012 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL STEVE MCQUEEN 118 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL SCHUHE Gegenüber und unten: Von Blue Suede Shoes zu weißen Leinentretern: Elvis Presley schwingt die Hüften in einem Paar Jack Purcells, einem der wichtigsten Stile aus dem Haus Converse. Keiner kam jedoch an das Chuck-Taylor- Basketballmodell heran. Eine frühe Version dieses Schuhs sehen Sie unten. 080 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL Die Ursprünge des Converse All Star liegen in unschuldigen Zeiten. 1921 betrat ein bekannter Basketballspieler namens Charles »Chuck« Taylor auf der Suche nach einem Job das Büro der Firma Converse in Chicago. Damals wurde die Welt noch nicht von Berühmtheiten regiert, so dass man ihn nicht als das neue Gesicht des Produkts einstellte, sondern als Verkäufer. Taylor verkaufte die Basketballschuhe der Firma und machte so viele Verbesserungsvorschläge, dass man irgendwann seinen Namen mit auf die Schuhe druckte. Taylors Chef war Marquis Mills Converse, der Manager eines Unternehmens für Fußbekleidung, der 1908 beschlossen hatte, selbst eine solche Firma zu gründen. Die Converse Rubber Shoe Company mit Sitz in Malden, Massachussetts, erarbeitete sich schnell einen guten Ruf mit ihren Gummisohlenschuhen für Herren. 1915 betrat man den Tennisschuhmarkt, zwei Jahre später erschien der Converse All Star-Basketballschuh. Es war ein bahnbrechender Stil. Zu einer Ikone wurde er allerdings erst mit der Taylor- Version. Der Schuh wies alle Verbesserungen auf, die Taylor vorgeschlagen hatte – die wichtigste davon war das Emblem zum Schutz der Knöchel. Der wahre Grund aber, warum die so genannten Chuck Taylors während des Zweiten Weltkriegs zu offiziellen Schuhen für das physische Training in der US Army wurden, war Taylors Verkaufstalent – das schließlich sogar zur Gründung der ersten Converse Basketball Clinic führte, um die Fähigkeiten von College-Studenten in den gesamten Vereinigten Staaten zu verbessern. Taylor überzeugte Trainer und Betreiber von Sportgeschäften, auf Converse-Schuhe zu wechseln. 1949 war der All Star der offizielle Schuh für alle Spieler in der National Basketball League, dem Vorgänger der National Basketball Association. Taylor war bis zu seinem Tod 1969, also 48 Jahre lang, Verkäufer und Botschafter für den Basketballschuh. Während er den einfachen All Star- Leinenschuh betreute, wurde dieser zu einem Teil der amerikanischen Folklore. Bis 1947 nur in Schwarz verfügbar, wurde der Boot nach der Einführung einer rein weißen Version genauso zum Teil der Teenager- und College-Studenten- Kleidung wie Jeans und karierte Flanellhemden. Der Leinenschuh hielt Einzug in die Rockabilly-Subkultur der damaligen Zeit. Das war zu einem großen Teil dem cleveren Marketing zuzuschreiben: Jedes Jahr brachte das Unternehmen das Converse Yearbook heraus, das die Höhepunkte des Basketballjahrs feierte und den Sport an den Highschools mit einbezog. Dieses Jahrbuch enthielt Illustrationen von Charles Kerin, dessen Arbeit zusammen mit der von Norman Rockwell die archetypische Kulisse des amerikanischen Traums der 1950er Jahre schuf. In den 1960er Jahren dominierte Converse den Markt für Sportschuhe – 1966 führte man sogar sechs andere Farben ein. Allerdings war die Zeit an der Spitze nicht von Dauer. Im Laufe der 1970er Jahre drängten immer neue Konkurrenten auf den Markt, Converse brachte keine Neuerungen heraus und wurde von den technisch weiter fortgeschrittenen Designs von Unternehmen wie Nike und Adidas überholt. Dennoch stehen immer noch