Heft 1 - Klima und Böden (PDF 8 MB - Nationalpark Bayerischer Wald
Heft 1 - Klima und Böden (PDF 8 MB - Nationalpark Bayerischer Wald
Heft 1 - Klima und Böden (PDF 8 MB - Nationalpark Bayerischer Wald
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Impressum<br />
© Herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong><br />
Forsten.<br />
2. verbesserte Auflage Dezember 1987<br />
(1. Auflage 1976)<br />
Alle Rechte vorbehalten!<br />
Zu beziehen bei:<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>,<br />
Freyunger Straße 2, 0-8352 Grafenau<br />
Druck: Morsak Verlag, 8352 Grafenau<br />
Titelbild: Rachelgipfel<br />
Foto: H. Bibelriether
Im Juni 1969 beschloß der Bayerische Landtag einstimmig<br />
die Errichtung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Bayerischer</strong><br />
<strong>Wald</strong>. Bereits Monate vorher erteilte die Bayerische<br />
Staatsforstverwaltung den Auftrag, eine umfangreiche<br />
Standortserk<strong>und</strong>ung im geplanten <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
zu erarbeiten. Die Untersuchungen umfaßten Erk<strong>und</strong>ungen<br />
des Geländeklimas, eine Kartierung der <strong>Böden</strong><br />
<strong>und</strong> bemühten sich, die ursprüngliche Zusammensetzung<br />
der Wälder zu rekonstruieren. Die Kenntnis der<br />
natürlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere<br />
wurden zu einem wichtigen Gr<strong>und</strong>stein für die Arbeit<br />
im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>.<br />
Die Veröffentlichung dieser ersten Forschungsergebnisse<br />
erfolgte im <strong>Heft</strong> 1 der wissenschaftlichen Reihe<br />
der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung. Die Erstauflage war rasch<br />
vergriffen. Da das Interesse nach wie vor groß ist, wurde<br />
eine Neuauflage erstellt. Dabei war es möglich, die<br />
Die erste Auflage dieser Arbeit ist im Jahr 1976 als <strong>Heft</strong><br />
1 der Schriftenreihe "<strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>"<br />
unter gleichem Titel in zwei verschiedenen Ausgaben<br />
erschienen:<br />
- Vollständige Ausgabe mit Textteil,<br />
65 Abbildungen (schwarz-weiß) <strong>und</strong><br />
65 Tabellen.<br />
- Kurzausgabe bestehend aus dem Textteil<br />
<strong>und</strong> einer Reihe großformatiger Fotos<br />
(farbig <strong>und</strong> schwarz-weiß).<br />
Vorworte<br />
mehrfarbigen Standorts- <strong>und</strong> <strong>Klima</strong>karten, auf die in<br />
der ersten Auflage nur hingewiesen werden konnte,<br />
nunmehr als Beilage den Interessenten zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Der kostenaufwendige Neudruck war nur möglich<br />
durch die Unterstützung des "Vereins der Fre<strong>und</strong>e des<br />
Ersten Deutschen <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong><br />
e)./.".Ihm ist auch zu verdanken, daß der Verkaufspreis<br />
trotz der großzügigen Ausstattung im Rahmen gehalten<br />
werden konnte. Dafür sei dem ,yerein der Fre<strong>und</strong>e<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>" geziemend gedankt.<br />
Grafenau, im Juni 1987<br />
<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong><br />
Die vorliegende 2. Auflage umfaßt Textteil, Abbildungen<br />
(schwarz-weiß) <strong>und</strong> Tabellen. Eine wesentliche Bereicherung<br />
stellt der Druck mehrerer Karten dar, der<br />
bei der ersten Auflage nicht möglich war. Im übrigen<br />
unterscheidet sich diese Auflage von der ersten nur<br />
durch Korrekturen, drucktechnische Verbesserungen<br />
<strong>und</strong> Ergänzungen des Literaturverzeichnisses.<br />
Weihenstephan im März 1987<br />
Prof. Dr. Elling<br />
im Namen der Autoren<br />
3
Urwald am Rachelsee<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
4
Inhaltsverzeichnis<br />
13 1. Einleitung 53 - Ökologische Bedeutung des<br />
13<br />
13<br />
1.1<br />
1.2<br />
Aufgabe der Standortserk<strong>und</strong>ung<br />
Durchführung der Standorts-<br />
erk<strong>und</strong>ung<br />
54<br />
Kaltluftstaus<br />
3.1.4.3.3 Bestimmung der wirksamen Mitteltemperatur<br />
nach PALLMANN im<br />
Juli <strong>und</strong> August 1970<br />
16 2. Geographische Einführung<br />
54<br />
55<br />
- Zweck der Messungen<br />
- Methodik der Messungen<br />
16<br />
16<br />
17<br />
17<br />
2.1<br />
2.2<br />
2.3<br />
2.4<br />
Lage, Naturraum<br />
Landschaftsgestalt<br />
Bewaldung<br />
Flußgebiete<br />
60<br />
61<br />
62<br />
- Die Eignung der PALLMANN-<br />
Methode für die geländeklimatologischen<br />
Untersuchungen<br />
- Festlegung der Meßstationen<br />
- Durchführung der Messungen<br />
19<br />
20<br />
20<br />
20<br />
21<br />
23<br />
23<br />
27<br />
27<br />
33<br />
33<br />
34<br />
34<br />
38<br />
42<br />
46<br />
46<br />
48<br />
48<br />
50<br />
52<br />
53<br />
3. <strong>Klima</strong><br />
3.1 Einzelne <strong>Klima</strong>faktoren<br />
3.1.1 Strahlung<br />
3.1.2 Bewölkung <strong>und</strong> Sonnenschein dauer<br />
3.1 .3 Wind<br />
3.1.4 Lufttemperatur<br />
3.1.4.1 Großklima<br />
3.1.4.2 Geländeeinfluß (nach der Literatur)<br />
- Entstehung von Kaltluft durch<br />
Ausstrahlung<br />
- Bewegung der Kaltluft<br />
- Tagesgang der Temperaturen nach<br />
Höhenlagen<br />
- Minima der Temperaturen nach<br />
Höhenlagen<br />
- Maxima der Temperaturen nach<br />
Höhenlagen<br />
- Mitteltemperaturen nach<br />
Höhenlagen<br />
3.1.4.3 Spezielle Untersuchungen über das<br />
Wärmeklima des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
3.1.4.3.1 Kartierung des Bereichs sichtbarer<br />
Frostschäden an der Buche im<br />
Herbst 1970<br />
3.1.4.3.2 Tägliche Messungen der Minimaltemperatur<br />
der Luft in 1,2 m Höhe<br />
- Durchführung der Messungen<br />
- Auswertung der Messungen<br />
- Eigenarten der einzelnen Täler<br />
- Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
- Diskussion der Ergebnisse<br />
- Minimumtemperaturen im Juli <strong>und</strong><br />
August 1971<br />
63<br />
68<br />
72<br />
72<br />
74<br />
76<br />
76<br />
76<br />
78<br />
80<br />
80<br />
81<br />
81<br />
81<br />
83<br />
- Ergebnisse der Messungen der<br />
wirksamen Mitteltemperatur<br />
der Luft<br />
- Vergleich der wirksamen Mitteltemperatur<br />
der Luft mit den<br />
Temperaturmessungen des Wetterdienstes<br />
- Karte der wirksamen Mitteltemperatur<br />
der Luft<br />
- Ergebnisse der Messungen der<br />
wirksamen Mitteltemperatur<br />
im Humus<br />
- Ergebnisse der Messungen der<br />
wirksamen Mitteltemperatur<br />
in 30 cm Bodentiefe<br />
- Bemerkungen zur statistischen<br />
Auswertung von JOACHIM<br />
BACHLER<br />
3.1.4.3.4 Phänologische Beobachtungen<br />
an der Buche<br />
- Kartierung des Buchenaustriebs<br />
1970<br />
- Zeitlicher Ablauf des Buchenaustriebs<br />
1970<br />
- Zur Frage nach dem Einfluß der<br />
Temperaturverhältnisse auf den<br />
Zeitpunkt des Buchenaustriebs<br />
- Beobachtungen über die Dauer<br />
der Vegetationszeit der Buche<br />
3.1.5 Bodentemperatur<br />
3.1.6 Luftfeuchte<br />
3.1.7 Nebel <strong>und</strong> Nebelniederschlag<br />
3.1.7.1 Nebel<br />
3.1.7.2 Nebelniederschlag<br />
5
85<br />
88<br />
93<br />
93<br />
94<br />
98<br />
101<br />
101<br />
103<br />
105<br />
3.1.8<br />
3.1.9<br />
3.1.9.1<br />
3.1.9.2<br />
3.1 .9.3<br />
Niederschläge<br />
Schneeverhältnisse<br />
Schneefall<br />
Schneedecke<br />
- Beginn, Ende <strong>und</strong> Dauer der<br />
Schneedecke<br />
- Höhe der Schneedecke<br />
Spezielle Untersuchungen über die<br />
Schneedecke im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
- Zweck der Aufnahmen der Schneedecke<br />
im Winter 1969/70<br />
- Methode der Kartierung der<br />
geschlossenen Schneedecke<br />
(Schneehöhen) am 4. März 1970<br />
<strong>und</strong> am 14. April 1970<br />
- Methode der Kartierung der<br />
durchbrochenen Schneedecke am<br />
147<br />
147<br />
152<br />
152<br />
152<br />
153<br />
153<br />
153<br />
153<br />
153<br />
154<br />
154<br />
154<br />
3.2.5 Schäden durch Dürre<br />
3.3 Ausscheidung von Höhenstufen<br />
4. Geologie<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>gebirge<br />
4.1.1 Entstehung <strong>und</strong> Bau des Gr<strong>und</strong>gebirges<br />
4.1.2 Gesteine des Gr<strong>und</strong>gebirges im<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
- Cordieritgneise<br />
- Glimmergneis<br />
- Körnelgneis<br />
- Kristallgranite<br />
- Fein- bis mittelkörnige Granite<br />
- Sonstige Gesteine<br />
4.2 Zersatz der kristallinen Gesteine<br />
110<br />
113<br />
115<br />
118<br />
118<br />
121<br />
121 3.2<br />
11 . Mai 1970, 25. Mai 1970 <strong>und</strong> am<br />
16. Juni 1970<br />
- Ergebnisse der Kartierung der<br />
Schneedecke im Jahre 1970<br />
- Kartierung der durchbrochenen<br />
Schneedecke am 3. März 1972<br />
- Diskussion der Ergebnisse<br />
- Messung der Schneedichte<br />
- Wasservorrat der Schneedecke<br />
- Bedeutung der Wasserspeicherung<br />
in der Schneedecke<br />
Witterungseinflüsse als Ursachen von<br />
154<br />
154<br />
155<br />
155<br />
156<br />
156<br />
157<br />
157<br />
160<br />
160<br />
4.3<br />
4.3.1<br />
4.3.1.1<br />
4.3.2<br />
4.3.2.1<br />
4.3.2.2<br />
4.3.2.3<br />
Ablagerungen aus den Eiszeiten<br />
Bildungen der eiszeitlichen Gletscher<br />
Eiszeitliche Gletscher im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
- Der Rachelseegletscher<br />
- Der nördliche Rachelgletscher<br />
- Der Gletscher im Tal des Großen<br />
Schwarz bachs<br />
Andere eiszeitliche Bildungen<br />
Verfestigter Schutt<br />
Frost- <strong>und</strong> FlieBerden<br />
Blockschutt<br />
122 3.2.1<br />
Schäden an <strong>Wald</strong>bäumen<br />
Schäden durch Sturm<br />
(Windwurf <strong>und</strong> Windbruch)<br />
162<br />
162<br />
5. <strong>Böden</strong><br />
5.1 Methode der Bodenkartierung<br />
122<br />
130<br />
131<br />
134<br />
135<br />
137<br />
140<br />
141<br />
142<br />
3.2.1.1<br />
3.2.1.2<br />
3.2.1.3<br />
3.2.1.4<br />
3.2.1.5<br />
3.2.1.6<br />
3.2.2<br />
3.2.3<br />
3.2.4<br />
Angaben aus der Literatur<br />
Auswertung der Akten<br />
Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus<br />
Westen <strong>und</strong> Südwesten<br />
Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus<br />
Osten bis Nordosten (Böhmwind)<br />
Sommerstürme bei Gewittern,<br />
vorwiegend aus Südwesten bis<br />
Westen<br />
Gefährdung der Baumarten<br />
Schäden durch Schnee,<br />
Rauhreif <strong>und</strong> Rauheis<br />
Schäden durch Winterfrost<br />
Schäden durch Spätfrost<br />
162<br />
163<br />
163<br />
165<br />
165<br />
167<br />
167<br />
167<br />
167<br />
169<br />
169<br />
171<br />
171<br />
5.2<br />
5.2.1<br />
5.2.1.1<br />
5.2.1.2<br />
5.2.1.3<br />
5.2.1.4<br />
5.2.1.5<br />
5.2.2<br />
5.2.2.1<br />
5.2.2.2<br />
5.2.2.3<br />
5.2.2.4<br />
5.2.2.5<br />
Beschreibung der Bodenformen<br />
Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
Blockfeld<br />
Block-Humus-Boden<br />
Fels-Humus-Boden<br />
Fels-Lehm-Mosaik<br />
Block-Lehm-Mosaik<br />
Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
Sand <strong>und</strong> Schotter<br />
Lehm über Sand<br />
Lehm<br />
Lehm mit Wasserzug<br />
Tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt<br />
6
172 5.2.2.6 Mittelgründiger Lehm über 212 7.3 Der Einfluß des Menschen auf den<br />
verfestigtem Schutt <strong>Wald</strong> bis zur Mitte des 19. Jahr-<br />
172 5.2.2.7 Gebleichter, mittelgründiger Lehm h<strong>und</strong>erts<br />
174<br />
174<br />
175<br />
175<br />
176<br />
176<br />
176<br />
178<br />
5.2.3<br />
5.2.3.1<br />
5.2.3.2<br />
5.2.3.3<br />
5.2.3.4<br />
5.2.3.5<br />
5.2.3.6<br />
5.2.4<br />
über verfestigtem Schutt<br />
Naß böden<br />
Mineralischer Naßboden<br />
Flaches Niedermoor<br />
Mittleres <strong>und</strong> tiefes Niedermoor<br />
Hochgelegenes Quellmoor<br />
Übergangsmoor<br />
Hochmoor<br />
Moränenbereich<br />
216<br />
217<br />
218<br />
240<br />
241<br />
245<br />
7.4<br />
7.4.1<br />
7.4.2<br />
7.4.3<br />
7.4.3.1<br />
7.4.3.2<br />
Bestandsformen um die Mitte des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Karte der Bestandsformen<br />
Statistik der Bestandsformen nach<br />
Höhenstufen<br />
Bestandsformen nach Standortseinheiten<br />
Standorte der Fels- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
Standorte der Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
178 5.3 Bodenreaktion 246 7.4.3.3 Standorte der Naßböden<br />
179 5.4 Humusverhältnisse 249 7.5 Baumdimensionen<br />
180 5.5 Bodenzonierung bei den Sand- <strong>und</strong> 250 8. Uteraturverzeichnis<br />
Lehmböden<br />
180 5.5.1 Höhenabhängige Zonen<br />
182 5.5.1.1 Ergebnisse der Kartierung<br />
191 5.5.1.2 Ergebnisse der Bodenanalyse<br />
193 5.5.1.3 Zur Frage der Entstehungsweise der<br />
Lockerbraunerde<br />
194 5.5.2 Geländeabhängige Zonen<br />
195 5.6 Ernährungszustand der Fichte nach<br />
Nadelanalysen<br />
198 5.6.1 Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
198 5.6.1.1 Stickstoff<br />
203 5.6.1.2 Stickstoffernährung <strong>und</strong><br />
Humuszustand<br />
203 5.6.1.3 Stickstoffernährung <strong>und</strong><br />
Höhenwachstum der Fichte<br />
203 5.6.1.4 Phosphor<br />
204 5.6.1.5 Kalium<br />
205 5.6.1.6 Calcium<br />
205 5.6.2 Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
205 5.6.3 Naßböden<br />
206 6. Standortseinheiten<br />
207 7. Versuch einer Rekonstruktion der<br />
ursprünglichen Zusammensetzung<br />
der Wälder<br />
207 7.1 Zweck der Untersuchung<br />
207 7.2 Quellen<br />
7
Verzeichnis der Abbildungen<br />
s. Abb. s. Abb.<br />
14 Lage <strong>und</strong> Einteilung des <strong>Nationalpark</strong>- Geländeklassen Gipfellagen, Hänge,<br />
gebietes Täler)<br />
20 2 Monatsmittel der Bewölkung in Zehnteln 67 16 Ausgleichsfunktionen für den Zusamder<br />
Himmelsfläche (1951-1960) menhang zwischen See höhe <strong>und</strong> wirk-<br />
22<br />
22<br />
27<br />
34<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
Mittlere Monatssummen der Sonnenschein<br />
dauer (1951-1960)<br />
Mittlere Zahl der heiteren Tage<br />
(1951-1960)<br />
Mittlere Zahl der trüben Tage<br />
(1951-1960)<br />
Monats- <strong>und</strong> Jahresmittel der Lufttempe-<br />
71 17<br />
samer Mitteltemperatur (eT Luft, Gelän-<br />
deklasse Hänge nach Hauptexpositionen<br />
getrennt)<br />
Zusammenhang zwischen der Mitteltemperatur<br />
der Luft (Celsius-Zehntelgrade)<br />
<strong>und</strong> in eT nach Vergleichsmessungen<br />
an den Stationen Großer Falkenstein,<br />
Freyung <strong>und</strong> Zwiesel berg während<br />
ratur (1931-1960) in Abhängigkeit von der Monate Juli <strong>und</strong> August 1970<br />
38 7<br />
der Seehöhe (gilt nicht für Inversionslagen)<br />
Andauer eines Tagesmittels der Lufttem-<br />
72 18 Vergleich der Mittelwerte der Lufttempe-<br />
ratur im Juli <strong>und</strong> August 1970 nach<br />
Messungen des Wetterdienstes mit Mesperatur<br />
von 10° C sungen an PALLMANN-Stationen in<br />
41 8 Mittlere Tagesgänge der Lufttemperatur<br />
am Großen Falkenstein in der Vegeta- 73 19<br />
Gipfellagen.<br />
Ausgleichsfunktionen für den Zusamtionszeit<br />
Mai bis Oktober 1955 menhang zwischen Seehöhe <strong>und</strong> wirk-<br />
(nach BAUMGARTNER, 1960 (b) samer Mitteltemperatur (eT) in der Luft<br />
42 9 Beispiele für Höhenprofile der Minima<br />
der Lufttemperatur in 1,2 m Höhe nach 79 20<br />
<strong>und</strong> im Humus an Hängen.<br />
Beobachtungen über die Dauer der<br />
wolkenlosen Nächten <strong>und</strong> einer windigen Vegetationszeit der Buche<br />
49 10<br />
Schlechtwetternacht (29. 6. 1971)<br />
Mittleres Minimum der Lufttemperatur<br />
82 21 Täglicher Gang der relativen Feuchtigkeit<br />
an einem typisch heiteren Frühjahrsin<br />
1,2 m Höhe nach den 10 wolkenlosen tag (Mittel 1931 <strong>und</strong> 1932)<br />
Nächten im Mai/Juni 1971 (Lusenabhang,<br />
Schwarzach- <strong>und</strong> Flanitztal)<br />
84 22 Prozentuale Verteilung von Regen- oder<br />
Nebeltagen im Zeitraum 16. 4. bis 15. 11.<br />
50 11 Fortsetzung von 10 1955 am Westhang des Großen Falken-<br />
(Tal der Großen Ohe) stein.<br />
51 12 Fortsetzung von 10 86 23 Verteilung der Regenmengen <strong>und</strong> des<br />
(Sagwasser- <strong>und</strong> Reschwassertal) Gesamtniederschlags aus Regen, Nebel<br />
55 13<br />
64 14<br />
PALLMANN-Station zur Messung der<br />
wirksamen Mitteltemperatur der Luft<br />
Wirksame Mitteltemperatur der Luft<br />
in 2 m Höhe nach PALLMANN auf Berggipfeln<br />
im Juli <strong>und</strong> August 1970<br />
87 24<br />
<strong>und</strong> Tau von Mai bis Oktober 1955 ent-<br />
lang der Meßstrecke am Großen Falkenstein<br />
Jahressumme des Niederschlags im<br />
Mittel der Periode 1931-60<br />
65 15 Ausgleichsfunktionen für den<br />
Zusammenhang zwischen Seehöhe <strong>und</strong><br />
87 25 Niederschlagssumme der Monate<br />
Mai-Juli im Mittel der Periode 1931-1960<br />
wirksamer Mitteltemperatur (eT Luft, 89 26 Mittlerer Jahresgang des Niederschlags<br />
8
s. Abb. s. Abb.<br />
im Zeitraum 1931-60 (<strong>Nationalpark</strong>- einzelnen Monaten des Jahres<br />
gebiet) 133 35 Windrichtungen bei Sturmschäden<br />
90 27 Mittlerer Jahresgang des Niederschlags<br />
im Zeitraum 1931-60 (Alpen <strong>und</strong><br />
Schwarzwald)<br />
136 36 Windrichtungen bei Sturmschäden im<br />
Oktober - März (a) <strong>und</strong> Juni bis<br />
August (b)<br />
90 28<br />
98 29<br />
Mittlerer Jahresgang des Niederschlags<br />
im Zeitraum 1931-60<br />
(Nördliches Südwestdeutschland<br />
<strong>und</strong> Harz)<br />
Mittlere monatliche Schneedeckenhöhe<br />
(ern) in verschiedenen Höhenlagen des<br />
Inneren Bayer. <strong>Wald</strong>es aufgr<strong>und</strong><br />
137 37<br />
157 38<br />
166 39<br />
Höhenerstreckung von Schäden durch<br />
Schnee, Rauhreif <strong>und</strong> Rauheis<br />
Granitblock mit Gletscherschliff im<br />
Tal des Reschwassers<br />
Vorkommen der Bodenformen im<br />
Gelände<br />
20jähriger Beobachtungen nach CASPAR 192 40 Gehalt organischer Substanz (nasse<br />
(1962) Veraschung) in verschiedenen Boden-<br />
111 30 Schmelzteller um Buchen tiefen<br />
112 31<br />
119 32<br />
120 33<br />
133 34<br />
Schneehöhenkurven im Winter 1969/70<br />
Messung der Schneedichte mit der<br />
Schneesonde "Vogels berg" (14. April<br />
1970)<br />
Entwicklung der in der Schneedecke<br />
geb<strong>und</strong>enen Wassermenge nach Einzugsgebieten<br />
im Jahr 1970<br />
Häufigkeit von Sturmschäden in den<br />
202 41<br />
204 42<br />
208 43<br />
-65<br />
Stickstoffgehalt von Fichtennadeln in<br />
Abhängigkeit von der Höhenlage<br />
Höhenbonität der Fichtenbestände,<br />
in denen Nadelproben entnommen<br />
wurden, in Abhängigkeit von deren<br />
Höhenlage<br />
Probeflächen in den Revieren Schönau,<br />
Riedlhütte, Klingenbrunn <strong>und</strong> Finsterau<br />
9
Verzeichnis der Karten<br />
Vorbemerkung:<br />
Es liegen die Karten Nr. 1-10 <strong>und</strong> 12 bei, die Karten Nr.<br />
11, 13, 14 <strong>und</strong> 15 befinden sich bei der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />
Bayer. <strong>Wald</strong> in Grafenau.<br />
Maßstab 1 :50000<br />
Karte Nr. 1 : Höhenstufen<br />
12<br />
2: Wirksame Mitteltemperaturen nach<br />
PALLMANN<br />
3: Buchenaustrieb 1970<br />
4: Schneedecke am 4. März 1970<br />
5: Schneedecke am 14. April 1970<br />
6: Schneedecke am 11. Mai 1970<br />
7: Schneedecke am 25. Mai 1970<br />
8: Schneedecke am 16. Juni 1970<br />
9: Schneedecke am 3. März 1972<br />
10: Großschäden durch Stürme<br />
11: <strong>Böden</strong><br />
Maßstab 1 :10000<br />
12: Bestandsformen 1855<br />
13: Typen der Sturmschäden<br />
a) Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus<br />
W - SW (Okt. - März)<br />
b) Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus<br />
o - NO (Okt. - März)<br />
c) Sommerstürme bei Gewittern<br />
(Juni - August)<br />
Karte Nr. 14: Bodeneinschläge, Meßstationen usw.<br />
(6 Blätter)<br />
15: Standortskarte
1.1 Aufgabe der Standortserk<strong>und</strong>ung<br />
Die Standortserk<strong>und</strong>ung, die nach <strong>und</strong> nach im gesamten<br />
Staatswald Bayerns durchgeführt wird, soll die Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
der Wälder erfassen. Ihre Ergebnisse,<br />
welche beispielsweise über bestimmte <strong>Klima</strong>faktoren,<br />
über die <strong>Böden</strong> oder über die ursprüngliche Baumarten-Zusammensetzung<br />
der Wälder Auskunft geben,<br />
werden in Karten <strong>und</strong> erläuternden Texten dargestellt.<br />
Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> hat die Oberforstdirektion<br />
Regensburg im Auftrag des Bayerischen<br />
Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong><br />
Forsten eine Standortserk<strong>und</strong>ung durchgeführt. Die<br />
gesamte Planung kann hier nur auf gründliche ökologische<br />
Kenntnisse aufbauen. Das gilt besonders für die<br />
künftige Behandlung der <strong>Wald</strong>bestände, die für den<br />
<strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> eine zentrale Rolle<br />
spielt.<br />
Wiederholte kartenmäßige Aufnahmen der geschlossenen<br />
<strong>und</strong> der abschmelzenden Schneedecke, phänologische<br />
Beobachtungen, Messungen der nächtlichen<br />
Minimumtemperaturen <strong>und</strong> der wirksamen Mitteitemperaturen<br />
nach PALLMANN ermöglichen nun detaillierte<br />
Aussagen über das Geländeklima im <strong>Nationalpark</strong>gebiet.<br />
Die Auswertung von Akten der Oberforstdirektion<br />
Regensburg gab Aufschluß darüber, wie in<br />
den letzten 100 Jahren Sturm, Schneebruch, Frost <strong>und</strong><br />
Dürre in das Leben der Wälder eingegriffen hatten.<br />
Den größten Arbeitsaufwand verursachte eine Kartierung<br />
der <strong>Böden</strong> nach ökologischen Gesichtspunkten<br />
im Maßstab 1: 10000. Ergänzend wurden Nadelanalysen<br />
<strong>und</strong> einige Bodenanalysen durchgeführt. Die Informationen<br />
über das Geländeklima <strong>und</strong> über die <strong>Böden</strong><br />
sind zu einer Standortsgliederung verarbeitet. Schließlich<br />
ermöglichten es die vollständig erhaltenen Aufnahmeergebnisse<br />
der ersten gründlichen Forsteinrichtung,<br />
die Baumarten-Zusammensetzung der Wälder<br />
um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts anzugeben;<br />
aufgr<strong>und</strong> der damaligen Altbaumbestände wurden<br />
"Näherungswerte" für die natürliche Baumartenzusammensetzung<br />
der Wälder auf den einzelnen Standorten<br />
ermittelt.<br />
Die Standortserk<strong>und</strong>ung beschäftigte sich also mit<br />
drei Bereichen, mit dem Geländeklima, mit den <strong>Böden</strong><br />
<strong>und</strong> mit dem Versuch, die ursprüngliche Zusammensetzung<br />
der Wälder zu rekonstruieren. Diese drei<br />
Bereiche stehen aber nicht isoliert nebeneinander,<br />
1. Einleitung<br />
sondern haben intensive Wechselbeziehungen. So<br />
helfen beispielsweise die geländeklimatologischen<br />
Ergebnisse zu einem besseren Verständnis der Verbreitung<br />
bestimmter Bodenformen <strong>und</strong> die Baumartenzusammensetzung<br />
der Wälder ist eng mit den<br />
Eigenschaften der Standorte gekoppelt.<br />
Die hier vorgelegten Ergebnisse der Standorterk<strong>und</strong>ung<br />
sollen einen Beitrag zur gesamt-ökologischen<br />
Erforschung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> liefern.<br />
Sie sind deshalb in Karten, Abbildungen <strong>und</strong><br />
Tabellen so ausführlich wiedergegeben, daß sie von<br />
anderen Disziplinen weiterverwertet werden können.<br />
1.2 Durchführung der Standortserk<strong>und</strong>ung<br />
Die Standortserk<strong>und</strong>ung wurde von einer Arbeitsgruppe<br />
unter der Leitung des erstgenannten Verfassers<br />
durchgeführt:<br />
Dr. Wolfram Elling<br />
Edm<strong>und</strong> Bauer<br />
Gerald Klemm<br />
Dr. Herbert Koch<br />
Im Sommer 1971 wirkten außerdem Werner Bierstedt<br />
<strong>und</strong> Hans <strong>Wald</strong>hier bei der Bodenkartierung mit.<br />
Während der Vorerk<strong>und</strong>ung wurde anhand von Boden<br />
einschlägen eine Gliederung der <strong>Böden</strong> erarbeitet.<br />
Es schloß sich die Kartierung der <strong>Böden</strong> im Maßstab<br />
1:10000 an. Nebenher lief eine Reihe geländeklimatologischer<br />
Untersuchungen. Die Auswertung des Materials<br />
fand während der Wintermonate in der Oberforstdirektion<br />
Regensburg statt. Der zeitliche Ablauf der<br />
Arbeiten kann aus der folgenden Übersicht entnommen<br />
werden:<br />
Vorerk<strong>und</strong>ung:<br />
Elling<br />
Elling, Bauer, Klemm, Koch<br />
Kartierung:<br />
Elling, Bauer, Klemm, Koch<br />
Elling, Bierstedt, <strong>Wald</strong>hier<br />
September -<br />
November 1969<br />
Mai -<br />
Juni 1970<br />
Juli -<br />
Dezember 1970<br />
Mai -<br />
August 1971<br />
13
Ein großer Teil der Untersuchungen wäre ohne spezielle<br />
Beratung ist nicht möglich gewesen. Vor allem<br />
Prof. Dr. A. BAUMGARTNER vom Institut für Meteorologie<br />
in München <strong>und</strong> Prof. Dr. K. KREUTZER vom Institut<br />
für Bodenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Standortslehre, ebenfalls in München,<br />
haben durch Rat <strong>und</strong> Hilfe die Arbeiten gefördert.<br />
Weiter sind zu nennen Prof. Dr. W. lAATSCH, der leiter<br />
des Instituts für Bodenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Standortslehre in<br />
München, Dr. h. c. Georg PRIEHÄUSSER in Zwiesel, Dr.<br />
W. BAUBERGER vom Bayerischen Geologischen landesamt<br />
in München, überregierungschemierätin Dr. L.<br />
Bauer von der landesstelle für Gewässerk<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
Wasserwirtschaftliehe Planung Baden-Württemberg<br />
in Karlsruhe sowie Prof. Dr. F. FRANZ <strong>und</strong> Dr. J. BACHlER<br />
vom Institut der Ertragsk<strong>und</strong>e in München. Dem<br />
Zentralamt des Deutschen Wetterdienstes <strong>und</strong> dem<br />
Wetteramt München sowie der landesstelle für<br />
Gewässerk<strong>und</strong>e in München verdanken wie Beobachtungsdaten.<br />
Die Firma CARl ZEISS in überkochen<br />
stellte ein Kreispolarimeter leihweise zur Verfügung.<br />
Allen Genannten danken wir für ihre Hilfe.<br />
15
2. Geographische Einführung<br />
2.1 Lage, Naturraum<br />
Südöstlich der Cham-Further Senke teilt die Grenze<br />
zwischen Deutschland <strong>und</strong> der Tschechoslowakei einen<br />
einheitlichen Naturraum. Sie folgt etwa der Kammlinie<br />
des Mittelgebirgszuges, der früher zusammenfassend<br />
als Böhmerwald bezeichnet wurde (siehe z. B:<br />
Anonym, Die Forstverwaltung Bayerns, 1844). Heute<br />
versteht man unter Böhmerwald im allgemeinen nur<br />
noch den Teil, der auf tschechoslowakischem Staatsgebiet<br />
liegt <strong>und</strong> nennt die Abhänge auf der deutschen<br />
Seite den Hinteren oder Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong>.<br />
(FEHN 1959, CZAJKA <strong>und</strong> KLiNK 1967). Dieser Begriff<br />
meint nur den Hauptabhang des Gebirges, gegen Südwesten<br />
<strong>und</strong> Süden schließen sich das Hügelland der<br />
Regen-Senke <strong>und</strong> die Wegscheider Hochfläche sowie<br />
jenseits der Regen-Senke der Vordere Bayerische<br />
<strong>Wald</strong> an. Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> mit seinen<br />
Hauptbergen Rachel (1453 m) <strong>und</strong> Lusen (1373 m)<br />
nimmt den mittleren Abschnitt des Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es ein.<br />
Das Untersuchungsgebiet (<strong>Nationalpark</strong>gebiet) der<br />
vorliegenden Arbeit greift teilweise über die Grenzen<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s hinaus. Es reicht von der böhmischen<br />
Grenze <strong>und</strong> dem Kleinen Regen im Norden bis<br />
herunter zum Süd rand des geschlossenen StaatswaIdes,<br />
den die Orte Spiegelau, St. Oswald, Neuschönau<br />
<strong>und</strong> Schön brunn ungefähr markieren. Im Westen<br />
schließen jenseits der Flanitz die Besitzungen des Freiherrn<br />
von Poschinger <strong>und</strong> auf der anderen Seite der<br />
Bahnlinie Spiegelau-Frauenau weitere Staatswaldungen<br />
an. Die Ostgrenze folgt der Straße von Finsterau<br />
zur Ödung Buchwald in Böhmen <strong>und</strong> dem Lauf des<br />
Reschwassers. Die beschriebene, 13203 ha umfassende<br />
Fläche ist gemeint, wenn in dieser Arbeit von <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
oder Untersuchungsgebiet die Rede<br />
ist; auf sie beziehen sich sämtliche Karten <strong>und</strong> Erhebungen.<br />
Zur Erleichterung des Überblicks ist das <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
entsprechend den bisherigen Forstamtsbereichen<br />
in sechs Gebiets-Abschnitte gegliedert (siehe<br />
Abb. 1):<br />
Gebiets-Abschnitt I<br />
(bisher Forstamt Buchenau, Abk.: Bu) 417 ha<br />
Gebiets-Abschnitt 11<br />
(bisher Forstamt Klingenbrunn, Abk.: Kli) 1845 ha<br />
16<br />
Gebiets-Abschnitt 111<br />
(bisher Forstamt Spiegelau, Abk.: Sp) 2915 ha<br />
Gebiets-Abschnitt IV<br />
(bisher Forstamt St. Oswald, Abk.: St.O) 3395 ha<br />
Gebiets-Abschnitt V<br />
(bisher Forstamt Mauth-West, Abk.: M-W) 3065 ha<br />
Gebiets-Abschnitt VI<br />
(bisher Forstamt Mauth-Ost, Abk.: M-O) 1 566 ha<br />
insgesamt 13203 ha<br />
Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich zwischen seinem<br />
höchsten Punkt, dem Rachelgipfel (1453 m) <strong>und</strong><br />
dem tiefsten Punkt (667 m) bei der Schönauer Mühle<br />
an der Kleinen Ohe über einen Höhenunterschied von<br />
fast 800 m.<br />
2.2 Landschaftsgestalt<br />
