PR 46 PariserCommune
PR 46 PariserCommune
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Proletarische<br />
Nr.<strong>46</strong><br />
unabhängig<br />
von Staat und Kapital<br />
Revolution<br />
im 141. Jahr<br />
der Pariser Kommune revolutionär-kommunistische Zeitung in Österreich<br />
11. Jg.<br />
Proletarier/innen aller Länder, vereinigt euch!<br />
Juli 2011 Spendenempfehlung: Euro 2,-<br />
140. Jahrestag der Pariser Commune<br />
Referate der Offenen Schulung der IA*RKP<br />
März 2011
Inhalt<br />
Einleitung und Programm<br />
Die Pariser Commune 18. 3. bis 28. 5. 1871:<br />
Historischer Ablauf der Ereignisse<br />
Lehren der Commune<br />
Zur Haltung verschiedener politischer Strömungen<br />
in und gegenüber der Pariser Commune<br />
1. Opportunisten/Revisionisten/ Kautskyaner<br />
2. Anarchisten (Bakunin und Kropotkin)<br />
3. Blanqui und die Blanquisten<br />
4. Trotzki<br />
Einleitung zur Diskussion<br />
... die Gesetze seien künftig nicht beachtet...<br />
Flugblatt vom März 2011<br />
3<br />
4<br />
12<br />
18<br />
38<br />
40
Ich begrüße euch zum<br />
„Tag der Pariser Commune“.<br />
Die IA*RKP hat diese<br />
Veranstaltung zum 140.<br />
Jahrestag organisiert, weil<br />
die Pariser Commune der<br />
erste erfolgreiche Aufstand<br />
von Arbeiter/innen<br />
war, der zur politischen<br />
Machtergreifung geführt<br />
hat, zur Diktatur des Proletariats,<br />
wie der wissenschaftliche<br />
Begriff heißt,<br />
im Gegensatz zur Diktatur<br />
der Bourgeoisie, unter der<br />
wir heute weltweit leiden.<br />
Die Pariser Commune 1871<br />
ist für Revolutionäre Kom-<br />
munist/innen der erste der<br />
drei roten Leitsterne, auf<br />
die wir uns beziehen, sie<br />
dient uns als Vorbild und<br />
wir lernen aus deren Erfahrungen<br />
– auch aus ihren<br />
Fehlern. Die beiden anderen<br />
herausragenden Ereignisse<br />
in der Geschichte der<br />
internationalen Arbeiter/<br />
innenbewegung sind die<br />
Oktoberrevolution in Russland<br />
1917 und die Kulturrevolution<br />
in China 1966.<br />
Jede der nachfolgenden<br />
Erhebungen hat direkt auf<br />
die historischen Erfahrungen<br />
der Pariser Commune<br />
Offene Schulung 26.3.2011<br />
140 Jahre Pariser Commune<br />
Einleitung und Programm<br />
10:00 – 11:00 Historischer Ablauf und Hintergrund<br />
Pause 30 Min.<br />
11:30 – 13:00 Erfahrungen und Lehren: Staat und Revolution<br />
Pause 60 Min.<br />
14:00 – 15:00 Einschätzung durch verschiedene Strömungen<br />
Pause 30 Min.<br />
15:30 – 17:00 Lehren der Commune für heute (Diskussion)<br />
zurückgegriffen und darauf<br />
aufgebaut.<br />
...<br />
Der letzte Block ist vor<br />
allem für die Diskussion<br />
vorgesehen. Dort sollen<br />
eventuell auch Themen<br />
noch einmal aufgegriffen<br />
werden, die aus Zeitmangel<br />
bei den anderen Blöcken<br />
zu kurz gekommen<br />
sind. Der letzte Block soll<br />
allerdings unsere Aufgaben<br />
heute behandeln und<br />
nicht irgendwelche historischen<br />
Spezialdebatten.<br />
Programmablauf<br />
Proletarische Revolution 43<br />
3
Pariser Commune<br />
4<br />
Historischer Ablauf der Ereignisse<br />
Die ökonomisch-soziale<br />
Ausgangslage Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts<br />
(1850-60er Jahre)<br />
Die Niederlage der Revolution<br />
von 1848 ermöglicht<br />
der Bourgeoisie eine<br />
hemmungslose Reaktion<br />
als Mittel zum sozialen<br />
Zweck ihrer Herrschaft: in<br />
Westeuropa wird ein beispielloser<br />
Aufschwung der<br />
Profi tmacherei und eine<br />
drastische Beschleunigung<br />
der kapitalistischen Ausbeutung<br />
erreicht, nicht<br />
nur in England und Frankreich,<br />
den für die kapitalistische<br />
Produktionsweise<br />
fortgeschrittensten Ländern;<br />
Kapital dringt auch<br />
in die rückständigeren<br />
Länder ein, zerschlägt die<br />
vorkapitalistischen Produktionsverhältnisse,ruiniert<br />
Massen von Bauern<br />
und des städtischen Kleinbürgertums<br />
und schafft<br />
damit sowohl die Basis für<br />
die Ausbreitung der kapitalistischen<br />
Industrie als<br />
auch für das beschleunigte<br />
Entstehen einer Arbeiter/<br />
innenklasse.<br />
In dieser Konkurrenzschlacht<br />
ist England der<br />
Vorreiter, es überfl ügelt<br />
um 1850 alle anderen und<br />
übt eine unbestrittene<br />
Vormachtstellung unter<br />
den kapitalistischen Ländern<br />
aus.<br />
Ab 1850 jedoch holt Frankreich<br />
massiv auf: das sogenannte<br />
Zweite Kaiserreich<br />
1852-1870 steht für eine<br />
Phase ununterbrochenen<br />
kapitalistischen Wachstums.<br />
Die Zahlen belegen<br />
dies eindringlich:<br />
die Steinkohleförderung<br />
steigt innerhalb von nur 10<br />
Die Pariser Commune 18. 3. bis 28. 5. 1871:<br />
Jahren von 4,9 Mio. t (1852)<br />
auf 10,3 Mio. t (1862), die<br />
Gusseisengewinnung von<br />
522.000 t (1862) auf 1,1<br />
Mio. t (1862).<br />
Das französische Eisenbahnnetz<br />
umfasst 1840<br />
1.832 km; 20 Jahre später<br />
(1860) ist es auf das Fünffache<br />
angestiegen (9.439<br />
km). Gibt es 1840 3.200<br />
Betriebe mit Dampfantrieb,<br />
sind es 12 Jahre später<br />
doppelt so viele (6.500)<br />
und weitere 10 Jahre später<br />
(1862) bereits 15.000.<br />
In einer Zeitspanne von<br />
18 Jahren (1851 – 1869)<br />
kommt es zu einer Verdoppelung<br />
des Nationalvermögens<br />
von 82 auf 162<br />
Mrd. Francs.<br />
Während in den 1860-70er<br />
Jahren in Frankreich somit<br />
eine stark steigende<br />
Zahl von Lohnarbeitern<br />
entsteht, fehlt es dieser<br />
Arbeiter/innenklasse aber<br />
noch an wirklich großen<br />
Kadern von Industrieproletariat:<br />
in Paris beträgt<br />
zunächst die Gesamtzahl<br />
der Industriearbeiter nur<br />
442.000, davon nicht mehr<br />
als 50.000 in der Großindustrie,<br />
im Transport- und<br />
Verkehrswesen; viele der<br />
neuen Lohnarbeiter kommen<br />
aus dem Kleinbürgertum<br />
ideologisch und sozial<br />
nahestehenden Schichten<br />
(siehe weiter unten zum<br />
Stichwort “Proudhonismus“).<br />
Auf der anderen Seite ist<br />
die Großbourgeoisie mit<br />
dem napoleonischen Regime<br />
des Zweiten Kaiserreichs<br />
eng verfl ochten; es<br />
entwickelt sich ein breit<br />
angelegtes Börsenwesen<br />
und Spekulantentum, die<br />
Korruption blüht in ungekanntem<br />
Ausmaß auf und<br />
es konzentrieren sich ungeheure<br />
Kapitalien in den<br />
Händen von immer weniger<br />
Kapitalisten. Folge<br />
dieser verschärften kapitalistischen<br />
Akkumulation<br />
ist die Herausbildung der<br />
Klassenbasis einer zukünftigen<br />
imperialistischen Finanzbourgeoisie.<br />
Anfangs noch auf Bourgeoisie<br />
und Bauernschaft<br />
gestützt, verliert Napoleon<br />
III im Laufe der 1860er<br />
Jahre zunehmend die<br />
Unterstützung auch der<br />
mittleren und industriellen<br />
Bourgeoisie. Zusätzlich<br />
verschärfen sich die<br />
Widersprüche, da eine<br />
massive Steuerlast auf die<br />
Volksmassen abgewälzt<br />
wird, um die enormen Lasten<br />
der zahlreichen Kriege<br />
zu decken, die allesamt<br />
mit Niederlagen geendet<br />
haben. Eine immer krasser<br />
sich gebärdende Bestechlichkeit<br />
des Beamtenapparats<br />
tut ein Übriges, so<br />
dass trotz massiver Repression<br />
oppositionelle und republikanische<br />
Strömungen<br />
immer stärker werden. Das<br />
Ende des Regimes zeichnet<br />
sich 1869 immer klarer ab.<br />
Die politisch-ideologische<br />
Ausgangslage vor<br />
der Pariser Kommune<br />
Das politische Regime des<br />
Zweiten Kaiserreichs heißt<br />
für Arbeiter/innenklasse<br />
und Volksmassen schwärzeste<br />
Reaktion, die Herrschaft<br />
einer Militärclique.<br />
Bürokratie und Geistlichkeit<br />
herrschen uneingeschränkt.
Das Schulwesen ist gänzlich<br />
der Kirche ausgeliefert,<br />
die Presse steht unter<br />
strenger Zensur; Arbeiterstreiks<br />
und –koalitionen<br />
werden mit standrechtlicher<br />
Erschießung beantwortet.<br />
Die sogenannten<br />
„Wahlen zur gesetzgebenden<br />
Versammlung“,<br />
ein Scheinparlament, fi nden<br />
unter massiver Unterdrückung<br />
oppositioneller<br />
Strömungen und mithilfe<br />
„gekaufter“ Stimmabgaben<br />
statt. Trotz all dieser<br />
Machinationen tauchen<br />
1869 bei diesen „Farce“-<br />
Wahlen 3,5 Mio. Stimmen<br />
gegen die Regierung auf,<br />
bei 4,5 Mio. Stimmen „dafür“;<br />
das Ende des Kaiserreichs<br />
scheint unausweichlich.<br />
Die ideologische Situation<br />
ist allerdings verworren.<br />
Die Niederlage der Revolution<br />
von 1848 hat insbesondere<br />
in Frankreich dem<br />
Proletariat schwere Schläge<br />
zugefügt und seine Unterwerfung<br />
unter schärfste<br />
Reaktion zur Folge. Die<br />
tiefgreifende politische<br />
Desorientierung des Proletariats<br />
fi ndet ihren Ausdruck<br />
in der kleinbürgerlichen,<br />
dem Privateigentum<br />
verschriebenen Lehre von<br />
Proudhon, sie wird zur<br />
verbreiteten ideologischen<br />
Strömung. Erst die scharfe<br />
klassenkämpferische Auseinandersetzung<br />
damit,<br />
wie sie am III. Kongress<br />
der I. Internationale 1868<br />
in Brüssel stattfi ndet, hilft<br />
der französischen Arbeiter/innenklasse,<br />
sich von<br />
dieser das Privateigentum<br />
schützenden Ideologie<br />
wieder zu entfernen.<br />
Im Proudhonismus drückt<br />
sich einerseits die soziale<br />
Herkunft eines beträchtlichen<br />
Teils der Arbeiter/innenklasse<br />
aus, d.h. sie entstammt<br />
der immer weiter<br />
zunehmenden Masse von<br />
dem Ruin preisgegebenen<br />
Handwerkern, die ihre<br />
wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />
wiedererlangen<br />
wollen, daher ist ihr Ziel<br />
und soziales Ideal die aus<br />
Kleinbesitzern als selbständige<br />
Warenproduzenten<br />
bestehende Gesellschaft,<br />
die von den „Übeln“ des<br />
Kapitalismus nicht betroffen<br />
ist. Nicht verwunderlich<br />
also, dass gesellschaftliches<br />
Staatseigentum an<br />
Produktionsmitteln für<br />
Proudhon eine „Tyrannei“<br />
darstellt, der Kommunismus<br />
für ihn eine „Sklavengesellschaft“.<br />
Was er dagegen<br />
fordert, sind Kleinkredite<br />
und „Volksbanken“,<br />
die Schaffung eines „nationalen<br />
Kreditsystems“<br />
(so u.a. auch nachzulesen<br />
im Forderungskatalog der<br />
proudhonistisch geprägten<br />
Resolution des 2.Kongresses<br />
der Internationale,<br />
1867 in Lausanne).<br />
Dass sich so große Teile<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
dieser Ideologie des Kleinbürgertums<br />
anschließen,<br />
ist neben den Wirkungen<br />
der brutalen Reaktion<br />
und der Auslöschung vieler<br />
bewusster Elemente<br />
mit Kampferfahrung im<br />
Klassenkampf seit 1848<br />
aber im besonderen auch<br />
der Zersplitterung der<br />
Arbeiter/innenklasse geschuldet:<br />
zwischen dem<br />
Lohnarbeiter und dem<br />
Handwerker bestehen in<br />
wichtigen Zweigen der<br />
Industrie wie der relativ<br />
bedeutenden Produktion<br />
von Luxusgegenständen,<br />
in der Kleider- und Mö-<br />
belfabrikation, noch keine<br />
festen Scheidelinien. Hinzu<br />
kommt, dass die Bourgeoise<br />
im napoleonischen<br />
Kaiserreich mit einer Politik<br />
von „Zuckerbrot und<br />
Peitsche“ versucht, die Arbeiter/innenklasse<br />
ruhig<br />
zu halten. Auf der einen<br />
Seite wird sie mittels brutaler<br />
Reaktion und Unterdrückung<br />
niedergehalten,<br />
auf der anderen versucht<br />
die Bourgeoisie, Teile der<br />
Arbeiter/innenklasse mit<br />
kleinen materiellen Zugeständnissen<br />
zum Verzicht<br />
auf den politischen Kampf<br />
zu bestechen.<br />
Es ist letztlich die unvermeidliche<br />
Tatsache und<br />
praktische Erfahrung des<br />
hartnäckig und beständig<br />
zu führenden Klassenkampfs,<br />
die die Arbeiter/<br />
innenklasse zur Erkenntnis<br />
der Untauglichkeit der<br />
proudhonistischen Konzepte<br />
führt. Dazu trägt<br />
auch 1868 der Zusammenbruch<br />
der proudhonistischen<br />
Bank (zur „gegenseitigen<br />
Unterstützung“<br />
und vor allem zu Schutz<br />
und Förderung des Kleineigentums<br />
gegen Großindustrie<br />
und Finanzkapital)<br />
bei, der den utopischen<br />
Charakter dieses untauglichen<br />
Kampfplans gegen<br />
den Kapitalismus entlarvt.<br />
Gegen Ende der 1860er<br />
Jahre steht ein Teil der<br />
Proudhonisten, die den<br />
politischen Kampf bisher<br />
abgelehnt hatten, nicht<br />
mehr auf dem Boden des<br />
friedlichen Ökonomismus<br />
und der Verteidigung des<br />
Privateigentums.<br />
Auf der anderen Seite der<br />
politischen Strömungen<br />
steht schon seit längerem<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
5
Pariser Commune<br />
6<br />
eine Minderheit, die Blanquisten,<br />
die eine konspirative<br />
Gruppe von Revolutionären<br />
schaffen wollen.<br />
Sie sind die unversöhnlichsten<br />
Gegner des napoleonischen<br />
Kaiserreichs<br />
und planen im günstigen<br />
Augenblick einen Staatsstreich<br />
zum Sturz des Regimes<br />
und zur Errichtung<br />
einer eigenen Diktatur,<br />
befassen sich aber wenig<br />
mit sozialökonomischen<br />
Fragen und halten vor allem<br />
die Massenarbeit für<br />
weniger wichtig.<br />
Die Verschärfung des<br />
Klassenkampfes vor<br />
Ausbruch des deutschfranzösischen<br />
Kriegs<br />
(1864 -70)<br />
Mit der Gründung der I.<br />
Internationale im September<br />
1866 in Genf und<br />
insbesondere der Zurückweisung<br />
der vor allem<br />
von den französischen<br />
Vertretern vorgetragenen<br />
proudhonistischen Konzepte,<br />
wie der Forderung<br />
nach Gründung von „Gesellschaften<br />
zur gegenseitigen<br />
Hilfe“ anstelle von<br />
Gewerkschaftsorganisationen,<br />
die Streiks organisieren<br />
sollen, entwickelt sich<br />
zunehmend das internationalistische<br />
Bewusstsein<br />
der Arbeiter/innenklasse,<br />
maßgeblich aufbauend<br />
auf der „Resolution über<br />
die Gewerkschaften“ des<br />
1. Kongresses der Internationale<br />
und der von Marx<br />
dazu ausgearbeiteten Thesen.<br />
Seine Kernpunkte sind<br />
die Forderung nach Arbeitsschutzgesetzen,<br />
nach<br />
gesetzlicher Beschränkung<br />
des Arbeitstags auf 8<br />
Stunden, nach Verbot von<br />
Frauen- u. Kinderarbeit.<br />
Überall in Westeuropa, so<br />
auch in Frankreich, bilden<br />
sich nun Sektionen der Internationale.<br />
1868 führt in Paris ein großer,<br />
siegreicher Streik der<br />
Bronze-Arbeiter, mit starker<br />
Unterstützung der Internationale,<br />
zur massiven<br />
Verbreitung ihrer Ideen<br />
und Beschlüsse. Napoleonische<br />
Polizei und Gerichte<br />
zerschlagen daraufhin<br />
die Pariser Sektion der Internationale,<br />
was sie aber<br />
in der Arbeiter/innenklasse<br />
nur noch mehr verankert.<br />
Organisatorisch aber<br />
dauert es bis 1870, bis sich<br />
erneut diverse Arbeiterorganisationen<br />
zur „Pariser<br />
Föderation der Internationale”<br />
vereinigen.<br />
Die Bourgeoispresse hält<br />
sich anfangs noch mit<br />
Kritik an der Internationale<br />
zurück, aber mit den<br />
zunehmend härter werdenden<br />
Streiks und den<br />
zunehmend klassenkämpferischen<br />
Beschlüssen der<br />
Kongresse ändert sich<br />
schlagartig ihre Sprache:<br />
nun ist die Internationale<br />
eine „Mordbrennerbande“<br />
aus Leuten, denen „nichts<br />
heilig“ ist, die „Anarchie“<br />
und „Vernichtung der Zivilisation“<br />
anstreben;<br />
der 3. Kongress der I. Internationale<br />
im September<br />
1868 in Brüssel erkennt<br />
den Streik als notwendige<br />
Waffe des Klassenkampfs<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
an, auch die Proudhonisten<br />
stimmen für die Resolution!<br />
Das Hauptthema<br />
dieses Kongresses ist aber<br />
die Kriegsfrage.<br />
Die internationale Lage<br />
vor dem deutsch-französischen<br />
Krieg<br />
Die Schlacht von Königgrätz<br />
1866 besiegelt den<br />
Dauerkonfl ikt Österreichs<br />
mit Preußen um die Vorherrschaft<br />
in Deutschland<br />
durch den Sieg Preußens.<br />
Die internationale Lage<br />
ist weiter äußerst unsicher,<br />
der nächste Krieg<br />
zwischen den großen Konkurrenzmächten<br />
ist von einem<br />
Tag auf den anderen<br />
zu erwarten.<br />
Vor dem Hintergrund eines<br />
mächtigen Anwachsens<br />
der republikanischen<br />
Opposition beginnt Napoleon<br />
III am 19. Juli 1870<br />
den Krieg gegen Preußen.<br />
Seine Hoffnung ist es, damit<br />
die militärische Größe<br />
des angeschlagenen<br />
Kaiserreichs zu erweitern,<br />
anzuknüpfen an seine<br />
„frühere Größe“, so sucht<br />
er den nationalen Chauvinismus<br />
zu nutzen, um die<br />
oppositionelle Bewegung<br />
zu untergraben. Bismarck<br />
auf der Gegenseite will<br />
den Krieg ebenfalls: ein<br />
Sieg über Frankreich soll<br />
die Vollendung der Einigung<br />
Deutschlands unter<br />
preußischer Vorherrschaft<br />
bringen.<br />
2 Monate später, es folgt<br />
Niederlage auf Niederlage<br />
einer schlecht ausgerüsteten,<br />
von innerer Fäulnis<br />
und Zersetzung geprägten<br />
französischen Armee, wird<br />
in der Schlacht bei Sédan<br />
Napoleon III samt Armee<br />
eingeschlossen und muss<br />
kapitulieren. Am 4. September<br />
1870 zerfällt das<br />
Kaiserreich, es folgt die<br />
Proklamation einer bür-
gerlichen Republik, die<br />
bürgerliche Opposition<br />
bildet eine „Regierung der<br />
nationalen Verteidigung“.<br />
Arbeiter/innenklasse und<br />
Kleinbürgertum sind auf<br />
Seiten der bürgerlichen<br />
Regierung und halten<br />
die Befreiung Frankreichs<br />
von den preußischen Okkupationstruppen<br />
für die<br />
Hauptaufgabe des Tages.<br />
Dieser „patriotische Gedanke“<br />
stammt „noch<br />
aus der Zeit der Großen<br />
Französischen Revolution<br />
des 18. Jahrhunderts; er<br />
beherrschte den Geist der<br />
Sozialisten der Kommune,<br />
und Blanqui z.B., ein<br />
unzweifelhafter Revolutionär<br />
und feuriger Anhänger<br />
des Sozialismus, fand<br />
für seine Zeitung keinen<br />
passenderen Namen als<br />
den bürgerlichen Alarmruf<br />
: Das Vaterland in Gefahr!“<br />
(Lenin) „Angesichts<br />
des Feindes darf es keine<br />
Parteien und Meinungsverschiedenheiten<br />
geben“,<br />
schrieb Blanqui.<br />
19. Sept. 1870: preußische<br />
Truppen haben ihren Vormarsch<br />
fortgesetzt und belagern<br />
Paris; dort wird die<br />
Nationalgarde auf 300.000<br />
Mann verstärkt, die Arbeiter/innenklasse<br />
erhält<br />
Waffen. Das Kalkül der<br />
Bourgeoisie dabei spricht<br />
ihr General TROCHU klar<br />
aus: „Wenn in einer großen<br />
Schlacht 20.000 Mann<br />
fallen, kapituliert Paris“,<br />
sprich: hoffentlich werden<br />
sie geschlagen, denn<br />
bewaffnete proletarische<br />
Massen sind wesentlich<br />
gefährlicher als der Feind<br />
vor der Tür! So verwandelt<br />
sich die „Regierung der<br />
nationalen Verteidigung“<br />
in eine des nationalen<br />
Verrats, die geheim die<br />
Auslieferung von Paris vorbereitet.<br />
Ihre verräterische<br />
Politik geht einher mit einer<br />
Flut von Repressalien<br />
gegen die Volksmassen,<br />
die unter anderem die Requirierung/Beschlagnahmung<br />
der Lebensmittelvorräte<br />
verlangen und ihre<br />
Verteilung an die Massen<br />
auf Basis von Lebensmittelkarten.<br />
Die auf Verrat und Destruktion<br />
basierenden militärischen<br />
Niederlagen<br />
lösen am 31. Oktober 1870<br />
und 23. Jänner 1871 Aufstandsversuche<br />
der Jakobiner<br />
und Blanquisten aus,<br />
sie werden aber noch wegen<br />
Fehlens straffer Organisation<br />
niedergeschlagen.<br />
Am 28. Januar 1871 erfolgt<br />
die Kapitulation von<br />
Paris, über die Friedensbedingungen<br />
mit Preußen<br />
soll eine Nationalversammlung<br />
entscheiden. Am<br />
6. Februar 1871 werden<br />
Wahlen zu dieser Nationalversammlung<br />
abgehalten<br />
unter den Losungen: „Für<br />
den Frieden!“ oder „Für<br />
den Krieg!“ Republikaner<br />
und Sozialisten wollen<br />
sich nicht abfi nden mit der<br />
militärischen. Niederlage,<br />
sie fordern stattdessen<br />
Fortsetzung des Krieges.<br />
Daher geben die Bauern<br />
ihre Stimme den Monarchisten,<br />
die als einzige für<br />
einen Friedensschluss mit<br />
Preußen sind. Resultat der<br />
Wahl: von 740 Mitgliedern<br />
der Nationalversammlung,<br />
die übrigens nicht in Paris,<br />
sondern in Bordeaux tagt,<br />
sind 450 Monarchisten<br />
(Marx nennt sie daher die<br />
„Krautjunkerversammlung“).<br />
Die Nationalversammlung<br />
schließt Frieden mit<br />
Preußen. Der Vertrag sieht<br />
Reparationszahlungen<br />
Frankreichs an Preußen<br />
von 5 Mrd. Francs vor;<br />
Elsass-Lothringen muss<br />
an Preußen abgetreten<br />
werden. Aber nun die<br />
Hauptaufgabe der Bourgeoisie:<br />
es geht um die<br />
Niederschlagung und Entwaffnung<br />
der revolutionären<br />
Arbeiterbewegung.<br />
Dazu ist bestens geeignet<br />
die neue reaktionäre<br />
Regierung bestehend aus<br />
