1 Von der Dunkelheit zur Morgendämmerung – Jamyang Norbu
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Eine an<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> gerichtlichen Folterung und Bestrafung, die von den Chinesen in Tibet<br />
eingeführt wurde, war die Fingerpresse. Dieses Instrument wurde heuer bei <strong>der</strong> Ausstellung zum<br />
"50.Jahrestag <strong>der</strong> demokratischen Reformen in Tibet" in Peking gemeinsam mit an<strong>der</strong>en<br />
Folterinstrumenten und Fotografien, welche die Barbarei des alten Tibet "beweisen" sollen, <strong>zur</strong><br />
Schau gestellt. Aber dieses angeblich tibetische Folterinstrument hat nicht einmal einen tibetischen<br />
Namen, indessen finden wir genau die gleiche Fingerpresse in einer Sammlung von <strong>der</strong>artigen<br />
Gegenständen aus <strong>der</strong> Ming Dynastie.[4]<br />
Die Standard-Strafe <strong>der</strong> Chinesen für jene die sich ihnen wi<strong>der</strong>setzten, war jedoch die Hinrichtung<br />
durch Enthauptung (shatou 杀头). Diese Bestrafung wurde vor allem um 1910 vorherrschend, als<br />
<strong>der</strong> 13. Dalai Lama nach Indien flüchtete und Wi<strong>der</strong>stand und Auflehnung gegen die kaiserliche<br />
chinesische Herrschaft um sich zu greifen begann. Gemäß <strong>der</strong> Aussage eines alten Mönches, <strong>der</strong><br />
angab Zeuge einer Hinrichtung am chinesischen Exerzierplatz (jiaochhang) in Shigatse gewesen<br />
zu sein, musste sich <strong>der</strong> verurteilte Tibeter hinknien, während ein Manchu Soldat seine Haare<br />
nach hinten zog, sodass sein Hals gestreckt und für das große Schwert des Henkers vorbereitet<br />
war (dadao大刀). [5]<br />
Währen <strong>der</strong> Ereignisse von 1728 erfolgte die Einrichtung des Büros <strong>der</strong> Amban o<strong>der</strong> kaiserlichen<br />
Einwohner von Lhasa. Die ersten zwei Ambans, Seng Ta-zing und Me Ta-zing (wie tibetische<br />
Aufzeichnungen sie nennen) führten eine grundlegende Restrukturierung des Militärs und <strong>der</strong><br />
Verwaltung in Tibet durch, und scheinen auch chinesische Formen <strong>der</strong> Gerichtsstrafen eingeführt<br />
zu haben <strong>–</strong> bei gleichzeitiger Anwendung traditioneller tibetischer Arten <strong>der</strong> Strafen. Die<br />
chinesischen Strafen waren jedoch offenbar weite effektiver bei <strong>der</strong> Unterwerfung <strong>der</strong> Tibeter.<br />
Petech kommt in seiner Geschichtsschreibung über Tibet des frühen 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts zu dem<br />
Schluss, dass die kaiserliche Macht in Tibet sich unter an<strong>der</strong>em auf "den durch die blutige<br />
Unterdrückung von 1728 in den Herzen <strong>der</strong> tibetischen Aristokratie erweckten Terror" gründete. [6]<br />
Am schlimmsten jedoch wurden <strong>der</strong> chinesische Despotismus und legale Terror vermutlich in<br />
Osttibet erlebt und zwar nicht nur während <strong>der</strong> Manchu Dynastie, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong><br />
republikanischen Epoche und ebenso später, während <strong>der</strong> Periode <strong>der</strong> Kriegsherren. Eric<br />
Teichmann, <strong>der</strong> englische Diplomat <strong>der</strong> 1918 die Verhandlungen zwischen <strong>der</strong> tibetischen und <strong>der</strong><br />
chinesischen Armee in Kham organisiert hatte, schreibt "Es gibt keine bekannte Foltermethode,<br />
die nicht hier an den Tibetern praktiziert würde, Aufschneiden, Abhäuten, Verbrühen,<br />
Auseinan<strong>der</strong>reißen, einfach alles." [7]<br />
Ich las in einem alten National Geographic Magazine (Ausgabe September 1921) über das Leben<br />
in Osttibet, als ich dieses Foto von einem riesigen Kessel, <strong>der</strong> in den Klöstern <strong>zur</strong> Tee-Zubereitung<br />
für die Mönche verwendet wird, entdeckte. Die Überschrift lautete "Ein Kessel <strong>der</strong> von den<br />
Chinesen verwendet wurde um Tibeter zu kochen." [8] Der Artikel von Shelton lieferte keine<br />
weiteren Informationen, aber ich fand eine detaillierten Bericht über dieses "Kochen von Tibetern"<br />
in Shelton's Buch "Pioneering in Tibet". Er hatte diesen grauenvollen Kessel im Bezirk Drayak<br />
entdeckt. Der in dieser Garnison befehlhabende chinesische Oberst hatte rund fünfundvierzig o<strong>der</strong><br />
fünfzig Tibeter gefangengenommen und wollte von den Tibetern gefürchtet werden. Er hatte drei<br />
Gefangene zusammenbinden und den Kessel mit kaltem Wasser setzen lassen und anschließen<br />
das Wasser langsam zum Kochen gebracht. Nachdem sie gut gekocht worden waren, wurden ihre<br />
Körper den Tieren verfüttert. Shelton sah tatsächlich "die Skelette nackt auf den Steinen liegend,<br />
neben ihrem Fleisch, vom Hund gänzlich aufgefressen. An<strong>der</strong>e wurden mit Öl übergossen und<br />
lebendig verbrannt. An<strong>der</strong>en wurden die Hände abgehackt und als Warnung an jene geschickt,<br />
von denen sie herkamen. Wie<strong>der</strong>um an<strong>der</strong>e wurden genommen, an jeden Arm und jedes Bein ein<br />
Yak gebunden und in Stücke gerissen." [9]<br />
Es sollte festgehalten werden, dass das alte tibetische Gesetzbuch, ursprünglich Songtsen Gampo<br />
zugeschrieben, vom ersten Phagmotruba Monarchen und später vom fünften Dalai Lama und Desi<br />
Sangye überarbeitet, harte Formen <strong>der</strong> Todesstrafe wie Ertränkung und Erschießen durch Pfeile<br />
für Schwerverbrechen bestimmten. Aber wir sprechen hier von historischen Zeiten, als "Verräter"<br />
in London gehängt, ertränkt und gevierteilt wurden, als Ketzer in Italien und Spanien durch die<br />
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