In den abger<strong>und</strong>eten Formen seiner Berge zeigt der<br />
Bayerische <strong>Wald</strong> die Kennzeichen eines schon lange<br />
Zeit der Verwitterung <strong>und</strong> Abtragung unterliegenden<br />
Gebirges. Bei genauerem Zusehen erkennt man auf<br />
verschiedenen Niveaus plateauartige Verebnungen,<br />
die als eine Treppe alter Rumpfflächen aufgefaßt werden<br />
(ERGENZINGER 1965). Die Anteile der einzelnen<br />
Höhenstufen an der Fläche des <strong>Nationalpark</strong>gebiets<br />
zeigt die folgende Aufstellung, die mit Hilfe des Polarplanimeters<br />
aus der Karte 1:25 000 gewonnen ist<br />
(siehe auch Tab. 1):<br />
Bei einem Gebirge, dessen Hänge sich mit gleichmäßigem<br />
Gefälle zu den Gipfeln hinaufziehen, müßten die<br />
Flächen der einzelnen Stufen mit der Höhe kontinuierlich<br />
abnehmen. Hier dagegen zeigt sich ein sprunghafter<br />
Rückgang der Flächenanteile bei etwa 900 m sowie<br />
bei etwa 1300 m <strong>und</strong> deutet die typische Geländegestalt<br />
an: Vorberge, flache Hänge <strong>und</strong> Täler unterhalb<br />
900 m, ein steiler Anstieg zwischen 900 <strong>und</strong> 1100 m,<br />
von einzelnen Gipfeln überragte flache Rücken <strong>und</strong><br />
Plateaus zwischen 1100 <strong>und</strong> 1300 m.<br />
Fast ein Viertel der Fläche, nämlich die weiten Talkessel an<br />
der Schwarzach <strong>und</strong> der Großen Ohe, sowie das Hügelland<br />
um Altschönau <strong>und</strong> Neuschönau, liegt 700 bis 800 m hoch.<br />
Ein weiteres Viertel nehmen die Vorberge (Bocksberg, Jägerriegel,<br />
Siebenruck) <strong>und</strong> der flachere, untere Teil des Haupt-
<strong>Nationalpark</strong> mit Rachelsee. Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong><br />
<strong>Wald</strong> ist fast ausschließlich mit <strong>Wald</strong> bedeckt.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
18
Ziel der folgenden Abschnitte ist es, das <strong>Klima</strong> als<br />
Standortfaktor zu erfassen. Bei dieser ökologischen<br />
Betrachtungsweise geht es also nicht primär um meteorologische<br />
oder klimatologische Zusammenhänge,<br />
sondern um die Wirkungen des <strong>Klima</strong>s auf das Leben<br />
von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren. Ein solches Vorhaben stößt in<br />
mehrfacher Hinsicht auf Schwierigkeiten, die teilweise<br />
von der Zerlegung des Komplexes <strong>Klima</strong> in einzelne,<br />
untereinander verkoppelte Faktoren herrühren, teilweise<br />
auch von unserer lückenhaften Kenntnis über<br />
die spezifischen Reaktionen der Lebewesen auf bestimmte<br />
Umwelteinflüsse. Daher ist es hier besonders<br />
nötig, sich stets der Gefahr von Fehlinterpretationen<br />
bewußt zu bleiben. Die Ergebnisse von Beobachtungen<br />
<strong>und</strong> Messungen werden daher im folgenden Text<br />
ausführlich wiedergegeben <strong>und</strong> streng von ökologischen<br />
Erklärungsversuchen getrennt.<br />
Die Stellung des Bayerischen <strong>Wald</strong>es im mitteleuropäischen<br />
<strong>Klima</strong>bereich hat BAUMGARTNER (1970) vom<br />
Standpunkt des Meteorologen folgendermaßen gekennzeichnet:<br />
"Der Raum liegt im Bereich des planetarischen Westwindgürtels,<br />
allerdings bereits so weit landeinwärts,<br />
daß sich die kontinentalen meteorologischen Einflüsse,<br />
vorwiegend aus Südosten, bemerkbar machen. Die<br />
Grenzzone gegensätzlicher <strong>Klima</strong>eigenschaften wird<br />
durch den querliegenden Höhenzug des Böhmerwaldes<br />
verschärft. Im Sommer liegt der Bayer. <strong>Wald</strong> häufig<br />
an der Ostflanke westlicher Hochdruckgebiete <strong>und</strong> im<br />
Stau der von Westen her auflaufenden Fronten. Dies<br />
ist die eine Quelle für relativ großen Niederschlagsreichtum<br />
im Sommer. Die andere sind die Vb-Regenwetterlagen,<br />
die aus feuchter Luft aus dem MitteImeerraum<br />
kommend, auf dem Weg nach Nordosten auch<br />
über den Bayer. <strong>Wald</strong> ziehen <strong>und</strong> Täler <strong>und</strong> Höhen tagelang<br />
mit Wolken <strong>und</strong> Regen verhängen. Im Winter<br />
liegt die Landschaft weiter <strong>und</strong> häufiger im Bereich des<br />
kalten europäischen Hochdruckgebietes. Bei klarem<br />
Himmel kommt es zu tiefen Nachttemperaturen. Die<br />
pendelnde Grenzlage zwischen maritimen <strong>und</strong> kontinentalen<br />
Einflüssen <strong>und</strong> die Tiefdruckgebiete aus dem<br />
Adriaraum sind die Ursache verhältnismäßig großen<br />
Schneereichtums. Das Böhmerwaldgebirge erfüllt klimatisch<br />
ähnliche Funktionen wie hydrologisch: es ist<br />
Wasser- <strong>und</strong> <strong>Klima</strong>scheide zugleich. So sind zum Beispiel<br />
die Niederschlagsmengen <strong>und</strong> Schneehöhen auf<br />
der Ostseite des Böhmerwaldes bedeutend geringer<br />
3. <strong>Klima</strong><br />
als auf der Westseite."<br />
Die Besprechung der einzelnen klimatischen Faktoren<br />
geht aus von den Meßwerten der Stationen des Deutschen<br />
Wetterdienstes. Der Vergleich mit benachbarten<br />
Gebieten soll das Besondere herausarbeiten <strong>und</strong><br />
zugleich eine Hilfe für die ökologische Beurteilung der<br />
einzelnen <strong>Klima</strong>faktoren sein. Eine solche großräumige<br />
Betrachtungsweise kann sich nicht nur auf die <strong>Klima</strong>stationen<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet <strong>und</strong> seiner unmittelbaren<br />
Umgebung stützen, sondern muß den ganzen<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> bis hinunter in die Donauniederung<br />
<strong>und</strong> in die Cham-Further-Senke berücksichtigen.<br />
Glücklicherweise brauchen wir uns im Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> nicht mit einer groben <strong>Klima</strong>charakterisierung<br />
anhand der Meßwerte der amtlichen Wetterstationen<br />
zu begnügen. Zur Abwandlung des Großklimas durch<br />
das bergige Gelände sind gerade hier gr<strong>und</strong>legende<br />
Untersuchungen durchgeführt worden. GEIGER,<br />
WOELFLE <strong>und</strong> SEIP (1933 <strong>und</strong> 1934) haben auf Meßprofilen<br />
vom Tal bis zum Gipfel des Großen Arber Lufttemperatur<br />
<strong>und</strong> Luftfeuchte gemessen. In einem<br />
mehrjährigen, ökologisch ausgerichteten Untersuchungsprogramm<br />
haben BAUMGARTNER (1958 a,<br />
1958 b, 1960 b, 1961, 1962, 1964, 1970) BAUMGART<br />
NER, KLEINLEIN <strong>und</strong> WALDMANN (1956), BAUM<br />
GARTNER <strong>und</strong> HOFMANN (1957) <strong>und</strong> WALDMANN<br />
(1959) Regenmengen, Nebel <strong>und</strong> Nebelniederschlag,<br />
Sonnen bestrahlung bei verschiedener Geländeform,<br />
Luft- <strong>und</strong> Bodentemperaturen, Schneehöhen <strong>und</strong> Ausaperung,<br />
sowie die Zeitpunkte des Austreibens von<br />
Pflanzen bestimmt <strong>und</strong> teilweise kartenmäßig dargestellt.<br />
Auf den von den geannten Autoren angewandten Verfahren<br />
fußen vielfach die speziellen Untersuchungen<br />
im <strong>Nationalpark</strong>. Bei einem Höhenbereich von fast 800<br />
m <strong>und</strong> sehr unterschiedlichen Geländeformen bestehen<br />
bedeutende klimatische Unterschiede innerhalb<br />
des Gebietes. Sie zu erfassen <strong>und</strong> - soweit möglich -<br />
kartenmäßig darzustellen, ist ein Ziel dieser Arbeit.<br />
Soweit genügend Material vorhanden ist, gliedert sich<br />
demnach die Besprechung jedes <strong>Klima</strong>faktors in drei<br />
Teile:<br />
a) Großklima nach Meßwerten des Deutschen Wetterdienstes<br />
b) Abwandlung des <strong>Klima</strong>s durch das Gelände (nach<br />
der Literatur)<br />
c) spezielle Untersuchungen über das Geländeklima<br />
19
des <strong>Nationalpark</strong>gebietes.<br />
3.1 Einzelne <strong>Klima</strong>faktoren<br />
3.1.1 Strahlung<br />
Die von der Sonne ausgehende Strahlung hält unser<br />
gesamtes Wettergeschehen in Gang. Sie bildet außerdem<br />
die Energiegr<strong>und</strong>lage aller Lebensvorgänge, ist<br />
also auch ökologisch von zentraler Bedeutung. An der<br />
Bodenoberfläche lassen sich verschiedene Strahlungsströme<br />
unterscheiden (GIGGER 1961):<br />
1. Direkte Sonnenstrahlung<br />
2. Ungerichtete Himmelsstrahlung, entstanden durch<br />
Zerstreuung der Sonnenstrahlung in der Atmosphäre<br />
3. An der Erdoberfläche zurückgeworfene Reflexstrahlung<br />
4. Ausstrahlung von der Erdoberfläche zur Atmosphäre<br />
5. Gegenstrahlung von der Atmosphäre zur Erdoberfläche<br />
Bei den Nummern 1-3 handelt es sich um kurzweilige,<br />
bei Nr. 4 <strong>und</strong> 5 um langweilige Strahlung. Diese tritt bei<br />
Tag <strong>und</strong> Nacht auf,jene nur tagsüber. Aus den genannten<br />
Größen ergibt sich die Strahlungsbilanz an der<br />
Erdoberfläche.<br />
Aus dem Gebiet des Bayerischen <strong>Wald</strong>es liegen derzeit<br />
noch keine Meßergebnisse über den Faktor Strahlung<br />
vor. Es sind aber Untersuchungen durch BAUM<br />
GARTNER im Gang. Als Hilfsgrößen werden daher vorerst<br />
die Bewölkung <strong>und</strong> die Sonnenscheindauer sowie<br />
die Zahlen der heiteren <strong>und</strong> trüben Tage herangezogen.<br />
3.1.2 Bewölkung <strong>und</strong> Sonnenscheindauer<br />
Die Bewölkung wird von den Beobachtern der Wetterstationen<br />
in Zehnteln (neuerdings in Achteln) der Himmelsfläche<br />
geschätzt, ist also keine gemessene Größe.<br />
Sie ist zudem sehr von der Geländelage abhängig. Täler<br />
<strong>und</strong> Mulden mit häufiger Nebelbildung sowie<br />
Kammlagen der Gebirge, die zeitweise in die Wolken<br />
hineinreichen, liefern höhere Werte der Bewölkung.<br />
Trotzdem ergibt sich für die in Tabelle 2 aufgeführten<br />
Orte ein sehr ähnlicher Jahresgang der Himmelsbedeckung<br />
mit einem Maximum im Winter (Nov. - Jan.)<br />
20<br />
Abb.2:<br />
Zehntel<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
Monatsmittel der Bewölkung in Zehnteln<br />
der Himmelsfläche (1951 - 1960)<br />
nach Unterlagen des Deutschen Wetterdienstes<br />
--Gr:Falkens tein (1307m)<br />
.. ··········Zwiesel(590mJ<br />
---- - Pass au-Ob erha us(409m)<br />
Monate J S 0 N 0<br />
<strong>und</strong> einem sek<strong>und</strong>ären Maximum im Sommer (Juni, Juli);<br />
die Übergangsjahreszeiten, vor allem der März <strong>und</strong><br />
der September sind relativ wolkenarm. Im Winter ragen<br />
die Berge häufig über die Nebel-<strong>und</strong> Hochnebeldecken<br />
hinaus, unter denen das Flachland liegt. Im<br />
Sommer stauen oder bilden sich die Wolken oft an den<br />
Gebirgen <strong>und</strong> verursachen dort eine höhere Himmelsbedeckung<br />
als im Flachland. Abb. 2 macht dies für 3<br />
Stationen des Bayer. <strong>Wald</strong>es deutlich.<br />
Die tatsächliche Sonnenscheindauer hängt von der<br />
astronomisch möglichen Sonnenscheindauer <strong>und</strong><br />
dem Grad der Bewölkung ab. Noch klarer, als bei der<br />
mittleren Bewölkung zeigt sich hier (Tab. 3), daß die<br />
Gebirge im Winter mehr, im Sommer weniger Sonne<br />
erhalten als die Niederungen. So hatte beispielsweise<br />
während der Periode 1951-1960 Regensburg im Dezember<br />
eine durchschnittliche Sonnenscheindauer<br />
von 32 St<strong>und</strong>en, auf dem Großen Falkenstein waren es<br />
dagegen 77 St<strong>und</strong>en (siehe Abb. 3).<br />
Im Bergland bewirken Hangrichtung, Hangneigung <strong>und</strong><br />
Horizonteinengung wesentliche Unterschiede für den<br />
Gewinn an direkter Sonnenstrahlung. Auf die übrigen<br />
Strahlungsströme (siehe oben) hat die Geländeform
Zeitraum Unterstellter Temperaturgradient<br />
je 100 m<br />
Höhenanstieg<br />
Jahr -0,49<br />
Sommermonate<br />
Mai - August -0,62<br />
Wintermonate<br />
Nov. - Februar -0,31<br />
schen <strong>Wald</strong>es bedingen eine beträchtliche mittlere<br />
Jahresschwankung der Lufttemperatur (berechnet<br />
aus der Differenz des größten <strong>und</strong> kleinsten langjährigen<br />
Monatsmittels) (Tab. 12), die größer ist als in den<br />
anderen süddeutschen Mittelgebirgen bei entsprechender<br />
Höhenlage. Darin macht sich der kontinentale<br />
Einschlag des <strong>Klima</strong>s bemerkbar. Außerdem zeigt die<br />
Zusammenstellung, wie die mittlere Jahresschwankung<br />
mit dem Anstieg in die Gebirge zurückgeht.<br />
Aus der Andauer eines Tagesmittels von 5° C <strong>und</strong><br />
mehr bzw. 10° C <strong>und</strong> mehr lassen sich Anhaltspunkte<br />
für die Dauer der Vegetationszeit in verschiedenen Höhenlagen<br />
gewinnen (Tab. 12 <strong>und</strong> Abb. 7). Die Werte<br />
sind graphisch aus den Monatsmitteln bestimmt. Abb.<br />
7 macht die rasche Verkürzung der warmen Jahreszeit<br />
mit zunehmender Meereshöhe erkennbar. Die Unterschiede<br />
zwischen dem Bayerischen <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> den anderen<br />
süddeutschen Gebirgen sind nicht bedeutend,<br />
jedoch besteht die Tendenz, daß bei gleicher Höhe die<br />
Alpenstationen begünstigt, die westdeutschen Stationen<br />
benachteiligt sind.<br />
Eine Vorstellung von den absoluten Maxima <strong>und</strong><br />
Minima der Lufttemperatur, die in den einzelnen Monaten<br />
auftreten können, vermitteln die Tabellen 13 <strong>und</strong><br />
14. In den unteren Lagen werden tiefere Minima <strong>und</strong><br />
höhere Maxima erreicht, als in den höheren. Die absoluten<br />
Maxima <strong>und</strong> Minima sind jedoch nur einmalig erreichte<br />
Werte <strong>und</strong> stammen zudem noch aus unterschiedlichen<br />
Beobachtungszeiträumen, ihre Aussagekraft<br />
ist daher begrenzt.<br />
Das mittlere Datum des ersten <strong>und</strong> letzten Frostes<br />
(gemessen in 2 m Höhe) <strong>und</strong> die daraus berechnete<br />
26<br />
Übersicht<br />
Temperaturgradienten im Bayerischen <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> in den Alpen<br />
Mitteltemperaturen tür Gleiche Mitteltemperaturen sind<br />
gleiche Meereshöhen in den Alpen in einer um ... m<br />
liegen in den Alpen größeren Meereshöhe anzutreffen<br />
.•• 0 C höher als im als im Bayer. <strong>Wald</strong><br />
Bayer. <strong>Wald</strong><br />
0,8-1,7 170-350<br />
0,2-1,3 30-210<br />
1,1-2,2 300-740<br />
mittlere Dauer der frostfreien Zeit sind bei der geringen<br />
Dichte des amtlichen Stationsnetzes als ökologische<br />
Weiser wenig brauchbar. Entsprechend der Temperaturabnahme<br />
mit steigender Meereshöhe schwindet<br />
bei sonst gleichen Bedingungen auch die Dauer der<br />
frostfreien Zeit. Wie sehr die Geländeform aber hierfür<br />
bestimmend ist, geht daraus hervor, daß beispielsweise<br />
im <strong>Klima</strong>atlas von Bayern für das Höllensteinkraftwerk<br />
(Seehöhe 403 m) in der Kaltluftstaulage der Regensenke<br />
eine mittlere Dauer der frostfreien Zeit von<br />
149 Tagen, für Finsterau (Seehöhe 1000 m) eine solche<br />
von 169 Tagen angegeben wird. Über die Verhältnisse<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet geben die Messungen der Minimumtemperaturen<br />
während des Frühjahres 1971 Auskunft<br />
(siehe Abschnitt 3.1.4.3.2).<br />
3.1.4.2 Geländeeinfluß (nach der Literatur)<br />
Die geringe Aussagekraft der amtlichen Daten des ersten<br />
<strong>und</strong> letzten Frostes hat uns auf den einschneidenden<br />
Einfluß der Geländeform hingewiesen. Diese ist<br />
vielfach in der Lage, großklimatische Gegebenheiten,<br />
wie z. B. die Abnahme der Lufttemperatur mit wachsender<br />
Meereshöhe, stark zu verändern oder sogar<br />
umzukehren. Das trifft beispielsweise für die Lufttemperatur<br />
in starkem Maße zu, wie wir gerade für den<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> aus den Untersuchungen von GEI<br />
GER <strong>und</strong> Mitarbeitern am Großen Arber <strong>und</strong> BAUM-<br />
. GARTNER <strong>und</strong> Mitarbeitern am Großen Falkenstein<br />
wissen (Literaturangaben siehe Abschnitt 3). Die dort<br />
gewonnenen Ergebnisse sollen in den folgenden Absätzen<br />
kurz zusammengefaßt werden.
Reifbildung <strong>und</strong> Dunstschichten zeigen den Kaltluftstau<br />
in den Tallagen.<br />
Foto: H. Strunz<br />
28
Tabelle 15<br />
Die tiefsten Minimumtemperaturen (0 C) in den einzelnen Monaten der Jahre 1953 bis 1955<br />
am Westhang des Großen Falkenstein in 1,2 m Höhe über dem Boden<br />
(nach BAUMGARTNER 1962)<br />
Station Kr. ... 2 4 6<br />
Seehöhe (m) ... 1307 1157 1008<br />
Jan1a.ar 1954 -25,2 -20,1 -19,4<br />
Februar 1954 -24,4 -21,8 -21,0<br />
März 1954 -14,8 -11,5 - 7,7<br />
April 1954/55 -10,4 - 9,1 - 7,7<br />
Mai 1954/55 - 4,3 - 5,6 - 7, °<br />
Juni 1954/55 - 1, ° 0,0 0,4<br />
Juli 1955 3,7 4,9 5,7<br />
August 1955 2,1 3,5 4,5<br />
Septemb.1955 - 0,4 0,9 2,0<br />
Oktober 1955 - 8,6 - 5,7 - 4,7<br />
Nov. 1953/55 - 6,8 - 5,5 - 4,7<br />
Dez. 1953 -12,2 -10,7 - 9,6<br />
Steigt man die Hänge hinauf, so enden die angeführten<br />
Merkmale mit einer relativ scharfen Grenze, die eine<br />
kartenmäßige Ausscheidung erlaubt. An stärker geneigten<br />
Hängen ist der Bereich innerhalb dessen sich<br />
über die Grenzziehung streiten läßt, nicht breiter als 20<br />
m Horizontaldistanz. An den - nur selten vorkommenden<br />
- sehr flachen Hängen ist die Festlegung unsicherer,<br />
sie kann hier um etwa 50 m schwanken. All diese<br />
Umstände stützen die Annahme, es handle sich bei<br />
den genannten Merkmalen um brauchbare Kriterien<br />
zur Abgrenzung der besonders frostgefährdeten Lagen.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> dieser Annahme erfolgte im Herbst 1970 -<br />
nach Laubabfall der Buche - eine Kartierung (Karte Nr.<br />
1 - Tallagen) der besonders frostgefährdeten Lagen.<br />
Ihre Obergrenze wurde dort gezogen, wo Frostdefor-<br />
7 8 9 12 14<br />
925 850 796 658 622<br />
-16,6 -18,5 -19,1 -23,6 -28,1<br />
-20,2 -19,7 -20,6 -21,9 -25,3<br />
- 6,4 - 6,5 · - 8,1 -13,6 -15,4<br />
- 7,2 - 6,5 - 5,5 - 7,6 -11 ,1<br />
- 7,1 - 8,0 - 7,5 - 8,6 - 9,8<br />
0,3 0,7 0,9 - 2,4 - 5,2<br />
6,0 6,1 7,0 3,6 0,1<br />
4,7 5,0 5,6 4,6 1,4<br />
1 ,5 1,4 2,1 - 2,4 - 7,1<br />
- 4,6 - 4,8 - 4,0 - 8,3 -12,8<br />
- 5,4 - 7,8 - 8,2 -11,6 -16,8<br />
- 9,3 - 8,8 - 8,0 -11,9 -15,1<br />
mationen <strong>und</strong> Flechtenbewuchs an den feineren Zweigen<br />
der Buche aufhören. Es sind hierfür nur freistehende<br />
Buchen brauchbar, offensichtlich deshalb, weil<br />
Überschirmung die Strahlungsfröste mildert. Bäume<br />
auf Naß böden müssen ebenfalls unberücksichtigt bleiben,<br />
da sie auch außerhalb der Frostzone an den Zweigen<br />
Flechtenbewuchs tragen können.lnfolge derTemperaturschichtung<br />
der boden nahen Kaltluft sind die<br />
Kennzeichen an jungen Buchen - etwa bis Zimmerhöhe<br />
- <strong>und</strong> an den unteren Ästen älterer Bäume am deutlichsten<br />
entwickelt.<br />
Betrachtet man das Ergebnis der Aufnahme, wie es in<br />
Karte Nr. 1 dargestellt ist, so läßt sich folgendes feststellen:<br />
Die Zone einer besonderen Frostgefährdung<br />
der Buche in den Tallagen ist relativ flach. Sie erreicht<br />
nur eine Mächtigkeit zwischen 10 <strong>und</strong> 45 m. Im Durch-<br />
43
Tabelle 16<br />
Monatsmittel der täglichen Temperaturhöchstwerte 1955 an den <strong>Klima</strong>stationen<br />
" am Westhang des GroBen Falkenstein<br />
(nach BAUMGARTNER 1962)<br />
in oe<br />
Station 2 4 6<br />
Seehöhe(m) •• 1 307 1157 1008<br />
Mai 9,0 9,8 10,9<br />
Juni 13,5 1 3,6 14,2<br />
Juli 15,4 15,9 16,5<br />
August 15,0<br />
... C ....., • c -<br />
IJ , ':' • J , I<br />
September 12,5 12,4 1 3,4<br />
Oktober 7,2 7,0 8,0<br />
Mai-Oktober 12,1 12,3 1 3, 1<br />
schnitt reicht sie etwa 25 m über den Talgr<strong>und</strong> hinauf.<br />
Oberhalb starker Verengungen der Talquerschnitte,<br />
wie beispielsweise im Bereich der Einmündung des<br />
Steinbaches in das Reschwasser, wächst sie bis auf<br />
45 man.<br />
Die Obergrenze der Frost-Merkmale an der Buche verläuft<br />
nicht horizontal, sondern folgt dem Anstieg von<br />
Tälern, die ein geringes Gefälle aufweisen. Talaufwärts<br />
verliert die Frostzone an Mächtigkeit, in höher liegenden<br />
Seitentälern schwindet sie bis auf etwa 10m.<br />
Überschreitet das Gefälle eines Tale's den unteren<br />
Grenzwert von etwa 10%, dann werden die beschriebenen<br />
Merkmale <strong>und</strong>eutlich <strong>und</strong> verschwinden<br />
schließlich ganz; in den steilen Hangtälern sind sie niemals<br />
zu beobachten. Das Sagwassertal oberhalb der<br />
Sagwassersäge stellt einen Grenzfall dar. Hier sind<br />
Frostdeformationen <strong>und</strong> Flechtenbewuchs nur mehr<br />
44<br />
7 8 9 12 1,1<br />
925 850 796 658 622<br />
11 , 9 12,7 1 3, 1 13, Ä 14.,2<br />
15, 1 16,1 16,5 17,1 18, 1<br />
16,7 17, 9 18,2 20,0 20,2<br />
i 6 , 5 17 , 2 18,0 18,7 20,0<br />
14,4 14,8 15,0 15,6 17,0<br />
8,7 9,1 9,6 9,7 11 ,4<br />
13,9 14,6 1 5, 1 15,7 16,8<br />
vereinzelt zu finden.<br />
Aus all diesen Beobachtungen ist folgende Hypothese<br />
abzuleiten: Innerhalb der Täler entsteht in Strahlungsnächten<br />
ein flache, stark unterkühlte Luftschicht. Mit<br />
dem Anstieg von der Talsohle vermindert sich die<br />
Frostgefahr rasch. Gefälle <strong>und</strong> Form der Täler spielen<br />
hierbei eine wesentliche Rolle.<br />
Die täglichen Messungen der Minimumtemperatur im<br />
folgenden Frühjahr 1971, über die im nächsten Abschnitt<br />
berichtet wird, haben diese Hypothese bestätigt.<br />
Da solche Messungen immer nur punktweise<br />
durchgeführt werden können, ist es wichtig, außerdem<br />
eine Methode in der Hand zu haben, die eine flächige<br />
Erfassung des Geländes erlaubt. Das zuvor beschriebene<br />
Verfahren hat sich hierfür als brauchbar erwiesen.
Gebiet/?<br />
Abschnltt<br />
11<br />
11<br />
II<br />
II<br />
II<br />
11<br />
II<br />
II<br />
111<br />
III<br />
III<br />
111<br />
111<br />
111<br />
IV<br />
Tabelle 17<br />
Beschreibung der Stationen zur Messung der Minima der Lufttemperatur<br />
Nr. Seehöhe<br />
m<br />
Bezeichnung<br />
757 Forsthaus<br />
Klingenbrunn-Bahnhof<br />
2 745 Forsthaus Linden<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
17<br />
Geländeform<br />
Talverebnung auf<br />
Wasserscheide<br />
Talgr<strong>und</strong><br />
777 GroBer Buchwald Hügel in Talmulde<br />
805 Weitaubuchet<br />
auslaufender Hang<br />
840 .Hirschfütterung<br />
Hang<br />
960 <strong>Wald</strong>hüttenriegel<br />
Hang<br />
1100 Hochbuchet<br />
Hang<br />
745 Lindau<br />
weite Talmulde<br />
810 Neuhüttenwiese, oben Hang<br />
790 Neuhüttenwiese, unten Talgr<strong>und</strong><br />
780 Vord. Schachtenbachbrücke Talgr<strong>und</strong><br />
810 Weitau<br />
Talmulde<br />
875 Brandfleck-Lagerplatz Hang<br />
750 Aufschlägersäge<br />
Talgr<strong>und</strong><br />
1190 Stangenfilz<br />
Hochmoor in Sattelmulde<br />
des Grenzkamms<br />
IV 18 1210 Böhmsteig<br />
Hang<br />
IV 19 1345 Lusenhaus<br />
Hang, nahe Gipfel<br />
V 20 940 Sagwasserklause<br />
Gr<strong>und</strong> eines tiefeingeschnittenen<br />
Tals<br />
V 21 725 Weithütten<br />
Talgr<strong>und</strong><br />
V 23 775 Kohlenfil z<br />
Hochmoor i.Talgr<strong>und</strong><br />
V 35 805 Bärenhöhl<br />
auslaufender Hang<br />
V 52 870 Streulfald<br />
Hang<br />
V 400 950 Umkehr<br />
Hang<br />
Am 24.5.1971 wurden noch zusätzlich aufgebaut:<br />
III<br />
Trasse der HochlagenstraBe<br />
Hang<br />
V<br />
Wiese beim Kohlenfilz Tal gr<strong>und</strong><br />
VI B 1100 Schlfarzbachklause Talgr<strong>und</strong> mit steilen<br />
Hängen<br />
VI c 920 Plöchingersäge<br />
Tal gr<strong>und</strong><br />
Geländeneigg.<br />
%<br />
2<br />
7<br />
10<br />
13<br />
22<br />
23<br />
1<br />
12<br />
5<br />
2<br />
4<br />
14<br />
1<br />
o<br />
10<br />
23<br />
9<br />
3<br />
2<br />
7<br />
21<br />
25<br />
23<br />
2<br />
7<br />
12<br />
45
3.1.4.3.2 Tägliche Messungen der Minimumtemperatur<br />
der Luft in 1,2 m Höhe<br />
Aufbauend auf Untersuchungen von GEIGER <strong>und</strong><br />
BAUMGARTNER über die Temperaturverhältnisse in<br />
Abhängigkeit von der Höhenlage, deren Übertragung<br />
auf das Gelände des <strong>Nationalpark</strong>s nicht ohne weiteres<br />
möglich erschien, wurde versucht, durch spezielle<br />
Messungen die Antworten auf folgende, eng zusammenhängende<br />
Fragen zu finden.<br />
1. Wo sind im <strong>Nationalpark</strong> die Lagen mit nächtlichem<br />
Kaltluftstau <strong>und</strong> wo ist demnach die warme<br />
Hangzone zu finden?<br />
2. Welche Bedeutung haben hierfür die Formen des<br />
Geländereliefs?<br />
Durchführung der Messungen<br />
Es wurden daher am 24. April 1971 23 Stationen <strong>und</strong> am 24.<br />
Mai 1971 vier weitere Stationen mit Minimumthermometern<br />
aufgebaut. Vom 25. April bis 30. Juni fanden täglich Ablesungen<br />
statt. Zwei Stationen blieben zur gelegentlichen Beobachtung<br />
noch im Juli <strong>und</strong> August in Betrieb. Herrn Prof. Dr.<br />
BAUMGARTNER vom Meteorologischen Institut München<br />
sei besonders für die Beratung <strong>und</strong> für die Überlassung der<br />
Minimumthermometer mit Strahlungsschutzrohren gedankt;<br />
ebenso seinen beiden Mitarbeitern, den Herren Hirner <strong>und</strong><br />
Knötig, die beim Aufbau der Stationen mithalfen. Thermometer<br />
<strong>und</strong> Strahlungsschutzrohre sind dieselben, die BAUM<br />
GARTNER bereits am Großen Falkenstein verwendet <strong>und</strong><br />
ausführlich beschrieben hat (1962). Die Geräte wurden<br />
ebenfalls 1,2 m über dem Boden angebracht. Diese Meßhöhe<br />
hat den Vorteil, daß man die für die Pflanzen besonders wichtigen<br />
Temperaturen in Bodennähe erfaßt, ohne jedoch zu<br />
sehr vom Kleinrelief des Geländes abhängig zu werden. Vergleichsmessungen<br />
von BAUMGARTNER (1962) gestatten es<br />
außerdem, auf Gr<strong>und</strong> der Messungen in 1,2 m Höhe (Stangen-Minimum)<br />
die Minima in 0,05 m (Gras-Minimum) <strong>und</strong> 2 m<br />
(Hütten-Minimum) Höhe über dem Boden abzuschätzen.<br />
Die Ablesungen der Thermometer besorgten die zuständigen<br />
Revierbeamten der Forstämter, Frau Puchinger am<br />
Forsthaus Linden <strong>und</strong> Herr Janka am Lusenhaus, denen hiermit<br />
gedankt sei; außerdem waren die Standortserk<strong>und</strong>er beteiligt.<br />
Es wurden täglich die Minimumtemperatur <strong>und</strong> die Augenblickstemperatur<br />
notiert, um etwaige "unechte Minima"<br />
(GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP 1933) ausschalten zu können.<br />
Nach Abschluß der Messungen fand eine Eichung der Thermometer<br />
in einem isolierten Gefäß mit einem Glasfenster<br />
statt, in dem die Flüssigkeit über eine Kurbel laufend umge-<br />
46<br />
wälzt werden konnte. Eichungen bei 0° C <strong>und</strong> bei 5° C ergaben<br />
in den allermeisten Fällen übereinstimmende Korrekturwerte<br />
für die Thermometer. Die Differenzen von maximal 1<br />
Zehntel ° C zwischen den beiden Ablesungen, wie sie in einigen<br />
Fällen auftraten, rühren von der begrenzten Ablesegenauigkeit<br />
her.<br />
Die Meßstationen sind in der Karte Nr. 14 eingezeichnet <strong>und</strong><br />
in Tabelle 17 zusammengestellt.<br />
Zusätzlich arbeitete während der Beobachtungsperiode bei<br />
der Station Nr. 1 ein Thermograph in einer meteorologischen<br />
Hütte in 2 m Höhe über dem Boden. Trotz der nicht exakten<br />
Eichung konnte mit diesem Gerät der Temperaturgang verfolgt<br />
werden.<br />
Um den starken <strong>und</strong> im Einzelfall nicht bekannten Einfluß des<br />
<strong>Wald</strong>es auf die nächtliche Minimumtemperatur auszuschalten,<br />
wurden die Meßstationen gr<strong>und</strong>sätzlich im Freiland, d. h.<br />
auf kleineren oder größeren <strong>Wald</strong> blößen aufgebaut (vergl.<br />
hierzu GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP 1933). Die Mindestgröße<br />
dieser Lichtungen ergab sich aus folgender Regel: Verbindungslinien<br />
vom Thermometer zu den Baumwipfeln an entgegengesetzten<br />
Seiten der Freiflächen mußten in vertikaler<br />
Ebene mindestens einen Winkel von 90° C einschließen. Bei<br />
den Stationen Nr. 14 <strong>und</strong> Nr. 52 ist diese Bedingung nur<br />
knapp erfüllt, da keine anderen Meßplätze zur Verfügung<br />
standen. Es ist daher zu erwarten, daß die dort nach Strahlungsnächten<br />
gemessenen Minimumtemperaturen relativ zu<br />
hoch sind. Alle anderen Meßorte entsprachen voll der geforderten<br />
Norm.<br />
Aus den Untersuchungen von GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP<br />
(1933, 1934) geht hervor, daß die Exposition der Hänge für<br />
die nächtliche Temperaturminima nur untergeordnete Bedeutung<br />
hat. Die weit stärkeren Wirkungen, die von der Geländeform<br />
<strong>und</strong> der Höhenlage ausgehen, galt es daher zu erfassen.<br />
Die Stationen wurden hierfür in Ketten aus den Talgründen<br />
aus den Hängen hinauf ausgebracht. Da auf Gr<strong>und</strong><br />
der Kartierung von Frostschäden an der Buche (siehe Abschnitt<br />
3.1.4.3.1) anzunehmen war, daß sich eine flache Luftschicht<br />
in den Tälern sehr stark unterkühlt, wurden die Höhenabstände<br />
der Stationen im unteren Bereich dichter gewählt,<br />
als im oberen. Seehöhe der Meßorte <strong>und</strong> eine kurze Lagebeschreibung<br />
können aus Tabelle 16 entnommen werden.<br />
"Talg r<strong>und</strong>" steht hier für mittelbreite, "Talmulde" für besonders<br />
weite Täler. Es ist eigens vermerkt, daß das obere Sagwassertal<br />
bei Station 20 eng <strong>und</strong> tief eingeschnitten ist. Die<br />
Angabe über die Geländeneigung soll nur als Anhalt dienen.<br />
Sie ist nicht bei der Station gemessen, sondern aus der Karte<br />
1:10 000 für den weiteren Umkreis des Aufstellungsortes (etwa<br />
200 m Durchmesser) entnommen.