ihrem Chef THIERS, dem<br />
General TROCHU sowie<br />
dem Außenminister FA-<br />
VRE. Auch Gouverneur von<br />
Paris und Kommandeur<br />
der Nationalgarde werden<br />
monarchistische Generäle.<br />
Als erstes wird den Nationalgardisten<br />
der Lohn<br />
(1 ½ Francs/Tag) entzogen,<br />
die Stundung ihrer Wohnungsmiet-<br />
und Wechselschulden<br />
(während des<br />
Krieges eingeführt) wird<br />
aufgehoben, damit sind<br />
sie angesichts von Massenarbeitslosigkeit<br />
mit<br />
ihren Familien dem Ruin<br />
preisgegeben.<br />
Am 18. März 1871 kommt<br />
es zum Aufstand der Nationalgarde<br />
- der reaktionäre<br />
Monarchist und<br />
Regierungschef THIERS<br />
hat Befehl zur geheimen<br />
Überrumpelung und Beschlagnahmung<br />
der 250<br />
Geschütze der Nationalgarde<br />
gegeben, was<br />
aber vom Pariser Volk verhindert<br />
wird. Regierung<br />
und reguläre Truppen<br />
fl üchten nach Versailles,<br />
Machtergreifung durch<br />
das Zentralkomitee der<br />
Nationalgarde, das von<br />
der übergroßen Mehrzahl<br />
der Bataillone gewählt<br />
worden ist.<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
7
Pariser Commune<br />
8<br />
Die Ausgangslage der<br />
Kommune<br />
Der Aufstand vom 18. März<br />
ist spontan erfolgt; revolutionäre<br />
Organisationen<br />
sind darauf in keiner Weise<br />
vorbereitet; in der Arbeiterbewegung<br />
herrschen<br />
vielfältige grundverschiedene<br />
Anschauungen vor<br />
(Proudhon, Blanqui, Bakunin),<br />
die aber alle nicht<br />
wirklich auf die Aufgaben<br />
vorbereitet sind, vor denen<br />
die Arbeiter/innenklasse<br />
historisch nun steht.<br />
Die “Föderation der Internationale“<br />
kann sich noch<br />
nicht entschließen, sich in<br />
die Ereignisse einzumischen.<br />
Das ZK der Nationalgarde,<br />
in seiner Zusammensetzung<br />
proletarisch<br />
und sozialistisch, will die<br />
Macht nicht bei sich behalten,<br />
sondern möglichst<br />
zügig über „Wahlen zur<br />
Kommune“ die Verantwortung,<br />
d.h. alle Macht<br />
abgeben an ein „wirklich<br />
demokratisches“ Organ,<br />
das die gesamte Bevölkerung<br />
repräsentieren soll.<br />
Nach den Wahlen übernimmt<br />
am 28.März 1871<br />
der „Rat der Kommune“<br />
die Macht.<br />
Gleich von Beginn an<br />
bricht die Klassenfront<br />
unter den Mitgliedern der<br />
Kommune auf: da das ZK<br />
auf eine Verständigung<br />
mit der Konterrevolution<br />
in Versailles hofft, hat es<br />
der Bourgeoisie nicht das<br />
Wahlrecht entzogen; dafür<br />
grenzen sich 17 gewählte<br />
Bourgeois-Ratsmitglieder<br />
sogleich vom Proletariat<br />
ab und legen ihr Mandat<br />
nieder, nach Ersatzwahlen<br />
zählt die Kommune<br />
schließlich 77 Mitglieder.<br />
Die Zusammensetzung<br />
der Kommune<br />
Die soziale Zusammensetzung<br />
der Kommune refl ektiert<br />
32% Arbeiter, 15%<br />
kleine Beamte, 15% kleine<br />
Geschäftsleute, 39% Angehörige<br />
der freien Berufe<br />
(Advokaten (Rechtsanwälte),<br />
Lehrer usw.). Sie<br />
stellt damit einen Aktionseinheitsblock<br />
der proletarischen<br />
Massen mit dem<br />
Kleinbürgertum dar, der<br />
während des Krieges auf<br />
dem Boden der Verteidigung<br />
von Paris gegen<br />
den preußischen Angriff<br />
zustandegekommen war.<br />
Politisch-ideologisch<br />
besteht die Mehrheit der<br />
Kommune aus Jakobinern<br />
und Blanquisten sowie<br />
einer proudhonistischen<br />
Minderheit. Die Jakobiner<br />
sind Vertreter eines radikalen<br />
Kleinbürgertums, sie<br />
halten sich für die Träger<br />
der Tradition der Grossen<br />
Französischen Revolution,<br />
sie sind keine Sozialisten,<br />
sie begreifen die historische<br />
Rolle der Arbeiter/<br />
innenklasse nicht und wollen<br />
in der Kommune die<br />
demokratischen Ideale von<br />
1793 verwirklichen, sehen<br />
also die neuen Aufgaben<br />
der neuen Epoche nicht.<br />
Die Proudhonisten sind<br />
in der Minderheit, aber<br />
vielfach uneins mit der<br />
Mehrheit; sie setzen auf<br />
ein „staatenloses Bündnis<br />
autonomer Kommunen“,<br />
sie sind Gegner der Staatsgewalt<br />
und diktatorischer<br />
Maßnahmen (die Minderheit<br />
tritt sogar einmal demonstrativ<br />
aus der Kommune<br />
aus, bezichtigt sie<br />
des „Diktatorentums“ und<br />
veröffentlicht ihren Pro-<br />
test in den Zeitungen, was<br />
in der Arbeiter/innenklasse<br />
in Paris beträchtliche<br />
Verwirrung stiftet).<br />
Schlussfolgerung: die<br />
Kommune hat kein klares<br />
Aktionsprogramm, weist<br />
keine einheitliche Führung<br />
auf, sondern sich<br />
gegenseitig bekämpfende<br />
Richtungen und muss das<br />
Proletariat in einer sehr<br />
schwierigen Lage führen.<br />
Die objektive Lage zur<br />
Zeit der Kommune<br />
Der bürgerliche Staatsapparat<br />
funktioniert nicht<br />
mehr, da hohe und mittlere<br />
Beamte nach Versailles<br />
gefl üchtet sind. Durch<br />
die Ereignisse selbst kann<br />
die Kommune also den<br />
bürgerlichen Staatsapparat<br />
nicht „übernehmen“,<br />
sondern muss ihren eigenen<br />
Staatsapparat vollständig<br />
neu gestalten.<br />
Sie löst diese historische<br />
Aufgabe, wenn auch nur<br />
langsam und teilweise,<br />
aber die von ihr durchgeführten<br />
Maßnahmen<br />
bringen eine radikale Änderung<br />
des Charakters des<br />
Staatsapparats mit sich,<br />
verwandeln ihn aus einem<br />
Werkzeug der Herrschaft<br />
der Bourgeoisie in den<br />
Staat der Arbeiter/innenklasse,<br />
der auf der Unterstützung<br />
der breiten<br />
Massen der Werktätigen<br />
basiert.<br />
Sie löst diese Aufgaben<br />
zudem in einer äußerst<br />
prekären Lage, nämlich<br />
der des Bürgerkriegs, die<br />
sie zu Methoden der Diktatur<br />
und Unterdrückung<br />
des Klassenfeinds und der<br />
Konterrevolution zwingt,
ohne dass aber die Kommune<br />
sich dessen bewusst<br />
ist, dass sie die Diktatur<br />
des Proletariats verwirklicht.<br />
(Zu den Maßnahmen<br />
siehe weiter unten)<br />
Demgegenüber sieht die<br />
Konterrevolution ihr Ziel<br />
ganz klar: THIERS und<br />
Konsorten haben von Anfang<br />
an beschlossen, die<br />
Kommune rücksichtslos<br />
niederzuschlagen, ihnen<br />
zu Hilfe kommt auch die<br />
preußische Regierung, die<br />
bis zu 130.000 (!) französische<br />
Kriegsgefangene<br />
zur Verstärkung der Versailler<br />
Konterrevolution<br />
freilässt und deren Truppen<br />
der Versailler Konterrevolution<br />
den Weg zum<br />
Zangenangriff auf Paris<br />
ebnen zwecks Niederschlagung<br />
der Kommune. Es<br />
geht um die Verteidigung<br />
der kapitalistischen Gesellschaftsordnung<br />
gegen den<br />
Ansturm der revolutionären<br />
Arbeiter/innenklasse!<br />
Die militärische Lage ist<br />
prekär: Paris ist von allen<br />
Seiten umringt, von<br />
den Versaillern und den<br />
preußischen Truppen. Am<br />
21.Mai 1871 dringen Versailler<br />
Landsknechte in<br />
Paris ein. Offener Verrat<br />
sowie auch teilweise militärische<br />
Fehler der Kommune<br />
begünstigen diesen<br />
Durchbruch durch die<br />
Verteidigungslinien. Heroisch<br />
widersetzen sich die<br />
Kommunarden 1 Woche<br />
lang, bis sie unter unglaublichen<br />
Verlusten am<br />
28.5.1971 in der letzten<br />
Schlacht um den Friedhof<br />
Père Lachaise untergehen.<br />
Hier sterben allein am letzten<br />
Tag 6.000 Kämpfer;<br />
die Gesamtbilanz ist ein<br />
Blutbad: 30.000 gefallene<br />
Kommmunarden, 45.000<br />
Inhaftierte, viele davon<br />
später ebenfalls hingerichtet<br />
bzw. nach Neu-Kaledonien<br />
(französische Kolonie<br />
östlich von Australien)<br />
deportiert und dort an<br />
Fieberanfällen durch tropische<br />
Krankheiten und<br />
Unterernährung gestorben;<br />
Tausende Emigranten<br />
(meist nach London); Gesamtverlust<br />
der Bevölkerung<br />
von Paris: ca. 100.000.<br />
85% der Gefallenen und<br />
Hingerichteten sind nach<br />
offi zieller Statistik „ouvriers<br />
manuels“ (Handarbeiter).<br />
Unter den Gefallenen<br />
ist das Verhältnis der Kommunarden<br />
zu Versaillern<br />
20:1: Die Konterrevolutionäre<br />
töten nämlich alle<br />
Kriegsgefangenen, Geiseln<br />
etc, massakrieren und morden<br />
mit MGs und durch<br />
Anzünden ganzer Häuser-<br />
und Straßenzüge, bei<br />
Versperren der Hausausgänge.....<br />
Die Kommune hat ihre<br />
politische Unklarheit, mangelnde<br />
Einheit und Führung,<br />
Unentschlossenheit<br />
und Zögerlichkeit im Ausmerzen<br />
der ideologischen<br />
Bindung an das Privateigentum<br />
bitter bezahlen<br />
müssen:<br />
- anstatt am 18. März<br />
unverzüglich gegen Versailles<br />
zu marschieren und<br />
die Feinde zu vernichten,<br />
zögert sie, in der Hoffnung,<br />
auf die Versailler Konterrevolution<br />
moralisch einwirken<br />
zu können<br />
- anstatt sofort die Bank<br />
von Frankreich zu verstaatlichen<br />
(sich so mit einem<br />
Schlag Werte von über 3<br />
Mrd. Francs zu sichern)<br />
und die Bourgeoisie zu expropriieren,<br />
ist sie noch in<br />
der Ideologie des Schutzes<br />
des Privateigentums gefangen<br />
und ihre Maßnahmen<br />
rühren daher noch<br />
nicht wirklich an die Grundlagen<br />
der kapitalistischen<br />
Gesellschaftsordnung<br />
- anstatt sich mit den<br />
Provinzen zu verbinden –<br />
in etlichen Städten (Lyon,<br />
Marseille, St. Etienne, etc)<br />
kommt es zu Aufständen,<br />
die aber vereinzelt bleiben<br />
und leicht wieder unterdrückt<br />
werden können<br />
– versucht sie, allein auf<br />
sich gestellt Paris zu verteidigen<br />
- anstatt den militärischen<br />
Fragen der Aufstandsbewegung<br />
und ihrer Verteidigung<br />
für den Erhalt der<br />
Staatsmacht erste Bedeutung<br />
beizumessen, kümmert<br />
sie sich vorrangig um<br />
überstürzt beschleunigte<br />
Wahlen und entmachtet<br />
zu schnell das zentrale Instrument<br />
ihrer Macht, das<br />
ZK, das unabhängig von<br />
der Kommunalkörperschaft<br />
die Ereignisse zielgerichtet<br />
und zentralisiert<br />
hätte zu leiten vermocht,<br />
schließlich war die Kommune<br />
ja gezwungen, zu<br />
scharfen diktatorischen<br />
Maßnahmen gegen eine<br />
Konterrevolution zu greifen!<br />
Für ihr Scheitern ganz<br />
wichtig war auch der Fehler,<br />
dass die Kommune<br />
nicht versucht hat, sich bewusst<br />
und nachhaltig mit<br />
der Masse der Bauern zu<br />
verbünden.<br />
Bei all dem gilt es aber<br />
festzuhalten, dass es nicht<br />
das Versäumnis der Kom-<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
9
Pariser Commune<br />
10<br />
mune ist, sondern ein Verhängnis<br />
des französischen<br />
Proletariats, dass es keine<br />
revolutionäre Partei<br />
besaß, die fähig gewesen<br />
wäre, die entscheidenden<br />
historischen Aufgaben zu<br />
begreifen und das Proletariat<br />
zu führen.<br />
Nichtsdestotrotz sind die<br />
von der Kommune ergriffenen<br />
Maßnahmen der<br />
große Schatz der ersten<br />
praktischen Erfahrung der<br />
revolutionären Arbeiter/<br />
innenklasse in Bezug auf<br />
die zu errichtende Diktatur<br />
des Proletariats und er gilt<br />
als solches auch gewürdigt<br />
zu werden. Daher würdigen<br />
wir auch die Maßnahmen<br />
der Kommune nun<br />
zum Schluss.<br />
Die revolutionären<br />
Maßnahmen der Kommune<br />
28.3.1871: Abschaffung<br />
der Sittenpolizei, Freilassung<br />
der politischen Gefangenen,<br />
die teilweise<br />
schon unter Napoleon<br />
III seit über 1 Jahr ohne<br />
Anklage und gerichtliche<br />
Untersuchung eingekerkert<br />
sind<br />
29.3.1871: Abschaffung<br />
der Konskription (Zwangsaushebung)<br />
und des Stehenden<br />
Heeres, stattdessen<br />
allgemeine Volksbewaffnung<br />
Detto: Wegfall der Mietzahlungsverpfl<br />
ichtung für<br />
die Periode Oktober 1870<br />
bis April 1871 (sowie Anrechnung<br />
bereits gezahlter<br />
Mieten auf die zukünftige<br />
Periode); alle von Hausbe-<br />
sitzern ergangenen Kündigungen<br />
sind um 3 Monate<br />
hinausgeschoben<br />
Detto: Verfall von Wechseln;<br />
alle Verfahren wegen<br />
Nichtbezahlung fälliger<br />
Wechsel werden<br />
eingestellt; Verbot der<br />
Pfandleihe durch Pfandhäuser<br />
Detto: Bestätigung aller<br />
gewählten ausländischen<br />
Mitglieder der Kommune<br />
(die Kommune ist „Weltrepublik“!),<br />
später Wahl<br />
des deutschen Mitglieds<br />
der Internationale, Frankel,<br />
in die Exekutivkommission<br />
der Kommune (21.4.),<br />
Schutz aller Ausländer vor<br />
Requisitionen<br />
1.4.1871: Abschaffung<br />
der gesamten Bürokratie,<br />
Wählbarkeit und Abwählbarkeit<br />
aller<br />
Beamten, Beschränkung<br />
ihres Gehalts auf maximal<br />
6000 Francs<br />
2.4.1871: Trennung von<br />
Kirche und Staat; Nationalisierung<br />
des Kircheneigentums;<br />
Streichung aller staatlichen<br />
Subventionen an die<br />
Kirche; 8.4.1871: Verbannung<br />
der Religion aus den<br />
Schulen<br />
Detto: jegliches Glücksspiel<br />
wird untersagt<br />
5.4.1871: Dekret über Repressalien<br />
und die Ergreifung<br />
von Geiseln durch die<br />
Kommune (als Antwort<br />
auf die brutale Ermordung<br />
von Gefangenen durch<br />
die Versailler Konterrevolution;<br />
das Dekret führte<br />
zu kurzem Nachlassen der<br />
Massenmorde, sie stiegen<br />
in der Folge aber sogleich<br />
wieder an, weil das<br />
Dekret von der Kommune<br />
nicht konsequent durchgeführt<br />
wurde; so wurden<br />
der Erzbischof und hohe<br />
kirchliche Verschwörer, die<br />
Vermögen auf die Seite<br />
bringen wollten, lediglich<br />
verhaftet, während auf<br />
der anderen Seite alle<br />
gefangen genommenen<br />
Nationalgardisten sofort<br />
erschossen, Verwundete<br />
nicht behandelt, sondern<br />
ermordet wurden und<br />
selbst auf Ambulanzen gefeuert<br />
wurde)<br />
6.4.1871: Verbot und Verbrennung<br />
der alten und<br />
der neuen (von Thiers extra<br />
in Auftrag gegebenen)<br />
Guillotine<br />
12.4./16.4.1871: Abriss<br />
der Säule auf der Place<br />
Vendôme (zu Ehren Napoleons,<br />
1809 gebaut), „ein<br />
Denkmal der Barbarei,<br />
Sinnbild roher Gewalt und<br />
falschen Ruhms, Bestätigung<br />
des Militarismus und<br />
der Leugnung des internationalen<br />
Rechts“<br />
16.4.1871: Erfassung aller<br />
stillgelegten bzw. verlassenen<br />
Fabriken und ihre<br />
Übergabe (teilweise gegen<br />
eine geringe Entschädigung)<br />
an Arbeiterproduktivgenossenschaften<br />
sowie<br />
deren Organisierung als<br />
Gesamtverband<br />
20.4.1871: Verbot der<br />
Nachtarbeit für Bäckergesellen<br />
27.4.1871: Verbot der „privaten<br />
Gerichtsbarkeit“ der
Fabrikherren, derzufolge<br />
sie Arbeitern jederzeit<br />
Geldbussen und als Strafen<br />
getarnte Lohnabzüge<br />
auferlegen konnten, das<br />
Verbot gilt in öffentlichen<br />
und privaten Werkstätten;<br />
solcherart Lohnraub,<br />
wo seit 18.3.1871 erfolgt,<br />
muss unverzüglich zurückgezahlt<br />
werden<br />
28.4.1871: Einrichtung<br />
einer Kommission zur Organisierung<br />
des allgemeinen<br />
elementaren und des<br />
berufl ichen Unterrichts,<br />
kostenlose Ausgabe der<br />
Lehrmittel wie Bücher,<br />
Landkarten, Papier durch<br />
die Mairien (Kommunalen<br />
Räte) an die Lehrer zwecks<br />
Weiterverteilung an die<br />
Schüler<br />
29.4.1871: Endgültige<br />
Aussetzung von Verkauf<br />
von Pfandgütern in Leihhäusern;<br />
Pfandbriefe ausgestellt<br />
vor dem 25.4.1871<br />
über Kleidung, Möbel,<br />
Wäsche, Bücher, Bettzeug<br />
und Arbeitswerkzeuge,<br />
sofern nicht 20 Francs<br />
übersteigend, können ab<br />
12.5.1871 unentgeltlich<br />
eingelöst werden<br />
7.5.1871: Schleifen des<br />
„Büßerkapelle Louis XVI“<br />
genannten Denkmals zum<br />
Andenken an dessen Exekution<br />
in der Grossen Französischen<br />
Revolution<br />
Detto: Sicherstellung der<br />
Versorgung von Witwen<br />
und Waisen der im Kampf<br />
gegen die Versailler Konterrevolution<br />
gefallenen<br />
Nationalgardisten, dabei<br />
Gleichstellung der „legitimen“<br />
mit den „illegitimen“<br />
Frauen, gleiche Unterhaltszahlung<br />
an alle<br />
von 75 Centimes.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Bereits zwei Tage nach<br />
dem Fall der Kommune<br />
schrieb Marx seine Denkschrift<br />
über den „Bürgerkrieg<br />
in Frankreich“ als<br />
geniale Beurteilung der<br />
Bedeutung der Kommune<br />
und zugleich Analyse ihrer<br />
Erfahrungen und ihrer Fehler.<br />
Die welthistorische Bedeutung<br />
der Kommune<br />
bestand für Marx wie für<br />
Engels darin, dass „sie we-<br />
sentlich eine Regierung der<br />
Arbeiter/innenklasse war,<br />
das Resultat des Kampfes<br />
der hervorbringenden gegen<br />
die aneignende Klasse,<br />
die endlich entdeckte politische<br />
Form, unter der die<br />
ökonomische Befreiung<br />
der Arbeit sich vollziehen<br />
konnte“.<br />
Marx betont eindringlich,<br />
dass die Kommune nichts<br />
gemeinsam hatte mit der<br />
bürgerlich-parlamentarischen<br />
Republik: „Die<br />
Kommune sollte nicht eine<br />
parlamentarische, sondern<br />
eine arbeitende Körperschaft<br />
sein, vollziehend<br />
und gesetzgebend zu gleicher<br />
Zeit ...Statt einmal in<br />
drei oder sechs Jahren zu<br />
entscheiden, welches Mitglied<br />
der herrschenden<br />
Klasse das Volk im Parlament<br />
ver- und zertreten<br />
soll, sollte das allgemeine<br />
Stimmrecht dem in Kommunen<br />
konstituierten Volk<br />
dienen, wie das individuelle<br />
Stimmrecht jedem anderen<br />
Arbeitsgeber dazu<br />
dient, Arbeiter, Aufseher<br />
und Buchhalter in seinem<br />
Geschäft auszusuchen...“<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
11
Pariser Commune<br />
12<br />
Lehren der Commune<br />
Die Pariser Commune war<br />
wie wir gehört haben historisch<br />
der erste Versuch,<br />
einen proletarischen Staat<br />
aufzubauen. Ihr verblieben<br />
nur zwei Monate, aber die<br />
Pariser Kommunard/innen<br />
haben der internationalen<br />
Arbeiter/innenbewegung<br />
einige sehr wichtige Erkenntnisse<br />
hinterlassen,<br />
die von Marx, Engels und<br />
Lenin analysiert und zusammengefasst<br />
wurden.<br />
Auf zwei Komplexe möchte<br />
ich in meinem Referat<br />
eingehen:<br />
- zum einen betrifft das<br />
die Frage des Staates.<br />
- zum anderen die Organisationsformen<br />
des Proletariats.<br />
Zunächst zum Staat.<br />
Hier ist zuerst zu klären: -<br />
Was ist ein Staat, was sind<br />
seine Funktionen?<br />
Und dazu muss ich kurz<br />
ausholen.<br />
Entstanden sind Staaten<br />
mit der Teilung der Gesellschaft<br />
in Klassen, als die<br />
Arbeitsteilung unter den<br />
Menschen schon so weit<br />
fortgeschritten war, dass es<br />
solche gab, die arbeiteten<br />
und solche, die herrschten,<br />
verwalteten oder beteten<br />
(bzw. spezielles Wissen<br />
hatten – zB Priester), also<br />
keine eigentlichen Handarbeiten<br />
verrichteten.<br />
Die Gesellschaft war an<br />
diesem Punkt ihrer Entwicklung<br />
fähig, ein Mehrprodukt<br />
zu produzieren,<br />
das ausreichte auch diese<br />
Unproduktiven zu versorgen.<br />
Diese Wenigen<br />
konzentrierten nach und<br />
nach immer mehr Macht<br />
in ihren Händen. Bald<br />
schon war für die Vielen<br />
nicht mehr klar ersichtlich,<br />
warum die Wenigen vom<br />
Nichtstun leben konnten,<br />
woher sie ihre Macht hatten.<br />
An der Oberfl äche<br />
wird ein verzerrtes Bild<br />
der wirklichen Verhältnisse<br />
sichtbar, und das ist<br />
auch einer der Gründe für<br />
die Ohnmacht mit der der<br />
Staatsgewalt bis heute oft<br />
begegnet wird:<br />
Aber die Wenigen mussten<br />
ihre Herrschaft legitimieren,<br />
erhalten, absichern<br />
und durchsetzen<br />
und brauchten dazu Werkzeuge,<br />
einen Apparat.<br />
Und dieser Apparat ist der<br />
Staat. Es ist ein Gewaltapparat,<br />
mit dessen Hilfe<br />
die herrschende Klasse<br />
ihre Herrschaft über die<br />
andere(n) aufrechterhält<br />
und durchsetzt.<br />
Ein Staat ist also eine Unterdrückungsmaschine,<br />
ein<br />
diktatorisches Instrument.<br />
Was sind nun die Mittel,<br />
die der staatlichen Unterdrückung<br />
dienen?<br />
Es sind das die Polizei und<br />
das Heer, („besondere bewaffnete<br />
Formationen“)<br />
die Richter und Beamten,<br />
und im weiteren Sinn auch<br />
die Gesetze (die stets Sinne<br />
der Aufrechterhaltung der<br />
Herrschaft der herrschenden<br />
Klasse verfasst sind<br />
– so sehr auch die bürgerliche<br />
Propaganda tönt, dass<br />
in ihrem Staat die Justiz<br />
unabhängig seien. Auch in<br />
bürgerlichen Demokratien<br />
ist die Justiz Klassenjustiz<br />
im Sinne der herrschenden<br />
Klasse - und das ist die<br />
Bourgeoisie).<br />
Staaten haben im Laufe<br />
der Jahrtausendealten<br />
Geschichte der Klassenherrschaft<br />
recht viele un-<br />
terschiedliche Formen angenommen.<br />
Doch unabhängig davon<br />
ist das Phänomen zu nennen,<br />
dass der Staatsapparat<br />
als solcher eine gewisse<br />