viele Fans loyal zu den Chuck Taylors – oder Chucks, Connies und Cons, wie sie auch liebevoll genannt werden. Seit Ende der 1970er Jahre waren sie immer wieder an den Füßen der Mitglieder wichtiger, meist musikalischer, Subkulturen zu sehen. Dazu gehörten: amerikanischer Punkrock, Grunge (Kurt Cobain von Nirvana trug kaum etwas anderes), G-Funk (die bassgewaltige Variante des amerikanischen Westküsten-Rap/Hiphop) und seit Beginn des 21. Jahrhunderts Hardcore-Punk/EMO. Bei einer derart großen Anhängerschaft auch außerhalb des Sports kann der Converse All Star von sich behaupten, der am meisten verkaufte Turnschuh aller Zeiten zu sein. Nicht zufrieden damit, ein Ärgernis für die westliche Welt zu sein, wurde der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad auch noch zu einem sehr unfreiwilligen Stilführer. Grund war sein für ihn typischer beigefarbener Baumwollblouson, der von ausländischen Korrespondenten »Ahmadine-Jacke« getauft wurde und iranische Unternehmer dazu anregte, containerweise Kopien aus China zu importieren, damit die loyaleren Anhänger des Präsidenten sich in OBERBEKLEIDUNG den Basaren damit ausstatten und kleiden können. Ahmadinedschad hörte es vermutlich nicht gerne, dass der Blouson – schlicht, einfach, lässig, bequem, eleganter als eine Jeansjacke, nicht so stereotyp wie eine Lederjacke – für viele mächtige <strong>Männer</strong> im Westen die Jacke der Wahl gewesen ist. US-Präsident John F. Kennedy war ein Fan, wenn auch nur beim Segeln; Bill Clinton wurde so oft im Blouson fotografiert, dass er schon fast zu seinem Markenzeichen wurde; George W. Bush trug ihn gern, wenn er Ankündigungen an Bord von Flugzeugträgern machte. Der Blouson – oder auch Windjacke, Golfjacke oder Harrington – kann beinahe als offizielles Kleidungsstück für US-Präsidenten angesehen werden. Die US Air Force liefert jedem Amtsinhaber einen Blouson mit dem Präsidentenwappen, damit dieser ihn an Bord der Air Force One tragen kann. Im Gegensatz dazu wohnt dem Blouson eine Schlichtheit inne, die daher rührt, dass auch Postangestellte und Feuerwehrleute, Polizeibeamte, Lieferanten und Parkwächter ihn tragen. Die Funktionalität des Blousons ist ganz klar Teil seiner Attraktivität: er ist leicht, aber regendicht, und er eignet sich für alle Altersgruppen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch wurde die Jacke mit Hilfe der Popkultur zu einem Standard der <strong>Männer</strong>kleidung. Sie gehörte in den 1950er Jahren zur Teenageruniform, dem so genannten Preppy-Stil, und wurde 20 Jahre später von den Skinhead- und Mod-Bewegungen in Großbritannien aufgegriffen. Das ist zu großen Teilen dem Londoner Händler John Simons und seinem Ivy Shop zu verdanken, bei dem die Leute Schlange standen, um Blousons zu kaufen. The Clash waren Fans der Jacke und trugen sie bei ihren legendären Times Square- Gegenüber: James Dean spielte 1955 den archetypischen Teenager im Film …denn sie wissen nicht, was sie tun. Der Konzerten im Jahre 1981. Blouson wird mit einer gewissen Sorglosigkeit getragen – nur halb geschlossen –, wodurch ein anderes wichtiges Kleidungsstück von Jugendlichen der 1950er Jahre gut zu sehen ist: das T-Shirt. 