Auswertung der Messungen<br />
Ziel der Untersuchung war es, den Kaltluftstau in den<br />
Tälern zu erfassen. Die Temperaturverhältnisse nach<br />
Nächten mit starker Ausstrahlung sind daher besonders<br />
aussagekräftig. Die Auswertung der Meßergebnisse<br />
beschränkte sich zunächst auf die 10 wolkenlosen<br />
Nächte im Mai <strong>und</strong> Juni 1971. Nächte wurden als<br />
wolkenlos angesehen, wenn der Himmel abends <strong>und</strong><br />
morgens klar war <strong>und</strong> wenn das Thermogramm auf<br />
Gr<strong>und</strong> des gleichmäßigen Absinkens der Temperatur<br />
keine Anzeichen einer zeitweisen Bewölkung aufwies.<br />
KNOCH (1963) weist darauf hin, daß die Gegenstrahlung<br />
stark vom Wasserdampfgehalt der Luft abhängt <strong>und</strong> daher<br />
auch beim Fehlen einer sichtbaren Bewölkung noch erheblich<br />
variiert. Die Beobachtungen im <strong>Nationalpark</strong> haben aber<br />
gezeigt, daß sich hier die Inversion in allen klaren Nächten<br />
eindeutig durchsetzt, wenn auch mit unterschiedlichen Temperaturdifferenzen<br />
zwischen Tal <strong>und</strong> warmer Hangzone.<br />
Die am dichtesten besetzte Kette von Stationen<br />
(Hauptprofil) führt aus der breiten Talmulde der<br />
Schwarzach am Abhang des Rachel bis auf etwa 1100<br />
m Seehöhe hinauf; dazu kommt noch die Gipfelstation<br />
vor dem Lusenhaus. Abb. 9 enthält typische Höhenprofile<br />
der Minimumtemperatur. Nach windigen Schlechtwetternächten,<br />
wie am 29. Juni 1971, ergibt sich ein<br />
gleichmäßiger Rückgang der Temperatur mit zunehmender<br />
Höhe. Ganz anders wird das Bild, wenn sich im<br />
Laufe klarer Nächte mit starker effektiver Ausstrahlung<br />
kalte Luft in den Tälern ansammelt, dort also Inversionen<br />
entstehen.<br />
Die Beispiele in Abb. 9 lassen folgendes erkennen:<br />
1. Temperaturinversionen können bei ganz verschiedenem<br />
Temperaturniveau auftreten. Es ergeben<br />
sich jeweils Kurven, die in ihren Gr<strong>und</strong>zügen sehr<br />
ähnlich sind:<br />
sehr tiefe Temperaturminima im Tal, die höchsten<br />
Werte am Mittelhang, dann ein allmähliches Absinken<br />
gegen die Gipfel.<br />
2. Die Höchstwerte können wir in unterschiedlichen<br />
Höhen am Hang antreffen, je nach Wetterlage<br />
kann es in 840 m, in 960 m oder in 1100 m Höhe<br />
relativ am wärmsten sein.<br />
3. Die Differenzen zwischen den tiefsten Minima im<br />
Tal <strong>und</strong> den höchsten Minima am Hang (= Inver-<br />
48<br />
sionsbeträge) sindje nach Wetterlage recht unterschiedlich.<br />
Sie sind relativ gering, wenn nach Kaltlufteinbrüchen,<br />
bei fortdauernder Kaltluftzufuhr,<br />
der Himmel aufklart <strong>und</strong> sich durch Ausstrahlung<br />
stagnierende Kaltluftmassen in den Tälern bilden.<br />
Dann ist aber wegen des geringen Temperaturniveaus<br />
die Frostgefahr am größten. Ein Beispiel<br />
hierfür bietet die Kurve vom 29. April 1971. Strömt<br />
bei heiterem Himmel Warmluft zu, so entstehen<br />
ebenfalls durch Ausstrahlung Kaltluftmassen im<br />
Tal. Trotz größerer Inversionsbeträge (z. B. 13,5° C<br />
am 17. Mai 1971) besteht dann nur geringe Frostgefahr,<br />
weil das Temperaturniveau hoch ist. Der<br />
Wasserdampfgehalt der Luft, von dem die Gegenstrahlung<br />
abhängt, <strong>und</strong> der Wind variieren außerdem<br />
die Ergebnisse.<br />
4. Gemeinsam ist allen Höhenprofilen nach wolkenlosen<br />
Nächten der außerordentlich rasche Abfall<br />
der Minimumtemperatur mit der Annäherung an<br />
den Talboden. Erst weiter oberhalb der Gipfelhöhe<br />
des Bayerischen <strong>Wald</strong>es würden wieder so tiefe<br />
Temperaturen herrschen, wie an der Talsohle; daraus<br />
wird deutlich, mit welch einem markanten Sonderklima<br />
wir es hier im Talbereich zu tun haben.<br />
Eigenarten der einzelnen Täler<br />
Die nach den 10 wolkenlosen Nächten im Mai <strong>und</strong> Juni<br />
1971 gemessenen Tiefsttemperaturen sind in Tab. 18<br />
für alle Stationen wiedergegeben. Einzelne fehlende<br />
Werte wurden nach Stationen entsprechender Lage<br />
ergänzt. Die mittleren Minima dieser 10 Tage sind in<br />
den Abb. 10 bis 12 dargestellt. Hierfür haben wir die<br />
Mittelwerte der Stationen, die nur im Juni bestanden,<br />
auf den ganzen Zeitraum extrapoliert, was natürlich mit<br />
erheblicher Unsicherheit belastet ist. Da jedoch eine<br />
entsprechende Darstellung für alle Stationen, die nur<br />
auf den Werten des Juni beruht, gr<strong>und</strong>sätzlich die gleichen<br />
Relationen zwischen den einzelnen Meßplätzen<br />
ergibt, erscheinen die Werte für Vergleiche brauchbar.<br />
Im Bereich des weiten Talkessels an der Schwarzach<br />
finden wir die größten Temperaturdifferenzen (Abb.<br />
10) zwischen der Talsohle <strong>und</strong> der wärmsten Station<br />
am Hang, nämlich 10,4°C im Mittel der 10 Strahlungsnächte.<br />
Beim Forsthaus Klingenbrunn-Bahnhof (auf<br />
der Wasserscheide zur Flanitz) <strong>und</strong> beim Forsthaus<br />
Linden (an der Flanitz) werden nicht so tiefe Minima er-
Diskussion der Ergebnisse<br />
Nach unseren derzeitigen Kenntnissen über Entstehung<br />
von Kaltluftmassen durch nächtliche Ausstrahlung<br />
<strong>und</strong> deren Verlagerung übt die Form der Täler einen<br />
starken Einfluß aus. Dieser erstreckt sich auf (nach<br />
GEIGER 1961):<br />
1. Herabsetzung des turbulenten Austausches durch<br />
den Wind in Mulden,<br />
2. Wärmezufuhr aus dem Boden der Hänge bei tiefen<br />
<strong>und</strong> engen Mulden,<br />
3. Verkürzung des Tageslänge durch Abschattung<br />
am Morgen <strong>und</strong> Abend,<br />
4. Herabsetzung der effektiven Ausstrahlung durch<br />
Horizontalabschirmung,<br />
5. Abflußmöglichkeit oder Stau der gebildeten Kaltluft.<br />
Seit GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP (1934) ist bekannt,<br />
daß zwischen der Stärke von Inversionen <strong>und</strong> der<br />
Windgeschwindigkeit in der Gipfelregion nur eine lose<br />
Beziehung besteht; der Einfluß des Windes in den oberen<br />
Lagen auf den Kaltluftstau im Tal ist also nicht sehr<br />
bedeutend. Auch bei sehr windigem Wetter wurden<br />
1971 kräftige Inversionen beobachtet. Bei tiefen <strong>und</strong><br />
engen Tälern kompensieren sich die Wirkungen der<br />
Abschattung (Nr. 3) <strong>und</strong> die Wärmezufuhr aus dem Boden<br />
(Nr. 2) teilweise.<br />
Geht man davon aus, daß die unter Nr. 1-3 aufgeführten<br />
Umstände in der Mittelgebirgslandschaft des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
keine gravierenden Unterschiede zwischen<br />
den einzelnen Talzügen hervorrufen, dann läßt<br />
sich der Einfluß der Horizontabschirmung <strong>und</strong> des<br />
Kaltluftstaus in etwa abschätzen. Hierfür bilden die<br />
Messungen in Tälern ganz verschiedener Form eine<br />
Gr<strong>und</strong>lage.<br />
Je höher die Horizontabschirmung, desto größer ist die<br />
Gegenstrahlung <strong>und</strong> desto geringer ist daher die effektive<br />
Ausstrahlung. Je enger <strong>und</strong> steilwandiger ein Tal<br />
ist, desto weniger Kaltluft entsteht daher an seinem<br />
Gr<strong>und</strong>.<br />
Je stärker an einem bestimmten Ort das Gelände geneigt<br />
ist, desto leichter fließt die durch Ausstrahlung<br />
gebildete Kaltluft ab. Die Geländeneigung bestimmt also<br />
weitgehend, ob sich die Kaltluft staut <strong>und</strong> dann<br />
durch Ausstrahlung weiter unterkühlt oder nicht.<br />
Aus dem Wechselspiel zwischen Entstehung <strong>und</strong> Abtransport<br />
von Kaltluft ergibt sich, wie weit die Tempera-<br />
52<br />
tur an einem Ort im Laufe einer Strahlungsnacht absinkt.<br />
In abflußlosen Mulden kann der Vorgang des<br />
Auskühlens der bodennahen Luft sich fortsetzen, bis<br />
am Morgen die Strahlungsbilanz wieder positiv wird.<br />
Fließt die boden nahe Kaltluft langsamer oder schneller<br />
ab, so wird dadurch das Absinken der Temperatur<br />
mehr oder minder stark gehemmt. Das kann schließlich<br />
dazu führen, daß sich ein Gleichgewicht zwischen<br />
Produktion <strong>und</strong> Abfluß von Kaltluft bildet, auf Gr<strong>und</strong><br />
dessen die Temperaturen in einem stark abfallenden<br />
Tal nicht wesentlich unter die der Hänge absinken.<br />
Kann in einem Tal die durch Ausstrahlung entstandene boden<br />
nahe Kaltluft abfließen, so wird dadurch der Temperaturabfall<br />
gebremst. Die abgeführte Luft wird durch ebenfalls abgekühlte<br />
Luft ersetzt, die von oben her nachfließt. Luft aus<br />
breiten Tälern mit geringer Horizontalabschirmung muß<br />
durch Ausstrahlung bereits stärker ausgekühlt sein als solche<br />
aus engen, tiefen Tälern. Es wäre eine interessante Aufgabe,<br />
auf Gr<strong>und</strong> umfangreicherer Messungen die Energiebilanzen<br />
verschieden geformter Täler aufzustellen, um so genauere<br />
Einblicke in die Zusammenhänge zwischen Bildung<br />
<strong>und</strong> Verlagerung der Kaltluft einerseits <strong>und</strong> der Geländeform<br />
andererseits zu erhalten; auf diese Weise könnten Kriterien<br />
entwickelt werden, die eine Übertragung der Ergebnisse auf<br />
andere Gebiete ermöglichen.<br />
Die Ergebnisse der Messungen im Frühjahr 1971 stehen<br />
im Einklang mif den oben angestellten Überlegungen<br />
über Bildung <strong>und</strong> Verlagerung der durch Ausstrahlung<br />
entstandenen Kaltluft. Demnach lassen sich die<br />
untersuchten Täler in drei Gruppen einordnen:<br />
Die größten Unterschiede zwischen den Temperaturen<br />
am Hang <strong>und</strong> im Talgr<strong>und</strong> finden wir bei den<br />
weiten, nur ganz schwach fallenden Talmulden an<br />
der Flanitz, der Schwarzach <strong>und</strong> der Großen Ohe,<br />
in denen kaum ein Kaltluftabfluß möglich ist;<br />
Weniger tiefe Minima waren zu beobachten in den<br />
Tälern mittlerer Breite, die aber ebenfalls geringes<br />
Gefälle aufweisen <strong>und</strong> allenfalls einen zögernden<br />
Kaltluftfluß erlauben, hierzu gehören das Tal des<br />
Reschwassers, das Sagwassertal unterhalb der<br />
Sagwassersäge <strong>und</strong> vermutlich das Tal der Kleinen<br />
Ohe, in dem keine Messungen stattfanden.<br />
Nur noch geringe Temperaturdifferenzen gegenüber<br />
den Hängen gleicher Höhenlage zeigen tiefeingeschnittene<br />
Täler mit einem Gefälle ab etwa<br />
10%, so am Schwarzbach oberhalb der Plöchin-
gersäge <strong>und</strong> am Sagwasser oberhalb der Sagwassersäge.<br />
Das zweite Beispiel stellt bereits einen<br />
Grenzfall der Kaltluftstaulagen dar. Die Temperaturen<br />
der Station an der Sagwasserklause nähern<br />
sich bereits stark derjenigen der Hänge. Dieser<br />
Bef<strong>und</strong> deckt sich mit dem Ergebnis der Kartierung<br />
sichtbarer Frostschäden an der Buche. Auch<br />
dabei stellte das obere Sagwassertal einen Grenzfall<br />
dar.<br />
Es ist zu erwarten, daß sich mit zunehmendem<br />
Gefälle der in die Hänge eingeschnittenen Täler<br />
(Hangtäler) die nächtlichen Minimumtemperaturen<br />
mehr <strong>und</strong> mehr denjenigen der Hänge angleichen.<br />
Hier findet man nie auf Frost zurückführbare<br />
Deformationen an der Buche.<br />
den Einfluß der Geländeneigung auf die nächtlichen<br />
Minimumtemperaturen zeigt auch die Station<br />
am Böhmsteig in einer Verjüngungsgruppe im<br />
Hochlagenfichtenwald. Schütterer FiJungwuchs<br />
recht unterschiedlicher Höhe (bis etwa 3 m) führte<br />
hier noch zu einer zusätzlichen, wenn auch wohl<br />
nur geringfügigen Hemmung des Austausches. Bei<br />
der für große Teile der Hochlagen typischen<br />
Geländeneigung von etwa 10% war der Abfluß der<br />
entstandenen Kaltluft noch so gehemmt, daß die<br />
Minimumtemperaturen im Durchschnitt etwa 3° C<br />
tiefer lagen, als in entsprechender Höhenlage an<br />
steileren Hängen zu erwarten gewesen wäre. Auf<br />
dem ebenen Stangenfilz, der in den Kamm des<br />
Böhmerwaldes eingesenkt liegt, war es dann im<br />
Durchschnitt nochmals um 3° C kälter.<br />
Minimumtemperaturen im Juli <strong>und</strong> August 1971<br />
Um zu erfahren, ob in extremen Kaltluftstaulagen auch<br />
während des Sommers Fröste auftreten, wurde an den<br />
Stationen Lindau <strong>und</strong> Stangenfilz während der beiden<br />
wärmsten Monate des Jahres noch gelegentlich abgelesen.<br />
Aus Tab. 19 geht hervor, daß auch im Sommer in<br />
1,2 m Höhe Temperaturen um den Nullpunkt auftreten.<br />
In Bodennähe ist die Frostgefahr noch größer. Eine Abschätzung<br />
ist auf Gr<strong>und</strong> der von BAUMGARTNER<br />
(1962) veröffentlichten Vergleichsmessungen möglich.<br />
Im September treten dann schon schärfere Fröste<br />
auf, an der Station Lindau wurde am 16.9. 1971 schon<br />
wieder -6,5° C beobachtet.<br />
In den extremen Kaltluftstaulagen muß also in allen<br />
Monaten des Jahres mit Nachtfrösten in Bodennähe<br />
gerechnet werden.<br />
Ökologische Bedeutung des Kaltluftstaus<br />
Kaltluftstau in den Tälern <strong>und</strong> der warmen Hangzone<br />
treten nur in klaren Nächten deutlich auf, tagsüber <strong>und</strong><br />
in Schlechtwetternächten nimmt die Temperatur mit<br />
steigender Seehöhe ab. Zwischen beiden Typen gibt<br />
es Übergänge. Die Inversionen, die bei Strahlungswetter<br />
im Tal entstehen, sind so kräftig, daß sie sich selbst<br />
in den Monatsmitteln der Temperatur noch durchsetzen.<br />
Trotzdem ist zu bedenken, daß entsprechende<br />
Temperaturverhältnisse nur während einer relativ kurzen<br />
Zeit herrschen, nämlich während eines Teils der<br />
Nächte.<br />
Tiefe Nachttemperaturen brauchen für die Vegetation<br />
kein Nachteil zu sein; da sie die stark temperaturabhängige<br />
Atmung dämpfen, wirken sie sich auf die Assimilat-Bilanz<br />
sogar positiv aus. Trotzdem erhielt BAUM<br />
GARTNER (1962) bei Erbsen <strong>und</strong> jungen WaIdbäumen,<br />
die er auf einer Versuchsstrecke vom Tal bis zum<br />
Gipfel des Großen Falkensteins gepflanzt bzw. gesät<br />
hatte, die größten Zuwächse in der warmen Hangzone;<br />
das ist jedoch sicherlich nicht allein von der Assimilat<br />
Bilanz her zu erklären. Wir haben es hier vermutlich mit<br />
einem steuernden Eingriff der Temperatur in eine Reihe<br />
von physiologischen Prozessen zu tun.<br />
Die umfangreichen Bestimmungen der Höhenbonität<br />
der <strong>Wald</strong>bäume während der <strong>Wald</strong>inventur 1971 haben<br />
bei Fichte <strong>und</strong> Tanne zwischen Tallagen <strong>und</strong> unteren<br />
Hanglagen keine sicheren Unterschiede im Höhenwuchs<br />
ergeben.<br />
Es wäre interessant, der Frage nach den Unterschieden der<br />
Assimilat-Bilanz im Lokal-<strong>Klima</strong> der Tallagen, der warmen<br />
Hangzone <strong>und</strong> der Hochlagen durch Messung von Photosynthese<br />
<strong>und</strong> Atmung nachzugehen. Die Fichtem die in allen Höhenstufen<br />
vorkommt, wäre hierfür besonders geeignet.<br />
Erst wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt<br />
sinken <strong>und</strong> Frostschäden an den Pflanzen verursachen,<br />
erlangen sie einschneidende Bedeutung. Fröste<br />
werden den Pflanzen vor allem zu zwei Jahreszeiten<br />
gefährlich:<br />
Als Winterfröste mit extrem tiefen Temperaturen<br />
Als Spätfröste, die während des Frühjahrs die jun-<br />
53
der Kürze <strong>und</strong> der niedrigen Temperaturen der Vege- Abb.13: PALLMANN-Station zur Messung der wirksamen Mitteltationszeit<br />
ist das Wärmeangebot ein ausgesproche- temperatur der Luft<br />
ner Minimumfaktor für die Vegetation. Es ist daher zu<br />
erwarten, daß bereits geringe Unterschiede in den<br />
Wärmeverhältnissen relativ große Bedeutung für die<br />
Vegetation haben. Ein Ziel der vorliegenden Untersuchungen<br />
war es daher, die Abstufungen des Wärmeangebots<br />
während der Vegetationszeit im Zusammenhang<br />
mit der Höhenlage <strong>und</strong> dem Geländerelief zu erfassen.<br />
Mit herkömmlichen Methoden, also täglich abzulesenden<br />
Thermometern, wäre das nicht möglich<br />
gewesen, da für eine derartige Fragestellung zahlreiche<br />
Meßpunkte notwendig sind - auch in schwer zugänglichem<br />
Gelände.<br />
Methodik der Messungen<br />
Bei unserer Suche nach einer geeigneten Meßmethode<br />
stießen wir auf die von PALLMANN, EICHENBER<br />
GER <strong>und</strong> HASLER im Jahre 1940 erstmals beschriebene<br />
Methode, welche die Bestimmung von Mittelwerten<br />
der Temperatur eines längeren Zeitraums ohne tägliche<br />
Ablesung von Instrumenten gestattet. Die Durchführung<br />
der Messung ist bei PALLMANN, EICHENBER<br />
GER <strong>und</strong> HASLER (1940) <strong>und</strong> PALLMANN <strong>und</strong> FREI<br />
(1943) ausführlich erklärt. Hier soll nur das Prinzip kurz<br />
erläutert werden, soweit es für das Verständnis der<br />
Meßergebnisse notwendig ist.<br />
Rohrzucker wird in wässriger Lösung durch Wasserstoff-Ionen<br />
in Traubenzucker <strong>und</strong> Fruchtzucker zerlegt,<br />
er wird invertiert. Diese Reaktion ist bei konstanter<br />
Wasserstoff-Ionen-Konzentration (Puffer-Lösung)<br />
sehr stark von der Temperatur abhängig. Da sich der<br />
Grad der Rohrzuckerinversion nach einer bestimmten<br />
Versuchsdauer polarisationsoptisch leicht <strong>und</strong> genau<br />
messen läßt, bekommt man ein Maß für Temperaturverhältnisse<br />
im betreffenden Zeitraum.<br />
Die Inversionsgeschwindigkeit "* befolgt bei konstanter<br />
Temperatur <strong>und</strong> innerhalb einer nicht zu<br />
weiten pH-Spanne der Pufferlösung die Gleichung<br />
wobei bedeuten:<br />
(1)"* = K . H . (A - x)<br />
A = Rohrzuckerkonzentration zu Beginn, Zeit t = 0<br />
x = gebildeter Invertzucker nach der Zeit t<br />
A -x = verbliebener Rohrzucker zur Zeit t<br />
t = Zeit, in St<strong>und</strong>en ausgedrückt<br />
H = Wasserstoffionenkonzentration<br />
K = Inversionskonstante für die Temperatur T<br />
Die Inversionskonstante K läßt sich für eine bestimmte Konstant-Temperatur<br />
T aus der integrierten Gleichung (1) be<br />
rechnen:<br />
1 A<br />
(2) K = - log ( --)<br />
H·t A-x<br />
Für die polarisationsoptische Messung kann die Gleichung<br />
umgeformt werden:<br />
(3) K = _1 log .c.o - ßo<br />
H·t L -(50<br />
Es bedeuten darin:<br />
"'/"0 = optischer Drehwinkel der Rohrzucker-Lösung<br />
bei t = 0<br />
(30 = optischer Drehwinkel des Invertzuckers bei t =::)0<br />
oL = optischer Drehwinkel der partiell invertierten<br />
Lösung<br />
nach t St<strong>und</strong>en.<br />
Die Rohrzuckerinversion geht bei hohen Temperaturen weit<br />
schneller vor sich als bei niedrigen. Die Zunahme verläuft mit<br />
55
Tabelle 20/1<br />
Verzeichnis der PALLMANN-Stationen<br />
Station S •• h6h. G.llndak lasse GeUnde· Exposition B.stand IIirilsall Nitt.lt.lp.ratur<br />
Nr. (I) neiljunlj (0) Alt.rsphl" Schlu8ljl'ld Luft HUlus aod.n<br />
(2 I Höhe) (2 CI Ti.te) (30 CI Tief.)<br />
2 930 Hlnljbl 14 11110 Alt holz dicht . 9.0<br />
3 m Hanlj 10 11110 AI tholz littel 13.4 11.3<br />
4 1070 Hing 15 11 Shnlj.nh. dicht 13.2 10.6<br />
5 1090 Hlnlj 7 11 alulholz litteI 12.5 10.2<br />
6 1095 Hlnlj 7 N alulhol z litt.1 12.6 10.0<br />
7 1225 Hlnlj 28 111111 alulholz dicht 12.1 9.4<br />
8 1230 Hing 35 11 Altholz lock.r- 12.3 9.4<br />
9 1175 Hing 38 0 Alth.lz Iltt.1 12.8 9.5<br />
10 1290 Gipfellage 4 I Alt holz locker 12.2 10.2<br />
11 1320 Hing 21 11 Alt holz litt.1 11.7 9.5<br />
12 1425 Hing 13 11 alulholz lithl 11.1 8.9<br />
13 1435 Gipfalhge 15 11110 Blulhol z litlel 11.2 8.7<br />
14 1435 Gipf.lhgl 22 SW Slanljlnho lz lock.r 11.3 9.1<br />
15 1415 Hing 17 SII Altholz lock.r 11.3 9.0<br />
16 1320 HIDg 7 WSW Alt holz lock.r 11 . 8 9.3<br />
17 1180 Hanlj 16 IISW Baulho I z dicht 12.5 7.8<br />
18 955 Hlnlj 12 WSV Altholz dicht 1/t.1 11.2<br />
19 865 Hlnghl 5 SSII alulholz dich! 1/t.O 11.5<br />
20 850 Hang 8 SII ShnQ.nholz dich! 14.8 10.0<br />
21 800 Hang [, SII Alth,lz dich! 14.& 11.9<br />
22 830 Hing 9 N Blulholz litt.1 1/t.0 11.0 9.0<br />
23 855 HanQ 10 11 alulholz dich! 1405 12.4<br />
24 755 lallige IH 1 SI/ Altholz litt.1 14,4 11.8<br />
Kaltlufh!lu<br />
25 815 Hing 15 SO Blulholz litt.l 14.9 12.3 9.8<br />
26 735 hl1age li! 2 SSO Baulholz dich! 14.1 11.4<br />
KIltluftslau<br />
27 1275 Gi pf. llige 3 SSI/ Blulholz litt,1 11.9 9.3<br />
28 1250 Hing 11 SSI/ Baulholz litt.l 12.2 9.6<br />
29 1175 HlnQ 6 S Blulholz dich! 12.& 9.9<br />
30 1040 HlnQ 23 SI/ Alt holz li ttal 13.& 10.6<br />
31 810 Tlll.I.Klltl. 3 OSO S lanQ.nho lz dich! 14.0 11.8<br />
32 860 Hlnghl [, SI/ Blulholz li tt.1 13.1 10.9<br />
33 845 HlnQ 12 S Blulholz dich! 14.3 12.1<br />
34 810 hll.l. Kaltl. 2 sw Blulholz litt,l 13.4 11.5<br />
35 800 .1. 4 SO Altholz li tt.l 13.9 9.1<br />
56
steigenden Temperaturen nicht linear, sondern exponentiell.<br />
Ein Anstieg der Temperatur um einen gewissen Betrag bewirkt<br />
im Bereich hoherTemperaturen eine weit größere Zunahme<br />
der Inversion, als im Bereich niedriger Temperaturen.<br />
Das wäre nun kein Problem, wenn die Methode zur Messung<br />
konstanter oder nahezu konstanter Temperaturen eingesetzt<br />
würde. In der Regel haben wir es jedoch bei geländeklimatologischen<br />
Untersuchungen in der Luft <strong>und</strong> in den oberen<br />
Bodenschichten mit starken Temperaturschwankungen<br />
zu tun, die wir im einzelnen Fall nicht kennen. Es ist daher kein<br />
Schluß von der gemessenen Größe der Rohrzuckerinversion<br />
auf übliche, in Celsius-Graden gemessene Mitteitemperaturen<br />
möglich. Pendelt beispielsweise die Temperatur regelmäßig<br />
um einen gegebenen Mittelwert, so beeinflußt die Amplitude<br />
dieser Schwankung das Ergebnis. Bei großer Amplitude<br />
haben die so erreichten hohen Temperaturen viel größeres<br />
Gewicht, als niedrigere Temperaturen: Der am Ende der<br />
Versuchsdauer festgestellte Inversionseffekt ist größer als<br />
bei geringerer Amplitude der Schwankung.<br />
Die Urheber der Methode (PALLMANN, EICHENBERGER <strong>und</strong><br />
HALS ER, 1940) haben daher den Begriff der wirksamen Mitteltemperatur<br />
(eT) eingeführt: "Die eT-Zahl stellt das sogeannte<br />
expotentielle Temperaturmittel der Meßperiode dar."<br />
Sie gibt diejenige Konstanttemperatur an, bei welcher während<br />
der Versuchsdauer eine Rohrzuckerinversion in Höhe<br />
der tatsächlich festgestellten erreicht worden wäre. Die wirksame<br />
Mitteltemperatur (eT) ist daher bei schwankenden<br />
Temperaturen stets größer als das arithmetische Temperaturmittel.<br />
Eine Umrechnung der wirksamen Mitteltemperatur<br />
in arithmetische Temperaturmittel ist nicht möglich, weil sich<br />
im Freien die Temperaturen ständig ändern.<br />
Die Eignung der PALLMANN-Methode tür geländeklimatologische<br />
Untersuchungen<br />
In der Literatur finden sich sehr verschiedene Urteile<br />
über den Wert der PALLMANN-Methode für ökologische<br />
Untersuchungen. Es muß daher diskutiert werden,<br />
ob sie zur Lösung der eingangs gestellten Frage<br />
geeignet ist. Diese lautet: Wie unterscheidet sich das<br />
Wärmeangebot während der Vegetationszeit in verschiedenen<br />
Bereichen des <strong>Nationalpark</strong>s?<br />
Die Autoren der Methode (PALLMANN, EICHENBER<br />
GER <strong>und</strong> HASLER 1940, PALLMANN <strong>und</strong> FREI 1943)<br />
sehen darin, daß die eT-Zahl nicht dem arithmetischen,<br />
sondern dem expotentiellen Temperaturmittel einer<br />
Versuchsperiode entspricht, einen Vorteil bei ökologischen<br />
Untersuchungen. Sie weisen darauf hin, daß<br />
nicht nur die Rohrzuckerinversion, sondern auch alle<br />
anderen chemischen <strong>und</strong> biologischen Reaktionen innerhalb<br />
gewisser systembedingter Grenzen bei höheren<br />
Temperaturen rascher verlaufen als bei niedrigeren<br />
<strong>und</strong> erwähnen ausdrücklich die Silikathydrolyse<br />
<strong>und</strong> die Humifizierung. Sie halten es daher für günstig,<br />
daß die hohen Temperaturen mit größerem Gewicht in<br />
das Temperaturmittel (eT) eingehen als die niedrigen.<br />
LÜDI hielt dem bereits 1948 entgegen, daß sich die Lebensprozesse<br />
der Pflanzen bei ständig steigender<br />
Temperatur schließlich wieder verlangsamen <strong>und</strong><br />
dann ganz erliegen. Auch AULITZKY (1961) wies mit<br />
Recht darauf hin, daß biologische Vorgänge im allgemeinen<br />
einer Optimumkurve folgen. Diese Einwände<br />
müssen bei der Interpretation dereT-Werte unbedingt<br />
beachtet werden. Sie stellen jedoch noch kein durchgreifendes<br />
Argument gegen die Verwendung der<br />
PALLMANN-Methode dar, selbst dann nicht, wenn bei<br />
biologischen Prozessen der Zusammenhang der Reaktionsgeschwindigkeit<br />
mit der eT-Zahl komplizierter<br />
ist, als mit der Celsius-Temperatur (LÜTZKE 1963).<br />
Vor einer Fehlinterpretation der mit eT-Messungen erzielten<br />
Ergebnisse hat LÜTZKE (1963) gewarnt. Anhand<br />
der von GEIGER (1933, 1934) am Großen Arber<br />
gewonnenen Temperaturdaten hat er gezeigt, daß bei<br />
der Verwendung von wirksamen Mitteltemperaturen<br />
teilweise sogar in der Tendenz andere Ergebnisse herauskommen,<br />
als bei den üblichen Mitteltemperaturen.<br />
Mittel durchschn. durchschn. durchschn. eT<br />
(OC) Tagesschwank- Maximum Minimum (nach<br />
kung (nach St<strong>und</strong>enwerten) LÜTZKE)<br />
Hanglage 1008 m 15,6 9,2 20,2 11,0 16,4<br />
(Kopfhäng)<br />
Tallage 645 m 14,9 16,1 22,7 6,6 17,4<br />
(Seebachsch leife)<br />
- . .<br />
60
Seine Überlegungen sind für uns so wesentlich, daß sie<br />
ausführlich besprochen werden müssen. In der Übersicht<br />
auf S. 60 sind die erforderlichen Daten nach der<br />
Originalarbeit von GEIGER (1933, 1934) <strong>und</strong> nach<br />
LÜTZKE (1963) zusammengestellt. Es handelt sich um<br />
Durchschnittswerte der Lufttemperatur an 25 heiteren<br />
Mai- <strong>und</strong> Juni-Tagen.<br />
Die Ansammlung von Kaltluft im Tal führt hier zu tiefen<br />
Temperaturen während der Nacht <strong>und</strong> am Morgen.<br />
Dieser Umstand wirkt sich so sehr auf die Mitteltemperatur<br />
aus, daß diese in der Tallage geringer ist als in der<br />
Hanglage. Die von LÜTZKE aus den Daten von GEIGER<br />
errechneten eT-Werte verhalten sich jedoch umgekehrt.<br />
Wie auf Gr<strong>und</strong> des Meßprinzips zu erwarten, kann daher<br />
die PALLMANN-Methode nicht zum Nachweis der<br />
warmen Hangzone <strong>und</strong> der Tallage mit Kaltluftstau<br />
herangezogen werden. Das rührt von den im Tal wesentlichen<br />
höheren Tagestemperaturen her. Nach den<br />
Messungen von GEIGER sind in der Tallage die Temperaturen<br />
etwa von 8 Uhr morgens bis 19 Uhr abends höher<br />
als in der Hanglage; entsprechend verhält sich die<br />
Maximaltemperatur.<br />
Die Rohrzuckerinversion wird durch die hohen Tagestemperaturen<br />
weit stärker beeinflußt als durch die tiefen<br />
Temperaturen der Nacht. Die Tageswerte setzen<br />
sich also im Ergebnis gegen die Nachtwerte durch.<br />
Deshalb können die eT-Zahlen keine Auskunft über die<br />
arithmetischen Temperaturmittel geben. Sie charakterisieren<br />
aber gut das Wärmeangebot, das der Vegetation<br />
während des Tages, zur Zeit der Assimilation, in<br />
den einzelnen Bereichen des Geländes zur Verfügung<br />