Verselbständigung erfahren<br />
hat, sodass auch<br />
hier nicht ohne weiteres<br />
und an der Oberfl äche sichtbar<br />
und durchschaubar<br />
ist, dass die staatlichen<br />
Organe wirklich im Dienste<br />
und in der Hand der<br />
Herrschenden stehen. Die<br />
weit verbreitete und tief<br />
in den Köpfen Vieler sitzende<br />
Irrmeinung, der Staat<br />
stünde über den Klassen,<br />
hätte neutrale oder<br />
ausgleichende, zwischen<br />
den Klassen vermittelnde<br />
Funktion, usw. rührt aus<br />
dieser sehr kurz skizzierten<br />
Entwicklung des Staates<br />
und seiner Mittel.<br />
Ein Staat ist dazu da, die<br />
Klassenherrschaft einer<br />
Klasse diktatorisch aufrechtzuerhalten.<br />
„Diktatur“<br />
bedeutet eine „durch kein<br />
Gesetz beschränkte und<br />
sich auf Gewalt stützende<br />
Macht“. Der Staat und die<br />
Klassenherrschaft gehören<br />
untrennbar zusammen.<br />
Und wichtig ist, wie bei<br />
jeder Art der HERRschaft,<br />
auch beim Staat die Frage<br />
nach seinem Klassencharakter<br />
zu stellen, also nach<br />
dem eigentlichen Inhalt<br />
der Diktatur:<br />
Wer übt die Diktatur gegen<br />
wen aus: ist es eine<br />
feudale, eine bürgerliche<br />
oder eine proletarische<br />
Diktatur?<br />
Ich komme jetzt zu einem<br />
Fehler und Versäumnis und<br />
gleichzeitig eine der wichtigsten<br />
Lehren der Pariser<br />
Commune:
Das Proletariat kann nicht<br />
die alte Staatsmaschinerie<br />
einfach übernehmen, es<br />
muss in der Revolution die<br />
gesamte Staatsmaschine<br />
von oben bis unten zerbrechen,<br />
zerschlagen.<br />
Ein proletarischer Staat, ist<br />
seinem ganzen Charakter<br />
nach etwas ganz neues,<br />
etwas ganz anderes, ist<br />
ein radikaler Bruch mit der<br />
Klassengesellschaft und<br />
kann aus diesem Grund<br />
den alten Staatsapparat<br />
nicht für die eigenen Interessen<br />
gebrauchen oder<br />
irgendwie ummodeln. Die<br />
bürgerliche Herrschaft und<br />
davor die feudale und andere<br />
Klassenherrschaften<br />
sind zu sehr mit dem Staatsapparat<br />
verschmolzen<br />
und verwoben, ihm eingeschweißt.<br />
Die Diktatur des Proletariats<br />
ist zwar noch eine Klassengesellschaft,<br />
aber erstmals<br />
in der Geschichte der<br />
Klassengesellschaft unterdrückt<br />
jetzt die übergroße<br />
Mehrheit eine übergroße<br />
Mehrheit die Minderheit<br />
der Gesellschaft, die alten<br />
Ausbeuterklassen, und<br />
nicht umgekehrt.<br />
So ist die Diktatur des Proletariats<br />
auf neue Art diktatorisch.<br />
Zweitens ist die Diktatur<br />
des Proletariats zwar keine<br />
Demokratie für alle,<br />
für die Mehrheit der Proletarier/innen<br />
und Besitzlosen<br />
ist sie aber auf neue<br />
Art demokratisch.<br />
Und diese beiden Charakteristika<br />
zu verstehen ist<br />
ganz wesentlich. Mit der<br />
proletarischen Revolution<br />
wird eine neue Art von<br />
Staat geschaffen, ein Staat,<br />
der darauf ausgerichtet<br />
sein muss, sich mehr und<br />
mehr selbst überfl üssig<br />
zu machen, abzusterben.<br />
Dieser neue Staat muss<br />
ganz andere Funktionen<br />
erfüllen als alle Staatsmaschinerien<br />
davor. Er ist kein<br />
Staat im eigentlichen Sinn<br />
mehr, wie Engels sagt.<br />
Unser Ziel, das Ziel der<br />
Kommunist/innen ist eine<br />
klassenlose Gesellschaft,<br />
ohne Ausbeutung und<br />
Unterdrückung, das heißt<br />
auch ohne Staat, ein solcher<br />
wird dann nicht mehr<br />
gebraucht. In diesem Ziel<br />
unterscheiden wir uns<br />
nicht von Anarchisten: Wir<br />
wollen den Staat nicht.<br />
Aber wir Kommunist/innen<br />
sind davon überzeugt,<br />
dass nach der Revolution<br />
der Staat nicht sofort abgeschafft<br />
werden kann,<br />
sondern dass das Proletariat<br />
nach der Machtübernahme<br />
einen Staat braucht,<br />
der die Funktion hat, die<br />
proletarische Diktatur gegen<br />
die alten Ausbeuter<br />
auszuüben und gleichzeitig<br />
den sozialistischen<br />
Aufbau voranzutreiben.<br />
Marx sagt dazu: „Zwischen<br />
der kapitalistischen<br />
und der kommunistischen<br />
Gesellschaft liegt die Periode<br />
der revolutionären<br />
Umwandlung der einen in<br />
die andre. Der entspricht<br />
auch eine politische Übergangsperiode,<br />
deren Staat<br />
nichts andres sein kann als<br />
die revolutionäre Diktatur<br />
des Proletariats.“ (MEW<br />
Bd. 19, S. 28)<br />
Diese Diktatur des Proletariats<br />
wird errichtet in<br />
Folge einer gewaltsamen<br />
sozialen Revolution, die<br />
die alten Ausbeuter enteignet,<br />
die Produktion<br />
vergesellschaftet und die<br />
alte Staatsmaschine und<br />
ihre Organe (die Polizei,<br />
den Beamtenapparat usw.)<br />
zerschlagen hat.<br />
An Stelle des alten Staates<br />
tritt ein neuer, und das ist<br />
die revolutionäre Diktatur<br />
des Proletariats. Dieser<br />
Staat wird das Instrument<br />
des Proletariats sein für<br />
die Zeit des Überganges<br />
von einer Klassengesellschaft<br />
in eine klassenlose<br />
Gesellschaft.<br />
In dieser Zeit gilt, es<br />
alle Überreste der Jahrtausende<br />
währenden Klassenherrschaft<br />
nach und<br />
nach zu beseitigen.<br />
Diese Reste sind auf allen<br />
Ebenen zu fi nden – in der<br />
materiellen (ökonomischen)<br />
Basis der Gesellschaft,<br />
im Überbau und klarerweise<br />
in den Köpfen der<br />
Menschen.<br />
Dazu ein Zitat von Lenin.<br />
„Die Diktatur setzt die<br />
schonungslose, harte,<br />
schnelle und entschiedene<br />
Gewaltanwendung voraus,<br />
um den Widerstand der<br />
Ausbeuter, der Kapitalisten,<br />
Gutsbesitzer und ihrer<br />
Handlanger zu brechen.<br />
Wer das nicht verstanden<br />
hat, der ist kein Revolutionär,<br />
den muß man<br />
seines Postens als Führer<br />
oder Ratgeber des Proletariats<br />
entheben. Aber<br />
nicht in der Gewalt allein<br />
und nicht hauptsächlich<br />
in der Gewalt besteht das<br />
Wesen der proletarischen<br />
Diktatur. Ihr Hauptwesen<br />
besteht in der Organisation<br />
und Disziplin der fortgeschrittensten<br />
Abteilung<br />
der Werktätigen, ihrer<br />
Avantgarde, ihres einzigen<br />
Führers, des Proletariats.<br />
Ziel der Diktatur des<br />
Proletariats ist es, den Sozialismus<br />
zu schaffen, die<br />
Teilung der Gesellschaft<br />
in Klassen aufzuheben,<br />
alle Mitglieder der Gesellschaft<br />
zu Werktätigen zu<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
13
Pariser Commune<br />
14<br />
machen, jeglicher Ausbeutung<br />
des Menschen durch<br />
den Menschen den Boden<br />
zu entziehen. Dieses Ziel<br />
kann nicht auf einmal verwirklicht<br />
werden, es erfordert<br />
eine ziemlich lange<br />
Übergangsperiode vom<br />
Kapitalismus zum Sozialismus.<br />
Einerseits deshalb,<br />
weil die Neuorganisation<br />
der Produktion eine<br />
schwierige Sache ist, andererseits<br />
auch deshalb, weil<br />
man für radikale Änderungen<br />
auf allen Gebieten<br />
des Lebens Zeit braucht.<br />
Und schließlich auch deshalb,<br />
weil die gewaltige<br />
Macht der Gewöhnung<br />
an kleinbürgerliches und<br />
bürgerliches Wirtschaften<br />
nur in langem, beharrlichem<br />
Kampfe überwunden<br />
werden kann...“ (LW<br />
29, S. 377)<br />
Die Aufgaben des Staates<br />
der Diktatur des Proletariats<br />
sind also vielseitig und<br />
sehr kompliziert.<br />
Der sozialistische Aufbau<br />
muss vorangetrieben<br />
werden, und zwar unter<br />
weitest möglicher Einbeziehung<br />
der werktätigen<br />
Massen selbst.<br />
Gleichzeitig müssen die<br />
alten Ausbeutern unterdrückt<br />
und dafür Sorge<br />
getragen werden, dass sie<br />
nicht mehr ans Ruder kommen.<br />
Die Diktatur des Proletariats<br />
muss von Anfang an<br />
gegen Bürokratismus im<br />
neuen Staat kämpfen und<br />
Sorge tragen, dass keine<br />
neue Ausbeuterklasse entsteht.<br />
Die Diktatur des Proletariats<br />
muss auf allen Ebenen<br />
mit Formen der alten Gesellschaft<br />
fertig werden.<br />
Daher ist auch der Klassenkampf<br />
des Proletariats<br />
nach der Machtübernahme<br />
nicht vorüber, im Gegenteil<br />
folgt eine Zeit der härtesten<br />
Klassenkämpfe.<br />
„Die Diktatur des Proletariats<br />
ist ein hartnäckiger,<br />
blutiger und unblutiger,<br />
gewaltsamer und friedlicher,<br />
militärischer und<br />
wirtschaftlicher, erzieherischer<br />
und administrativer<br />
Kampf gegen die Mächte<br />
und Überlieferungen der<br />
alten Gesellschaft.“ (aus:<br />
Programm der Kommunistischen<br />
Internationale,<br />
Nachdruck Wien 1997)<br />
Eine weitere Lehre aus der<br />
Pariser Commune bezieht<br />
sich auf die Formen, in der<br />
sich die Kämpfenden organisieren:<br />
Wenn sich die unterdrückten<br />
Klassen einmal erheben<br />
gegen Ausbeutung<br />
und Unterdrückung, lernen<br />
sie vieles im Kampf.<br />
Sie lernen auch und das<br />
ist eine der fundamentalen<br />
Erfahrungen in jedem<br />
Kampf, dass wer etwas erreichen<br />
will sich organisieren<br />
muss. In den Kämpfen<br />
selbst entstehen politische<br />
Strukturen und Formen;<br />
Das sind Formen, die sich<br />
aus den Notwendigkeiten<br />
und Forderungen der<br />
Selbst-Organisierung der<br />
Massen ergeben – diese<br />
Formen ergeben sich logisch<br />
und sind praktisch.<br />
Doch wie sehen diese „Formen“<br />
aus?<br />
Marx sagt über die Pariser<br />
Kommune: „Ihr wahres Geheimnis<br />
war dies: Sie war<br />
wesentlich eine Regierung<br />
der Arbeiterklasse, das<br />
Resultat des Kampfs der<br />
hervorbringenden gegen<br />
die aneignende Klasse, die<br />
endlich entdeckte politische<br />
Form, unter der die<br />
ökonomische Befreiung<br />
der Arbeit sich vollziehen<br />
konnte“. (K. Marx; „Der<br />
Bürgerkrieg in Frankreich“<br />
MEW Bd. 17, S. 342)<br />
Und diese Lehre zogen<br />
in der Sowjetunion die<br />
Bolschewiki.<br />
Die Kommune von Paris<br />
hat sich Organe geschaffen,<br />
die ermöglicht<br />
haben, die Arbeiter/innen<br />
direkt an der Leitung des<br />
„Staates“ zu beteiligen<br />
- in einem weit höheren<br />
und demokratischeren<br />
Maß als das bis heute jede<br />
bürgerliche Demokratie<br />
getan hat.<br />
„Die Kommune bildete<br />
sich aus den durch allgemeines<br />
Stimmrecht in<br />
den verschiedenen Bezirken<br />
von Paris gewählten<br />
Stadträten. Sie waren verantwortlich<br />
und jederzeit<br />
absetzbar. Ihre Mehrzahl<br />
bestand selbstredend aus<br />
Arbeitern oder anerkannten<br />
Vertretern der Arbeiterklasse.<br />
Die Kommune<br />
sollte nicht eine parlamentarische,<br />
sondern eine<br />
arbeitende Körperschaft<br />
sein, vollziehend und gesetzgebend<br />
zu gleicher<br />
Zeit. Die Polizei, bisher<br />
das Werkzeug der Staatsregierung,<br />
wurde sofort<br />
aller ihrer politischen Eigenschaften<br />
entkleidet<br />
und in das verantwortliche<br />
und jederzeit absetzbare<br />
Werkzeug der Kommune<br />
verwandelt. Ebenso die<br />
Beamten aller andern Verwaltungszweige.<br />
Von den<br />
Mitgliedern der Kommune<br />
an abwärts, mußte der öffentliche<br />
Dienst für Arbeiterlohn<br />
besorgt werden.“<br />
(MEW Bd. 17, S. 339)<br />
Ein Kreis von Leuten,<br />
z.B. in einer Fabrik oder
aus einem Stadtviertel<br />
wählt eine/n Delegierte/n.<br />
Gewählt wird direkt, wahlberechtigt<br />
sind alle die<br />
arbeiten (die gestürzten<br />
Ausbeuter und Reaktionäre<br />
sind vom Wahlrecht<br />
ausgeschlossen). Die delegierte<br />
Person ist jederzeit<br />
abwählbar und rechenschaftspfl<br />
ichtig und auch<br />
dafür verantwortlich, dass<br />
die Aufträge der Belegschaft<br />
umgesetzt werden.<br />
Sie wird auch entlohnt,<br />
bekommt aber nicht mehr<br />
als ein/e Facharbeiter/in.<br />
Der „neue Staat“ muss so<br />
aufgebaut sein, dass er es<br />
immer mehr ermöglicht,<br />
die werktätigen Massen<br />
direkt an der Verwaltung<br />
des Staates zu beteiligen.<br />
Nur so kann er eine Übergangsform<br />
zum Kommunismus<br />
sein, nur so kann<br />
der Staat, nach harten und<br />
langen Kämpfen während<br />
der Übergangsperiode<br />
des Sozialismus auf unterschiedlichsten<br />
Ebenen,<br />
irgendwann „absterben“.<br />
Nach der Revolution<br />
braucht das Proletariat<br />
den Staat, wie wir gehört<br />
haben, denn noch sind<br />
die alten Ausbeuter nicht<br />
wirklich besiegt, noch<br />
ist das Kapitalverhältnis,<br />
das auf Ausbeutung des<br />
Menschen durch den Menschen<br />
beruht, nicht vollständig<br />
abgeschafft. Noch<br />
kann die Entwicklung aus<br />
ganz vielen unterschiedlichen<br />
Gründen wieder in<br />
Richtung Kapitalismus umschlagen.<br />
So stellt sich die Frage:<br />
wie kommt die Macht in<br />
die Hand des Volkes? Und<br />
eine weitere wesentliche<br />
Frage ist in diesem Zusam-<br />
menhang ist: Wie soll der<br />
Staat organisiert sein, der<br />
so eine Entwicklung in<br />
Richtung Kommunismus<br />
ermöglicht?<br />
In Russland hat sich das<br />
Proletariat in den Kämpfen<br />
von 1905 und 1917<br />
Organe geschaffen, die zu<br />
Trägern der Oktoberrevolution<br />
und der Diktatur<br />
des Proletariats wurden:<br />
die Sowjets - als neue Formen<br />
der Organisation.<br />
Lenin sagte nach der Revolution:<br />
„Hätte die schöpferische<br />
Volkskraft der revolutionären<br />
Klassen nicht<br />
die Sowjets hervorgebracht,<br />
so wäre die proletarische<br />
Revolution in Rußland<br />
eine hoffnungslose<br />
Sache; denn mit dem alten<br />
Apparat würde das Proletariat<br />
die Macht zweifellos<br />
nicht behaupten können,<br />
ein neuer Apparat aber<br />
kann nicht sofort geschaffen<br />
werden.“ (LW Bd. 26,<br />
S. 87)<br />
Die Sowjets sind Organe,<br />
die ermöglichen sollten,<br />
dass sich dieser Klassenstaat<br />
auf sein Absterben<br />
zubewegt. Denn in ihnen<br />
waren das gesamte Proletariat<br />
und alle Unterdrückten<br />
organisiert. Die<br />
Sowjets waren die Organe<br />
des revolutionären<br />
Massenkampfes, direkt in<br />
diesem entstanden und<br />
daher auch praktisch für<br />
den Kampf. Sie waren die<br />
bewaffnete Macht der Arbeiter/innen<br />
und Bäuer/innen<br />
und mit ihnen war die<br />
allgemeine Volksbewaffnung<br />
statt dem stehenden<br />
Heer verwirklicht. Sie waren<br />
als Formen der direkten<br />
Demokratie unmittelbare<br />
Organisationen, die die<br />
Beteiligung der Volksmas-<br />
sen am Aufbau des neuen<br />
Staates und an seiner<br />
Verwaltung ermöglichen<br />
sollten. Die Sowjets lösten<br />
(historisch und praktisch)<br />
den bürgerlichen Parlamentarismus<br />
ab, und bestanden<br />
nicht neben diesem,<br />
sondern stattdessen,<br />
sie stellten die Demokratie<br />
auf eine höhere Stufe.<br />
Die Sowjets waren zugleich<br />
gesetzgebende und ausübende<br />
Macht, vereinigt<br />
in einer Staatsorganisation.<br />
Territoriale Wahlkreise<br />
wurden, zumindest teilweise<br />
durch Produktionseinheiten<br />
ersetzt - auch<br />
das sollte ermöglichen,<br />
dass die Proletarier/innen<br />
sich an der Verwaltung des<br />
Staates und am Aufbau<br />
des Sozialismus direkt beteiligen<br />
und an den Entscheidungsprozessen<br />
Anteil<br />
haben konnten. Unnötiger<br />
bürokratischer Aufwand<br />
sollte durch die direkte<br />
Beteiligung verhindert<br />
werden.<br />
Solche Entscheidungen,<br />
die die kommunale Ebene<br />
betreffen, sollten von<br />
den betroffenen Personen<br />
selbst – über die örtlichen<br />
Sowjets - getroffen<br />
werden.<br />
Gleichzeitig erfordert aber<br />
der Aufbau eines proletarischen<br />
Staates auch<br />
Zentralismus, verkörpert<br />
durch die revolutionäre<br />
Partei des Proletariats<br />
– wesentlich auch für die<br />
zentrale Planung und Organisation<br />
der Wirtschaft.<br />
Ein proletarischer Staat<br />
muss aufgebaut sein von<br />
unten nach oben – breitest<br />
mögliche Demokratie<br />
– und von oben nach unten<br />
– zentrale Leitung.<br />
Trotz der Sowjets, die um<br />
so vieles demokratisch-<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
15
Pariser Commune<br />
16<br />
er waren, war eine der<br />
größten Schwierigkeiten,<br />
mit der die junge Sowjetunion<br />
und die kommunistische<br />
Partei konfrontiert<br />
waren, die Einbeziehung<br />
der Massen in das gesamte<br />
politische Leben. Denn in<br />
der Sowjetunion war das<br />
Bildungsniveau der Massen<br />
im Vergleich zu anderen<br />
europäischen Ländern<br />
sehr niedrig und jene<br />
„Köchin, die den Staat<br />
lenken“ sollte, musste zuerst<br />
lesen und schreiben<br />
lernen. Immer wieder betont<br />
Lenin die Tragik, dass<br />
die Massen gleich nach der<br />
Revolution vielfach gerade<br />
nicht in der Lage waren,<br />
die Verwaltungsaufgaben<br />
des Staates selbst in die<br />
Hand zu nehmen und dass<br />
dafür Beamte aus dem<br />
Zarenreich herangezogen<br />
werden mussten, die<br />
natürlich andere Klasseninteressen<br />
vertraten und<br />
Bürokratismus beförderten.<br />
Auch für den wirtschaftlichen<br />
Aufbau mussten Spezialisten<br />
aus dem imperialistischen<br />
Ausland geholt<br />
werden. Diese Beamten<br />
und Spezialisten bekamen<br />
höhere Löhne als „die einfachen<br />
Arbeiter“. Eine der<br />
wesentlichen Forderungen<br />
der Kommune war also<br />
in der Sowjetunion nicht<br />
gleich einzulösen.<br />
„Wir müssen jetzt zu dem<br />
alten, bürgerlichen Mitteln<br />
greifen und uns mit<br />
einer sehr hohen Bezahlung<br />
der „Dienste“ der<br />
bedeutendsten bürgerlichen<br />
Schichten einverstanden<br />
erklären. Alle, die die<br />
Dinge kennen sehen das,<br />
aber nicht alle überlegen<br />
sich die Bedeutung einer<br />
derartigen Maßnahme<br />
des proletarischen Sta-<br />
ates. Es ist klar, dass eine<br />
solche Maßnahme ein<br />
Kompromiß, eine Abweichung<br />
von den Prinzipien<br />
der Pariser Kommune<br />
und jeder proletarischen<br />
Macht ist, die fordern, daß<br />
die Gehälter dem Lohn<br />
des Durchschnittsarbeiters<br />
angeglichen werden<br />
und dass man den Kampf<br />
gegen den Karrierismus<br />
mit Taten und nicht mit<br />
Worten führe. Noch mehr.<br />
Es ist klar, daß eine solche<br />
Maßnahme nicht nur eine<br />
Unterbrechung auf einem<br />
gewissen Gebiet und in einem<br />
gewissen Grade – der<br />
Offensive des Kapitals bedeutet<br />
(denn Kapital ist<br />
nicht eine Summe Geldes,<br />
sondern ein bestimmtes<br />
gesellschaftliches Verhältnis),<br />
sondern auch einen<br />
Schritt zurück für unsere<br />
sozialistische sowjetische<br />
Staatsmacht.“ (LW Bd. 27,<br />
S. 239)<br />
Ein anderes Problem war<br />
das der delegierten Personen.<br />
Schon 1918 warnte<br />
Lenin sowohl vor der Gefahr<br />
der Verwandlung der<br />
Mitglieder der Sowjets in<br />
„Parlamentarier“, als auch<br />
vor der Gefahr ihrer Verwandlung<br />
in „Bürokraten“<br />
(ebd. S. 264) Lenin spricht<br />
hier die Schwierigkeit bei<br />
der Überwindung der Trennung<br />
von gesetzgebender<br />
und vollziehender Macht<br />
an. Parlamentarier nämlich<br />
beschließen zwar Gesetze,<br />
kümmern sich aber nicht<br />
um deren Ausführung, sie<br />
haben nicht wirklich die<br />
Verpfl ichtung, die Verwaltung<br />
zu kontrollieren und<br />
an der Durchführung der<br />
Beschlüsse teilzunehmen.<br />
Die Sowjets hingegen haben<br />
diese Aufgaben, denn<br />
sie sind sowohl gesetzge-<br />
bende als auch ausführende<br />
Organe.<br />
Das heißt nicht, dass in<br />
einem Staat der Sowjets<br />
keine Aufteilung<br />
von Kompetenzen erfolgen<br />
müsste, aber die<br />
Aufteilung wird anders.<br />
Anstelle der bürgerlichen<br />
Gewaltenteilung,<br />
die vorgaukelt, dass alle<br />
gleichermaßen und unabhängig<br />
von ihrer Klassenlage<br />
die gleichen Rechte<br />
hätten, verwirklicht der<br />
proletarische Staat durch<br />
die jederzeitige Abwählbarkeit<br />
der Delegierten<br />
eine direkte Kontrolle<br />
durch die Massen.<br />
Mit der Gefahr der Verwandlung<br />
in Bürokraten<br />
meinte Lenin, dass die Delegierte<br />
der Sowjets mit der<br />
Verwaltung verschmelzen<br />
und sie somit ebenfalls<br />
nicht im Interesse ihrer<br />
Wähler/innen kontrollieren,<br />
sondern in ihrem eigenen.<br />
„Die Abteilungen<br />
der Sowjets verwandeln<br />
sich an vielen Orten in Organe,<br />
die nach und nach<br />
mit den Kommissariaten<br />
verschmelzen“.<br />
Dagegen muss erreicht<br />
werden, dass alle Mitglieder<br />
der Sowjets zur praktischen<br />
Teilnahme an der<br />
Verwaltung herangezogen<br />
werden. Denn der Kampf<br />
gegen Bürokratismus kann<br />
nur von den Massen selbst<br />
geführt werden, die sich<br />
bewusst am sozialistischen<br />
Aufbau beteiligen, die bewusst<br />
ihre demokratischen<br />
Rechte wahrnehmen, die<br />
den Sozialismus wollen.<br />
Ohne diese Beteiligung<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
und ihrer Bündnispartner<br />
kann der Aufbau nicht gelingen.
