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(SLATIN PASHA – ON HER MAJESTY'S SERVICE ... - Austrianfilm

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Kurz nach Slatins Ankunft in Darfur erklärte sich 1881 Mohammed Ahmed, der Sohn eines<br />

Bootsbauers aus Dongola, zum Mahdi. Der Mahdi ist in der islamischen Tradition ein direkt von Gott<br />

geleiteter Prophet, dem messianische Eigenschaften zugeschrieben werden. Auf der Nilinsel Aba,<br />

südlich von Khartum, sammelte er <strong>–</strong> meditierend und predigend <strong>–</strong> eine rasch wachsende Schar von<br />

Anhängern um sich, die schließlich zu seiner erfolgreichen Armee werden sollte. Er stellte sich an die<br />

Spitze einer Aufstandsbewegung gegen die ägyptische <strong>–</strong> und somit auch gegen die britische <strong>–</strong><br />

Regierung. Die Mahdisten vernichteten 1883 eine ägyptische Armee unter dem Kommando des<br />

englischen General Hicks und stießen nach und nach auch Richtung Darfur vor. Das brachte Rudolf<br />

Slatin in arge Bedrängnis, da er weder genügend Truppen noch ausreichend Nachschub hatte, um<br />

ernsthaft Widerstand leisten zu können. Seine Soldaten ließen ihn wissen, dass er als „Giaur“, also<br />

als Christ, unmöglich gegen den Mahdi bestehen könne. Und da bewies der anpassungsfähige<br />

Wiener die gleiche Flexibilität, wie schon sein Vater: Um seine Autorität wieder herzustellen,<br />

konvertierte der Provinzgouverneur <strong>–</strong> zum Schein, wie er später sagte <strong>–</strong> zum Islam.<br />

Doch es nützte alles nichts, Slatins strategische Lage wurde immer unhaltbarer.<br />

Schließlich gelang es nur mehr mit großem Erfindungsreichtum mit dem Oberkommando in<br />

Verbindung zu bleiben. Slatin berichtet: „Es war mir seit längerer Zeit nicht mehr möglich gewesen,<br />

Nachrichten über unsere bedrängte Lage nach Khartum zu schicken, da die Mahdisten alle Boten auf<br />

das Genaueste untersuchten.<br />

Also musste ich nach immer ausgefalleneren Verstecken suchen: Ich steckte die Botschaft in die<br />

getrocknete Harnblase eines jungen Ziegenbocks und schob das Päckchen unter die Haut des Esels.<br />

Die List funktionierte prächtig: von außen war nichts zu bemerken und der Esel blieb vollkommen<br />

marschtüchtig.“<br />

Und dann kam die bittere Erkenntnis, dass Darfur nicht länger zu halten war: „Wir hatten kaum noch<br />

zwölf Patronen für jedes Gewehr und die Feinde rückten immer näher. Nach der Niederlage von<br />

Hicks war auf Rettung nicht zu hoffen <strong>–</strong> schweren Herzens entschloss ich mich also zur Kapitulation.<br />

Ich stellte Bedingungen: Wir würden uns nur dem Mahdi ergeben, nicht aber den Araberstämmen,<br />

mit denen ich seit Jahren im Kampfe lag. Alle meine Leute müssten verschont werden. Die Mahdisten<br />

gingen darauf ein. Ich verbrachte meinen letzten Tag in Freiheit, es war der 24. Dezember. Wehmut<br />

erfüllte mein Gemüt. Während in Wien Weihnachten gefeiert wurde, musste ich die letzten Reste<br />

meiner Streitmacht dem Feind ausliefern. In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf.“<br />

Der Gefangene in der Wüste<br />

Als ranghöchster Gefangener des Mahdi genoss Slatin zunächst durchaus bevorzugte Behandlung.<br />

Erst anlässlich der Belagerung Khartums kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Slatin und dem<br />

Mahdi, das ihm schließlich eine längere Haft in Ketten eintrug. Am 26. Januar 1885 eroberten die<br />

Mahdisten Khartum. Der in störrischem Heldenmut ausharrende Gouverneur Gordon Pascha wurde<br />

umgebracht und enthauptet. Der Mahdi gründete am gegenüber liegenden Nilufer seine neue<br />

Hauptstadt: Omdurman. Schon nach relativ kurzer Zeit, am 12. Juni 1885, starb der Mahdi,<br />

vermutlich an Typhus. Seinem Nachfolger und engsten Vertrauten, Khalifa Abdullahi Ibn Muhammad,<br />

gelang es, das gesamte Gebiet zwischen den Provinzen Darfur im Westen, Suakin im Osten, Dongola<br />

im Norden und Bahr al-Ghazal im Süden der Mahdia zu unterwerfen und ein fundamentalistisches<br />

islamisches Terrorregime zu errichten.<br />

Rudolf Slatin war fast während der gesamten Zeit des Mahdiaufstandes <strong>–</strong> von 1883 bis 1895 <strong>–</strong><br />

persönlicher Gefangener des Mahdi, dann des Khalifa; als ehemaliger Gouverneur war er für die<br />

beiden Anführer von größter strategischer Bedeutung. Doch obwohl ihn der Khalifa als eine Art<br />

persönlichen Sekretär betrachtete, ihm Frauen schickte und ihm ein eigenes Wohnhaus genehmigte,<br />

begann für Slatin ein fast 12-jähriges Katz-und-Maus-Spiel, das er so beschreibt:<br />

„Obwohl der Khalifa ein grausamer und launenhafter Despot war, der nie auch nur eine Sekunde<br />

zögerte, wenn es galt, die rigorosesten Bestrafungen auszusprechen, musste ich meinen Stolz Tag<br />

für Tag, Jahr für Jahr im Zaum halten, ihm zu Diensten sein und ihm schmeicheln. Wenn er gut<br />

aufgelegt war, ließ er mir Geld zukommen, er lud mich zu sich zum Essen ein und legte Wert auf<br />

meinen Rat. Doch ich musste stets auf der Hut sein: Seine Stimmung konnte von einem Augenblick<br />

zum anderen völlig umschlagen.“<br />

In dieser langen Zeit führte Slatin das Leben eines gläubigen Moslems: Er verrichtete täglich die<br />

vorgeschriebenen Gebete, er fastete während des Ramadan und er hatte mehrere Frauen (und wohl<br />

auch einige Kinder).<br />

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