steht. Gerade danach ist aber eingangs gefragt worden.<br />
Keine andere Methode liefert derzeit entsprechende<br />
Ergebnisse mit einem vergleichbar geringen<br />
Arbeitsaufwand.<br />
Die Genauigkeit der PALLMANN-Methode ist nach<br />
übereinstimmender Aussage mehrerer Autoren außerordentlich<br />
groß (KUNDLER 1954, LÜTZKE 1963). Die<br />
Ergebnisse unserer Messungen im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
bestätigen das erneut.<br />
Festlegung der Meßstationen<br />
Um Daten zur Beurteilung des Wärmeangebots während<br />
der Vegetationszeit in Abhängigkeit von der Höhenlage<br />
<strong>und</strong> dem Geländerelief (Geländeform, Gelän-<br />
deneigung, Exposition) zu erhalten, wurden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
über 100 PALLMANN-Stationen aufgebaut.<br />
Jede Station erhielt zwei mit Zuckerlösung gefüllte<br />
Reagenzgläser. Diese waren jeweils angebracht:<br />
- Mit einem zuverlässigen Strahlungsschutz versehen<br />
in zwei Meter Höhe über dem Boden; die hier gemessene<br />
wirksame Mitteltemperatur ist ausschließlich<br />
eine Funktion der Lufttemperatur.<br />
- In der organischen Bodendecke etwa 2 cm dick mit<br />
Streu bedeckt. Hier findet hauptsächlich die Umsetzung<br />
des organischen Bestandsabfalls (Nadel-,<br />
Laub- <strong>und</strong> Aststreu) statt, deren Verlauf wieder für<br />
Pflanzenernährung <strong>und</strong> Bodenentwicklung bedeutsam<br />
ist.<br />
Die Untersuchung der Wärmeverhältnisse in den verschiedenen<br />
Geländebereichen setzt eigentlich voraus,<br />
daß die sek<strong>und</strong>ären Wirkungen der Vegetation ausgeschaltet<br />
werden. Das hätte an sich die Durchführung<br />
der Messungen auf waldfreien Flächen erfordert. Es<br />
wurde jedoch rasch klar, daß solche Meßplätze viel zu<br />
selten sind, als daß man das Gelände mit einem hinreichend<br />
dichten Meßpunktnetz hätte überziehen können.<br />
Es blieb daher nichts anderes übrig, als die Messungen<br />
in <strong>Wald</strong> beständen durchzuführen. Das hat auf<br />
der einen Seite den Nachteil, daß die Messungen nur<br />
die Wärmeverhältnisse im Stammraum des <strong>Wald</strong>es<br />
wiedergeben. Es hat jedoch den Vorteil, daß die Messungen<br />
für große Flächen des nahezu geschlossen bewaldeten<br />
Gebietes repräsentativ sind.<br />
Die Eigenarten des Bestandsklimas, vor allem niedrigere Tagestemperaturen<br />
<strong>und</strong> eine geringe Tagesschwankung der<br />
Temperatur als im Freiland, beeinflussen also die Ergebnisse.<br />
Man muß sich aber vor Augen halten, daß sich die Lufttemperaturen<br />
im <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> außerhalb des <strong>Wald</strong>es nicht sehr stark<br />
unterscheiden. Die Strahlung wird zwar an der "äußeren aktiven<br />
Oberfläche des <strong>Wald</strong>es", im Kronenraum bereits weitgehend<br />
abgefangen (BAUMGARTNER 1956), im Bestand<br />
herrschen daher völlig andere Strahlungsverhältnisse als außerhalb.<br />
Die Luft im Stammraum des <strong>Wald</strong>es steht jedoch in<br />
einem sehr lebhaften Austausch mit der Außenluft, besonders<br />
während der warmen St<strong>und</strong>en des Tages, die für das Ergebnis<br />
unserer Messungen am wirksamsten sind (BAUM<br />
GARTNER 1956, HECKERT 1959, GEIGER 1961).<br />
Anders verhält es sich bei der Bodentemperatur, die im <strong>Wald</strong><br />
wegen der weitgehenden Abhaltung der Strahlung wesentlich<br />
niedriger bleibt als im Freiland.<br />
Da der Einfluß der <strong>Wald</strong>bestände nicht ausgeschaltet<br />
61
werden konnte, galt es, ihn möglichst konstant zu halten,<br />
um so die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu wahren.<br />
Die Stationen wurden gr<strong>und</strong>sätzlich in Fichten<br />
Baumbeständen mittleren Schlusses aufgebaut. Diese<br />
Bestandsform ist am weitesten verbreitet <strong>und</strong> klar genug<br />
definierbar. Um alle Geländelagen zu erfassen,<br />
mußten wir hin <strong>und</strong> wieder von dieser Norm abweichen,<br />
in einigen Fällen wurden Stangen- <strong>und</strong> Althölzer,<br />
oder Bestände mit nur lockerem oder dichtem Schluß<br />
einbezogen. Diese Bestandseigenschaften wurden jedoch<br />
festgehalten <strong>und</strong> in der statistischen Bearbeitung<br />
der Ergebnisse berücksichtigt. Es zeigte sich, daß die<br />
Forderung nach Konstanz des Bestandseinflusses<br />
weitgehend erfüllt werden konnte.<br />
Einige Forscher haben die PALLMANN-Methode dazu<br />
verwendet, die wärmeklimatischen Unterschiede in<br />
verschiedenen Pflanzengesellschaften zu untersuchen<br />
CPALLMANN <strong>und</strong> FREI 1943, LÜDl1948).Sokann<br />
man - soweit die Methode sich hierfür eignet - Aufschlüsse<br />
über die Temperaturbedingungen in speziellen<br />
Pflanzenbeständen erhalten. Es lassen sich jedoch<br />
in diesem Fall die primären, von der Lage im Gelände<br />
herrührenden Eigenschaften eines Meßortes nicht von<br />
seinen sek<strong>und</strong>ären, durch bestimmte Pflanzenbestände<br />
verursachten Eigenschaften trennen. Anders ausgedrückt:<br />
Es läßt sich bei einem solchen Vorgehen<br />
nicht sagen, inwieweit die festgestellten Temperaturverhältnisse<br />
Ursache oder Wirkung bestimmter Pflanzengesellschaften<br />
sind. Wir sind daher bewußt einen<br />
anderen Weg gegangen <strong>und</strong> haben uns bemüht, für ein<br />
bewaldetes Gebiet durch weitgehende Normierung<br />
des Bestandseinflusses die geländebedingten Unterschiede<br />
im Wärmeangebot zu erfassen. Um ein größeres,<br />
statistisch auswertbares Zahlenmaterial zu bekommen,<br />
wurde auf die gleichzeitige Beantwortung<br />
anderer Fragen CZ. B. nach dem Einfluß der Bestandsdichte)<br />
verzichtet.<br />
Durchführung der Messungen<br />
Während der Monate Juli <strong>und</strong> August 1970 bestanden<br />
103 PALLMANN-Stationen im <strong>Nationalpark</strong>gebiet.<br />
Dank der Hilfe von Herrn Dip!. Gärtner Haug vom <strong>Nationalpark</strong>amt<br />
konnte der Frauenberg bei Grafenau in die<br />
Untersuchungen einbezogen <strong>und</strong> dadurch der erfaßte<br />
Höhenbereich auf 1435 bis 500 m Seehöhe erweitert<br />
werden. Am Frauenberg waren 12 Stationen eingerich-<br />
62<br />
tet. Um den Anschluß an die Messungen des Wetterdienstes<br />
zu gewinnen, brachten wir auch je 1 Reagenzglas<br />
mit Rohrzucker-Pufferlösung in den Wetterhütten<br />
der Stationen Großer Falkenstein, Zwieselberg<br />
<strong>und</strong> Freyung unter. Hier stehen uns die Terminbeobachtungen<br />
<strong>und</strong> Mittelwerte der Lufttemperatur zur<br />
Verfügung.<br />
Die Herstellung der erforderlichen Rohrzucker-Puffer-Lösung<br />
(reichlich 5 Liter, pH-Wert 2,90) erfolgte in einem Lösungsansatz<br />
im Labor der Oberforstdirektion Regensburg.<br />
Einzelheiten des Verfahrens sind bei PALLMANN, EICHEN<br />
BERGER <strong>und</strong> HASLER 1940 beschrieben. Für praktische Ratschläge<br />
danken wir Frau L. BAUER von der Landesstelle für<br />
Gewässerk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> wasserwirtschaftliche Planung Baden<br />
Württemberg in Karlsruhe. Um Mikroorganismen auszuschließen,<br />
wurden der Lösung 0,35% Formaldehyd zugesetzt<br />
(SCHMITZ 1964). Eine Verpilzung war nach Abschluß des<br />
Versuches nirgends zu beobachten.<br />
Die Rohrzucker-Puffer-Lösung wurde in gewöhnliche Reagenzgläser<br />
abgefüllt. Gummistopfen dienten als Verschluß.<br />
Jedes Glas enthielt etwas mehr als 20 cm 3 Lösung. Die gefüllten<br />
Reagenzgläser beförderten wir in einem wärmeisolierten<br />
Behälter nach Spiegelau <strong>und</strong> bewahrten sie dort in der Gefriertruhe<br />
bei -20 0 C bis zur Ausbringung ins Gelände auf.<br />
Sämtliche PALLMANN-Stationen waren mit zwei Reagenzgläsern<br />
ausgestattet. Das eine wurde horizontal in<br />
die organische Auflage des Bodens eingeschoben <strong>und</strong><br />
zwar so, daß es etwa 2 cm dick mit Streu bedeckt war.<br />
Die natürliche Lagerung des organischen Materials<br />
blieb dabei weitgehend ungestört. Das andere Reagenzglas<br />
wurde mit einem Strahlungsschutz versehen<br />
in 2 m Höhe befestigt. Dazu wählten wir folgende Vorrichtung:<br />
Je 3 Holzlatten von 60 cm Länge wurden in<br />
Form eines gleichseitigen Dreiecks verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> so<br />
am Baum angenagelt, daß die freie Spitze nach Norden<br />
zeigte (siehe Abb. 13). Nahe dem äußeren Ende des<br />
unteren, schrägen Schenkels wurden zwei Nägel eingeschlagen<br />
<strong>und</strong> an ihnen das Reagenzglas mit Hilfe<br />
dünner Drähte in der Längsrichtung verankert. Das<br />
Glas befand sich jeweils zwei Meter über dem Boden.<br />
Ein dünnes Aluminiumblech, das an der Latte angenagelt<br />
war, wurde dann zu einer Röhre zusammengebogen.<br />
Das aufgehängte Reagenzglas hing frei in der Luft,<br />
es berührte weder das Blech noch das Holz.<br />
Ein derartiges Rohr aus Aluminium-Blech als Strahlungsschutz<br />
hat sich bei der Messung der Lufttempe-
atur mit Thermometern bewährt. (BAUER <strong>und</strong><br />
BUSCHNER 1955). Falls beispielsweise die Sonne auf<br />
das Rohr scheint, entsteht sofort ein Konvektionsstrom,<br />
der das Meßgerät belüftet. Die mit einer solchen<br />
Vorrichtung gemessenen wirksamen MitteItemperaturen<br />
sind also eindeutige Funktionen der Lufttemperatur<br />
im Stammraum des jeweiligen Bestandes.<br />
Die Reagenzgläser mit der eingefrorenen Rohrzuckerlösung<br />
verteilten wir am 1. Juni 1970 mit Kühltaschen<br />
im Gelände. Die letzten Gläser, die am Abend ausgebracht<br />
wurden, enthielten noch Eisreste. Die Uhrzeit<br />
der Ausbringung wurde bei jeder Station notiert. Am 1.<br />
September 1970 sammelten wir die Gläser in derselben<br />
Reihenfolge, in der wir sie ausgebracht hatten,<br />
wieder ein. Die Uhrzeiten sind festgehalten, der Transport<br />
erfolgte wiederum in Kühltaschen. Anschließend<br />
froren wir die Proben sofort in der Kühltruhe ein <strong>und</strong> lagerten<br />
sie hier bis zur Messung der Drehwinkel.<br />
Erst im Dezember 1970 konnte die weitere Auswertung<br />
erfolgen. Die Firma Zeiss, Oberkochen, stellte uns<br />
dankenswerterweise ein Kreispolarimeter 0,01 0 leihweise<br />
zur Verfügung <strong>und</strong> ermöglichte dadurch erst die<br />
Messungen. Das Gerät war mit einer Hg-Spektrallampe<br />
<strong>und</strong> 200 mm langen Polarimeterröhren mit Einfüllstutzen<br />
ausgerüstet.<br />
Die Reagenzgläserwurden aus der Kühltruhe genommen, ihr<br />
Inhalt auf etwa 20° erwärmt <strong>und</strong> bei dieser Temperatur eine<br />
St<strong>und</strong>e lang aufbewahrt (SCHMITZ 1964). Den Drehwinkeljeder<br />
Probe maßen wir 3 mal <strong>und</strong> bildeten dann das Mittel. Vor<br />
<strong>und</strong> nach den in rascher Folge durchgeführten Messungen<br />
wurde die Temperatur der Probeflüssigkeit abgelesen.<br />
(SCHMITZ 1964) <strong>und</strong> die beiden Werte ebenfalls gemittelt.<br />
Nach jeder Probe entleerten wir die Polarimeterröhre, spülten<br />
sie mit der nächsten zu messenden Lösung aus <strong>und</strong> füllten<br />
diese erst dann ein. Unsere Reagenzgläser faßten fast<br />
doppelt soviel Lösung wie die Polarimeterröhre. Die Anfangdrehwinkel<br />
der Lösung wurden an 4 Proben bestimmt, die<br />
von Anfang an in zwei verschiedenen Kühltruhen gelagert<br />
waren; sie stimmten sehr gut überein.<br />
Die Berechnung der wirksamen Mitteltemperaturen<br />
für die einzelnen Proben führte für uns die Landesstelle<br />
für Gewässerk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> wasserwirtschaftliche Planung<br />
Baden-Württemberg in Karlsruhee nach einem<br />
von SCHMITZ entwickelten Rechenprogramm durch.<br />
Dieses Rechenprogramm berücksichtigt die von<br />
SCHMITZ (1964) veröffentlichte Verfeinerungen der<br />
PALLMANN-Methode.<br />
Ergebnisse der Messungen der wirksamen MitteItemperaturen<br />
der Luft<br />
Die wirksamen Mitteltemperaturen (Juli <strong>und</strong> August 1970)<br />
der Luft in 2 Meter Höhe, der organischen Bodendecke <strong>und</strong><br />
für einige Stationen auch des Bodens in 30 cm Tiefe wurden<br />
in <strong>Wald</strong>beständen (Norm: Fichten-Baumholz mittleren<br />
Schlusses) bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 18a ausführlich<br />
wiedergegeben. Dort sind auch für jede Station die<br />
Seehöhe, die Geländeklasse, die Geländeneigung, die Exposition<br />
sowie Altersphase (Stangenholz, Baumholz, Altholz)<br />
<strong>und</strong> Schlußgrad (dicht, mittel, locker) des betreffenden Bestandes<br />
angegeben. Mit den beiden letzten Angaben soll geprüft<br />
werden, inwieweit es gelungen ist, den Bestandseinfluß<br />
zu normieren.<br />
Die Geländeklassen waren folgendermaßen definiert:<br />
1. Tallagen mit Kaltluftstau } T .. I<br />
2. Hangta ··1 er<br />
a er<br />
3. Bergsättel<br />
4. Plateaulagen<br />
5. Gipfellagen<br />
Für die weitere Auswertung wurden die Geländeklassen teilweise<br />
noch zusammengefaßt oder nach Expositionen weiter<br />
untergliedert.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Meßergebnisse an den einzelnen Stationen<br />
sind zunächst nur Aussagen über die Wärmeverhältnisse<br />
an eben diesen Geländepunkten möglich.<br />
Damit allgemeinere Aussagen gemacht werden. können,<br />
ist den Zusammenhängen zwischen der wirksamen<br />
Mitteltemperatur <strong>und</strong> den Geländedaten, also<br />
Geländeklasse, Seehöhe, Geländeneigung <strong>und</strong> Exposition<br />
näher nachzugehen. Das geschah zunächst nur<br />
graphisch, dann aber durch das Entgegenkommen von<br />
Dr. J. BACHLER vom Institut für <strong>Wald</strong>ertragsk<strong>und</strong>e der<br />
Forstlichen Forschungsanstalt München auch regressionsanalytisch.<br />
Die methodischen <strong>und</strong> statistischen<br />
Fragen behandelt BACHLER anschließend in einem<br />
besonderen Absatz.<br />
Die Regressionsanalysen führten wir getrennt für die einzelnen<br />
Geländeklassen durch; soweit genügend Stationen vorhanden<br />
waren, unterteilten wir innerhalb der Geländeklassen<br />
nach 4 Haupt-Expositionen (ONO bis SO = Ost, aso bis SW<br />
= Süd, WSW bis NW = West, NNW bis NO = Nord). Die Expositionen<br />
wurden in Tälern nicht nach der Richtung des Tales<br />
sondern nach der unmittelbaren Umgebung der Station bestimmt.<br />
Als Ausgleichsfunktion für den Zusammenhang zwischen<br />
Höhenlage <strong>und</strong> wirksamer Mitteltemperatur wählten<br />
63
deeinflüsse zurück <strong>und</strong> es kommt daher die Abhängigkeit<br />
der Temperatur von der Meereshöhe am klarsten<br />
zum Ausdruck.<br />
Die Ausgleichsfunktion für die Hänge schneidet diejenige<br />
der Gipfellagen in etwa 1140 m Höhe: Oberhalb<br />
erscheinen die Gipfel etwas kühler, unterhalb wärmer<br />
als die Hänge (Abb. 15). Möglicherweise sind die Temperaturen<br />
im unteren Bereich der Hänge deshalb gedrückt,<br />
weil hier zahlreiche Stationen vorhanden sind,<br />
die bereits zu den Tälern überleiten. Die Kovarianzanalyse<br />
ergab bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%<br />
keine gesicherten Unterschiede zwischen den Geländeklassen<br />
der Hänge <strong>und</strong> der Gipfellagen (siehe Beitrag<br />
BACHLER).<br />
Da die Geländeklassen der Tallagen mit Kaltluftstau<br />
<strong>und</strong> der Hangtäler nicht durch eine scharfe Grenze getrennt,<br />
sondern durch allmähliche Übergänge verb<strong>und</strong>en<br />
sind, <strong>und</strong> da auch die gemessenen wirksamen Mitteltemperaturen<br />
gut zusammenpassen, wurden die<br />
beiden Geländeklassen im Verlauf der statistischen<br />
Auswertung als "Täler" zusammengefaßt. Die wirksamen<br />
Mitteltemperaturen der Täler liegen durchwegs<br />
unter denen der Gipfellagen oder der Hänge. Die Kovarianzanalyse<br />
ergab bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
von 5% gesicherte Unterschiede zwischen den Tälern<br />
einerseits <strong>und</strong> den Hängen bzw. Gipfellagen andererseits<br />
(siehe Beitrag BACHLER). Woher kommen diese<br />
Unterschiede?<br />
In den Hangtälern, die in die Hänge eingesenkt sind<br />
<strong>und</strong> die daher ein starkes Gefälle aufweisen, bleiben<br />
die Temperaturen beträchtlich hinter denen der benachbarten<br />
Hänge zurück (siehe Abb. 15). Das wird<br />
auch durch die Beobachtungen beim Abschmelzen<br />
der Schneedecke (Abschn. 3.1.9.3) <strong>und</strong> beim Austreiben<br />
der Buche (Absehn. 3.1.4.3.4) gestützt. Eine weitere<br />
Beobachtung weist in diese Richtung. Vielfach ist<br />
sogar an warmen Tagen zu spüren, daß ein Luftstrom in<br />
den Hangtälern bergab zieht, während an den Hängen<br />
der Wind bergauf weht. Die Hangtäler spielen also<br />
möglicherweise im System des Berg- <strong>und</strong> Talwindes<br />
eine besondere Rolle. Mindestens zeitweise scheinen<br />
hier Ausgleichsbewegungen gegen den tagsüber<br />
herrschenden Talwind stattzufinden. Teilweise wirken<br />
sich wohl solche Strömungen bis hinunter in die Tallagen<br />
mit Kaltluftstau aus. Dafür sprechen zum Beispiel<br />
die tiefen Temperaturen in dem Kessel, in dem sich einige<br />
Quellbäche zur Großen Ohe vereinigen (siehe<br />
66<br />
Karte Nr. 2).<br />
Erwartungsgemäß drückt sich der nächtliche Kaltluftstau<br />
in den Tallagen nicht erkennbar in der wirksamen<br />
Mitteltemperatur aus. Das zeigt z. B. besonders deutlich<br />
die Station Nr. 24 (Gebietsabschnitt 11, Abt. Föhrau),<br />
die sich in einer extremen Kaltluftstaulage befand. Die<br />
Station Nr. 9 des Netzes für die Messung der Minimum<br />
Temperaturen, an der regelmäßig die tiefsten Werte<br />
erreicht wurden, war ganz in der Nähe. Die gemessene<br />
wirksame Mitteltemperatur von 14,4°C eT läßt jedoch<br />
keine Besonderheiten erkennen, sie deckt sich fast mit<br />
dem an hand der Ausgleichsfunktion für die betreffende<br />
Höhenlage der Täler errechneten Wert.<br />
Warum also ist es in den Tallagen kühler als an Hängen<br />
oder auf Gipfeln? Die Frage ist wohl kaum endgültig zu<br />
beantworten. Wenigstens teilweise dürften die Täler<br />
weniger Strahlung erhalten, weil diese durch vorgelagerte<br />
Höhen abgeschirmt wird. Das würde vor allem für<br />
enge Täler, nicht aber für weite Talmulden gelten. Die<br />
Strahlungsunterschiede reichen daher zur Erklärung<br />
der geringen wirksamen Mitteltemperaturen in Tälern<br />
nicht aus. Eine größere Rolle dürfte ein anderer Umstand<br />
spielen. Es war bereits davon die Rede, daß ein<br />
sehr lebhafter Austausch zwischen der Luft im Stammraum<br />
des <strong>Wald</strong>es <strong>und</strong> der freien Atmosphäre stattfindet.<br />
Das trifft aber in den windruhigen Tallagen vermutlich<br />
weniger zu, als an Hängen oder auf Gipfeln. Infolge<br />
eines verminderten Luftaustausches könnten sich die<br />
Eigenarten des Bestandsklimas - niedrigere Temperaturen<br />
<strong>und</strong> geringere Tagesschwankungen - stärker auf<br />
die wirksame Mitteltemperatur auswirken, als bei anderen<br />
Geländeformen. Auch hier wären enge Täler<br />
stärker betroffen als weite, was sich in den Meßergebnissen<br />
anzudeuten scheint. Inwieweit diese Überlegung<br />
auch für die Hangtäler zutrifft, erscheint fraglich.<br />
Die Tatsache, daß im Stammraum des <strong>Wald</strong>es in Tallagen<br />
mit Kaltluftstau wie auch in Hangtälern geringere<br />
wirksame Mitteltemperaturen auftreten, als beispielsweise<br />
an Hängen, ist gesichert, wenn auch die Ursachen<br />
nicht eindeutig anzugeben sind.<br />
Plateaulagen <strong>und</strong> Bergsättel zeigen etwas niedrigere<br />
wirksame Mitteltemperaturen, als Hänge gleicher Höhenlage.<br />
Deutlich ist das zum Beispiel bei dem hochgelegenen<br />
Plateau zwischen Reschbachklause <strong>und</strong><br />
Schwarzbachklause im Gebiets-Abschnitt VI. Für weitergehende<br />
Aussagen ist die Zahl der Meßwerte zu gering.
Die Aufteilung der Geländeklassen nach Expositionen<br />
brachte unterschiedliche Ergebnisse. Zwischen den<br />
Hauptexpositionen Nord, Ost, Süd, West innerhalb der<br />
Täler (Tallagen mit Kaltluftstau <strong>und</strong> Hangtäler) bestehen<br />
bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% keine<br />
gesicherten Unterschiede. Das ist nicht verw<strong>und</strong>erlich,<br />
da die Ausgleichfunktionen fast identisch sind.<br />
Für die vier Hauptexpositionen der Hänge ergibt die<br />
Kovarianzanalyse bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
von 5% gesicherte Unterschiede (Abb. 16). Man sollte<br />
diesen Bef<strong>und</strong> aber nicht überbewerten. In Höhenlagen<br />
von etwa 900 m aufwärts gibt die Ausgleichsfunktion<br />
für die Südhänge die höchsten, diejenige für die<br />
Nordhänge die niedrigsten eT-Werte. Die Ost- <strong>und</strong><br />
West-Hänge ordnen sich hier dazwischen ein. Unterhalb<br />
einer Höhe von etwa 900 m ergeben sich für die<br />
Süd hänge geringere Temperaturen, als für die Ost-<strong>und</strong><br />
Westhänge. Die Ursache dieser Abweichung ist nicht<br />
klar.<br />
Wie sehr nicht ohne weiteres faßbare Zufälligkeiten die<br />
Lage der Ausgleichsfunktionen verändern können,<br />
zeigt das Beispiel der West hänge. Je nachdem, ob man<br />
die zwei Stationen aus Frauenberg, deren Werte aus<br />
dem Rahmen fallen, einbezieht oder nicht, ergeben<br />
sich deutlich verschiedene Ausgleichsfunktionen (s.<br />
Abb.16).<br />
Als wesentliches Ergebnis ist festzuhalten, daß sich in<br />
dem gut mit Stationen besetzten Bereich der Hanglagen<br />
etwa zwischen 800 <strong>und</strong> 1300 m Höhe im Stammraum<br />
der Bestände nur auffallend geringe Differenzen<br />
der wirksamen Mitteltemperatur in Abhängigkeit von<br />
der Exposition ergeben. Nord- <strong>und</strong> Südhänge unterscheiden<br />
sich bei gleicher Höhenlage im Durchschnitt<br />
nur etwa um 0,3 bis 0,6 0 eT; das entspricht einem Höhenunterschied<br />
von etwa 50 bis 100 m. Die Unterschiede<br />
sind damit etwas geringer als zwischen Hanglagen<br />
<strong>und</strong> Tälern, die im Durchschnitt eine Temperaturdifferenz<br />
von 0,5 bis 0,70 eT aufweisen (s. Abb. 15).<br />
Vergleich der wirksamen Mitteltemperatur der Luft<br />
mit den Temperaturmessungen des Wetterdienstes<br />
An drei Stationen des Deutschen Wetterdienstes, auf<br />
dem Großen Falkenstein, in Freyung <strong>und</strong> in Zwieselberg<br />
war je ein PALLMANN-Röhrchen vom 1. Juli bis 1.<br />
September 1970 in der Wetterhütte untergebracht.<br />
Gleichlaufend zu den eT-Werten liegen also Messungen<br />
der Lufttemperatur zu den üblichen Terminen sowie<br />
Maxima <strong>und</strong> Minima vor. Die Mitteltemperaturen<br />
der Luft in den Monaten Juli <strong>und</strong> August 1970 sowie die<br />
langjährigen Mittel dieser Monate enthält die folgende<br />
Übersicht:<br />
Mitteltemperatur der Monate Juli <strong>und</strong> August<br />
Station langjähriges Mittel Mittel<br />
(1931-1960)<br />
1970<br />
Großer Falkenstein (1307 m) 11 ,9<br />
Freyung (655 m) 15,7<br />
Zwieselberg (615 m)<br />
Passau-Oberhaus (409 m) 17,4<br />
Es wurde bereits eingehend begründet, warum die eT<br />
Werte nicht in Mitteltemperaturen umgerechnet werden<br />
können. Für die 8 PALLMANN-Stationen auf Berggipfeln<br />
soll das nun trotzdem überschlägig geschehen,<br />
um wenigstens eine Größenordnung für den Vergleich<br />
der eT-Werte mit den Mittelwerten der Lufttemperatur<br />
zu geben. Die Gipfelstationen erscheinen am geeignetsten,<br />
weil hier der Geländeeinfluß - der sich auch in<br />
68<br />
11,5<br />
15,7<br />
15,0<br />
16,9<br />
unterschiedlichen Tagesschwankungen auswirkt - am<br />
geringsten ist.<br />
Die Beziehung zwischen dem Mittel der Lufttemperatur<br />
während der Monate Juli <strong>und</strong> August 1970 <strong>und</strong> der<br />
wirksamen Mitteltemperatur geht aus Abb. 17 hervor.<br />
Mit Hilfe der entsprechenden Regressionsgleichung<br />
sind die eT-Werte der Gipfellagen in "Mitteitemperaturen"<br />
umgerechnet (Abb. 18). Außerdem enthält die Ab-
Abb. 18: Vergleich der Mittelwerte der Lufttemperatur im Juli <strong>und</strong><br />
August 1970 nach Messungen des Wetterdienstes mit Messun·<br />
gen an PALLMANN·Stationen in Gipfellagen (Erklärung<br />
Seehöhe im Text)<br />
m<br />
72<br />
1500<br />
1400<br />
1300<br />
1200<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
10<br />
amtliche Meßstelien<br />
PALLMANN-Stationen(eT)<br />
in Gipfellagen näherungsweise<br />
auf·e umgerechnet<br />
--e T um gerechnet} Ausgleichs-<br />
-- - - amtl.Meßwerte geraden<br />
IS 20 t ·C<br />
bildung die Mitteltemperaturen der Stationen Großer<br />
Falkenstein, Freyung, Zwieselberg <strong>und</strong> Passau-Oberhaus<br />
während desselben Zeitraums. Für beide Serien<br />
von Werten sind die Regressionsgeraden berechnet.<br />
Sie differieren über den ganzen Höhenbereich hinweg<br />
nur um 0,2°C. Aus den eT-Werten, die in Beständen gewonnen<br />
wurden, ergeben sich etwas geringere "Mitteitemperaturen",<br />
als an den amtlichen Stationen.<br />
Karte der wirksamen Mitteltemperatur der Luft<br />
Aufgr<strong>und</strong> der relativ zahlreichen Meßwerte (99 innerhalb<br />
des <strong>Nationalpark</strong>gebietes) <strong>und</strong> der straffen Korrelationen,<br />
die zwischen der wirksamen Mitteitemperatur<br />
bestimmter Geländeklassen <strong>und</strong> der Seehöhe bestehen,<br />
war es möglich, eine Karte der Temperaturverteilung<br />
im Stamm raum des <strong>Wald</strong>es während der Monate<br />
Juli <strong>und</strong> August 1970 zu zeichnen (Karte Nr. 2). In<br />
ihrer Lage etwas unsichere Grenzlinien sind gestrichelt.<br />
Das trifft vor allem für die Trennlinie zwischen<br />
dem Bereich mit Temperaturen von über 15°eT bzw.<br />
unter 15°eT westlich des Sagwassers zu, die bei bewegtem<br />
Relief gerade dort zu ziehen war, wo nur wenige<br />
Meßstationen bestanden.<br />
Die Karte Nr. 2 könnte eine Hilfe für die verschiedensten<br />
ökQlogischen Untersuchungen sein. Was bei der<br />
Interpretation zu beachten ist, wurde bereits im Absatz<br />
über die Methodik ausführlich besprochen.<br />
Ergebnisse der Messungen der wirksamen<br />
Mitteltemperatur im Humus<br />
Das organische Material, das von den Bäumen eines<br />
<strong>Wald</strong>es abgefallen ist, also Äste, Rindenteile, Blätter<br />
<strong>und</strong> Nadeln, unterliegt vielfältigen Abbau- <strong>und</strong> Umsetzungsprozessen.<br />
Art <strong>und</strong> Geschwindigkeit dieser Vorgänge<br />
haben große Bedeutung für die Bodenentwicklung,<br />
für die Bodentiere <strong>und</strong> für die Ernährung der<br />
Pflanzen. Unter den klimatischen Faktoren ist es im<br />
feucht-kühlen <strong>Klima</strong> des Bayerischen <strong>Wald</strong>es vor allem<br />
das Wärmeangebot, das die chemischen <strong>und</strong> biologischen<br />
Vorgänge in der organischen Bodendecke<br />
stark beeinflußt. Messungen der wirksamen Mitteitemperatur<br />
können daher die Beurteilung der hier - in der<br />
ökologisch äußerst wichtigen Grenzzone zwischen Atmosphäre<br />
<strong>und</strong> Boden - ablaufenden Prozesse erleichtern.