Eine Lehre aus der Rätebewegung<br />
ist, dass die Massen,<br />
wenn sie kämpfen,<br />
sich selbst geeignete Organe<br />
schaffen – Räte oder<br />
(auf russisch) Sowjets. Das<br />
bedeutet jedoch nicht,<br />
dass die spontanen Formen,<br />
eine revolutionäre<br />
Partei überfl üssig machen<br />
– im Gegenteil.<br />
Kein bisheriger Versuch<br />
eines Rätesystems hat<br />
bisher den vollständigen<br />
Aufbau geschafft, nicht<br />
in der Pariser Kommune,<br />
nicht in Bayern oder Ungarn,<br />
und auch nicht in der<br />
Sowjetunion. Doch sind<br />
die Räte eine Weiterentwicklung<br />
der Demokratie<br />
und der demokratischste<br />
Ansatz, den bisher die<br />
Arbeiter/innenklasse hervorgebracht<br />
hat. Daher<br />
müssen wir diesen Ansatz<br />
weiter verfolgen und lernen<br />
aus den Versuchen und<br />
Fehlern!<br />
„Proletarische Revolutionen<br />
dagegen ... kritisieren<br />
beständig sich<br />
selbst, unterbrechen sich<br />
fortwährend in ihrem<br />
eignen Lauf, kommen auf<br />
das scheinbar Vollbrachte<br />
zurück, um es wieder<br />
von neuem anzufangen,<br />
verhöhnen grausamgründlich<br />
die Halbheiten,<br />
Schwächen und Erbärm-<br />
lichkeiten ihrer ersten<br />
Versuche, scheinen ihren<br />
Gegner nur niederzuwerfen,<br />
damit er neue Kräfte<br />
aus der Erde sauge und<br />
sich riesenhafter ihnen gegenüber<br />
wieder aufrichte,<br />
schrecken stets von neuem<br />
zurück vor der unbestimmten<br />
Ungeheuerlichkeit<br />
ihrer eignen Zwecke, bis<br />
die Situation geschaffen<br />
ist, die jede Umkehr unmöglich<br />
macht...“ (MEW<br />
Bd. 8, S. 118)<br />
Eine weitere grundlegende<br />
Lehre aus der Niederlage<br />
der Pariser Commune<br />
wurde ebenfalls in Russland<br />
gezogen.<br />
Das als Avantgarde organisierte<br />
Proletariat braucht<br />
eine Partei, eine „Partei<br />
neuen Typs“, wie Lenin<br />
formuliert hat.<br />
„Das Proletariat besitzt<br />
keine andere Wafe im<br />
Kampf um die Macht als<br />
die Organisation. Durch<br />
die Herrschaft der anarchischen<br />
Konkurrenz in<br />
der bürgerlichen Welt<br />
gespalten, durch die unfreie<br />
Arbeit für das Kapital<br />
niedergedrückt, ständig in<br />
den „Abgrund“ völliger<br />
Verelendung der Verwilderung<br />
und Degradation<br />
hinabgestoßen, kann und<br />
wird das Proletariariat<br />
unbedingt nur dadurch<br />
eine unbesiegbare Kraft<br />
werden, dass seine ideologische<br />
Vereinigung auf<br />
Grund der Prinzipien des<br />
Marxismus gefestigt wird<br />
durch die materielle Einheit<br />
der Organisatione,<br />
die Millionen Werktätiger<br />
zur Armee der Arbeiterklasse<br />
zusammenschweißt“.<br />
(LW 7, S.419, Ein Schritt<br />
vorwärts…)<br />
Sie muss eine Avantgardepartei<br />
sein, die demokratisch<br />
zentralistisch<br />
aufgebaut ist: das heißt<br />
in ihr gilt die „Einheit der<br />
Aktion und die Freiheit der<br />
Diskussion und Kritik“.<br />
und sie muss verfolgen<br />
was die Maoisten „Massenlinie“<br />
nennen, also die<br />
engste, auch inhaltliche<br />
Verbindung mit den Massen.<br />
„Die Avantgarde erfüllt<br />
nur dann die Aufgaben<br />
einer Avantgarde, wenn<br />
sie es versteht, sich von<br />
der unter ihrer Führung<br />
stehenden Masse nicht loszulösen,<br />
sondern die ganze<br />
Masse wirklich vorwärts<br />
zu führen.“ LW 33 S. 213<br />
Soweit meine kurze<br />
Zusammenfassung.<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
17
Pariser Commune<br />
Fußnoten stehen am<br />
Ende des Artikels<br />
18<br />
Zur Haltung verschiedener politischer Strömungen in und<br />
gegenüber der Pariser Commune<br />
1. Opportunisten/Revisionisten/<br />
Kautskyaner<br />
Bezüglich der Commune<br />
(und ihrer Vorgeschichte,<br />
dem „Deutsch-französischen<br />
Krieg“) gab es in der<br />
Arbeiterbewegung schon<br />
1870/71 viele „Möglichkeiten“,<br />
in opportunistische<br />
oder direkt reaktionäre Positionen<br />
abzurutschen. Ebenso<br />
natürlich in der Folgezeit,<br />
als die „Lehren der Commune“<br />
zu ziehen waren.<br />
Da gab es einmal schon<br />
bei bzw. seit Kriegsbeginn<br />
Sozialpatriotismus, preußischen<br />
Chauvinismus, positive<br />
Kriegshysterie nicht nur<br />
in der deutschen Bourgeoisie,<br />
sondern auch in den<br />
Reihen der deutschen Arbeiterbewegung.<br />
Die Lage<br />
war äußerst kompliziert<br />
und wechselte rasch und<br />
mit ihr die Anforderungen<br />
an eine revolutionäre Linie<br />
der Arbeiterbewegung. Der<br />
Krieg begann objektiv in<br />
der Hauptseite als Verteidigungskrieg<br />
Deutschlands<br />
gegen die Annexionspläne<br />
des Kriegsabenteurers Napoleon<br />
III, war zugleich aber<br />
auch von Bismarck gewollt<br />
und provoziert und von Anfang<br />
an mit räuberischen<br />
preußischen Ambitionen<br />
verbunden. Die revolutionäre<br />
Politik musste sich daher<br />
zuerst in der Hauptseite<br />
gegen die französische Aggression<br />
und für die Verteidigung<br />
der Herausbildung<br />
eines deutschen Nationalstaats,<br />
zugleich aber sich<br />
von vornherein auch gegen<br />
die „preußisch-dynastische<br />
Prägung“ des Kriegs von<br />
deutscher Seite richten und<br />
auf das internationale Klassenbündnis<br />
der deutschen<br />
und französischen Arbeiter<br />
zielen. Nach der französischen<br />
Niederlage bei Sedan<br />
bzw. nach dem Sturz des<br />
Zweiten Kaiserreichs und<br />
der Proklamation der französischen<br />
Republik hingegen<br />
drehte der Charakter<br />
des Kriegs. Es ging jetzt<br />
um den Kampf gegen ein<br />
Umschlagen des Krieges in<br />
einen preußischen Eroberungskrieg<br />
gegen Frankreich<br />
bzw., als dieser schon<br />
in vollem Gange war, für<br />
die sofortige Beendigung<br />
dieses Kriegs auf deutscher,<br />
um die Organisation der<br />
nationalen Verteidigung<br />
der französischen Republik<br />
(bzw. dann der Commune)<br />
und den nationalen<br />
Unabhängigkeitskampf<br />
gegen den preußischen Eroberungskrieg<br />
auf französischer<br />
Seite.<br />
Der revolutionäre Flügel<br />
der deutschen Arbeiterbewegung<br />
um W.Liebknecht<br />
und Bebel, die sog. „Eisenacher“<br />
(1869 gegründet!),<br />
blieben in allen Phasen der<br />
Entwicklung auf der revolutionären<br />
Linie des Generalrats<br />
der Internationalen<br />
Arbeiterassoziation, organisiertenMassendemonstrationen<br />
der deutschen<br />
Arbeiter/innenklasse - und<br />
wanderten ins Gefängnis.<br />
Der opportunistische und<br />
von Anfang an preußischstaatstragendangekränkelte<br />
Flügel, die Lassalleaner<br />
dagegen stimmten in den<br />
preußischen Chauvinismus<br />
ein (preußisch-dynastischer<br />
Weg der Einigung Deutschlands<br />
von oben!), stimmten<br />
für die Kriegskredite und<br />
hielten an dieser Linie fest,<br />
bis es offensichtlich wirklich<br />
nur mehr um den vereinten<br />
Krieg der französischen und<br />
deutschen Reaktion gegen<br />
die „Commune“ ging; erst<br />
dann konnten auch sie sich<br />
entschließen, gegen weitere<br />
Kriegstreiberei aufzutreten.<br />
Eine weitere Erscheinungsform<br />
von reaktionärem<br />
Opportunismus war das<br />
Lamentieren über den Aufstand,<br />
als er schon ausgebrochen<br />
war. „Man hätte<br />
nicht so weit gehen sollen“,<br />
„Warnungen“, Abwiegelei<br />
und Kapitulantentum...<br />
Marx hatte ursprünglich -<br />
angesichts der preußischen<br />
Truppen vor der Stadt - von<br />
einem Aufstand und vom<br />
Kampf um die Macht abgeraten<br />
(„verzweifelte Torheit“)<br />
und auch mit dem<br />
Commune-Aufstand nicht<br />
gerechnet. Seine Linie war<br />
vor Sedan der Kampf gegen<br />
den Krieg und die französischen<br />
Kriegspläne, nach<br />
Sedan der Kampf gegen die<br />
preußische Bestrebungen<br />
eines Eroberungskriegs,<br />
Unterstützung der jungen<br />
französischen Republik,<br />
Nutzung der soeben errungenen<br />
bürgerlichen Demokratie<br />
zur Entwicklung der<br />
Kräfte der Arbeiterbewegung.<br />
Als der Arbeiteraufstand<br />
aber ausgebrochen<br />
war, wurde er selbstverständlich<br />
vom Generalrat<br />
begeistert begrüßt und<br />
mit aller Kraft unterstützt,<br />
wurde alles zum Vorantreiben<br />
der Massenbewegung<br />
und der Revolution und zugleich<br />
zum Lernen aus der<br />
revolutionären Bewegung<br />
getan und wurden das Herumgejammere<br />
über „Fehlentscheidung“<br />
und das Kapitulantentum<br />
energisch<br />
kritisiert.<br />
Marx: „Die Weltgeschichte<br />
wäre allerdings sehr be-
quem zu machen, wenn der<br />
Kampf nur unter der Bedingung<br />
unfehlbar günstiger<br />
Chancen aufgenommen<br />
würde.“ (Brief an Kugelmann<br />
vom 17.4.1871).<br />
Und Lenin ergänzt: „Marx<br />
vermochte auch zu erkennen,<br />
dass es Augenblicke<br />
in der Geschichte gibt, wo<br />
ein verzweifelter Kampf<br />
der Massen sogar für eine<br />
aussichtslose Sache notwendig<br />
ist um der weiteren<br />
Erziehung dieser Massen<br />
und ihrer Vorbereitung<br />
zum nächsten Kampf<br />
willen.“ Und nochmals<br />
Marx: „Die bürgerlichen<br />
Kanaillen von Versailles<br />
stellten die Pariser in die<br />
Alternative, den Kampf<br />
aufzunehmen oder ohne<br />
Kampf zu unterliegen. Die<br />
Demoralisation der Arbeiterklasse<br />
in dem letzteren<br />
Fall wäre ein viel größres<br />
Unglück gewesen als der<br />
Untergang einer beliebigen<br />
Anzahl von ‚Führern’.“<br />
„Marx, der im September<br />
1870 den Aufstand<br />
eine Torheit genannt hat,<br />
bringt im April 1871, da er<br />
eine Volksbewegung, eine<br />
Massenbewegung sieht,<br />
dieser die größte Aufmerksamkeit<br />
eines Teilnehmers<br />
an gewaltigen<br />
Ereignissen entgegen, die<br />
in der weltgeschichtlichen<br />
revolutionären Bewegung<br />
einen Schritt vorwärts bedeuten…<br />
‚Welche Elastizität,<br />
schreibt er, welche historische<br />
Initiative, welche<br />
Aufopferungsfähigkeit in<br />
diesen Parisern!... Die Geschichte<br />
hat kein ähnliches<br />
Beispiel ähnlicher Größe!’<br />
Marx stellt die historische<br />
Initiative der Massen über<br />
alles.“ (Lenin: „Vorwort<br />
zur russischen Übersetzung<br />
der Briefe von Marx<br />
an Kugelmann“)<br />
Dem Lamentieren des<br />
Zeitgenossen entsprechen<br />
- mit einiger zeitlicher Distanz<br />
- das nachträgliche<br />
Heruntermachen des Aufstands<br />
und „gute Ratschläge“<br />
an die französische<br />
Arbeiterklasse. Vollmar:<br />
„Die französischen Arbeiter<br />
hätten ihrer Sache<br />
wohl kaum schlechter gedient,<br />
wenn sie diese Zeit<br />
verschlafen hätten.“ Ganz<br />
ähnlich übrigens Plechanow<br />
angesichts der russischen<br />
Revolution 1905:<br />
„Man hätte nicht zu den<br />
Waffen greifen dürfen.“<br />
Viel gefährlicher allerdings<br />
war der Opportunismus,<br />
der nicht offen<br />
gegen die Commune auftrat,<br />
sondern „nur“ falsche<br />
oder (gegenüber der<br />
Marx’schen Analyse) verfälschte<br />
und verfälschende<br />
„Lehren der Commune“<br />
in der Staatsfrage, der<br />
Aufstandsfrage und der<br />
Klassen- und Bündnisfrage<br />
zog. Hier sind historisch<br />
v.a. die Positionen Kautskys<br />
von Interesse, der<br />
ja nicht offen gegen die<br />
Commune auftrat. Lenin<br />
hat den Kampf gegen die<br />
Kautsky’schen Positionen<br />
in vielen Schriften geführt<br />
(„Staat und Revolution“,<br />
„Der Renegat Kautsky…“,<br />
einige Schriften über die<br />
Pariser Commune).<br />
Zunächst Kautskys Räsonnements<br />
über die Commune:<br />
In seinem Buch 1<br />
stellt er die Oktoberrevolution<br />
der Commune und<br />
- personalisiert - die bösen<br />
Bolschewiki den zwar etwas<br />
dummen, aber guten<br />
Communards gegenüber.<br />
Angesichts der Lobeshymnen<br />
von Marx und Engels<br />
über die Commune kann<br />
er natürlich - als „Marxist“<br />
- sich nicht wie ein Vollmar<br />
offen gegen die Commune<br />
stellen. Also muss auch er<br />
sie loben. Entlarvend ist<br />
aber, was er lobt, wie er es<br />
lobt und wie er dabei die<br />
Commune und ihre Lehren<br />
völlig entstellt.<br />
Er sagt zunächst, dass die<br />
Commune spontan „ausbrach“,<br />
nicht vorbereitet<br />
und nicht organisiert war,<br />
dass sie kein Programm<br />
und keine starke Führung<br />
hatte, dass sie zögerte und<br />
schwankte. Er sagt nicht<br />
direkt, dass er das alles für<br />
supergut fi ndet, er lässt es<br />
- sagen wir - offen. Die Oktoberrevolution<br />
war demgegenüber<br />
ein „wohlvorbereiteter<br />
Staatsstreich,<br />
der ihnen (den Bolschewiki)<br />
mit einem Schlage die<br />
gesamte Staatsmaschinerie<br />
auslieferte, die sie sofort<br />
aufs energischste und<br />
rücksichtsloseste zur politischen<br />
und ökonomischen<br />
Enteignung der Gegner …<br />
ausnutzten.“ Gut ist also,<br />
was spontan ausbricht<br />
und nicht zum revolutionären<br />
Ziel führt, schlecht<br />
ist eine energisch durchgeführte<br />
und womöglich<br />
noch erfolgreiche Revolution.<br />
Die Bolschewiki sind<br />
für ihn „gewaltbereite“<br />
Putschisten, während die<br />
Communards unschuldig<br />
in die Geschichte verwickelt<br />
wurden: „Durch die<br />
Erhebung der Commune<br />
wurde dagegen niemand<br />
mehr überrascht als die<br />
Revolutionäre selbst. Und<br />
einem großen Teil unter<br />
ihnen kam der Konfl ikt<br />
äußerst unerwünscht.“<br />
Daran stimmt nur, dass<br />
die Commune für alle unerwartet<br />
kam, allerdings<br />
keineswegs unerwünscht,<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
19
Pariser Commune<br />
20<br />
die Communards politisch<br />
schlecht bis gar nicht auf<br />
sie vorbereitet waren, sogar<br />
die in der Internationale<br />
organisierten Revolutionäre<br />
keine politische<br />
Einheit darstellten. Die<br />
Communards wurden in<br />
die Revolution hineingeworfen<br />
und haben sich in<br />
deren Verlauf unter dem<br />
Zwang der Ereignisse radikalisiert.<br />
Sie schreckten zu<br />
Beginn sehr und auch später<br />
noch ziemlich vor der<br />
Offensive gegen die Reaktion<br />
zurück, scheuten sich,<br />
Kapital und Eigentum anzutasten,<br />
wollten den Bürgerkrieg<br />
eher vermeiden<br />
oder abmildern. Aber der<br />
Gang der Dinge zwang sie<br />
zu einer immer radikalen<br />
konsequenteren Gangart.<br />
Kautsky jedoch lobt gerade<br />
die Schwächen. Für<br />
Kautsky ist das unschuldige<br />
Verwickeltwerden<br />
in einen unvermeidbaren<br />
Aufstand verzeihbar, dessen<br />
planmäßige Vorbereitung<br />
und „rücksichtsloseste“<br />
Durchführung aber<br />
schrecklich. So konstruiert<br />
er - denn darum geht es<br />
ihm ja eigentlich - einen<br />
angeblichen Widerspruch<br />
zwischen dem Vorgehen<br />
der Bolschewiki und dem,<br />
was angeblich so schön an<br />
der Commune gewesen<br />
sei. Und das soll selbstredend<br />
einen Widerspruch<br />
zwischen Marx und Lenin<br />
nahe legen.<br />
Kautsky freut sich auch<br />
und lobt die (anfängliche)<br />
„Humanität“ und Milde<br />
der Commune ihren<br />
Gegnern gegenüber und<br />
wünscht sich, dass das so<br />
geblieben wäre. Es ist das<br />
eine häufi g anzutreffende<br />
Erscheinung am Beginn<br />
einer Revolution ist, bis<br />
die Kämpfenden merken,<br />
dass sie auf diese Weise,<br />
mit Nachsicht, Schonung<br />
etc. untergehen und abgeschlachtet<br />
werden, und ihren<br />
Kurs ändern. Kautsky<br />
zitiert begeistert eine sehr<br />
frühe der Sache nach völlig<br />
richtige, aber sehr defensive<br />
Erklärung der Nationalgarde<br />
vom 19.3. („Niemals<br />
wurde von uns eine Exekution<br />
beschlossen, niemals<br />
haben wir an der Ausübung<br />
eines Verbrechens<br />
teilgenommen.“) und<br />
vergisst völlig die nachfolgenden<br />
Maßnahmen der<br />
Commune, namentlich die<br />
Einrichtung eines „Wohlfahrtsausschusses“,<br />
der<br />
den „Gegenterror“ gegen<br />
Spione der Versailler Reaktion<br />
in Paris, Saboteure,<br />
Verräter, Geiselnahmen<br />
etc. organisierte. Darüber<br />
zu berichten, würde natürlich<br />
das Bild der Commune<br />
als „Deckchensticken“ 2<br />
befl ecken. Lavrov 3 dazu:<br />
„Gerade die Menschen,<br />
die Menschenleben, Menschenblut<br />
schätzen, müssen<br />
… möglichst schnell<br />
und energisch handeln,<br />
um die Feinde zu unterdrücken,<br />
da nur auf diesem<br />
Wege das Minimum<br />
an Blutvergießen erreicht<br />
werden kann.“<br />
Auch die bürgerliche<br />
„Rechtsstaatlichkeit“ darf<br />
bei Kautsky nicht fehlen.<br />
Schon während der Commune<br />
und genauso nachher<br />
liefen überall die Vollmars<br />
und Kautskys herum<br />
und betonten, dass der<br />
Sieg der Commune und<br />
überhaupt der Sieg jeder<br />
Revolution in allererster<br />
Linie ein „moralischer<br />
Sieg“ sein müsse, dass man<br />
alle Welt „überzeugen“<br />
müsse, als ob es keine<br />
Klasseninteressen gäbe,.<br />
Er muss aber in allererster<br />
Linie und kann auch nur<br />
ein militärischer sein. Wer<br />
den militärischen Kampf<br />
und Sieg nicht will, ihn<br />
nicht vorbereitet, wer seine<br />
Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit<br />
wegredet<br />
oder sogar kritisiert, ist<br />
eben gegen jede wirkliche<br />
Revolution. Kautsky hebt<br />
auch die „moralische“<br />
Kraft und Bedeutung der<br />
Commune hervor und<br />
verdreht und vertuscht<br />
zugleich ihre wirkliche historische<br />
Bedeutung und<br />
ihre Lehren, wie sie Marx<br />
herausgearbeitet hat.<br />
Kautsky kommt dann zur<br />
bürgerlichen „repräsentativen<br />
Demokratie“ und<br />
behandelt das Verhältnis<br />
zwischen der Nationalgarde<br />
(und ihrem ZK) und<br />
der gewählten Commune:<br />
„Das ZK versuchte nie, das<br />
Prinzip anzutasten, dass<br />
den Erwählten des allgemeinen<br />
Stimmrechts die<br />
oberste Macht gebühre. In<br />
diesem Punkte war die Pariser<br />
Commune das gerade<br />
Gegenteil der russischen<br />
Sowjetrepublik.“ Abgesehen<br />
davon, dass das bezüglich<br />
der Commune so<br />
nicht stimmt und es viel<br />
Unstimmigkeit, Doppelgleisigkeit,<br />
Kontroverse<br />
und Widerspruch in der<br />
Praxis (z.B. der Ausfallversuch<br />
der Nationalgarde in<br />
Richtung Versailles vom<br />
3.April 1871) zwischen ZK<br />
der Nationalgarde und der<br />
Commune, teilweise direkt<br />
eine Art Doppelherrschaft<br />
gab, geht es hier weniger<br />
um historische Fakten,<br />
sondern darum, dass Kautsky<br />
hier die parlamentarisch-bürgerlicheDemokratie<br />
verherrlicht und das
Ziel der Arbeiterklasse,<br />
die proletarische Revolution,<br />
dahinter verschwinden<br />
lässt. Zuerst wird fein<br />
gewählt, wenn man dann<br />
eine parlamentarische<br />
Mehrheit hat, darf man<br />
handeln. Dazu kommt<br />
es natürlich nie. Kautsky<br />
liegt am meisten, um nicht<br />
zu sagen ausschließlich am<br />
Herzen, dass das bürgerliche<br />
Recht eingehalten<br />
wird, dass brav und ordentlich<br />
gewählt wird, dass der<br />
Parlamentarismus funktioniert,<br />
dass der Kandidatur<br />
von Konterrevolutionären<br />
nichts in den Weg gelegt<br />
wird, dass niemandem das<br />
Wahlrecht entzogen wird,<br />
dass die „Freiheit der Persönlichkeit“<br />
nicht angetastet<br />
wird, dass alles friedlich<br />
abgeht, kurzum dass<br />
es keine (durch seinesgleichen)<br />
unbeherrschbare<br />
und unkontrollierbare Insurrektion,<br />
dass es keinen<br />
Kampf um Befestigung<br />
und volle Durchsetzung<br />
der proletarischen Macht,<br />
kurz dass es keine Revolution<br />
gibt. Die Fiktion der<br />
bürgerlichen Demokratie<br />
ist sein Kriterium, wie die<br />
Aufrechterhaltung der<br />
Bourgeoismacht sein Ziel<br />
ist.<br />
Arnould 4 (ein anarchistischer<br />
Teilnehmer und<br />
Geschichtsschreiber der<br />
Commune) schreibt zu den<br />
Wahlen am 26.3.1871 ganz<br />
richtig: „(Es) war schon<br />
kein Sinn für Abstimmung<br />
vorhanden …Alle, die der<br />
Commune ergeben waren,<br />
befanden sich auf den Befestigungen,<br />
in den Forts,<br />
in den vordersten Reihen<br />
der Truppen … das Volk<br />
legte den Wahlen gar keine<br />
Bedeutung bei… Die<br />
Wahlen waren eigentlich<br />
nur Parlamentarismus.<br />
Man hätte nicht die Wähler<br />
zählen, sondern Soldaten<br />
haben müssen; man<br />
hätte nicht ermitteln sollen,<br />
ob wir in der Meinung<br />
von Paris gestiegen oder<br />
gefallen, sondern Paris vor<br />
den Versaillern schützen<br />
sollen.“<br />
Und Lavrov: „Diese Predigt<br />
(über bürgerliche Rechte<br />
und bürgerlichen Parlamentarismus)<br />
entwaffnete<br />
die Feinde des Proletariats<br />
… durchaus nicht, beraubte<br />
aber das Proletariat der<br />
Energie und verblendete<br />
es gleichsam vorsätzlich<br />
angesichts der unversöhnlichen<br />
Feinde.“<br />
Es geht nicht um formale<br />
bürgerliche Demokratie,<br />
um parlamentarische<br />
Wahlen und Abstimmungen,<br />
sondern darum, die<br />
Interessen der Arbeiter/<br />
innenklasse und des Volkes<br />
mit Unterstützung<br />
der Mehrheit der Arbeiter/innenklasse<br />
und des<br />
Volkes durchzusetzen.<br />
Diese Mehrheit ergibt sich<br />
nicht aus Wahlen, sondern<br />
bildet sich im Kampf. In<br />
revolutionären Zeiten ändern<br />
sich die Verhältnisse<br />
täglich oder stündlich. Ob<br />
die revolutionäre Partei<br />
sich schon auf eine ausreichende<br />
Basis in der Arbeiter/innenklasse<br />
und im<br />
Volk stützen kann, ändert<br />
sich ebenso schnell mit<br />
dem Fortgang des Klassenkampfes.<br />
Sobald sie sich<br />
der faktischen Mehrheit,<br />
zumindest in den entscheidenden<br />
Teilen der Klasse,<br />
nähert, muss sie losschlagen.<br />
Diese heutige revolutionäre<br />
Mehrheit drückt<br />
sich aber natürlich nicht<br />
im Ergebnis der letzten<br />
Wahlen von z.B. vor einigen<br />
Wochen oder Monaten<br />
aus und sie würde sich<br />
auch nicht bei eventuellen<br />
nächsten Wahlen ausdrücken,<br />
denn bis dahin kann<br />
man nicht warten, bis dahin<br />
wäre es schon zu spät,<br />
man hätte schon eine Niederlage<br />
eingesteckt und<br />
wäre liquidiert worden.<br />
Jede Wahl hinkt immer<br />
hinter der wirklichen,<br />
praktischen Entwicklung<br />
des Klassenbewusstseins<br />
weit zurück.<br />
In den kautskyschen Zitaten<br />
steckt aber auch die<br />
Anbetung des Parlamentarismus<br />
und der bürgerlichen<br />
Demokratie, der<br />
bürgerlichen „Gleichheit“,<br />
der bürgerlichen „Freiheit“,<br />
sprich: Freiheit für<br />
die Bourgeoisie. Uns geht<br />
es aber um die materielle<br />
Demokratie für Arbeiter/<br />
innenklasse und Volk, um<br />
die Zertrümmerung der<br />
Formen und Institutionen<br />
der bürgerlichen Demokratie<br />
sowie die Schaffung<br />
neuer Formen der revolutionären<br />
demokratischen<br />
Diktatur der Arbeiterklasse.<br />
Lenin hat darauf<br />
hingewiesen, dass der<br />
Kautsky’sche Versuch, die<br />
Commune als Ausdruck<br />
und Vorbild der formalen<br />
bürgerlichen Demokratie<br />
hinzustellen, ein glattes<br />
Betrugsmanöver ist. Die<br />
Commune war vielmehr<br />
bzw. wurde von ihren führenden<br />
Repräsentanten<br />
(Blanquisten, revolutionäre<br />
Sozialisten…) verstanden<br />
als Ausdruck der unmittelbaren<br />
(nicht durch<br />
bürgerlich-demokratische<br />
Phantasmagorien beschränkten)<br />
Diktatur des<br />
Proletariats und speziell<br />
des revolutionären Paris.<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
21
Pariser Commune<br />
22<br />
In Russland hatten die<br />
Bolschewiki losgeschlagen,<br />
als sie faktisch eine<br />
Mehrheit in den Sowjets<br />
von Moskau und Petrograd<br />
hatten, was kurz<br />
danach bei Wahlen auch<br />
bestätigt wurde, und von<br />
dort aus das ganze Land<br />
aufgerollt. Eine Volksbefragung<br />
in der ganzen<br />
russischen Provinz konnte<br />
man nicht abwarten.<br />
Auch die Commune war<br />
nur in Paris gewählt worden,<br />
bloß kam es zur Aufrollung<br />
des ganzen Landes<br />
nicht mehr. Damit wurde<br />
der Commune ja von der<br />
Versailler Regierung die<br />
„demokratische Legitimität“<br />
abgesprochen. Diese<br />
Regierung stützte sich auf<br />
die in Bordeaux tagende<br />
sogenannte „Nationalversammlung“,<br />
die fast nur<br />
aus extremen Reaktionären,<br />
lauter feudalen und<br />
großbourgeoisen Kräften<br />
bestand, aber auch<br />
irgendwie, wenn auch<br />
höchst undurchsichtig unter<br />
der geistigen Knute<br />
der Pfaffen und unter dem<br />
Soldatenstiefel, gewählt<br />
worden war. Für die Reaktion<br />
war war diese „Nationalversammlung“<br />
das eigentliche<br />
gesamtnationale<br />
„demokratische“ Repräsentativorgan<br />
schlechthin.<br />
Auch bei Kautsky klingt<br />
überall durch, dass die<br />
Commune sozusagen nicht<br />
gesamtstaatlich legitimiert<br />
gewesen sei. Zu Recht sagt<br />
Trotzki: „Um den großen<br />
Demokraten Kautsky zu<br />
befriedigen, hätten die<br />
Revolutionäre der Commune<br />
erst durch allgemeine<br />
Abstimmung die ganze<br />
Bevölkerung Frankreichs<br />
befragen sollen, ob sie ihnen<br />
gestatte, gegen Thiers<br />
zu kämpfen.“ (p.116)<br />
Das wirft das Problem<br />
auf, dass die Entwicklung<br />
in der Provinz der in Paris<br />
und den anderen großen<br />
Städten (Marseille, Lyon,<br />
Toulouse, St.Etienne…)<br />
nachhinkte. Auch in der<br />
Großen Revolution war<br />
es mehrfach so gewesen.<br />
Die Revolution hatte immer<br />
ihren Ausgang in den<br />
großen proletarischen<br />
Zentren genommen und<br />
namentlich von Paris. „Auf<br />
dem fl achen Land“ hatten<br />
sich dagegen regelmäßig<br />
konterrevolutionäre Kräfte<br />
festgesetzt, von dort<br />
waren konterrevolutionäre<br />
Truppen rekrutiert<br />
