaganda tönt, dass<br />

in ihrem Staat die Justiz<br />

unabhängig seien. Auch in<br />

bürgerlichen Demokratien<br />

ist die Justiz Klassenjustiz<br />

im Sinne der herrschenden<br />

Klasse - und das ist die<br />

Bourgeoisie).<br />

Staaten haben im Laufe<br />

der Jahrtausendealten<br />

Geschichte der Klassenherrschaft<br />

recht viele un-<br />

terschiedliche Formen angenommen.<br />

Doch unabhängig davon<br />

ist das Phänomen zu nennen,<br />

dass der Staatsapparat<br />

als solcher eine gewisse<br />

Verselbständigung erfahren<br />

hat, sodass auch<br />

hier nicht ohne weiteres<br />

und an der Oberfl äche sichtbar<br />

und durchschaubar<br />

ist, dass die staatlichen<br />

Organe wirklich im Dienste<br />

und in der Hand der<br />

Herrschenden stehen. Die<br />

weit verbreitete und tief<br />

in den Köpfen Vieler sitzende<br />

Irrmeinung, der Staat<br />

stünde über den Klassen,<br />

hätte neutrale oder<br />

ausgleichende, zwischen<br />

den Klassen vermittelnde<br />

Funktion, usw. rührt aus<br />

dieser sehr kurz skizzierten<br />

Entwicklung des Staates<br />

und seiner Mittel.<br />

Ein Staat ist dazu da, die<br />

Klassenherrschaft einer<br />

Klasse diktatorisch aufrechtzuerhalten.<br />

„Diktatur“<br />

bedeutet eine „durch kein<br />

Gesetz beschränkte und<br />

sich auf Gewalt stützende<br />

Macht“. Der Staat und die<br />

Klassenherrschaft gehören<br />

untrennbar zusammen.<br />

Und wichtig ist, wie bei<br />

jeder Art der HERRschaft,<br />

auch beim Staat die Frage<br />

nach seinem Klassencharakter<br />

zu stellen, also nach<br />

dem eigentlichen Inhalt<br />

der Diktatur:<br />

Wer übt die Diktatur gegen<br />

wen aus: ist es eine<br />

feudale, eine bürgerliche<br />

oder eine proletarische<br />

Diktatur?<br />

Ich komme jetzt zu einem<br />

Fehler und Versäumnis und<br />

gleichzeitig eine der wichtigsten<br />

Lehren der Pariser<br />

Commune:


Das Proletariat kann nicht<br />

die alte Staatsmaschinerie<br />

einfach übernehmen, es<br />

muss in der Revolution die<br />

gesamte Staatsmaschine<br />

von oben bis unten zerbrechen,<br />

zerschlagen.<br />

Ein proletarischer Staat, ist<br />

seinem ganzen Charakter<br />

nach etwas ganz neues,<br />

etwas ganz anderes, ist<br />

ein radikaler Bruch mit der<br />

Klassengesellschaft und<br />

kann aus diesem Grund<br />

den alten Staatsapparat<br />

nicht für die eigenen Interessen<br />

gebrauchen oder<br />

irgendwie ummodeln. Die<br />

bürgerliche Herrschaft und<br />

davor die feudale und andere<br />

Klassenherrschaften<br />

sind zu sehr mit dem Staatsapparat<br />

verschmolzen<br />

und verwoben, ihm eingeschweißt.<br />

Die Diktatur des Proletariats<br />

ist zwar noch eine Klassengesellschaft,<br />

aber erstmals<br />

in der Geschichte der<br />

Klassengesellschaft unterdrückt<br />

jetzt die übergroße<br />

Mehrheit eine übergroße<br />

Mehrheit die Minderheit<br />

der Gesellschaft, die alten<br />

Ausbeuterklassen, und<br />

nicht umgekehrt.<br />

So ist die Diktatur des Proletariats<br />

auf neue Art diktatorisch.<br />

Zweitens ist die Diktatur<br />

des Proletariats zwar keine<br />

Demokratie für alle,<br />

für die Mehrheit der Proletarier/innen<br />

und Besitzlosen<br />

ist sie aber auf neue<br />

Art demokratisch.<br />

Und diese beiden Charakteristika<br />

zu verstehen ist<br />

ganz wesentlich. Mit der<br />

proletarischen Revolution<br />

wird eine neue Art von<br />

Staat geschaffen, ein Staat,<br />

der darauf ausgerichtet<br />

sein muss, sich mehr und<br />

mehr selbst überfl üssig<br />

zu machen, abzusterben.<br />

Dieser neue Staat muss<br />

ganz andere Funktionen<br />

erfüllen als alle Staatsmaschinerien<br />

davor. Er ist kein<br />

Staat im eigentlichen Sinn<br />

mehr, wie Engels sagt.<br />

Unser Ziel, das Ziel der<br />

Kommunist/innen ist eine<br />

klassenlose Gesellschaft,<br />

ohne Ausbeutung und<br />

Unterdrückung, das heißt<br />

auch ohne Staat, ein solcher<br />

wird dann nicht mehr<br />

gebraucht. In diesem Ziel<br />

unterscheiden wir uns<br />

nicht von Anarchisten: Wir<br />

wollen den Staat nicht.<br />

Aber wir Kommunist/innen<br />

sind davon überzeugt,<br />

dass nach der Revolution<br />

der Staat nicht sofort abgeschafft<br />

werden kann,<br />

sondern dass das Proletariat<br />

nach der Machtübernahme<br />

einen Staat braucht,<br />

der die Funktion hat, die<br />

proletarische Diktatur gegen<br />

die alten Ausbeuter<br />

auszuüben und gleichzeitig<br />

den sozialistischen<br />

Aufbau voranzutreiben.<br />

Marx sagt dazu: „Zwischen<br />

der kapitalistischen<br />

und der kommunistischen<br />

Gesellschaft liegt die Periode<br />

der revolutionären<br />

Umwandlung der einen in<br />

die andre. Der entspricht<br />

auch eine politische Übergangsperiode,<br />

deren Staat<br />

nichts andres sein kann als<br />

die revolutionäre Diktatur<br />

des Proletariats.“ (MEW<br />

Bd. 19, S. 28)<br />

Diese Diktatur des Proletariats<br />

wird errichtet in<br />

Folge einer gewaltsamen<br />

sozialen Revolution, die<br />

die alten Ausbeuter enteignet,<br />

die Produktion<br />

vergesellschaftet und die<br />

alte Staatsmaschine und<br />

ihre Organe (die Polizei,<br />

den Beamtenapparat usw.)<br />

zerschlagen hat.<br />

An Stelle des alten Staates<br />

tritt ein neuer, und das ist<br />

die revolutionäre Diktatur<br />

des Proletariats. Dieser<br />

Staat wird das Instrument<br />

des Proletariats sein für<br />

die Zeit des Überganges<br />

von einer Klassengesellschaft<br />

in eine klassenlose<br />

Gesellschaft.<br />

In dieser Zeit gilt, es<br />

alle Überreste der Jahrtausende<br />

währenden Klassenherrschaft<br />

nach und<br />

nach zu beseitigen.<br />

Diese Reste sind auf allen<br />

Ebenen zu fi nden – in der<br />

materiellen (ökonomischen)<br />

Basis der Gesellschaft,<br />

im Überbau und klarerweise<br />

in den Köpfen der<br />

Menschen.<br />

Dazu ein Zitat von Lenin.<br />

„Die Diktatur setzt die<br />

schonungslose, harte,<br />

schnelle und entschiedene<br />

Gewaltanwendung voraus,<br />

um den Widerstand der<br />

Ausbeuter, der Kapitalisten,<br />

Gutsbesitzer und ihrer<br />

Handlanger zu brechen.<br />

Wer das nicht verstanden<br />

hat, der ist kein Revolutionär,<br />

den muß man<br />

seines Postens als Führer<br />

oder Ratgeber des Proletariats<br />

entheben. Aber<br />

nicht in der Gewalt allein<br />

und nicht hauptsächlich<br />

in der Gewalt besteht das<br />

Wesen der proletarischen<br />

Diktatur. Ihr Hauptwesen<br />

besteht in der Organisation<br />

und Disziplin der fortgeschrittensten<br />

Abteilung<br />

der Werktätigen, ihrer<br />

Avantgarde, ihres einzigen<br />

Führers, des Proletariats.<br />

Ziel der Diktatur des<br />

Proletariats ist es, den Sozialismus<br />

zu schaffen, die<br />

Teilung der Gesellschaft<br />

in Klassen aufzuheben,<br />

alle Mitglieder der Gesellschaft<br />

zu Werktätigen zu<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

13


Pariser Commune<br />

14<br />

machen, jeglicher Ausbeutung<br />

des Menschen durch<br />

den Menschen den Boden<br />

zu entziehen. Dieses Ziel<br />

kann nicht auf einmal verwirklicht<br />

werden, es erfordert<br />

eine ziemlich lange<br />

Übergangsperiode vom<br />

Kapitalismus zum Sozialismus.<br />

Einerseits deshalb,<br />

weil die Neuorganisation<br />

der Produktion eine<br />

schwierige Sache ist, andererseits<br />

auch deshalb, weil<br />

man für radikale Änderungen<br />

auf allen Gebieten<br />

des Lebens Zeit braucht.<br />

Und schließlich auch deshalb,<br />

weil die gewaltige<br />

Macht der Gewöhnung<br />

an kleinbürgerliches und<br />

bürgerliches Wirtschaften<br />

nur in langem, beharrlichem<br />

Kampfe überwunden<br />

werden kann...“ (LW<br />

29, S. 377)<br />

Die Aufgaben des Staates<br />

der Diktatur des Proletariats<br />

sind also vielseitig und<br />

sehr kompliziert.<br />

Der sozialistische Aufbau<br />

muss vorangetrieben<br />

werden, und zwar unter<br />

weitest möglicher Einbeziehung<br />

der werktätigen<br />

Massen selbst.<br />

Gleichzeitig müssen die<br />

alten Ausbeutern unterdrückt<br />

und dafür Sorge<br />

getragen werden, dass sie<br />

nicht mehr ans Ruder kommen.<br />

Die Diktatur des Proletariats<br />

muss von Anfang an<br />

gegen Bürokratismus im<br />

neuen Staat kämpfen und<br />

Sorge tragen, dass keine<br />

neue Ausbeuterklasse entsteht.<br />

Die Diktatur des Proletariats<br />

muss auf allen Ebenen<br />

mit Formen der alten Gesellschaft<br />

fertig werden.<br />

Daher ist auch der Klassenkampf<br />

des Proletariats<br />

nach der Machtübernahme<br />

nicht vorüber, im Gegenteil<br />

folgt eine Zeit der härtesten<br />

Klassenkämpfe.<br />

„Die Diktatur des Proletariats<br />

ist ein hartnäckiger,<br />

blutiger und unblutiger,<br />

gewaltsamer und friedlicher,<br />

militärischer und<br />

wirtschaftlicher, erzieherischer<br />

und administrativer<br />

Kampf gegen die Mächte<br />

und Überlieferungen der<br />

alten Gesellschaft.“ (aus:<br />

Programm der Kommunistischen<br />

Internationale,<br />

Nachdruck Wien 1997)<br />

Eine weitere Lehre aus der<br />

Pariser Commune bezieht<br />

sich auf die Formen, in der<br />

sich die Kämpfenden organisieren:<br />

Wenn sich die unterdrückten<br />

Klassen einmal erheben<br />

gegen Ausbeutung<br />

und Unterdrückung, lernen<br />

sie vieles im Kampf.<br />

Sie lernen auch und das<br />

ist eine der fundamentalen<br />

Erfahrungen in jedem<br />

Kampf, dass wer etwas erreichen<br />

will sich organisieren<br />

muss. In den Kämpfen<br />

selbst entstehen politische<br />

Strukturen und Formen;<br />

Das sind Formen, die sich<br />

aus den Notwendigkeiten<br />

und Forderungen der<br />

Selbst-Organisierung der<br />

Massen ergeben – diese<br />

Formen ergeben sich logisch<br />

und sind praktisch.<br />

Doch wie sehen diese „Formen“<br />

aus?<br />

Marx sagt über die Pariser<br />

Kommune: „Ihr wahres Geheimnis<br />

war dies: Sie war<br />

wesentlich eine Regierung<br />

der Arbeiterklasse, das<br />

Resultat des Kampfs der<br />

hervorbringenden gegen<br />

die aneignende Klasse, die<br />

endlich entdeckte politische<br />

Form, unter der die<br />

ökonomische Befreiung<br />

der Arbeit sich vollziehen<br />

konnte“. (K. Marx; „Der<br />

Bürgerkrieg in Frankreich“<br />

MEW Bd. 17, S. 342)<br />

Und diese Lehre zogen<br />

in der Sowjetunion die<br />

Bolschewiki.<br />

Die Kommune von Paris<br />

hat sich Organe geschaffen,<br />

die ermöglicht<br />

haben, die Arbeiter/innen<br />

direkt an der Leitung des<br />

„Staates“ zu beteiligen<br />

- in einem weit höheren<br />

und demokratischeren<br />

Maß als das bis heute jede<br />

bürgerliche Demokratie<br />

getan hat.<br />

„Die Kommune bildete<br />

sich aus den durch allgemeines<br />

Stimmrecht in<br />

den verschiedenen Bezirken<br />

von Paris gewählten<br />

Stadträten. Sie waren verantwortlich<br />

und jederzeit<br />

absetzbar. Ihre Mehrzahl<br />

bestand selbstredend aus<br />

Arbeitern oder anerkannten<br />

Vertretern der Arbeiterklasse.<br />

Die Kommune<br />

sollte nicht eine parlamentarische,<br />

sondern eine<br />

arbeitende Körperschaft<br />

sein, vollziehend und gesetzgebend<br />

zu gleicher<br />

Zeit. Die Polizei, bisher<br />

das Werkzeug der Staatsregierung,<br />

wurde sofort<br />

aller ihrer politischen Eigenschaften<br />

entkleidet<br />

und in das verantwortliche<br />

und jederzeit absetzbare<br />

Werkzeug der Kommune<br />

verwandelt. Ebenso die<br />

Beamten aller andern Verwaltungszweige.<br />

Von den<br />

Mitgliedern der Kommune<br />

an abwärts, mußte der öffentliche<br />

Dienst für Arbeiterlohn<br />

besorgt werden.“<br />

(MEW Bd. 17, S. 339)<br />

Ein Kreis von Leuten,<br />

z.B. in einer Fabrik oder


aus einem Stadtviertel<br />

wählt eine/n Delegierte/n.<br />

Gewählt wird direkt, wahlberechtigt<br />

sind alle die<br />

arbeiten (die gestürzten<br />

Ausbeuter und Reaktionäre<br />

sind vom Wahlrecht<br />

ausgeschlossen). Die delegierte<br />

Person ist jederzeit<br />

abwählbar und rechenschaftspfl<br />

ichtig und auch<br />

dafür verantwortlich, dass<br />

die Aufträge der Belegschaft<br />

umgesetzt werden.<br />

Sie wird auch entlohnt,<br />

bekommt aber nicht mehr<br />

als ein/e Facharbeiter/in.<br />

Der „neue Staat“ muss so<br />

aufgebaut sein, dass er es<br />

immer mehr ermöglicht,<br />

die werktätigen Massen<br />

direkt an der Verwaltung<br />

des Staates zu beteiligen.<br />

Nur so kann er eine Übergangsform<br />

zum Kommunismus<br />

sein, nur so kann<br />

der Staat, nach harten und<br />

langen Kämpfen während<br />

der Übergangsperiode<br />

des Sozialismus auf unterschiedlichsten<br />

Ebenen,<br />

irgendwann „absterben“.<br />

Nach der Revolution<br />

braucht das Proletariat<br />

den Staat, wie wir gehört<br />

haben, denn noch sind<br />

die alten Ausbeuter nicht<br />

wirklich besiegt, noch<br />

ist das Kapitalverhältnis,<br />

das auf Ausbeutung des<br />

Menschen durch den Menschen<br />

beruht, nicht vollständig<br />

abgeschafft. Noch<br />

kann die Entwicklung aus<br />

ganz vielen unterschiedlichen<br />

Gründen wieder in<br />

Richtung Kapitalismus umschlagen.<br />

So stellt sich die Frage:<br />

wie kommt die Macht in<br />

die Hand des Volkes? Und<br />

eine weitere wesentliche<br />

Frage ist in diesem Zusam-<br />

menhang ist: Wie soll der<br />

Staat organisiert sein, der<br />

so eine Entwicklung in<br />

Richtung Kommunismus<br />

ermöglicht?<br />

In Russland hat sich das<br />

Proletariat in den Kämpfen<br />

von 1905 und 1917<br />

Organe geschaffen, die zu<br />

Trägern der Oktoberrevolution<br />

und der Diktatur<br />

des Proletariats wurden:<br />

die Sowjets - als neue Formen<br />

der Organisation.<br />

Lenin sagte nach der Revolution:<br />

„Hätte die schöpferische<br />

Volkskraft der revolutionären<br />

Klassen nicht<br />

die Sowjets hervorgebracht,<br />

so wäre die proletarische<br />

Revolution in Rußland<br />

eine hoffnungslose<br />

Sache; denn mit dem alten<br />

Apparat würde das Proletariat<br />

die Macht zweifellos<br />

nicht behaupten können,<br />

ein neuer Apparat aber<br />

kann nicht sofort geschaffen<br />

werden.“ (LW Bd. 26,<br />

S. 87)<br />

Die Sowjets sind Organe,<br />

die ermöglichen sollten,<br />

dass sich dieser Klassenstaat<br />

auf sein Absterben<br />

zubewegt. Denn in ihnen<br />

waren das gesamte Proletariat<br />

und alle Unterdrückten<br />

organisiert. Die<br />

Sowjets waren die Organe<br />

des revolutionären<br />

Massenkampfes, direkt in<br />

diesem entstanden und<br />

daher auch praktisch für<br />

den Kampf. Sie waren die<br />

bewaffnete Macht der Arbeiter/innen<br />

und Bäuer/innen<br />

und mit ihnen war die<br />

allgemeine Volksbewaffnung<br />

statt dem stehenden<br />

Heer verwirklicht. Sie waren<br />

als Formen der direkten<br />

Demokratie unmittelbare<br />

Organisationen, die die<br />

Beteiligung der Volksmas-<br />

sen am Aufbau des neuen<br />

Staates und an seiner<br />

Verwaltung ermöglichen<br />

sollten. Die Sowjets lösten<br />

(historisch und praktisch)<br />

den bürgerlichen Parlamentarismus<br />

ab, und bestanden<br />

nicht neben diesem,<br />

sondern stattdessen,<br />

sie stellten die Demokratie<br />

auf eine höhere Stufe.<br />

Die Sowjets waren zugleich<br />

gesetzgebende und ausübende<br />

Macht, vereinigt<br />

in einer Staatsorganisation.<br />

Territoriale Wahlkreise<br />

wurden, zumindest teilweise<br />

durch Produktionseinheiten<br />

ersetzt - auch<br />

das sollte ermöglichen,<br />

dass die Proletarier/innen<br />

sich an der Verwaltung des<br />

Staates und am Aufbau<br />

des Sozialismus direkt beteiligen<br />

und an den Entscheidungsprozessen<br />

Anteil<br />

haben konnten. Unnötiger<br />

bürokratischer Aufwand<br />

sollte durch die direkte<br />

Beteiligung verhindert<br />

werden.<br />

Solche Entscheidungen,<br />

die die kommunale Ebene<br />

betreffen, sollten von<br />

den betroffenen Personen<br />

selbst – über die örtlichen<br />

Sowjets - getroffen<br />

werden.<br />

Gleichzeitig erfordert aber<br />

der Aufbau eines proletarischen<br />

Staates auch<br />

Zentralismus, verkörpert<br />

durch die revolutionäre<br />

Partei des Proletariats<br />

– wesentlich auch für die<br />

zentrale Planung und Organisation<br />

der Wirtschaft.<br />

Ein proletarischer Staat<br />

muss aufgebaut sein von<br />

unten nach oben – breitest<br />

mögliche Demokratie<br />

– und von oben nach unten<br />

– zentrale Leitung.<br />

Trotz der Sowjets, die um<br />

so vieles demokratisch-<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

15


Pariser Commune<br />

16<br />

er waren, war eine der<br />

größten Schwierigkeiten,<br />

mit der die junge Sowjetunion<br />

und die kommunistische<br />

Partei konfrontiert<br />

waren, die Einbeziehung<br />

der Massen in das gesamte<br />

politische Leben. Denn in<br />

der Sowjetunion war das<br />

Bildungsniveau der Massen<br />

im Vergleich zu anderen<br />

europäischen Ländern<br />

sehr niedrig und jene<br />

„Köchin, die den Staat<br />

lenken“ sollte, musste zuerst<br />

lesen und schreiben<br />

lernen. Immer wieder betont<br />

Lenin die Tragik, dass<br />

die Massen gleich nach der<br />

Revolution vielfach gerade<br />

nicht in der Lage waren,<br />

die Verwaltungsaufgaben<br />

des Staates selbst in die<br />

Hand zu nehmen und dass<br />

dafür Beamte aus dem<br />

Zarenreich herangezogen<br />

werden mussten, die<br />

natürlich andere Klasseninteressen<br />

vertraten und<br />

Bürokratismus beförderten.<br />

Auch für den wirtschaftlichen<br />

Aufbau mussten Spezialisten<br />

aus dem imperialistischen<br />

Ausland geholt<br />

werden. Diese Beamten<br />

und Spezialisten bekamen<br />

höhere Löhne als „die einfachen<br />

Arbeiter“. Eine der<br />

wesentlichen Forderungen<br />

der Kommune war also<br />

in der Sowjetunion nicht<br />

gleich einzulösen.<br />

„Wir müssen jetzt zu dem<br />

alten, bürgerlichen Mitteln<br />

greifen und uns mit<br />

einer sehr hohen Bezahlung<br />

der „Dienste“ der<br />

bedeutendsten bürgerlichen<br />

Schichten einverstanden<br />

erklären. Alle, die die<br />

Dinge kennen sehen das,<br />

aber nicht alle überlegen<br />

sich die Bedeutung einer<br />

derartigen Maßnahme<br />

des proletarischen Sta-<br />

ates. Es ist klar, dass eine<br />

solche Maßnahme ein<br />

Kompromiß, eine Abweichung<br />

von den Prinzipien<br />

der Pariser Kommune<br />

und jeder proletarischen<br />

Macht ist, die fordern, daß<br />

die Gehälter dem Lohn<br />

des Durchschnittsarbeiters<br />

angeglichen werden<br />

und dass man den Kampf<br />

gegen den Karrierismus<br />

mit Taten und nicht mit<br />

Worten führe. Noch mehr.<br />

Es ist klar, daß eine solche<br />

Maßnahme nicht nur eine<br />

Unterbrechung auf einem<br />

gewissen Gebiet und in einem<br />

gewissen Grade – der<br />

Offensive des Kapitals bedeutet<br />

(denn Kapital ist<br />

nicht eine Summe Geldes,<br />

sondern ein bestimmtes<br />

gesellschaftliches Verhältnis),<br />

sondern auch einen<br />

Schritt zurück für unsere<br />

sozialistische sowjetische<br />

Staatsmacht.“ (LW Bd. 27,<br />

S. 239)<br />

Ein anderes Problem war<br />

das der delegierten Personen.<br />

Schon 1918 warnte<br />

Lenin sowohl vor der Gefahr<br />

der Verwandlung der<br />

Mitglieder der Sowjets in<br />

„Parlamentarier“, als auch<br />

vor der Gefahr ihrer Verwandlung<br />

in „Bürokraten“<br />

(ebd. S. 264) Lenin spricht<br />

hier die Schwierigkeit bei<br />

der Überwindung der Trennung<br />

von gesetzgebender<br />

und vollziehender Macht<br />

an. Parlamentarier nämlich<br />

beschließen zwar Gesetze,<br />

kümmern sich aber nicht<br />

um deren Ausführung, sie<br />

haben nicht wirklich die<br />

Verpfl ichtung, die Verwaltung<br />

zu kontrollieren und<br />

an der Durchführung der<br />

Beschlüsse teilzunehmen.<br />

Die Sowjets hingegen haben<br />

diese Aufgaben, denn<br />

sie sind sowohl gesetzge-<br />

bende als auch ausführende<br />

Organe.<br />

Das heißt nicht, dass in<br />

einem Staat der Sowjets<br />

keine Aufteilung<br />

von Kompetenzen erfolgen<br />

müsste, aber die<br />

Aufteilung wird anders.<br />

Anstelle der bürgerlichen<br />

Gewaltenteilung,<br />

die vorgaukelt, dass alle<br />

gleichermaßen und unabhängig<br />

von ihrer Klassenlage<br />

die gleichen Rechte<br />

hätten, verwirklicht der<br />

proletarische Staat durch<br />

die jederzeitige Abwählbarkeit<br />

der Delegierten<br />

eine direkte Kontrolle<br />

durch die Massen.<br />

Mit der Gefahr der Verwandlung<br />

in Bürokraten<br />

meinte Lenin, dass die Delegierte<br />

der Sowjets mit der<br />

Verwaltung verschmelzen<br />

und sie somit ebenfalls<br />

nicht im Interesse ihrer<br />

Wähler/innen kontrollieren,<br />

sondern in ihrem eigenen.<br />

„Die Abteilungen<br />

der Sowjets verwandeln<br />

sich an vielen Orten in Organe,<br />

die nach und nach<br />

mit den Kommissariaten<br />

verschmelzen“.<br />

Dagegen muss erreicht<br />

werden, dass alle Mitglieder<br />

der Sowjets zur praktischen<br />

Teilnahme an der<br />

Verwaltung herangezogen<br />

werden. Denn der Kampf<br />

gegen Bürokratismus kann<br />

nur von den Massen selbst<br />

geführt werden, die sich<br />

bewusst am sozialistischen<br />

Aufbau beteiligen, die bewusst<br />

ihre demokratischen<br />

Rechte wahrnehmen, die<br />

den Sozialismus wollen.<br />

Ohne diese Beteiligung<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

und ihrer Bündnispartner<br />

kann der Aufbau nicht gelingen.