An jeder der PALLMANN-Stationen war ein Reagenzglas<br />
in der organischen Bodendecke untergebracht. Es<br />
wurde so in die möglichst ungestörte Streu eingeschoben,<br />
daß es etwa 2 cm dick mit organischem Material<br />
bedeckt war. Da es sich durchwegs um Fichtenbestände<br />
handelte, konnten die Röhrchen so ziemlich gleichartig<br />
untergebracht werden. Es sollte möglichst keine<br />
Bodenvegetation vorhanden sein. Die unmittelbare<br />
Umgebung der Wurzelstöcke war zu meiden.<br />
Die Ergebnisse der Messungen gehen wieder aus der<br />
Tabelle 20 hervor. Aus Tabelle 22 sind die Resultate der<br />
statistischen Auswertungen zu entnehmen.<br />
Es war zu erwarten, daß die Unterschiede in der Bestandsdichte<br />
sich auf die wirksame Mitteltemperatur in<br />
der organischen Bodendecke ("Humus") weit stärker<br />
auswirken, als auf diejenige der Luft. Bei den Auswertungen<br />
erscheint die Altersphase aber nur zwei Mal unter<br />
den im Verlauf der Regressionsanalyse nicht ausgeschiedenen<br />
Faktoren (Tab. 22). Bei den Hängen aller<br />
Expositionen <strong>und</strong> bei den Süd hängen bleibt jeweils die<br />
Altersphase übrig. Diese Faktoren erscheinen mit positiven<br />
Koeffizienten, das heißt je älter <strong>und</strong> damit lichter<br />
ein Bestand ist, desto höhere eT-Werte finden wir im<br />
Humus. Die erfaßten Bestandsdaten zeigen also einen<br />
kaum stärkeren Einfluß auf die wirksamen Mitteitemperaturen<br />
im Humus als auf diejenige der Luft. Das<br />
rührt vermutlich daher, daß die nicht erfaßten Unterschiede<br />
der Bestände eine große Rolle spielen. Es ist<br />
sicherlich wichtig, ob beispielsweise die Sonne durch<br />
Lücken im Kronendach längere oder kürzere Zeit unmittelbar<br />
auf die Stelle scheint, an der das Röhrchen in<br />
der Bodendecke liegt. Der Bestandseinfluß macht sich<br />
daher weniger in deutlichen Zusammenhängen mit<br />
den erfaßten Bestandsdaten bemerkbar, als vielmehr<br />
in einer wesentlich größeren Streuung der Meßwerte.<br />
Der Faktoren Hangneigung <strong>und</strong> Schlußgrad wurden<br />
bei allen Rechengängen der Regressionsanalyse ausgeschaltet.<br />
Die Meßwerte von Gipfellagen, von Bergsätteln <strong>und</strong><br />
Plateaus <strong>und</strong> von den Hängen, lassen trotzdem den<br />
Einfluß der Meereshöhe noch ganz klar erkennen (Tab.<br />
22). Für die Geländeklasse der Hänge sind die Ausgleichsfunktionen<br />
der eT-Werte von Luft <strong>und</strong> Humus in<br />
Abb. 19 dargestellt.<br />
Bei den Tälern ist die Streuung der Werte so groß, daß<br />
meist nicht einmal eine Abhängigkeit von der Höhenlage<br />
deutlich wird (Tab. 22).<br />
74<br />
Die Meßwerte der Hänge <strong>und</strong> der Täler wurden wieder<br />
nach den 4 Hauptexpositionen aufgegliedert. In beiden<br />
Fällen ergab die Kovarianzanalyse bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit<br />
von 5% keine gesicherten Unterschiede<br />
zwischen den Expositionen.<br />
Ergebnisse der Messungen der wirksamen<br />
Mitteltemperatur in 30 cm Bodentiefe<br />
Um wenigstens einige Anhaltspunkte für die Temperaturen<br />
im Haupt-Wurzelraum zu bekommen, vergruben<br />
wir bei 8 PALLMANN-Stationen je ein Reagenzglas mit<br />
Meßlösung 30 cm tief im Boden. Das Reagenzglas wurde<br />
von einer kleinen Grube aus horizontal in den möglichst<br />
ungestörten Boden eingebracht. Mehr als 8 Messungen<br />
dieser Art wären wegen des großen Arbeitsaufwandes<br />
nicht möglich gewesen.<br />
Die Meßergebnisse sind in Tab. 18a wiedergegeben<br />
<strong>und</strong> in Abb. 19 dargestellt. Auch hier ist der Einfluß der<br />
Seehöhe zu erkennen. Für eine weitere Diskussion ist<br />
die Zahl der Meßwerte zu gering.<br />
Bemerkungen zur Statistischen Auswertung von<br />
JOACHIM BACHLER<br />
Der Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen wird<br />
zweckmäßigerweise durch eine Korrelationsrechnung<br />
geprüft. Dabei gibt der Korrelationskoeffizient r die<br />
Straffheit der Beziehung an, die um so größer ist, je<br />
mehr er sich dem Wert 1,0 nähert. Das Vorzeichen des<br />
Koeffizienten sagt zusätzlich, ob eine gleichgerichtete<br />
oder eine gegenläufige Beziehung besteht, ob mit dem<br />
Steigen der Werte des einen Merkmals sich auch die<br />
beobachteten Größen des anderen Merkmals erhöhen<br />
oder ob sie kleiner werden.<br />
Über die kausalen Zusammenhänge zwischen den beiden<br />
Merkmalen sagt die Korrelationsrechnung nichts<br />
aus. Welches Merkmal unabhängig <strong>und</strong> welches abhängig<br />
ist, muß aus der Versuchsanlage hervorgehen.<br />
Ebenfalls ist es nicht möglich, eine Voraussage zu machen,<br />
um wieviel Einheiten sich das abhängige Merkmal<br />
y verändert, wenn das unabhängige Merkmal x um<br />
eine Einheit vergrößert wird. Das ist nur nach der Berechnung<br />
einer Ausgleichslinie, der sogenannten Regressionslinie<br />
möglich. Diese Regressionsrechnung<br />
kann auch bei mehreren Unabhängigen durchgeführt<br />
werden, um Mehrfachbeziehungen zu ermitteln <strong>und</strong>
um festzustellen, welche der unabhängigen Merkmale<br />
von besonderem Einfluß auf das abhängige Merkmal<br />
sind.<br />
Bei den hier zu untersuchenden Zusammenhängen<br />
war die Regressionsanalyse eine geeignete statistische<br />
Methode. Ein an der Rechenanlage des Landwirtschaftsministeriums<br />
in München laufendes Computerprogramm<br />
übernahm die komplizierten Berechnungen.<br />
Dazu mußten folgende Voraussetzungen gegeben<br />
sein:<br />
1. Das Programm berechnet eine Regressionsfunktion<br />
der allgemeinen Form<br />
y = a + b . X1 + C • X2 + ...<br />
Die Ausgangsdaten müssen also durch Umwandlung<br />
in eine Form gebracht werden, die einen linearen<br />
Ausgleich zuläßt. Die Exponentialfunktion führt<br />
erwartungsgemäß bei Zusammenhängen im Bereich<br />
der Naturwissenschaften zu guten Ergebnissen,<br />
besonders auch auf biologischen Gebieten. Daher<br />
wurde im vorliegenden Fall ein halblogarithmischer<br />
Ansatz der Form<br />
y = a + b . Inx1 + c . Inx2 + ..<br />
gewählt.<br />
2. Das dem Programm zugr<strong>und</strong>e liegende Verfahren<br />
verlangt sowohl als x- als auch als y-Werte sich stetig<br />
verändernde Merkmale, sogenannte Variablen.<br />
Diskrete Noten, wie z. B. Schlüsselzahlen für Baumarten<br />
oder für Herkünfte, sind dazu nicht geeignet.<br />
Es ist jedoch möglich, Werte zu verwenden, die Ausdruck<br />
von gewissen Klassifikationen des Merkmals<br />
sind. Bei den Merkmalen Altersphase <strong>und</strong> Schlußgrad<br />
trifft das zu. Damit konnten auch diese Unabhängigen<br />
in die Berechnungen einbezogen werden.<br />
Das vorliegende FORTRAN IV - Programm BMD 02 R,<br />
mit dem die statistischen Auswertungen weitgehend<br />
berechnet wurden, führt eine schrittweise Regressionsanalyse<br />
durch. Von allen möglichen Unabhängigen<br />
wird zuerst diejenige in die Regression einbezogen,<br />
die den höchsten Anteil zur Erklärung der Abhängigen,<br />
also des y-Wertes, beiträgt. Mit jedem weiteren<br />
Schritt wird die im Restfeld beste Variable dazugenommen.<br />
Die Bedeutung der Variablen wird durch einen<br />
F-Wert ausgedrückt, der sich nach jedem Schritt<br />
sowohl in der Funktion als auch im Feld der noch nicht<br />
einbezogenen Variablen ändern kann. Durch Begrenzung<br />
dieses F-Wertes auf eine dem Versuchsumfang<br />
in etwa angemessene Höchstgröße kann die Berech-<br />
nung abgebrochen werden, sobald alle statistisch<br />
wichtigen Unabhängigen in die Funktion einbezogen<br />
worden sind. Dadurch war es in den hier vorliegenden<br />
Auswertungen möglich, daß von den vier Unabhängigen<br />
Altersphase, Schlußgrad, Seehöhe <strong>und</strong> Neigung<br />
nur eine oder zwei in die Regressionsgleichung Eingang<br />
fanden.<br />
Die Ergebnisse der Regressionsanalyse zeigen allgemein<br />
sehr enge Beziehungen zwischen den Unabhängigen,<br />
insbesondere der Seehöhe, <strong>und</strong> der wirksamen<br />
Mitteltemperatur. Dabei sind besonders bei Teilbereichen<br />
mit nur wenigen Beobachtungen die hohen Korrelationskoeffizienten<br />
bemerkenswert, wenn es sich<br />
um die wirksame Mitteltemperatur der Luft handelt.<br />
Beim Humus sind die Zusammenhänge nicht so ausgeprägt.<br />
Die Gründe dafür hat schon ELLING besprochen.<br />
Als Besonderheit ist noch die Mehrfachkorrelation von<br />
1,0000 bei den Tallagen Nord (Tab. 21) zu erwähnen.<br />
Sie wird durch eine hohe Korrelation von 0,98 zwischen<br />
der See höhe <strong>und</strong> der Neigung bewirkt <strong>und</strong> ist insofern<br />
kein reguläres Rechenergebnis, als im regressionsanalytischen<br />
Ansatz derartige Interkorrelationen nicht<br />
erlaubt sind.<br />
Beim vorliegenden Problem war es weiter notwendig,<br />
Unterschiede zwischen den Geländeklassifikationen<br />
sowie zwischen Expositionen zu prüfen. Nachdem die<br />
Regressionsanalyse gezeigt hat, daß die wirksame Mitteltemperatur<br />
der Luft überall mindestens von der<br />
Seehöhe abhängig ist, war es nicht mehr angebracht,<br />
nur die Mittelwerte miteinander zu vergleichen. Bei<br />
derart engen Beziehungen muß davon ausgegangen<br />
werden, daß die Mittelwerte ebenfalls beeinflußt sind.<br />
Man muß daher mit dem Verfahren der Kovarianzana<br />
IY8e zuerst den Einfluß der Kovarianten, in diesem Falle<br />
der Seehöhe, ausschalten <strong>und</strong> so die Mittelwerte korrigieren,<br />
bevor ein Vergleich der Mittelwerte untereinander<br />
möglich ist.<br />
Ein weiteres Programm (BMD 04 V) erlaubt diese<br />
Berechnung. Danach sind z. B. gesicherte Differenzen<br />
zwischen den drei Ausgleichsfunktionen der Abb. 15<br />
vorhanden, wobei sich allerdings nur die Täler von den<br />
anderen beiden Geländeklassen abheben, zwischen<br />
denen keine gesicherten Unterschiede bestehen. Das<br />
Verfahren prüft allerdings nicht die Steigungen der<br />
Funktionen, sondern nur deren Höhe im Bereich der<br />
mittleren x-Werte.<br />
75
3.1.4.3.4 Phänologische Beobachtungen<br />
an der Buche<br />
Kartierung des Buchenaustriebs 1970<br />
Aus Untersuchungen von ENGLER (1911), GEIGER,<br />
WOELFLE <strong>und</strong> SEIP (1933/34) <strong>und</strong> BAUMGARTNER,<br />
KLEINLEIN <strong>und</strong> WALDMANN (1956) wissen wir, daß<br />
enge Zusammenhänge zwischen den Temperaturverhältnissen<br />
<strong>und</strong> dem Zeitpunkt des Austreibens der<br />
Buche wie auch anderer Pflanzen bestehen. Verfolgt<br />
man das Austreiben der Buche durch wiederholte Kartierungen,<br />
so ergibt sich daraus eine Gliederung des<br />
Geländes in Bereiche mit unterschiedlichen Temperaturverhältnissen.<br />
Dies läßt sich gr<strong>und</strong>sätzlich feststellen,<br />
obwohl die Zusammenhänge zwischen den Temperaturen<br />
<strong>und</strong> dem Austreibezeitpunkt noch nicht klar<br />
zu übersehen sind; das Problem wird weiter unten diskutiert.<br />
Eine solche phänologische Karte ist eine Hilfe bei der<br />
ökologischen Beurteilung eines Gebietes. Zwar fällt an<br />
einem bestimmten Ort der Zeitpunkt des Austreibens<br />
von Jahr zu Jahr anders - je nach der Witterung. Aus<br />
zwölf jährigen Beobachtungen von ENGLER (1911) in<br />
der Schweiz (660-700 m NN) ist zu ersehen, daß der<br />
Eintrittstermin für eine bestimmte phänologische<br />
Phase der Buche um etwa 3 Wochen differieren kann.<br />
Soweit heute bekannt ist, wiederholt sich aber von Jahr<br />
zu Jahr die Reihenfolge, in der der Buchenaustrieb<br />
bestimmte Geländeteile erfaßt. Das haben beispielsweise<br />
HARTMANN, VAN EIMERN <strong>und</strong> JAHN (1959) im<br />
Harz beobachtet. Auch im <strong>Nationalpark</strong> vollzog sich<br />
1971 <strong>und</strong> 1972 die Entwicklung in derselben Abfolge<br />
wie 1970.<br />
Die Kartierung des Buchenaustriebs im Frühjahr 1970<br />
brachte außerdem wertvolle Hinweise auf Unterschiede<br />
in den Temperaturverhältnissen, die dann bei<br />
der Messung der wirksamen Mitteltemperaturen nach<br />
PALLMANN im Sommer 1970 <strong>und</strong> bei der Messung der<br />
Minimumtemperaturen im Frühjahr 1971 näher untersucht<br />
wurden.<br />
Die Geländeaufnahmen führten die Revierbeamten der<br />
staatlichen Forstämter am 15. Mai 1970, am 20. Mai 1970 <strong>und</strong><br />
am 5. Juni 1970 durch; jede Kartierung benötigte also nur<br />
einen Tag . Das ist wesentlich, da sich bei warmem Wetter das<br />
Bild von einem Tag auf den anderen schon deutlich ändern<br />
kann.<br />
76<br />
Nach der Beobachtungsanleitung zeichneten die Revierbeamten<br />
in eine Karte 1:10000 ihres Reviers diejenigen Flächen<br />
ein, auf denen 25% der hauptständigen Buchen die<br />
ersten entfalteten Blätter zeigten. Diese Abgrenzung erwies<br />
sich als zweckmäßig. Ob die Blattspreite entfaltet ist oder<br />
nicht, läßt sich auf größere Entfernung feststellen. Obwohl<br />
die individuellen Unterschiede im Austreibezeitpunkt bei der<br />
Buche nicht sehr groß sind, gibt es doch einzelne Exemplare,<br />
die vorauseilen, deshalb wurden 25% der hauptständigen<br />
Bäume mit entfalteten Blättern verlangt, wenn ein Bestand<br />
als "ausgetrieben" bezeichnet werden sollte. Bei dieser Definition<br />
entstanden keine wesentlichen Differenzen an den<br />
Reviergrenzen.<br />
Buchen im Jungwuchs- <strong>und</strong> Dickungsstadium, die später als<br />
ältere Buchen austreiben, sowie nebenständige Buchen wurden<br />
nicht berücksichtigt. Der Buchen-Nebenbestand unter<br />
Altbuchen schlägt regelmäßig früher aus als die hauptständigen<br />
Bäume. ENGLER (1911) hat in einer gründlichen Arbeit<br />
nachgewiesen, daß Schattenformen der Buche eher treiben<br />
als Lichtformen. Das frühere Austreiben unterständiger<br />
Buchen ist also nicht allein eine Folge des Bestandsklimas.<br />
Die nebenständige Buche unter der Fichte begrünte sich<br />
1970 gleichzeitig mit der hauptständigen Buche.<br />
Während sich die Buche bei den Aufnahmen im Jahre 1970<br />
für eine kartenmäßige Abgrenzung bestimmter phänologischer<br />
Phasen als sehr geeignet erwies, brachte ein entsprechender<br />
Versuch mit der Fichte keine klaren Ergebnisse.<br />
Infolge großer individueller Unterschiede erschienen an einzelnen<br />
Fichten gleichzeitig über große Höhenbereiche hinweg<br />
die jungen Triebe. Die Vorschrift, nur Bestände einzubeziehen,<br />
in denen 25% der Bäume die ersten jungen Triebe<br />
zeigten, war dann nur schwer anwendbar. An den Reviergrenzen<br />
entstanden bedeutende Sprünge in der Karte. Auf eine<br />
Auswertung mußte daher verzichtet werden.<br />
Zeitlicher Ablauf des Buchenaustriebs 1970<br />
Das Ergebnis der Aufnahmen liegt in Karte Nr. 3 vor.<br />
Hierzu nur einige Ergänzungen über den Ablauf des<br />
Austreibens der hauptständigen, älteren Buchen.<br />
Bereits am 27. April begannen die Buchen bei Kelheim<br />
(ca. 400 m NN) auszutreiben. Ein Kaltlufteinbruch<br />
brachte am 30. April 1970 Schneefall bis in die Donauniederung<br />
herab <strong>und</strong> bremste die weitere Entwicklung.<br />
Am 4. Mai hatte die Blattentfaltung der Buche 450 m,<br />
am 8. Mai bei sehr warmem Wetter 700 m erreicht. Am<br />
10. Mai wurden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet in 800 m Höhe<br />
am Südhang die ersten belaubten Bäume beobachtet.<br />
Am 14. Mai hatten bis 800 m Höhe 25% der hauptstän-
digen Buchen die ersten entfalteten Blätter, waren also<br />
"ausgetrieben". Am 15. Mai, dem Tag der ersten kartenmäßigen<br />
Aufnahme, waren etwa 850 m Höhe erreicht.<br />
Die Karte zeigt aber nun ganz deutlich, daß der Austrieb<br />
nicht einfach der Meereshöhe entsprechend<br />
ansteigt. Noch nicht ausgetrieben war die Buche innerhalb<br />
dieses Bereiches bis 850 m Höhe:<br />
- An stärker geneigten Nordwest- bis Nordost-Hängen<br />
(teilweise auch O-Hängen) der Vorberge; an flachen<br />
<strong>und</strong> niedrigen Vorbergen waren keine Expositionsunterschiede<br />
festzustellen.<br />
- In den Tallagen mit Kaltluftstau - die uns bereits<br />
durch die Messungen der Minimumtemperatur<br />
bekannt sind.<br />
- Im Bereich der Hangtäler, deren kühles <strong>Klima</strong> die<br />
Messung der wirksamen Mitteltemperatur nach<br />
PALLMANN erwiesen hat.<br />
Ausgetrieben hatte die Buche am 15. Mai 1970 bereits<br />
in der Zone der gegen Südost bis Südwest (teilweise<br />
auch noch 0 <strong>und</strong> W) exponierten unteren Hanglagen,<br />
wie sie im Ostteil des <strong>Nationalpark</strong>s klar zu erkennen<br />
ist. Westlich der Kleinen Ohe teilt sich diese Zone in<br />
zwei Äste. Der eine folgt dem unteren Teil des Hauptanstiegs<br />
zum Grenzkamm. Der andere nimmt die<br />
sonnseitigen Expositionen der Vorberge ein. Vergleicht<br />
man mit der Karte der abschmelzenden<br />
Schneedecke vom 11. Mai 1970, so zeigt sich, daß der<br />
Buchenaustrieb zuerst diejenigen Flächen erfaßte, die<br />
am frühesten schneefrei geworden waren.<br />
Zwischen dem 15. <strong>und</strong> 20. Mai erfaßte der Buchenaustrieb<br />
rasch die gesamten Lagen unterhalb etwa 950 bis<br />
1000 m Höhe an den Sonnenhängen <strong>und</strong> unterhalb<br />
900 bis 950 m an den Schatthängen. Ausgenommen<br />
waren wiederum die höher gelegenen Täler mit Kaltluftstau<br />
sowie die Hangtäler. Am 5. Juni schließlich<br />
stand der Buchenaustrieb auf einer Höhe von 1100 bis<br />
1150 m, ohne erkennbare Unterschiede zwischen<br />
Nord- <strong>und</strong> Südhängen, jedoch mit dem üblichen Zurückbleiben<br />
der Hangtäler. Am 10. Juni hatten auch die<br />
obersten hauptständigen Buchen ausgetrieben.<br />
Aus der Karte des Buchenaustriebs geht deutlich hervor,<br />
daß an Südwest- bis Südosthängen die Buche früher<br />
ausschlug, als an Hängen anderer Richtungen. Die<br />
Austriebsgrenze lag an Südhängen höher als an Nordhängen:<br />
- am 15. Mai:<br />
- am 20. Mai:<br />
- am 5. Juni:<br />
mehr als 50 m, da freie Nordhänge<br />
in dieser Höhenlage fehlen,<br />
ist der Betrag nicht festzustellen.<br />
etwa 50 m<br />
kein Unterschied.<br />
Anfangs bestanden also im Jahre 1970 bedeutende<br />
Unterschiede; diese verwischten sich später, mit dem<br />
Ansteigen des Bu-Austriebs gegen die Berggipfel,<br />
mehr <strong>und</strong> mehr. Es sollte überprüft werden, ob diese<br />
Beobachtungen allgemeine Bedeutung besitzen, oder<br />
auf Besonderheiten des untersuchten Geländes oder<br />
des Jahres 1970 zurückgehen. Das Gelände des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
ist jedoch hierfür ungeeignet, da zu<br />
wenig Nordhänge vorhanden sind.<br />
Die angeführten Beobachtungen, die besagen, daß die<br />
Buche am Südhang früher austreibt, als an anderen<br />
Expositionen, insbesondere nördlichen, decken sich<br />
mit den Ergebnissen, die GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP<br />
(1934) am Großen Arber <strong>und</strong> BAUMGARTNER, KLEIN<br />
LEIN <strong>und</strong> WALDMANN (1956) am Großen Falkenstein<br />
erhielten. Sie stehen jedoch im Widerspruch zu ENG<br />
LER (1911), der berichtet, daß die Buche nach Beobachtungen<br />
in den Jahren 1904 bis 1910 in gleicher<br />
Höhe am Nordhang durchschnittlich um 6 Tage früher<br />
zu treiben begann <strong>und</strong> den Blattausbruch durchschnittlich<br />
um 9 Tage früher abschloß als am Südhang.<br />
Er selbst zieht daraus den Schluß, daß das <strong>Klima</strong> für<br />
den Blattausbruch nicht allein maßgebend sein kann.<br />
Durch Verpflanzungsversuche hat ENGLER nachgewiesen,<br />
daß Schattenformen der Buche früher austreiben<br />
als Lichtformen <strong>und</strong> diese Eigenschaft zunächst<br />
beibehalten, auch wenn man sie ins Freiland versetzt.<br />
Vermutlich hat also die Buche an den Nordhängen des<br />
Bürgenstocks <strong>und</strong> anderer steiler Berge Schattenformen<br />
entwickelt. An den Nordhängen in der MitteIgebirgslandschaft<br />
des Bayerischen <strong>Wald</strong>es ist das offenbar<br />
nicht der Fall.<br />
Die Blattentfaltung der Buche ist sehr witterungsabhängig<br />
(siehe auch ENGLER 1911). An kalten<br />
Schlechtwettertagen stockt die Entwicklung. So z. B.<br />
rückte die Austriebsgrenze vom 18. bis 24. Mai 1970<br />
nicht merklich von der Stelle. An warmen, heiteren<br />
Tagen schreitet die Entwicklung sehr rasch voran. Entsprechend<br />
der Witterung des jeweiligen Jahres ist<br />
auch die Zeitspanne vom Austreiben der Buche an den<br />
wärmsten Unterhängen bis zum Austreiben an der<br />
77
Beobachtungen über die Dauer der Vegetationszeit<br />
der Buche<br />
Der folgende Abschnitt stützt sich auf Tagebuchnotizen<br />
der Jahre 1970 <strong>und</strong> 1971 über den Laubausbruch<br />
im Frühjahr, sowie über die Laubverfärbung <strong>und</strong> den<br />
Laubabfall im Herbst. Die Beobachtungen erfolgten<br />
neben den anderen Außenarbeiten <strong>und</strong> beziehen sich<br />
auf die vorherrschende Südwest-Exposition.<br />
Im Gegensatz zum Laubausbruch, der an den wärmsten<br />
Unterhängen 3-4 Wochen früher beginnt als an<br />
der oberen Verbreitungsgrenze der Buche, treten Vergilben<br />
<strong>und</strong> Laubfall in den verschiedenen Höhen in nur<br />
geringem zeitlichen Abstand ein. Die Laubverfärbung<br />
wird möglicherweise durch Fröste <strong>und</strong> Kaltluftein-'<br />
brüche beschleunigt; dafür sprechen jedenfalls die Beobachtungen<br />
von 1970 <strong>und</strong> 1971. Für den zeitlichen<br />
Ablauf des Laubfalls im Herbst ist der Wind sehr<br />
wesentlich. Bei stürmischem Wetter können<br />
bestimmte Phasen des Laubabfalls im gesamten<br />
Höhenbereich des <strong>Nationalpark</strong>gebiets gleichzeitig<br />
eintreten (siehe Tab. 23). Bei ruhigem Wetter fällt oft<br />
tagelang kaum Laub ab.<br />
Von den Beobachtungen über Blattverfärbungen <strong>und</strong><br />
Laubfall, die nach dem von BAUMGARTNER, KLEIN<br />
LEIN <strong>und</strong> WALDMANN (1956) veröffentlichten Schlüssel<br />
erfolgten, ist in Tab. 23 nur eine Phase wiedergegeben.<br />
Die Zeitspanne zwischen dem Austrieb <strong>und</strong> dem<br />
Blattfall kann als Maß für die Dauer der Vegetationszeit<br />
der Buche in den einzelnen Höhenzonen dienen. Die<br />
Vegetationszeit ist in den unteren Hanglagen in 800 bis<br />
900 m Höhe am längsten. Sie nimmt nach unten hin zu<br />
den Kaltluftstaulagen <strong>und</strong> nach oben hin ab (Abb. 20).<br />
Die Vegetationszeit währte 1970 <strong>und</strong> 1971 in den günstigsten<br />
Lagen um 27 Tage länger als an der Obergrenze<br />
des Buchenvorkommens. BAUMGARTNER,<br />
KLEINLEIN <strong>und</strong> WALDMANN (1956), deren Definition<br />
für den Beginn der Vegetationszeit geringfügig von der<br />
hier verwendeten abweicht, erhielten im Jahr 1955<br />
eine Differenz von 42 Tagen.<br />
In den Jahren 1970 <strong>und</strong> 1971 traten keine Spätfröste<br />
auf, die die Buche schädigten. Bei den Beobachtungen<br />
von 1955 tötete dagegen ein Maifrost im Talgr<strong>und</strong> die<br />
gerade aufbrechenden Knospen ab <strong>und</strong> brachte hier<br />
eine zusätzliche Verkürzung der Vegetationszeit gegenüber<br />
den Hängen gleicher Höhenlage.<br />
80<br />
3.1.5 Bodentemperatur<br />
Neben den Temperaturen im Luftraum spielen die<br />
Bodentemperaturen für alle Pflanzen <strong>und</strong> auch viele<br />
Tiere eine wichtige Rolle. Leider lassen sich hierüber<br />
für den Bayerischen <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> speziell das <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
bisher nur bruchstückhafte Angaben<br />
machen. Es wird ein wichtiges Anliegen ökologischer<br />
Forschung sein, diese Lücke zu schließen.<br />
Über mehrjährige Beobachtungen des Bodenfrostes<br />
im Bayerischen <strong>Wald</strong> berichtet PRIEHÄUSSER (1939).<br />
Einige Angaben über Bodentemperaturen am Großen<br />
Falkenstein finden sich bei BAUMGARTNER <strong>und</strong> HOF<br />
MANN (1957). Zu Vergleichen können die mehrjährigen<br />
Messungen <strong>und</strong> Registrierungen der Bodentemperatur<br />
dienen, die AULITZKY (1961) in den Zentralalpen<br />
beiderseits der <strong>Wald</strong>grenze durchgeführt hat.<br />
Sein Untersuchungsgebiet lag zwischen 1820 <strong>und</strong><br />
2240 m See höhe. Oberhalb der <strong>Wald</strong>grenze bestimmen<br />
die reliefbedingten Unterschiede von Strahlung<br />
<strong>und</strong> Wind <strong>und</strong> der davon wieder abhängigen Schneebedeckungsdauer<br />
die Bodentemperaturen in erster<br />
Linie. An sonnseitigen Lagen kommt es im Sommer bei<br />
ungehinderter Einstrahlung <strong>und</strong> geringer Ventilation<br />
zu kurzzeitigen Überhitzungen der Bodenoberfläche<br />
(bis etwa 80° C). An windausgesetzten Standorten, wo<br />
sich keine ständige Schneedecke bildet, friert während<br />
des Winters der Boden tief durch. Im subalpinen Lärchen-Zirben-<strong>Wald</strong><br />
treten die primären Wirkungen des<br />
Reliefs gegenüber den Sek<strong>und</strong>ärwirkungen der Vegetation<br />
zurück. Windausgesetzte Standorte, an denen<br />
keine ständige winterliche Schneedecke entsteht, fehlen<br />
hier. Es treten daher nur geringe Bodenfröste auf.<br />
Wo große Sonneneinstrahlung, geringe Kronendekkung<br />
<strong>und</strong> starke Windabschirmung zusammentreffen,<br />
kommt es im Sommer zu oberflächlichen Bodenerhitzungen.<br />
Das durch den <strong>Wald</strong>bestand bedingte, feinverteilte<br />
Mosaik der Bodenoberflächentemperaturen<br />
wirkt sich jedoch in erster Linie in den hier zu beobachtenden<br />
oberflächlichen Maxima aus, jedoch nicht im<br />
Sinne eines unterschiedlichen Wärmegenusses für die<br />
Lebewesen im Wurzelraum oder in tieferen Bodenschichten.<br />
Hier finden sich nur sehr geringe Unterschiede<br />
in den Bodentemperaturen. Die Ergebnisse<br />
von AULITZKY sind ausführlicher wiedergegeben, weil<br />
sie, mindestens teilweise, auch für das <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
bedeutsam sind.