worden etc. Besonders die<br />
Bretagne und Acquitaine<br />
(rund um Bordeaux) taten<br />
sich regelmäßig dadurch<br />
hervor. Marx weist nach,<br />
dass es massives Interesse<br />
der Bauern gab, das Joch<br />
des Zweiten Kaiserreichs<br />
abzuschütteln. Die Commune<br />
hätte dafür einige<br />
Monate Zeit gebraucht,<br />
in denen man die Provinz<br />
hätte gewinnen können.<br />
Zuerst aber musste die<br />
Revolution in den großen<br />
Zentren in Angriff genommen<br />
werden, um sie dann<br />
aufs Land zu tragen.<br />
Kautsky scheut auch nicht<br />
vor offener Lügerei zurück.<br />
Er hat nämlich das<br />
Problem, dass die Analysen<br />
von Marx und Engels<br />
überhaupt nicht zu seiner<br />
antirevolutionären Haltung<br />
passen. Zum Beispiel<br />
ihre Kritik an zuviel Zaudern<br />
und Zögern und zuwenig<br />
revolutionärer Entschlossenheit<br />
und Gewalt.<br />
Das kann er nicht einfach<br />
wegwischen, also zieht er<br />
sich aus der Affäre, indem<br />
er sagt, er verstünde nicht<br />
genau, was Marx da ei-<br />
gentlich meinte, denn man<br />
hätte doch 1871 dies nicht<br />
machen können und auch<br />
jenes nicht …. Tatsächlich<br />
besteht aber ein direkter<br />
Zusammenhang zwischen<br />
Fehlern der Commune wie<br />
vor allem denen, die Reaktion<br />
unbehelligt aus Paris<br />
abziehen zu lassen, nicht<br />
sofort nach Versailles zu<br />
marschieren, der Reaktion<br />
in Paris zu lange und zu<br />
viel Bewegungsraum zu<br />
geben, zu viel Nachsicht<br />
und „Großmut“ zu üben<br />
etc. und ihrer politischen<br />
Unklarheit und ihrer anfänglichen<br />
Angst vor dem<br />
Bürgerkrieg. Diese Fehler,<br />
deren Kritik durch Marx<br />
Kautsky angeblich nicht<br />
versteht, resultieren aber<br />
genau aus der zugleich<br />
von ihm so positiv betonten<br />
Unvorbereitetheit und<br />
Unentschlossenheit der<br />
Commune. Das Argument<br />
ist also total verlogen.<br />
Kautsky resümiert seine<br />
„Analyse“ der Commune,<br />
neben der Glorifi zierung<br />
von Parlamentarismus<br />
und Bourgeoisdemokratie,<br />
mit dem vielsagenden<br />
Satz: „Das Kriegsführen<br />
ist eben nicht die starke<br />
Seite des Proletariats.“<br />
Ebenso hatte er während<br />
des Zweiten Weltkriegs,<br />
als die II. Internationale<br />
zusammengebrochen war,<br />
erklärt, dass dieselbe während<br />
des Kriegs nicht tätig<br />
sein könnte, das sie ihrem<br />
Wesen nach ein „Friedensinstrument“<br />
sei. Also, weil<br />
sie ein Friedensinstrument<br />
ist, darf sie sich dem Krieg<br />
nicht entgegenstellen.<br />
Was für eine heuchlerische<br />
Entstellung der banalen<br />
Tatsache, dass fast alle führenden<br />
Sozialdemokraten<br />
1914 ins Lager des Chauvi-
nismus und Imperialismus<br />
übergingen.<br />
Kautsky hat seine Erkenntnisse<br />
aus der Commune<br />
wie auch aus der Oktoberrevolution<br />
auch theoretisch<br />
„verallgemeinert“:<br />
„So haben wir allen<br />
Grund, auf den Gebrauch<br />
des Schlagwortes von der<br />
Diktatur des Proletariats<br />
zu verzichten, die stets<br />
missverständlich war und<br />
bis zum Jahr 1917 nur in<br />
der polemischen, nicht in<br />
der agitatorischen Literatur<br />
des Marxismus eine<br />
Rolle spielte…. Sie (die<br />
Bolschewiki) berufen sich<br />
auf Marx und Engels, die<br />
von der Diktatur des Proletariats<br />
sprachen. Leider<br />
haben sie diese ihre Worte<br />
nie näher erläutert. Sie gebrauchten<br />
sie eben nur in<br />
gelegentlichen Bemerkungen.<br />
Für die Bolschewiki<br />
ist es aber zum Programm<br />
geworden.“ (Kautsky:<br />
„Von der Demokratie zur<br />
Staatssklaverei“)<br />
„Die Vorstellungen, die<br />
Marx und Engels zur Zeit<br />
der Abfassung des Kommunistischen<br />
Manifests<br />
über die Wirkungen der<br />
Demokratie hegten, unterscheiden<br />
sich sehr von<br />
denen, die heute in unseren<br />
Reihen vorherrschen.“<br />
(Kautsky: Vorwort zum<br />
„Manifest“, 1928)<br />
Zur Äußerung von Marx,<br />
die Arbeiterklasse hätte<br />
„15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege<br />
und Völkerkämpfe<br />
durchzumachen…“, sagt<br />
Kautsky: „Auch in diesen<br />
Sätzen steckt eine falsche<br />
Voraussicht. Sie enthielten<br />
einen Irrtum…. auch über<br />
die Methoden, das Prole-<br />
tariat zur Herrschaft zu befähigen.<br />
Marx nennt 1850<br />
als solche: ‚Bürgerkriege<br />
und Völkerkämpfe’. Die<br />
erzieherischen Wirkungen<br />
der Völkerkämpfe weisen<br />
wir nach den gemachten<br />
Erfahrungen schaudernd<br />
zurück… Die Bürgerkriege<br />
… haben auch nirgends<br />
dazu beigetragen, das<br />
Proletariat intellektuell<br />
und moralisch zu heben.“<br />
(Kautsky in „Die Gesellschaft“,<br />
1928)<br />
„Die Entwicklung des<br />
Staates hat demnach eine<br />
andere Entwicklung genommen,<br />
wie Marx und<br />
Engels in ihrer Beeinfl ussung<br />
durch liberal-anarchistische<br />
Zeitströmungen<br />
glaubten.“ (Cunow: „Die<br />
Marxistische Geschichts-,<br />
Gesellschafts- und Staatstheorie“,<br />
1923)<br />
Fazit: Von der Fälschung<br />
bzw. vom Totschweigen<br />
der Commune gelangte<br />
man Schritt für Schritt zur<br />
direkten Hetze gegen die<br />
Commune - und die Bolschwewiki.<br />
Die Entwicklung<br />
der Rezeption der<br />
Commune widerspiegelt<br />
exakt die Entwicklung der<br />
Sozialdemokratie zum Revisionismus<br />
und zur Konterrevolution<br />
ab 1918.<br />
2. Anarchisten (Bakunin<br />
und Kropotkin)<br />
Bakunin 5 lebte 1870/71 in<br />
Lyon und hatte dort am<br />
28.9.1870 an einem noch<br />
am selben Tag niedergeschlagenenAufstandversuch<br />
teilgenommen („Proklamation<br />
der revolutionären<br />
Föderation der Kommunen“).<br />
Am 18.3.1871<br />
(wohlgemerkt nach der<br />
Volkserhebung, als es<br />
nicht mehr darum ging,<br />
sich den Kopf über ihre<br />
Erfolgsaussichten zu zerbrechen)<br />
äußerste er sich<br />
sehr pessimistisch über die<br />
Chancen der Commune:<br />
„Aller Wahrscheinlichkeit<br />
nach werden die Pariser<br />
zugrunde gehen, aber umsonst<br />
werden sie es nicht,<br />
sie werden dadurch die Sache<br />
fördern, sie sollen wenigstens<br />
halb Paris in Asche<br />
legen.“ („Das knoutogermanische<br />
Kaiserreich und<br />
die soziale Revolution“).<br />
Zugleich beäugte er die<br />
Commune mit Misstrauen,<br />
nämlich Misstrauen gegen<br />
Paris als Inbegriff des französischen<br />
Zentralismus:<br />
„(Wenn die Bewegung in<br />
Paris beginnt), darf sich<br />
eine revolutionäre Pariser<br />
Commune nicht das Recht<br />
anmaßen, Frankreich regieren<br />
zu wollen, sondern<br />
muss an die Provinz appellieren,<br />
ihrem Beispiel zu<br />
folgen und bei sich eine<br />
ebenso radikal staatszerstörende,<br />
das juridische<br />
Recht und das privilegierte<br />
Eigentum zerstörende Revolution<br />
zu machen und<br />
sich hierauf zu föderalisieren.“<br />
(Brief an Richard,<br />
1.4.1870).<br />
Bakunin war der Hauptexponent<br />
des Anarchismus<br />
im Linienkampf in der Internationale,<br />
der seinen<br />
Höhepunkt nach der Pariser<br />
Commune und bis zum<br />
Haager Kongress der Internationale<br />
im Juni 1872<br />
erreichte, bei dem die Anarchisten<br />
ausgeschlossen<br />
wurden.<br />
Kropotkin 6 kam mit der<br />
Commune und überhaupt<br />
mit der Arbeiterbewegung<br />
erst in „Berührung“<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
23
Pariser Commune<br />
24<br />
bei einer Reise nach Genf<br />
im Sommer 1871, wo er<br />
einen früheren Commune-Kämpfer<br />
(Malon) traf,<br />
der ihm von der Commune<br />
erzählte. Unter diesen<br />
Eindrücken wurde Kropotkin<br />
politischer Aktivist,<br />
Anarchist und „Anhänger<br />
der Commune“. Ab 1986<br />
Privatgelehrter und Menschenfreund<br />
in London;<br />
1914 Rückkehr nach Russland<br />
und Übergang ins<br />
Lager des Sozialchauvinismus;<br />
1917 wollte Kerenski<br />
ihn in die „provisorische<br />
Regierung“ holen, was er<br />
aber ablehnte; ab der Oktoberrevolution„Leninkritiker“<br />
(Brief an Lenin wegen<br />
„Geiselfrage“ 1920);<br />
Tod 1921.<br />
Man kann die Haltung des<br />
Anarchismus zur Commune<br />
so charakterisieren:<br />
1. Die Commune wird (als<br />
Abstraktion) in Worten<br />
gerühmt, aber gleich darauf<br />
(in concreto) in der<br />
Luft zerrissen.<br />
2. Die Fehler und Schwächen<br />
der Commune werden<br />
gefeiert; kritisiert<br />
wird an ihr, diese Fehler<br />
nicht noch gesteigert oder<br />
vertieft zu haben.<br />
3. Die Stärken der Commune<br />
werden kritisiert oder<br />
jedenfalls mit Mißtrauen<br />
beäugt.<br />
4. Die Schuld an der Niederlage<br />
wird Marx/den<br />
„deutschen Sozialisten“/<br />
den „autoritären Kommunisten“<br />
gegeben.<br />
Die Commune wird gemessen<br />
nicht an den Aufgaben<br />
und Möglichkeiten<br />
der ersten proletarischen<br />
Revolution und unter den<br />
gegebenen Bedingungen,<br />
sondern an der völlig ab-<br />
strakten und völlig sinnentleerten<br />
Phrase von der<br />
„sofortigen Abschaffung<br />
der Kirche und des Staates“.<br />
Die „sittliche Idee des<br />
Staates“, die man aus der<br />
klassischen Philosophie<br />
kennt, lebt hier fort, bloß<br />
auf den Kopf gestellt, so<br />
wie der Luzifer aus einem<br />
Erzengel zum Teufel wurde.<br />
In Lyon hatte Bakunin<br />
proklamiert: „Art.1: Die<br />
Verwaltungs- und Regierungsmaschinerie<br />
des Staates<br />
ist machtlos geworden<br />
(!) und wird abgeschafft.<br />
Das französische Volk erhält<br />
sein uneingeschränktesSelbstbestimmungsrecht.“<br />
Wenige Stunden<br />
später spazierte die Polizei<br />
des soeben abgeschafften<br />
Staates bei der Tür herein<br />
und verhaftete alle, die<br />
nicht rechtzeitig fl üchten<br />
konnten. Art.2 bis 4<br />
handelt von den sozialen<br />
Hauptanliegen der Anarchisten:<br />
Beseitigung von<br />
Wucher, Zins, Hypotheken<br />
und Steuern, alles, was<br />
eben den untergehenden<br />
Kleinbürger bedrückt.<br />
Über Ausbeutung und Kapitalverhältnis<br />
fi ndet man<br />
nichts.<br />
An diesem Ereignis, dass<br />
nämlich der „abgeschaffte“<br />
Staat (wozu eigentlich,<br />
wenn er eh schon machtlos<br />
geworden war?) zurückschlägt,<br />
etwas, was sich<br />
1873 in Spanien wiederholte<br />
und Bakunin selbst<br />
einen Gefängnisaufenthalt<br />
bescherte, sieht man<br />
deutlich, was der Unterschied<br />
zwischen dem anarchistischen<br />
„Abschaffen<br />
des Staates“ und der marxistischen<br />
„Zerschlagung<br />
des bürgerlichen Staatsapparats“<br />
ist.<br />
Die Commune wird völlig<br />
fehlinterpretiert. Bakunin:<br />
„Ich bin ein Anhänger der<br />
Commune vor allem, weil<br />
sie eine kühne, sehr ausgesprochene<br />
Verneinung<br />
des Staats war.“ (p.11) Alles<br />
was die Commune war<br />
und alles, was sie nachfolgende<br />
Generationen lehrte,<br />
gibt’s für die Anarchisten<br />
gar nicht. Sie hat nicht<br />
etwa zwar den bürgerlichen<br />
Staatsapparat über<br />
den Haufen geworfen und<br />
sich einen neuen, revolutionären,<br />
proletarischen<br />
Staatsapparat gegeben<br />
und dadurch die historisch<br />
erste Diktatur des Proletariats<br />
errichtet, sondern<br />
sie habe „den Staat verneint“.<br />
Die Anarchisten „verneinen“<br />
nicht nur den Staat,<br />
sondern sind für die „sofortige<br />
Abschaffung des<br />
Staates“, was sie auch bei<br />
(fast) jeder Gelegenheit,<br />
die sich ihnen bietet, mit<br />
dem allerersten Federstrich<br />
tun, während die<br />
Kommunisten der Auffassung<br />
sind, dass es auch<br />
im Sozialismus für einen<br />
gewissen Zeitraum noch<br />
einer Staatsmacht bedarf.<br />
Und zwar einer starken<br />
Staatsmacht, allein schon,<br />
weil die Revolution mit<br />
großer Sicherheit sofort<br />
von allen Seiten militärisch<br />
angegriffen werden wird,<br />
abgesehen davon, dass sie<br />
den inneren Widerstand<br />
der Reaktion niederkämpfen<br />
muss. Allerdings eine<br />
proletarische Staatsmacht,<br />
die nach Zerschlagung des<br />
alten bürgerlichen Staatsapparats<br />
auf Basis der<br />
Rätedemokratie errichtet<br />
wird. Für die Anarchisten<br />
ist der Staat an und für<br />
sich, also eigentlich die<br />
„Idee“ des Staates, böse.
Marx an die Adresse der<br />
Anarchisten: „Wenn die<br />
Arbeiter an Stelle der Diktatur<br />
der Bourgeoisie ihre<br />
revolutionäre Diktatur setzen,<br />
dann begehen sie das<br />
schreckliche Verbrechen<br />
der Prinzipienbeleidigung,<br />
denn um ihre kläglichen<br />
profanen Tagesbedürfnisse<br />
zu befriedigen, um den<br />
Widerstand der Bourgeoisie<br />
zu brechen, geben sie<br />
dem Staat eine revolutionäre<br />
und vorübergehende<br />
Form, statt die Waffen niederzulegen<br />
und den Staat<br />
abzuschaffen.“ (MEW 18,<br />
p.299-308)<br />
Die Anarchisten verwechseln<br />
auch ständig die<br />
Existenz eines Staates<br />
überhaupt mit einer bestimmten<br />
Staatsmacht mit<br />
einem bestimmten politischen<br />
und Klassencharakter.<br />
Dass die Commune<br />
selbstverständlich die von<br />
der Reaktion ins Leben<br />
gerufene „Nationalversammlung“<br />
in Bordeaux<br />
nicht anerkannte, sondern<br />
bekämpfte, hat mit deren<br />
Klassencharakter zu tun,<br />
aber nicht damit, dass sie<br />
sich Nationalversammlung<br />
nannte und eine „zentralstaatliche<br />
Institution“<br />
war. Kropotkin, für den<br />
sich alles nur abspielt als<br />
Widerspruch zwischen<br />
„föderalistischem dezentralen<br />
Volk“ und „zentraler<br />
Staatsmacht“, ohne Rücksicht<br />
auf deren Klasseninhalt,<br />
ist ganz begeistert<br />
darüber. „Wenn es (das<br />
revolutionäre Paris) seine<br />
Unabhängigkeit (Anm.:<br />
nämlich von der „Krautjunkerversammlung“<br />
in<br />
Bordeaux!) forderte, wenn<br />
es die Einmischung der<br />
Zentralgewalt in seine Angelegenheiten<br />
abwehren<br />
wollte…“, legt Kropotkin<br />
das als „anti-staatliche<br />
Haltung“ der Commune,<br />
als „Verneinung des Staates“<br />
und als Verneinung<br />
einer Zentralmacht durch<br />
die Commune aus. Es war<br />
aber die Verneinung und<br />
Bekämpfung der Reaktion,<br />
dies sich als „legitimer<br />
Staat“ ausgab.<br />
Kropotkin lobt die Commune<br />
nicht etwa wegen<br />
ihrer Taten, sondern nur<br />
wegen ihres Mutes und ihrer<br />
Opferbereitschaft und<br />
angesichts ihrer Schlächter.<br />
Die Kommunisten ehren<br />
die Commune darüber<br />
hinaus dafür, dass sie<br />
erstmals in der Geschichte<br />
die Aufgaben der Diktatur<br />
des Proletariats in Angriff<br />
nahm und Maßnahmen in<br />
diesem Sinne setzte. Dass<br />
sie die „endlich entdeckte<br />
politische Form, unter der<br />
die ökonomische Befreiung<br />
der Arbeit sich vollziehen<br />
konnte“ (Marx) war,<br />
also der endlich gefundene<br />
Form der Diktatur des Proletariats,<br />
vor deren grundsätzlicher<br />
Notwendigkeit<br />
Marx bereits nach der Revolution<br />
von 1848 (im „18.<br />
Brumaire“) gesprochen<br />
hatte. Über das alles kann<br />
sich ein Kropotkin nur abfällig<br />
äußern: „Sie wagte<br />
es nicht, sich vollständig<br />
auf das ökonomische Gebiet<br />
zu werfen… Sie brach<br />
nicht einmal mit der Tradition<br />
des Staates.“ (p.25)<br />
Statt vom gewonnenen<br />
Pariser Stützpunkt aus<br />
die Revolution im ganzen<br />
Land zu entfachen, „die<br />
Provinz zu erobern“, wie<br />
es mehrfach während der<br />
Großen Revolution geschehen<br />
war und was damals<br />
sicher noch jeder im<br />
Kopf hatte, und der Revolution<br />
eine gesamtnationale<br />
Perspektive zu geben<br />
(wozu der Commune<br />
im konkreten Fall die Zeit<br />
nicht blieb, was sie aber<br />
wohl unterschätzte und<br />
vernachlässigte), hatten<br />
die Anarchisten im Auge<br />
eine „freie und spontane<br />
Föderation unabhängiger<br />
Gemeinden“.<br />
Marx zu solchen „reaktionären“Interpretationen<br />
der Commune: „Es ist<br />
das gewöhnliche Schicksal<br />
neuer geschichtlicher<br />
Schöpfungen, für das Seitenstück<br />
älterer und selbst<br />
verlebter Formen des gesellschaftlichen<br />
Lebens<br />
versehn zu werden, denen<br />
sie einigermaßen ähnlich<br />
sehen. So diese neue Commune,<br />
die die moderne<br />
Staatsmacht bricht, für<br />
eine Wiederbelebung der<br />
mittelalterlichen Kommunen,<br />
welche jener Staatsmacht<br />
erst vorausgingen<br />
und dann ihre Grundlage<br />
bildeten. … Die Kommunlaverfassung<br />
ist versehn<br />
worden für einen Versuch,<br />
einen Bund kleiner Staaten<br />
an die Stelle (der) Einheit<br />
großer Völker zu setzen…<br />
Der Gegensatz der Commune<br />
gegen die Staatsmacht<br />
ist versehn worden<br />
für eine übertriebene Form<br />
des alten Kampfes gegen<br />
Überzentralisation…<br />
Die Kommunalverfassung<br />
würde im Gegenteil dem<br />
gesellschaftlichen Körper<br />
alle die Kräfte zurückgegeben<br />
haben, die bisher<br />
der Schmarotzerauswuchs<br />
‚Staat’, der von der Gesellschaft<br />
sich nährt und ihre<br />
freie Bewegung hemmt,<br />
aufgezehrt hat.“ Und: „Die<br />
Einheit der Nation sollte<br />
nicht gebrochen, sondern<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
25
Pariser Commune<br />
26<br />
im Gegenteil organisiert<br />
werden durch die Kommunalverfassung;<br />
sie sollte<br />
eine Wirklichkeit werden<br />
durch Vernichtung jener<br />
Staatsmacht, welche sich<br />
für die Verkörperung dieser<br />
Einheit ausgab, aber …<br />
doch nur ein Schmarotzerauswuchs<br />
war.“ Und: „Das<br />
bloße Bestehn der Commune<br />
führte, als etwas<br />
Selbstverständliches, die<br />
lokale Selbstregierung mit<br />
sich, aber nun nicht mehr<br />
als Gegengewicht gegen<br />
die, jetzt überfl üssig gemachte,<br />
(Anm.: bürgerliche<br />
zentralistische) Staatsmacht.“<br />
(„Der Bürgerkrieg<br />
in Frankreich“, MEW 17,<br />
p.340ff.)<br />
Die Anarchisten (und nicht<br />
nur sie) verwechseln den<br />
Widerspruch zwischen<br />
bürgerlicher und proletarischer<br />
Staatsmacht, bürgerlichem<br />
und proletarischem<br />
Staat einerseits mit dem<br />
Widerspruch zwischen<br />
Volk und Staat überhaupt<br />
(also eigentlich der „Idee<br />
des Staates“) und andererseits<br />
mit dem Widerspruch<br />
zwischen Zentralismus und<br />
Föderalismus.<br />
Wie man sieht, lag es Marx<br />
fern, Zentralismus und Föderalismus<br />
in der Manier<br />
der Anarchisten einander<br />
entgegenzustellen. Die<br />
wirkliche Fragestellung<br />
ist die Notwendigkeit der<br />
Zerschlagung des bürgerlichen<br />
Staatsapparats und<br />
dessen Ersatz durch den<br />
proletarischen Staat, der<br />
so organisiert sein muss,<br />
dass das Proletariat seine<br />
Diktatur tatsächlich ausüben<br />
kann, also demokratisch<br />
und in Gestalt von<br />
Räten, wie sie die Commune<br />
erstmals in Keim-<br />
formen hervorgebracht<br />
hatte, aber zugleich bei<br />
aller notwendigen zentralen<br />
Zusammenfassung<br />
der Klassen- und Volkskräfte.<br />
Notwendig nach<br />
dem siegreichen Aufstand<br />
ist nicht die Schwächung,<br />
sondern die Stärkung der<br />
proletarischen Staatsmacht<br />
(z.B. Aufbau einer<br />
Roten Armee), aber eben<br />
nicht die Stärkung eines<br />
vom Volk abgehobenen<br />
und es unterdrückenden<br />
Staatsapparats, sondern<br />
einer Staatsmacht auf rätedemokratischerGrundlage.<br />
Paris durfte sich - nach<br />
den Anarchisten - keinesfalls<br />
zum „Herren über die<br />
Provinz“ aufschwingen. Es<br />
sollte im Zug der Revolution<br />
auch gar nicht tätig<br />
werden gegenüber der<br />
Provinz. Jede Stadt, jede<br />
Gemeinde sollte ihre eigene<br />
„Revolution“ machen.<br />
Es war aber gerade ein<br />
(allerdings angesichts der<br />
militärischen Lage und der<br />
Kürze der zur Verfügung<br />
stehenden Zeit unvermeidlicher)<br />
Fehler der Commune,<br />
praktisch nichts getan<br />
zu haben, um die Revolution<br />
auch in der (außer<br />
einer Skizze einer auf eine<br />
kommunale Organisation<br />
gestützten Staatsgliederung)<br />
zu befördern. In ihrem<br />
Aberglauben über die<br />
Bösartigkeit und Schädlichkeit<br />
jeder politischen und<br />
ergo staatlichen Organisation,<br />
in ihrem Horror vor<br />
dem Geistwesen „Staat“<br />
und jeder bösen „Zentralgewalt“,<br />
treten die Anarchisten<br />
für die Vertiefung<br />
dieses verhängnisvollen<br />
Fehlers ein, der an der Niederlage<br />
mitschuldig war.<br />
Die Anarchisten stellen<br />
sich vor, man müsste einfach<br />
die Macht ergreifen<br />
(und dies am ehesten in<br />
einer blanquistischen Art)<br />
und sofort per feierlicher<br />
Deklaration Kirche und<br />
Staat für abgeschafft erklären.<br />
Dann bräuchte man<br />
sich um diese, da ja abgeschafft,<br />
nicht mehr weiter<br />
kümmern, politisch wäre<br />
nicht mehr viel zu tun und<br />
man könne und müsse sich<br />
sofort auf die „soziale Revolution“<br />
werfen. (Schönes<br />
Beispiel dafür Art.4<br />
der Lyoner Programms,<br />
wobei einige Skepsis über<br />
die eigenen Maßnahmen<br />
mitschwingt: „Nachdem<br />
(!) der Staat abgeschafft<br />
ist, wird er keine Privatschulden<br />
mehr eintreiben<br />
können.“) Ganz anders<br />
die Commune. „Stattdessen,<br />
so Kropotkin, suchte<br />
(man) erst die Commune<br />
sicherzustellen (Anm.:<br />
also schon wieder eine<br />
Staatsmacht befestigen!),<br />
um später auf die soziale<br />
Revolution zurückzukommen,<br />
während der einzige<br />
richtige Weg gewesen<br />
wäre, die Commune durch<br />
die soziale Revolution zu<br />
sichern.“ (p.29) Tatsächlich<br />
aber hatte die Commune<br />
keine Zeit zu verlieren, um<br />
sich die notwendige staatliche<br />
und militärische Organisation<br />
zu geben. Das<br />
war weit wichtiger, als ein<br />
paar anarchistische Phrasen<br />
zu deklamieren.<br />
„Ganz ebenso, schreibt<br />
er weiter, stand es um<br />
das Herrschaftsprinzip.<br />
Mit der freien Kommune<br />
proklamierte das Volk<br />
von Paris ein wesentlich<br />
anarchistisches Prinzip...“<br />
Doch oje! „… aber nachdem<br />
in jener Epoche die
anarchistischen Ideen nur<br />
sehr spärlich in die Geister<br />
eingedrungen waren,<br />
blieb man auf halbem<br />
Wege stehen und leistete<br />
im Inneren der Kommune<br />
noch dem autoritären<br />
Prinzip Vorschub…“ Wie<br />
das? „… indem man sich<br />
einen Kommunalrat gab.“<br />
Also, indem man sich organisiert,<br />
leistet man dem<br />
„autoritären Prinzip“ Vorschub.<br />
Man sollte sich also<br />
nicht organisieren und der<br />
spontanen Föderierung<br />
und Selbstentfaltung von<br />
unten freien Lauf lassen.<br />
Man kann darüber diskutieren,<br />
ob die Commune<br />
nicht - in der gegebenen<br />
Situation - Zeit verloren<br />
hat damit, Wahlen abzuhalten<br />
und die politische<br />
Macht von der Nationalgarde<br />
auf die Commune zu<br />
übertragen, man hätte das<br />
vielleicht auch verschieben<br />
können, aber man kann<br />
nicht dagegen auftreten,<br />
dass überhaupt eine - über<br />
das Militärische hinausgehende<br />
- politische Räteorganisation<br />
ins Leben<br />
gerufen wird. Kropotkin<br />
und Bakunin sind erbitterte<br />
Kritiker der Wahlen zur<br />
Commune, aber nicht aus<br />
solchen taktischen Überlegungen,<br />
sondern weil<br />
sie überhaupt gegen jede<br />
politische Organisation<br />
sind. „Im Gegensatz zur<br />
Idee der autoritären Kommunisten,<br />
die ich für ganz<br />
irrig halte, dass eine soziale<br />
Revolution von einer<br />
Diktatur oder einer aus einer<br />
politischen Revolution<br />
hervorgegangenen konstituierenden<br />
Versammlung<br />
(Anm.: wie der Commune)<br />
dekretiert und organisiert<br />
werden könnte“ setzt<br />
Bakunin mehr auf „die<br />
spontane und fortgesetz-<br />
te Aktion der Massen, der<br />
Volksgruppen und Volksvereinigungen“.<br />
Es sei<br />
auch theoretisch ganz unmöglich,<br />
dass sich die Arbeiterklasse<br />
oder das Volk<br />
politisch organisieren,<br />
denn es sei unmöglich,<br />
„die unendliche Vielfältigkeit<br />
und Verschiedenheit<br />
der wirklichen Interessen,<br />
Aspirationen, Wünsche<br />
und Bedürfnisse zu umfassen,<br />
deren Summe den<br />
gemeinsamen Willen eines<br />
Volkes bildet, und eine soziale<br />
Organisation zu erfi<br />
nden, die imstande wäre,<br />
alle zu befriedigen“ (p.15).<br />
Daher geht’s nur in „freier<br />
Föderierung und Assoziierung“.<br />
Wieso es dort im<br />
Kleinen allerdings anders<br />
sein soll als im Ganzen, sei<br />
dahingestellt. Bemerkenswert,<br />
wie hier der „Idee<br />
des Staates“ die „Idee des<br />
Volkes“ gegenübergestellt<br />
wird, wieder ganz ohne<br />
Klassen und ohne Geschichte.<br />
Ganz schlecht ist es auch,<br />
wenn eine Massenbewegung<br />
eine Führung hat.<br />
Wo es gerade ein Mangel<br />
war, dass die Commune<br />
aus einer spontanen Massenbewegung<br />
entstanden<br />
war, ohne über eine gut<br />
organisierte, entsprechend<br />
vorbereitete Führung und<br />
halbwegs klare programmatische<br />
Vorstellungen zu<br />
verfügen, fi ndet Bakunin<br />
das als das eigentlich Gute<br />
an der Commune: „Die<br />
einzelnen konnten nichts<br />
anderes tun, als dem Volksinstinkt<br />
entsprechende<br />
Ideen auszuarbeiten, klarzulegen<br />
und zu verbreiten,<br />
und ferner beständig<br />
bemüht zu sein, die natürliche<br />
(?) Macht der Massen<br />
revolutionär zu organisie-<br />
ren - nicht aber darüber hinauszugehen;<br />
alles übrige<br />
könne und solle nur durch<br />
das Volk selbst gemacht<br />
werden. Sonst gelange<br />
man zur politischen Diktatur,<br />
d.h. zur Wiederbildung<br />
des Staates…“ (p.14)<br />
