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Achtsamkeit<br />
für Mutter<br />
und Kind.<br />
«Sie brauchen Unterstützung, Betreuung und Liebe.»<br />
Uschi Reim-Hofer ist Hebamme mit Leib und<br />
Seele. 37 Jahre Berufspraxis, die Etablierung des Wahlhebammenmodells<br />
in Österreich und die Gründung<br />
und Leitung von «Young Mum», einem Betreuungsnetz<br />
für schwangere Teenager und junge Mütter in Wien,<br />
das sind die Eckpfeiler im Berufsleben der engagierten<br />
<strong>Geburt</strong>shelferin.<br />
Uschi Reim-Hofer wirkt jugendlich – und hat Fältchen<br />
im Gesicht und graue Haare. Quirlig ist sie und dennoch<br />
liegt in ihren Erzählungen von <strong>Geburt</strong>en eine unendliche<br />
Ruhe. Sie strahlt Sanftheit aus und bezeichnet<br />
sich selbst als Kämpferin. Die Hebamme leitet seit zehn<br />
Jahren das «Haus Lena», das neben dem Krankenhaus<br />
Göttlicher Heiland in Wien untergebracht ist. Sie hat ein<br />
Projekt initiiert, das zuerst «Babydoll» hieß und dann in<br />
«Young Mum» umbenannt wurde. Junge Frauen werden<br />
hier unterstützt, die vor ihrem 20. Lebensjahr schwanger<br />
geworden sind.<br />
«Eigentlich war Hebamme das Letzte, was ich werden<br />
wollte», erzählt sie. Mit 18 hatte ein Sportunfall ihre<br />
Karriere als Leistungsturnerin beendet und «ich fiel in<br />
ein tiefes schwarzes Loch.» Ihre Mutter schlug die Ausbildung<br />
zur Hebamme vor. «Hebamme? Damals hatte ich<br />
gar keine Ahnung, was eine Hebamme eigentlich so tut.»<br />
«Eine Hebamme muss den Frauen helfen, ein Kind<br />
zur Welt zu bringen.» So kurz, so knapp, so klar war ihre<br />
Begründung in der Bewerbung für die Hebammenschule.<br />
Sie wurde angenommen. Und schon kurz darauf<br />
stellte sich heraus: Hebamme zu werden ist das Richtige<br />
für sie. Gleich die erste <strong>Geburt</strong>, die sie als Schülerin begleiten<br />
durfte, war prägend: «Die Schwangere war sehr<br />
nett zu mir», weiß sie heute noch. «Sie sah in<br />
mir nicht die unfertige Schülerin, sondern hat mich als<br />
Person ernst genommen und in das <strong>Geburt</strong>sgeschehen<br />
mit einbezogen.»<br />
Kraft hat sie bezogen von dieser ersten <strong>Geburt</strong>, der<br />
bis heute mehr als 2.500 folgten. Und viel gelernt: «Ich<br />
glaube, das zieht sich durch mein ganzes Berufsleben<br />
wie ein roter Faden – ich lerne bei jedem Schritt, den ich<br />
tue. Und am meisten gelernt habe ich von den Frauen,<br />
die ich begleitet habe.» Und ihr Weg hat sie von Stuttgart,<br />
wo Uschi Reim-Hofer zu Hause war und ihre Ausbildung<br />
absolvierte, nach Wien geführt – «der Liebe wegen»<br />
kam sie mit 21 Jahren in die Stadt an der Donau<br />
– und blieb.<br />
30 <strong>Weleda</strong> Magazin Sommer 2012 31<br />
Die engagierte <strong>Geburt</strong>shelferin<br />
hat 37 Jahre Berufspraxis.<br />
Zehn Jahre lang war sie als Hebamme in freier<br />
Praxis tätig, begleitete eine Vielzahl von Hausgeburten,<br />
brachte ihre drei Kinder – ebenfalls zu Hause – zur Welt<br />
und ärgerte sich, wenn sie eine Hausgeburt abbrechen<br />
und ins Krankenhaus fahren musste. Nicht wegen der<br />
Tatsache an sich, sondern einer abstrusen Vorschrift<br />
wegen: «Musste eine Hausgeburt abgebrochen werden,<br />
durfte die Hebamme die Schwangere im Krankenhaus<br />
nicht weiterbetreuen.» Wenn Uschi Reim-Hofer sich<br />
ärgert, dann schreit sie nicht oder wirft mit Geschirr.<br />
Nein, wenn Uschi Reim-Hofer sich ärgert, setzt sie sich<br />
an den Computer und schreibt ein Konzept. Das tat sie<br />
auch in diesem Fall und entwarf 1994 das Wahlhebammenmodell<br />
– «In Geborgenheit geboren». Gemeinsam<br />
mit dem damaligen Leiter der <strong>Geburt</strong>sklinik Semmelweis,<br />
Dr. Peter Wagenbichler, und der Frauengesundheitsbeauftragten<br />
der Stadt Wien, Prof. Dr. Beate Wimmer-<br />
Puchinger, wurde das Modell etabliert und verbreitete<br />
sich rasch in ganz Österreich. «Und es wurde sogar<br />
WHO-Modellprojekt», berichtet Reim-Hofer.<br />
Der Selbstmord eines Teenagers Anfang der Nullerjahre<br />
entfachte – neben Trauer – erneut den Zorn<br />
der engagierten Hebamme. Das junge Mädchen war<br />
schwanger gewesen, verzweifelt und allein. Sie hatte