Eine Beobachtung soll noch angeführt werden. Die<br />
mächtigen Schneedecken, wie sie z. B. am 14. April<br />
1970 bei der Schneedichtenmessung (s. Abschn.<br />
3.193) in den Hochlagen anzutreffen waren, enthielten<br />
zahlreiche, mehr oder minder hart durchgefrorene,<br />
verharschte Schichten. Stets bestanden aber die unteren<br />
Zentimeter aus körnigem, nassem, firnähnlichem<br />
Schnee. Die Schneedecken tauten also offenbar an<br />
ihrer Untergrenze leicht. Bei keiner der Schneedichtemessungen<br />
wurde je eine gefrorene Bodenoberfläche<br />
beobachtet. Dieser Umstand ist für Bodenentwicklung<br />
<strong>und</strong> Hydrologie wesentlich.<br />
Die Messungen der wirksamen Mitteltemperatur nach<br />
der PALLMANN-Methode erstreckten sich auch auf<br />
den Boden. Von den mehr als 100 Stationen war jede<br />
auch mit einem Meßröhrchen ausgestattet, das in der<br />
organischen Auflage des Bodens, 2 cm mit Streu<br />
bedeckt, untergebracht war. An 8 Stationen war während<br />
des Meßzeitraums zusätzlich je 1 Röhrchen in 30<br />
cm Tiefe im Boden vergraben. Die Ergebnisse dieser<br />
Messungen sind in Abschnitt 3.1433 dargestellt.<br />
3.1.6 Luftfeuchte<br />
Der Wassergehalt der Luft übt einen starken Einfluß<br />
auf die Assimilation der Pflanzen aus. Nimmt die<br />
Atmosphäre kein weiteres Wasser auf, weil sie gesättigt<br />
ist, so stockt der Transpirationsstrom in den Pflanzen<br />
<strong>und</strong> mit ihm die Nährstoffzufuhr aus dem Boden.<br />
Übertrifft der Verdunstungsanspruch der Luft den<br />
Wassernachschub aus dem Boden, so sind die Pflanzen<br />
zum Schließen der Spaltöffnungen <strong>und</strong> damit zur<br />
Drosselung der Photosynthese gezwungen. Zwischen<br />
den beiden Extremen liegt der Bereich günstiger<br />
Wachstumsbedingungen. Die Unterschiede von Pflanzenart<br />
zu Pflanzenart <strong>und</strong> von Standort zu Standort<br />
sind jedoch erheblich.<br />
In unserem <strong>Klima</strong> kehrt etwa die Hälfte des Niederschlagswassers<br />
als Wasserdampf wieder in die Atmosphäre<br />
zurück. Der Wasserdampftransport aus der<br />
Atmosphäre zum Boden durch Tau <strong>und</strong> Reif ist dagegen<br />
geringfügig (GEIGER 1961). Der Wasserdampfstrom<br />
fließt im wesentlichen vom Boden in die Atmosphäre.<br />
Bei ökologischen Fragestellungen eignet sich zur Charakterisierung<br />
des Feuchtzustandes der Luft am<br />
besten die relative Luftfeuchte. Sie gibt das Verhältnis<br />
des Dampfdrucks zu dem von der Temperatur abhängigen<br />
Sättigungsdampfdruck an, also die Wassersättigung<br />
der Luft in %. Infolge der starken Temperaturabhängigkeit<br />
des Sättigungsdampfdrucks verläuft die<br />
Kurve des Tagesgangs der relativen Luftfeuchte im<br />
wesentlichen spiegelbildlich zur Kurve der Lufttemperatur.<br />
Der charakteristische Tagesgang des Dampfdrucks<br />
setzt sich hier nicht durch.<br />
GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP (1934) fanden am Großen<br />
Arber im Mai <strong>und</strong> Juni 1931 <strong>und</strong> 1932 an warmen<br />
<strong>und</strong> kalten Regentagen (maritime <strong>und</strong> polar-maritime<br />
Luftkörper) im Tagesmittel eine schwache Zunahme<br />
der relativen Luftfeuchte mit der Meereshöhe; sie<br />
betrug etwa 5% auf 800 m Höhenunterschied. An heiteren,<br />
trockenen Tagen (kontinentale Luftkörper), an<br />
denen sich schon in den Tagesmitteln der Lufttemperatur<br />
die Hänge als besonders warm abzeichnen, gilt<br />
entsprechend für die relative Feuchte: Die warmen<br />
Hanglagen sind trocken, nach oben hin nimmt die<br />
Feuchtigkeit zu, am feuchtesten ist es in den Tallagen,<br />
in denen nachts die stärkste Taubildung stattfindet.<br />
Etwas differenzierter wird das Bild, wenn wir uns den<br />
Tagesgängen zuwenden. Bei Zufuhr polar-maritimer<br />
Luftmassen nimmt die relative Feuchte tagsüber von<br />
unten nach oben zu, nachts herrscht in allen Höhen<br />
nahezu Sättigung. Die Tagesschwankung ist gering.<br />
Ganz anders an heiteren Tagen mit kontinentalen Luftmassen.<br />
In allen Höhenlagen ist dann die Tagesschwankung<br />
wesentlich größer. In der Tallage mit Kaltluftstau<br />
ist es nachts wesentlich feuchter <strong>und</strong> tags -<br />
aufgr<strong>und</strong> der hohen Temperaturen - wesentlich trokkener<br />
als in allen anderen Höhen. Die Tagesschwankung<br />
erreicht hier 60% (siehe Abb. 21). Die Tage mit<br />
maritimen Luftkörpern nehmen eine MittelsteIlung<br />
zwischen den beiden geschilderten Extremen ein.<br />
Das <strong>Klima</strong> der Tallagen mit Kaltluftstau weist also nicht<br />
nur bei der Lufttemperatur, sondern auch bei der relativen<br />
Luftfeuchte große Gegensätze auf.<br />
3.1.7 Nebel <strong>und</strong> Nebelniederschlag<br />
3.1.7.1 Nebel<br />
Untersuchungen von BAUMGARTNER (1958 b) verdanken<br />
wir genauere Einblicke in die Rolle, die der Nebel<br />
für den Bergwald spielt. Die Begriffe Wolken <strong>und</strong><br />
Nebel, die sich nur durch den Standpunkt des Beob-<br />
81
Zwar gebe'n Messungen mit solchen künstlichen Nebelfängern<br />
keine sichere Auskunft über die vom <strong>Wald</strong><br />
wirklich zurückgehaltenen Wassermengen, sie ermöglichen<br />
aber eine Aussage über die Bedeutung des Nebelniederschlags<br />
in verschiedenen Bereichen des untersuchten<br />
Geländes.<br />
Das Ergebnis seiner Messungen hat BAUMGARTNER<br />
in Abb. 23 anschaulich dargestellt. Auf dem exponierten<br />
Gipfel des Großen Falkenstein übertrifft im untersuchten<br />
Zeitraum der Nebelniederschlag den Regenniederschlag.<br />
Vom Gipfel abwärts läßt der Nebelniederschlag<br />
rasch nach. Unterhalb 1000 m NN wurde in<br />
den Geräten mit Nebelfänger durchwegs weniger Niederschlag<br />
gemessen als in normalen Regenmessern.<br />
Das ist auf Verluste von Regenwasser, vor allem durch<br />
Verdunstung am Nebelfänger zurückzuführen. Die bedeutenden<br />
Mengen an Nebelniederschlag in der Gipfelregion<br />
haben ihre Ursache in der großen Häufigkeit<br />
<strong>und</strong> der hohen Triftgeschwindigkeit des Nebels.<br />
Wegen des geringen Flächenanteils der Gipfellagen<br />
spielt zwar - wie BAUMGARTNER (1958 b) gezeigt hat<br />
- der Nebelniederschlag für den Wasserhaushalt des<br />
gesamten <strong>Wald</strong>gebietes um den Großen Falkenstein<br />
nur eine unwesentliche Rolle. Das könnte dort anders<br />
sein, wo wir es mit breiten Bergrücken <strong>und</strong> Hochlagen<br />
Plateaus zu tun haben, wie im Nordost-Teil des <strong>Nationalpark</strong>gebietes.<br />
Leider ist nicht abzuschätzen, wieviel<br />
Nebelniederschlag hier abgesetzt wird. Die Übertragung<br />
der Meßwerte vom Großen Falkenstein auf derartiges<br />
Gelände ist aber sicherlich nicht ohne weiteres<br />
möglich.<br />
3.1.8 Niederschläge<br />
Für die Beurteilung des Wasserhaushalts des Gebietes<br />
<strong>und</strong> der Wasserversorgung der Vegetation ist die Niederschlagshöhe<br />
eine wichtige Gr<strong>und</strong>größe. Aus Tab.<br />
25 können für Beobachtungsstellen des Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es sowie einige Vergleichsstationen die langjährigen<br />
Mittel der Niederschlagssummen für die Monate<br />
<strong>und</strong> das Jahr, für die Halbjahre <strong>und</strong> die für das Pflanzenwachsturn<br />
entscheidenden Monate Mai bis Juli<br />
entnommen werden.<br />
Stellt man die dort gesammelten Werte in Abhängigkeit<br />
von der Seehöhe graphisch dar (Abb. 24 <strong>und</strong> 25),<br />
so wird die Zunahme der Niederschlagsmenge mit der<br />
Höhenlage erkennbar. Es fällt aber vor allem auch die<br />
große Streuung bei gleicher Höhenlage auf, eine Folge<br />
des Einflusses der Geländeform. Nach WEINLÄNDER<br />
(1959) fallen am Großen Arber 83% des Niederschlags<br />
bei Windrichtungen von NW bis SW. Die W-Seiten des<br />
Gebirges, an denen die Luftmassen zum Aufsteigen<br />
gezwungen werden, erhalten demnach mehr Niederschläge<br />
als Hänge anderer Himmelsrichtungen. Die im<br />
Lee absteigenden Luftmassen bewirken dort einen<br />
"Regenschatten". Hierfür ein besonders krasses Beispiel:<br />
Schaufling - Hausstein (648 m) an der Westseite<br />
des Vorderen Bayerischen <strong>Wald</strong>es erhält im Jahresdurchschnitt<br />
1465 mm Niederschlag, Wiesing - Bachlern<br />
(670 m), das in der Regensenke, im Regenschatten<br />
des Vorderen Bayerischen <strong>Wald</strong>es liegt, nur<br />
922 mm.<br />
Auch BAUMGARTNER (1958 a) hat für den Großen Falkenstein<br />
gezeigt, daß die Verteilung der Niederschlagsmengen<br />
an den Hängen des Einzelberges wesentlich<br />
von der durchschnittlichen vertikalen Verteilung<br />
in einem größeren Gebiet abweichen kann.<br />
Legt man trotz dieser Vorbehalte in Abb. 24 <strong>und</strong> 25 eine<br />
Ausgleichslinie ein, so kann an ihr eine mittlere Zunahme<br />
der Niederschlagssummen von 90 mmje 100 m<br />
Höhenanstieg für das Jahr <strong>und</strong> 50 mm je 100 m Höhenanstieg<br />
für die Monate Mai bis Juli abgelesen werden.<br />
Beschränken wir uns auf die Meßstellen im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
<strong>und</strong> seiner nächsten Umgebung (Abb. 26),<br />
so machen sich auch hier noch die Luv- <strong>und</strong> die Lee<br />
Einflüsse bemerkbar. Die Station Finsterau, im Regenschatten<br />
des Lusenmassivs, erhält deutlich weniger<br />
Niederschlag als andere Stationen gleicher Höhenlage.<br />
In abgeschwächtem Maß gilt dasselbe für Klingen<br />
brunn im Lee des Eschenberges. Im übrigen sind<br />
die Beziehungen zwischen Geländeform <strong>und</strong> Niederschlagshöhe<br />
sehr verwickelt (WEINLÄNDER 1959).<br />
Die Zahl der Meßpunkte ist viel zu gering, als daß man<br />
beispielsweise eine Karte der Niederschlagsverteilung<br />
innerhalb des <strong>Nationalpark</strong>gebietes entwerfen könnte.<br />
Geländeform <strong>und</strong> gemessene Niederschlagsmengen<br />
lassen jedoch vermuten, daß an der Kammlinie, die<br />
vom Rachel zum Lusen <strong>und</strong> dann gegen Süden umbiegend<br />
zum Hochfilzberg, Sulzriegel <strong>und</strong> Hohlstein verläuft,<br />
bei westlichen Luftströmungen ein Stau entsteht.<br />
Ähnlich wirken wohl die Plateaus nordöstlich des<br />
Lusen, über denen die von Westen her kommenden<br />
Luftmassen nicht wieder absteigen können. Östlich<br />
des Bergrückens - Lusen - Hochfilzberg - Sulzriegel-<br />
85
der Tummelplatzhütte wurde eine<br />
Schneehöhe von 2,30 m gemessen<br />
(nach von RAESFELDT 1984).<br />
1899 In der Freyunger <strong>Wald</strong>post vom 14. 1.<br />
1899 wird über Schneemangel geklagt: ".<br />
.. ein ausgiebiger Schneefall wird allseitig<br />
gewünscht ... ", damit mit dem Schlittenzug<br />
begonnen werden kann.<br />
1909 Ergiebige Schneefälle setzten erst am<br />
29. Januar ein. Es schneite 10 Tage ununterbrochen<br />
bei Tag <strong>und</strong> Nacht. Ganze<br />
Ortschaften waren wochenlang von der<br />
Außenwelt abgeschlossen (nach Grafenauer<br />
Anzeiger vom 3. März 1970).<br />
Die angeführten Zitate vermitteln ein anschauliches<br />
Bild der Schneelagen in extremen Jahren. Im folgenden<br />
Abschnitt sollen nun anhand der Beobachtungen<br />
der amtlichen Wetterstationen <strong>und</strong> spezieller Untersuchungen<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet während der Winter<br />
1969/70 <strong>und</strong> 1971/72 durchschnittliche <strong>und</strong> extreme<br />
winterliche Schneeverhältnisse zahlenmäßig charakterisiert<br />
werden. Wie schon bei anderen <strong>Klima</strong>elementen,<br />
muß die Betrachtung wieder auf ein größeres Gebiet<br />
ausgedehnt werden, da für den Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
zu wenig Beobachtungsmaterial verfügbar<br />
ist.<br />
3.1.9.1 Schneefall<br />
Schneefälle treten im Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong> regelmäßig<br />
von Oktober bis Mai auf. In den höchsten Lagen<br />
fällt vereinzelt im Zusammenhang mit Kaltlufteinbrüchen<br />
auch im Juni, Juli <strong>und</strong> September der Niederschlag<br />
als Schnee. Nur für den August liegen keinerlei<br />
Nachrichten über Schneefall vor.<br />
Die mittlere Zahl der Tage mit Schneefall <strong>und</strong> Schneeregen<br />
(Periode 1931-1960) ist leider nur für wenige Stationen<br />
des Bayerischen <strong>Wald</strong>es bekannt (Tab. 30 <strong>und</strong><br />
31).<br />
Altschönau mit durchschnittlich 48 Tagen Schneefall<br />
<strong>und</strong> 15 Tagen Schneeregen, zusammen also 63 Tagen,<br />
liefert etwa einen unteren Grenzwert für das <strong>Nationalpark</strong>gebiet.<br />
Es bedeutet eine empfindliche Lücke, daß<br />
keine Daten für eine höher gelegene Station verfügbar<br />
sind. Nach den Angaben im <strong>Klima</strong>atlas von Bayern<br />
(KNOCH 1952) fällt Schnee (Schnee <strong>und</strong> Schneere-<br />
gen) in den unteren Lagen des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
an 60 bis 70 Tagen, was gut mit dem genannten Wert<br />
von Altschönau übereinstimmt. In den oberen Lagen<br />
sind "über 70 Tage" mit Schneefall zu erwarten.<br />
Etwas reichlicher ist das Zahlenmaterial über den Anteil<br />
des Schnees am Gesamtniederschlag (Tab. 32),<br />
aber auch hier fehlen Stationen der oberen Lagen völlig.<br />
In Altschönau sind 27%, in St. Oswald 25% des Niederschlags<br />
im langjährigen Durchschnitt Schnee. Damit<br />
stimmt überein, daß dem <strong>Klima</strong>atlas von Bayern<br />
25-30% für den unteren Bereich des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
zu entnehmen sind. Für den oberen Bereich bleiben<br />
die Angaben unsicherer. Der <strong>Klima</strong>atlas gibt 30 bis<br />
40% an, BAUMGARTNER (1970) nennt für die höchsten<br />
Lagen 50% <strong>und</strong> mehr. Faßt man all das zusammen,<br />
dann läßt sich sagen, daß an der Basis des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
etwa ein Viertel, in den höchsten Lagen<br />
etwa die Hälfte des Niederschlags in Form von Schnee<br />
fällt.<br />
Vergleicht man die Daten verschiedener Gebiete, so<br />
zeigt sich, daß sowohl die Zahl der Tage mit Schneefall,<br />
als auch der Anteil des Schnees am Gesamtniederschlag<br />
im Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong> größer sind, als in<br />
den Höhenlagen der Alpen, die dem <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
entsprechen. Für diese Eigenart des Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es dürften sowohl die jahreszeitliche Verteilung<br />
der Niederschläge (sek<strong>und</strong>äres Wintermaximum im<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong>, siehe Abschn. 3.1.8) als auch das<br />
geringere Temperaturniveau während der Wintermonate<br />
(siehe Abschn. 3.1.4.1) verantwortlich sein.<br />
3.1.9.2 Schneedecke<br />
Zahlen mäßige Angaben über Dauer der Schneedecke<br />
<strong>und</strong> Schneehöhe eines 20jährigen Zeitraumes enthält<br />
das Tabellenwerk von CASPAR (1962) auch für einige<br />
Orte des Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong>es. Die Stationen<br />
auf dem Großen Falkenstein (1307 m) <strong>und</strong> in Finsterau<br />
(1004 m) sind repräsentativ für Hochlagen <strong>und</strong> Obere<br />
Hanglagen. Zwiesel in nicht ganz 600 m Meereshöhe<br />
gibt Werte für die Tallage. Allerdings sind die Tallagen<br />
des <strong>Nationalpark</strong>gebietes, die höher liegen als Zwiesel,<br />
vermutlich schneereicher. Die Daten der Station<br />
Rusel-Irlmoos im Vorderen Bayerischen <strong>Wald</strong> sind<br />
nicht ohne weiteres auf den Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong><br />
übertragbar. Es lassen sich also über die Schneedecke<br />
in den oberen Lagen genauere Angaben machen als<br />
für den unteren Bereich.<br />
93
In den Hochlagen des <strong>Nationalpark</strong>s fällt die Hälfte des Gesamtniederschlages<br />
als Schnee.<br />
Foto: F. Herzinger<br />
97
sche <strong>Wald</strong> häufig unter dem Kaltlufteinfluß des festländischen<br />
Hochdruckgebietes <strong>und</strong> wird daher nicht vom<br />
Tauwetter erfaßt. Entsprechende Unterschiede kamen<br />
auch bereits in den Lufttemperaturen während des<br />
Winters zum Ausdruck (siehe Abschnitt 3.1.4.1).<br />
Höhe der Schneedecke<br />
Die mittlere Schneedeckenhöhe (= Summe der<br />
Schneehöhe der einzelnen Tage dividiert durch die<br />
Zahl der Tage mit Schneedecke) für den Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> <strong>und</strong> einige Vergleichsstationen ist aus Tab. 39 zu<br />
ersehen.<br />
Sie kulminiert bei allen angeführten Stationen im Februar.<br />
Vergleicht man für diesen Monat die Gebiete untereinander,<br />
so fällt der Bayerische <strong>Wald</strong> durch seinen<br />
Schneereichtum auf: In den entsprechenden Höhenlagen<br />
der Alpen, des Schwarzwaldes <strong>und</strong> der Rhön sind<br />
die mittleren Schneedeckenhöhen wesentlich niedriger.<br />
Selbst der um 180 m höhere Feldberg erreicht in<br />
den Hauptwintermonaten nicht die Werte des Großen<br />
Falkenstein, nur zu Winterbeginn hat er etwas höhere<br />
Schneedecken. Sogar die rd. 350 m höher gelegene<br />
Station beim Kreuzeckhaus übertrifft in der mittleren<br />
Schneedeckenhöhe den Großen Falkenstein nur in<br />
den Monaten September, Oktober, November, Dezember,<br />
sowie im Juli <strong>und</strong> August. In den Hauptwinter-<br />
Schneedeckenhöhe<br />
cm<br />
150<br />
100<br />
50<br />
10<br />
98<br />
monaten unterscheiden sich die Werte der beiden<br />
Meßstelien nur geringfügig.<br />
Die graphische Darstellung in Abb. 29 macht an Hand<br />
der mittleren Schneedeckenhöhe der einzelnen Monate<br />
den durchschnittlichen Verlauf des Auf- <strong>und</strong> Abbaus<br />
der Schneedecke in verschiedenen Höhenlagen<br />
des Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong>es anschaulich.<br />
Im Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s sind in den einzelnen Höhenstufen<br />
etwa folgende mittlere Schneedeckenhöhen<br />
im schneereichsten Monat Februar zu erwarten:<br />
Hochlage<br />
Obere Hanglage<br />
Untere Hanglage<br />
Tallage<br />
100-120 cm<br />
80-100 cm<br />
40- 80 cm<br />
40- 60 cm<br />
Auch die mittleren monatlichen Maxima der Schneedeckenhöhe<br />
(Tab. 41) erreichen ihre höchsten Werte<br />
im Februar (eine Ausnahme macht nur die Station<br />
Wasserkuppe, bei der eine verkürzte Beobachtungsreihe<br />
zugr<strong>und</strong>eliegt). Auch in diesen Zahlen kommt<br />
zum Ausdruck, daß der Bayerische <strong>Wald</strong> schneereicher<br />
ist als die zum Vergleich herangezogenen Gebirge.<br />
Die größten <strong>und</strong> kleinsten Monats- <strong>und</strong> Jahresmaxima<br />
(Tab. 42) geben die Grenzwerte an, zwischen denen<br />
sich die Höhe der Schneedecke in den einzelnen Mo-<br />
Großer Falkenstein BOr m<br />
Abb. 29: Mittlere monatliche Schneedeckenhöhe (cm) in verschiedenen Höhenlagen des Hinteren Bayer.<br />
<strong>Wald</strong>es aufgr<strong>und</strong> 20jähriger Beobachtungen nach CASPAR (1962)
Tabelle 29<br />
Schäden durch Hochwasser (1885-1970)<br />
Zeit Ursaohe Sohaden Absohnitt<br />
'0.11./1.12. Boohwaaser ' an triftbächen Und V, VI<br />
1885 110 lz ab fuhrwe gen<br />
,0.11./1.12. an Triftwässern <strong>und</strong> leben- III<br />
1885 Bochwasser läufen duroh Versandung,<br />
duroh länger Verkiesung <strong>und</strong> Hittterspüandauernde<br />
lung der Ufersohutsbauten.<br />
starke Resengüsse.<br />
5.8.1890 Baselwetter besonders am Teufelsbaoh, VI<br />
Vermurung, Stege wurden<br />
weggerissen<br />
8.8.1890 Wolkenbruoh an Begangsteigen, die von II<br />
i. Raohelse- den Was.ermassen su Tal sebiet<br />
rissen wurden. Durohl& •••<br />
<strong>und</strong> Straßengräben verschlammten.Ufsrslcherungen<br />
wurden unterspült,<br />
Ufer weggerissen.<br />
2'./24.11.1890 plötzliches an Triftbäohen <strong>und</strong> Boh- V, VI<br />
Hochwasser abfuhrwegen<br />
2'.12.1890 plötzliohes An den Triftbächen durch<br />
Tauwetter, Untersptilung <strong>und</strong> Wegreis- VI<br />
Regen putzte sen der Beschlachten Verden<br />
Sohnee sandung, Vermurung, Bruoh<br />
auch in den der Schwarzbaohklause.<br />
Hochlagen weg<br />
26.8.1925 Hoohwasser<br />
durch star- - III<br />
ken Regen<br />
7.5.19'0 Boohwasser in-an der Resohbachstra8e, IV<br />
folge star- an den Uferverbauungen<br />
ker Nieder- des Reschbaohs.<br />
sohläge<br />
20{21.11. wolkenbruch- an der SeebachstraBe, III<br />
19,0 artiger Re- an den Uferbefe.tungen<br />
gen <strong>und</strong> des Seebaoha.<br />
Schneesohmelze<br />
am<br />
Raohe!.<br />
20./21.11.19'0 Wolkenbrüche an der ReschbaohstraBe IV<br />
<strong>und</strong> völlige (streckenweis. völlig<br />
Sohne.sohDlel- zerstört); an Ur.rb.s.<br />
restigung,n.<br />
99
Tabelle 41<br />
Mittlere monatliche Maxima der Schneedeckenhöhe (cm)<br />
Zeile 2: Zahl der Jahre, mit der gemittelt wurde<br />
(Mittelwerte der Winter 1936/37 bis 1957/58 ohne 1944/45 <strong>und</strong> 1945/46 nach CASPAR 1962)<br />
Station Se.höhe Sept • Okt lOT. Dez.<br />
•<br />
linsterau 1 004 3,0 12,5 25,9 51,6<br />
1 13 19 20<br />
Gr. Falken.teil 1 301 1,0 18,1 32,5 68,4<br />
3 15 20 20<br />
Philippsreut 924 1,3 13,1 30,4 64,8<br />
3 12 19 20<br />
Rusel-Irliloo. 840 - 15,4 21,2 43,2<br />
10 18 20<br />
Zwiesel 578 - 8,4 12,2 21,6<br />
5 11 20<br />
Zum Versleioh. a) ilEen <strong>und</strong> ilEenvorland<br />
Hohenpei8enb.rE 917 3,0 20,0 11,9 25,6<br />
2 10 16 20<br />
Kreuzeokhau8 1 652 8,0 19,7 45,0 76,9<br />
9 19 20 20<br />
Oberjooh 1 145 4,3 19,2 '7,1 6',5<br />
4 18 20 20<br />
b) Südwe.tdeut.ohland<br />
Feldberg 1 486 6,2 19,7 35,3 59,9<br />
8 15 20 20<br />
Wauerkuppe 923 - 8,6 15,2 34,4<br />
12 19 20<br />
Stufe 11: Regelmäßig durchbrochene Schneedecke<br />
- durch Schmelzteller um Bäume oder Jungpflanzen,<br />
Felsen usw. (siehe Abb. 30).<br />
Stufe 111: Ineinanderfließen der Schmelzteller; unregelmäßige<br />
SChneeverteilung mit einem Bedeckungsgrad<br />
über 50%.<br />
Stufe IV: Schneeflecken bzw. Reste von Schneefeldern,<br />
die insgesamt weniger als 50% des<br />
Bodens bedecken.<br />
Stufe V: Schneefreie Flächen, d. h. auf einer Fläche<br />
von mindestens 1 ha ist kein Schnee mehr<br />
vorhanden.<br />
108<br />
Jan. lebr. Klrz ipr. Kai Juni Juli iug.<br />
81,4 111,1 106,1 49,6 6,0 - - -<br />
20 20 20 20 6<br />
108,9 149,3 143,6 91,1 36,4 11 ,5 - -<br />
20 20 20 20 18 3<br />
96,3 122,9 115,8 52,6 1,9 - - -<br />
20 20 20 19 1<br />
61,2 11,6 51,2 11,1 4,5 - - -<br />
20 20 20 18 4<br />
43,6 48,4 35,1 10,1 0,5 - - -<br />
20 20 20 15 2<br />
38,2 49,8 38,1 18,4 7,3 - - -<br />
20 20 20 19 8<br />
110,1 149,4 145,0 01,7 40,3 1,3 20,0 6,0<br />
20 20 20 20 19 1 1 2<br />
89,4 121,7 114,7 66,9 21, , 6,3<br />
20 20 20 20 14 3<br />
98,0 148,4 131,2 81,8 26,0 7,0<br />
20 20 20 20 18 3<br />
52,8 51,5 38,5 11,2 5,6 - - -<br />
20 20 20 20 5<br />
An den Meßpunkten, die im Gelände einen Abstand<br />
von etwa 400 m hatten, wurde die Abschmelzstufe<br />
festgestellt <strong>und</strong> die durchschnittliche Höhe der noch<br />
vorhandenen Schneedecke gemessen. Unterschied<br />
sich die Schneelage im einzelnen Bestand wesentlich<br />
von der Umgebung, so war der Bestand kurz zu beschreiben<br />
(z. B. Fi-Dickung). Außerdem waren die<br />
Grenzlinien zwischen den Abschmelzstufen in die Karte1:10000<br />
einzuzeichnen. Die Teilergebnisse der einzelnen<br />
Reviere wurden zu einer Karte 1:1 0 000 zusammengefügt<br />
<strong>und</strong> dann auf 1 :25000 verkleinert (Karten<br />
Nr. 6, 7 <strong>und</strong> 8). Der dargestellte Zustand der abschmelzenden<br />
Schneedecke ist also das Ergebnis der Einwirkung<br />
des Geländes <strong>und</strong> des Bestandes.<br />
Am 11. Mai lag in den oberen Lagen noch so viel<br />
Schnee, daß eine zusätzliche Aufteilung der geschlos-
senen Schneedecke (Stufe I) nach Schneehöhen erforderlich<br />
wurde.<br />
Ergebnisse der Kartierung der Schneedecke<br />
im Jahre 1970<br />
Zuvor soll der Verlauf des Winters bis zur ersten kartenmäßigen<br />
Aufnahme kurz charakterisiert werden.<br />
Die Schneefälle begannen in den oberen Lagen in den<br />
letzten Tagen des Oktober. Ab Mitte November trat<br />
wiederholt Schneefall auf. Die Schneelage kann jetzt in<br />
Abb. 31 verfolgt werden. Ab 25. November setzte die<br />
ununterbrochene Schneebedeckung in den Hochlagen<br />
ein.lnfolge geringer Schneefälle im Dezember <strong>und</strong><br />
Januar wuchs die Schneedecke nur langsam. Nach anhaltendem<br />
Strahlungswetter begannen um den 20. Januar<br />
steile Südhänge bis 1100 m hinauf auszuapern.<br />
Bei einer Besteigung des Rachel am 23. Januar 1970<br />
wurde eine Beschreibung der Schneeverteilung im Gelände<br />
angefertigt. In den ersten Tagen des Februar begannen<br />
gewaltige Schneefälle (Niederschlagssumme<br />
des Februar an der Station Großer Falkenstein 343<br />
mm); sie hielten mit kurzen Unterbrechungen bis zu<br />
der ersten Kartierung der Schneehöhen an, in der die<br />
Ausgangslage des Abtauens festgehalten werden sollte.<br />
Weitere starke Schneefälle während des März <strong>und</strong><br />
April zwangen zu einer zweiten Kartierung der Schneehöhen<br />
am 14. April 1970.<br />
Betrachtet man die Karte der Schneehöhe vom 4. März<br />
1970 (Karte 4), so fällt zuerst das Anwachsen der<br />
Schneedecke mit der Meereshöhe ins Auge. Es führt<br />
dazu, daß die Karte - grob gesehen - das Relief nachzeichnet.<br />
Errechnet man die durchschnittliche Meereshöhe<br />
der Meßorte, an denen eine bestimmte<br />
Schneehöhenstufe angetroffen wurde, so zeigt sich<br />
das deutlich:<br />
110<br />
Schneehöhenstufen<br />
(cm)<br />
Die größten Schneehöhen (310-320 cm) wurden um<br />
den Rachelgipfel <strong>und</strong> am Moorberg, die geringsten (um<br />
100 cm) in den tiefsten Lagen beobachtet.<br />
Der Einfluß des Geländereliefs ist am leichtesten in den<br />
Gipfelbereichen des Lusen <strong>und</strong> des Rachels zu erkennen.<br />
Nach WEINLÄNDER (1959) fallen im Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> über 80% der Niederschläge bei Winden aus<br />
westlichen Richtungen. Entsprechende Beobachtungen<br />
machte WALDMANN (1959) im Winter 1953/54<br />
am Großen Falkenstein. Die vorherrschende Windrichtung<br />
während der Schneefallperiode im Februar/März<br />
1970 war S bis W. Der Rauhreifbelag am Rachelkreuz<br />
<strong>und</strong> die Beobachtung von Schneewehen ließen das erkennen.<br />
Unmittelbar nordöstlich des Bergkammes<br />
zwischen dem Großen <strong>und</strong> dem Kleinen Rachel waren<br />
bedeutende Schneeaufwehungen zu beobachten. Vor<br />
allem am Grat im WNW des Rachelgipfels türmte sich<br />
der Schnee zu mehrere Meter hohen Wächten. Auf der<br />
Rachelwiese, wo die Abdachung nach SW beginnt, war<br />
dagegen die Schneehöhe durch Abwehung stark gemindert.<br />
Am Lusengipfel war ebenfalls an der SW-Seite<br />
die Schneehöhe durch Verblasen reduziert, an der<br />
NO-Seite war sie erhöht. Auf den breiten, vom <strong>Wald</strong><br />
bestandenen Bergrücken "spielte dagegen offensichtlich<br />
die Verwehung des Schnees keine wesentliche<br />
Rolle.<br />
Das Vorherrschen der Winde aus Richtungen um S bis<br />
W ließe nach den Ergebnissen, die WALDMANN (1959)<br />
am Großen Falkenstein erhielt, größere Schneehöhen<br />
an den Leeseiten gegen N-<strong>und</strong> O-Hänge erwarten. Tatsächlich<br />
greifen die Linien gleicher Schneehöhe östlich<br />
größerer Bergmassive, wie Rachel-Steinkopf,<br />
Steinfleckberg <strong>und</strong> Sulzriegel, in tiefere Lagen hinunter,<br />
als an anderen Expositionen. Trotzdem überwiegt<br />
der Einfluß der Meereshöhe denjenigen des Reliefs<br />
stark.<br />
durchschnittliche Meereshöhe der<br />
Meßorte<br />
am 4. März 1970 am 14. April 1970<br />
> 240 1269 1282<br />
200-240 1164 1192<br />
160-200 1007 1050<br />
120-160 837 900<br />
80-120 800 825<br />
40- 80 - 782
Sicherlich gehen auch noch andere Einflüsse vom Relief<br />
aus, so vielleicht eine Stauwirkung mit erhöhten<br />
Niederschlägen im Winkel der Bergkämme vom Lusen<br />
zum Rachel einerseits <strong>und</strong> vom Lusen zum Hochfilzberg<br />
- Sulzriegel andererseits. Die relativ großen<br />
Schneehöhen im obersten Sagwassertal, die wohl<br />
kaum auf geringere Abschmelzung zurückzuführen<br />
sind (S-Hänge!) könnten dadurch erklärt werden. Größere<br />
Schneehöhen als sonst in dieser Höhenlage waren<br />
im Bereich der großen Massenerhebungen nordöstlich<br />
des Lusen um den Moorberg <strong>und</strong> Steinfleckberg<br />
anzutreffen. Inwieweit sie auf ergiebigere<br />
Schneefälle oder auf verminderte Abschmelzung zurückzuführen<br />
sind, muß offen bleiben. Im gesamten<br />
Bereich unterhalb 900 m, in dem keine bedeutenden<br />
Höhenunterschiede anzutreffen sind, wechselte die<br />
Schneehöhe nur wenig.<br />
Die Verteilung der Schneehöhen am 14. April (Karte Nr.<br />
5) ähnelt derjenigen vom 4. März in allen wesentlichen<br />
Zügen. Veränderungen sind das Ergebnis weiterer<br />
starker Schneefälle <strong>und</strong> verstärkter Abschmelzvorgänge<br />
in den unteren Lagen. Die geringsten gemessenen<br />
Schneehöhen lagen bei 60 cm. Etwa von 900 m abwärts<br />
hatte sich die Schneehöhe um r<strong>und</strong> eine 40 cm<br />
Stufe vermindert. In den höchsten Lagen waren die<br />
Werte etwa gleich geblieben (nördlich des Rachelgipfels<br />
310-320 cm) oder sie hatten sich unwesentlich<br />
verringert. Die dazwischen liegenden Schneehöhenstufen<br />
waren auf schmälere Geländestreifen zusammengedrängt<br />
worden. Die Unterschiede der Schneehöhe<br />
in Abhängigkeit von der Meereshöhe waren also<br />
am 14. April noch größer als am 4. März 1970.<br />
Kurz nach der Aufnahme vom 14. April 1970 setzte<br />
auch in den Hochlagen der Abschmelzvorgang voll ein.<br />
Zwischen 27. <strong>und</strong> 29. April entstanden in den unteren<br />
Lagen des <strong>Nationalpark</strong>gebiets die ersten Durchbrechungen<br />
der Schneedecke von einigen ar Größe. Ein<br />
Kaltlufteinbruch brachte am 30. April nochmals<br />
Schneefall bis hinunter in die Donauniederung. An diesem<br />
<strong>und</strong> den folgenden Tagen kam es erneut zu einer<br />
geschlossenen Schneedecke, die erst um den 3. Mai<br />
wieder abzutauen begann. Am 5. Mai fing die Schneedecke<br />
an sonnseitigen Unterhängen an sich aufzulösen.<br />
Drei sehr warme Tage (6.-8. Mai) mit kräftigem<br />
Wind führten am 8. Mai auch bei der aus dem geschlossenen<br />
<strong>Wald</strong>gebiet kommenden Großen Ohe zu Hochwasser.<br />
Am 7. Mai floß das Schmelzwasser auf breiter<br />
Abb. 30: Schmelzteller um Buchen<br />
Fläche über die Wiesen der Lichtung von <strong>Wald</strong>häuser<br />
hinunter. Auf nicht vernäßten <strong>Böden</strong> der bewaldeten<br />
Hänge war nur ganz selten ein Oberflächenabfluß zu<br />
beobachten, was auf die im Bestand verzögerte<br />
Schmelze <strong>und</strong> die hier raschere Versickerung des<br />
Wassers zurückgehen dürfte.<br />
Die Karte Nr. 6 hält den Zustand der Schneedecke am<br />
11. Mai 1970 fest. Die großen Unterschiede der<br />
Schneehöhe (35-180 cm) innerhalb der geschlossenen<br />
Schneedecke (Stufe I) erforderten zusätzlich deren<br />
Aufgliederung nach Schneehöhen. Deutlich zeigt<br />
die Karte, wie zuerst die sonnseitigen unteren Hanglagen<br />
bis etwa 900 m hinauf aper wurden. Die Schatthänge<br />
dieses Höhenbereichs <strong>und</strong> die Tallagen mit Kaltluft-<br />
111
Schneehöhe<br />
cm<br />
100<br />
. 200<br />
100<br />
,<br />
Segeng zur Erfassung<br />
der Schneeverhältnisse<br />
I<br />
I<br />
1.<br />
I<br />
Z. .3. 4.<br />
KARTIE:RUNGo<br />
Abb. 31 : Schneehöhenkurven im Winter 1969nO nlch Unterl"en des Deutschen Wetterdienstes<br />
(punkt. Fläche: Wasservorrll der Schneedecke in cml<br />
112<br />
5 .<br />
stau (siehe Abschnitt 3.1.4.3.2) hinkten deutlich nach.<br />
Ein schneefreier Streifen war am klarsten zu erkennen<br />
an den Südhängen des Steinberges (Gebiets-Abschnitt<br />
V) <strong>und</strong> zog sich dann von dort nach Westen. Er<br />
teilte sich um den Talkessel, in dem sich mehrere Bäche<br />
zur Großen Ohe vereinigen, in einen unteren Ast,<br />
der die Sonnseiten der Vorberge einnahm <strong>und</strong> in einen<br />
oberen, der dem unteren Haupthang folgte. In den<br />
Hangtälern (siehe Abschnitt 3.1.4.3.3) verzögerte sich<br />
die Schneeschmelze deutlich. Das Kartenbild der aperen<br />
Flächen ähnelt stark demjenigen, das bei der ersten<br />
Kartierung des Austreibezustands der Buche herauskam.<br />
In den Bereichen, die zuerst schneefrei werden,<br />
entfaltet auch die Buche ihre Blätter am frühesten.<br />
Zwischen dem 11. <strong>und</strong> dem 25. Mai zog sich die<br />
Schneedecke weitgehend in die oberen Lagen zurück.<br />
Immerhin kam am 25. Mai noch auf großen Flächen der<br />
Hochlagen eine geschlossene Schneedecke mit<br />
Schneehöhen zwischen 50 <strong>und</strong> 150 cm vor (Karte Nr.<br />
7). Das Vorauseilen der Schneeschmelze an den sonnseitigen<br />
gegenüber den schattseitigen Hanglagen <strong>und</strong><br />
vor allem gegenüber den Hangtälern wird deutlich.<br />
Noch nennenswerte Schneereste finden sich in den<br />
Tallagen mit Kaltluftstau.<br />
Die Ausaperung machte rasche Fortschritte bis zum<br />
Übergang der steilen Hanglagen in die flachen Hochlagen,<br />
verlangsamte sich aber dann merklich. So waren<br />
noch am 16. Juni 1970 Schneereste auf größeren Flächen<br />
in den Hochlagen zu erfassen (Karte Nr. 8). Außer<br />
dem Nachhinken der Schatthänge <strong>und</strong> der Hangtäler<br />
war - in der Endphase der Schneeschmelze noch<br />
deutlicher als früher - zu beobachten, daß im <strong>Wald</strong><br />
ebene Lagen später schneefrei wurden als Hänge, die<br />
Nordhänge eingeschlossen. Besonders gut ist das an<br />
den Hochplateaus nordöstlich des Lusen zu erkennen.<br />
Wie während des gesamten Abschmelzvorgangs waren<br />
auch am 16. Juni die Freiflächen dem <strong>Wald</strong> voraus<br />
(z. B. Großer Filz am Spitzberg).<br />
Die mittleren Schneehöhen innerhalb der Abschmelzstufen<br />
blieben zwar, wie WALDMANN (1959) festgestellt<br />
hat, bei einer Kartierung ziemlich konstant. Sie<br />
unterschieden sich aber stark von Aufnahme zu Aufnahme,<br />
offenbar im Zusammenhang mit der ursprünglichen<br />
Mächtigkeit der von der Schneeschmelze erfaßten<br />
Schneedecken. Entsprechende Angaben enthält<br />
Tab. 45.