Eine Lehre aus der Rätebewegung<br />

ist, dass die Massen,<br />

wenn sie kämpfen,<br />

sich selbst geeignete Organe<br />

schaffen – Räte oder<br />

(auf russisch) Sowjets. Das<br />

bedeutet jedoch nicht,<br />

dass die spontanen Formen,<br />

eine revolutionäre<br />

Partei überfl üssig machen<br />

– im Gegenteil.<br />

Kein bisheriger Versuch<br />

eines Rätesystems hat<br />

bisher den vollständigen<br />

Aufbau geschafft, nicht<br />

in der Pariser Kommune,<br />

nicht in Bayern oder Ungarn,<br />

und auch nicht in der<br />

Sowjetunion. Doch sind<br />

die Räte eine Weiterentwicklung<br />

der Demokratie<br />

und der demokratischste<br />

Ansatz, den bisher die<br />

Arbeiter/innenklasse hervorgebracht<br />

hat. Daher<br />

müssen wir diesen Ansatz<br />

weiter verfolgen und lernen<br />

aus den Versuchen und<br />

Fehlern!<br />

„Proletarische Revolutionen<br />

dagegen ... kritisieren<br />

beständig sich<br />

selbst, unterbrechen sich<br />

fortwährend in ihrem<br />

eignen Lauf, kommen auf<br />

das scheinbar Vollbrachte<br />

zurück, um es wieder<br />

von neuem anzufangen,<br />

verhöhnen grausamgründlich<br />

die Halbheiten,<br />

Schwächen und Erbärm-<br />

lichkeiten ihrer ersten<br />

Versuche, scheinen ihren<br />

Gegner nur niederzuwerfen,<br />

damit er neue Kräfte<br />

aus der Erde sauge und<br />

sich riesenhafter ihnen gegenüber<br />

wieder aufrichte,<br />

schrecken stets von neuem<br />

zurück vor der unbestimmten<br />

Ungeheuerlichkeit<br />

ihrer eignen Zwecke, bis<br />

die Situation geschaffen<br />

ist, die jede Umkehr unmöglich<br />

macht...“ (MEW<br />

Bd. 8, S. 118)<br />

Eine weitere grundlegende<br />

Lehre aus der Niederlage<br />

der Pariser Commune<br />

wurde ebenfalls in Russland<br />

gezogen.<br />

Das als Avantgarde organisierte<br />

Proletariat braucht<br />

eine Partei, eine „Partei<br />

neuen Typs“, wie Lenin<br />

formuliert hat.<br />

„Das Proletariat besitzt<br />

keine andere Wafe im<br />

Kampf um die Macht als<br />

die Organisation. Durch<br />

die Herrschaft der anarchischen<br />

Konkurrenz in<br />

der bürgerlichen Welt<br />

gespalten, durch die unfreie<br />

Arbeit für das Kapital<br />

niedergedrückt, ständig in<br />

den „Abgrund“ völliger<br />

Verelendung der Verwilderung<br />

und Degradation<br />

hinabgestoßen, kann und<br />

wird das Proletariariat<br />

unbedingt nur dadurch<br />

eine unbesiegbare Kraft<br />

werden, dass seine ideologische<br />

Vereinigung auf<br />

Grund der Prinzipien des<br />

Marxismus gefestigt wird<br />

durch die materielle Einheit<br />

der Organisatione,<br />

die Millionen Werktätiger<br />

zur Armee der Arbeiterklasse<br />

zusammenschweißt“.<br />

(LW 7, S.419, Ein Schritt<br />

vorwärts…)<br />

Sie muss eine Avantgardepartei<br />

sein, die demokratisch<br />

zentralistisch<br />

aufgebaut ist: das heißt<br />

in ihr gilt die „Einheit der<br />

Aktion und die Freiheit der<br />

Diskussion und Kritik“.<br />

und sie muss verfolgen<br />

was die Maoisten „Massenlinie“<br />

nennen, also die<br />

engste, auch inhaltliche<br />

Verbindung mit den Massen.<br />

„Die Avantgarde erfüllt<br />

nur dann die Aufgaben<br />

einer Avantgarde, wenn<br />

sie es versteht, sich von<br />

der unter ihrer Führung<br />

stehenden Masse nicht loszulösen,<br />

sondern die ganze<br />

Masse wirklich vorwärts<br />

zu führen.“ LW 33 S. 213<br />

Soweit meine kurze<br />

Zusammenfassung.<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

17


Pariser Commune<br />

Fußnoten stehen am<br />

Ende des Artikels<br />

18<br />

Zur Haltung verschiedener politischer Strömungen in und<br />

gegenüber der Pariser Commune<br />

1. Opportunisten/Revisionisten/<br />

Kautskyaner<br />

Bezüglich der Commune<br />

(und ihrer Vorgeschichte,<br />

dem „Deutsch-französischen<br />

Krieg“) gab es in der<br />

Arbeiterbewegung schon<br />

1870/71 viele „Möglichkeiten“,<br />

in opportunistische<br />

oder direkt reaktionäre Positionen<br />

abzurutschen. Ebenso<br />

natürlich in der Folgezeit,<br />

als die „Lehren der Commune“<br />

zu ziehen waren.<br />

Da gab es einmal schon<br />

bei bzw. seit Kriegsbeginn<br />

Sozialpatriotismus, preußischen<br />

Chauvinismus, positive<br />

Kriegshysterie nicht nur<br />

in der deutschen Bourgeoisie,<br />

sondern auch in den<br />

Reihen der deutschen Arbeiterbewegung.<br />

Die Lage<br />

war äußerst kompliziert<br />

und wechselte rasch und<br />

mit ihr die Anforderungen<br />

an eine revolutionäre Linie<br />

der Arbeiterbewegung. Der<br />

Krieg begann objektiv in<br />

der Hauptseite als Verteidigungskrieg<br />

Deutschlands<br />

gegen die Annexionspläne<br />

des Kriegsabenteurers Napoleon<br />

III, war zugleich aber<br />

auch von Bismarck gewollt<br />

und provoziert und von Anfang<br />

an mit räuberischen<br />

preußischen Ambitionen<br />

verbunden. Die revolutionäre<br />

Politik musste sich daher<br />

zuerst in der Hauptseite<br />

gegen die französische Aggression<br />

und für die Verteidigung<br />

der Herausbildung<br />

eines deutschen Nationalstaats,<br />

zugleich aber sich<br />

von vornherein auch gegen<br />

die „preußisch-dynastische<br />

Prägung“ des Kriegs von<br />

deutscher Seite richten und<br />

auf das internationale Klassenbündnis<br />

der deutschen<br />

und französischen Arbeiter<br />

zielen. Nach der französischen<br />

Niederlage bei Sedan<br />

bzw. nach dem Sturz des<br />

Zweiten Kaiserreichs und<br />

der Proklamation der französischen<br />

Republik hingegen<br />

drehte der Charakter<br />

des Kriegs. Es ging jetzt<br />

um den Kampf gegen ein<br />

Umschlagen des Krieges in<br />

einen preußischen Eroberungskrieg<br />

gegen Frankreich<br />

bzw., als dieser schon<br />

in vollem Gange war, für<br />

die sofortige Beendigung<br />

dieses Kriegs auf deutscher,<br />

um die Organisation der<br />

nationalen Verteidigung<br />

der französischen Republik<br />

(bzw. dann der Commune)<br />

und den nationalen<br />

Unabhängigkeitskampf<br />

gegen den preußischen Eroberungskrieg<br />

auf französischer<br />

Seite.<br />

Der revolutionäre Flügel<br />

der deutschen Arbeiterbewegung<br />

um W.Liebknecht<br />

und Bebel, die sog. „Eisenacher“<br />

(1869 gegründet!),<br />

blieben in allen Phasen der<br />

Entwicklung auf der revolutionären<br />

Linie des Generalrats<br />

der Internationalen<br />

Arbeiterassoziation, organisiertenMassendemonstrationen<br />

der deutschen<br />

Arbeiter/innenklasse - und<br />

wanderten ins Gefängnis.<br />

Der opportunistische und<br />

von Anfang an preußischstaatstragendangekränkelte<br />

Flügel, die Lassalleaner<br />

dagegen stimmten in den<br />

preußischen Chauvinismus<br />

ein (preußisch-dynastischer<br />

Weg der Einigung Deutschlands<br />

von oben!), stimmten<br />

für die Kriegskredite und<br />

hielten an dieser Linie fest,<br />

bis es offensichtlich wirklich<br />

nur mehr um den vereinten<br />

Krieg der französischen und<br />

deutschen Reaktion gegen<br />

die „Commune“ ging; erst<br />

dann konnten auch sie sich<br />

entschließen, gegen weitere<br />

Kriegstreiberei aufzutreten.<br />

Eine weitere Erscheinungsform<br />

von reaktionärem<br />

Opportunismus war das<br />

Lamentieren über den Aufstand,<br />

als er schon ausgebrochen<br />

war. „Man hätte<br />

nicht so weit gehen sollen“,<br />

„Warnungen“, Abwiegelei<br />

und Kapitulantentum...<br />

Marx hatte ursprünglich -<br />

angesichts der preußischen<br />

Truppen vor der Stadt - von<br />

einem Aufstand und vom<br />

Kampf um die Macht abgeraten<br />

(„verzweifelte Torheit“)<br />

und auch mit dem<br />

Commune-Aufstand nicht<br />

gerechnet. Seine Linie war<br />

vor Sedan der Kampf gegen<br />

den Krieg und die französischen<br />

Kriegspläne, nach<br />

Sedan der Kampf gegen die<br />

preußische Bestrebungen<br />

eines Eroberungskriegs,<br />

Unterstützung der jungen<br />

französischen Republik,<br />

Nutzung der soeben errungenen<br />

bürgerlichen Demokratie<br />

zur Entwicklung der<br />

Kräfte der Arbeiterbewegung.<br />

Als der Arbeiteraufstand<br />

aber ausgebrochen<br />

war, wurde er selbstverständlich<br />

vom Generalrat<br />

begeistert begrüßt und<br />

mit aller Kraft unterstützt,<br />

wurde alles zum Vorantreiben<br />

der Massenbewegung<br />

und der Revolution und zugleich<br />

zum Lernen aus der<br />

revolutionären Bewegung<br />

getan und wurden das Herumgejammere<br />

über „Fehlentscheidung“<br />

und das Kapitulantentum<br />

energisch<br />

kritisiert.<br />

Marx: „Die Weltgeschichte<br />

wäre allerdings sehr be-


quem zu machen, wenn der<br />

Kampf nur unter der Bedingung<br />

unfehlbar günstiger<br />

Chancen aufgenommen<br />

würde.“ (Brief an Kugelmann<br />

vom 17.4.1871).<br />

Und Lenin ergänzt: „Marx<br />

vermochte auch zu erkennen,<br />

dass es Augenblicke<br />

in der Geschichte gibt, wo<br />

ein verzweifelter Kampf<br />

der Massen sogar für eine<br />

aussichtslose Sache notwendig<br />

ist um der weiteren<br />

Erziehung dieser Massen<br />

und ihrer Vorbereitung<br />

zum nächsten Kampf<br />

willen.“ Und nochmals<br />

Marx: „Die bürgerlichen<br />

Kanaillen von Versailles<br />

stellten die Pariser in die<br />

Alternative, den Kampf<br />

aufzunehmen oder ohne<br />

Kampf zu unterliegen. Die<br />

Demoralisation der Arbeiterklasse<br />

in dem letzteren<br />

Fall wäre ein viel größres<br />

Unglück gewesen als der<br />

Untergang einer beliebigen<br />

Anzahl von ‚Führern’.“<br />

„Marx, der im September<br />

1870 den Aufstand<br />

eine Torheit genannt hat,<br />

bringt im April 1871, da er<br />

eine Volksbewegung, eine<br />

Massenbewegung sieht,<br />

dieser die größte Aufmerksamkeit<br />

eines Teilnehmers<br />

an gewaltigen<br />

Ereignissen entgegen, die<br />

in der weltgeschichtlichen<br />

revolutionären Bewegung<br />

einen Schritt vorwärts bedeuten…<br />

‚Welche Elastizität,<br />

schreibt er, welche historische<br />

Initiative, welche<br />

Aufopferungsfähigkeit in<br />

diesen Parisern!... Die Geschichte<br />

hat kein ähnliches<br />

Beispiel ähnlicher Größe!’<br />

Marx stellt die historische<br />

Initiative der Massen über<br />

alles.“ (Lenin: „Vorwort<br />

zur russischen Übersetzung<br />

der Briefe von Marx<br />

an Kugelmann“)<br />

Dem Lamentieren des<br />

Zeitgenossen entsprechen<br />

- mit einiger zeitlicher Distanz<br />

- das nachträgliche<br />

Heruntermachen des Aufstands<br />

und „gute Ratschläge“<br />

an die französische<br />

Arbeiterklasse. Vollmar:<br />

„Die französischen Arbeiter<br />

hätten ihrer Sache<br />

wohl kaum schlechter gedient,<br />

wenn sie diese Zeit<br />

verschlafen hätten.“ Ganz<br />

ähnlich übrigens Plechanow<br />

angesichts der russischen<br />

Revolution 1905:<br />

„Man hätte nicht zu den<br />

Waffen greifen dürfen.“<br />

Viel gefährlicher allerdings<br />

war der Opportunismus,<br />

der nicht offen<br />

gegen die Commune auftrat,<br />

sondern „nur“ falsche<br />

oder (gegenüber der<br />

Marx’schen Analyse) verfälschte<br />

und verfälschende<br />

„Lehren der Commune“<br />

in der Staatsfrage, der<br />

Aufstandsfrage und der<br />

Klassen- und Bündnisfrage<br />

zog. Hier sind historisch<br />

v.a. die Positionen Kautskys<br />

von Interesse, der<br />

ja nicht offen gegen die<br />

Commune auftrat. Lenin<br />

hat den Kampf gegen die<br />

Kautsky’schen Positionen<br />

in vielen Schriften geführt<br />

(„Staat und Revolution“,<br />

„Der Renegat Kautsky…“,<br />

einige Schriften über die<br />

Pariser Commune).<br />

Zunächst Kautskys Räsonnements<br />

über die Commune:<br />

In seinem Buch 1<br />

stellt er die Oktoberrevolution<br />

der Commune und<br />

- personalisiert - die bösen<br />

Bolschewiki den zwar etwas<br />

dummen, aber guten<br />

Communards gegenüber.<br />

Angesichts der Lobeshymnen<br />

von Marx und Engels<br />

über die Commune kann<br />

er natürlich - als „Marxist“<br />

- sich nicht wie ein Vollmar<br />

offen gegen die Commune<br />

stellen. Also muss auch er<br />

sie loben. Entlarvend ist<br />

aber, was er lobt, wie er es<br />

lobt und wie er dabei die<br />

Commune und ihre Lehren<br />

völlig entstellt.<br />

Er sagt zunächst, dass die<br />

Commune spontan „ausbrach“,<br />

nicht vorbereitet<br />

und nicht organisiert war,<br />

dass sie kein Programm<br />

und keine starke Führung<br />

hatte, dass sie zögerte und<br />

schwankte. Er sagt nicht<br />

direkt, dass er das alles für<br />

supergut fi ndet, er lässt es<br />

- sagen wir - offen. Die Oktoberrevolution<br />

war demgegenüber<br />

ein „wohlvorbereiteter<br />

Staatsstreich,<br />

der ihnen (den Bolschewiki)<br />

mit einem Schlage die<br />

gesamte Staatsmaschinerie<br />

auslieferte, die sie sofort<br />

aufs energischste und<br />

rücksichtsloseste zur politischen<br />

und ökonomischen<br />

Enteignung der Gegner …<br />

ausnutzten.“ Gut ist also,<br />

was spontan ausbricht<br />

und nicht zum revolutionären<br />

Ziel führt, schlecht<br />

ist eine energisch durchgeführte<br />

und womöglich<br />

noch erfolgreiche Revolution.<br />

Die Bolschewiki sind<br />

für ihn „gewaltbereite“<br />

Putschisten, während die<br />

Communards unschuldig<br />

in die Geschichte verwickelt<br />

wurden: „Durch die<br />

Erhebung der Commune<br />

wurde dagegen niemand<br />

mehr überrascht als die<br />

Revolutionäre selbst. Und<br />

einem großen Teil unter<br />

ihnen kam der Konfl ikt<br />

äußerst unerwünscht.“<br />

Daran stimmt nur, dass<br />

die Commune für alle unerwartet<br />

kam, allerdings<br />

keineswegs unerwünscht,<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

19


Pariser Commune<br />

20<br />

die Communards politisch<br />

schlecht bis gar nicht auf<br />

sie vorbereitet waren, sogar<br />

die in der Internationale<br />

organisierten Revolutionäre<br />

keine politische<br />

Einheit darstellten. Die<br />

Communards wurden in<br />

die Revolution hineingeworfen<br />

und haben sich in<br />

deren Verlauf unter dem<br />

Zwang der Ereignisse radikalisiert.<br />

Sie schreckten zu<br />

Beginn sehr und auch später<br />

noch ziemlich vor der<br />

Offensive gegen die Reaktion<br />

zurück, scheuten sich,<br />

Kapital und Eigentum anzutasten,<br />

wollten den Bürgerkrieg<br />

eher vermeiden<br />

oder abmildern. Aber der<br />

Gang der Dinge zwang sie<br />

zu einer immer radikalen<br />

konsequenteren Gangart.<br />

Kautsky jedoch lobt gerade<br />

die Schwächen. Für<br />

Kautsky ist das unschuldige<br />

Verwickeltwerden<br />

in einen unvermeidbaren<br />

Aufstand verzeihbar, dessen<br />

planmäßige Vorbereitung<br />

und „rücksichtsloseste“<br />

Durchführung aber<br />

schrecklich. So konstruiert<br />

er - denn darum geht es<br />

ihm ja eigentlich - einen<br />

angeblichen Widerspruch<br />

zwischen dem Vorgehen<br />

der Bolschewiki und dem,<br />

was angeblich so schön an<br />

der Commune gewesen<br />

sei. Und das soll selbstredend<br />

einen Widerspruch<br />

zwischen Marx und Lenin<br />

nahe legen.<br />

Kautsky freut sich auch<br />

und lobt die (anfängliche)<br />

„Humanität“ und Milde<br />

der Commune ihren<br />

Gegnern gegenüber und<br />

wünscht sich, dass das so<br />

geblieben wäre. Es ist das<br />

eine häufi g anzutreffende<br />

Erscheinung am Beginn<br />

einer Revolution ist, bis<br />

die Kämpfenden merken,<br />

dass sie auf diese Weise,<br />

mit Nachsicht, Schonung<br />

etc. untergehen und abgeschlachtet<br />

werden, und ihren<br />

Kurs ändern. Kautsky<br />

zitiert begeistert eine sehr<br />

frühe der Sache nach völlig<br />

richtige, aber sehr defensive<br />

Erklärung der Nationalgarde<br />

vom 19.3. („Niemals<br />

wurde von uns eine Exekution<br />

beschlossen, niemals<br />

haben wir an der Ausübung<br />

eines Verbrechens<br />

teilgenommen.“) und<br />

vergisst völlig die nachfolgenden<br />

Maßnahmen der<br />

Commune, namentlich die<br />

Einrichtung eines „Wohlfahrtsausschusses“,<br />

der<br />

den „Gegenterror“ gegen<br />

Spione der Versailler Reaktion<br />

in Paris, Saboteure,<br />

Verräter, Geiselnahmen<br />

etc. organisierte. Darüber<br />

zu berichten, würde natürlich<br />

das Bild der Commune<br />

als „Deckchensticken“ 2<br />

befl ecken. Lavrov 3 dazu:<br />

„Gerade die Menschen,<br />

die Menschenleben, Menschenblut<br />

schätzen, müssen<br />

… möglichst schnell<br />

und energisch handeln,<br />

um die Feinde zu unterdrücken,<br />

da nur auf diesem<br />

Wege das Minimum<br />

an Blutvergießen erreicht<br />

werden kann.“<br />

Auch die bürgerliche<br />

„Rechtsstaatlichkeit“ darf<br />

bei Kautsky nicht fehlen.<br />

Schon während der Commune<br />

und genauso nachher<br />

liefen überall die Vollmars<br />

und Kautskys herum<br />

und betonten, dass der<br />

Sieg der Commune und<br />

überhaupt der Sieg jeder<br />

Revolution in allererster<br />

Linie ein „moralischer<br />

Sieg“ sein müsse, dass man<br />

alle Welt „überzeugen“<br />

müsse, als ob es keine<br />

Klasseninteressen gäbe,.<br />

Er muss aber in allererster<br />

Linie und kann auch nur<br />

ein militärischer sein. Wer<br />

den militärischen Kampf<br />

und Sieg nicht will, ihn<br />

nicht vorbereitet, wer seine<br />

Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit<br />

wegredet<br />

oder sogar kritisiert, ist<br />

eben gegen jede wirkliche<br />

Revolution. Kautsky hebt<br />

auch die „moralische“<br />

Kraft und Bedeutung der<br />

Commune hervor und<br />

verdreht und vertuscht<br />

zugleich ihre wirkliche historische<br />

Bedeutung und<br />

ihre Lehren, wie sie Marx<br />

herausgearbeitet hat.<br />

Kautsky kommt dann zur<br />

bürgerlichen „repräsentativen<br />

Demokratie“ und<br />

behandelt das Verhältnis<br />

zwischen der Nationalgarde<br />

(und ihrem ZK) und<br />

der gewählten Commune:<br />

„Das ZK versuchte nie, das<br />

Prinzip anzutasten, dass<br />

den Erwählten des allgemeinen<br />

Stimmrechts die<br />

oberste Macht gebühre. In<br />

diesem Punkte war die Pariser<br />

Commune das gerade<br />

Gegenteil der russischen<br />

Sowjetrepublik.“ Abgesehen<br />

davon, dass das bezüglich<br />

der Commune so<br />

nicht stimmt und es viel<br />

Unstimmigkeit, Doppelgleisigkeit,<br />

Kontroverse<br />

und Widerspruch in der<br />

Praxis (z.B. der Ausfallversuch<br />

der Nationalgarde in<br />

Richtung Versailles vom<br />

3.April 1871) zwischen ZK<br />

der Nationalgarde und der<br />

Commune, teilweise direkt<br />

eine Art Doppelherrschaft<br />

gab, geht es hier weniger<br />

um historische Fakten,<br />

sondern darum, dass Kautsky<br />

hier die parlamentarisch-bürgerlicheDemokratie<br />

verherrlicht und das


Ziel der Arbeiterklasse,<br />

die proletarische Revolution,<br />

dahinter verschwinden<br />

lässt. Zuerst wird fein<br />

gewählt, wenn man dann<br />

eine parlamentarische<br />

Mehrheit hat, darf man<br />

handeln. Dazu kommt<br />

es natürlich nie. Kautsky<br />

liegt am meisten, um nicht<br />

zu sagen ausschließlich am<br />

Herzen, dass das bürgerliche<br />

Recht eingehalten<br />

wird, dass brav und ordentlich<br />

gewählt wird, dass der<br />

Parlamentarismus funktioniert,<br />

dass der Kandidatur<br />

von Konterrevolutionären<br />

nichts in den Weg gelegt<br />

wird, dass niemandem das<br />

Wahlrecht entzogen wird,<br />

dass die „Freiheit der Persönlichkeit“<br />

nicht angetastet<br />

wird, dass alles friedlich<br />

abgeht, kurzum dass<br />

es keine (durch seinesgleichen)<br />

unbeherrschbare<br />

und unkontrollierbare Insurrektion,<br />

dass es keinen<br />

Kampf um Befestigung<br />

und volle Durchsetzung<br />

der proletarischen Macht,<br />

kurz dass es keine Revolution<br />

gibt. Die Fiktion der<br />

bürgerlichen Demokratie<br />

ist sein Kriterium, wie die<br />

Aufrechterhaltung der<br />

Bourgeoismacht sein Ziel<br />

ist.<br />

Arnould 4 (ein anarchistischer<br />

Teilnehmer und<br />

Geschichtsschreiber der<br />

Commune) schreibt zu den<br />

Wahlen am 26.3.1871 ganz<br />

richtig: „(Es) war schon<br />

kein Sinn für Abstimmung<br />

vorhanden …Alle, die der<br />

Commune ergeben waren,<br />

befanden sich auf den Befestigungen,<br />

in den Forts,<br />

in den vordersten Reihen<br />

der Truppen … das Volk<br />

legte den Wahlen gar keine<br />

Bedeutung bei… Die<br />

Wahlen waren eigentlich<br />

nur Parlamentarismus.<br />

Man hätte nicht die Wähler<br />

zählen, sondern Soldaten<br />

haben müssen; man<br />

hätte nicht ermitteln sollen,<br />

ob wir in der Meinung<br />

von Paris gestiegen oder<br />

gefallen, sondern Paris vor<br />

den Versaillern schützen<br />

sollen.“<br />

Und Lavrov: „Diese Predigt<br />

(über bürgerliche Rechte<br />

und bürgerlichen Parlamentarismus)<br />

entwaffnete<br />

die Feinde des Proletariats<br />

… durchaus nicht, beraubte<br />

aber das Proletariat der<br />

Energie und verblendete<br />

es gleichsam vorsätzlich<br />

angesichts der unversöhnlichen<br />

Feinde.“<br />

Es geht nicht um formale<br />

bürgerliche Demokratie,<br />

um parlamentarische<br />

Wahlen und Abstimmungen,<br />

sondern darum, die<br />

Interessen der Arbeiter/<br />

innenklasse und des Volkes<br />

mit Unterstützung<br />

der Mehrheit der Arbeiter/innenklasse<br />

und des<br />

Volkes durchzusetzen.<br />

Diese Mehrheit ergibt sich<br />

nicht aus Wahlen, sondern<br />

bildet sich im Kampf. In<br />

revolutionären Zeiten ändern<br />

sich die Verhältnisse<br />

täglich oder stündlich. Ob<br />

die revolutionäre Partei<br />

sich schon auf eine ausreichende<br />

Basis in der Arbeiter/innenklasse<br />

und im<br />

Volk stützen kann, ändert<br />

sich ebenso schnell mit<br />

dem Fortgang des Klassenkampfes.<br />

Sobald sie sich<br />

der faktischen Mehrheit,<br />

zumindest in den entscheidenden<br />

Teilen der Klasse,<br />

nähert, muss sie losschlagen.<br />

Diese heutige revolutionäre<br />

Mehrheit drückt<br />

sich aber natürlich nicht<br />

im Ergebnis der letzten<br />

Wahlen von z.B. vor einigen<br />

Wochen oder Monaten<br />

aus und sie würde sich<br />

auch nicht bei eventuellen<br />

nächsten Wahlen ausdrücken,<br />

denn bis dahin kann<br />

man nicht warten, bis dahin<br />

wäre es schon zu spät,<br />

man hätte schon eine Niederlage<br />

eingesteckt und<br />

wäre liquidiert worden.<br />

Jede Wahl hinkt immer<br />

hinter der wirklichen,<br />

praktischen Entwicklung<br />

des Klassenbewusstseins<br />

weit zurück.<br />

In den kautskyschen Zitaten<br />

steckt aber auch die<br />

Anbetung des Parlamentarismus<br />

und der bürgerlichen<br />

Demokratie, der<br />

bürgerlichen „Gleichheit“,<br />

der bürgerlichen „Freiheit“,<br />

sprich: Freiheit für<br />

die Bourgeoisie. Uns geht<br />

es aber um die materielle<br />

Demokratie für Arbeiter/<br />

innenklasse und Volk, um<br />

die Zertrümmerung der<br />

Formen und Institutionen<br />

der bürgerlichen Demokratie<br />

sowie die Schaffung<br />

neuer Formen der revolutionären<br />

demokratischen<br />

Diktatur der Arbeiterklasse.<br />

Lenin hat darauf<br />

hingewiesen, dass der<br />

Kautsky’sche Versuch, die<br />

Commune als Ausdruck<br />

und Vorbild der formalen<br />

bürgerlichen Demokratie<br />

hinzustellen, ein glattes<br />

Betrugsmanöver ist. Die<br />

Commune war vielmehr<br />

bzw. wurde von ihren führenden<br />

Repräsentanten<br />

(Blanquisten, revolutionäre<br />

Sozialisten…) verstanden<br />

als Ausdruck der unmittelbaren<br />

(nicht durch<br />

bürgerlich-demokratische<br />

Phantasmagorien beschränkten)<br />

Diktatur des<br />

Proletariats und speziell<br />

des revolutionären Paris.<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

21


Pariser Commune<br />

22<br />

In Russland hatten die<br />

Bolschewiki losgeschlagen,<br />

als sie faktisch eine<br />

Mehrheit in den Sowjets<br />

von Moskau und Petrograd<br />

hatten, was kurz<br />

danach bei Wahlen auch<br />

bestätigt wurde, und von<br />

dort aus das ganze Land<br />

aufgerollt. Eine Volksbefragung<br />

in der ganzen<br />

russischen Provinz konnte<br />

man nicht abwarten.<br />

Auch die Commune war<br />

nur in Paris gewählt worden,<br />

bloß kam es zur Aufrollung<br />

des ganzen Landes<br />

nicht mehr. Damit wurde<br />

der Commune ja von der<br />

Versailler Regierung die<br />

„demokratische Legitimität“<br />

abgesprochen. Diese<br />

Regierung stützte sich auf<br />

die in Bordeaux tagende<br />

sogenannte „Nationalversammlung“,<br />

die fast nur<br />

aus extremen Reaktionären,<br />

lauter feudalen und<br />

großbourgeoisen Kräften<br />

bestand, aber auch<br />

irgendwie, wenn auch<br />

höchst undurchsichtig unter<br />

der geistigen Knute<br />

der Pfaffen und unter dem<br />

Soldatenstiefel, gewählt<br />

worden war. Für die Reaktion<br />

war war diese „Nationalversammlung“<br />

das eigentliche<br />

gesamtnationale<br />

„demokratische“ Repräsentativorgan<br />

schlechthin.<br />

Auch bei Kautsky klingt<br />

überall durch, dass die<br />

Commune sozusagen nicht<br />

gesamtstaatlich legitimiert<br />

gewesen sei. Zu Recht sagt<br />

Trotzki: „Um den großen<br />

Demokraten Kautsky zu<br />

befriedigen, hätten die<br />

Revolutionäre der Commune<br />

erst durch allgemeine<br />

Abstimmung die ganze<br />

Bevölkerung Frankreichs<br />

befragen sollen, ob sie ihnen<br />

gestatte, gegen Thiers<br />

zu kämpfen.“ (p.116)<br />

Das wirft das Problem<br />

auf, dass die Entwicklung<br />

in der Provinz der in Paris<br />

und den anderen großen<br />

Städten (Marseille, Lyon,<br />

Toulouse, St.Etienne…)<br />

nachhinkte. Auch in der<br />

Großen Revolution war<br />

es mehrfach so gewesen.<br />

Die Revolution hatte immer<br />

ihren Ausgang in den<br />

großen proletarischen<br />

Zentren genommen und<br />

namentlich von Paris. „Auf<br />

dem fl achen Land“ hatten<br />

sich dagegen regelmäßig<br />

konterrevolutionäre Kräfte<br />

festgesetzt, von dort<br />

waren konterrevolutionäre<br />

Truppen rekrutiert<br />

worden etc. Besonders die<br />

Bretagne und Acquitaine<br />

(rund um Bordeaux) taten<br />

sich regelmäßig dadurch<br />

hervor. Marx weist nach,<br />

dass es massives Interesse<br />

der Bauern gab, das Joch<br />

des Zweiten Kaiserreichs<br />

abzuschütteln. Die Commune<br />

hätte dafür einige<br />

Monate Zeit gebraucht,<br />

in denen man die Provinz<br />

hätte gewinnen können.<br />

Zuerst aber musste die<br />

Revolution in den großen<br />

Zentren in Angriff genommen<br />

werden, um sie dann<br />

aufs Land zu tragen.<br />

Kautsky scheut auch nicht<br />

vor offener Lügerei zurück.<br />

Er hat nämlich das<br />

Problem, dass die Analysen<br />

von Marx und Engels<br />

überhaupt nicht zu seiner<br />

antirevolutionären Haltung<br />

passen. Zum Beispiel<br />

ihre Kritik an zuviel Zaudern<br />

und Zögern und zuwenig<br />

revolutionärer Entschlossenheit<br />

und Gewalt.<br />

Das kann er nicht einfach<br />

wegwischen, also zieht er<br />

sich aus der Affäre, indem<br />

er sagt, er verstünde nicht<br />

genau, was Marx da ei-<br />

gentlich meinte, denn man<br />

hätte doch 1871 dies nicht<br />

machen können und auch<br />

jenes nicht …. Tatsächlich<br />

besteht aber ein direkter<br />

Zusammenhang zwischen<br />

Fehlern der Commune wie<br />

vor allem denen, die Reaktion<br />

unbehelligt aus Paris<br />

abziehen zu lassen, nicht<br />

sofort nach Versailles zu<br />

marschieren, der Reaktion<br />

in Paris zu lange und zu<br />

viel Bewegungsraum zu<br />

geben, zu viel Nachsicht<br />

und „Großmut“ zu üben<br />

etc. und ihrer politischen<br />

Unklarheit und ihrer anfänglichen<br />

Angst vor dem<br />

Bürgerkrieg. Diese Fehler,<br />

deren Kritik durch Marx<br />

Kautsky angeblich nicht<br />

versteht, resultieren aber<br />

genau aus der zugleich<br />

von ihm so positiv betonten<br />

Unvorbereitetheit und<br />

Unentschlossenheit der<br />

Commune. Das Argument<br />

ist also total verlogen.<br />

Kautsky resümiert seine<br />

„Analyse“ der Commune,<br />

neben der Glorifi zierung<br />

von Parlamentarismus<br />

und Bourgeoisdemokratie,<br />

mit dem vielsagenden<br />

Satz: „Das Kriegsführen<br />

ist eben nicht die starke<br />

Seite des Proletariats.“<br />

Ebenso hatte er während<br />

des Zweiten Weltkriegs,<br />

als die II. Internationale<br />

zusammengebrochen war,<br />

erklärt, dass dieselbe während<br />

des Kriegs nicht tätig<br />

sein könnte, das sie ihrem<br />

Wesen nach ein „Friedensinstrument“<br />

sei. Also, weil<br />

sie ein Friedensinstrument<br />

ist, darf sie sich dem Krieg<br />

nicht entgegenstellen.<br />

Was für eine heuchlerische<br />

Entstellung der banalen<br />

Tatsache, dass fast alle führenden<br />

Sozialdemokraten<br />

1914 ins Lager des Chauvi-


nismus und Imperialismus<br />

übergingen.<br />

Kautsky hat seine Erkenntnisse<br />

aus der Commune<br />

wie auch aus der Oktoberrevolution<br />

auch theoretisch<br />

„verallgemeinert“:<br />

„So haben wir allen<br />

Grund, auf den Gebrauch<br />

des Schlagwortes von der<br />

Diktatur des Proletariats<br />

zu verzichten, die stets<br />

missverständlich war und<br />

bis zum Jahr 1917 nur in<br />

der polemischen, nicht in<br />

der agitatorischen Literatur<br />

des Marxismus eine<br />

Rolle spielte…. Sie (die<br />

Bolschewiki) berufen sich<br />

auf Marx und Engels, die<br />

von der Diktatur des Proletariats<br />

sprachen. Leider<br />

haben sie diese ihre Worte<br />

nie näher erläutert. Sie gebrauchten<br />

sie eben nur in<br />

gelegentlichen Bemerkungen.<br />

Für die Bolschewiki<br />

ist es aber zum Programm<br />

geworden.“ (Kautsky:<br />

„Von der Demokratie zur<br />

Staatssklaverei“)<br />

„Die Vorstellungen, die<br />

Marx und Engels zur Zeit<br />

der Abfassung des Kommunistischen<br />

Manifests<br />

über die Wirkungen der<br />

Demokratie hegten, unterscheiden<br />

sich sehr von<br />

denen, die heute in unseren<br />

Reihen vorherrschen.“<br />

(Kautsky: Vorwort zum<br />

„Manifest“, 1928)<br />

Zur Äußerung von Marx,<br />

die Arbeiterklasse hätte<br />

„15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege<br />

und Völkerkämpfe<br />

durchzumachen…“, sagt<br />

Kautsky: „Auch in diesen<br />

Sätzen steckt eine falsche<br />

Voraussicht. Sie enthielten<br />

einen Irrtum…. auch über<br />

die Methoden, das Prole-<br />

tariat zur Herrschaft zu befähigen.<br />

Marx nennt 1850<br />

als solche: ‚Bürgerkriege<br />

und Völkerkämpfe’. Die<br />

erzieherischen Wirkungen<br />

der Völkerkämpfe weisen<br />

wir nach den gemachten<br />

Erfahrungen schaudernd<br />

zurück… Die Bürgerkriege<br />

… haben auch nirgends<br />

dazu beigetragen, das<br />

Proletariat intellektuell<br />

und moralisch zu heben.“<br />

(Kautsky in „Die Gesellschaft“,<br />

1928)<br />

„Die Entwicklung des<br />

Staates hat demnach eine<br />

andere Entwicklung genommen,<br />

wie Marx und<br />

Engels in ihrer Beeinfl ussung<br />

durch liberal-anarchistische<br />

Zeitströmungen<br />

glaubten.“ (Cunow: „Die<br />

Marxistische Geschichts-,<br />

Gesellschafts- und Staatstheorie“,<br />

1923)<br />

Fazit: Von der Fälschung<br />

bzw. vom Totschweigen<br />

der Commune gelangte<br />

man Schritt für Schritt zur<br />

direkten Hetze gegen die<br />

Commune - und die Bolschwewiki.<br />

Die Entwicklung<br />

der Rezeption der<br />

Commune widerspiegelt<br />

exakt die Entwicklung der<br />

Sozialdemokratie zum Revisionismus<br />

und zur Konterrevolution<br />

ab 1918.<br />

2. Anarchisten (Bakunin<br />

und Kropotkin)<br />

Bakunin 5 lebte 1870/71 in<br />

Lyon und hatte dort am<br />

28.9.1870 an einem noch<br />

am selben Tag niedergeschlagenenAufstandversuch<br />

teilgenommen („Proklamation<br />

der revolutionären<br />

Föderation der Kommunen“).<br />

Am 18.3.1871<br />

(wohlgemerkt nach der<br />

Volkserhebung, als es<br />

nicht mehr darum ging,<br />

sich den Kopf über ihre<br />

Erfolgsaussichten zu zerbrechen)<br />

äußerste er sich<br />

sehr pessimistisch über die<br />

Chancen der Commune:<br />

„Aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach werden die Pariser<br />