2. HOSEN OBERBEKLEIDUNG — 013 Der Smoking ist eine Kuriosität in der männlichen Garderobe: ein spezielles Stück, dennoch mehr für den Effekt gedacht als für Funktionalität, teuer, dennoch selten getragen, ausgesprochen elegant und geliebt von Schürzenjägern und von James Bond, dennoch mit relativ geringen Möglichkeiten der Selbstdarstellung. Seit seiner Entstehung in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat er sich zwar Schritt für Schritt weiterentwickelt, aber kaum geändert: eine SCHNEIDERWARE auf Passform geschnittene Jacke mit Paspeltaschen, einem Schließknopf und – sein charakteristischstes Merkmal – einem Kragen aus Seide, Samt oder Seidenrips, der entweder als Schalkragen oder als militärisch anmutendes, spitz aufsteigendes Revers ausgeführt ist, dazu passende Hosen, ein weißes Stehkragenhemd und die obligatorische Fliege. Im englischen Sprachraum wird der Smoking auch »Dinner Suit« genannt. Vermutlich stammt der Ausdruck daher, dass sich Herren der Oberklasse, deren Kleidung von den Aktivitäten auf ihren Anwesen schmutzig geworden war, vor dem Essen umziehen mussten. Beeinflusst von der Liebe der <strong>Männer</strong> zur Farbe Schwarz – von Beau Brummels Ablehnung greller Schmuckelemente über viktorianische Praktikabilität bis hin zu protestantischer Zurückhaltung –, war der Smoking ursprünglich die Adaption einer militärischen Uniform, ausgeführt in der Farbe der Nacht. Das gestärkte weiße Hemd wurde mit einer passenden Fliege und einer Weste getragen, darüber eine Frackjacke mit Seidenrevers oder eine Jacke mit Schößen (zum Reiten geeignet) sowie Hosen mit einer bortenbesetzten Naht (wie an den Uniformen dieser Zeit). Dieser »Große Gegenüber: Fred Astaire war vielleicht der berühmteste Gesellschaftsanzug« ist heute nur bei besonders formellen Anlässen gefragt. Träger von Zylinder und Frack, Sean Connery als James Bond hingegen ist sicher der berühmteste Träger des Ein kürzeres »Dinner Jacket« tauchte bei Abendveranstaltungen auf, ging über Smoking. Hier nimmt er eine Pose ein, die an den Film in das »Smoking Jacket« und entwickelte sich schließlich zur entspannteren Liebesgrüße aus Moskau (1963) erinnert. Unten: Bob Version des Großen Gesellschaftsanzugs. Der älteste Sohn von Königin Hope, rechts, im Smoking. Ganz unten: Cary Grant, links, im Frack mit weißer Fliege (»White Tie«), neben seiner Frau, Victoria, der künftige Edward VII., übernahm 1860 diesen Look und sicherte Virginia Cherrill, und Randolph Scott. Rechts: Der Smoking ihm damit seinen Platz in der vornehmen Gesellschaft. 1886 imitierte der New ist zweifelsohne das glamouröseste Stück in der Garderobe Yorker Millionär und Kaffeehändler James Brown Potter den Thronfolger und eines Mannes, eine Verbindung, von der Werbeleute oft zu profitieren hofften. stellte diesen Stil den Mitgliedern von Tuxedo Park, einem privaten Club für SCHNEIDERWARE — 119 SCHUHE — 081 050 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL 066 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL ACCESSOIRES Gegenüber: Mick Jagger von den Rolling Stones Mitte der 1970er Jahre mit einem Panamahut, Sattelschuhen und Schlaghosen – die Rock'n'Roll-Version des Großen Gatsby. 166 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL ACCESSOIRES 170 — MÄNNER <strong>MIT</strong> STIL Der Panamahut, lange von alternden Golfprofis, eleganten Pferderennexperten und Mittelklasseherren im Ruhestand favorisiert, ist der König der sommerlichen Kopfbedeckungen – und vermutlich die einzige Ikone der <strong>Männer</strong>kleidung, deren Ursprünge in Ecuador liegen. Die moderne Ausführung gehört seit dem frühen 20. Jahrhundert zur <strong>Männer</strong>garderobe und war während des goldenen Zeitalters der <strong>Männer</strong>kleidung, von den 1930er bis zu den frühen 1950er Jahren, ein wesentliches Zubehör für den wohlgekleideten Herren. Der Panama wurde vor allem von Filmstars gern getragen, darunter Humphrey Bogart und Gary Cooper, von Politikern