31.12.2012 Aufrufe

Klänge aus dem Osten. Wer komponierte die Musik der DEFA ...

Klänge aus dem Osten. Wer komponierte die Musik der DEFA ...

Klänge aus dem Osten. Wer komponierte die Musik der DEFA ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Aber auch kleinere Talente und Routiniers wie Hans-Otto Borgmann, Wolfgang Zeller,<br />

Michael Jary o<strong>der</strong> Theo Mackeben kamen schnell ins neue <strong>DEFA</strong>-Geschäft, zumal viele<br />

alteingesessene Regisseure mit o<strong>der</strong> ohne "entnazifizieren<strong>dem</strong> Persilschein" wie<strong>der</strong> drehen<br />

durften. So kannten sie sich (fast) alle und stellten untereinan<strong>der</strong> keine Fragen bezüglich <strong>der</strong><br />

jüngsten Vergangenheit. Ein Regiedebütant wie Kurt Maetzig erfuhr erst Jahre später, daß <strong>der</strong><br />

Komponist seines antifaschistischen Films "Ehe im Schatten" (1947) wenige Jahre zuvor <strong>die</strong><br />

<strong>Musik</strong> zu Veit Harlans antisemitischem Film "Jud Süß" (1940) geschrieben hatte. So wollte<br />

auch <strong>der</strong> Komponist Henning Schrö<strong>der</strong> (1996 - 1997), <strong>der</strong> während <strong>der</strong> NS-Zeit als<br />

Komponist Berufsverbot hatte und 1946 bis 1961 im <strong>DEFA</strong>-Sinfonieorchester als Bratscher<br />

tätig gewesen war, in einem 1994 geführten Gespräch nicht recht glauben, daß <strong>der</strong><br />

"bescheidene, hilfsbereite und sympathische" Wolfgang Zeller (1993 - 1967) <strong>die</strong> <strong>Musik</strong> zu<br />

<strong>die</strong>sem berüchtigten Film geschrieben habe. Aber Zeller war lei<strong>der</strong> keine Ausnahme unter den<br />

frühen <strong>DEFA</strong>-Komponisten. So vertonte Hans-Otto Borgmann (1901 - 1977) 1933 für den<br />

Film "Hitlerjunge Quex" das wohl bekannteste Lied <strong>der</strong> HJ "Unsre Fahne flattert uns voran".<br />

Daß gerade <strong>die</strong>ser <strong>Musik</strong>er von <strong>der</strong> <strong>DEFA</strong> den Auftrag erhielt, <strong>die</strong> <strong>Musik</strong> zu einem Film<br />

"Eins-Zwei-Drei-Corona" (1949) zu schreiben, <strong>der</strong> Probleme <strong>der</strong> Nachkriegsjugend und<br />

Fragen eines neuen Erziehungsmodells behandelte, ist <strong>aus</strong> heutiger Sicht schwer verständlich.<br />

Auch <strong>der</strong> weniger bekannte Franz R. Friedl (1992-1977) hatte ein unrühmliches<br />

filmmusikalisches Opus zu verbergen. 1940 schrieb er <strong>die</strong> <strong>Musik</strong> zu Hipplers "Der ewige<br />

Jude", <strong>dem</strong> wohl übelsten antisemitischen Hetzfilm, und 1949 für <strong>die</strong> <strong>DEFA</strong> <strong>die</strong> Partitur zu<br />

einer Heimkehrertragikomö<strong>die</strong> "Quartett zu fünft". Noch 1954 betrat mit Herbert Windt<br />

(1994-1965) ein einstmals von <strong>der</strong> Nazipresse gefeierter "Komponist <strong>der</strong> heroischen und<br />

nationalpolitschen Filme" wie "Triumph des Willens", "Unternehmen Michael" o<strong>der</strong><br />

"Kadetten" als Mitarbeiter Wolfgang Staudtes (!) das <strong>Musik</strong>atelier <strong>der</strong> <strong>DEFA</strong>, um seine<br />

<strong>Musik</strong> zu "Leuchtfeuer" aufzunehmen. Wahrscheinlich war es nicht allein <strong>die</strong> prekäre<br />

personelle Situation, <strong>die</strong> dazu zwang, mit belasteten Komponisten <strong>der</strong> NS-Zeit<br />

zusammenzuarbeiten, son<strong>der</strong>n vielfach waren <strong>der</strong>en Aktivitäten zwischen 1933 und 1945 nur<br />

in ungenügen<strong>dem</strong> Maße bekannt. Erst 1963 mit Joseph Wulfs Dokumentation "<strong>Musik</strong> im<br />

Dritten Reich" lag <strong>die</strong> erste einschlägige Publikation zu <strong>die</strong>sem Thema vor; und erst zwei<br />

Jahrzehnte später erschien mit Fred K. Priebergs Buch "<strong>Musik</strong> im NS-Staat" eine<br />

systematisch aufgearbeitete <strong>Musik</strong>geschichte <strong>die</strong>ser Zeit.<br />

Die im Nachhinein verlockende gedankliche Utopie eines radikalen Neubeginns wäre<br />

(zumindest in <strong>die</strong>sen Anfangsjahren) an den objektiven Gegebenheiten gescheitert. Von den<br />

<strong>aus</strong> politischen o<strong>der</strong> rassistischen Gründen emigrierten Komponisten, <strong>die</strong> vor 1933 <strong>die</strong><br />

deutsche Filmmusik geprägt hatten, war 1946/47 noch keiner nach Deutschland<br />

zurückgekehrt. Der kompositorische Nachwuchs befand sich in Gefangenschaft o<strong>der</strong> war im<br />

Krieg gefallen. Aus KZ und Zuchth<strong>aus</strong> befreite <strong>Musik</strong>er wurden in <strong>der</strong> SBZ (sowjetisch<br />

besetzten Zone) mit dringenden kulturpolitischen Aufgaben betraut. Sie waren zu<strong>dem</strong> den<br />

Filmregisseuren völlig unbekannt und besaßen auch keinerlei Metiererfahrung.<br />

II. NEUBABELSBERGER FILMSYMPHONIK DER 50ER JAHRE<br />

Rückschauend waren <strong>die</strong>se Jahre <strong>die</strong> Blütezeit des <strong>DEFA</strong>-Sinfonieorchesters. Es gab kaum<br />

einen "seriösen" Film, <strong>der</strong> nicht <strong>die</strong> Dienste <strong>die</strong>ses fest bestallten Klangkörpers voll<br />

beanspruchte. Was <strong>die</strong> Herren Roters, Zeller, Sieber o<strong>der</strong> Strasser an Partituren im<br />

orchestralen "<strong>DEFA</strong>-Sound" produzierten, war allerdings pure Kapellmeistermusik, nämlich<br />

eine Abart <strong>der</strong> damals international verbreitetsten, in Hollywood wie Moskau gleichermaßen<br />

üblichen "Filmsymphonik", <strong>die</strong> in ihren stilistischen Mitteln bis zu jenem Punkt in <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> europäischen Kunstmusik ging, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Bruchstelle <strong>der</strong> nach 199 zunehmend<br />

gestörten Kommunikation zwischen Komponist und Publikum markiert. Ausgehend von <strong>der</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!