BILDUNG SCHWEIZ - beim LCH
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<strong>BILDUNG</strong> <strong>SCHWEIZ</strong> 10 a I 2012 ............................................ SCHWAMM DRÜBER 47<br />
Windschutz<br />
Soll man die zweite Gotthardröhre bauen?<br />
Kann man mit kohlenhydratfreier Ernährung<br />
wirklich das Altern verlangsamen? Soll die<br />
Schweiz aus der Atomenergie aussteigen? Belegen<br />
die neusten Experimente am CERN<br />
wirklich die Existenz des Higgs-Teilchens?<br />
Soll Israel aus der Siedlungspolitik aussteigen?<br />
Hat Anselm von Canterbury wirklich die<br />
Existenz Gottes bewiesen? Soll eine Lehrperson<br />
nach Methode X oder Y unterrichten?<br />
Wie Windböen im Sturm wehen uns im Laufe<br />
des Lebens unzählige Fragen entgegen. Viele<br />
halten wir von uns fern, indem wir ausweichen<br />
oder Schutz suchen und erklären, dass<br />
sie uns nichts angehen, anderen wollen oder<br />
müssen wir uns stellen. Und wenn wir uns<br />
stellen, suchen wir nach Argumenten. Wir<br />
hüllen uns in Begründungen, suchen festen<br />
Stand auf Fakten, imprägnieren uns gegen<br />
Gegenargumente, kneifen die Augen zu im<br />
Angesicht von Kritik. Wäre es also nicht überaus<br />
sinnvoll und nützlich, man würde in der<br />
Schule vermehrt das Argumentieren lernen?<br />
Als ich noch Schüler war, genoss ich meist einen<br />
Unterricht, den man heute altmodisch<br />
nennen würde: Der Lehrer dozierte und<br />
stellte einige Fragen, und wir Schüler (damals<br />
ausschliesslich Männer) durften gelegentlich<br />
kurze Antworten liefern.<br />
Wir machten uns im besten Falle Fakten zu<br />
eigen, aber lernten die Zusammenhänge<br />
<strong>BILDUNG</strong> <strong>SCHWEIZ</strong> demnächst<br />
Pestalozzi-Preis<br />
Zum diesjährigen Motto «Jugendliche<br />
fördern Jugendliche» gingen ausserordentlich<br />
viele gute Projekte ein. Aus diesem<br />
Grund vergab die Jury zwei Preise,<br />
einen Haupt- und einen Nebenpreis. Wir<br />
stellen die Preisträgerinnen und Preisträger<br />
in der nächsten Ausgabe vor.<br />
nicht, sondern hörten sie bloss, und wir alle wissen: Gehörte Worte sind «geflügelt»,<br />
sie verwehen schnell in den zahlreichen Böen, die einen Jugendlichen<br />
erreichen. Wir argumentierten selten, begründeten wenig, nahmen kaum je<br />
Gegenstandpunkte ein.<br />
Mit Fragen Argumente provozieren<br />
In einer neuen Studie haben die Lehr- und Lernforscherin Christine Chin und<br />
ihr Kollege Jonathan Osborne argumentiert, wie wichtig es wäre, das präzise<br />
Argumentieren als Ziel allgemeiner Bildung zu etablieren. Die Lernenden<br />
sollten Hypothesen aufstellen und Wege finden, wie diese verifiziert oder falsifiziert<br />
werden können, sie sollten Gegenargumente neutral prüfen und allenfalls<br />
Strategien finden, um sie zu entkräften. Sie sollten lernen, ihre Aussagen<br />
sauber und basierend auf Evidenz zu begründen.<br />
Wie könnte das im Unterricht etwa aussehen? Hier sind ein paar Beispiele von<br />
Fragen, die zu solchen Argumentationen anregen:<br />
Weshalb soll man einen Flussabschnitt revitalisieren? Warum hat man früher<br />
viel Geld und Arbeit in die Begradigung eines Flusses gesteckt, wenn jetzt abermals<br />
Geld und Arbeit aufgewendet werden müssen zur Revitalisierung? Was<br />
für Argumente können für oder gegen eine Revitalisierung sprechen?<br />
Wie sieht die Temperaturkurve aus, wenn man Eis zu Dampf erhitzt? Stellen<br />
Sie eine Hypothese auf. Wie lässt sich das entscheiden? Und welche Argumente<br />
lassen sich für allfällige Besonderheiten der Kurve ins Feld führen?<br />
Ist die Zahl 3444+4333 durch 5 teilbar oder nicht? Wie lässt sich das einsehen?<br />
Mit welchen Argumenten kann ein mathematischer Laie von der Richtigkeit<br />
der Aussage überzeugt werden?<br />
Fragen dieser Art sind kein Zeitverlust, im Gegenteil. Man erlebt dann, wie<br />
Jugendliche anfangen, sich in den Stoffen wohl zu fühlen, sie bewegen sich in<br />
ihnen gekonnt und eloquent, sie weichen den Winden nicht einfach nur aus,<br />
sondern lassen in ihnen ihre eigenen Drachen steigen…<br />
Hörbehindert und integriert<br />
Kinder mit einer Hörschädigung in einer<br />
Regelklasse: Was braucht es, damit sie<br />
sowohl schulisch als auch sozial integriert<br />
sind? Eine Mutter zeigt auf, wie<br />
ihre schwerhörige Tochter den Alltag<br />
meistert. Und eine Lehrperson berichtet<br />
von ihren Erfahrungen mit einem hörgeschädigten<br />
Kind.<br />
Armin P. Barth<br />
Jürgen Oelkers<br />
Über Reformen – Sinn, Zweck und Akzeptanz<br />
– spricht <strong>BILDUNG</strong> <strong>SCHWEIZ</strong><br />
mit Jürgen Oelkers. «Reformen kann<br />
man nicht stoppen, weil immer neue erfunden<br />
werden», sagt der Zürcher Pädagogikprofessor.<br />
Die nächste Ausgabe erscheint am<br />
6. November 2012