wie Winston Churchill und Harry Truman sowie Künstlern wie Salvador Dalí und Frank Sinatra. Die Geschichte des Hutes reicht allerdings mehrere Jahrhunderte zurück. Die Inkas wussten sicherlich sowohl über die Notwendigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, als auch über menschliche Opfer Bescheid – sie waren im 16. Jahrhundert die ersten, die eine Art Panamahut trugen. Dieser so genannte Paja toquilla schützte vor der intensiven Sonneneinstrahlung und wurde aus Palmblättern hergestellt. Damals wie heute wurden die Blätter in Fasern zerlegt, die nicht dicker waren als ein Faden, und so dicht verwebt – mit bis zu 1200 Gewebefäden auf 2,5 cm2 –, dass das Ergebnis wie Leinen wirkte. Jeder Hut wird von Hand hergestellt – keine zwei sind gleich – und erfordert monatelange Arbeit von Handwerkern aus diesem aussterbenden Gewerbe, die es vorziehen, ohne helles Licht und idealerweise an einem bedeckten Tag zu weben, da dann die Fasern leichter zu erkennen sind. An den allerbesten Exemplaren sind die Ränder in der Krempe verwoben, bei weniger aufwändig gearbeiteten Modellen werden die Ränder abgeschnitten und vernäht. Nach der Herstellung wird der Hut geschlagen – eine Kunst für sich –, um Regelmäßigkeit und Geschmeidigkeit zu erreichen, in Regenwasser gewaschen, von Hand gebügelt, um ihn wieder in Form zu bringen, und schließlich getrimmt. Panamahüte sind von Natur aus hellcremefarben, obwohl manchmal auch dunklere Fasern eingearbeitet werden, um das Design interessanter zu gestalten, oder es wird Er war nicht der erste Füllfederhalter und es gibt sicher auch andere, die einen gewissen Ruhm für sich beanspruchen können: der Pink Nib von Waterman, Parkers Duofold, der Pelikan 100, Sheaffers Lifetime Balance… Doch durch das Gütesiegel, das er erworben hat, hat es vermutlich kein anderes Schreibinstrument besser geschafft, den Füllfederhalter in das digitale Zeitalter hinüberzuretten, als der Montblanc Meisterstück 149. Sein symbolisches Gewicht ist derart groß, dass das deutsche Außenministerium in Berlin (Montblanc war ursprünglich ein deutsches Unternehmen) immer zwei Meisterstück-Füller bereithält, um damit Verträge zu unterzeichnen. Dieser Stift wird auch am häufigsten benutzt, um andere wichtige Abkommen abzuschließen, von Geschäftsverträgen bis zum Besiegeln einer Ehe. John F. Kennedy unterschrieb damit Gesetze und Ernest Hemingway machte mit ihm seine Notizen. Während das Schreiben mit dem 149 im Prinzip nicht viel anders ist als das Benutzen eines anderen prestigeträchtigen Stifts, ist er zu einem Designklassiker geworden, der dauerhaft im Museum of Modern Art in New York ausgestellt wird. 1974 benutzte Roger Moore in seiner Rolle als James Bond einen goldenen Montblanc Meisterstück – vom Meisterbastler Q modifiziert –, um den namensgebenden Killer in Der Mann mit dem goldenen Colt zu erschießen. In Octopussy (1983) kam wieder einer zum Einsatz. Der Füllfederhalter wurde 1924 auf den Markt gebracht. Die 149 war dabei nur eine interne Produktionsnummer. Wichtiger war die 4810, die in die Feder eingraviert war, da dies die Höhe des Montblanc, des höchsten europäischen Berges, in Metern angibt. Zwei weitere Merkmale kennzeichnen den kompakten, aber schlicht schwarzen Schaft als den des Meisterstück: drei Gold- oder Platinringe und ein weißer »Stern« mit sechs Spitzen auf der Kappe, ein Hinweis auf die sechs Gletscher um den Gipfel des Montblanc herum. Diese subtile, aber dennoch eindeutige Markierung war einer der Gründe, weshalb der Meisterstück zu einem Ausdruck des guten Geschmacks wurde. Als der