zugrunde gehen, aber umsonst<br />

werden sie es nicht,<br />

sie werden dadurch die Sache<br />

fördern, sie sollen wenigstens<br />

halb Paris in Asche<br />

legen.“ („Das knoutogermanische<br />

Kaiserreich und<br />

die soziale Revolution“).<br />

Zugleich beäugte er die<br />

Commune mit Misstrauen,<br />

nämlich Misstrauen gegen<br />

Paris als Inbegriff des französischen<br />

Zentralismus:<br />

„(Wenn die Bewegung in<br />

Paris beginnt), darf sich<br />

eine revolutionäre Pariser<br />

Commune nicht das Recht<br />

anmaßen, Frankreich regieren<br />

zu wollen, sondern<br />

muss an die Provinz appellieren,<br />

ihrem Beispiel zu<br />

folgen und bei sich eine<br />

ebenso radikal staatszerstörende,<br />

das juridische<br />

Recht und das privilegierte<br />

Eigentum zerstörende Revolution<br />

zu machen und<br />

sich hierauf zu föderalisieren.“<br />

(Brief an Richard,<br />

1.4.1870).<br />

Bakunin war der Hauptexponent<br />

des Anarchismus<br />

im Linienkampf in der Internationale,<br />

der seinen<br />

Höhepunkt nach der Pariser<br />

Commune und bis zum<br />

Haager Kongress der Internationale<br />

im Juni 1872<br />

erreichte, bei dem die Anarchisten<br />

ausgeschlossen<br />

wurden.<br />

Kropotkin 6 kam mit der<br />

Commune und überhaupt<br />

mit der Arbeiterbewegung<br />

erst in „Berührung“<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

23


Pariser Commune<br />

24<br />

bei einer Reise nach Genf<br />

im Sommer 1871, wo er<br />

einen früheren Commune-Kämpfer<br />

(Malon) traf,<br />

der ihm von der Commune<br />

erzählte. Unter diesen<br />

Eindrücken wurde Kropotkin<br />

politischer Aktivist,<br />

Anarchist und „Anhänger<br />

der Commune“. Ab 1986<br />

Privatgelehrter und Menschenfreund<br />

in London;<br />

1914 Rückkehr nach Russland<br />

und Übergang ins<br />

Lager des Sozialchauvinismus;<br />

1917 wollte Kerenski<br />

ihn in die „provisorische<br />

Regierung“ holen, was er<br />

aber ablehnte; ab der Oktoberrevolution„Leninkritiker“<br />

(Brief an Lenin wegen<br />

„Geiselfrage“ 1920);<br />

Tod 1921.<br />

Man kann die Haltung des<br />

Anarchismus zur Commune<br />

so charakterisieren:<br />

1. Die Commune wird (als<br />

Abstraktion) in Worten<br />

gerühmt, aber gleich darauf<br />

(in concreto) in der<br />

Luft zerrissen.<br />

2. Die Fehler und Schwächen<br />

der Commune werden<br />

gefeiert; kritisiert<br />

wird an ihr, diese Fehler<br />

nicht noch gesteigert oder<br />

vertieft zu haben.<br />

3. Die Stärken der Commune<br />

werden kritisiert oder<br />

jedenfalls mit Mißtrauen<br />

beäugt.<br />

4. Die Schuld an der Niederlage<br />

wird Marx/den<br />

„deutschen Sozialisten“/<br />

den „autoritären Kommunisten“<br />

gegeben.<br />

Die Commune wird gemessen<br />

nicht an den Aufgaben<br />

und Möglichkeiten<br />

der ersten proletarischen<br />

Revolution und unter den<br />

gegebenen Bedingungen,<br />

sondern an der völlig ab-<br />

strakten und völlig sinnentleerten<br />

Phrase von der<br />

„sofortigen Abschaffung<br />

der Kirche und des Staates“.<br />

Die „sittliche Idee des<br />

Staates“, die man aus der<br />

klassischen Philosophie<br />

kennt, lebt hier fort, bloß<br />

auf den Kopf gestellt, so<br />

wie der Luzifer aus einem<br />

Erzengel zum Teufel wurde.<br />

In Lyon hatte Bakunin<br />

proklamiert: „Art.1: Die<br />

Verwaltungs- und Regierungsmaschinerie<br />

des Staates<br />

ist machtlos geworden<br />

(!) und wird abgeschafft.<br />

Das französische Volk erhält<br />

sein uneingeschränktesSelbstbestimmungsrecht.“<br />

Wenige Stunden<br />

später spazierte die Polizei<br />

des soeben abgeschafften<br />

Staates bei der Tür herein<br />

und verhaftete alle, die<br />

nicht rechtzeitig fl üchten<br />

konnten. Art.2 bis 4<br />

handelt von den sozialen<br />

Hauptanliegen der Anarchisten:<br />

Beseitigung von<br />

Wucher, Zins, Hypotheken<br />

und Steuern, alles, was<br />

eben den untergehenden<br />

Kleinbürger bedrückt.<br />

Über Ausbeutung und Kapitalverhältnis<br />

fi ndet man<br />

nichts.<br />

An diesem Ereignis, dass<br />

nämlich der „abgeschaffte“<br />

Staat (wozu eigentlich,<br />

wenn er eh schon machtlos<br />

geworden war?) zurückschlägt,<br />

etwas, was sich<br />

1873 in Spanien wiederholte<br />

und Bakunin selbst<br />

einen Gefängnisaufenthalt<br />

bescherte, sieht man<br />

deutlich, was der Unterschied<br />

zwischen dem anarchistischen<br />

„Abschaffen<br />

des Staates“ und der marxistischen<br />

„Zerschlagung<br />

des bürgerlichen Staatsapparats“<br />

ist.<br />

Die Commune wird völlig<br />

fehlinterpretiert. Bakunin:<br />

„Ich bin ein Anhänger der<br />

Commune vor allem, weil<br />

sie eine kühne, sehr ausgesprochene<br />

Verneinung<br />

des Staats war.“ (p.11) Alles<br />

was die Commune war<br />

und alles, was sie nachfolgende<br />

Generationen lehrte,<br />

gibt’s für die Anarchisten<br />

gar nicht. Sie hat nicht<br />

etwa zwar den bürgerlichen<br />

Staatsapparat über<br />

den Haufen geworfen und<br />

sich einen neuen, revolutionären,<br />

proletarischen<br />

Staatsapparat gegeben<br />

und dadurch die historisch<br />

erste Diktatur des Proletariats<br />

errichtet, sondern<br />

sie habe „den Staat verneint“.<br />

Die Anarchisten „verneinen“<br />

nicht nur den Staat,<br />

sondern sind für die „sofortige<br />

Abschaffung des<br />

Staates“, was sie auch bei<br />

(fast) jeder Gelegenheit,<br />

die sich ihnen bietet, mit<br />

dem allerersten Federstrich<br />

tun, während die<br />

Kommunisten der Auffassung<br />

sind, dass es auch<br />

im Sozialismus für einen<br />

gewissen Zeitraum noch<br />

einer Staatsmacht bedarf.<br />

Und zwar einer starken<br />

Staatsmacht, allein schon,<br />

weil die Revolution mit<br />

großer Sicherheit sofort<br />

von allen Seiten militärisch<br />

angegriffen werden wird,<br />

abgesehen davon, dass sie<br />

den inneren Widerstand<br />

der Reaktion niederkämpfen<br />

muss. Allerdings eine<br />

proletarische Staatsmacht,<br />

die nach Zerschlagung des<br />

alten bürgerlichen Staatsapparats<br />

auf Basis der<br />

Rätedemokratie errichtet<br />

wird. Für die Anarchisten<br />

ist der Staat an und für<br />

sich, also eigentlich die<br />

„Idee“ des Staates, böse.