Außerdem sei es gut, dass<br />
man sehr „gegen die fortgesetzte<br />
Initiative derselben<br />
Personen voreingenommen“<br />
gewesen sei,<br />
„gegen die von superioren<br />
Individualitäten ausgeübte<br />
Herrschaft“. Letzteres wird<br />
einem der bedeutendsten<br />
Revolutionäre der Commune,<br />
Eugène Varlin, in den<br />
Mund gelegt, Mitglied der<br />
Internationale, Mitglied<br />
des ZK der Nationalgarde,<br />
eine der hervorragendsten<br />
„superioren Individualitäten“.<br />
„1871 machte das Volk<br />
von Paris … den ersten<br />
Versuch, gegen das Regierungssystem<br />
als solches zu<br />
revoltieren.“ Das ist richtig<br />
in dem Sinn, als nicht<br />
nur irgendeine bestimmte<br />
Regierung, sondern das<br />
bürgerliche „Regierungssystem“,<br />
die bürgerliche<br />
Staatsmacht gestürzt wurde<br />
und eine neue proletarische<br />
Staatsmacht errichtet<br />
wurde. Kropotkin<br />
ist aber auch gegen diese<br />
neue Staatsmacht, er ist<br />
gegen jede Staatsmacht,<br />
er ist dagegen, dass das im<br />
Aufstand siegreiche Proletariat<br />
sich als neue Staatsmacht<br />
organisiert. „Es ließ<br />
sich aber leicht wieder<br />
vom Regierungs-Aberglauben<br />
hinreißen und gab<br />
sich selbst eine Regierung.<br />
Die Konsequenzen sind<br />
sattsam bekannt… “ Die<br />
Commune hätte, indem<br />
sie sich organisierte, die<br />
Volksinitiative von unten<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
27
Pariser Commune<br />
28<br />
gelähmt. Auf keinen Fall<br />
dürfe es irgendeine Initiative<br />
von oben geben, alles<br />
müsse spontan von unten<br />
kommen. „Und nachdem<br />
es (das Volk) mit Privateigentum,<br />
Staat und Regierung<br />
vollständig aufgeräumt<br />
haben wird, muss es<br />
sich frei organisieren, nur<br />
jener Notwendigkeit gehorchend,<br />
die das Leben<br />
selbst diktiert.“ Sinnloses<br />
Geschwätz, aber auf die<br />
Unterminierung der proletarischen<br />
Staatsmacht<br />
gerichtet.<br />
Als sich die Commune als<br />
Staatsmacht neuen Typs<br />
organisierte, vornehmlich<br />
im militärischen Bereich in<br />
Gestalt der Nationalgarde,<br />
konnten die Bakunisten<br />
nicht offen dagegen<br />
auftreten, aber Bakunin<br />
kann später eben dies denunzieren<br />
als Zugeständnis<br />
an das „autoritäre<br />
Prinzip“: „Sie mussten<br />
der Regierung und Armee<br />
von Versailles eine revolutionäre<br />
Regierung und<br />
Armee gegenüberstellen,<br />
d.h. zur Bekämpfung der<br />
monarchistischen und klerikalen<br />
Reaktion mussten<br />
sie selbst die Hauptbedingungen<br />
des revolutionären<br />
Sozialismus außer acht<br />
lassen und aufgeben und<br />
sich als jakobinische Reaktion<br />
organisieren.“ Also:<br />
Eine neue Staatsmacht zu<br />
bilden, eine revolutionäre<br />
Armee aufzustellen - ist eigentlich<br />
reaktionär. Aber,<br />
wird konzediert, unter<br />
den konkreten Umständen<br />
ging’s nicht anders. Erstens<br />
geht es nie anders und<br />
zweitens kann man sich<br />
vorstellen, mit welchem<br />
Eifer jemand mit so einer<br />
Einstellung bei der Sache<br />
ist, obwohl er sich doch<br />
viel lieber mit der „Abschaffung<br />
des Staates“,<br />
mit der „Zerstörung des<br />
juridischen Rechts“ und<br />
mit Maßnahmen im Zins-,<br />
Hypotheken- und Steuerbereich<br />
befassen würde.<br />
Für die nächste zukünftige<br />
Revolution gibt uns<br />
Kropotkin - als seine Lehre<br />
der Commune - noch eine<br />
gefährliche Drohung mit<br />
auf den Weg: „Wir wissen<br />
nun, dass an dem Tage, an<br />
welchem in Frankreich die<br />
Kommunen revoltieren<br />
werden, sich das Volk keine<br />
Regierung wird wählen<br />
dürfen, um von derselben<br />
die Anordnung revolutionärer<br />
Maßnahmen zu<br />
erwarten.“ Natürlich darf<br />
sich das Volk nichts passiv<br />
von einer Regierung, auch<br />
nicht von „seiner“ „erwarten“,<br />
aber es wird eine revolutionäre<br />
proletarische<br />
Regierung brauchen.<br />
Wo es darum geht, dass<br />
die staatliche Organisierung<br />
des Proletariats noch<br />
zu langsam und halbherzig<br />
erfolgte, loben die<br />
Anarchisten diese Mängel<br />
und Versäumnisse und<br />
verlangen sie, von jeder<br />
staatlichen Organisierung<br />
des Proletariats nach der<br />
Eroberung der Macht<br />
überhaupt Abstand zu<br />
nehmen. Das Proletariat<br />
möge Staat, Religion und<br />
Eigentum unverzüglich<br />
für abgeschafft erklären<br />
und sich an seiner „freien<br />
Assoziierung und Föderierung<br />
von unten nach<br />
oben“ erbauen und „die<br />
wahre und lebengebende<br />
Ordnung der Freiheit und<br />
des allgemeinen Glücks<br />
verwirklichen“ (p.16). Wo<br />
es um die entschlossene<br />
militärische Aktion gegen<br />
Versailles gegangen wäre,<br />
jammern die Anarchisten<br />
darüber, dass eine Armee,<br />
da Staat, an und für sehr<br />
problematisch, zwar unvermeidlich,<br />
aber eigentlich<br />
doch reaktionär sei.<br />
Die Anarchisten beschuldigen<br />
die Kommunisten,<br />
nur den politischen Umsturz<br />
im Auge zu haben<br />
und auf die soziale Revolution<br />
zu vergessen. Tatsächlich<br />
führen aber sie<br />
die soziale Revolution nur<br />
im Munde und treiben sie<br />
sich rein im politischen<br />
Überbau herum. Ihre „soziale<br />
Revolution“ besteht<br />
aus der „Abschaffung der<br />
Religion und des Staates“,<br />
aus der „Föderalisierung“<br />
etc. Die paar Brocken an<br />
sozialen oder ökonomischen<br />
Maßnahmen drehen<br />
sich hauptsächlich<br />
um die Kernthemen des<br />
Kleinbürgertums: Steuern,<br />
Schulden, Wucher - siehe<br />
die Lyoner „Proklamation“.<br />
Marx wies hingegen<br />
darauf hin, dass „ohne<br />
(die soziale Befreiung der<br />
Arbeiterklasse) war die<br />
Kommunalverfassung eine<br />
Unmöglichkeit und eine<br />
Täuschung. Die politische<br />
Herrschaft des Produzenten<br />
kann nicht bestehen<br />
neben der Verewigung<br />
seiner gesellschaftlichen<br />
Knechtschaft.“ Die politische<br />
Diktatur des Proletariats<br />
ist das Mittel zur sozialen<br />
Befreiung der Arbeiterklasse.<br />
Die Commune war nicht<br />
nur ihrem sozialen Inhalt,<br />
sondern auch dem Charakter<br />
der Bewegung nach<br />
eine Arbeiter/innenrevolution.<br />
Die Arbeiterklasse<br />
bildete den Kern der<br />
Volksrevolution und als<br />
sich das Blatt zugunsten
der Versailler neigte, blieb<br />
nur der proletarische Kern<br />
übrig. Marx betont gerade<br />
diesen proletarischen<br />
Charakter der Bewegung,<br />
sowohl der Zusammensetzung<br />
als auch den Maßnahmen<br />
nach. Ganz anders<br />
die Anarchisten. Bakunin<br />
polemisiert: „… bilden<br />
sich die Kommunisten ein,<br />
dieses Ziel (der sozialistischen<br />
Umgestaltung) erreichen<br />
zu können durch<br />
die Entwicklung und Organisation<br />
der politischen<br />
Macht der arbeitenden<br />
Klassen und besonders<br />
des städtischen Proletariats…“,<br />
während die Anarchisten<br />
„im Gegenteil<br />
denken, dass sie dieses Ziel<br />
nur durch die Entwicklung<br />
und Organisation der nicht<br />
politischen, sondern sozialen<br />
und folglich antipolitischen,<br />
der städtischen und<br />
ländlichen Arbeitermassen,<br />
erreichen können mit<br />
Einschluss aller Männer guten<br />
Willens aus den höheren<br />
Klassen, die, mit ihrer<br />
Vergangenheit brechend,<br />
sich ihnen offen anschließen…“<br />
Kropotkin begeistert<br />
sich gerade darüber,<br />
dass die Commune keinen<br />
ausgeprägten Klassencharakter<br />
gehabt hätte: „Woher<br />
stammt jene unwiderstehliche<br />
Kraft (der Commune)…?<br />
… Die Antwort<br />
ist leicht. Die Revolution<br />
von 1871 war in hervorragendem<br />
Maß eine volkstümliche<br />
Bewegung… Das<br />
war die Revolution des<br />
‚niederträchtigen’ Volkes.“<br />
So weit so gut, aber<br />
man kann die Entwicklung<br />
nicht verstehen ohne<br />
Analyse der Klassenbeziehungen<br />
in ihrem Inneren.<br />
Bei den Anarchisten gibt<br />
es alles Mögliche, „Volkskräfte“,<br />
„Volksgruppen“,<br />
„Volksvereinigungen“,<br />
„Menschen“ (unfreie oder<br />
freie), „Produzenten und<br />
Konsumenten“, Assoziationen<br />
und Föderationen,<br />
nur Klassen gibt es nicht.<br />
Auch am Beispiel der Commune<br />
sieht man, wie die<br />
Anarchisten, wo sie ausreichenden<br />
Einfl uss haben,<br />
zum Sargnagel einer revolutionären<br />
Bewegung werden<br />
können. In Paris 1871<br />
hatten sie diesen Einfl uss<br />
nicht, aber kurz darauf, im<br />
Sommer 1873, in Spanien<br />
schon und sie fuhren den<br />
Karren politisch, militärisch<br />
etc. in den Dreck (siehe<br />
Engels: „Die Bakunisten<br />
an der Arbeit“).<br />
Dessen ungeachtet muss<br />
man freilich hinzufügen,<br />
dass der Anarchismus sozusagen<br />
eine gewisse Berechtigung<br />
hatte gegenüber<br />
der Staatsgläubigkeit,<br />
die nicht nur bei einem<br />
Lassalle, sondern generell<br />
in weiten Teilen der Sozialdemokratie<br />
verbreitet war.<br />
Die absolute Bekämpfung<br />
der „Idee des Staates“ und<br />
die „Abschaffung des Staates“<br />
sind jedenfalls auch<br />
nicht schlimmer als diese<br />
Staats- und Obrigkeitsgläubigkeit.<br />
Lenin, der<br />
sich ja nicht mehr mit Bakunin,<br />
sondern mit Kautsky<br />
herumschlagen musste,<br />
hätte vielleicht - in Anlehnung<br />
an seine Äußerung<br />
zu d’Anunzio - gesagt, der<br />
aufgebrachte Blödsinn eines<br />
Bakunin sei ihm immer<br />
noch lieber als das preußische<br />
Philistertum eines<br />
Vollmar oder das widerliche<br />
Renegatentum eines<br />
Kautsky. Allerdings: In der<br />
Praxis läuft auch der Anarchismus<br />
auch auf nichts<br />
anderes hinaus, er ist Zwil-<br />
lingsbruder des Opportunismus,<br />
wie sich in jeder<br />
ernsten oder gar revolutionären<br />
Situation zeigt.<br />
Der Hass der Anarchisten<br />
gegen Kirche und Religion<br />
war ebenfalls völlig<br />
berechtigt, allerdings war<br />
es damals schon Unsinn,<br />
die Bourgeoisie und den<br />
bürgerlichen Staat mit<br />
der Kirche auf eine Stufe<br />
zu stellen oder die „Abschaffung<br />
der Religion“ zu<br />
verlangen. Die Commune<br />
realisierte die konsequente<br />
Trennung von Kirche<br />
und Staat, proklamierte<br />
aber nicht ein Verbot oder<br />
eine „Abschaffung“ der<br />
Religion. „Wir sind überzeugt,<br />
dass das Schädlichste<br />
für die Menschheit,<br />
für die Wahrheit und den<br />
Fortschritt, die Kirche ist.“<br />
(p.22) Das ist wohl ein bisschen<br />
einseitig, denn es<br />
benutzt nicht die Kirche<br />
die Bourgeoisie, sondern<br />
es benutzt umgekehrt die<br />
Bourgeoisie die Kirche.<br />
Wobei damals in concreto<br />
die Verhältnisse noch<br />
etwas anders waren als<br />
heute, was diesen - heute<br />
vielleicht zwar berechtigt,<br />
aber etwas exzessiv und<br />
einseitig erscheinenden -<br />
Hass auf die Kirche erklärt.<br />
Man fi ndet ihn genauso<br />
bei einem Blanqui („Ni<br />
dieu ni maître“, 1880).<br />
Auch seine Tiraden sind<br />
mit Genuss zu lesen, aber<br />
es hat seinen Grund, dass<br />
sich Marx und Engels mehr<br />
mit Politischer Ökonomie<br />
als mit der Anatomie der<br />
Kirche und des Christentums<br />
befasst haben.<br />
Nett jedenfalls das folgende<br />
Bonmot Bakunins: In<br />
Abwandlung der Worte<br />
Dantons, der nämlich 1792<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
29
Pariser Commune<br />
30<br />
davon ausging, dass das<br />
„gemeine Volk“ einen Gott<br />
brauche („Selbst wenn es<br />
Gott nicht gäbe, müsste<br />
man ihn erfi nden.“), meinte<br />
Bakunin: „Selbst wenn<br />
es Gott gäbe, müsste man<br />
sich seiner entledigen.“<br />
Die irreleitende und zersetzende<br />
Wirkung der<br />
Tätigkeit der Anarchisten<br />
wurde nach der Pariser<br />
Commune zum Hauptproblem<br />
der Revolution in Europa<br />
und daher der Internationale.<br />
Warum?<br />
Der eigentliche Proudhonismus<br />
mit seiner Politikfeindlichkeit,<br />
seinem Pazifi<br />
smus, seinem Fetischismus<br />
des Eigentums (nämlich<br />
des vorkapitalistischen<br />
Kleineigentums des einfachen<br />
Warenproduzenten),<br />
seiner Vermutung der<br />
Quelle der Ausbeutung<br />
in der Zirkulationssphäre<br />
(„ungleicher Tausch“),<br />
seiner kleinbürgerlichen<br />
Plänemacherei (z.B. seine<br />
Microkredite-Bank) hatte<br />
sich schon vor der Commune<br />
(Zusammenbruch seiner<br />
Bank 1869) diskreditiert.<br />
1870 gab es schon Proudhonisten<br />
(speziell die in<br />
der Internationale), die<br />
eher schon sozialistische<br />
Auffassungen vertraten,<br />
quasi Neo-Proudhonisten.<br />
Erst recht aber wurde er<br />
durch die Commune diskreditiert,<br />
denn die Commune<br />
(bei führender Rolle<br />
der Proudhonisten bei den<br />
ökonomischen Maßnahmen)<br />
hatte ökonomische<br />
Maßnahmen gesetzt, die<br />
dem proudhonistischen<br />
Programm total zuwiderliefen.<br />
Nach 1871 spielte<br />
der Proudhonismus daher<br />
keinerlei Rolle mehr. Die<br />
Reste dieser Strömung<br />
verliefen sich im anarchistischen<br />
Lager. Der Proudhonismus<br />
war letztlich nur<br />
eine Form und ein Vorläufer<br />
des Anarchismus. Marx<br />
bezeichnete einmal den<br />
Anarchismus als „karikierte<br />
Form des Proudhonismus“.<br />
Aber auch der Blanquismus,<br />
bis dahin die entscheidenderevolutionärkommunistische<br />
Strömung<br />
in der französischen Arbeiterbewegung,<br />
hatte sich<br />
als nicht auf der Höhe der<br />
Aufgaben der Zeit erwiesen<br />
und war von der Commune<br />
sozusagen überholt<br />
worden. Die Massenbewegung<br />
der Klasse hatte die<br />
verknöcherten und sektiererischen<br />
„Instruktionen<br />
für den Aufstand“ beiseite<br />
geschoben (als Strategie,<br />
nicht als wertvolles Handwerkszeug<br />
für den - damaligen<br />
- Barrikadenbau!)<br />
Lassalleanismus, rechter<br />
Chartismus schienen an<br />
Kraft zu verlieren und traten<br />
in den 1870er Jahren<br />
gegenüber dem wissenschaftlichen<br />
Sozialismus<br />
- jedenfalls zeitweilig, vielleicht<br />
(muss man aus späterer<br />
Sicht sagen) auch nur<br />
scheinbar - in den Hintergrund.<br />
Der Anarchismus dagegen<br />
ging zum Angriff auf den<br />
revolutionären Sozialismus<br />
über und entfaltete<br />
eine bösartige Wühltätigkeit<br />
in und gegen die<br />
Internationale. So wurde<br />
der Anarchismus zum inneren<br />
Hauptproblem der<br />
Internationale. 1872 wurden<br />
die Anarchisten aus<br />
der Internationale ausgeschlossen.<br />
3. Blanqui und die Blanquisten<br />
Louis-Auguste Blanqui<br />
(1805-1881) war einer der<br />
größten proletarisch-kommunistischenRevolutionäre<br />
des 19. Jhdts. Er nahm<br />
teil bzw. leitete ein halbes<br />
Dutzend Aufstände bzw.<br />
Aufstandsversuche, wurde<br />
zweimal zum Tode verurteilt<br />
(und wieder begnadigt)<br />
und verbrachte 37<br />
Jahre seines Lebens in Gefängnissen.<br />
Sein Name ist<br />
untrennbar mit den drei<br />
wichtigsten Revolutionen<br />
des Jahrhunderts, 1830,<br />
1848 und 1871, verbunden.<br />
„Jede Konterrevolution erbleicht<br />
bei einem einzigen<br />
Namen- Blanqui“, musste<br />
sogar Proudhon zugeben.<br />
Erste Teilnahme an einem<br />
Aufstand 1827, wo er<br />
gleich drei Säbelhiebe und<br />
eine Schussverletzung am<br />
Hals abbekam. Dann Teilnahme<br />
am großen Aufstand<br />
1830, der zum Sturz<br />
der Bourbonen und zur Errichtung<br />
der Julimonarchie<br />
(bis 1848) führte. Weitere<br />
Aufstandversuche überall<br />
in Frankreich 1834, 1835,<br />
1839, 1840. Blanqui wird<br />
wegen des von ihm geleiteten<br />
Pariser Aufstands<br />
1839 zum Tod verurteilt,<br />
aber später begnadigt.<br />
Dann kam die Revolution<br />
1848, die zum Sturz des<br />
Regimes des „Bürgerkönigs“<br />
Louis Philippe und<br />
zur Republik (und zum<br />
anschließenden Staatsstreich<br />
Napoleon III) führt.<br />
Wegen der Teilnahme am<br />
Aufstand 1848 Verhaftung<br />
und 1850 Verurteilung zu<br />
10 Jahren Haft.
1850: Bündnis der Blanquisten<br />
mit dem „Bund<br />
der Kommunisten“: „Weltgesellschaft<br />
der revolutionären<br />
Kommunisten“<br />
(unterzeichnet von Marx,<br />
Engels, Willich für den<br />
„Bund“ und Vidal für die<br />
Blanquisten), welche nach<br />
Abdriften von Willich etc.<br />
von der „Diktatur der Proletarier“<br />
und wegen des<br />
Lavierens der Blanquisten<br />
zerbricht.<br />
1870: August und Oktober:<br />
Aufstandsversuche<br />
niedergeschlagen/neuerlich<br />
verhaftet/neuerlich<br />
zum Tode verurteilt, aber<br />
wieder begnadigt (Angst<br />
der Reaktion!)<br />
1871: Verhandlungen der<br />
Commune mit Versailles,<br />
Blanqui gegen 67 Geiseln,<br />
darunter den Erzbischof<br />
von Paris auszutauschen,<br />
scheitern<br />
1872 (noch immer im Gefängnis):<br />
Verurteilung zur<br />
Deportation nach Neukaledonien<br />
(Kanakien, französische<br />
Kolonie in Ozeanien),<br />
aber diese wird wegen<br />
des angeschlagenen<br />
Gesundheitszustands und<br />
aus Angst vor dadurch<br />
evt. ausgelösten neuen<br />
Arbeiter„unruhen“ ausgesetzt<br />
1878: Kampagne für Freilassung/1879:Abgeordneter<br />
von Bordeaux (obwohl<br />
im Gefängnis!)/Wahl wird<br />
annulliert/Juni 1879 Begnadigung<br />
1881: Herzinfarkt bei einer<br />
Versammlung und kurz<br />
darauf Tod. Begräbnis in<br />
Paris mit 200.000 Teilnehmern.<br />
Blanqui fi el nicht vom Himmel,<br />
sondern steht in einer<br />
langen Reihe von französischen<br />
Revolutionären:<br />
- J.Roux, Th.Leclerc,<br />
J.F.Varlet und auch schon<br />
eine Frau, Claire Lacombe<br />
während der Großen Revolution<br />
(« Les enragés »,<br />
auf deutsch in etwa „die<br />
Wütenden“)<br />
- G. Babeuf („Die Verschwörung<br />
der Gleichen“):<br />
Aufstand 1796 war der<br />
Höhepunkt der Revolution<br />
und Babeuf , bereits weit<br />
über die Enragés hinausgehend,<br />
war ein Bindeglied<br />
zur modernen kommunistischen<br />
Bewegung<br />
- F.Buonarotti, Schüler Babeufs,<br />
der die Lehren Babeufs<br />
in seiner „Geschichte<br />
der Gesellschaft der Jahreszeiten“<br />
der Nachwelt<br />
übermittelte.<br />
Wenn man von Vorläufern<br />
der revolutionär-kommunistischen<br />
Bewegung, also<br />
vor der Begründung des<br />
wissenschaftlichen Sozialismus<br />
durch Marx und Engels,<br />
spricht, spricht man<br />
mit Recht von den theoretischen<br />
Vorläufer des wissenschaftlichenSozialismus,<br />
von den utopischen<br />
Sozialisten (St.Simon, Fourier,<br />
Owen und einige andere<br />
7 ). Zugleich muss man<br />
aber unbedingt auch auf<br />
die praktisch-politischen<br />
Vorkämpfer verweisen,<br />
auf die kämpfenden Revolutionäre<br />
von Roux über<br />
Babeuf bis Blanqui.<br />
Blanqui knüpft an das<br />
revolutionäre politische<br />
Erbe der Jakobiner an,<br />
aber auch an die Agitation<br />
der Enragés für die soziale<br />
Revolution und an Babeuf<br />
an, ist aber natürlich schon<br />
ein gutes Stück weiter. Die<br />
Revolution kann für ihn<br />
nur eine sozialistische sein,<br />
die Bewegung daher nur<br />
eine kommunistische. Der<br />
Weg der Revolution geht<br />
nur über bewaffnete Aufstände,<br />
organisiert und<br />
ausgelöst von einer illegalen<br />
revolutionären Kaderorganisation<br />
(von Berufsrevolutionären),<br />
die die<br />
Massen mitreißen und zur<br />
Eroberung der politischen<br />
Macht und zur Errichtung<br />
einer „Diktatur der Proletarier“<br />
führen. Er ist strikt<br />
gegen utopische Plänemacherei,<br />
gegen Vorstellung<br />
eines friedlichen Wegs<br />
zum Sozialismus, gegen<br />
die „Genossenschaftsbewegung“<br />
(Lassalle, Proudhon)<br />
bzw. Gewerkschaftskretinismus.<br />
Keinesfalls<br />
aber war er nur ein „Verschwörer“,<br />
Putschist oder<br />
Abenteurer, wie ihn die<br />
Opportunisten aller Schattierungen<br />
(von Proudhon<br />
bis Kautsky beschimpften),<br />
weder von den Zielsetzungen,<br />
noch von den strategischen<br />
Einschätzungen<br />
her. Schwergewicht und<br />
Stärken liegen in Fragen<br />
der Strategie und Taktik<br />
des Aufstandes, incl. der<br />
Militärfrage, Schwächen<br />
v.a. in der Kapitalismusanalyse<br />
und in der Frage<br />
der Verbindung der Partei<br />
mit den Massen. Heftiges<br />
Wirrwarr in der Politischen<br />
Ökonomie, vormarxische<br />
Unklarheit über Kapital<br />
und Mehrwert, Überbetonung<br />
von Zins, Wucher,<br />
Steuern gegenüber der<br />
eigentlichen Ausbeutung<br />
in der Produktion, daher<br />
Mängel in der Klassenanalyse,<br />
Elemente eines utopistisch-egalitärenVerteilungskommunismus<br />
(wo<br />
ein Produktionskommunismus<br />
notwendig wäre),<br />
idealistisch-voluntaristische<br />
Einschläge in der Revolutions-<br />
und Aufstandstheorie.<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
31
Pariser Commune<br />
32<br />
Seine Vorstellungen sind<br />
eben bis zuletzt stark gefärbt<br />
von Vorstellungen<br />
aus der ersten Hälfte des<br />
19. Jhdts., als es noch keinen<br />
voll entwickelten Kapitalismus<br />
und noch kein<br />
wirklich entwickeltes Proletariat<br />
in Frankreich gab.<br />
Ein anderer Fehler waren<br />
zeitweise „nationalistische“<br />
Töne, z.B. 1870 („La<br />
patrie en danger“), der<br />
Versuch, ungebrochen an<br />
1792 anzuknüpfen, und<br />
eine - allerdings aufgrund<br />
der Geschichte verständliche<br />
- Überbewertung der<br />
Rolle der französischen Arbeiterklasse<br />
in der europäischen<br />
Revolution.<br />
Die Blanquisten arbeiteten<br />
in den 1860er Jahren<br />
teilweise, aber eher sporadisch<br />
in der Internationale<br />
mit. Sie hatten schwere<br />
Differenzen mit der Internationale,<br />
insbesondere<br />
wandten sie sich gegen die<br />
in der Internationale organisierten<br />
Proudhonisten,<br />
die sie für Reformisten und<br />
Feiglinge hielten, die eine<br />
„geheime Verständigung<br />
mit dem Klassenfeind anstrebten“<br />
und die man aus<br />
der Internationale hinauswerfen<br />
müsste. Auch in der<br />
Frage des proletarischen<br />
Internationalismus gab es<br />
1870 Differenzen, als bei<br />
den Blanquisten nationalistische<br />
Töne laut wurden.<br />
Nur wenige Blanquisten<br />
waren, nach Engels’ Worten,<br />
Kommunisten nicht<br />
nur aus revolutionärem<br />
proletarischem Instinkt,<br />
sondern hatten auch eine<br />
gewisse theoretische Klarheit<br />
erreicht. Zu letzteren<br />
gehörte insbesondere<br />
Vaillant, der sich den wissenschaftlichenSozialismus<br />
von Marx und Engels<br />
in gewissem Umfang angeeignet<br />
hatte. Blanqui<br />
selbst hatte sich zwar mit<br />
dem wissenschaftlichen<br />
Sozialismus befasst, kam<br />
aber dabei nicht sehr weit,<br />
wie die „Schriften zur Nationalökonomie<br />
und Sozialethik“<br />
(1867-69) zeigen.<br />
Wahrscheinlich interessierte<br />
ihn das auch nicht wirklich.<br />
In der Commune bildeten<br />
die Blanquisten eine Mehrheit,<br />
die Proudhonisten<br />
eine Minderheit. Revolutionäre<br />
Sozialisten waren<br />
1870 noch absolut in der<br />
Minderzahl (laut Lavrov<br />
23 bzw. fester Kern von<br />
18 von insgesamt 78) Delegierten<br />
der Commune,<br />
davon 13 in Kommissionen<br />
mit Exekutivfunktionen).<br />
In der Commune kämpften<br />
die Blanquisten in<br />
vorderster Reihe. Sie waren<br />
ein radikales und vorwärtstreibendes<br />
Element<br />
der Commune. Ohne diese<br />
Rolle der Blanquisten<br />
wäre die Geschichte der<br />
Commune sicher anders<br />
verlaufen. Die relativ kleine<br />
Zahl revolutionärer Sozialisten<br />
alleine wäre dafür<br />
zu schwach gewesen.<br />
Ohne Blanquisten wären<br />
sie mit einem Übergewicht<br />
an Neo-Jakobinern und<br />
Neo-Proudhonisten konfrontiert<br />
gewesen. Das<br />
gilt in positivem Sinn für<br />
die Stärken der Commune,<br />
aber auch in negativem<br />
Sinn für einige Schwächen<br />
(Überbetonung der reinen<br />
Militärorganisation bei<br />
Unterschätzung der Wichtigkeit<br />
der rätedemokratischen<br />
Organisation der<br />
Massen/Vernachlässigung<br />
der sozialen Maßnahmen)<br />
Blanqui selbst wurde<br />
1870 zum Kommandanten<br />
des 165.Bataillons der<br />
Nationalgarde gewählt,<br />
allerdings noch vor dem<br />
18.3.1871 verhaftet. Angesichts<br />
der objektiven<br />
„Führungsschwäche“ der<br />
Commune hielt Marx Blanqui<br />
für den einzigen, der<br />
- aufgrund seiner Autorität,<br />
des „Erzklangs seines<br />
Namens“ (Benjamin) 8 -<br />
imstande gewesen wäre,<br />
sich an die Spitze der Bewegung<br />
zu stellen, sie zu<br />
organisieren und zusammenzuschließen<br />
und ein<br />
entschlosseneres Vorgehen<br />
(Sturm auf Versailles, Aufgabe<br />
des „Großmuts“…)<br />
zu erreichen.<br />
Mit der Commune und<br />
ihrer Niederschlagung<br />
traten die Differenzen gegenüber<br />
den Blanquisten<br />
in den Hintergrund. Die<br />
Commune war von vornherein<br />
weit über die doch<br />
ziemlich engen, doktrinären<br />
und sektiererischen<br />
„Prinzipien“ des blanquistischen<br />
Geheimbundes<br />
(„Instruktionen für den<br />
Aufstand“, 1868/69) hinausgegangen<br />
und hatte<br />
faktisch den historischen<br />
Blanquismus überholt.<br />
Die Blanquisten fanden<br />
in ihren „Lehren“ nur beschränkt<br />
eine Basis für<br />
ihre praktische Politik. An<br />
etlichen Punkten machten<br />
sie das Gegenteil von<br />
dem, was die Doktrin vorsah:<br />
Statt strengster diktatorischer<br />
Leitung durch<br />
das revolutionäre Hauptquartier<br />
in Paris (mit der<br />
traditionellen blanquistischen<br />
gehörigen Portion<br />
Misstrauen gegen alle<br />
Provinz) entschied sich die<br />
Commune für einen föderalen<br />
Aufbau des Staates.