Meisterstück auf den Markt kam, war das Unternehmen dahinter bereits sehr gut aufgestellt. Der in Hamburg ansässige Schreibwarenhändler Claus-Johannes Voß, der Ingenieur August Eberstein und der Kaufmann Alfred Nehemias trafen sich 1906 zum Austausch von Geschäftsideen. Sie beschlossen, sich auf den noch in den Kinderschuhen steckenden Markt mit Füllfederhaltern zu konzentrieren, der in England und den Vereinigten Staaten von Amerika stetig wuchs – mit Waterman als dem Marktführer in den USA. Voß hatte den größten Einblick: Ein Füllfederhalter mit einem Tintenbehälter, der unabhängig von einem Tintenfass funktionieren würde, wäre das perfekte Produkt für eine immer dynamischer und mobiler werdende Gesellschaft. Die drei <strong>Männer</strong> gründeten in Hamburg die Simplo Filler Pen Company und brachten 1909 ihren ersten Füller heraus, das Modell »Rouge et Noir« nach dem Roman von Stendhal, bestehend aus schwarzem Hartgummi mit einer roten Kappe. Es war, wie eine Werbeanzeige aus dieser Zeit besagte, »ein Füllfederhalter, der nicht kleckste«. Der Montblanc, der im folgenden Jahr vorgestellt wurde, wurde mit der bahnbrechenden Behauptung verkauft, dass er auch in geschlossenem Zustand nicht tropft. Zu dieser Zeit schrieb die Füllerindustrie mit ihren neuen Ideen schon Geschichte: Sheaffers Hebelfüller von 1912, der Druckknopffüller von Parker… Das Trio tat jedoch eine Goldgrube auf. Der Vorgänger des Meisterstück war so erfolgreich und seine Marke so bemerkenswert, dass sich das Unternehmen in Montblanc Simplo umbenannte. Während der globalen Depression der 1930er Jahre führte man eine lebenslange Garantie für den Meisterstück ein, um die besondere Qualität des Produkts zu betonen. Nach den 1950er Jahren, als sich die Technik der Kugelschreiber verbesserte, ließ die Beliebtheit von Füllfederhaltern als Schreibgeräte des täglichen Gebrauchs nach. Wichtiger wurde der Status, den sie symbolisierten. Ein Meisterstück, der aus der Tasche eines Mannes herausschaute, sagte viel über ihn aus – bevor überhaupt ein einziges Wort geschrieben war. Als Frank Sinatra versuchte, in Colonel von Ryans Express (1965) ein harter Bursche zu sein, und Bob Crane ein wirklich militärisch wirkendes Kleidungsstück für seine Rolle des Colonel Hogan in der amerikanischen Fernsehserie Ein Käfig voller Helden (1965-71) suchte, griffen die Kostümbildner zur A2-Fliegerjacke und weckten damit neues Interesse an diesem Stück. Dasselbe geschah nach der Veröffentlichung des Films Pearl Harbor (2001). Die Anziehungskraft dieser Lederjacke mit Reißverschluss ist so groß, dass ihr Schnitt – oder Varianten davon – inzwischen die archetypische OBERBEKLEIDUNG Fliegerjacke repräsentiert. Für ein Kleidungsstück, das 1930 entworfen und im darauffolgenden Jahr beim United States Army Air Corps eingeführt wurde, um die geknöpfte A1 mit Strickkragen zu ersetzen, ist das eine große Leistung. Die A2 war bis 1943 Standard, bis sie schrittweise durch Stoffjacken ersetzt wurde. Wie bei vielen militärischen Kleidungsstücken von unterschiedlichsten militärischen wie zivilen Herstellern – Cooper Sportswear, Poughkeepsie Leather Coat Co., Aero Leather, Spiewak & Sons, Cable Raincoat Co. u. a. – gibt es feine Unterschiede im Design. Diese entzücken heutzutage Sammler, die sich diese antiken Stücke zulegen, und zwar nicht nur wegen der Jacken selbst, sondern wegen der leeren »Leinwand«, die die Rückseite aufstrebenden Künstlern bot. Während der Vorderteil eines Bombers Platz für »Nose Art« bot – Illustrationen, in denen Sex und Tod verschmolzen, und langbeinige Pinups