Marx an die Adresse der<br />

Anarchisten: „Wenn die<br />

Arbeiter an Stelle der Diktatur<br />

der Bourgeoisie ihre<br />

revolutionäre Diktatur setzen,<br />

dann begehen sie das<br />

schreckliche Verbrechen<br />

der Prinzipienbeleidigung,<br />

denn um ihre kläglichen<br />

profanen Tagesbedürfnisse<br />

zu befriedigen, um den<br />

Widerstand der Bourgeoisie<br />

zu brechen, geben sie<br />

dem Staat eine revolutionäre<br />

und vorübergehende<br />

Form, statt die Waffen niederzulegen<br />

und den Staat<br />

abzuschaffen.“ (MEW 18,<br />

p.299-308)<br />

Die Anarchisten verwechseln<br />

auch ständig die<br />

Existenz eines Staates<br />

überhaupt mit einer bestimmten<br />

Staatsmacht mit<br />

einem bestimmten politischen<br />

und Klassencharakter.<br />

Dass die Commune<br />

selbstverständlich die von<br />

der Reaktion ins Leben<br />

gerufene „Nationalversammlung“<br />

in Bordeaux<br />

nicht anerkannte, sondern<br />

bekämpfte, hat mit deren<br />

Klassencharakter zu tun,<br />

aber nicht damit, dass sie<br />

sich Nationalversammlung<br />

nannte und eine „zentralstaatliche<br />

Institution“<br />

war. Kropotkin, für den<br />

sich alles nur abspielt als<br />

Widerspruch zwischen<br />

„föderalistischem dezentralen<br />

Volk“ und „zentraler<br />

Staatsmacht“, ohne Rücksicht<br />

auf deren Klasseninhalt,<br />

ist ganz begeistert<br />

darüber. „Wenn es (das<br />

revolutionäre Paris) seine<br />

Unabhängigkeit (Anm.:<br />

nämlich von der „Krautjunkerversammlung“<br />

in<br />

Bordeaux!) forderte, wenn<br />

es die Einmischung der<br />

Zentralgewalt in seine Angelegenheiten<br />

abwehren<br />

wollte…“, legt Kropotkin<br />

das als „anti-staatliche<br />

Haltung“ der Commune,<br />

als „Verneinung des Staates“<br />

und als Verneinung<br />

einer Zentralmacht durch<br />

die Commune aus. Es war<br />

aber die Verneinung und<br />

Bekämpfung der Reaktion,<br />

dies sich als „legitimer<br />

Staat“ ausgab.<br />

Kropotkin lobt die Commune<br />

nicht etwa wegen<br />

ihrer Taten, sondern nur<br />

wegen ihres Mutes und ihrer<br />

Opferbereitschaft und<br />

angesichts ihrer Schlächter.<br />

Die Kommunisten ehren<br />

die Commune darüber<br />

hinaus dafür, dass sie<br />

erstmals in der Geschichte<br />

die Aufgaben der Diktatur<br />

des Proletariats in Angriff<br />

nahm und Maßnahmen in<br />

diesem Sinne setzte. Dass<br />

sie die „endlich entdeckte<br />

politische Form, unter der<br />

die ökonomische Befreiung<br />

der Arbeit sich vollziehen<br />

konnte“ (Marx) war,<br />

also der endlich gefundene<br />

Form der Diktatur des Proletariats,<br />

vor deren grundsätzlicher<br />

Notwendigkeit<br />

Marx bereits nach der Revolution<br />

von 1848 (im „18.<br />

Brumaire“) gesprochen<br />

hatte. Über das alles kann<br />

sich ein Kropotkin nur abfällig<br />

äußern: „Sie wagte<br />

es nicht, sich vollständig<br />

auf das ökonomische Gebiet<br />

zu werfen… Sie brach<br />

nicht einmal mit der Tradition<br />

des Staates.“ (p.25)<br />

Statt vom gewonnenen<br />

Pariser Stützpunkt aus<br />

die Revolution im ganzen<br />

Land zu entfachen, „die<br />

Provinz zu erobern“, wie<br />

es mehrfach während der<br />

Großen Revolution geschehen<br />

war und was damals<br />

sicher noch jeder im<br />

Kopf hatte, und der Revolution<br />

eine gesamtnationale<br />

Perspektive zu geben<br />

(wozu der Commune<br />

im konkreten Fall die Zeit<br />

nicht blieb, was sie aber<br />

wohl unterschätzte und<br />

vernachlässigte), hatten<br />

die Anarchisten im Auge<br />

eine „freie und spontane<br />

Föderation unabhängiger<br />

Gemeinden“.<br />

Marx zu solchen „reaktionären“Interpretationen<br />

der Commune: „Es ist<br />

das gewöhnliche Schicksal<br />

neuer geschichtlicher<br />

Schöpfungen, für das Seitenstück<br />

älterer und selbst<br />

verlebter Formen des gesellschaftlichen<br />

Lebens<br />

versehn zu werden, denen<br />

sie einigermaßen ähnlich<br />

sehen. So diese neue Commune,<br />

die die moderne<br />

Staatsmacht bricht, für<br />

eine Wiederbelebung der<br />

mittelalterlichen Kommunen,<br />

welche jener Staatsmacht<br />

erst vorausgingen<br />

und dann ihre Grundlage<br />

bildeten. … Die Kommunlaverfassung<br />

ist versehn<br />

worden für einen Versuch,<br />

einen Bund kleiner Staaten<br />

an die Stelle (der) Einheit<br />

großer Völker zu setzen…<br />

Der Gegensatz der Commune<br />

gegen die Staatsmacht<br />

ist versehn worden<br />

für eine übertriebene Form<br />

des alten Kampfes gegen<br />

Überzentralisation…<br />

Die Kommunalverfassung<br />

würde im Gegenteil dem<br />

gesellschaftlichen Körper<br />

alle die Kräfte zurückgegeben<br />

haben, die bisher<br />

der Schmarotzerauswuchs<br />

‚Staat’, der von der Gesellschaft<br />

sich nährt und ihre<br />

freie Bewegung hemmt,<br />

aufgezehrt hat.“ Und: „Die<br />

Einheit der Nation sollte<br />

nicht gebrochen, sondern<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

25


Pariser Commune<br />

26<br />

im Gegenteil organisiert<br />

werden durch die Kommunalverfassung;<br />

sie sollte<br />

eine Wirklichkeit werden<br />

durch Vernichtung jener<br />

Staatsmacht, welche sich<br />

für die Verkörperung dieser<br />

Einheit ausgab, aber …<br />

doch nur ein Schmarotzerauswuchs<br />

war.“ Und: „Das<br />

bloße Bestehn der Commune<br />

führte, als etwas<br />

Selbstverständliches, die<br />

lokale Selbstregierung mit<br />

sich, aber nun nicht mehr<br />

als Gegengewicht gegen<br />

die, jetzt überfl üssig gemachte,<br />

(Anm.: bürgerliche<br />

zentralistische) Staatsmacht.“<br />

(„Der Bürgerkrieg<br />

in Frankreich“, MEW 17,<br />

p.340ff.)<br />

Die Anarchisten (und nicht<br />

nur sie) verwechseln den<br />

Widerspruch zwischen<br />

bürgerlicher und proletarischer<br />

Staatsmacht, bürgerlichem<br />

und proletarischem<br />

Staat einerseits mit dem<br />

Widerspruch zwischen<br />

Volk und Staat überhaupt<br />

(also eigentlich der „Idee<br />

des Staates“) und andererseits<br />

mit dem Widerspruch<br />

zwischen Zentralismus und<br />

Föderalismus.<br />

Wie man sieht, lag es Marx<br />

fern, Zentralismus und Föderalismus<br />

in der Manier<br />

der Anarchisten einander<br />

entgegenzustellen. Die<br />

wirkliche Fragestellung<br />

ist die Notwendigkeit der<br />

Zerschlagung des bürgerlichen<br />

Staatsapparats und<br />

dessen Ersatz durch den<br />

proletarischen Staat, der<br />

so organisiert sein muss,<br />

dass das Proletariat seine<br />

Diktatur tatsächlich ausüben<br />

kann, also demokratisch<br />

und in Gestalt von<br />

Räten, wie sie die Commune<br />

erstmals in Keim-<br />

formen hervorgebracht<br />

hatte, aber zugleich bei<br />

aller notwendigen zentralen<br />

Zusammenfassung<br />

der Klassen- und Volkskräfte.<br />

Notwendig nach<br />

dem siegreichen Aufstand<br />

ist nicht die Schwächung,<br />

sondern die Stärkung der<br />

proletarischen Staatsmacht<br />

(z.B. Aufbau einer<br />

Roten Armee), aber eben<br />

nicht die Stärkung eines<br />

vom Volk abgehobenen<br />

und es unterdrückenden<br />

Staatsapparats, sondern<br />

einer Staatsmacht auf rätedemokratischerGrundlage.<br />

Paris durfte sich - nach<br />

den Anarchisten - keinesfalls<br />

zum „Herren über die<br />

Provinz“ aufschwingen. Es<br />

sollte im Zug der Revolution<br />

auch gar nicht tätig<br />

werden gegenüber der<br />

Provinz. Jede Stadt, jede<br />

Gemeinde sollte ihre eigene<br />

„Revolution“ machen.<br />

Es war aber gerade ein<br />

(allerdings angesichts der<br />

militärischen Lage und der<br />

Kürze der zur Verfügung<br />

stehenden Zeit unvermeidlicher)<br />

Fehler der Commune,<br />

praktisch nichts getan<br />

zu haben, um die Revolution<br />

auch in der (außer<br />

einer Skizze einer auf eine<br />

kommunale Organisation<br />

gestützten Staatsgliederung)<br />

zu befördern. In ihrem<br />

Aberglauben über die<br />

Bösartigkeit und Schädlichkeit<br />

jeder politischen und<br />

ergo staatlichen Organisation,<br />

in ihrem Horror vor<br />

dem Geistwesen „Staat“<br />

und jeder bösen „Zentralgewalt“,<br />

treten die Anarchisten<br />

für die Vertiefung<br />

dieses verhängnisvollen<br />

Fehlers ein, der an der Niederlage<br />

mitschuldig war.<br />

Die Anarchisten stellen<br />

sich vor, man müsste einfach<br />

die Macht ergreifen<br />

(und dies am ehesten in<br />

einer blanquistischen Art)<br />

und sofort per feierlicher<br />

Deklaration Kirche und<br />

Staat für abgeschafft erklären.<br />

Dann bräuchte man<br />

sich um diese, da ja abgeschafft,<br />

nicht mehr weiter<br />

kümmern, politisch wäre<br />

nicht mehr viel zu tun und<br />

man könne und müsse sich<br />

sofort auf die „soziale Revolution“<br />

werfen. (Schönes<br />

Beispiel dafür Art.4<br />

der Lyoner Programms,<br />

wobei einige Skepsis über<br />

die eigenen Maßnahmen<br />

mitschwingt: „Nachdem<br />

(!) der Staat abgeschafft<br />

ist, wird er keine Privatschulden<br />

mehr eintreiben<br />

können.“) Ganz anders<br />

die Commune. „Stattdessen,<br />

so Kropotkin, suchte<br />

(man) erst die Commune<br />

sicherzustellen (Anm.:<br />

also schon wieder eine<br />

Staatsmacht befestigen!),<br />

um später auf die soziale<br />

Revolution zurückzukommen,<br />

während der einzige<br />

richtige Weg gewesen<br />

wäre, die Commune durch<br />

die soziale Revolution zu<br />

sichern.“ (p.29) Tatsächlich<br />

aber hatte die Commune<br />

keine Zeit zu verlieren, um<br />

sich die notwendige staatliche<br />

und militärische Organisation<br />

zu geben. Das<br />

war weit wichtiger, als ein<br />

paar anarchistische Phrasen<br />

zu deklamieren.<br />

„Ganz ebenso, schreibt<br />

er weiter, stand es um<br />

das Herrschaftsprinzip.<br />

Mit der freien Kommune<br />

proklamierte das Volk<br />

von Paris ein wesentlich<br />

anarchistisches Prinzip...“<br />

Doch oje! „… aber nachdem<br />

in jener Epoche die


anarchistischen Ideen nur<br />

sehr spärlich in die Geister<br />

eingedrungen waren,<br />

blieb man auf halbem<br />

Wege stehen und leistete<br />

im Inneren der Kommune<br />

noch dem autoritären<br />

Prinzip Vorschub…“ Wie<br />

das? „… indem man sich<br />

einen Kommunalrat gab.“<br />

Also, indem man sich organisiert,<br />

leistet man dem<br />

„autoritären Prinzip“ Vorschub.<br />

Man sollte sich also<br />

nicht organisieren und der<br />

spontanen Föderierung<br />

und Selbstentfaltung von<br />

unten freien Lauf lassen.<br />

Man kann darüber diskutieren,<br />

ob die Commune<br />

nicht - in der gegebenen<br />

Situation - Zeit verloren<br />

hat damit, Wahlen abzuhalten<br />

und die politische<br />

Macht von der Nationalgarde<br />

auf die Commune zu<br />

übertragen, man hätte das<br />

vielleicht auch verschieben<br />

können, aber man kann<br />

nicht dagegen auftreten,<br />

dass überhaupt eine - über<br />

das Militärische hinausgehende<br />

- politische Räteorganisation<br />

ins Leben<br />

gerufen wird. Kropotkin<br />

und Bakunin sind erbitterte<br />

Kritiker der Wahlen zur<br />

Commune, aber nicht aus<br />

solchen taktischen Überlegungen,<br />

sondern weil<br />

sie überhaupt gegen jede<br />

politische Organisation<br />

sind. „Im Gegensatz zur<br />

Idee der autoritären Kommunisten,<br />

die ich für ganz<br />

irrig halte, dass eine soziale<br />

Revolution von einer<br />

Diktatur oder einer aus einer<br />

politischen Revolution<br />

hervorgegangenen konstituierenden<br />

Versammlung<br />

(Anm.: wie der Commune)<br />

dekretiert und organisiert<br />

werden könnte“ setzt<br />

Bakunin mehr auf „die<br />

spontane und fortgesetz-<br />

te Aktion der Massen, der<br />

Volksgruppen und Volksvereinigungen“.<br />

Es sei<br />

auch theoretisch ganz unmöglich,<br />

dass sich die Arbeiterklasse<br />

oder das Volk<br />

politisch organisieren,<br />

denn es sei unmöglich,<br />

„die unendliche Vielfältigkeit<br />

und Verschiedenheit<br />

der wirklichen Interessen,<br />

Aspirationen, Wünsche<br />

und Bedürfnisse zu umfassen,<br />

deren Summe den<br />

gemeinsamen Willen eines<br />

Volkes bildet, und eine soziale<br />

Organisation zu erfi<br />

nden, die imstande wäre,<br />

alle zu befriedigen“ (p.15).<br />

Daher geht’s nur in „freier<br />

Föderierung und Assoziierung“.<br />

Wieso es dort im<br />

Kleinen allerdings anders<br />

sein soll als im Ganzen, sei<br />

dahingestellt. Bemerkenswert,<br />

wie hier der „Idee<br />

des Staates“ die „Idee des<br />

Volkes“ gegenübergestellt<br />

wird, wieder ganz ohne<br />

Klassen und ohne Geschichte.<br />

Ganz schlecht ist es auch,<br />

wenn eine Massenbewegung<br />

eine Führung hat.<br />

Wo es gerade ein Mangel<br />

war, dass die Commune<br />

aus einer spontanen Massenbewegung<br />

entstanden<br />

war, ohne über eine gut<br />

organisierte, entsprechend<br />

vorbereitete Führung und<br />

halbwegs klare programmatische<br />

Vorstellungen zu<br />

verfügen, fi ndet Bakunin<br />

das als das eigentlich Gute<br />

an der Commune: „Die<br />

einzelnen konnten nichts<br />

anderes tun, als dem Volksinstinkt<br />

entsprechende<br />

Ideen auszuarbeiten, klarzulegen<br />

und zu verbreiten,<br />

und ferner beständig<br />

bemüht zu sein, die natürliche<br />

(?) Macht der Massen<br />

revolutionär zu organisie-<br />

ren - nicht aber darüber hinauszugehen;<br />

alles übrige<br />

könne und solle nur durch<br />

das Volk selbst gemacht<br />

werden. Sonst gelange<br />

man zur politischen Diktatur,<br />

d.h. zur Wiederbildung<br />

des Staates…“ (p.14)<br />

Außerdem sei es gut, dass<br />

man sehr „gegen die fortgesetzte<br />

Initiative derselben<br />

Personen voreingenommen“<br />

gewesen sei,<br />

„gegen die von superioren<br />

Individualitäten ausgeübte<br />

Herrschaft“. Letzteres wird<br />

einem der bedeutendsten<br />

Revolutionäre der Commune,<br />

Eugène Varlin, in den<br />

Mund gelegt, Mitglied der<br />

Internationale, Mitglied<br />

des ZK der Nationalgarde,<br />

eine der hervorragendsten<br />

„superioren Individualitäten“.<br />

„1871 machte das Volk<br />

von Paris … den ersten<br />

Versuch, gegen das Regierungssystem<br />

als solches zu<br />

revoltieren.“ Das ist richtig<br />

in dem Sinn, als nicht<br />

nur irgendeine bestimmte<br />

Regierung, sondern das<br />

bürgerliche „Regierungssystem“,<br />

die bürgerliche<br />

Staatsmacht gestürzt wurde<br />

und eine neue proletarische<br />

Staatsmacht errichtet<br />

wurde. Kropotkin<br />

ist aber auch gegen diese<br />

neue Staatsmacht, er ist<br />

gegen jede Staatsmacht,<br />

er ist dagegen, dass das im<br />

Aufstand siegreiche Proletariat<br />

sich als neue Staatsmacht<br />

organisiert. „Es ließ<br />

sich aber leicht wieder<br />

vom Regierungs-Aberglauben<br />

hinreißen und gab<br />

sich selbst eine Regierung.<br />

Die Konsequenzen sind<br />

sattsam bekannt… “ Die<br />

Commune hätte, indem<br />

sie sich organisierte, die<br />

Volksinitiative von unten<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

27


Pariser Commune<br />

28<br />

gelähmt. Auf keinen Fall<br />

dürfe es irgendeine Initiative<br />

von oben geben, alles<br />

müsse spontan von unten<br />

kommen. „Und nachdem<br />

es (das Volk) mit Privateigentum,<br />

Staat und Regierung<br />

vollständig aufgeräumt<br />

haben wird, muss es<br />

sich frei organisieren, nur<br />

jener Notwendigkeit gehorchend,<br />

die das Leben<br />

selbst diktiert.“ Sinnloses<br />

Geschwätz, aber auf die<br />

Unterminierung der proletarischen<br />

Staatsmacht<br />

gerichtet.<br />

Als sich die Commune als<br />

Staatsmacht neuen Typs<br />

organisierte, vornehmlich<br />

im militärischen Bereich in<br />

Gestalt der Nationalgarde,<br />

konnten die Bakunisten<br />

nicht offen dagegen<br />

auftreten, aber Bakunin<br />

kann später eben dies denunzieren<br />

als Zugeständnis<br />

an das „autoritäre<br />

Prinzip“: „Sie mussten<br />

der Regierung und Armee<br />

von Versailles eine revolutionäre<br />

Regierung und<br />

Armee gegenüberstellen,<br />

d.h. zur Bekämpfung der<br />

monarchistischen und klerikalen<br />

Reaktion mussten<br />

sie selbst die Hauptbedingungen<br />

des revolutionären<br />

Sozialismus außer acht<br />

lassen und aufgeben und<br />

sich als jakobinische Reaktion<br />

organisieren.“ Also:<br />

Eine neue Staatsmacht zu<br />

bilden, eine revolutionäre<br />

Armee aufzustellen - ist eigentlich<br />

reaktionär. Aber,<br />

wird konzediert, unter<br />

den konkreten Umständen<br />

ging’s nicht anders. Erstens<br />

geht es nie anders und<br />

zweitens kann man sich<br />

vorstellen, mit welchem<br />

Eifer jemand mit so einer<br />

Einstellung bei der Sache<br />

ist, obwohl er sich doch<br />

viel lieber mit der „Abschaffung<br />

des Staates“,<br />

mit der „Zerstörung des<br />

juridischen Rechts“ und<br />

mit Maßnahmen im Zins-,<br />

Hypotheken- und Steuerbereich<br />

befassen würde.<br />

Für die nächste zukünftige<br />

Revolution gibt uns<br />

Kropotkin - als seine Lehre<br />

der Commune - noch eine<br />

gefährliche Drohung mit<br />

auf den Weg: „Wir wissen<br />

nun, dass an dem Tage, an<br />

welchem in Frankreich die<br />

Kommunen revoltieren<br />

werden, sich das Volk keine<br />

Regierung wird wählen<br />

dürfen, um von derselben<br />

die Anordnung revolutionärer<br />

Maßnahmen zu<br />

erwarten.“ Natürlich darf<br />

sich das Volk nichts passiv<br />

von einer Regierung, auch<br />

nicht von „seiner“ „erwarten“,<br />

aber es wird eine revolutionäre<br />

proletarische<br />

Regierung brauchen.<br />

Wo es darum geht, dass<br />

die staatliche Organisierung<br />

des Proletariats noch<br />

zu langsam und halbherzig<br />

erfolgte, loben die<br />

Anarchisten diese Mängel<br />

und Versäumnisse und<br />

verlangen sie, von jeder<br />

staatlichen Organisierung<br />

des Proletariats nach der<br />

Eroberung der Macht<br />

überhaupt Abstand zu<br />

nehmen. Das Proletariat<br />

möge Staat, Religion und<br />

Eigentum unverzüglich<br />

für abgeschafft erklären<br />

und sich an seiner „freien<br />

Assoziierung und Föderierung<br />

von unten nach<br />

oben“ erbauen und „die<br />

wahre und lebengebende<br />

Ordnung der Freiheit und<br />

des allgemeinen Glücks<br />

verwirklichen“ (p.16). Wo<br />

es um die entschlossene<br />

militärische Aktion gegen<br />

Versailles gegangen wäre,<br />

jammern die Anarchisten<br />

darüber, dass eine Armee,<br />

da Staat, an und für sehr<br />

problematisch, zwar unvermeidlich,<br />

aber eigentlich<br />

doch reaktionär sei.<br />

Die Anarchisten beschuldigen<br />

die Kommunisten,<br />

nur den politischen Umsturz<br />

im Auge zu haben<br />

und auf die soziale Revolution<br />

zu vergessen. Tatsächlich<br />

führen aber sie<br />

die soziale Revolution nur<br />

im Munde und treiben sie<br />

sich rein im politischen<br />

Überbau herum. Ihre „soziale<br />

Revolution“ besteht<br />

aus der „Abschaffung der<br />

Religion und des Staates“,<br />

aus der „Föderalisierung“<br />

etc. Die paar Brocken an<br />

sozialen oder ökonomischen<br />

Maßnahmen drehen<br />

sich hauptsächlich<br />

um die Kernthemen des<br />

Kleinbürgertums: Steuern,<br />

Schulden, Wucher - siehe<br />

die Lyoner „Proklamation“.<br />

Marx wies hingegen<br />

darauf hin, dass „ohne<br />

(die soziale Befreiung der<br />

Arbeiterklasse) war die<br />

Kommunalverfassung eine<br />

Unmöglichkeit und eine<br />

Täuschung. Die politische<br />

Herrschaft des Produzenten<br />

kann nicht bestehen<br />

neben der Verewigung<br />

seiner gesellschaftlichen<br />

Knechtschaft.“ Die politische<br />

Diktatur des Proletariats<br />

ist das Mittel zur sozialen<br />

Befreiung der Arbeiterklasse.<br />

Die Commune war nicht<br />

nur ihrem sozialen Inhalt,<br />

sondern auch dem Charakter<br />

der Bewegung nach<br />

eine Arbeiter/innenrevolution.<br />

Die Arbeiterklasse<br />

bildete den Kern der<br />

Volksrevolution und als<br />

sich das Blatt zugunsten


der Versailler neigte, blieb<br />

nur der proletarische Kern<br />

übrig. Marx betont gerade<br />

diesen proletarischen<br />

Charakter der Bewegung,<br />

sowohl der Zusammensetzung<br />

als auch den Maßnahmen<br />

nach. Ganz anders<br />

die Anarchisten. Bakunin<br />

polemisiert: „… bilden<br />

sich die Kommunisten ein,<br />

dieses Ziel (der sozialistischen<br />

Umgestaltung) erreichen<br />

zu können durch<br />

die Entwicklung und Organisation<br />

der politischen<br />

Macht der arbeitenden<br />

Klassen und besonders<br />

des städtischen Proletariats…“,<br />

während die Anarchisten<br />

„im Gegenteil<br />

denken, dass sie dieses Ziel<br />

nur durch die Entwicklung<br />

und Organisation der nicht<br />

politischen, sondern sozialen<br />

und folglich antipolitischen,<br />

der städtischen und<br />