114<br />
Tabelle 45<br />
Durchschnittliche Höhe der Schneedecke innerhalb der Abschmelzstufen<br />
Datum Absoblaelzstur. Sohne.höhe {cm}<br />
Streubereich JU ttelwer1 zur Berechn1lJlg<br />
de. WasserTorrat.<br />
Terwendet<br />
11 •• ai 10 Stufe I > 120 ca 120 - 180 149 150<br />
80 - 120 oa 80 - 120 100 100<br />
2. Ein viel stärkerer Einfluß des <strong>Wald</strong>bestandes auf die<br />
Schneelage im Jahr 1972. Bei sonst gleichen Voraussetzungen<br />
schmolz der Schnee in Laubbaumbeständen<br />
wesentlich später als in älteren Nadelbaumbeständen.<br />
Bei Laubholz zeigten sich keine<br />
wesentlichen Unterschiede in Abhängigkeit vom<br />
Bestandsalter. Am längsten hielt sich der Schnee in<br />
Stangenhölzern <strong>und</strong> Dickungen aus Nadelbäumen.<br />
Der Vergleich der Schneedeckenkarte mit den<br />
<strong>Wald</strong> beständen zeigt, daß gerade junge Nadelholzbestände<br />
das Kartenbild stark beeinflussen.<br />
3. Auf freien Flächen lag mehr Schnee als in Beständen<br />
aller Art, z. B. auf den Moorflächen des Großen<br />
Filzes am Spitzberg.<br />
Das Abtauen der winterlichen Schneedecke wurde<br />
1972 durch Neuschneefälle Ende März <strong>und</strong> in der 2.<br />
Hälfte des Aprils unterbrochen. Der April war kühler<br />
<strong>und</strong> feuchter als der März. Am 8. Mai waren nur noch<br />
vereinzelt Schneereste in den Hochlagen zu beobachten.<br />
Diskussion der Ergebnisse<br />
1. Sicherlich ist die Verzögerung des Abtauens der<br />
Schneedecke mit zunehmender Höhenlage teils eine<br />
Folge der abnehmenden Temperatur <strong>und</strong> teils<br />
der zunehmenden Schneehöhe; beide Einflüsse lassen<br />
sich jedoch nicht trennen.<br />
2. Der Vorsprung sonnseitiger Lagen in der Ausaperung<br />
von schattseitigen erklärt sich aus dem unterschiedlichen<br />
Genuß an direkter Sonnenstrahlung.<br />
3. Das Zurückbleiben der Hangtäler bei der Schneeschmelze<br />
hängt zweifellos mit derem kühleren <strong>Klima</strong><br />
zusammen, wie es durch die Messung der wirksamen<br />
Mitteltemperatur festgestellt worden <strong>und</strong> in<br />
diesem Zusammenhang näher besprochen ist<br />
(Abschn. 3.1.4.3.3).<br />
4. Die starke Verzögerung des Ausaperns in den Tallagen<br />
mit Kaltluftstau war bereits aus den Untersuchungen<br />
von WALDMANN (1959) am Großen Falkenstein<br />
bekannt. Die Aufnahmen im <strong>Nationalpark</strong><br />
gestatten es jetzt, seine Aussagen noch zu erweitern.<br />
Im Untersuchungsgebiet am Großen Falkenstein<br />
sind die vorwiegend nach SW gerichteten<br />
Hänge gegenüber den flachen Tallagen auch durch<br />
höheren Gewinn an direkter Sonnenstrahlung im<br />
Vorteil. Daß jedoch dieser Umstand nicht entschei-<br />
dend ist, ließ sich jetzt im <strong>Nationalpark</strong>gebiet zeigen:<br />
Sogar Nordhänge entsprechender Höhenlage werden<br />
früher schneefrei als die Talgründe. Es ist also<br />
wirklich deren extremes Sonderklima, das die<br />
Schneeschmelze verzögert. Neben dem Kaltluftstau<br />
dürfte auch die Behinderung des Luftaustausches<br />
eine Rolle spielen.<br />
5. Das im Jahre 1970 beobachtete Zurückbleiben der<br />
Verebnungen <strong>und</strong> Plateaus im bewaldeten Gelände<br />
ist nicht eindeutig zu erklären. Bei der Messung der<br />
wirksamen Mitteltemperatur ergaben sich hier etwas<br />
geringere Werte als an den Hängen, vielleicht<br />
als Folge verminderten Luftaustausches. Auch im<br />
Bestand dürfte außerdem ein gewisser Stau bodennaher<br />
Kaltluft in den Nächten gegeben sein, wie er<br />
bei der Messung der Minimumtemperatur auf freien<br />
Flächen nachgewiesen wurde. Daneben kann auch<br />
die unterschiedliche Schneehöhe an den Hängen<br />
<strong>und</strong> auf ebenem Gelände, die wegen der lotrechten<br />
Messung in der Karte nicht zum Ausdruck kommt<br />
(sie würde erst bei Messung der Schneehöhe senkrecht<br />
zum Hang erkennbar) beteiligt sein. Anders<br />
ausgedrückt: eine Schneedecke gleicher Höhe (bei<br />
lotrechter Messung) hat am Hang eine größere<br />
Oberfläche als auf ebenem Boden.<br />
6. Der Einfluß der <strong>Wald</strong>bestände auf die Schneeschmelze<br />
ist kompliziert. Je nach der Art des Kronendachs<br />
verändert sich das Zusammenspiel von<br />
Interzeption, Strahlung <strong>und</strong> Luftaustausch. Der hohe<br />
Schneevorrat der Freiflächen im schneearmen<br />
<strong>und</strong> strahlungsreichen Winter 1971/72 unterstreicht<br />
die Bedeutung der Interzeption. Sie überwog<br />
den Einfluß der Strahlung, wie auch das frühere<br />
Ausapern älterer Nadelbaumbestände gegenüber<br />
älteren Laubbaumbeständen zeigt. Die Ausaperung<br />
vollzog sich 1971/72 in der Reihenfolge: Ältere Nadelbaumbestände<br />
- Laubbaumbestände - Freiflächen,<br />
also gerade umgekehrt, als im schneereichen<br />
<strong>und</strong> strahlungsarmen Winter 1969/70, in dem offenbar<br />
die Interzeption nur eine untergeordnete Rolle<br />
spielte.<br />
Die Konservierung des Schnees in jungen Fichtenbeständen,<br />
die in beiden Wintern zuletzt schneefrei<br />
wurden, hängt sicherlich auch mit der Behinderung<br />
des Luftaustausches zusammen.<br />
7. Der Witterungsablauf des Winters bestimmt weitgehend<br />
den zeitlichen Ablauf der Ausaperung. Ähn-<br />
115
stimmt (Abb. 32). Die Messung war bei den großen<br />
Schneehöhen sehr mühsam, da das Rohr nach dem ersten<br />
Einstechen ausgegraben werden mußte. Die Proben<br />
stammten jeweils paarweise aus Beständen verschiedener<br />
Art <strong>und</strong> von Freiflächen. Da sich keine klaren<br />
Unterschiede in der Schneedichte ergaben, wurden<br />
die Werte dann gemittelt. Die Ergebnisse sind in<br />
Tabelle 46 zusammengestellt.<br />
Bei dem Ausstechen der Schneesäulen war folgendes<br />
zu beobachten: Die mächtigen Schneedecken, wie sie<br />
z. B. am 14. April 1970 in den Hochlagen anzutreffen<br />
waren, enthielten zahlreiche mehr oder weniger hart<br />
gefrorene, verharrschte Schichten. Stets bestanden<br />
aber die untersten Zentimeter aus körnigem, nassem,<br />
firnähnlichem Schnee. Die Schneedecken tauten also<br />
an ihrer Untergrenze leicht. Bei keiner der Schneedichtemessungen<br />
wurde je eine gefrorene Bodenoberfläche<br />
angetroffen. Dieser Umstand ist für Bodenentwicklung<br />
<strong>und</strong> Hydrologie sehr bedeutsam.<br />
Wasservorrat der Schneedecke<br />
Aus den durchschnittlichen Schneehöhen, der Größe<br />
Abb. 32: Messung der Schneedichte mit der Schneesonde<br />
"Vogelsberg " (14. April 1970)<br />
-<br />
der Flächen, für die diese Schneehöhen gelten <strong>und</strong> der<br />
durchschnittlichen Schneedichte lassen sich Schätzwerte<br />
derjenigen Wassermengen errechnen, die zu<br />
bestimmten Terminen in der Schneedecke geb<strong>und</strong>en<br />
waren.<br />
Als durchschnittliche Schneehöhe ist bei den Aufnahmen<br />
der geschlossenen Schneedecke die Mitte einer<br />
Schneehöhenstufe angenommen. Die Mittelwerte der<br />
Schneehöhen innerhalb der Abschmelzstufen liegen in<br />
Tab. 45 vor.<br />
Die Flächen der einzelnen Schneehöhenstufen bzw.<br />
Abschmelzstufen wurden für jeden Termin durch Planimetrieren<br />
auf der Karte 1:10000 gewonnen. Außer<br />
der Fläche des Unterschungsgebietes (Gelände-Abschnitt<br />
1- VI, siehe Abb. 1) von 13203 ha sind bei dieser<br />
Auswertung auch die Enklaven (Ortsfluren, Wiesen)<br />
berücksichtigt. Das Bearbeitungsgebiet umfaßt also in<br />
diesem Fall den 13503 ha großen Bereich von der Landesgrenze<br />
bis zur Untergrenze des geschlossenen<br />
Staatswaldgebietes (siehe Abb. 1). Die Flächen der<br />
Schneehöhenstufen bzw. Abschmelzstufen liegen getrennt<br />
nach Einzugsgebieten vor. Die Flächen der Einzugsgebiete<br />
enthält Tab. 47.<br />
119
Kulmination der Schneedecken höhe zeigt sich auch,<br />
wenn man an Hand der mittleren Schneedichte (Tab.<br />
44) <strong>und</strong> der mittleren Schneedeckenhöhe (Tab. 39)<br />
(nur korrekt, wenn an allen Tagen des Monats eine<br />
Schneedecke vorhanden war) für die Monate des Winters<br />
den mittleren Schneewasservorrat berechnet. Am<br />
Großen Falkenstein fällt die größte Höhe der Schneedecke<br />
im Durchschnitt in den Februar, in einzelnen, besonders<br />
schneereichen Jahren in den März (siehe Abschnitt<br />
3.192). Der Wasservorrat der Schneedecke dagegen<br />
erreicht seinen Höchstwert im langjährigen Mittel<br />
im März. In besonders schneereichen Wintern - wie<br />
1969/70 - sogar erst im April.<br />
Bedeutung der Wasserspeicherung<br />
in der Schneedecke<br />
In der Schneedecke der Hochlagen wurden am 4. März<br />
1970 Wassermengen um 500 mm (= 500 Liter/qm), am<br />
14. April um 800 mm (= 800 Liter/qm) gemessen. Da<br />
diese Bereiche im Bayerischen <strong>Wald</strong> wegen der breiten<br />
Bergrücken <strong>und</strong> Plateaus bedeutende Flächen einnehmen<br />
(r<strong>und</strong> ein Viertel der Fläche des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
liegt höher als 1100 m, siehe Abschn. 2.2),<br />
geht von ihnen ein gewichtiger Einfluß auf den Wasserhaushalt<br />
des Gebietes aus.<br />
Am 14. April waren in den höchsten Lagen Wasservorräte<br />
in der Schneedecke gespeichert, die fast dem gesamten<br />
Niederschlag des Winterhalbjahres entsprechen.<br />
Nun waren im Winter 1969/70 die Schneevorräte<br />
besonders groß <strong>und</strong> die Schneeschmelze setzte erst<br />
sehr spät ein. Aber auch in durchschnittlichen Jahren<br />
werden zu Ende des Winters bedeutende Wassermengen<br />
aus dem Schnee zur Verfügung gestellt. Zu Beginn<br />
der Vegetationszeit sind daher die <strong>Böden</strong> in der Regel<br />
stark durchfeuchtet, die Pflanzen finden reichlich Wasser<br />
vor. Auch im Rahmen des Gebietswasserhaushaltes<br />
spielt die Schneeschmelze eine hervorragende<br />
Rolle. Die aus dem Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong> kommenden<br />
Flüsse haben, wie KERN (1959) am Beispiel<br />
des Schwarzen Regen gezeigt hat, infolge der Schneeschmelze<br />
eine deutliche Abflußspitze, die im langjährigen<br />
Mittel in den April fällt. Im Jahre 1970 verzögerte<br />
sich das Maximum der Wasserführung in den Mai hinein.<br />
Die fre<strong>und</strong>licherweise von der Bayerischen Landesstelle<br />
für Gewässerk<strong>und</strong>e zur Verfügung gestellten,<br />
noch vorläufigen Abflußzahlen für die Zuflüsse der<br />
IIz (Reschwasser, Große Ohe, Kleine Ohe), die auf Messungen<br />
an Pegeln einige Kilometer unterhalb des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
beruhen, lassen eine deutliche Abflußspitze<br />
im Mai erkennen.<br />
Die angegebene Lage der Meßstelien ermöglicht es leider<br />
nicht, den Abfluß aus dem geschlossenen <strong>Wald</strong>gebiet getrennt<br />
zu erfassen. Es sollten unbedingt zusätzliche Pegel<br />
eingerichtet werden, um diesem Mangel abzuhelfen. So<br />
könnten aufschlußreiche Untersuchungen über den Wasserhaushalt<br />
in den Einzugsgebieten der aus dem <strong>Nationalpark</strong><br />
kommenden Bäche möglich werden.<br />
Die Abschätzung der Schneewasservorräte in den außergewöhnlichen<br />
Wintern 1969/70 <strong>und</strong> 1971/72 zeigt<br />
die großen Unterschiede, die zwischen extrem<br />
schneereichen <strong>und</strong> extrem schneearmen Wintern auftreten<br />
können. So betrug der Wasservorrat der<br />
Schneedecke im 135 qkm großen Untersuchungsgebiet<br />
(Tab. 48)<br />
am 4. März 1970<br />
am 14. April 1970<br />
am 3. März 1972<br />
r<strong>und</strong><br />
r<strong>und</strong><br />
r<strong>und</strong><br />
55 Mio m 3<br />
75 Mio m 3<br />
3,6 Mio m 3 .<br />
Hierzu eine Vergleichszahl: Der Wasserverbrauch der<br />
Stadt Regensburg im Jahre 1970 belief sich auf 11,5<br />
Mio m 3 .<br />
3.2 Witterungseinflüsse als Ursache von Schäden<br />
an <strong>Wald</strong>bäumen<br />
<strong>Klima</strong>tische Einflüsse wirken in vielfältiger Weise auf<br />
das Leben der Pflanzen. Die Zusammenhänge sind allgemein<br />
nicht leicht festzustellen. Ohne weiteres erkennbar<br />
werden sie erst dann, wenn bestimmte Wetterfaktoren<br />
extreme Werte erreichen <strong>und</strong> dadurch<br />
sichtbare Schäden an den Pflanzen verursachen, so,<br />
wenn der Wind sich zum Orkan steigert, wenn nasser<br />
Schnee die Kronen der Bäume niederbricht oder wenn<br />
Spätfröste Blätter <strong>und</strong> junge Triebe abtöten. Der folgende<br />
Abschnitt beschäftigt sich mit solchen Schäden<br />
an <strong>Wald</strong>bäumen.<br />
Da derartige Ereignisse für die Forstwirtschaft häufig<br />
schwere Verluste bedeuten, gibt es darüber zahlreiche<br />
schriftliche Nachrichten. Die Berichte der königlichen<br />
bzw. staatlichen Forstämter im <strong>Nationalpark</strong>gebiet an<br />
121
ihre vorgesetzten Dienststellen, die an der Oberforstdirektion<br />
Regensburg gesammelt sind, stellen eine<br />
wertvolle Quelle dar (Akt: <strong>Wald</strong>beschädigung durch<br />
Wind usw.). Sie weisen zwar Lücken auf <strong>und</strong> sind in ihrer<br />
Qualität recht unterschiedlich, manchmal aber geben<br />
sie die Ereignisse so genau <strong>und</strong> anschaulich wieder,<br />
daß sich die damaligen Wetterlagen noch gut rekonstruieren<br />
lassen.<br />
3.2.1 Schäden durch Sturm<br />
(Windwurf <strong>und</strong> Windbruch)<br />
3.2.1.1 Angaben aus der Literatur<br />
Mit dem Anstieg in die Gebirge erhöhen sich die Windgeschwindigkeiten.<br />
GEIGER (1950) verglich die Beobachtungen<br />
von deutschen Wetterstationen auf Berggipfeln<br />
<strong>und</strong> im Flachland <strong>und</strong> erhielt für die Häufigkeit<br />
des Auftretens von Stürmen (mindestens Windstärke<br />
8 BEAUFORT) ein Verhältnis von 100 :3. Bei einem Vergleich<br />
der Stationen Großer Falkenstein, Zwiesel <strong>und</strong><br />
Passau-Oberhaus (Tab. 9) ergibt sich für Windstärken<br />
von mindestens 7 BEAUFORT ein Verhältnis der Häufigkeit<br />
von 100 : 27 : 9. Die Station Passau-Oberhaus ist<br />
noch nicht typisch für das Flachland, da sie selbst auf<br />
einer windausgesetzten Höhe liegt. Diese Verhältniszahlen<br />
lassen ermessen, wie sehr die <strong>Wald</strong>bestände<br />
der Gebirge an ihren Standort angepaßt sind, wenn<br />
Windwürfe hier nicht häufiger auftreten als im Flachland.<br />
Den Zusammenhängen zwischen Geländerelief <strong>und</strong><br />
Windwurfgefahrging HÜTTE (1967) durch Versuche im<br />
Windkanal <strong>und</strong> Geländebeobachtungen nach. "Stürme<br />
werden nicht nur durch ihre hohe Geschwindigkeit,<br />
sondern vor allem durch ihre starke Turbulenz für den<br />
<strong>Wald</strong> gefährlich", vor allem dann, wenn die Frequenz<br />
der Böen mit derjenigen von Baumschwingungen<br />
übereinstimmt. Besonders gefährdet sind daher Zonen<br />
im Gelände, wo Böigkeit <strong>und</strong> Geschwindigkeit des<br />
Sturmes gleichzeitig sehr hoch sind, beispielsweise<br />
1. an den Flanken <strong>und</strong> im Lee von Kuppen<br />
2. wo der Wind nach Überqueren eines Bergrückens<br />
wieder auf den in die Ebene auslaufenden Lee-Hang<br />
trifft<br />
3. an Mittel- bzw. Oberhängen von Tälern, auf die der<br />
Luftstrom nach Überqueren des Tals trifft<br />
122<br />
4. am Mittelhang von Bergrücken, wenn diese schräg<br />
vom Sturm getroffen werden<br />
5. am luvseitigen Mittelhang von Bergnasen.<br />
Zwar sind die Unterlagen über die Stürme der vergangenen<br />
Zeiten im allgemeinen nicht genau genug, um<br />
sie mit den Angaben HÜTTEs im einzelnen zu vergleichen.<br />
Besonders deutlich wird aber aus den Ortsangaben<br />
von Sturmschäden immer wieder die große Gefährdung<br />
von Hängen, auf die der Wind nach Überquerung<br />
eines Tales trifft.<br />
Es ist altbekannt, daß die Fichte auf <strong>Böden</strong> mit Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />
Stauwassereinfluß, wo sie nur ein flachstreichendes<br />
Wurzelsystem entwickeln kann, besonders leicht<br />
vom Sturm geworfen wird. HÜTTE (1967) hat den Vorgang<br />
neuerdings genau studiert. Gerade auf den Naßböden<br />
des <strong>Nationalpark</strong>gebietes war aber die Fichte<br />
von jeher die vorherrschende Baumart; dort haben wir<br />
es also mit einem Schwerpunkt der Windwürfe zu tun.<br />
Sind <strong>Böden</strong> ohne Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Stauwassereinfluß zeitweise<br />
sehr naß, beispielsweise nach der Schneeschmelze,<br />
so ist auch hier die Windwurfgefahr stark erhöht,<br />
GEIGER (1950) hat gezeigt, daß aufgeweichter<br />
Boden während der Wintermonate besonders häufig<br />
ist, <strong>und</strong> zwar vor allem in den Übergangsjahreszeiten<br />
zu Beginn <strong>und</strong> Ende des Winters. Bei den Beobachtungen<br />
von München kommt das noch deutlicher zum<br />
Ausdruck als bei denen von Berlin. Die Übertragung<br />
dieser Ergebnisse auf den Bayerischen <strong>Wald</strong> ist kaum<br />
möglich; man kann lediglich vermuten, daß schmelzende<br />
Schneedecke <strong>und</strong> tauende Gefrornis hier auch zu<br />
Beginn <strong>und</strong> Ende des Winters besonders häufig sind<br />
<strong>und</strong> dadurch vom Boden her die Voraussetzungen für<br />
erhöhte Windwurfgefahr schaffen. Während des<br />
Hochwinters liegen im allgemeinen stärkere Schneedecken,<br />
die an ihrer Untergrenze leicht tauen, über<br />
dem nicht gefrorenen Boden. Auch sie dürften zu einer<br />
starken Durchfeuchtung des Bodens, jedoch kaum zu<br />
einer Vernässung führen. Ausgetrockneter Boden <strong>und</strong><br />
Bodenfrost vermindern die Windwurfgefahr, besonders<br />
starke Stürme brechen dann die Stämme. Auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Windstatistik von Potsdam hat GEIGER<br />
(1950) festgestellt, daß stürmische St<strong>und</strong>en (Windgeschwindigkeit<br />
größer oder gleich 10 m/sek.) besonders<br />
häufig während des Winters <strong>und</strong> dann in den Mittagsst<strong>und</strong>en<br />
auftreten. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens<br />
von aufgeweichtem Boden (Beobachtun-
me stark. Nimmt man nun zu dieser Aufgliederung die<br />
Beschreibung der einzelnen Schadensfälle hinzu, so<br />
schälen sich drei stark vorherrschende Typen heraus:<br />
1. Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme (Oktober bis März) aus<br />
West bis Südwest<br />
2. Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme (Oktober bis März) aus<br />
Ost bis Nordost<br />
3. Sommerstürme (Juni bis August) bei Gewittern, vorwiegend<br />
aus Südwest bis West<br />
Die Beschreibungen der Sturmschäden enthalten<br />
meist Angaben über die angefallenen Holzmengen.<br />
Die betreffenden Zahlen sind in Tab. 50 gesammelt. Sie<br />
sind nur als grobe Schätzwerte zu verstehen, welche<br />
die Größenordnung der einzelnen Schadensereignisse<br />
kennzeichnen sollen. R<strong>und</strong> 92% des Holzanfalls, der<br />
aus Tab. 50 für die Jahre seit 1868 zu entnehmen ist,<br />
lassen sich eindeutig einem der drei Sturm-Typen<br />
zuordnen. Auch von den restlichen 8% träfe das wohl<br />
noch für einen Teil der Schadensfälle zu; hier sind zwar<br />
Holzmengen, aber keine Sturm richtungen angegeben.<br />
Der Holzanfall, den Stürme der drei ausgeschiedenen<br />
Typen verursacht haben, teilt sich folgendermaßen<br />
auf:<br />
Typ1:51%<br />
Typ 2: 15%<br />
Typ 3: 34%<br />
Sechs Großschäden (7./8. Dez. 1868,26./27. Okt. 1870,<br />
11. Aug. 1925, 4. Juli 1929, 23. Nov. 1930 <strong>und</strong> 15. Nov.<br />
1941), unter ihnen Beispiele für jeden der genannten<br />
drei Typen, sind etwa 81% des Holzanfalls zuzuschreiben.<br />
Anschließend sollen die drei Arten von Stürmen, die<br />
hauptsächlich die Windwürfe <strong>und</strong> -Brüche verursachen,<br />
an hand der Beschreibungen der Zeitgenossen<br />
näher charakterisiert werden (Karte Nr. 13).<br />
3.2.1.3 Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus Westen<br />
<strong>und</strong> Südwesten<br />
Die größten Schäden - nach der betroffenen Fläche -<br />
<strong>und</strong> nach der Holzmenge - verursachten die Herbst<strong>und</strong><br />
Winterstürme aus westlicher Richtung. "Der Kernwinter<br />
bringt die kräftigsten Tiefdruckgebiete, die<br />
größte Luftdruckveränderlichkeit <strong>und</strong> darum auch am<br />
häufigsten Stürme" GEIGER (1950). Tab. 50 enthält 15<br />
Fälle, die zwischen 1868 <strong>und</strong> 1970 aufgetreten sind.<br />
Die Andauer beträgt viele St<strong>und</strong>en bis mehrere Tage.<br />
Wurf <strong>und</strong> Bruch treten sowohl flächig als auch streifen<strong>und</strong><br />
nesterweise auf. Oft werden über sämtliche Abteilungen<br />
verstreut einzelne Bäume niedergelegt.<br />
Den schweren Sturm von 1868, der vor allem die Hochlagen<br />
<strong>und</strong> die Oberen Hanglagen schädigte, beschreibt<br />
ZEITHAMMER (1896) von Winterberg aus folgendermaßen:<br />
"Derselbe gewaltige Orkan, welcher am 7. Dezember<br />
1868 den ganzen Continent bestrichen hat, brauste am<br />
nämlichen Tage auch über den Böhmerwald <strong>und</strong> verbreitete<br />
wie allgemein auch in den mächtigen Forsten<br />
desselben Schrecken <strong>und</strong> Verwüstungen. Diesem Orkan,<br />
welcher von Westen gestrichen von 9 Uhr vormittags<br />
bis 6 Uhr abends angedauert hat, ging das auf unserem<br />
Festlande seltene großartige Phänomen eines<br />
über den westlichen <strong>und</strong> nördlichen Horizont in blutrothen<br />
Strahlen ausgebreiteten Nordlichtes voran. Nicht<br />
zu gedenken der namhaften Schäden an Gebäuden aller<br />
Orten, namentlich in Fürstenhut, wo selbst unter<br />
den etlichen 50 Häusern nur an einigen die Schindeldachungen<br />
unbeschädigt blieben, hat dieser furchtbare<br />
Orkan in den Holzbeständen große Verheerungen infolge<br />
von Windrissen <strong>und</strong> Brüchen verursacht.<br />
Daß solche entstanden sind, wurde dadurch veranlaßt,<br />
daß diesem Orkan ein Tauwetter mit + 10 - 12° voranging,<br />
welches den Schnee ganz hinwegschmelzte, so<br />
daß der gefrorene Boden gänzlich aUfthaute <strong>und</strong> dadurch<br />
den festen Halt verlor, wodurch der <strong>Wald</strong> bestand<br />
sich aufrecht erhalten konnte. Der darauf gefolgte<br />
Orkan fand somit gleichsam ein vorbereitetes leichtes<br />
Spiel, außer zahlreichen einzelnen Stämmen selbst<br />
viele Gruppen inmitten geschlossener Bestände niederzureißen<br />
<strong>und</strong> namentlich auf lockerem Au- <strong>und</strong><br />
Moorboden solche Verheerungen anzurichten, daß<br />
ausgedehnte Partien reiner Fichtenbestände total hingestreckt<br />
wurden."<br />
Der Orkan vom 26./27. Oktober 1870 war der "verheerendste"<br />
seit Beginn schriftlicher Aufzeichnungen. Der<br />
Chronist Hilz (1890) aus Zwiesel beschreibt ihn folgendermaßen:<br />
,,1870 am 24. Oktober abends 6 Uhr sehr schönes<br />
Nordlicht, sichtbar wie eine ungeheure Feuersbrunst.<br />
Am 25. Oktober abends 7 Uhr ebenfalls sehr ausgedehntes<br />
Nordlicht, welches bereits die ganze Nacht<br />
sichtbar war. In der Nacht vom 26. bis 27. Oktober von<br />
131
ternde Darstellung für den Regentriftkomplex von<br />
1878).<br />
Die Orkane von 1868 <strong>und</strong> 1870 <strong>und</strong> eine Borkenkäferkalamität<br />
als deren Folge haben große Flächen von<br />
<strong>Wald</strong> entblößt. Die nächste Forsteinrichtung - im IIztriftkomplex<br />
(Gebiets-Abschn. 11 - IV) 1878 <strong>und</strong> im<br />
Wolfsteiner Komplex (Gebiets-Abschn. V <strong>und</strong> VI) 1881<br />
- hat diese Flächen genau erfaßt. Sie konnten daher tabellarisch<br />
(Tab. 51) <strong>und</strong> kartenmäßig (Karte Nr. 10) dargestellt<br />
werden. Die vom Sturm geschädigten Flächen<br />
sind damals ziemlich großzügig ausgeschieden worden.<br />
Sie enthalten noch mehr oder minder große bestockte<br />
Teile. Da jedoch die Holzmengen dieser Restbestockungen<br />
angegeben sind, läßt sich mit Hilfe der<br />
Holzvorräte benachbarter, unbeschädigter Bestände<br />
eine reduzierte Schadensfläche ermitteln. Diese gibt<br />
an, auf welcher Fläche der <strong>Wald</strong> durch Stürme <strong>und</strong> den<br />
Borkenkäfer vollkommen verschw<strong>und</strong>en ist. Wie aus<br />
Tab. 51 hervorgeht, sind das immerhin 12% der untersuchten<br />
Fläche. Der Schwerpunkt lag in Gebiets-Abschnitt<br />
VI.<br />
Die kleineren Bestockungsreste, die den Sturm überdauert<br />