im Stil eines Alberto Vargas – war die Rückseite der Jacke eines Fliegers der ideale Ort, um seine Touren aufzuzeichnen. Drei Staffeln – die so genannten Flying Tigers der 1st American Volunteer Group, amerikanische Piloten, die von 1941 bis 1942 zusammen mit der chinesischen Luftwaffe gegen die Japaner kämpften – zeichneten an diese Stelle ein Blood Chit. Dabei handelt es sich um einen Informationszettel aus Papier oder Stoff, der Anweisungen in chinesisch enthielt, die besagten, dass jedem abgestürzten Piloten Hilfe und Schutz zuteil werden sollten. Es wurde Gegenüber: Frank Sinatra trägt als Colonel Joseph Ryan in Colonel von Ryans Express (1965) eine A2-Jacke. Es war kein Original, sondern wurde von den Kostümbildnern der Filmfirma hergestellt. Rechts: Die A2 war bei Piloten so beliebt, dass einige kleine Unternehmen Soldaten, die keine mehr bekommen konnten, weiterhin damit belieferten. Auch Generäle wie Patton und MacArthur trugen sie, obwohl sie ursprünglich nur an die Luftstreitkräfte ausgegeben wurden. Auf Kriegsbildern tragen James Stewart und Glenn Miller – die beide Aktivdienst geleistet hatten – oft A2-Jacken. Piloten, die im Koreakrieg (1950-53) gedient hatten, trugen weiterhin ein Modell der Jacke, obwohl es schon zehn Jahre zuvor nicht mehr zur offiziellen Bekleidung gehörte. OBERBEKLEIDUNG — 051 Nicht einmal Levi's sind sich sicher, weshalb ihre 501-Jeans so heißen. Bis etwa 1890 wurde die Originalversion mit ihrem geschnürten Rückenteil und den Knöpfen für die Hosenträger auf ihrem Lederschild mit XX bezeichnet, was auf Denim höchster Qualität hinwies. Seit 1886 zeigten die Jeans auf ihrem Logo HOSEN die berühmten zwei Pferde, die – vergeblich – versuchen, ein Paar Levi's-Jeans auseinanderzureißen: eine großartige Darstellung der Strapazierfähigkeit des Produkts für alle, die kein englisch sprachen. Doch obwohl die neue Beschreibung des Stils – »lot 501 patent riveted waist overalls« – ein Jahrzehnt vor Beginn des neuen Jahrhunderts auf den Hosen auftauchte, ging die Begründung dafür am 18. April 1906 verloren, als der Unternehmenssitz der Levi Strauss & Co. und damit auch die Archive der Firma bei dem Erdbeben zerstört wurden, das auch große Teile von San Francisco dem Erdboden gleichmachte. Sicherlich wurde die 5 allen hochwertigen Kleidungsstücken zugewiesen. Jeans, das Kultkleidungsstück des 20. Jahrhunderts, waren die Erfindung von Jacob Davis, einem lettischen Immigranten und Schneider, der Arbeiter der neuen amerikanischen Eisenbahn bediente. Er wurde gebeten, Arbeitshosen herzustellen, die nicht auseinanderfielen, und kam auf die Idee, die stark beanspruchten Stellen der bis dahin eher jeansartigen Hose aus hellem Segeltuch mit Nieten zu versehen. Er brauchte einen Partner, um seine Pläne zu verwirklichen, und 1873 patentierten er und Levi Strauss, ein bayerischer Einwanderer und erfolgreicher Kurzwaren- und Textilhändler, die Nieten mit Hilfe von Strauss' Geld. Das Ergebnis war das erste Paar Jeans – damals als Waist Overalls bezeichnet – aus 9-Unzen- (255 Gramm) Denim aus der Amoskeag Mill in Manchester, New Hampshire, und genäht in San Francisco. Jeans stellten sich als die idealen, superstarken Kleidungsstücke für Bergarbeiter und Cowboys, Eisenbahnarbeiter und Holzfäller heraus. Knapp 70 Jahre später war die 501 ein Symbol sowohl für generationenübergreifende Einigkeit als auch für individuelle Rebellion. Jeans wurden nicht nur von Arbeitern, sondern auch von Bikern, Rockern und Friedensbewegten und schließlich auch von Otto Normalverbraucher getragen. Gegenüber: Paul Newman, der