ländlichen Arbeitermassen,<br />

erreichen können mit<br />

Einschluss aller Männer guten<br />

Willens aus den höheren<br />

Klassen, die, mit ihrer<br />

Vergangenheit brechend,<br />

sich ihnen offen anschließen…“<br />

Kropotkin begeistert<br />

sich gerade darüber,<br />

dass die Commune keinen<br />

ausgeprägten Klassencharakter<br />

gehabt hätte: „Woher<br />

stammt jene unwiderstehliche<br />

Kraft (der Commune)…?<br />

… Die Antwort<br />

ist leicht. Die Revolution<br />

von 1871 war in hervorragendem<br />

Maß eine volkstümliche<br />

Bewegung… Das<br />

war die Revolution des<br />

‚niederträchtigen’ Volkes.“<br />

So weit so gut, aber<br />

man kann die Entwicklung<br />

nicht verstehen ohne<br />

Analyse der Klassenbeziehungen<br />

in ihrem Inneren.<br />

Bei den Anarchisten gibt<br />

es alles Mögliche, „Volkskräfte“,<br />

„Volksgruppen“,<br />

„Volksvereinigungen“,<br />

„Menschen“ (unfreie oder<br />

freie), „Produzenten und<br />

Konsumenten“, Assoziationen<br />

und Föderationen,<br />

nur Klassen gibt es nicht.<br />

Auch am Beispiel der Commune<br />

sieht man, wie die<br />

Anarchisten, wo sie ausreichenden<br />

Einfl uss haben,<br />

zum Sargnagel einer revolutionären<br />

Bewegung werden<br />

können. In Paris 1871<br />

hatten sie diesen Einfl uss<br />

nicht, aber kurz darauf, im<br />

Sommer 1873, in Spanien<br />

schon und sie fuhren den<br />

Karren politisch, militärisch<br />

etc. in den Dreck (siehe<br />

Engels: „Die Bakunisten<br />

an der Arbeit“).<br />

Dessen ungeachtet muss<br />

man freilich hinzufügen,<br />

dass der Anarchismus sozusagen<br />

eine gewisse Berechtigung<br />

hatte gegenüber<br />

der Staatsgläubigkeit,<br />

die nicht nur bei einem<br />

Lassalle, sondern generell<br />

in weiten Teilen der Sozialdemokratie<br />

verbreitet war.<br />

Die absolute Bekämpfung<br />

der „Idee des Staates“ und<br />

die „Abschaffung des Staates“<br />

sind jedenfalls auch<br />

nicht schlimmer als diese<br />

Staats- und Obrigkeitsgläubigkeit.<br />

Lenin, der<br />

sich ja nicht mehr mit Bakunin,<br />

sondern mit Kautsky<br />

herumschlagen musste,<br />

hätte vielleicht - in Anlehnung<br />

an seine Äußerung<br />

zu d’Anunzio - gesagt, der<br />

aufgebrachte Blödsinn eines<br />

Bakunin sei ihm immer<br />

noch lieber als das preußische<br />

Philistertum eines<br />

Vollmar oder das widerliche<br />

Renegatentum eines<br />

Kautsky. Allerdings: In der<br />

Praxis läuft auch der Anarchismus<br />

auch auf nichts<br />

anderes hinaus, er ist Zwil-<br />

lingsbruder des Opportunismus,<br />

wie sich in jeder<br />

ernsten oder gar revolutionären<br />

Situation zeigt.<br />

Der Hass der Anarchisten<br />

gegen Kirche und Religion<br />

war ebenfalls völlig<br />

berechtigt, allerdings war<br />

es damals schon Unsinn,<br />

die Bourgeoisie und den<br />

bürgerlichen Staat mit<br />

der Kirche auf eine Stufe<br />

zu stellen oder die „Abschaffung<br />

der Religion“ zu<br />

verlangen. Die Commune<br />

realisierte die konsequente<br />

Trennung von Kirche<br />

und Staat, proklamierte<br />

aber nicht ein Verbot oder<br />

eine „Abschaffung“ der<br />

Religion. „Wir sind überzeugt,<br />

dass das Schädlichste<br />

für die Menschheit,<br />

für die Wahrheit und den<br />

Fortschritt, die Kirche ist.“<br />

(p.22) Das ist wohl ein bisschen<br />

einseitig, denn es<br />

benutzt nicht die Kirche<br />

die Bourgeoisie, sondern<br />

es benutzt umgekehrt die<br />

Bourgeoisie die Kirche.<br />

Wobei damals in concreto<br />

die Verhältnisse noch<br />

etwas anders waren als<br />

heute, was diesen - heute<br />

vielleicht zwar berechtigt,<br />

aber etwas exzessiv und<br />

einseitig erscheinenden -<br />

Hass auf die Kirche erklärt.<br />

Man fi ndet ihn genauso<br />

bei einem Blanqui („Ni<br />

dieu ni maître“, 1880).<br />

Auch seine Tiraden sind<br />

mit Genuss zu lesen, aber<br />

es hat seinen Grund, dass<br />

sich Marx und Engels mehr<br />

mit Politischer Ökonomie<br />

als mit der Anatomie der<br />

Kirche und des Christentums<br />

befasst haben.<br />

Nett jedenfalls das folgende<br />

Bonmot Bakunins: In<br />

Abwandlung der Worte<br />

Dantons, der nämlich 1792<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

29


Pariser Commune<br />

30<br />

davon ausging, dass das<br />

„gemeine Volk“ einen Gott<br />

brauche („Selbst wenn es<br />

Gott nicht gäbe, müsste<br />

man ihn erfi nden.“), meinte<br />

Bakunin: „Selbst wenn<br />

es Gott gäbe, müsste man<br />

sich seiner entledigen.“<br />

Die irreleitende und zersetzende<br />

Wirkung der<br />

Tätigkeit der Anarchisten<br />

wurde nach der Pariser<br />

Commune zum Hauptproblem<br />

der Revolution in Europa<br />

und daher der Internationale.<br />

Warum?<br />

Der eigentliche Proudhonismus<br />

mit seiner Politikfeindlichkeit,<br />

seinem Pazifi<br />

smus, seinem Fetischismus<br />

des Eigentums (nämlich<br />

des vorkapitalistischen<br />

Kleineigentums des einfachen<br />

Warenproduzenten),<br />

seiner Vermutung der<br />

Quelle der Ausbeutung<br />

in der Zirkulationssphäre<br />

(„ungleicher Tausch“),<br />

seiner kleinbürgerlichen<br />

Plänemacherei (z.B. seine<br />

Microkredite-Bank) hatte<br />

sich schon vor der Commune<br />

(Zusammenbruch seiner<br />

Bank 1869) diskreditiert.<br />

1870 gab es schon Proudhonisten<br />

(speziell die in<br />

der Internationale), die<br />

eher schon sozialistische<br />

Auffassungen vertraten,<br />

quasi Neo-Proudhonisten.<br />

Erst recht aber wurde er<br />

durch die Commune diskreditiert,<br />

denn die Commune<br />

(bei führender Rolle<br />

der Proudhonisten bei den<br />

ökonomischen Maßnahmen)<br />

hatte ökonomische<br />

Maßnahmen gesetzt, die<br />

dem proudhonistischen<br />

Programm total zuwiderliefen.<br />

Nach 1871 spielte<br />

der Proudhonismus daher<br />

keinerlei Rolle mehr. Die<br />

Reste dieser Strömung<br />

verliefen sich im anarchistischen<br />

Lager. Der Proudhonismus<br />

war letztlich nur<br />

eine Form und ein Vorläufer<br />

des Anarchismus. Marx<br />

bezeichnete einmal den<br />

Anarchismus als „karikierte<br />

Form des Proudhonismus“.<br />

Aber auch der Blanquismus,<br />

bis dahin die entscheidenderevolutionärkommunistische<br />

Strömung<br />

in der französischen Arbeiterbewegung,<br />

hatte sich<br />

als nicht auf der Höhe der<br />

Aufgaben der Zeit erwiesen<br />

und war von der Commune<br />

sozusagen überholt<br />

worden. Die Massenbewegung<br />

der Klasse hatte die<br />

verknöcherten und sektiererischen<br />

„Instruktionen<br />

für den Aufstand“ beiseite<br />

geschoben (als Strategie,<br />

nicht als wertvolles Handwerkszeug<br />

für den - damaligen<br />

- Barrikadenbau!)<br />

Lassalleanismus, rechter<br />

Chartismus schienen an<br />

Kraft zu verlieren und traten<br />

in den 1870er Jahren<br />

gegenüber dem wissenschaftlichen<br />

Sozialismus<br />

- jedenfalls zeitweilig, vielleicht<br />

(muss man aus späterer<br />

Sicht sagen) auch nur<br />

scheinbar - in den Hintergrund.<br />

Der Anarchismus dagegen<br />

ging zum Angriff auf den<br />

revolutionären Sozialismus<br />

über und entfaltete<br />

eine bösartige Wühltätigkeit<br />

in und gegen die<br />

Internationale. So wurde<br />

der Anarchismus zum inneren<br />

Hauptproblem der<br />

Internationale. 1872 wurden<br />

die Anarchisten aus<br />

der Internationale ausgeschlossen.<br />

3. Blanqui und die Blanquisten<br />

Louis-Auguste Blanqui<br />

(1805-1881) war einer der<br />

größten proletarisch-kommunistischenRevolutionäre<br />

des 19. Jhdts. Er nahm<br />

teil bzw. leitete ein halbes<br />

Dutzend Aufstände bzw.<br />

Aufstandsversuche, wurde<br />

zweimal zum Tode verurteilt<br />

(und wieder begnadigt)<br />

und verbrachte 37<br />

Jahre seines Lebens in Gefängnissen.<br />

Sein Name ist<br />

untrennbar mit den drei<br />

wichtigsten Revolutionen<br />

des Jahrhunderts, 1830,<br />

1848 und 1871, verbunden.<br />

„Jede Konterrevolution erbleicht<br />

bei einem einzigen<br />

Namen- Blanqui“, musste<br />

sogar Proudhon zugeben.<br />

Erste Teilnahme an einem<br />

Aufstand 1827, wo er<br />

gleich drei Säbelhiebe und<br />

eine Schussverletzung am<br />

Hals abbekam. Dann Teilnahme<br />

am großen Aufstand<br />

1830, der zum Sturz<br />

der Bourbonen und zur Errichtung<br />

der Julimonarchie<br />

(bis 1848) führte. Weitere<br />

Aufstandversuche überall<br />

in Frankreich 1834, 1835,<br />

1839, 1840. Blanqui wird<br />

wegen des von ihm geleiteten<br />

Pariser Aufstands<br />

1839 zum Tod verurteilt,<br />

aber später begnadigt.<br />

Dann kam die Revolution<br />

1848, die zum Sturz des<br />

Regimes des „Bürgerkönigs“<br />

Louis Philippe und<br />

zur Republik (und zum<br />

anschließenden Staatsstreich<br />

Napoleon III) führt.<br />

Wegen der Teilnahme am<br />

Aufstand 1848 Verhaftung<br />

und 1850 Verurteilung zu<br />

10 Jahren Haft.


1850: Bündnis der Blanquisten<br />

mit dem „Bund<br />

der Kommunisten“: „Weltgesellschaft<br />

der revolutionären<br />

Kommunisten“<br />

(unterzeichnet von Marx,<br />

Engels, Willich für den<br />

„Bund“ und Vidal für die<br />

Blanquisten), welche nach<br />

Abdriften von Willich etc.<br />

von der „Diktatur der Proletarier“<br />

und wegen des<br />

Lavierens der Blanquisten<br />

zerbricht.<br />

1870: August und Oktober:<br />

Aufstandsversuche<br />

niedergeschlagen/neuerlich<br />

verhaftet/neuerlich<br />

zum Tode verurteilt, aber<br />

wieder begnadigt (Angst<br />

der Reaktion!)<br />

1871: Verhandlungen der<br />

Commune mit Versailles,<br />

Blanqui gegen 67 Geiseln,<br />

darunter den Erzbischof<br />

von Paris auszutauschen,<br />

scheitern<br />

1872 (noch immer im Gefängnis):<br />

Verurteilung zur<br />

Deportation nach Neukaledonien<br />

(Kanakien, französische<br />

Kolonie in Ozeanien),<br />

aber diese wird wegen<br />

des angeschlagenen<br />

Gesundheitszustands und<br />

aus Angst vor dadurch<br />

evt. ausgelösten neuen<br />

Arbeiter„unruhen“ ausgesetzt<br />

1878: Kampagne für Freilassung/1879:Abgeordneter<br />

von Bordeaux (obwohl<br />

im Gefängnis!)/Wahl wird<br />

annulliert/Juni 1879 Begnadigung<br />

1881: Herzinfarkt bei einer<br />

Versammlung und kurz<br />

darauf Tod. Begräbnis in<br />

Paris mit 200.000 Teilnehmern.<br />

Blanqui fi el nicht vom Himmel,<br />

sondern steht in einer<br />

langen Reihe von französischen<br />

Revolutionären:<br />

- J.Roux, Th.Leclerc,<br />

J.F.Varlet und auch schon<br />

eine Frau, Claire Lacombe<br />

während der Großen Revolution<br />

(« Les enragés »,<br />

auf deutsch in etwa „die<br />

Wütenden“)<br />

- G. Babeuf („Die Verschwörung<br />

der Gleichen“):<br />

Aufstand 1796 war der<br />

Höhepunkt der Revolution<br />

und Babeuf , bereits weit<br />

über die Enragés hinausgehend,<br />

war ein Bindeglied<br />

zur modernen kommunistischen<br />

Bewegung<br />

- F.Buonarotti, Schüler Babeufs,<br />

der die Lehren Babeufs<br />

in seiner „Geschichte<br />

der Gesellschaft der Jahreszeiten“<br />

der Nachwelt<br />

übermittelte.<br />

Wenn man von Vorläufern<br />

der revolutionär-kommunistischen<br />

Bewegung, also<br />

vor der Begründung des<br />

wissenschaftlichen Sozialismus<br />

durch Marx und Engels,<br />

spricht, spricht man<br />

mit Recht von den theoretischen<br />

Vorläufer des wissenschaftlichenSozialismus,<br />

von den utopischen<br />

Sozialisten (St.Simon, Fourier,<br />

Owen und einige andere<br />

7 ). Zugleich muss man<br />

aber unbedingt auch auf<br />

die praktisch-politischen<br />

Vorkämpfer verweisen,<br />

auf die kämpfenden Revolutionäre<br />

von Roux über<br />

Babeuf bis Blanqui.<br />

Blanqui knüpft an das<br />

revolutionäre politische<br />

Erbe der Jakobiner an,<br />

aber auch an die Agitation<br />

der Enragés für die soziale<br />

Revolution und an Babeuf<br />

an, ist aber natürlich schon<br />

ein gutes Stück weiter. Die<br />

Revolution kann für ihn<br />

nur eine sozialistische sein,<br />

die Bewegung daher nur<br />

eine kommunistische. Der<br />

Weg der Revolution geht<br />

nur über bewaffnete Aufstände,<br />

organisiert und<br />

ausgelöst von einer illegalen<br />

revolutionären Kaderorganisation<br />

(von Berufsrevolutionären),<br />

die die<br />

Massen mitreißen und zur<br />

Eroberung der politischen<br />

Macht und zur Errichtung<br />

einer „Diktatur der Proletarier“<br />

führen. Er ist strikt<br />

gegen utopische Plänemacherei,<br />

gegen Vorstellung<br />

eines friedlichen Wegs<br />

zum Sozialismus, gegen<br />

die „Genossenschaftsbewegung“<br />

(Lassalle, Proudhon)<br />

bzw. Gewerkschaftskretinismus.<br />

Keinesfalls<br />

aber war er nur ein „Verschwörer“,<br />

Putschist oder<br />

Abenteurer, wie ihn die<br />

Opportunisten aller Schattierungen<br />

(von Proudhon<br />

bis Kautsky beschimpften),<br />

weder von den Zielsetzungen,<br />

noch von den strategischen<br />

Einschätzungen<br />

her. Schwergewicht und<br />

Stärken liegen in Fragen<br />

der Strategie und Taktik<br />

des Aufstandes, incl. der<br />

Militärfrage, Schwächen<br />

v.a. in der Kapitalismusanalyse<br />

und in der Frage<br />

der Verbindung der Partei<br />

mit den Massen. Heftiges<br />

Wirrwarr in der Politischen<br />

Ökonomie, vormarxische<br />

Unklarheit über Kapital<br />

und Mehrwert, Überbetonung<br />

von Zins, Wucher,<br />

Steuern gegenüber der<br />

eigentlichen Ausbeutung<br />

in der Produktion, daher<br />

Mängel in der Klassenanalyse,<br />

Elemente eines utopistisch-egalitärenVerteilungskommunismus<br />

(wo<br />

ein Produktionskommunismus<br />

notwendig wäre),<br />

idealistisch-voluntaristische<br />

Einschläge in der Revolutions-<br />

und Aufstandstheorie.<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

31


Pariser Commune<br />

32<br />

Seine Vorstellungen sind<br />

eben bis zuletzt stark gefärbt<br />

von Vorstellungen<br />

aus der ersten Hälfte des<br />

19. Jhdts., als es noch keinen<br />

voll entwickelten Kapitalismus<br />

und noch kein<br />

wirklich entwickeltes Proletariat<br />

in Frankreich gab.<br />

Ein anderer Fehler waren<br />

zeitweise „nationalistische“<br />

Töne, z.B. 1870 („La<br />

patrie en danger“), der<br />

Versuch, ungebrochen an<br />

1792 anzuknüpfen, und<br />

eine - allerdings aufgrund<br />

der Geschichte verständliche<br />

- Überbewertung der<br />

Rolle der französischen Arbeiterklasse<br />

in der europäischen<br />

Revolution.<br />

Die Blanquisten arbeiteten<br />

in den 1860er Jahren<br />

teilweise, aber eher sporadisch<br />

in der Internationale<br />

mit. Sie hatten schwere<br />

Differenzen mit der Internationale,<br />

insbesondere<br />

wandten sie sich gegen die<br />

in der Internationale organisierten<br />

Proudhonisten,<br />

die sie für Reformisten und<br />

Feiglinge hielten, die eine<br />

„geheime Verständigung<br />

mit dem Klassenfeind anstrebten“<br />

und die man aus<br />

der Internationale hinauswerfen<br />

müsste. Auch in der<br />

Frage des proletarischen<br />

Internationalismus gab es<br />

1870 Differenzen, als bei<br />

den Blanquisten nationalistische<br />

Töne laut wurden.<br />

Nur wenige Blanquisten<br />

waren, nach Engels’ Worten,<br />

Kommunisten nicht<br />

nur aus revolutionärem<br />

proletarischem Instinkt,<br />

sondern hatten auch eine<br />

gewisse theoretische Klarheit<br />

erreicht. Zu letzteren<br />

gehörte insbesondere<br />

Vaillant, der sich den wissenschaftlichenSozialismus<br />

von Marx und Engels<br />

in gewissem Umfang angeeignet<br />

hatte. Blanqui<br />

selbst hatte sich zwar mit<br />

dem wissenschaftlichen<br />

Sozialismus befasst, kam<br />

aber dabei nicht sehr weit,<br />

wie die „Schriften zur Nationalökonomie<br />

und Sozialethik“<br />

(1867-69) zeigen.<br />

Wahrscheinlich interessierte<br />

ihn das auch nicht wirklich.<br />

In der Commune bildeten<br />

die Blanquisten eine Mehrheit,<br />

die Proudhonisten<br />

eine Minderheit. Revolutionäre<br />

Sozialisten waren<br />

1870 noch absolut in der<br />

Minderzahl (laut Lavrov<br />

23 bzw. fester Kern von<br />

18 von insgesamt 78) Delegierten<br />

der Commune,<br />

davon 13 in Kommissionen<br />

mit Exekutivfunktionen).<br />

In der Commune kämpften<br />

die Blanquisten in<br />

vorderster Reihe. Sie waren<br />

ein radikales und vorwärtstreibendes<br />

Element<br />

der Commune. Ohne diese<br />

Rolle der Blanquisten<br />

wäre die Geschichte der<br />

Commune sicher anders<br />

verlaufen. Die relativ kleine<br />

Zahl revolutionärer Sozialisten<br />

alleine wäre dafür<br />

zu schwach gewesen.<br />

Ohne Blanquisten wären<br />

sie mit einem Übergewicht<br />

an Neo-Jakobinern und<br />

Neo-Proudhonisten konfrontiert<br />

gewesen. Das<br />

gilt in positivem Sinn für<br />

die Stärken der Commune,<br />

aber auch in negativem<br />

Sinn für einige Schwächen<br />

(Überbetonung der reinen<br />

Militärorganisation bei<br />

Unterschätzung der Wichtigkeit<br />

der rätedemokratischen<br />

Organisation der<br />

Massen/Vernachlässigung<br />

der sozialen Maßnahmen)<br />

Blanqui selbst wurde<br />

1870 zum Kommandanten<br />

des 165.Bataillons der<br />

Nationalgarde gewählt,<br />

allerdings noch vor dem<br />

18.3.1871 verhaftet. Angesichts<br />

der objektiven<br />

„Führungsschwäche“ der<br />

Commune hielt Marx Blanqui<br />

für den einzigen, der<br />

- aufgrund seiner Autorität,<br />

des „Erzklangs seines<br />

Namens“ (Benjamin) 8 -<br />

imstande gewesen wäre,<br />

sich an die Spitze der Bewegung<br />

zu stellen, sie zu<br />

organisieren und zusammenzuschließen<br />

und ein<br />

entschlosseneres Vorgehen<br />

(Sturm auf Versailles, Aufgabe<br />

des „Großmuts“…)<br />

zu erreichen.<br />

Mit der Commune und<br />

ihrer Niederschlagung<br />

traten die Differenzen gegenüber<br />

den Blanquisten<br />

in den Hintergrund. Die<br />

Commune war von vornherein<br />

weit über die doch<br />

ziemlich engen, doktrinären<br />

und sektiererischen<br />

„Prinzipien“ des blanquistischen<br />

Geheimbundes<br />

(„Instruktionen für den<br />

Aufstand“, 1868/69) hinausgegangen<br />

und hatte<br />

faktisch den historischen<br />

Blanquismus überholt.<br />

Die Blanquisten fanden<br />

in ihren „Lehren“ nur beschränkt<br />

eine Basis für<br />

ihre praktische Politik. An<br />

etlichen Punkten machten<br />

sie das Gegenteil von<br />

dem, was die Doktrin vorsah:<br />

Statt strengster diktatorischer<br />

Leitung durch<br />

das revolutionäre Hauptquartier<br />

in Paris (mit der<br />

traditionellen blanquistischen<br />

gehörigen Portion<br />

Misstrauen gegen alle<br />

Provinz) entschied sich die<br />

Commune für einen föderalen<br />

Aufbau des Staates.


Nach der Niederlage der<br />

Commune war es auch mit<br />

dem Blanquismus im eigentlichen<br />

Sinn vorbei, er<br />

hatte sich historisch überholt.<br />

Man vergleiche nur<br />

die „Instruktionen für den<br />

Aufstand“ von 1868/69<br />

mit dem tatsächlichen Vorgehen<br />

der Commune ab<br />

März 1871.<br />

Die Trümmer der blanquistischen<br />

Bewegung (in der<br />

Londoner Emigration) traten<br />

Ende 1872 aus der Internationale<br />

aus, aber nur<br />

wegen Differenzen in Bezug<br />

auf die alte „Frage des<br />

Aufstands“, und bildeten<br />

eine Gruppierung „La commune<br />

révolutionnaire“,<br />

die zwar in Bezug auf die<br />

Taktik der Revolution an<br />

den geheimbündlerischen<br />

und voluntaristischen Traditionen<br />

festhielt, aber<br />

sich ansonsten im theoretischen<br />

Programm weitgehend<br />

auf den Boden des<br />

wissenschaftlichen Sozialismus<br />

stellte, was einen<br />

bedeutenden Schritt vorwärts<br />

bedeutete. Engels<br />

schreibt, sie hätten jetzt<br />

erkannt die „Notwendigkeit<br />

der politischen Aktion<br />

des Proletariats und seiner<br />

Diktatur als Übergang zur<br />

Abschaffung der Klassen<br />

und, mit ihnen, des Staates“<br />

(siehe Engels zum<br />

„Programm der blanquistischen<br />

Kommunefl üchtlinge“,<br />

MEW 18, p.528ff.,<br />

wo er Vaillant, den neuen<br />

Führer der Blanquisten,<br />

sehr positiv einschätzt).<br />

Der Name Blanqui blieb<br />

auch nach seinem Tod Gegenstand<br />

heftigster Kontroversen<br />

in der revolutionären<br />

Arbeiterbewegung.<br />

Blanqui wurde von allen<br />

Opportunisten, Revisionis-<br />

ten, Menschewiken und<br />

Halbmenschewiken bis<br />

über seinen Tod hinaus mit<br />

wütendem Hass verfolgt.<br />

In diesen Polemiken wurde<br />

die richtige Engels’sche<br />

Kritik an den Fehlern und<br />

an der historischen Überlebtheit<br />

des Blanquismus<br />

„ausgedehnt“ auf jegliches<br />

entschlossene revolutionäre<br />

Handeln und<br />

auf jegliche revolutionäre<br />

„Partei neuen Typs“. Blanqui<br />

war für diese reformistisch-parlamentarisch-gewerkschaftlich-genossenschaftlichen<br />