Nach der Niederlage der<br />
Commune war es auch mit<br />
dem Blanquismus im eigentlichen<br />
Sinn vorbei, er<br />
hatte sich historisch überholt.<br />
Man vergleiche nur<br />
die „Instruktionen für den<br />
Aufstand“ von 1868/69<br />
mit dem tatsächlichen Vorgehen<br />
der Commune ab<br />
März 1871.<br />
Die Trümmer der blanquistischen<br />
Bewegung (in der<br />
Londoner Emigration) traten<br />
Ende 1872 aus der Internationale<br />
aus, aber nur<br />
wegen Differenzen in Bezug<br />
auf die alte „Frage des<br />
Aufstands“, und bildeten<br />
eine Gruppierung „La commune<br />
révolutionnaire“,<br />
die zwar in Bezug auf die<br />
Taktik der Revolution an<br />
den geheimbündlerischen<br />
und voluntaristischen Traditionen<br />
festhielt, aber<br />
sich ansonsten im theoretischen<br />
Programm weitgehend<br />
auf den Boden des<br />
wissenschaftlichen Sozialismus<br />
stellte, was einen<br />
bedeutenden Schritt vorwärts<br />
bedeutete. Engels<br />
schreibt, sie hätten jetzt<br />
erkannt die „Notwendigkeit<br />
der politischen Aktion<br />
des Proletariats und seiner<br />
Diktatur als Übergang zur<br />
Abschaffung der Klassen<br />
und, mit ihnen, des Staates“<br />
(siehe Engels zum<br />
„Programm der blanquistischen<br />
Kommunefl üchtlinge“,<br />
MEW 18, p.528ff.,<br />
wo er Vaillant, den neuen<br />
Führer der Blanquisten,<br />
sehr positiv einschätzt).<br />
Der Name Blanqui blieb<br />
auch nach seinem Tod Gegenstand<br />
heftigster Kontroversen<br />
in der revolutionären<br />
Arbeiterbewegung.<br />
Blanqui wurde von allen<br />
Opportunisten, Revisionis-<br />
ten, Menschewiken und<br />
Halbmenschewiken bis<br />
über seinen Tod hinaus mit<br />
wütendem Hass verfolgt.<br />
In diesen Polemiken wurde<br />
die richtige Engels’sche<br />
Kritik an den Fehlern und<br />
an der historischen Überlebtheit<br />
des Blanquismus<br />
„ausgedehnt“ auf jegliches<br />
entschlossene revolutionäre<br />
Handeln und<br />
auf jegliche revolutionäre<br />
„Partei neuen Typs“. Blanqui<br />
war für diese reformistisch-parlamentarisch-gewerkschaftlich-genossenschaftlichen<br />
Kretins ein<br />
immer noch umgehendes<br />
Gespenst, dessen Erinnerung<br />
man auslöschen<br />
musste. Aber nicht nur das.<br />
Dass Blanqui einem Bernstein<br />
und später einem<br />
Kautsky noch jahrzehntelang<br />
als grimmigster Feind<br />
galt, dass „Blanquist“ zum<br />
bösesten Schimpfwort dieser<br />
Leute für jede revolutionäre<br />
Gesinnung wurde,<br />
versteht sich von selbst.<br />
Ebenso, dass die meisten<br />
Führer der II. Internationale,<br />
z.B. auch unser Victor<br />
Adler, Reformist, Versöhnler,<br />
zuerst verdeckter, ab<br />
1914 offener Kriegsanhänger<br />
und Sozialchauvinist,<br />
nichts mit einem Blanqui<br />
anfangen konnten.<br />
Aber auch unter den revolutionären<br />
Kommunisten<br />
war Blanqui nicht unumstritten,<br />
vor allem, dann<br />
und dort, wo sie rechte<br />
Fehler machten. Von<br />
Seiten Rosa Luxemburgs<br />
wurde in den „Organisationsfragen<br />
der russischen<br />
Sozialdemokratie“ (1904),<br />
ihrer Polemik gegen „Was<br />
tun?“, Lenin vorgeworfen,<br />
er orientiere sich in seiner<br />
Parteikonzeption zu sehr<br />
an Blanqui. Russische und<br />
polnische Organisationen,<br />
die sich auf Blanqui beriefen<br />
und den Blanquismus<br />
tatsächlich zu einer abenteuerlichen<br />
Sauce aus Voluntarismus<br />
und Putschismus<br />
„weiterentwickelt“<br />
hatten, wurden von ihr<br />
zwar zu Recht kritisiert,<br />
aber leider teilweise von<br />
rechten Positionen aus<br />
als „Dreschfl egel-Sozialismus“<br />
denunziert. In den<br />
„Organisationsfragen …“<br />
gibt es halt viel Menschewismus.<br />
Auch der frühe<br />
Trotzki, damals in den Reihen<br />
der Menschewiki gegen<br />
die Bolschewiki, argumentierte<br />
in „Unsere politischen<br />
Aufgaben“ (einer<br />
politischen Kampfschrift<br />
gegen das „Jakobinertum<br />
Lenins“ und gegen „Was<br />
tun?“ aus 1904) noch in<br />
dieselbe Richtung (um ab<br />
1917 in diesen Fragen einen<br />
völlig entgegengesetzten<br />
Standpunkt einzunehmen).<br />
Tatsache ist, dass Lenin<br />
nicht in den Sumpf, in den<br />
die II. Internationale immer<br />
mehr geriet, mitmarschierte,<br />
sondern - ausgehend<br />
vom wissenschaftlichen<br />
Kommunismus- auch an<br />
den richtigen Elementen<br />
des Blanquismus, ja sogar<br />
des revolutionären Jakobinertums<br />
anknüpfte. Jeder<br />
wirkliche Revolutionär<br />
könne stolz darauf sein, als<br />
Jakobiner oder Blanquist<br />
beschimpft zu werden.<br />
Lenins Position, dass die<br />
Bolschewiki die positiven<br />
Traditionen des Blanquismus<br />
und der Jakobiner<br />
- Kampfentschlossenheit,<br />
politische Zuspitzung des<br />
Kampfes, Kampf um die<br />
Macht und nicht nur um<br />
irgendwelche Reformen,<br />
entschlossene Vorhutpar-<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
33
Pariser Commune<br />
34<br />
tei - fortführen müssten,<br />
wird von Trotzki 1904 noch<br />
in einer sehr menschewistischen<br />
und sehr weinerlichen<br />
Weise kritisiert.<br />
Seine Position zum Blanquismus<br />
hat Lenin in „Marxismus<br />
und Aufstand“ klar<br />
dargelegt. „Zu den böswilligsten<br />
und wohl verbreitetsten<br />
Entstellungen<br />
des Marxismus durch die<br />
‚herrschenden’ sozialistischen<br />
Parteien gehört die<br />
opportunistische Lüge,<br />
die Vorbereitung des Aufstands,<br />
überhaupt die Betrachtung<br />
des Aufstands<br />
als eine Kunst, sei ‚Blanquismus’.<br />
Um erfolgreich<br />
zu sein, darf sich der Aufstand<br />
nicht auf eine Verschwörung,<br />
nicht auf eine<br />
Partei stützen, er muss sich<br />
auf die fortgeschrittenste<br />
Klasse stützen. Dies zum<br />
ersten. Der Aufstand muss<br />
sich auf den revolutionären<br />
Aufschwung des Volkes<br />
stützen. Dies zum zweiten.<br />
Der Aufstand muss sich<br />
auf einen solchen Wendepunkt<br />
in der Geschichte der<br />
anwachsenden Revolution<br />
stützen, wo die Aktivität<br />
der vordersten Reihen des<br />
Volkes am größten ist, wo<br />
die Schwankungen in den<br />
Reihen der Feinde und in<br />
den Reihen der schwachen,<br />
halben, unentschlossenen<br />
Freunde der Revolution<br />
am stärksten ist. Dies<br />
zum dritten. Durch diese<br />
drei Bedingungen eben<br />
unterscheidet sich der<br />
Marxismus in der Frage<br />
der Behandlung des Aufstands<br />
vom Blanquismus.“<br />
(LW 26, p.4f.) Durch diese<br />
drei Bedingungen für den<br />
Aufstand, aber nicht dadurch,<br />
ob man überhaupt<br />
für oder gegen die Machtergreifung<br />
durch den Aufstand<br />
ist.<br />
Hinter der Kritik der Reformisten<br />
und Halbreformisten<br />
am Blanquismus<br />
versteckte sich in vielen<br />
Fällen, und je wütender,<br />
desto mehr, der Kampf<br />
gegen die revolutionäre<br />
Linie in der Arbeiterbewegung.<br />
Überall, wo die<br />
Orientierung auf Aufbau<br />
einer Partei Lenin’schen<br />
Typs, auf wirkliche Durchführung<br />
der Revolution,<br />
auf revolutionären Aufstand<br />
und Machtergreifung,<br />
gerichtet ist, wird<br />
dagegen der „Name eines<br />
Blanqui, dessen Erzklang<br />
das 19.Jhdt. erschütterte“<br />
(Benjamin), trotz seiner<br />
Fehler, hochgehalten.<br />
4. Trotzki 9<br />
Trotzki verteidigt in seinem<br />
„Anti-Kautsky“ den<br />
revolutionären Kommunismus<br />
gegen Kautsky und<br />
Konsorten von einem revolutionär-kommunistischen<br />
Standpunkt aus. Er zertrümmert<br />
die bourgeoisen<br />
Auffassungen Kautskys: in<br />
Fragen der revolutionären<br />
proletarischen Diktatur, im<br />
Verhältnis dieser Diktatur<br />
zur formalen Demokratie,<br />
in Fragen formal-demokratischer<br />
und parlamentarischer<br />
Spiegelfechterei<br />
und deren Bedeutung als<br />
Instrument der Konterrevolution,<br />
in der Bedeutung<br />
der militärischen Seite des<br />
Aufstands, in Fragen Terror<br />
und bürgerliche „Freiheit“<br />
etc. Alles in der Hauptsache<br />
richtig.<br />
Dabei sind allerdings einige<br />
Akzentsetzungen<br />
bemerkenswert, die sich<br />
von den Marx’schen unterscheiden.<br />
Diese sind interessant<br />
vor allem im Lichte dessen,<br />
dass Trotzki in den<br />
1920er Jahren Vertreter<br />
eines bürokrato-militaristischen<br />
Kurses in der Sowjetunion<br />
wurde. Er trat<br />
für die Militarisierung der<br />
Gesellschaft ein, die Gewerkschaften<br />
sollten paramilitärisch<br />
organisiert<br />
und in den Staatsapparat<br />
integriert werden, er war<br />
Vertreter einer streng hierarchischen<br />
und überhaupt<br />
nicht rätedemokratischen<br />
Organisation der Gesellschaft.<br />
Für ihn war der<br />
Rätedemokratismus nur<br />
ein Beiwerk der Revolution.<br />
Die von Lenin forcierte<br />
Arbeiter- und Bauernkontrolle<br />
hielt er für absurd,<br />
da ja der Staat ohnedies<br />
proletarisch sei und sich ja<br />
nicht das Proletariat selbst<br />
kontrollieren müsse. Lenin<br />
hatte demgegenüber darauf<br />
hingewiesen, dass der<br />
sowjetische Staatsapparat<br />
in der Praxis, ungeachtet<br />
seines Anspruchs, immer<br />
noch starke, aus früherer<br />
Zeit übernommene bürgerliche<br />
Elemente trüge<br />
und es Bürokratie gäbe,<br />
die ebenfalls die Herausbildung<br />
neuer bürgerlicher<br />
Elemente begünstige.<br />
Dies müsse auch durch<br />
permanente Mobilisierung<br />
der Arbeiter- und Bauernmassen<br />
bekämpft werden.<br />
Kurz bevor Lenin den<br />
Kampf gegen die „linke“<br />
„Arbeiteropposition“ führen<br />
musste, hatte er den<br />
bürokrato-militaristischen<br />
Kurs Trotzkis abzuwehren.<br />
Trotzki hatte eine eigenwillige<br />
Vorstellung von<br />
Rätedemokratie: „Die<br />
Diktatur des Proletariats<br />
kommt in der Aufhebung<br />
des Privateigentums an
den Produktionsmitteln,<br />
in der Herrschaft des Kollektivwillens<br />
der Werktätigen<br />
über den ganzen Sowjetmechanismus<br />
zum Ausdruck,<br />
keinesfalls aber in<br />
der Form der Verwaltung<br />
der einzelnen Wirtschaftsunternehmen.“Keineswegs<br />
ist das so. Die Rätedemokratie<br />
muss in eine<br />
zentralisierte proletarische<br />
Staatsmacht eingebettet<br />
sein, aber sie beginnt<br />
sehr wohl „unten“, in der<br />
Fabrik oder im Wohnviertel.<br />
Keinesfalls darf es so<br />
sein, dass der Proletarier<br />
sich „nach oben“ hin seine<br />
Räte wählt, aber „unten“,<br />
in seinem ureigensten Arbeits-<br />
und Lebensraum<br />
nichts mehr zu reden hat.<br />
Zur Commune: Trotzki kritisiert<br />
die Entscheidung, in<br />
Paris am 26.3.1871 Wahlen<br />
zur Commune abzuhalten<br />
und anschließend<br />
seitens der Nationalgarde<br />
die Macht an die Commune<br />
abzugeben, aber nicht<br />
unter dem taktischen Gesichtspunkt<br />
von Marx, dass<br />
man die Zeit in dieser Lage<br />
für etwas anderes besser<br />
verwenden und Versailles<br />
angreifen hätte sollen,<br />
sondern prinzipiell: „Nach<br />
Marx hätte ein reines<br />
Kampforgan, der Mittelpunkt<br />
des Aufstandes und<br />
der Kriegshandlungen gegen<br />
die Versailler, auf den<br />
ersten Platz treten müssen,<br />
nicht aber eine Organisation<br />
der Selbstverwaltung<br />
der Arbeiterdemokratie.<br />
Letztere sollte erst später<br />
an die Reihe kommen.“<br />
Es geht ihm also nicht um<br />
eine taktische Frage, sondern<br />
eher um eine prinzipielle.<br />
Das ist falsch. Natürlich<br />
musste in diesem<br />
Moment die militärische<br />
Führung jederzeit gewährleistet<br />
sein, natürlich stand<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />
rein praktisch der<br />
militärische Kampf im Mittelpunkt,<br />
natürlich muss<br />
man nicht im feindlichen<br />
Gewehr- und Artilleriefeuer<br />
die Zeit (10 Tage vom 18.<br />
bis 28.3.!) mit Wahlen vergurken,<br />
natürlich war die<br />
sofortige Machtübergabe<br />
des ZK der Nationalgarde<br />
an die gewählte Commune<br />
eine falsche Entscheidung.<br />
Aber das war kein<br />
grundsätzlicher Fehler,<br />
sondern ein taktischer. Die<br />
Commune reduzierte sich<br />
ja nicht auf die „Kriegshandlungen“,<br />
sondern<br />
setzte auch eine Reihe von<br />
sozialen und politischen<br />
Maßnahmen, sie hatte sich<br />
um die Verbindungen zur<br />
Provinz zu kümmern, sie<br />
musste die Bauernfrage<br />
behandeln usw. Sie musste<br />
sich rasch ein rätedemokratisches<br />
Organ schaffen.<br />
Vielleicht war der Zeitpunkt<br />
der Wahlen nicht<br />
der Beste, vielleicht erfolgte<br />
die Übergabe des Oberkommandos<br />
von der Nationalgarde<br />
zur Commune<br />
zur Unzeit, sicher war die<br />
darauf folgende Parallelherrschaft<br />
(z.B. der nicht<br />
mit der Commune koordinierte<br />
Ausfallsversuch der<br />
Nationalgarde vom 3.4.)<br />
, die sich aus dem Zögern<br />
der Commune ergab, verhängnisvoll.<br />
Aber dass der<br />
Angriff auf die Versailler<br />
nicht erfolgte, lag nicht<br />
am „Demokratismus“ und<br />
an den Wahlen, sondern<br />
an der generellen politischen<br />
Unklarheit und Unsicherheit.<br />
Dieses Problem<br />
wäre auch dadurch nicht<br />
gelöst worden, dass das<br />
ZK der Nationalgarde die<br />
Macht nicht an die Com-<br />
mune übergeben hätte.<br />
Auch kann man nicht die<br />
Auffassung vertreten, dass<br />
- gegenüber den militärischen<br />
Strukturen - die Arbeiterdemokratie<br />
erst irgendwann<br />
in der Zukunft<br />
„später an die Reihe“<br />
käme.<br />
In den „Lehren der Commune“<br />
bringt Trotzki zum<br />
Ausdruck, dass die - seiner<br />
Meinung nach übertriebenen<br />
- rätedemokratischen<br />
Ambitionen der<br />
Commune nur Ausdruck<br />
von Passivität und Unentschlossenheit,<br />
eigentlich<br />
ein Zeichen der Schwäche<br />
waren. Überhaupt sei Demokratie<br />
nur ein Mittel<br />
zum Zweck und nur eins<br />
unter vielen Mitteln. Das<br />
stimmt, die proletarische<br />
Demokratie ist nur Mittel<br />
zum Zweck der sozialen<br />
Revolution, aber sie ist<br />
ein unabdingbares Mittel.<br />
Ohne sie geht’s nicht. Die<br />
Volksmassen müssen sich<br />
politisch organisieren und<br />
das geht eben nur in Form<br />
der proletarischen Demokratie.<br />
Alles andere führt<br />
rasch zur Bürokratisierung<br />
und zum „Embourgeoisement“<br />
der Gesellschaft.<br />
Trotzki sagt gegen Kautsky<br />
über Marx: „Nirgends<br />
und mit keinem einzigen<br />
Worte hebt er das Prinzip<br />
der Demokratie hervor<br />
als ein Prinzip, das über<br />
dem Klassenkampf steht.“<br />
Völlig richtig, aber ohne<br />
proletarische Demokratie<br />
kann die Arbeiterklasse<br />
ihre politische Macht<br />
nicht organisieren. Trotzki<br />
vermischt die formale<br />
bürgerliche Demokratie<br />
mit der revolutionären<br />
proletarischen Demokratie.<br />
Er spricht auch immer<br />
nur von „Demokratie“<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
35
Pariser Commune<br />
36<br />
und „Demokratismus“ im<br />
allgemeinen, während es<br />
doch so ist, dass man seine<br />
Kritik am bürgerlichen<br />
parlamentarischen Demokratismus<br />
100% teilen,<br />
aber seine Unterschätzung<br />
der Bedeutung eines revolutionär-demokratischen<br />
Regimes als lebenswichtig<br />
für die Diktatur des Proletariats<br />
ablehnen muss.<br />
Was man später Stalin<br />
vorwarf und was Stalin<br />
gerade vermeiden wollte<br />
(allerdings nicht immer<br />
konnte), fi ndet man in den<br />
1920er Jahren bei Trotzki.<br />
Gegen Lenin’s „Was tun?“<br />
hatte der damals noch<br />
menschewistische Trotzki<br />
1904 geschrieben: „Zuerst<br />
tritt die Parteiorganisation<br />
an die Stelle der ganzen<br />
Partei, dann nimmt das ZK<br />
die Stelle der Organisation<br />
ein, und schließlich ersetzt<br />
ein einziger Diktator das<br />
ZK.“ Lenin kämpfte sein<br />
leben lang, insbesondere<br />
nach der Oktoberrevolution,<br />
mit aller Kraft gegen<br />
solche Erscheinungen, er<br />
wies auf Fehlentwicklungen<br />
in dieser Richtung hin,<br />
er arbeitete an der Intensi-<br />
vierung der Rätedemokratie.<br />
Demgegenüber war es<br />
aber gerade Trotzki, der<br />
nach 1917 genau den Kurs<br />
der Bürokratisierung und<br />
Militarisierung der Gesellschaft<br />
fuhr. In etlichen Passagen<br />
seiner Arbeiten über<br />
die Commune kommt das<br />
deutlich zum Ausdruck.<br />
Bei Trotzki stehen einseitig<br />
im Vordergrund nur die<br />
militärische Seite der Commune,<br />
nur der Aufstand<br />
und die revolutionäre Entschlossenheit,<br />
während ihn<br />
das, was die Commune als<br />
„endlich entdeckte Form<br />
der Diktatur des Proletariats“<br />
ausmachte, eben die<br />
rätedemokratische Selbstorganisation<br />
des Volkes,<br />
nicht so sehr interessierte.<br />
Das ändert aber natürlich<br />
nichts daran, dass die<br />
hauptsächliche Stoßrichtung<br />
der Polemik Trotzkis<br />
gegen Kautsky richtig ist,<br />
einen Kautsky, der Klassenkampf<br />
und Revolution<br />
völlig verraten hat, der<br />
die Commune unter der<br />
Fahne der bürgerlichen<br />
„Demokratie“, des Parlamentarismus,<br />
der feigen<br />
„humanistischen“ Zurückhaltung<br />
und Kompromissbereitschaft<br />
kritisiert und<br />
denunziert und frontal gegen<br />
den revolutionären,<br />
insbesondere den militärischen<br />
Kampf auftritt, dies<br />
alles gepaart mit gespieltem<br />
Bedauern und Verständnis<br />
über die Fehler<br />
und Schicksale der Commune.<br />
Kautsky hetzt in<br />
derselben Schrift, das ist ja<br />
auch ihr eigentlicher Sinn<br />
und Zweck, gegen das Sowjetsystem<br />
und versteigt<br />
sich dabei zu den absonderlichstenspießbürgerlichen<br />
Verrenkungen. Als in<br />
der Sowjetunion im Bürgerkrieg<br />
den Bourgeois<br />
zeitweilig das Wahlrecht<br />
entzogen wurde, erklärte<br />
er die Sowjets für „illegal“;<br />
sie hätten keine „legitime<br />
Vertretungsbefugnis“, da<br />
„es keine juristische Abgrenzung<br />
zwischen Proletariat<br />
und Bourgeoisie<br />
gibt“. Das ist wahr: Vom<br />
Standpunkt des bürgerlichen<br />
Wahlrechts aus kann<br />
man Bourgeoisie und Proletariat<br />
nicht unterscheiden.