unter anderem in den Western Einer muss dran glauben (1958), Der Wildeste unter Tausend (1963), Man nannte ihn Hombre (1966) und Zwei Banditen (1969) mitspielte. Unten: Levi's- Jeans wurden nicht nur von Cowboys, sondern auch von Bergarbeitern getragen: Eines der ältesten Exemplare in den Archiven des Unternehmens fand man in einer Mine. 1920 erhielt Levi's eine Beschwerde des Bergarbeiters Homer Campbell, die besagte, dass die Jeans, die er sechs Tage pro Woche über einen Zeitraum von drei Jahren getragen hatte, nicht so gut gehalten hatte wie das Paar, das er die 30 Jahre davor angezogen hatte. Bei näherem Hinsehen erwies sich, dass die Jeans in Ordnung war, lediglich die Flicken, die er zum weiteren Schutz aufgenäht hatte, waren zerfetzt. HOSEN — 067 ACCESSOIRES — 167 Ganz oben: Präsident John F. Kennedy gibt Konrad Adenauer, dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, nach dem Unterzeichnen eines Vertrags im Jahre 1962 einen Meisterstück zurück. Die Deutschen waren die ersten, die eine Art prototypischen Füllfederhalter herstellten: 1636 baute der Erfinder Daniel Schwenter einen Füllfederhalter, indem er einen Gänsekiel in einen anderen schob und das Ganze dann mit Kork versiegelte. Aber erst die Feder mit Iridiumspitze von Montblanc, Gummi, der mit der Zeit nicht spröde wurde, und Tinte, die nicht klumpte, ließen den Füllfederhalter zu einer benutzbaren Realität werden. Oben und links: Montblancs frühe Anzeigen spiegelten den Geist und Stil der Zeiten wider und manchmal hatte das Unternehmen den Mut, seine Produkte überhaupt nicht zu zeigen. ACCESSOIRES — 171
«Bei Frauen dreht sich alles um Mode, bei <strong>Männer</strong>n um Stil. Stil lebt ewig.» Domenico Dolce, Dolce & Gabbana Von nahezu jedem Stück der modernen <strong>Männer</strong>garderobe gibt es ein »Erstes seiner Art« – das ultimative Vorbild, oft entwickelt von einem einzelnen Unternehmen oder einer Marke für spezifische Anwendungszwecke, aus dem sich alle nach folgenden Fassungen ableiten (und deren Originale heute auf dem boomenden Markt für Vintage-Artikel heiß begehrt sind). Das T-Shirt zum Beispiel mag heute zwar allgegenwärtig sein, es wurde jedoch an der Wende zum 20. Jahrhundert vom ameri kanischen Unternehmen Hanes für die Soldaten der US Navy geschaffen und später von Sportlern und Motorradfahrern über nommen. Andere Ikonen der <strong>Männer</strong>bekleidung wurden für das Militär, die Arbeit auf dem Land oder zum Schutz entworfen und machten sich von dort aus auf den Weg ins tägliche Leben. »<strong>Männer</strong> mit Stil« untersucht Stück für Stück die wichtigsten und berühmtesten dieser Produkte – ihre Herkunft und Historie, die Geschichten hinter dem Design, die Marke oder das Unternehmen, das damit angefangen hat – sowie die Frage, welchen Einfluss das Kleidungsstück darauf hat, wie <strong>Männer</strong> sich heute anziehen. Der Autor Josh Sims ist freischaffender Stil- und Modeexperte. Er schreibt für renommierte Zeitungen wie The Financial Times, The In de pendent, Mail on Sunday, Esquire, GQ, Wallpaper und i-D. Zu seinen Buchpublikationen gehören Cult Streetwear, Rock/Fashion und Dictionary of Fashion Designers. Die fachliche Beratung für die deutsche Ausgabe besorgte Jeroen van Roojen, Stilredaktor bei der Neuen Zürcher Zeitung und Autor mehrerer Bücher u.a. Hat das Stil? Das Buch 192 Seiten, vierfarbig, Fadenheftung mit 264 Illustrationen, davon 173 in Farbe, edle Ausstattung, Englische Broschur Format 20 x 28 cm Euro 34.90 / sFr. 44.– ISBN: 978-3-907100-50-9 ISBN 978-3-907100-50-9 9 7 8 3 9 0 7 1 0 0 5 0 9