Kretins ein<br />

immer noch umgehendes<br />

Gespenst, dessen Erinnerung<br />

man auslöschen<br />

musste. Aber nicht nur das.<br />

Dass Blanqui einem Bernstein<br />

und später einem<br />

Kautsky noch jahrzehntelang<br />

als grimmigster Feind<br />

galt, dass „Blanquist“ zum<br />

bösesten Schimpfwort dieser<br />

Leute für jede revolutionäre<br />

Gesinnung wurde,<br />

versteht sich von selbst.<br />

Ebenso, dass die meisten<br />

Führer der II. Internationale,<br />

z.B. auch unser Victor<br />

Adler, Reformist, Versöhnler,<br />

zuerst verdeckter, ab<br />

1914 offener Kriegsanhänger<br />

und Sozialchauvinist,<br />

nichts mit einem Blanqui<br />

anfangen konnten.<br />

Aber auch unter den revolutionären<br />

Kommunisten<br />

war Blanqui nicht unumstritten,<br />

vor allem, dann<br />

und dort, wo sie rechte<br />

Fehler machten. Von<br />

Seiten Rosa Luxemburgs<br />

wurde in den „Organisationsfragen<br />

der russischen<br />

Sozialdemokratie“ (1904),<br />

ihrer Polemik gegen „Was<br />

tun?“, Lenin vorgeworfen,<br />

er orientiere sich in seiner<br />

Parteikonzeption zu sehr<br />

an Blanqui. Russische und<br />

polnische Organisationen,<br />

die sich auf Blanqui beriefen<br />

und den Blanquismus<br />

tatsächlich zu einer abenteuerlichen<br />

Sauce aus Voluntarismus<br />

und Putschismus<br />

„weiterentwickelt“<br />

hatten, wurden von ihr<br />

zwar zu Recht kritisiert,<br />

aber leider teilweise von<br />

rechten Positionen aus<br />

als „Dreschfl egel-Sozialismus“<br />

denunziert. In den<br />

„Organisationsfragen …“<br />

gibt es halt viel Menschewismus.<br />

Auch der frühe<br />

Trotzki, damals in den Reihen<br />

der Menschewiki gegen<br />

die Bolschewiki, argumentierte<br />

in „Unsere politischen<br />

Aufgaben“ (einer<br />

politischen Kampfschrift<br />

gegen das „Jakobinertum<br />

Lenins“ und gegen „Was<br />

tun?“ aus 1904) noch in<br />

dieselbe Richtung (um ab<br />

1917 in diesen Fragen einen<br />

völlig entgegengesetzten<br />

Standpunkt einzunehmen).<br />

Tatsache ist, dass Lenin<br />

nicht in den Sumpf, in den<br />

die II. Internationale immer<br />

mehr geriet, mitmarschierte,<br />

sondern - ausgehend<br />

vom wissenschaftlichen<br />

Kommunismus- auch an<br />

den richtigen Elementen<br />

des Blanquismus, ja sogar<br />

des revolutionären Jakobinertums<br />

anknüpfte. Jeder<br />

wirkliche Revolutionär<br />

könne stolz darauf sein, als<br />

Jakobiner oder Blanquist<br />

beschimpft zu werden.<br />

Lenins Position, dass die<br />

Bolschewiki die positiven<br />

Traditionen des Blanquismus<br />

und der Jakobiner<br />

- Kampfentschlossenheit,<br />

politische Zuspitzung des<br />

Kampfes, Kampf um die<br />

Macht und nicht nur um<br />

irgendwelche Reformen,<br />

entschlossene Vorhutpar-<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

33


Pariser Commune<br />

34<br />

tei - fortführen müssten,<br />

wird von Trotzki 1904 noch<br />

in einer sehr menschewistischen<br />

und sehr weinerlichen<br />

Weise kritisiert.<br />

Seine Position zum Blanquismus<br />

hat Lenin in „Marxismus<br />

und Aufstand“ klar<br />

dargelegt. „Zu den böswilligsten<br />

und wohl verbreitetsten<br />

Entstellungen<br />

des Marxismus durch die<br />

‚herrschenden’ sozialistischen<br />

Parteien gehört die<br />

opportunistische Lüge,<br />

die Vorbereitung des Aufstands,<br />

überhaupt die Betrachtung<br />

des Aufstands<br />

als eine Kunst, sei ‚Blanquismus’.<br />

Um erfolgreich<br />

zu sein, darf sich der Aufstand<br />

nicht auf eine Verschwörung,<br />

nicht auf eine<br />

Partei stützen, er muss sich<br />

auf die fortgeschrittenste<br />

Klasse stützen. Dies zum<br />

ersten. Der Aufstand muss<br />

sich auf den revolutionären<br />

Aufschwung des Volkes<br />

stützen. Dies zum zweiten.<br />

Der Aufstand muss sich<br />

auf einen solchen Wendepunkt<br />

in der Geschichte der<br />

anwachsenden Revolution<br />

stützen, wo die Aktivität<br />

der vordersten Reihen des<br />

Volkes am größten ist, wo<br />

die Schwankungen in den<br />

Reihen der Feinde und in<br />

den Reihen der schwachen,<br />

halben, unentschlossenen<br />

Freunde der Revolution<br />

am stärksten ist. Dies<br />

zum dritten. Durch diese<br />

drei Bedingungen eben<br />

unterscheidet sich der<br />

Marxismus in der Frage<br />

der Behandlung des Aufstands<br />

vom Blanquismus.“<br />

(LW 26, p.4f.) Durch diese<br />

drei Bedingungen für den<br />

Aufstand, aber nicht dadurch,<br />

ob man überhaupt<br />

für oder gegen die Machtergreifung<br />

durch den Aufstand<br />

ist.<br />

Hinter der Kritik der Reformisten<br />

und Halbreformisten<br />

am Blanquismus<br />

versteckte sich in vielen<br />

Fällen, und je wütender,<br />

desto mehr, der Kampf<br />

gegen die revolutionäre<br />

Linie in der Arbeiterbewegung.<br />

Überall, wo die<br />

Orientierung auf Aufbau<br />

einer Partei Lenin’schen<br />

Typs, auf wirkliche Durchführung<br />

der Revolution,<br />

auf revolutionären Aufstand<br />

und Machtergreifung,<br />

gerichtet ist, wird<br />

dagegen der „Name eines<br />

Blanqui, dessen Erzklang<br />

das 19.Jhdt. erschütterte“<br />

(Benjamin), trotz seiner<br />

Fehler, hochgehalten.<br />

4. Trotzki 9<br />

Trotzki verteidigt in seinem<br />

„Anti-Kautsky“ den<br />

revolutionären Kommunismus<br />

gegen Kautsky und<br />

Konsorten von einem revolutionär-kommunistischen<br />

Standpunkt aus. Er zertrümmert<br />

die bourgeoisen<br />

Auffassungen Kautskys: in<br />

Fragen der revolutionären<br />

proletarischen Diktatur, im<br />

Verhältnis dieser Diktatur<br />

zur formalen Demokratie,<br />

in Fragen formal-demokratischer<br />

und parlamentarischer<br />

Spiegelfechterei<br />

und deren Bedeutung als<br />

Instrument der Konterrevolution,<br />

in der Bedeutung<br />

der militärischen Seite des<br />

Aufstands, in Fragen Terror<br />

und bürgerliche „Freiheit“<br />

etc. Alles in der Hauptsache<br />

richtig.<br />

Dabei sind allerdings einige<br />

Akzentsetzungen<br />

bemerkenswert, die sich<br />

von den Marx’schen unterscheiden.<br />

Diese sind interessant<br />

vor allem im Lichte dessen,<br />

dass Trotzki in den<br />

1920er Jahren Vertreter<br />

eines bürokrato-militaristischen<br />

Kurses in der Sowjetunion<br />

wurde. Er trat<br />

für die Militarisierung der<br />

Gesellschaft ein, die Gewerkschaften<br />

sollten paramilitärisch<br />

organisiert<br />

und in den Staatsapparat<br />

integriert werden, er war<br />

Vertreter einer streng hierarchischen<br />

und überhaupt<br />

nicht rätedemokratischen<br />

Organisation der Gesellschaft.<br />

Für ihn war der<br />

Rätedemokratismus nur<br />

ein Beiwerk der Revolution.<br />

Die von Lenin forcierte<br />

Arbeiter- und Bauernkontrolle<br />

hielt er für absurd,<br />

da ja der Staat ohnedies<br />

proletarisch sei und sich ja<br />

nicht das Proletariat selbst<br />

kontrollieren müsse. Lenin<br />

hatte demgegenüber darauf<br />

hingewiesen, dass der<br />

sowjetische Staatsapparat<br />

in der Praxis, ungeachtet<br />

seines Anspruchs, immer<br />

noch starke, aus früherer<br />

Zeit übernommene bürgerliche<br />

Elemente trüge<br />

und es Bürokratie gäbe,<br />

die ebenfalls die Herausbildung<br />

neuer bürgerlicher<br />

Elemente begünstige.<br />

Dies müsse auch durch<br />

permanente Mobilisierung<br />

der Arbeiter- und Bauernmassen<br />

bekämpft werden.<br />

Kurz bevor Lenin den<br />

Kampf gegen die „linke“<br />

„Arbeiteropposition“ führen<br />

musste, hatte er den<br />

bürokrato-militaristischen<br />

Kurs Trotzkis abzuwehren.<br />

Trotzki hatte eine eigenwillige<br />

Vorstellung von<br />

Rätedemokratie: „Die<br />

Diktatur des Proletariats<br />

kommt in der Aufhebung<br />

des Privateigentums an


den Produktionsmitteln,<br />

in der Herrschaft des Kollektivwillens<br />

der Werktätigen<br />

über den ganzen Sowjetmechanismus<br />

zum Ausdruck,<br />

keinesfalls aber in<br />

der Form der Verwaltung<br />

der einzelnen Wirtschaftsunternehmen.“Keineswegs<br />

ist das so. Die Rätedemokratie<br />

muss in eine<br />

zentralisierte proletarische<br />

Staatsmacht eingebettet<br />

sein, aber sie beginnt<br />

sehr wohl „unten“, in der<br />

Fabrik oder im Wohnviertel.<br />

Keinesfalls darf es so<br />

sein, dass der Proletarier<br />

sich „nach oben“ hin seine<br />

Räte wählt, aber „unten“,<br />

in seinem ureigensten Arbeits-<br />

und Lebensraum<br />

nichts mehr zu reden hat.<br />

Zur Commune: Trotzki kritisiert<br />

die Entscheidung, in<br />

Paris am 26.3.1871 Wahlen<br />

zur Commune abzuhalten<br />

und anschließend<br />

seitens der Nationalgarde<br />

die Macht an die Commune<br />

abzugeben, aber nicht<br />

unter dem taktischen Gesichtspunkt<br />

von Marx, dass<br />

man die Zeit in dieser Lage<br />

für etwas anderes besser<br />

verwenden und Versailles<br />

angreifen hätte sollen,<br />

sondern prinzipiell: „Nach<br />

Marx hätte ein reines<br />

Kampforgan, der Mittelpunkt<br />

des Aufstandes und<br />

der Kriegshandlungen gegen<br />

die Versailler, auf den<br />

ersten Platz treten müssen,<br />

nicht aber eine Organisation<br />

der Selbstverwaltung<br />

der Arbeiterdemokratie.<br />

Letztere sollte erst später<br />

an die Reihe kommen.“<br />

Es geht ihm also nicht um<br />

eine taktische Frage, sondern<br />

eher um eine prinzipielle.<br />

Das ist falsch. Natürlich<br />

musste in diesem<br />

Moment die militärische<br />

Führung jederzeit gewährleistet<br />

sein, natürlich stand<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

rein praktisch der<br />

militärische Kampf im Mittelpunkt,<br />

natürlich muss<br />

man nicht im feindlichen<br />

Gewehr- und Artilleriefeuer<br />

die Zeit (10 Tage vom 18.<br />

bis 28.3.!) mit Wahlen vergurken,<br />

natürlich war die<br />

sofortige Machtübergabe<br />

des ZK der Nationalgarde<br />

an die gewählte Commune<br />

eine falsche Entscheidung.<br />

Aber das war kein<br />

grundsätzlicher Fehler,<br />

sondern ein taktischer. Die<br />

Commune reduzierte sich<br />

ja nicht auf die „Kriegshandlungen“,<br />

sondern<br />

setzte auch eine Reihe von<br />

sozialen und politischen<br />

Maßnahmen, sie hatte sich<br />

um die Verbindungen zur<br />

Provinz zu kümmern, sie<br />

musste die Bauernfrage<br />

behandeln usw. Sie musste<br />

sich rasch ein rätedemokratisches<br />

Organ schaffen.<br />

Vielleicht war der Zeitpunkt<br />

der Wahlen nicht<br />

der Beste, vielleicht erfolgte<br />

die Übergabe des Oberkommandos<br />

von der Nationalgarde<br />

zur Commune<br />

zur Unzeit, sicher war die<br />

darauf folgende Parallelherrschaft<br />

(z.B. der nicht<br />

mit der Commune koordinierte<br />

Ausfallsversuch der<br />

Nationalgarde vom 3.4.)<br />

, die sich aus dem Zögern<br />

der Commune ergab, verhängnisvoll.<br />

Aber dass der<br />

Angriff auf die Versailler<br />

nicht erfolgte, lag nicht<br />

am „Demokratismus“ und<br />

an den Wahlen, sondern<br />

an der generellen politischen<br />

Unklarheit und Unsicherheit.<br />

Dieses Problem<br />

wäre auch dadurch nicht<br />

gelöst worden, dass das<br />

ZK der Nationalgarde die<br />

Macht nicht an die Com-<br />

mune übergeben hätte.<br />

Auch kann man nicht die<br />

Auffassung vertreten, dass<br />

- gegenüber den militärischen<br />

Strukturen - die Arbeiterdemokratie<br />

erst irgendwann<br />

in der Zukunft<br />

„später an die Reihe“<br />

käme.<br />

In den „Lehren der Commune“<br />

bringt Trotzki zum<br />

Ausdruck, dass die - seiner<br />

Meinung nach übertriebenen<br />

- rätedemokratischen<br />

Ambitionen der<br />

Commune nur Ausdruck<br />

von Passivität und Unentschlossenheit,<br />

eigentlich<br />

ein Zeichen der Schwäche<br />

waren. Überhaupt sei Demokratie<br />

nur ein Mittel<br />

zum Zweck und nur eins<br />

unter vielen Mitteln. Das<br />

stimmt, die proletarische<br />

Demokratie ist nur Mittel<br />

zum Zweck der sozialen<br />

Revolution, aber sie ist<br />

ein unabdingbares Mittel.<br />

Ohne sie geht’s nicht. Die<br />

Volksmassen müssen sich<br />

politisch organisieren und<br />

das geht eben nur in Form<br />

der proletarischen Demokratie.<br />

Alles andere führt<br />

rasch zur Bürokratisierung<br />

und zum „Embourgeoisement“<br />

der Gesellschaft.<br />

Trotzki sagt gegen Kautsky<br />

über Marx: „Nirgends<br />

und mit keinem einzigen<br />

Worte hebt er das Prinzip<br />

der Demokratie hervor<br />

als ein Prinzip, das über<br />

dem Klassenkampf steht.“<br />

Völlig richtig, aber ohne<br />

proletarische Demokratie<br />

kann die Arbeiterklasse<br />

ihre politische Macht<br />

nicht organisieren. Trotzki<br />

vermischt die formale<br />

bürgerliche Demokratie<br />

mit der revolutionären<br />

proletarischen Demokratie.<br />

Er spricht auch immer<br />

nur von „Demokratie“<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

35


Pariser Commune<br />

36<br />

und „Demokratismus“ im<br />

allgemeinen, während es<br />

doch so ist, dass man seine<br />

Kritik am bürgerlichen<br />

parlamentarischen Demokratismus<br />

100% teilen,<br />

aber seine Unterschätzung<br />

der Bedeutung eines revolutionär-demokratischen<br />

Regimes als lebenswichtig<br />

für die Diktatur des Proletariats<br />

ablehnen muss.<br />

Was man später Stalin<br />

vorwarf und was Stalin<br />

gerade vermeiden wollte<br />

(allerdings nicht immer<br />

konnte), fi ndet man in den<br />

1920er Jahren bei Trotzki.<br />

Gegen Lenin’s „Was tun?“<br />

hatte der damals noch<br />

menschewistische Trotzki<br />

1904 geschrieben: „Zuerst<br />

tritt die Parteiorganisation<br />

an die Stelle der ganzen<br />

Partei, dann nimmt das ZK<br />

die Stelle der Organisation<br />

ein, und schließlich ersetzt<br />

ein einziger Diktator das<br />

ZK.“ Lenin kämpfte sein<br />

leben lang, insbesondere<br />

nach der Oktoberrevolution,<br />

mit aller Kraft gegen<br />

solche Erscheinungen, er<br />

wies auf Fehlentwicklungen<br />

in dieser Richtung hin,<br />

er arbeitete an der Intensi-<br />

vierung der Rätedemokratie.<br />

Demgegenüber war es<br />

aber gerade Trotzki, der<br />

nach 1917 genau den Kurs<br />

der Bürokratisierung und<br />

Militarisierung der Gesellschaft<br />

fuhr. In etlichen Passagen<br />

seiner Arbeiten über<br />

die Commune kommt das<br />

deutlich zum Ausdruck.<br />

Bei Trotzki stehen einseitig<br />

im Vordergrund nur die<br />

militärische Seite der Commune,<br />

nur der Aufstand<br />

und die revolutionäre Entschlossenheit,<br />

während ihn<br />

das, was die Commune als<br />

„endlich entdeckte Form<br />

der Diktatur des Proletariats“<br />

ausmachte, eben die<br />

rätedemokratische Selbstorganisation<br />

des Volkes,<br />

nicht so sehr interessierte.<br />

Das ändert aber natürlich<br />

nichts daran, dass die<br />

hauptsächliche Stoßrichtung<br />

der Polemik Trotzkis<br />

gegen Kautsky richtig ist,<br />

einen Kautsky, der Klassenkampf<br />

und Revolution<br />

völlig verraten hat, der<br />

die Commune unter der<br />

Fahne der bürgerlichen<br />

„Demokratie“, des Parlamentarismus,<br />

der feigen<br />

„humanistischen“ Zurückhaltung<br />

und Kompromissbereitschaft<br />

kritisiert und<br />

denunziert und frontal gegen<br />

den revolutionären,<br />

insbesondere den militärischen<br />

Kampf auftritt, dies<br />

alles gepaart mit gespieltem<br />

Bedauern und Verständnis<br />

über die Fehler<br />

und Schicksale der Commune.<br />

Kautsky hetzt in<br />

derselben Schrift, das ist ja<br />

auch ihr eigentlicher Sinn<br />

und Zweck, gegen das Sowjetsystem<br />

und versteigt<br />

sich dabei zu den absonderlichstenspießbürgerlichen<br />

Verrenkungen. Als in<br />

der Sowjetunion im Bürgerkrieg<br />

den Bourgeois<br />

zeitweilig das Wahlrecht<br />

entzogen wurde, erklärte<br />

er die Sowjets für „illegal“;<br />

sie hätten keine „legitime<br />

Vertretungsbefugnis“, da<br />

„es keine juristische Abgrenzung<br />

zwischen Proletariat<br />

und Bourgeoisie<br />

gibt“. Das ist wahr: Vom<br />

Standpunkt des bürgerlichen<br />

Wahlrechts aus kann<br />

man Bourgeoisie und Proletariat<br />

nicht unterscheiden.


Endnoten<br />

1 Kautsky: „Terrorismus und Kommunismus“ (1919)<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

2 Nach einem Wort von Mao im „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ (1927)<br />

3 Lavrov: „Die Pariser Commune vom 18.März 1871. Geschehnisse - Einfl üsse -Lehren“<br />

4 Arnould: „Histoire populaire et parlementaire de la Commune de Paris”, 3 Bände, 1878<br />

(leider nur auf französisch)<br />

5 Bakunin: „Die Commune von Paris“ (Juni 1871)<br />

6 Kropotkin: „Die Pariser Commune“ (1891)<br />

7 Darunter auch einige „vergessene“, z.B. der sehr frühe Jean Meslier (1664-1729). Von diesem Mann,<br />

atheistisch und frühkommunistisch gewordener Priester, stammt übrigens der bekannte Satz aus seinem<br />

Testament: „Ich möchte, und dies sei der letzte und sehnlichste meiner Wünsche, dass der letzte der Könige<br />

erwürgt werde mit den Gedärmen des letzten Priesters.“ Bei den Revolten und dem Generalstreik 1968 wurde<br />

das - in Frankreich allgemein sehr bekannte - Zitat aufgegriffen und man konnte auf Hausmauern in Paris<br />

lesen: „Die Menschheit wird erst frei sein, wenn der letzte Kapitalist mit den Gedärmen des letzten Staatsbürokraten<br />

erhängt worden ist.“ Das ist selbstredend nur eine historische Anekdote, nicht etwa eine prägnante<br />

Zusammenfassung revolutionär-kommunistischer Strategie und Taktik.<br />

8 W.Benjamin: „Über den Begriff der Geschichte“ (1940), These XII: „Das Subjekt historischer Erkenntnis<br />

ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst. Bei Marx tritt sie als die letzte geknechtete, als die rächende<br />

Klasse auf, die das Werk der Befreiung im Namen von Generationen Geschlagener zu Ende führt. Dieses<br />

Bewusstsein …, war der Sozialdemokratie seit jeher anstößig. Im Lauf von drei Jahrzehnten gelang es ihr, den<br />

Namen eines Blanqui fast auszulöschen, dessen Erzklang das vorige Jahrhundert erschüttert hat. Sie gefi el<br />

sich darin, der Arbeiterklasse die Rolle der Erlöserin künftiger Generationen zuzuspielen. Sie durchschnitt ihr<br />

damit die Sehne des besten Kraft. Die Klasse verlernte in dieser Schule gleich sehr den Hass wie den Opferwillen.<br />

Denn beide nähren sich am Bild der geknechteten Vorfahren, nicht am Ideal der befreiten Enkel.“<br />

9 Trotzki: „Terrorismus und Kommunismus. Anti-Kautsky“ (1920), „Die Lehren der Commune“ (1921)<br />

37


Pariser Commune<br />

38<br />

Lehren der Commune<br />

und die Frage der Staatsmacht heute<br />

Ich möchte einleitend zur<br />

Schlussdiskussion, bevor<br />

ich die wichtigsten offen<br />

gebliebenen Themen noch<br />

einmal in Erinnerung rufe,<br />

kurz Stellung nehmen zu<br />

ein paar Punkten, die mir<br />

besonders wichtig vorkommen.<br />

Das erste ist die Frage:<br />

Was ist eine proletarische<br />

Revolution aus heutiger<br />

Sicht?<br />

Unserer Meinung nach ist<br />

das eine vollständige gesellschaftliche<br />

Umwälzung<br />

im politischen, wirtschaftlichen<br />

und kulturellen Bereich,<br />

die unter Führung<br />

des organisierten Proletariats<br />

stattfi ndet. Es ist ein<br />

permanenter revolutionärer<br />

Prozess über mehrere<br />

Jahrzehnte, der mit<br />

einem bewaffneten Aufstand<br />

und der politischen<br />

Machtergreifung durch<br />

die bewusstesten Teile der<br />

Arbeiter/innenklasse eingeleitet<br />

wird.<br />

Auf politischer Ebene wird<br />

die Diktatur der Bourgeoisie<br />

gestürzt und die Diktatur<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

errichtet. Im wirtschaftlichen<br />

Bereich wird<br />

das System der Profi tmaximierung<br />

durch eine Planwirtschaft<br />

zur Befriedigung<br />

der wachsenden Bedürfnisse<br />

der Volksmassen<br />

ersetzt – Voraussetzung<br />

dafür ist die Enteignung<br />

und Vergesellschaftung<br />

der Produktionsmittel. Im<br />

kulturellen Bereich wird<br />

die bürgerliche, frauendiskriminierende,nationalistische<br />

und religiös-obskurantistische<br />

Kultur durch<br />

eine auf dem dialektischen<br />

Materialismus basierende<br />

und dem Volk dienende<br />

Kultur abgelöst.<br />

In allen drei Bereichen müssen<br />

von der neuen proletarischen<br />

Staatsmacht die<br />

ersten Schritte rasch gesetzt<br />

werden. Aber damit<br />

ist die soziale Revolution<br />

keineswegs abgeschlossen.<br />

Sie muss in revolutionären<br />

Kampagnen unter Einbeziehung<br />

der Volksmassen<br />

fortgeführt werden; sonst<br />

droht ein Erlahmen der<br />

revolutionären Bewegung<br />

und eine schrittweise oder<br />

rasche Rückkehr zum Kapitalismus.<br />

Das sind auch<br />

unsere Erfahrungen aus<br />

den Niederlagen der ersten<br />

Welle der sozialistischen<br />

Revolutionen im 20.<br />

Jahrhundert.<br />

Das zweite worauf ich kurz<br />

eingehen möchte sind:<br />

Die Bedingungen für eine<br />

proletarische Revolution<br />

Eine Grundvoraussetzung<br />

für eine proletarische Revolution<br />

in einem imperialistischen<br />

Land ist eine<br />

revolutionäre Krise, in<br />

der die Kapitalistenklasse<br />

nicht mehr so weiter herrschen<br />

kann wie bisher und<br />

die Arbeiter/innenklasse<br />

und die unterdrückten<br />

Volksmassen nicht mehr so<br />

weiter leben möchten wie<br />

bisher.<br />

Damit daraus auch eine<br />

Revolution wird, ist nach<br />

Lenin folgendes notwendig:<br />

„Erstens, dass die Mehrheit<br />

der Arbeiter (oder jedenfalls<br />

die Mehrheit der<br />

klassenbewussten, den-<br />

Einleitung zur Diskussion<br />

kenden, politisch aktiven<br />

Arbeiter) die Notwendigkeit<br />

des Umsturz völlig<br />

begreift und bereit ist,<br />

seinetwegen in den Tod zu<br />

gehen;<br />

zweitens, dass die herrschenden<br />

Klassen eine<br />

Regierungskrise durchmachen,<br />

die sogar die rückständigsten<br />

Massen in die<br />

Politik hineinzieht (das<br />

Merkmal einer jeden wirklichen<br />

Revolution ist die<br />

schnelle Verzehnfachung,<br />

ja Verhundertfachung der<br />

Zahl der zum politischen<br />

Kampf fähigen Vertreter<br />

der werktätigen und ausgebeuteten<br />

Masse, die bis<br />

dahin apathisch war), die<br />

Regierung kraftlos macht<br />

und es den Revolutionären<br />

ermöglicht, diese Regierung<br />

schnell zu stürzen.“<br />

(Lenin, „Linker Radikalismus“,<br />

LW 31, S.71f.)<br />

Notwendig ist dazu jedenfalls<br />

eine gut organisierte<br />

und in allen Teilen der Arbeiter/innenklasseverankerterevolutionär-kommunistische<br />

Kampfpartei,<br />

die durch ihre Aktivitäten<br />

die politische Krise verschärft,<br />

indem sie den Unmut<br />

und die Revolutionierung<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

und unterdrückten<br />

Volksmassen vorantreibt.<br />

Dazu muss die revolutionäre<br />

kommunistische Kampfpartei<br />

in der Lage sein, den<br />

wissenschaftlichen Kommunismus<br />

verstehen und<br />

weiterentwickeln, um die<br />

revolutionäre Bewegung<br />

ideologisch und praktisch<br />

anleiten zu können.