Endnoten<br />
1 Kautsky: „Terrorismus und Kommunismus“ (1919)<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
2 Nach einem Wort von Mao im „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ (1927)<br />
3 Lavrov: „Die Pariser Commune vom 18.März 1871. Geschehnisse - Einfl üsse -Lehren“<br />
4 Arnould: „Histoire populaire et parlementaire de la Commune de Paris”, 3 Bände, 1878<br />
(leider nur auf französisch)<br />
5 Bakunin: „Die Commune von Paris“ (Juni 1871)<br />
6 Kropotkin: „Die Pariser Commune“ (1891)<br />
7 Darunter auch einige „vergessene“, z.B. der sehr frühe Jean Meslier (1664-1729). Von diesem Mann,<br />
atheistisch und frühkommunistisch gewordener Priester, stammt übrigens der bekannte Satz aus seinem<br />
Testament: „Ich möchte, und dies sei der letzte und sehnlichste meiner Wünsche, dass der letzte der Könige<br />
erwürgt werde mit den Gedärmen des letzten Priesters.“ Bei den Revolten und dem Generalstreik 1968 wurde<br />
das - in Frankreich allgemein sehr bekannte - Zitat aufgegriffen und man konnte auf Hausmauern in Paris<br />
lesen: „Die Menschheit wird erst frei sein, wenn der letzte Kapitalist mit den Gedärmen des letzten Staatsbürokraten<br />
erhängt worden ist.“ Das ist selbstredend nur eine historische Anekdote, nicht etwa eine prägnante<br />
Zusammenfassung revolutionär-kommunistischer Strategie und Taktik.<br />
8 W.Benjamin: „Über den Begriff der Geschichte“ (1940), These XII: „Das Subjekt historischer Erkenntnis<br />
ist die kämpfende, unterdrückte Klasse selbst. Bei Marx tritt sie als die letzte geknechtete, als die rächende<br />
Klasse auf, die das Werk der Befreiung im Namen von Generationen Geschlagener zu Ende führt. Dieses<br />
Bewusstsein …, war der Sozialdemokratie seit jeher anstößig. Im Lauf von drei Jahrzehnten gelang es ihr, den<br />
Namen eines Blanqui fast auszulöschen, dessen Erzklang das vorige Jahrhundert erschüttert hat. Sie gefi el<br />
sich darin, der Arbeiterklasse die Rolle der Erlöserin künftiger Generationen zuzuspielen. Sie durchschnitt ihr<br />
damit die Sehne des besten Kraft. Die Klasse verlernte in dieser Schule gleich sehr den Hass wie den Opferwillen.<br />
Denn beide nähren sich am Bild der geknechteten Vorfahren, nicht am Ideal der befreiten Enkel.“<br />
9 Trotzki: „Terrorismus und Kommunismus. Anti-Kautsky“ (1920), „Die Lehren der Commune“ (1921)<br />
37
Pariser Commune<br />
38<br />
Lehren der Commune<br />
und die Frage der Staatsmacht heute<br />
Ich möchte einleitend zur<br />
Schlussdiskussion, bevor<br />
ich die wichtigsten offen<br />
gebliebenen Themen noch<br />
einmal in Erinnerung rufe,<br />
kurz Stellung nehmen zu<br />
ein paar Punkten, die mir<br />
besonders wichtig vorkommen.<br />
Das erste ist die Frage:<br />
Was ist eine proletarische<br />
Revolution aus heutiger<br />
Sicht?<br />
Unserer Meinung nach ist<br />
das eine vollständige gesellschaftliche<br />
Umwälzung<br />
im politischen, wirtschaftlichen<br />
und kulturellen Bereich,<br />
die unter Führung<br />
des organisierten Proletariats<br />
stattfi ndet. Es ist ein<br />
permanenter revolutionärer<br />
Prozess über mehrere<br />
Jahrzehnte, der mit<br />
einem bewaffneten Aufstand<br />
und der politischen<br />
Machtergreifung durch<br />
die bewusstesten Teile der<br />
Arbeiter/innenklasse eingeleitet<br />
wird.<br />
Auf politischer Ebene wird<br />
die Diktatur der Bourgeoisie<br />
gestürzt und die Diktatur<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
errichtet. Im wirtschaftlichen<br />
Bereich wird<br />
das System der Profi tmaximierung<br />
durch eine Planwirtschaft<br />
zur Befriedigung<br />
der wachsenden Bedürfnisse<br />
der Volksmassen<br />
ersetzt – Voraussetzung<br />
dafür ist die Enteignung<br />
und Vergesellschaftung<br />
der Produktionsmittel. Im<br />
kulturellen Bereich wird<br />
die bürgerliche, frauendiskriminierende,nationalistische<br />
und religiös-obskurantistische<br />
Kultur durch<br />
eine auf dem dialektischen<br />
Materialismus basierende<br />
und dem Volk dienende<br />
Kultur abgelöst.<br />
In allen drei Bereichen müssen<br />
von der neuen proletarischen<br />
Staatsmacht die<br />
ersten Schritte rasch gesetzt<br />
werden. Aber damit<br />
ist die soziale Revolution<br />
keineswegs abgeschlossen.<br />
Sie muss in revolutionären<br />
Kampagnen unter Einbeziehung<br />
der Volksmassen<br />
fortgeführt werden; sonst<br />
droht ein Erlahmen der<br />
revolutionären Bewegung<br />
und eine schrittweise oder<br />
rasche Rückkehr zum Kapitalismus.<br />
Das sind auch<br />
unsere Erfahrungen aus<br />
den Niederlagen der ersten<br />
Welle der sozialistischen<br />
Revolutionen im 20.<br />
Jahrhundert.<br />
Das zweite worauf ich kurz<br />
eingehen möchte sind:<br />
Die Bedingungen für eine<br />
proletarische Revolution<br />
Eine Grundvoraussetzung<br />
für eine proletarische Revolution<br />
in einem imperialistischen<br />
Land ist eine<br />
revolutionäre Krise, in<br />
der die Kapitalistenklasse<br />
nicht mehr so weiter herrschen<br />
kann wie bisher und<br />
die Arbeiter/innenklasse<br />
und die unterdrückten<br />
Volksmassen nicht mehr so<br />
weiter leben möchten wie<br />
bisher.<br />
Damit daraus auch eine<br />
Revolution wird, ist nach<br />
Lenin folgendes notwendig:<br />
„Erstens, dass die Mehrheit<br />
der Arbeiter (oder jedenfalls<br />
die Mehrheit der<br />
klassenbewussten, den-<br />
Einleitung zur Diskussion<br />
kenden, politisch aktiven<br />
Arbeiter) die Notwendigkeit<br />
des Umsturz völlig<br />
begreift und bereit ist,<br />
seinetwegen in den Tod zu<br />
gehen;<br />
zweitens, dass die herrschenden<br />
Klassen eine<br />
Regierungskrise durchmachen,<br />
die sogar die rückständigsten<br />
Massen in die<br />
Politik hineinzieht (das<br />
Merkmal einer jeden wirklichen<br />
Revolution ist die<br />
schnelle Verzehnfachung,<br />
ja Verhundertfachung der<br />
Zahl der zum politischen<br />
Kampf fähigen Vertreter<br />
der werktätigen und ausgebeuteten<br />
Masse, die bis<br />
dahin apathisch war), die<br />
Regierung kraftlos macht<br />
und es den Revolutionären<br />
ermöglicht, diese Regierung<br />
schnell zu stürzen.“<br />
(Lenin, „Linker Radikalismus“,<br />
LW 31, S.71f.)<br />
Notwendig ist dazu jedenfalls<br />
eine gut organisierte<br />
und in allen Teilen der Arbeiter/innenklasseverankerterevolutionär-kommunistische<br />
Kampfpartei,<br />
die durch ihre Aktivitäten<br />
die politische Krise verschärft,<br />
indem sie den Unmut<br />
und die Revolutionierung<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
und unterdrückten<br />
Volksmassen vorantreibt.<br />
Dazu muss die revolutionäre<br />
kommunistische Kampfpartei<br />
in der Lage sein, den<br />
wissenschaftlichen Kommunismus<br />
verstehen und<br />
weiterentwickeln, um die<br />
revolutionäre Bewegung<br />
ideologisch und praktisch<br />
anleiten zu können.
Für die Orientierung in der<br />
heutigen Situation möchte<br />
ich noch folgendes in die<br />
Diskussion werfen:<br />
Es wird viel von Gegenmacht<br />
geredet, aber was<br />
bedeutet das? Die meisten<br />
verstehen darunter<br />
eine organisierte Opposition<br />
gegen die Regierung,<br />
die die Rolle eines politischen<br />
Korrekturorgans zur<br />
Durchsetzung bestimmter<br />
Interessen der Volksmassen<br />
spielt. Sehr oft ist einfach<br />
so etwas wie eine radikale<br />
Bürgerinitiative damit gemeint,<br />
die sozialpolitische<br />
Interessen durchsetzen<br />
soll. Diese Vorstellung ist<br />
durchaus kompatibel mit<br />
dem System der Sozialpartnerschaft,<br />
man könnte<br />
es auch als zivilgesellschaftliche<br />
Variante der<br />
Sozialpartnerschaft bezeichnen.<br />
Das bestehende<br />
System wird nicht in Frage<br />
gestellt, sondern es geht<br />
um seine Verbesserung<br />
im Sinn der Interessen der<br />
Arbeiter/innen und Volksmassen.<br />
Wenn wir von<br />
Gegenmacht oder Aufbau<br />
von Gegenmachtorganen<br />
sprechen meinen wir etwas<br />
anderes, nämlich den<br />
Aufbau von Organen, die<br />
den bürgerlichen Staat<br />
in Frage stellen – sowohl<br />
hinsichtlich der Verwaltungs-<br />
und Entscheidungsbefugnisse<br />
als noch viel<br />
mehr im Sinn des von ihm<br />
beanspruchten Gewaltmonopols.<br />
Viele fortschrittliche Menschen<br />
verzweifeln heute<br />
an der scheinbar uner-<br />
schütterlichen Allmacht<br />
des bürgerlichen Staates.<br />
Als Folge davon beschränken<br />
sie sich von vornherein<br />
auf Teilforderungen, au<br />
Verbesserungen im Kleinen.<br />
Tatsächlich erscheint<br />
der Unterdrückerstaat nur<br />
so allmächtig, weil wir so<br />
schwach sind und viel zu<br />
wenig daran arbeiten,<br />
wirkliche Stärke aufzubauen<br />
– ideologisch, politisch<br />
und dann auch militärisch<br />
– im Sinn einer wirklichen<br />
Gegenmacht. Weil wir uns<br />
zu wenig darauf konzentrieren,<br />
wie das ganze kapitalistische<br />
System gekippt<br />
werden kann.<br />
So und jetzt möchte ich<br />
die Diskussion eröffnen.<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
39
Pariser Commune<br />
40<br />
... die Gesetze seien künftig nicht beachtet,<br />
in Erwägung dass wir nicht mehr Knecht sein woll ´ n!<br />
Flugblatt der IA*RKP vom 1. März 2011<br />
Die Bourgeoisie befi ndet<br />
sich derzeit in der Offensive<br />
gegenüber der Arbeiter/innenklasse<br />
und den<br />
Volksmassen. Auch wenn<br />
sie, wenn auch freilich<br />
nicht in großen Sprüngen<br />
sondern schön langsam,<br />
aus der die letzten Jahre<br />
prägenden Weltwirtschafts<br />
krise herauskommt,<br />
versucht sie natürlich alles,<br />
die Lasten dieser Krise weiterhin<br />
auf die Ausgebeuteten<br />
abzuladen und das<br />
mit weiteren Vorstößen<br />
zu verknüpfen. In der Tat,<br />
die Ent wicklung im Abbau<br />
der wirtschaftlichen und<br />
demokratischen Rechte<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
beschleunigt sich, die<br />
Ausplünderung der Volksmassen<br />
in den Neokolonien<br />
wird durch die Imperialisten<br />
an allerlei Fronten<br />
verschärft. Zwischen den<br />
imperialistischen Staaten,<br />
verschärft sich die Konkurrenz<br />
um Vormachtstellungen<br />
in den Regio nen des<br />
Trikonts (Afrika, Asien und<br />
Lateinameri ka) und anderer<br />
unter dem Stiefel des<br />
Imperialis mus stehender<br />
Weltgegenden (wie z.B.<br />
Balkan/ Ost europa). Diese<br />
Entwicklung lässt das Kapital<br />
zu immer kühneren,<br />
weitergehenden Aktionen<br />
und Mitteln greifen, bis<br />
hin zum letzten Weg die<br />
Wi der sprüche untereinander<br />
zu lösen: Krieg, imperialistischer<br />
Krieg. Sehen<br />
wir uns die Entwicklung<br />
der EU, Russlands, der USA<br />
und teilweise wohl auch<br />
Chinas an, so treten die<br />
massiven Widersprü che<br />
unter ihnen, auch wenn sie<br />
immer wieder zeit weilige<br />
Bündnisse und Abkommen<br />
untereinan der schließen,<br />
recht klar zu Tage. Es<br />
ist somit alles an dere als<br />
vermessen, die steigende<br />
Kriegsgefahr klar zu benennen.<br />
Für die Arbeiter/innenklasse<br />
stellt sich dieser Situa tion<br />
gegenüber die Frage: Was<br />
tun? Wie können wir der<br />
Ausbeutungsoffensive des<br />
Kapitals, der steigenden<br />
Kriegsgefahr, dem Imperialismus<br />
ent gegentreten?<br />
Auf was sollten wir unsere<br />
Kämpfe ausrichten, und<br />
wie diese überhaupt anpacken?<br />
Lauter gute Fragen.<br />
Die Arbeiter/innenklasse<br />
hat dabei schon eine lange<br />
Geschichte der Kämpfe,<br />
Sie ge und Niederlagen,<br />
und bei Fragestellungen<br />
solcher Art, empfi ehlt es<br />
sich immer wieder, einen<br />
Schritt zurückzutreten und<br />
die Erfahrungen unserer<br />
Vorkämpfer/innen genau<br />
zu studieren. Nicht um zu<br />
einem Historikerclub zu<br />
werden oder aus Freu de<br />
an der schönen Schrift,<br />
sondern schlicht deshalb,<br />
weil schon vieles im<br />
Kampf errungen wurde,<br />
was auch für unsere heutigen<br />
Klassenausein andersetzungen<br />
wichtig ist zu<br />
verstehen und zu kennen<br />
– und so wie das Rad kein<br />
zweites Mal erfunden werden<br />
muss, wohl aber entwickelt<br />
werden kann (es<br />
z.B. stabiler machen), verhält<br />
es sich auch mit den<br />
Kämpfen des Proletariats;<br />
auch hier gilt, dass wir im<br />
Sinne einer Entwicklung,<br />
die nur möglich ist, wenn<br />
wir den Gegenstand der<br />
Entwicklung auch kennen,<br />
an bisher gemachte<br />
Erfahrungen an knüpfen<br />
sollten.<br />
Einer der ganz großen<br />
Punkte, ist dabei die Pari-<br />
ser Commune, erste Diktatur<br />
des Proletariats, vor 140<br />
Jahren. Die Gute mag alt<br />
sein, sicherlich, doch steckt<br />
sie so sehr voller grundsätzlicher,<br />
wegwei sen der<br />
Lehren, dass es für das<br />
revolutionäre Pro letariat<br />
ganz und gar zwingend<br />
notwendig ist, sich mit ihr<br />
auseinanderzusetzen und<br />
das positive Erbe der Commune<br />
in seine heutigen<br />
Kämpfe aufzuneh men! Es<br />
geht dabei nicht nur darum,<br />
anhand eines praktischen<br />
Beispiels zu sehen,<br />
zu welchen großen Taten<br />
die kämpfende Arbeiter/innenklasse<br />
fähig ist,<br />
sondern auch darum die<br />
Lehren für die höchste poli<br />
tische Organisationsform<br />
des Proletariats im Klassenkampf<br />
zu ziehen: die<br />
Kommunistische Par tei.<br />
„Der sozialdemokratische<br />
Philister ist neuerdings<br />
wieder in heilsamen<br />
Schrecken geraten bei<br />
dem Wort: Diktatur des<br />
Proletariats. Nun gut meine<br />
Herren, wollt ihr wissen<br />
wie diese Diktatur aussieht?<br />
Seht euch die Pariser<br />
Kommune an. Das war<br />
die Diktatur des Proletariats“<br />
(Friedrich Engels)<br />
Während des deutschfranzösischen<br />
Krieges im<br />
19. Jahrhundert (ab Juli<br />
1870), schufen sich die Pariser<br />
ArbeiterInnen ihre<br />
eigenen bewaffneten<br />
Formatio nen, Nationalgarde<br />
genannt. Die herrschende<br />
Klas se, die Bourgeoisie,<br />
sah sich davon<br />
bedroht, doch aufgrund<br />
des Umstands, dass sie einerseits<br />
mit Deutschland<br />
im Krieg lag, und andererseits<br />
die Natio nalgarde
300.000 Prole tarier/innen<br />
unter Waffen umfasste, sah<br />
sie für sich nicht den nötigen<br />
Handlungsspielraum,<br />
um der Nationalgarde offen<br />
entgegenzutreten. Die<br />
Bourgeoisie war sich da rüber<br />
klar, dass dieses ArbeiterInnenheer<br />
im eigenen<br />
Hinterland eine Gefahr<br />
darstellte, gleichzeitig aber<br />
auch darüber, dass eine offene<br />
Konfrontation zur Eskalation<br />
führen würde. Um<br />
in dieser Situation die Zügel<br />
in der Hand zu behalten<br />
und die Natio nal garde für<br />
größere Kampfeinsätze unfähig<br />
zu machen, beschloss<br />
sie, ihr durch Agenten<br />
zumin dest die Geschütze zu<br />
stehlen. Die Agenten der<br />
Bour geoisie wurden jedoch<br />
entdeckt, der Versuch scheiterte<br />
und für die ArbeiterInnen<br />
in der Natio nal garde<br />
war nun endgültig klar,<br />
dass sie sich von der „eigenen“<br />
Bourgeoisie nichts zu<br />
erwarten brau che.<br />
Die Empörung war groß<br />
und heizte die ohnehin<br />
schon aufgeladene (und<br />
von mehreren vorgegangenen<br />
Emeuten und Aufständen<br />
gekennzeichnete)<br />
Stimmung weiter an – die<br />
bewaffneten Arbeiter/innen<br />
wagten den Aufstand<br />
und fegten die Herr schenden<br />
am 18. März 1871, vor<br />
140 Jahren, aus Paris hinaus.<br />
Während die Bourgeoisie<br />
aus Paris hinaus gejagt<br />
wurde, übernahmen schon<br />
die Arbei ter/innen selbst<br />
die Macht; in einer historischen<br />
Pioniertat schufen sie<br />
als erstes eine Regie rungsform<br />
der unumschränkten<br />
Herrschaft der Arbeiter/innenklasse,<br />
die als „Diktatur<br />
des Proleta riats“ bezeichnet<br />
wird.<br />
Manch eineR mag bei dem<br />
Wort Diktatur in „heilsamen<br />
Schrecken“ geraten,<br />
doch sehen wir uns diese<br />
Diktatur des Proletariats<br />
an, so erkennen wir rasch,<br />
dass es sich um die Diktatur<br />
über die Ver hält nisse der<br />
kapitalistischen Ausbeutung<br />
der Mas sen handelt<br />
– es sich aber viel mehr um<br />
eine Form der Organisation<br />
handelt, die dazu bestimmt<br />
ist, die Befreiung der Arbeiter/innenklasse<br />
und ihrer<br />
Bündnispartner voranzutreiben<br />
und den Weg zu<br />
einer klassen- und staatenlosen<br />
Gesellschaft zu ebenen.<br />
Die ersten, umgehend<br />
getroffenen Maß nahmen<br />
der Commune, waren in<br />
der bisherigen Geschichte<br />
beispiellos: Sie beschloss die<br />
jeder zeitige Abwählbarkeit<br />
von politischen Repräsentanten,<br />
Beamten,… wenn<br />
diese über ihre Tätigkeit<br />
nicht immer Rechenschaft<br />
im Sinne des Proleta riats<br />
ablegen können. Bürgerliche<br />
Gerichte wurden durch<br />
Volksgerichte ersetzt, in denen<br />
das Prole ta riat selbst<br />
Recht sprach. Der Lohn von<br />
Abgeord ne ten durfte den<br />
eines durchschnittlich qualifi<br />
zierten Arbeiters nicht<br />
übersteigen, das stehende<br />
Heer der Bourgeoisie wurde<br />
aufgelöst und durch<br />
allgemeine Volksbewaffnung<br />
ersetzt – ein Schritt<br />
der deutlich zeigt, dass die<br />
Commune die Herrschaft<br />
der Arbeiter/innenklasse<br />
selbst war und sich deshalb<br />
nicht davor zu fürchten<br />
brauchte, dass das Volk<br />
von Paris nun bewaffnet<br />
war. Diese und viele andere<br />
Maßnahmen brachten<br />
der Pariser Commune viel<br />
Ansehen im internationalen<br />
Proletariat und eine<br />
feste Verankerung in Paris<br />
selbst. Dennoch dauerte<br />
sie nur 72 Tage (!) an. Die<br />
Maßnahmen der Com mune<br />
mögen zwar, bedenkt man<br />
die kurze Zeit die sie hatte,<br />
in diesem Kontext noch viel<br />
beeindru cken der wirken,<br />
doch um tat sächlich Lehren<br />
zie hen zu können, müssen<br />
wir auch danach fragen,<br />
warum sie nur so kurz Bestand<br />
hatte?!<br />
„Die Waffe der Kritik kann<br />
allerdings die Kritik der<br />
Waffen nicht ersetzen, die<br />
materielle Gewalt muss<br />
gestürzt werden durch materielle<br />
Gewalt, allein auch<br />
die Theorie wird zur materiellen<br />
Ge walt, sobald sie<br />
die Massen ergreift (…)“<br />
(Karl Marx)<br />
Erstens hatte die Commune<br />
keine geeinte proleta rischrevolutionäre<br />
Führung. In<br />
der Nationalver samm lung<br />
(dem Ersatz des Parlaments)<br />
saßen ne ben konsequenten<br />
Revolutionär/innen auch<br />
viele Vertreter verschiedener<br />
kleinbürgerlicher Strömun<br />
gen und Gruppen. Sie<br />
sabotierten teilweise offen<br />
die Beschlüsse der Com mune<br />
und gaben Manifeste<br />
heraus, in denen sie die<br />
revolutionäre Linie angriffen.<br />
So ermöglichten diese<br />
Strömungen innerhalb<br />
der Commune es den offenen<br />
bürgerlichen Kräften<br />
außerhalb von Paris, die<br />
Schwächen der Com mune<br />
in ihrem Sinne auszunutzen<br />
und Macht der Ar beiterInnen<br />
niederzuschlagen.<br />
Das Fehlen einer wirk lichen<br />
Kom mu nistischen Partei<br />
und der falsch geführte<br />
Linien kampf innerhalb der<br />
Commune sind bittere Lehren,<br />
die jede revolutionäre<br />
Proletarische Revolution <strong>46</strong><br />
41
Pariser Commune<br />
42<br />
Organisation heute genau<br />
studieren muss, denn sie<br />
berühren durch wegs den<br />
Lebensnerv der proletarischen<br />
Macht.<br />
Zweitens hatten kleinbürgerliche<br />
Vorstellungen in<br />
der Commune so weitgehenden<br />
Einfl uss, dass das<br />
die notwendige Allseitigkeit<br />
der Diktatur über die<br />
Bourgeoisie untergrub<br />
und verhinderte. Die Vertre<br />
ter der kleinbürgerlichen<br />
Linie begriffen nicht,<br />
dass es nicht damit getan<br />
sein konnte, die alten<br />
Herrscher einfach fortzujagen<br />
und Paris zu neh men,<br />
sondern dass der bewaffnete<br />
Aufstand des Proletariats<br />
ausgeweitet werden<br />
muss, die Vertre ter der alten<br />
Ordnung niedergehalten<br />
werden müs sen und<br />
das Proletariat im Bündnis<br />
mit den Volks massen<br />
deshalb zu diktatorischen<br />
Mitteln gegen das Kapital<br />
greifen muss, um in seiner<br />
eigenen Befreiung voranzuschreiten<br />
und damit die<br />
Demo kra tie für die Massen<br />
zu verwirk lichen. Deshalb<br />
konnten sich die früheren<br />
Herrscher, Bourgeoisie<br />
und Adel, in Versailles<br />
verschanzen, neu konstituieren<br />
und mit Deutsch land<br />
die Kriegshandlungen einstellen<br />
um gemein sam auf<br />
die Pariser Com mu ne loszuschlagen.<br />
Die Lehre von der Notwendigkeit<br />
der allseitigen Diktatur<br />
über die Bourgeoisie,<br />
wurde durch die Commune<br />
mit den Strömen von Blut,<br />
die bei ihrer Niederschlagung<br />
fl ossen (über 100.000<br />
Kämpfe r/innen wurden bei<br />
der Einnahme von Paris<br />
durch die deutsch/französischen<br />
Truppen niederge-<br />
me tzelt) teuer erkauft. Die<br />
Commune bewies, dass<br />
sich das Proletariat, will es<br />
die Macht erringen, seine<br />
eigenen bewaffneten Einheiten<br />
schaffen muss.<br />
Ein dritter, wesentlicher<br />
Punkt, ist die Frage der<br />
Bündnisse, die die Revolutionäre<br />
eingehen.<br />
Ver s t and es die Commune<br />
ausgezeichnet, auch<br />
die nicht-proletarischen<br />
Schichten in Paris für sich<br />
zu gewinnen, so versagte<br />
sie in der Gewinnung der<br />
Bauernschaft außerhalb<br />
von Paris - ein Fehler, der<br />
den deutsch/französischen<br />
Truppen den Vor marsch<br />
auf Paris erleichterte und<br />
wesentlich dazu beitrug,<br />
dass die Commune auf Paris<br />
beschränkt blieb. Auch<br />
wenn die Frage des Bündnisses<br />
mit der Bau ernschaft<br />
heute in Österreich für<br />
die Revolutio när/innen<br />
weniger Relevanz besitzt<br />
als 1871 in Frankreich, so<br />
ist es doch die nicht zu<br />
unter schä tzende Frage<br />
der Bündnisse, die über Erfolg<br />
oder Misserfolg einer<br />
Revolution entscheiden<br />
kann. Ebenso kann darüber<br />
hinaus gesagt werden,<br />
dass wir heute in den imperialistischen<br />
Ländern<br />
keine Revolution zustande<br />
bringen werden, wenn<br />
wir es nicht verstehen, mit<br />
den Volkskämpfen in den<br />
aus gebeuteten, neokolonial<br />
abhängigen Ländern<br />
ein festes Bündnis einzugehen<br />
und unsere Kämpfe<br />
aufs Engste miteinander<br />
zu verbinden.<br />
Gehen wir über eine Bewunderung<br />
der Commune<br />
für ihre großartigen Pioniertaten<br />
hinaus und nehmen<br />
die notwendige Ana-<br />
lyse ihrer Schwächen und<br />
Fehler vor, so erkennen<br />
wir erst in vollem Um fang,<br />
was für ein leuchtendes<br />
Vorbild sie selbst 140 Jahre<br />
nach ihrem Bestehen<br />
ist. Die Lehren der Pariser<br />
Commune sind unentbehrliche<br />
Werkzeuge in der Frage,<br />
wie die kapitalistische<br />
Ausbeuterord nung heute<br />
zu Fall gebracht werden<br />
kann. Die Pa riser Commune<br />
ist der erste rote Stern<br />
in einer Rei he, die durch<br />
die sozialistische Oktoberrevolution<br />
in Russland und<br />
die Große Proletarische<br />
Kultur revo lution in China<br />
weitergeführt wurde.<br />
Auf die sen drei praktischen<br />
Ereignissen und den<br />
dazuge hörigen Theorien<br />
ruht heute das Verständnis<br />
eines proletarischen,<br />
revolu tio nären Kommunismus<br />
– ohne die Lehren<br />
dieser drei Ereignisse,<br />
ohne sie voll und ganz in<br />
die eige ne politische Linie<br />
aufzu nehmen, werden<br />
wir nicht dazu in der Lage<br />
sein, den Kapitalismus zu<br />
zer schlagen, die Diktatur<br />
des Proletariats zu er richten<br />
und den Weg zu einer<br />
klassen- und staaten losen<br />
Gesellschaft, dem Kommunismus,<br />
zu beschreiten.<br />
„Das Paris der Arbeiter,<br />
mit seiner Kommune, wird<br />
ewig gefeiert werden als<br />
der ruhmvolle Vor b ote<br />
einer neuen Gesellschaft.<br />
Seine Märtyrer sind eingeschreint<br />
in dem großen<br />
Herzen der Ar be i terklasse.<br />
Seine Vertilger hat die Geschichte<br />
schon jetzt an den<br />
Schandpfahl genagelt,<br />
von dem sie zu erlösen<br />
alle Gebete ihrer Pfaffen<br />
ohn mächtig sind“<br />
(Karl Marx, Bürgerkrieg in<br />
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