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Harold in Italien - Akademisches Orchester Berlin

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schrieb, bekamen die Menschen <strong>in</strong> der Heimat am "Volksempfänger" mit e<strong>in</strong>er Passage aus Liszts "Les<br />

Préludes", der "Russland-Fanfare" wie man sie auch nannte, "Erfolgsmeldungen" von e<strong>in</strong>em verme<strong>in</strong>tlich<br />

"siegbaren" Krieg, dessen e<strong>in</strong>ziges Ziel dar<strong>in</strong> bestand, zu erobern und zu vernichten.<br />

Von dieser Vergewaltigung hat sich das Stück lange nicht erholt und es gibt immer noch viele Menschen,<br />

denen beim Erkl<strong>in</strong>gen dieser Fanfare schmerzhafteste Er<strong>in</strong>nerungen aufsteigen und die diese Musik<br />

deshalb ablehnen. Diese biographische Prägung, die man mit Verständnis und Sensibilität anerkennen<br />

muss, hat allerd<strong>in</strong>gs nichts mit Liszt zu tun. Er ist zeitlebens mit ke<strong>in</strong>em Wort und ke<strong>in</strong>em Ton als<br />

Vordenker e<strong>in</strong>er faschistischen Ideologie hervorgetreten und er ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>deutig<br />

Opfer, nicht Täter. Um ihm und dem Stück Gerechtigkeit widerfahren zu lassen muss man die Lüge und<br />

Vere<strong>in</strong>nahmung von Person und Werk klar benennen. Nur wenn man den ihm <strong>in</strong>newohnenden Wert<br />

erkennt und bewahrt, gibt man diesem Stück und se<strong>in</strong>em Komponisten se<strong>in</strong>e Würde zurück.<br />

Musikalisch zeichnet sich "Les Préludes" durch die Verb<strong>in</strong>dung zweier Strukturelemente aus: Es ist<br />

e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> <strong>in</strong> sich geschlossenes Gebilde, <strong>in</strong> dem thematisch-motivische Arbeit den formalen<br />

Zusammenhang garantiert. Über dieser Motivebene liegt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tentionale, die den thematischen Teilen<br />

prägnante Ausdrucksformen zuordnet, an denen sich die Fantasie der Zuhörer entzünden kann. Mit "Les<br />

Préludes" schreibt Liszt nicht weniger als e<strong>in</strong>e mehrsätzige Symphonie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz: Man f<strong>in</strong>det zunächst<br />

e<strong>in</strong>e langsame E<strong>in</strong>leitung, e<strong>in</strong>e kraftvolle Fanfarenidee (C-Dur), später e<strong>in</strong>en lyrischen Kontrastteil (E-Dur),<br />

danach e<strong>in</strong> leichtes Pastoralstück und schließlich wieder die Reprise der Fanfare im Rahmen e<strong>in</strong>es "Allegro<br />

marziale". Zusammengebunden werden die formalen Ideen durch die Verwendung e<strong>in</strong>es zentralen<br />

rhythmisch-melodischen Motivs, bestehend aus nur drei Tönen. Sie erkl<strong>in</strong>gen schon zu Beg<strong>in</strong>n und<br />

verklammern das gesamte Stück leitmotivisch. Mit der Verschmelzung von Musik und Poesie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Symphonischen Dichtungen etablierte Franz Liszt e<strong>in</strong>e neue Gattung <strong>in</strong> der Musikgeschichte. Bis weit <strong>in</strong>s<br />

20. Jahrhundert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> wirkte Liszt mit dieser Idee, die vor allem <strong>in</strong> Alexander Skrijab<strong>in</strong> und Richard Strauss<br />

ihre Vollender fand. rb<br />

Franz Liszt war zu Lebzeiten vor allem als Klaviervirtuose<br />

ungeheuer populär und daher auch Ziel zahlreicher<br />

Karikaturisten. Es gibt von ihm fast mehr Karikaturen als<br />

Bilder oder Fotos. Die abgebildete stammt von János<br />

Jankó, aus dem Jahr 1873 © Klassik Stiftung Weimar

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