Für die Orientierung in der<br />

heutigen Situation möchte<br />

ich noch folgendes in die<br />

Diskussion werfen:<br />

Es wird viel von Gegenmacht<br />

geredet, aber was<br />

bedeutet das? Die meisten<br />

verstehen darunter<br />

eine organisierte Opposition<br />

gegen die Regierung,<br />

die die Rolle eines politischen<br />

Korrekturorgans zur<br />

Durchsetzung bestimmter<br />

Interessen der Volksmassen<br />

spielt. Sehr oft ist einfach<br />

so etwas wie eine radikale<br />

Bürgerinitiative damit gemeint,<br />

die sozialpolitische<br />

Interessen durchsetzen<br />

soll. Diese Vorstellung ist<br />

durchaus kompatibel mit<br />

dem System der Sozialpartnerschaft,<br />

man könnte<br />

es auch als zivilgesellschaftliche<br />

Variante der<br />

Sozialpartnerschaft bezeichnen.<br />

Das bestehende<br />

System wird nicht in Frage<br />

gestellt, sondern es geht<br />

um seine Verbesserung<br />

im Sinn der Interessen der<br />

Arbeiter/innen und Volksmassen.<br />

Wenn wir von<br />

Gegenmacht oder Aufbau<br />

von Gegenmachtorganen<br />

sprechen meinen wir etwas<br />

anderes, nämlich den<br />

Aufbau von Organen, die<br />

den bürgerlichen Staat<br />

in Frage stellen – sowohl<br />

hinsichtlich der Verwaltungs-<br />

und Entscheidungsbefugnisse<br />

als noch viel<br />

mehr im Sinn des von ihm<br />

beanspruchten Gewaltmonopols.<br />

Viele fortschrittliche Menschen<br />

verzweifeln heute<br />

an der scheinbar uner-<br />

schütterlichen Allmacht<br />

des bürgerlichen Staates.<br />

Als Folge davon beschränken<br />

sie sich von vornherein<br />

auf Teilforderungen, au<br />

Verbesserungen im Kleinen.<br />

Tatsächlich erscheint<br />

der Unterdrückerstaat nur<br />

so allmächtig, weil wir so<br />

schwach sind und viel zu<br />

wenig daran arbeiten,<br />

wirkliche Stärke aufzubauen<br />

– ideologisch, politisch<br />

und dann auch militärisch<br />

– im Sinn einer wirklichen<br />

Gegenmacht. Weil wir uns<br />

zu wenig darauf konzentrieren,<br />

wie das ganze kapitalistische<br />

System gekippt<br />

werden kann.<br />

So und jetzt möchte ich<br />

die Diskussion eröffnen.<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

39


Pariser Commune<br />

40<br />

... die Gesetze seien künftig nicht beachtet,<br />

in Erwägung dass wir nicht mehr Knecht sein woll ´ n!<br />

Flugblatt der IA*RKP vom 1. März 2011<br />

Die Bourgeoisie befi ndet<br />

sich derzeit in der Offensive<br />

gegenüber der Arbeiter/innenklasse<br />

und den<br />

Volksmassen. Auch wenn<br />

sie, wenn auch freilich<br />

nicht in großen Sprüngen<br />

sondern schön langsam,<br />

aus der die letzten Jahre<br />

prägenden Weltwirtschafts<br />

krise herauskommt,<br />

versucht sie natürlich alles,<br />

die Lasten dieser Krise weiterhin<br />

auf die Ausgebeuteten<br />

abzuladen und das<br />

mit weiteren Vorstößen<br />

zu verknüpfen. In der Tat,<br />

die Ent wicklung im Abbau<br />

der wirtschaftlichen und<br />

demokratischen Rechte<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

beschleunigt sich, die<br />

Ausplünderung der Volksmassen<br />

in den Neokolonien<br />

wird durch die Imperialisten<br />

an allerlei Fronten<br />

verschärft. Zwischen den<br />

imperialistischen Staaten,<br />

verschärft sich die Konkurrenz<br />

um Vormachtstellungen<br />

in den Regio nen des<br />

Trikonts (Afrika, Asien und<br />

Lateinameri ka) und anderer<br />

unter dem Stiefel des<br />

Imperialis mus stehender<br />

Weltgegenden (wie z.B.<br />

Balkan/ Ost europa). Diese<br />

Entwicklung lässt das Kapital<br />

zu immer kühneren,<br />

weitergehenden Aktionen<br />

und Mitteln greifen, bis<br />

hin zum letzten Weg die<br />

Wi der sprüche untereinander<br />

zu lösen: Krieg, imperialistischer<br />

Krieg. Sehen<br />

wir uns die Entwicklung<br />

der EU, Russlands, der USA<br />

und teilweise wohl auch<br />

Chinas an, so treten die<br />

massiven Widersprü che<br />

unter ihnen, auch wenn sie<br />

immer wieder zeit weilige<br />

Bündnisse und Abkommen<br />

untereinan der schließen,<br />

recht klar zu Tage. Es<br />

ist somit alles an dere als<br />

vermessen, die steigende<br />

Kriegsgefahr klar zu benennen.<br />

Für die Arbeiter/innenklasse<br />

stellt sich dieser Situa tion<br />

gegenüber die Frage: Was<br />

tun? Wie können wir der<br />

Ausbeutungsoffensive des<br />

Kapitals, der steigenden<br />

Kriegsgefahr, dem Imperialismus<br />

ent gegentreten?<br />

Auf was sollten wir unsere<br />

Kämpfe ausrichten, und<br />

wie diese überhaupt anpacken?<br />

Lauter gute Fragen.<br />

Die Arbeiter/innenklasse<br />

hat dabei schon eine lange<br />

Geschichte der Kämpfe,<br />

Sie ge und Niederlagen,<br />

und bei Fragestellungen<br />

solcher Art, empfi ehlt es<br />

sich immer wieder, einen<br />

Schritt zurückzutreten und<br />

die Erfahrungen unserer<br />

Vorkämpfer/innen genau<br />

zu studieren. Nicht um zu<br />

einem Historikerclub zu<br />

werden oder aus Freu de<br />

an der schönen Schrift,<br />

sondern schlicht deshalb,<br />

weil schon vieles im<br />

Kampf errungen wurde,<br />

was auch für unsere heutigen<br />

Klassenausein andersetzungen<br />

wichtig ist zu<br />

verstehen und zu kennen<br />

– und so wie das Rad kein<br />

zweites Mal erfunden werden<br />

muss, wohl aber entwickelt<br />

werden kann (es<br />

z.B. stabiler machen), verhält<br />

es sich auch mit den<br />

Kämpfen des Proletariats;<br />

auch hier gilt, dass wir im<br />

Sinne einer Entwicklung,<br />

die nur möglich ist, wenn<br />

wir den Gegenstand der<br />

Entwicklung auch kennen,<br />

an bisher gemachte<br />

Erfahrungen an knüpfen<br />

sollten.<br />

Einer der ganz großen<br />

Punkte, ist dabei die Pari-<br />

ser Commune, erste Diktatur<br />

des Proletariats, vor 140<br />

Jahren. Die Gute mag alt<br />

sein, sicherlich, doch steckt<br />

sie so sehr voller grundsätzlicher,<br />

wegwei sen der<br />

Lehren, dass es für das<br />

revolutionäre Pro letariat<br />

ganz und gar zwingend<br />

notwendig ist, sich mit ihr<br />

auseinanderzusetzen und<br />

das positive Erbe der Commune<br />

in seine heutigen<br />

Kämpfe aufzuneh men! Es<br />

geht dabei nicht nur darum,<br />

anhand eines praktischen<br />

Beispiels zu sehen,<br />

zu welchen großen Taten<br />

die kämpfende Arbeiter/innenklasse<br />

fähig ist,<br />

sondern auch darum die<br />

Lehren für die höchste poli<br />

tische Organisationsform<br />

des Proletariats im Klassenkampf<br />

zu ziehen: die<br />

Kommunistische Par tei.<br />

„Der sozialdemokratische<br />

Philister ist neuerdings<br />

wieder in heilsamen<br />

Schrecken geraten bei<br />

dem Wort: Diktatur des<br />

Proletariats. Nun gut meine<br />

Herren, wollt ihr wissen<br />

wie diese Diktatur aussieht?<br />

Seht euch die Pariser<br />

Kommune an. Das war<br />

die Diktatur des Proletariats“<br />

(Friedrich Engels)<br />

Während des deutschfranzösischen<br />

Krieges im<br />

19. Jahrhundert (ab Juli<br />

1870), schufen sich die Pariser<br />

ArbeiterInnen ihre<br />

eigenen bewaffneten<br />

Formatio nen, Nationalgarde<br />

genannt. Die herrschende<br />

Klas se, die Bourgeoisie,<br />

sah sich davon<br />

bedroht, doch aufgrund<br />

des Umstands, dass sie einerseits<br />

mit Deutschland<br />

im Krieg lag, und andererseits<br />

die Natio nalgarde


300.000 Prole tarier/innen<br />

unter Waffen umfasste, sah<br />

sie für sich nicht den nötigen<br />

Handlungsspielraum,<br />

um der Nationalgarde offen<br />

entgegenzutreten. Die<br />

Bourgeoisie war sich da rüber<br />

klar, dass dieses ArbeiterInnenheer<br />

im eigenen<br />

Hinterland eine Gefahr<br />

darstellte, gleichzeitig aber<br />

auch darüber, dass eine offene<br />

Konfrontation zur Eskalation<br />

führen würde. Um<br />

in dieser Situation die Zügel<br />

in der Hand zu behalten<br />

und die Natio nal garde für<br />

größere Kampfeinsätze unfähig<br />

zu machen, beschloss<br />

sie, ihr durch Agenten<br />

zumin dest die Geschütze zu<br />

stehlen. Die Agenten der<br />

Bour geoisie wurden jedoch<br />

entdeckt, der Versuch scheiterte<br />

und für die ArbeiterInnen<br />

in der Natio nal garde<br />

war nun endgültig klar,<br />

dass sie sich von der „eigenen“<br />

Bourgeoisie nichts zu<br />

erwarten brau che.<br />

Die Empörung war groß<br />

und heizte die ohnehin<br />

schon aufgeladene (und<br />

von mehreren vorgegangenen<br />

Emeuten und Aufständen<br />

gekennzeichnete)<br />

Stimmung weiter an – die<br />

bewaffneten Arbeiter/innen<br />

wagten den Aufstand<br />

und fegten die Herr schenden<br />

am 18. März 1871, vor<br />

140 Jahren, aus Paris hinaus.<br />

Während die Bourgeoisie<br />

aus Paris hinaus gejagt<br />

wurde, übernahmen schon<br />

die Arbei ter/innen selbst<br />

die Macht; in einer historischen<br />

Pioniertat schufen sie<br />

als erstes eine Regie rungsform<br />

der unumschränkten<br />

Herrschaft der Arbeiter/innenklasse,<br />

die als „Diktatur<br />

des Proleta riats“ bezeichnet<br />

wird.<br />

Manch eineR mag bei dem<br />

Wort Diktatur in „heilsamen<br />

Schrecken“ geraten,<br />

doch sehen wir uns diese<br />

Diktatur des Proletariats<br />

an, so erkennen wir rasch,<br />

dass es sich um die Diktatur<br />

über die Ver hält nisse der<br />

kapitalistischen Ausbeutung<br />

der Mas sen handelt<br />

– es sich aber viel mehr um<br />

eine Form der Organisation<br />

handelt, die dazu bestimmt<br />

ist, die Befreiung der Arbeiter/innenklasse<br />

und ihrer<br />

Bündnispartner voranzutreiben<br />

und den Weg zu<br />

einer klassen- und staatenlosen<br />

Gesellschaft zu ebenen.<br />

Die ersten, umgehend<br />

getroffenen Maß nahmen<br />

der Commune, waren in<br />

der bisherigen Geschichte<br />

beispiellos: Sie beschloss die<br />

jeder zeitige Abwählbarkeit<br />

von politischen Repräsentanten,<br />

Beamten,… wenn<br />

diese über ihre Tätigkeit<br />

nicht immer Rechenschaft<br />

im Sinne des Proleta riats<br />

ablegen können. Bürgerliche<br />

Gerichte wurden durch<br />

Volksgerichte ersetzt, in denen<br />

das Prole ta riat selbst<br />

Recht sprach. Der Lohn von<br />

Abgeord ne ten durfte den<br />

eines durchschnittlich qualifi<br />

zierten Arbeiters nicht<br />

übersteigen, das stehende<br />

Heer der Bourgeoisie wurde<br />

aufgelöst und durch<br />

allgemeine Volksbewaffnung<br />

ersetzt – ein Schritt<br />

der deutlich zeigt, dass die<br />

Commune die Herrschaft<br />

der Arbeiter/innenklasse<br />

selbst war und sich deshalb<br />

nicht davor zu fürchten<br />

brauchte, dass das Volk<br />

von Paris nun bewaffnet<br />

war. Diese und viele andere<br />

Maßnahmen brachten<br />

der Pariser Commune viel<br />

Ansehen im internationalen<br />

Proletariat und eine<br />

feste Verankerung in Paris<br />

selbst. Dennoch dauerte<br />

sie nur 72 Tage (!) an. Die<br />

Maßnahmen der Com mune<br />

mögen zwar, bedenkt man<br />

die kurze Zeit die sie hatte,<br />

in diesem Kontext noch viel<br />

beeindru cken der wirken,<br />

doch um tat sächlich Lehren<br />

zie hen zu können, müssen<br />

wir auch danach fragen,<br />

warum sie nur so kurz Bestand<br />

hatte?!<br />

„Die Waffe der Kritik kann<br />

allerdings die Kritik der<br />

Waffen nicht ersetzen, die<br />

materielle Gewalt muss<br />

gestürzt werden durch materielle<br />

Gewalt, allein auch<br />

die Theorie wird zur materiellen<br />

Ge walt, sobald sie<br />

die Massen ergreift (…)“<br />

(Karl Marx)<br />

Erstens hatte die Commune<br />

keine geeinte proleta rischrevolutionäre<br />

Führung. In<br />

der Nationalver samm lung<br />

(dem Ersatz des Parlaments)<br />

saßen ne ben konsequenten<br />

Revolutionär/innen auch<br />

viele Vertreter verschiedener<br />

kleinbürgerlicher Strömun<br />

gen und Gruppen. Sie<br />

sabotierten teilweise offen<br />

die Beschlüsse der Com mune<br />

und gaben Manifeste<br />

heraus, in denen sie die<br />

revolutionäre Linie angriffen.<br />

So ermöglichten diese<br />

Strömungen innerhalb<br />

der Commune es den offenen<br />

bürgerlichen Kräften<br />

außerhalb von Paris, die<br />

Schwächen der Com mune<br />

in ihrem Sinne auszunutzen<br />

und Macht der Ar beiterInnen<br />

niederzuschlagen.<br />

Das Fehlen einer wirk lichen<br />

Kom mu nistischen Partei<br />

und der falsch geführte<br />

Linien kampf innerhalb der<br />

Commune sind bittere Lehren,<br />

die jede revolutionäre<br />

Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />

41


Pariser Commune<br />

42<br />

Organisation heute genau<br />

studieren muss, denn sie<br />

berühren durch wegs den<br />

Lebensnerv der proletarischen<br />

Macht.<br />

Zweitens hatten kleinbürgerliche<br />

Vorstellungen in<br />

der Commune so weitgehenden<br />

Einfl uss, dass das<br />

die notwendige Allseitigkeit<br />

der Diktatur über die<br />

Bourgeoisie untergrub<br />

und verhinderte. Die Vertre<br />

ter der kleinbürgerlichen<br />

Linie begriffen nicht,<br />

dass es nicht damit getan<br />

sein konnte, die alten<br />

Herrscher einfach fortzujagen<br />

und Paris zu neh men,<br />

sondern dass der bewaffnete<br />

Aufstand des Proletariats<br />

ausgeweitet werden<br />

muss, die Vertre ter der alten<br />

Ordnung niedergehalten<br />

werden müs sen und<br />

das Proletariat im Bündnis<br />

mit den Volks massen<br />

deshalb zu diktatorischen<br />

Mitteln gegen das Kapital<br />

greifen muss, um in seiner<br />

eigenen Befreiung voranzuschreiten<br />

und damit die<br />

Demo kra tie für die Massen<br />

zu verwirk lichen. Deshalb<br />

konnten sich die früheren<br />

Herrscher, Bourgeoisie<br />

und Adel, in Versailles<br />

verschanzen, neu konstituieren<br />

und mit Deutsch land<br />

die Kriegshandlungen einstellen<br />

um gemein sam auf<br />

die Pariser Com mu ne loszuschlagen.<br />

Die Lehre von der Notwendigkeit<br />

der allseitigen Diktatur<br />

über die Bourgeoisie,<br />

wurde durch die Commune<br />

mit den Strömen von Blut,<br />

die bei ihrer Niederschlagung<br />

fl ossen (über 100.000<br />

Kämpfe r/innen wurden bei<br />

der Einnahme von Paris<br />

durch die deutsch/französischen<br />

Truppen niederge-<br />

me tzelt) teuer erkauft. Die<br />

Commune bewies, dass<br />

sich das Proletariat, will es<br />

die Macht erringen, seine<br />

eigenen bewaffneten Einheiten<br />

schaffen muss.<br />

Ein dritter, wesentlicher<br />

Punkt, ist die Frage der<br />

Bündnisse, die die Revolutionäre<br />

eingehen.<br />

Ver s t and es die Commune<br />

ausgezeichnet, auch<br />

die nicht-proletarischen<br />

Schichten in Paris für sich<br />

zu gewinnen, so versagte<br />

sie in der Gewinnung der<br />

Bauernschaft außerhalb<br />

von Paris - ein Fehler, der<br />

den deutsch/französischen<br />

Truppen den Vor marsch<br />

auf Paris erleichterte und<br />

wesentlich dazu beitrug,<br />

dass die Commune auf Paris<br />

beschränkt blieb. Auch<br />

wenn die Frage des Bündnisses<br />

mit der Bau ernschaft<br />

heute in Österreich für<br />

die Revolutio när/innen<br />

weniger Relevanz besitzt<br />

als 1871 in Frankreich, so<br />

ist es doch die nicht zu<br />

unter schä tzende Frage<br />

der Bündnisse, die über Erfolg<br />

oder Misserfolg einer<br />

Revolution entscheiden<br />

kann. Ebenso kann darüber<br />

hinaus gesagt werden,<br />

dass wir heute in den imperialistischen<br />

Ländern<br />

keine Revolution zustande<br />

bringen werden, wenn<br />

wir es nicht verstehen, mit<br />

den Volkskämpfen in den<br />

aus gebeuteten, neokolonial<br />

abhängigen Ländern<br />

ein festes Bündnis einzugehen<br />

und unsere Kämpfe<br />

aufs Engste miteinander<br />

zu verbinden.<br />

Gehen wir über eine Bewunderung<br />

der Commune<br />

für ihre großartigen Pioniertaten<br />

hinaus und nehmen<br />

die notwendige Ana-<br />

lyse ihrer Schwächen und<br />

Fehler vor, so erkennen<br />

wir erst in vollem Um fang,<br />

was für ein leuchtendes<br />

Vorbild sie selbst 140 Jahre<br />

nach ihrem Bestehen<br />

ist. Die Lehren der Pariser<br />

Commune sind unentbehrliche<br />

Werkzeuge in der Frage,<br />

wie die kapitalistische<br />

Ausbeuterord nung heute<br />

zu Fall gebracht werden<br />

kann. Die Pa riser Commune<br />

ist der erste rote Stern<br />

in einer Rei he, die durch<br />

die sozialistische Oktoberrevolution<br />

in Russland und<br />

die Große Proletarische<br />

Kultur revo lution in China<br />

weitergeführt wurde.<br />

Auf die sen drei praktischen<br />

Ereignissen und den<br />

dazuge hörigen Theorien<br />

ruht heute das Verständnis<br />

eines proletarischen,<br />

revolu tio nären Kommunismus<br />

– ohne die Lehren<br />

dieser drei Ereignisse,<br />

ohne sie voll und ganz in<br />

die eige ne politische Linie<br />

aufzu nehmen, werden<br />

wir nicht dazu in der Lage<br />

sein, den Kapitalismus zu<br />

zer schlagen, die Diktatur<br />

des Proletariats zu er richten<br />

und den Weg zu einer<br />

klassen- und staaten losen<br />

Gesellschaft, dem Kommunismus,<br />

zu beschreiten.<br />

„Das Paris der Arbeiter,<br />

mit seiner Kommune, wird<br />

ewig gefeiert werden als<br />

der ruhmvolle Vor b ote<br />

einer neuen Gesellschaft.<br />

Seine Märtyrer sind eingeschreint<br />

in dem großen<br />

Herzen der Ar be i terklasse.<br />

Seine Vertilger hat die Geschichte<br />

schon jetzt an den<br />

Schandpfahl genagelt,<br />

von dem sie zu erlösen<br />

alle Gebete ihrer Pfaffen<br />

ohn mächtig sind“<br />

(Karl Marx, Bürgerkrieg in<br />

Frankreich)


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