hatten, wurden später noch großteils eingeschlagen.<br />
Unter den niedergelegten Beständen nachkommende<br />
Naturverjüngung überdauerte jedoch vielfach.<br />
3.2.1.4 Herbst- <strong>und</strong> Winterstürme aus Osten<br />
bis Nordosten (Böhmwind)<br />
Besteht über dem Böhmerwald ein Luftdruckgefälle<br />
von 0 nach W, was hauptsächlich während des Winters<br />
der Fall ist, wenn über Osteuropa ein beständiges<br />
Hochdruckgebiet liegt, dann kommt häufig der sog.<br />
Böhmwindzustande (SCHRAMM 1950). Er bringt meist<br />
arktische Kaltluft. So entsteht auf der bayerischen Seite<br />
ein mit starker Abkühlung verb<strong>und</strong>ener Fallwind mit<br />
hoher Geschwindigkeit; dabei ist das Wetter im allgemeinen<br />
trocken.<br />
Schäden durch Böhmwinde sind etwas seltener als<br />
solche durch Westwinde <strong>und</strong> etwa gleich häufig wie<br />
diejenigen durch Gewitterstürme. In 16 nachgewiesenen<br />
Fällen haben zwischen 1868 <strong>und</strong> 1970 Böhmwinde<br />
im Herbst <strong>und</strong> Winter Schäden verursacht. Diese sind<br />
geringer als bei den beiden anderen Haupttypen. Der<br />
Holzanfall beträgt nämlich nur knapp 113 des bei den<br />
Weststürmen im Herbst <strong>und</strong> Winter <strong>und</strong> knapp die<br />
134<br />
Hälfte des bei Gewitterstürmen im Sommer aufgezeichneten.<br />
Die Böhmwinde halten meist einen oder mehrere Tage<br />
lang an. Typisch für sie ist, daß ihr Schaden sich nicht<br />
auf große Flächen erstreckt, sondern gassen-, streifen<strong>und</strong><br />
nesterweise auftritt. "Der Bruch erfolgte gassenweise;<br />
innerhalb der langen Gassen liegt alles am Boden,<br />
zwischen den Gassen sind verhältnismäßig breite<br />
Streifen intakt." (Bericht des kgl. Forstamtes St. Oswald<br />
(Gebiets-Abschn. IV) vom 9. Oktober 1894 über<br />
den Sturm vom 1. Oktober 1894). Häufig überspringt<br />
der Wind sturmfeste Ränder <strong>und</strong> greift dann mitten in<br />
die Bestände hinein. In den Berichten der Forstämter<br />
wird immer wieder ein böiger Überfallwind beschrieben,<br />
der von einem Temperatursturz begleitet ist.<br />
Besonders stark wird durch die Böhmwinde regelmäßig<br />
der weite Talkessel an den Quellbächen der Großen<br />
Ohe, bis hinauf zum Rachelsee, betroffen. Hier<br />
stößt der über den Kamm des Gebirges strömende<br />
Wind wieder auf flaches Gelände oder Gegenhänge,<br />
was ja nach HÜnE (1967) die gefährlichen Turbulenzen<br />
hervorruft (siehe Karte Nr. 13b). Böhmwinde kommen<br />
bei offenem <strong>und</strong> gefrorenem Boden vor, im letzteren<br />
Fall verursachen sie viel Bruch, weniger Wurf (Bericht<br />
des Forstamtes Spiegelau (= Gebiets-Abschn. 111<br />
vom 30. Dezember 1927).<br />
Ein Bericht des königlichen Forstamtes St. Oswald<br />
(= Gebiets-Abschn. IV) vom 4. April 1892 enthält eine<br />
besonders anschauliche Beschreibung des Sturms<br />
vom 29.130. März 1892:<br />
"Am 28. März herrschte, wie schon seit längerer Zeit,<br />
warmes Frühlingswetter; ein in der Nacht zum 29. beobachtetes<br />
fernes Gewitter brachte hierin keine Änderung,<br />
bis am 29. mittags 1 Uhr völlig plötzlich der Wind<br />
(bisher Südwest bis West) nach Ost umschlug. Gleich<br />
anfangs kräftig auftretend, nahm er gegen Abend an<br />
<strong>Heft</strong>igkeit zu <strong>und</strong> verstärkte sich gegen Mitternacht<br />
zum Sturm, der nun bis 30. spät abends bei ca. + 2° R<br />
ununterbrochen anhielt. Während des Witterungsumschlages<br />
war das Vorland in einen Schleier gehüllt, die<br />
Temperatur stürzte anfänglich von +11° Rum 6° R, gegen<br />
Abend, an welchem schwacher Regen mit Schnee<br />
fiel, noch mehr. Der Sturm hatte keine gleichmäßige,<br />
dauernde Stärke, sondern es traten in Intervallen von<br />
ca. je 112 St<strong>und</strong>e heftige Böen von nicht zu langer Dauer<br />
auf, welchen Pausen verhältnismäßiger Ruhe folgten.<br />
Während des Einbruchs der Böen erfolgten allmählich
3.2.2 Schäden durch Schnee, Rauhreif <strong>und</strong> Rauheis<br />
Nasser Schnee, Rauhreif (Duft), der sich aus ziehendem<br />
Nebel an der Luvseite der Baumkronen ablagert<br />
(dann auch Nebelfrost genannt) <strong>und</strong> Regen, der auf einer<br />
gefrorenen Unterlage Eisschichten bildet (Rauheis,<br />
Eisanhang) können die Bäume brechen oder niederdrücken<br />
(Definitionen nach BLÜTHGEN 1964).<br />
Ist Schnee die Ursache von Schäden, so spricht man<br />
von Schneebruch oder Schneedruck. Es wäre an sich<br />
zu erwarten, daß die Zone besonderer Gefährdung<br />
durch Naßschnee im Herbst in den hohen Lagen zu finden<br />
ist, während des Hochwinters dann nach unten<br />
rückt <strong>und</strong> gegen das Frühjahr wieder hinaufsteigt; im<br />
Winter fällt in der Höhe vor allem trockener Pulverschnee.<br />
Inwieweit das zutrifft, ließe sich wohl nur an einem<br />
sehr umfangreichen Material klären. Liest man die<br />
Beschreibungen von Schneebrüchen, so gewinnt man<br />
den Eindruck, daß häufig Wetterlagen, die für die betreffende<br />
Jahreszeit ungewöhnlich sind, schwere<br />
Schäden verursacht haben.<br />
Schäden durch Schnee scheinen im gesamten Höhenbereich<br />
des <strong>Nationalpark</strong>gebietes bedeutsam zu sein.<br />
Auch BORCHERS (1964) fand, daß im Harz nur die untere<br />
Randzone als schneebruchsicher zu bezeichnen<br />
ist.<br />
Aus Arbeiten von EISENKOLB (1963) <strong>und</strong> DRESCHER<br />
(1965) geht hervor, daß im Schwarzwald an Nord- <strong>und</strong><br />
OstQängen viel höhere Schneebruchanfälle auftreten,<br />
als an Süd- <strong>und</strong> Westhängen. MITSCHERLICH (1971)<br />
versucht das mit der starken Schneeablagerung an der<br />
Leeseite des Gebirges zu erklären, die bei warmen<br />
südlichen <strong>und</strong> westlichen Luftströmungen aus Naßschnee,<br />
bei Kaltlufteinbrüchen aus Norden aus Pulverschnee<br />
besteht. Das <strong>Nationalpark</strong>gebiet, ja der ganze<br />
Innere Bayerische <strong>Wald</strong>, ist zur Untersuchung dieser<br />
Frage wenig geeignet, da es auf deutscher Seite nur<br />
wenige Nord- <strong>und</strong> Osthänge gibt. Die Akten enthalten<br />
jedoch vereinzelt Berichte über stärkere Schäden an<br />
Osthängen.<br />
Über den Anteil des Rauheises an den Schäden im<br />
<strong>Wald</strong> enthält die zugängliche Literatur keine Angaben<br />
(DENGLER 1971, MITSCHERLICH 1971).<br />
Die Bildung von Rauhfrost oder Nebelfrost entspricht<br />
derjenigen von Nebelniederschlag, dessen Verteilung<br />
am Bergmassiv des Großen Falkenstein BAUMGART<br />
NER (1958 b) untersucht hat. Überträgt man seine im<br />
140<br />
Sommer gewonnenen Ergebnisse auf den Winter -<br />
was mit einiger Unsicherheit verb<strong>und</strong>en ist - dann ergibt<br />
sich für den Rauhfrost: Geringe Bedeutung in den<br />
unteren Lagen, zunehmende Ergiebigkeit oberhalb<br />
1000 m <strong>und</strong> ein sprunghaftes Ansteigen in den exponierten<br />
Gipfellagen, wo aus dem schnell ziehenden Nebel<br />
gewaltige Mengen an Wasser bzw. Rauhreif abgelagert<br />
werden können. Für die Richtigkeit dieser Ansicht<br />
sprechen sowohl die Untersuchungen von BOR<br />
CHERS (1964) im Harz, wie auch die Beobachtungen<br />
Anfang März 1970, nach einer bewölkungs- <strong>und</strong> niederschlagsreichen<br />
Periode von etwa einem Monat<br />
Dauer. Die damals vorhandenen "Panzer" an den<br />
Baumwipfeln bestanden wohl teilweise auch aus<br />
Schnee. BORCHERS (1964) hat im Harz die Rauhreifschäden<br />
getrennt von den Schneebruchschäden aufgenommen.<br />
Er kommt zu dem Ergebnis, daß die exponierten<br />
Kuppen <strong>und</strong> luvseitigen Oberhänge durch<br />
Rauhreif besonders gefährdet sind.<br />
Es sind also ganz verschiedene Vorgänge, die zur Belastung<br />
der Baumkrone mit Schnee, Eis oder Rauhreif<br />
führen. Bei der Entstehung von Schäden im <strong>Wald</strong> wirken<br />
sie aber häufig zusammen. Ein Bericht der Bergwetterwarte<br />
auf dem Großen Falkenstein (1313 m)<br />
über Bruchschäden im <strong>Wald</strong> zwischen dem 18. <strong>und</strong> 22.<br />
Februar 1953 soll dies deutlich machen: "Ungewöhnlich<br />
starker Rauhreifansatz führte zu den Bruchschäden.<br />
Unter Rauhreif werden i. a. nur die Nebelfrostablagerungen<br />
verstanden. Hier handelte es sich aber um<br />
eine mehrfache Schichtung aus echtem Rauhreif,<br />
Glatteis durch unterkühlten Regen, Schnee <strong>und</strong><br />
Schnee mit Regen vermischt, also Ablagerungen aus<br />
verschiedenen Witterungsperioden mit mehr oder weniger<br />
starkem Frost der vorangegangenen Wochen<br />
<strong>und</strong> Monate. Stellenweise erreichten sie eine Stärke<br />
von mehr als 40 cm, entsprechend den betreffenden<br />
Windrichtungen in diesem Zeitraum, vornehmlich an<br />
der Südwest- bis Nordwestseite der Baumkronen. Die<br />
Temperaturen lagen bis zum 20. ständig unter dem Gefrierpunkt<br />
. .. Das am 18. mit dem Übergang zur zyklonalen<br />
Westlage einsetzende Tauwetter konnte sich<br />
nur bis in Höhen von ca. 1150 m entscheidend durchsetzen.<br />
Der <strong>Wald</strong>bestand in den Hochlagen darüber<br />
behielt den sehr starken Rauhreif, dessen Gewicht mit<br />
dem in der Nacht zum 18. gefallenen <strong>und</strong> festfrierenden<br />
Schneeregen erheblich zugenommen haben mußte<br />
... " Die Beschreibung zeigt klar, daß sich Schäden im
<strong>Wald</strong> häufig nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen<br />
lassen. Abgesehen vom Nebelfrost, der auch<br />
bei tiefen Temperaturen auftritt, werden vor allem Erscheinungen<br />
bei um den Gefrierpunkt schwankenden<br />
Temperaturen dem <strong>Wald</strong> gefährlich: Naßschnee,<br />
Schneeregen, Rauheis, erneute Naßschneefälle auf<br />
bereits umgebogene Kronen.<br />
Lassen sich schon bei einem unmittelbar zu beobachtenden<br />
Schadensfall oft die verschiedenen Teilursachen<br />
nicht trennen, so ist dies umso weniger möglich,<br />
wenn wir uns an hand der Meldungen der Forstämter<br />
ein Bild über die Häufigkeit <strong>und</strong> dem Umfang von<br />
Schnee-, Duft- <strong>und</strong> Eisschäden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
machen wollen (Tab. 53). Bei der Auswertung der Berichte<br />
über den Zeitraum von 1868 bis 1970 wird daher<br />
nicht nach den drei Schadensursachen unterschieden.<br />
Die meisten "Schneebruchschäden" traten in den Monaten<br />
Dezember bis Februar auf. Vereinzelte starke<br />
Schneefälle im Oktober brechen die belaubte Buche,<br />
vor allem in jüngeren Beständen <strong>und</strong> im Nebenbestand.<br />
Aus Schadensmeldungen mit Angaben der Meereshöhe<br />
wurde die Abb. 37 gezeichnet. Aus ihr ist ein wichtiger<br />
Bef<strong>und</strong> zu entnehmen: Es gibt im Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> keine auf eine bestimmte Höhenlage beschränkte<br />
"Schneebruchzone". Die Darstellung zeigt auch, wie<br />
gefährlich es ist, aus kurzen Beobachtungsreihen zu<br />
weit gehende Schlußfolgerungen in dieser Richtung zu<br />
ziehen. Die Wetterbedingungen, die zu Schäden führen,<br />
können in allen Höhen vorkommen. Bei der Deutung<br />
dieses Ergebnisses ist aber zu berücksichtigen,<br />
daß die Fichtenbestände der Hochlagen, die noch häufig<br />
sehr licht stehen, bezüglich ihrer Schneebruchanfälligkeit<br />
nicht ohne weiteres mit den im allgemeinen<br />
viel dichteren Beständen der Hanglagen zu vergleichen<br />
sind.<br />
Die Angaben der unmittelbar nach den jeweiligen Ereignissen<br />
gefertigten Berichte über den Holzanfall infolge<br />
von Schnee-, Duft- <strong>und</strong> Eisschäden haben sich<br />
als so unzuverlässig erwiesen, daß sie nicht in Tab. 43<br />
aufgenommen sind. Die Aussagekraft solcher Zahlen<br />
wäre ohnedies gering, da häufig junge Bestände betroffen<br />
werden, deren Holz noch nicht verwertbar ist.<br />
Aus Berichten geht klar hervor, daß die Fichte die am<br />
stärksten gefährdete Baumart ist. Die Buche wird nur<br />
im belaubten Zustand beschädigt. Die Tanne ist weit<br />
weniger, der Bergahorn kaum gefährdet.<br />
Die Schneeschäden konzentrieren sich also auf die<br />
Fichte. Sie treten in Dickungen <strong>und</strong> Stangenorten<br />
durch nester- <strong>und</strong> flächenweises Brechen <strong>und</strong> Niederdrücken<br />
in Erscheinung. Junge Fichten in den Hochlagen<br />
leiden besonders durch Abknicken der Stämme<br />
<strong>und</strong> Ausreißen der Äste durch sich setzende Schneedecken.<br />
In Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzern verursacht der<br />
Schnee meist Gipfelbruch.<br />
Schäden durch Rauhfrost treffen wiederum hauptsächlich<br />
die Fichte, jedoch mehr in den älteren, als in<br />
den jüngeren Beständen (BORCHERS 1964). Einzelne<br />
Fichten in den mittelalten Beständen der oberen Hanglagen,<br />
die über das Kronendach der Buche hinausragen,<br />
scheinen durch Rauhreif besonders stark gefährdet<br />
zu sein. Diese Vermutung, die auf Beobachtungen<br />
im Winter 1969/70 beruht, sollte überprüft werden.<br />
Insgesamt ergibt sich, daß die Druck- <strong>und</strong> Bruchschäden,<br />
welche Schnee, Duft <strong>und</strong> Eis an den Bäumen anrichten<br />
können, in allen Höhenlagen des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
einen bedeutenden Standortsfaktor darstellen.<br />
Die Widerstandsfähigkeit gegen derartige Ereignisse<br />
bildet daher eine Existenzfrage für die <strong>Wald</strong> bestände.<br />
3.2.3 Schäden durch Winterfrost<br />
Die Frostresistenz der Pflanzen (siehe MITSCHERLICH<br />
1971) unterliegt einem deutlichen Jahresgang. Sie ist<br />
im Sommer am geringsten, im Winter am größten. Gewöhnlich<br />
geht die Zunahme der Frostrestistenz im<br />
Herbst <strong>und</strong> Winter dem Absinken der Temperatur so<br />
weit voraus, daß keine Schäden auftreten. Kälteperioden<br />
erhöhen die Frosthärte, warme Abschnitte vermindern<br />
sie. Winterfrostschäden an den heimischen<br />
<strong>Wald</strong>bäumen kommen nur bei extremen Kälteperioden<br />
vor, wie sie beispielsweise in den Wintern 1928/29,<br />
1939/40 <strong>und</strong> 1955/56 aufgetreten sind.<br />
Die Berichte der Forstämter seit 1885 enthalten nur<br />
spärliche Angaben über Winterfrostschäden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet.<br />
Selbst in dem extrem kalten Winter<br />
1928/29, der nach GEIGER (1959) für Berlin der strengste<br />
Winter zwischen 1766 <strong>und</strong> 1954 war, traten außer<br />
Nadelrötungen an den unteren Zweigen stark besonnter<br />
Tannen keine Schäden auf. Aus dem Winter 19391<br />
40 fehlen wegen des Krieges zuverlässsige Berichte.<br />
Einen ganz ungewöhnlichen Verlauf nahm der Winter<br />
1955/56, in dem ein relativ warmer Januar mit einem<br />
141
extrem kalten Februar zusammentraf. Der Februar<br />
1956 brachte mit minus 12,4° C das tiefste Monatsmittel,<br />
das auf dem Hohenpeißenberg seit Beginn der<br />
Temperaturmessungen im Jahre 1781 verzeichnet ist<br />
(GRUNOW, GREBE <strong>und</strong> HEIGEL 1957). In der ganzen<br />
Reihe folgte niemals ein Februar mit einer MitteItemperatur<br />
unter minus 8° C auf einen ähnlich warmen Januar.<br />
Die tiefen Temperaturen des Februar dürften gerade<br />
wegen der vorausgegangenen Wärmeperiode<br />
die Bäume besonders hart getroffen haben.<br />
Im Februar 1956 wurden im Bayerischen <strong>Wald</strong> folgende<br />
Temperaturminima erreicht:<br />
Großer Falkenstein (1307 m) -29,7°C<br />
Finsterau (1000 m) -30,2°C<br />
Zwiesel ( 590 m) -31,2° C<br />
Nennenswerte Schäden traten nur an der Tanne auf<br />
<strong>und</strong> bestanden hier vor allem in der Rötung eines mehr<br />
oder minder großen Teils der Nadeln, vor allem der älteren<br />
Jahrgänge. Das stimmt mit JAHNEL (1959) überein,<br />
der angibt, daß Tannennadeln ab etwa minus 27°C<br />
erfrieren. Im folgenden Sommer erholten sich auch<br />
Bäume wieder, die zunächst verlorengegeben wurden.<br />
Durch Jahrringanalysen sollte geklärt werden, ob Tannen<br />
im Winter 1955/56 länger nachwirkende Frostschäden<br />
erlitten haben.<br />
3.2.4 Schäden durch Spätfrost<br />
Nach GEIGER, WOELFLE <strong>und</strong> SEIP (1933 <strong>und</strong> 1934)<br />
<strong>und</strong> GEIGER (1961) lassen sich zwei Formen von Spätfrösten<br />
unterscheiden:<br />
- Advektivfröste<br />
entstehen durch den Antransport von Kaltluft, sind<br />
also großräumig durch die Wetterlage bedingt <strong>und</strong><br />
mit mehr oder minder starkem Wind verb<strong>und</strong>en. Je<br />
höher ein Ort liegt, desto frostgefährdeter ist er.<br />
Häufig treten dabei Schneeschauer auf.<br />
- Strahlungsfröste<br />
kommen durch nächtliche Ausstrahlung <strong>und</strong> Windstille<br />
bei klarem Himmel zustande. Der Frost ist dort<br />
am schärfsten, wo die gebildete Kaltluft nicht nach<br />
unten abfließen kann. Das gilt vor allem für die boden<br />
nahe Luftschicht in schwach fallenden Tälern,<br />
142<br />
die in Abschn. 3.1.4.3.1 als Tallagen mit Kaltluftstau<br />
ausgeschieden sind.<br />
Zu Frostschäden führt fast stets das Zusammenwirken<br />
beider Vorgänge: "Der Antransport der Kaltluftmasse<br />
senkt das Temperaturniveau bis zum Gefahrenbereich<br />
ab, die nachfolgende Ausstrahlung führt bis zum Tod<br />
der Pflanzen." (GEIGER 1961). An den Temperaturprofilen<br />
in Abb. 9 haben wir gesehen, daß auch das gleichzeitige<br />
Auftreten eines Advektivfrostes in den hohen<br />
Lagen <strong>und</strong> eines Strahlungsfrostes in den Tallagen<br />
denkbar ist, daß aber die warme Hangzone hierbei<br />
frostfrei bleiben kann.<br />
Die Baumarten sind in sehr unterschiedlichem Maße<br />
durch Spätfröste gefährdet. Am häufigsten wird die<br />
früh austreibende Buche betroffen, viel weniger häufig<br />
die Fichte, deren junge Triebe später erscheinen. Tanne<br />
<strong>und</strong> Bergahorn, deren Knospen sich noch später als<br />
die der Fichte öffnen (BAUMGARTNER, KLEINLEIN<br />
<strong>und</strong> WALDMANN 1956), schädigt der Spätfrost seltener.<br />
In Tab. 54 sind die Nachrichten gesammelt, die über<br />
Spätfrostschäden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet aus den Akten<br />
zu entnehmen waren. Im Zeitraum von 1882 bis<br />
1970 wird von den Forstämtern über 18 Fälle berichtet;<br />
das bedeutet etwa jedes 5. Jahr einen Spätfrostschaden.<br />
Berücksichtigt man, daß sicherlich nicht über alle<br />
Schadensereignisse Meldungen vorliegen, dann erkennt<br />
man, daß Spätfröste - die auch im Juni nicht seiten<br />
sind - im Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s einen bedeutenden<br />
Standortsfaktor darstellen.<br />
Bei den meisten aufgeführten Spätfrösten läßt sich<br />
aufgr<strong>und</strong> der Beschreibung einigermaßen zuverlässig<br />
feststellen, ob er durch Advektion oder Strahlung zustandegekommen<br />
ist.<br />
Es sprechen für<br />
Advektivfrost<br />
- Schäden nur in höheren Lagen<br />
- Wind <strong>und</strong> Schneefall<br />
- Schäden an freistehenden <strong>und</strong> überschirmten<br />
Bäumen aller Altersklassen<br />
Strahlungsfrost<br />
- Schäden nur in unteren Lagen<br />
(Tallagen, "Umgebung der Auen")<br />
- klarer Himmel, Windstille<br />
- Schäden nur an freistehenden Bäumen<br />
oder nur an Jungwuchs auf der Freifläche.
Zeit<br />
Datum<br />
Anfang bis<br />
21.5.1904<br />
9./10.5.<br />
1926<br />
9.-14.5.<br />
1953<br />
Höhenlage der<br />
Be sohädi gungen'<br />
(m NN)<br />
Tallagen<br />
Tallagen<br />
untere Hälfte<br />
des Forstamtes<br />
bil zu 800<br />
in freien ungeschützten<br />
Lagen<br />
über 950<br />
über 1000<br />
Tabelle 54/3<br />
Sohadensereignis<br />
Spätfrost<br />
starker Frost<br />
starker Frost<br />
wahrscheinl.<br />
neben Stranlungsfrost<br />
auch Einbruch<br />
von kalten<br />
Luftmassen<br />
Nachtfrost<br />
Spätfrost<br />
Schaden<br />
an Bu-Verjüngungen<br />
an der Bu<br />
am Du-Laub I selbst<br />
Alt-Du <strong>und</strong> Bu unter<br />
Fichten wurden beschädigt.<br />
an freistehenden Du<br />
Gruppen <strong>und</strong> Horstenl<br />
auch an Bu-Altholzbeständen<br />
noch Frostwirkung<br />
am Gipfel<br />
an freistehenden Bu<br />
Verjüngungen ist das<br />
gesamte Laub, bei Stangenhölzern<br />
<strong>und</strong> Alt-Bu<br />
das Laub der Randbäume<br />
<strong>und</strong> des freistehenden<br />
Gipfelteils vernichtet.<br />
an Bu-Verjüngungen<br />
an neuen Trieben sowie<br />
am Laub der Bu-Verjüngung<br />
bis auf 4 - 5 m<br />
Höhe<br />
Gebiets-I<br />
AbachniÜ<br />
Ir<br />
II<br />
III<br />
II<br />
III<br />
III<br />
II<br />
am Bu-Laub auf freien 111<br />
Flächen, wie auch Bestandslüoken<br />
am Laub der Bu-Verjüngung 11<br />
<strong>und</strong> z.Teil auch an den<br />
jungen Trieben der Fi<br />
bis zu einer Höhe von<br />
oa. 4 m<br />
mehrtägiger in Bu-Beständen aller I<br />
Sohneefall u. Altersklassen<br />
Frost<br />
(Buchenaustrieb 14 Tage 11<br />
früher als sonst)<br />
Bu auoh in älteren Beständen<br />
145
3.2.5 Schäden durch Dürre<br />
Im Zeitraum von 1885 bis 1970 sah sich die Forstverwaltung<br />
nur zweimal veranlaBt, von den Forstämtern in<br />
Niederbayern <strong>und</strong> der Oberpfalz Berichte über Dürreschäden<br />
einzufordern, nämlich in den Jahren 1904 <strong>und</strong><br />
1947. Die Niederschlagsverhältnisse in diesen Jahren<br />
lassen sich im Vergleich zu anderen relativ trockenen<br />
Jahren anhand der langjährigen Beobachtungen der<br />
Station Metten in etwa beurteilen (Tab. 45).<br />
Während bei der Sommerdürre des Jahres 1904 im<br />
Flachland in erheblichem Umfang Forstkulturen abstarben,<br />
besonders an trockenen <strong>und</strong> stark besonnten<br />
Standorten, meldeten vier der fünf Forstämter im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
keinerlei Schäden. Das Forstamt Klingen<br />
brunn (Gebiets-Abschn. 11) schreibt, es seien "keine<br />
erheblichen Schäden" entstanden. Nähere Angaben<br />
fehlen.<br />
GEIGER (1959) kam aufgr<strong>und</strong> der Niederschlagsmessungen<br />
von Bamberg zu dem Ergebnis, daß das Dürrejahr<br />
1947 das schwerste zwischen 1880 <strong>und</strong> 1954 war.<br />
In der Trockenzeit, die von Ende Juli bis Anfang November<br />
währte, waren die Verhältnisse ähnlich wie<br />
1904: bedeutende Schäden im Flachland, nur geringe<br />
Schäden in den Gebirgen. Ein Gutachten des Meteorologischen<br />
Instituts München stellte fest, daß sich in den<br />
Niederschlagskarten der Trockenzeit die Gebirge<br />
noch stärker als begünstigte Gebiete herausheben als<br />
in den Karten der mittleren Niederschläge. Die Berglagen<br />
blieben daher ziemlich schadensfrei.<br />
Im Flachland entfielen weitaus die meisten Schäden<br />
auf die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets<br />
angesiedelte Fichte, die in neu angelegten sowie<br />
ein- bis zehnjährigen Kulturen besonders schwer betrotten<br />
wurde. Darüber hinaus starben aber Fichten aller<br />
Altersklassen flächig ab, wobei die Ausfälle mit zunehmendem<br />
Alter geringer wurden. Vereinzelt ging<br />
Buchenaufschlag aus der Mast 1946 ein. Nur ganz seiten<br />
wird über das Absterben einzelner älterer Buchen<br />
<strong>und</strong> Tannen berichtet.<br />
Im <strong>Nationalpark</strong>gebiet hatte die Dürre weit geringere<br />
Folgen. Schäden traten hier vor allem bei den Fichtenkulturen<br />
von 1947 sowie bei ein- <strong>und</strong> zweijährigen Fichten-<br />
<strong>und</strong> Buchen-Naturverjüngungen auf, besonders<br />
an exponierten GeländesteIlen. Nie wird in diesem Zusammenhang<br />
die Tanne erwähnt. Es waren also offenbar<br />
nur die obersten Bodenhorizonte, vielleicht nur die<br />
organische Auflage, stark ausgetrocknet.<br />
Ältere Bäume starben nach Berichten aus den Jahren<br />
1947 <strong>und</strong> 1948 nicht in erheblichem Umfang ab. Nur in<br />
wenigen Fällen wird aus dem Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> der Ausfall von Einzelbäumen oder kleinen Partien<br />
der Fichte auf trockenen, felsigen Standorten, vor<br />
allem an Südhängen, angezeigt. In den Jahren 1947<br />
<strong>und</strong> 1948 war auch im Bayerischen <strong>Wald</strong> mit dem <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
ein verstärktes Absterben von Alttannen<br />
zu beobachten, das in einzelnen Forstämtern einen<br />
Holzanfall von einigen H<strong>und</strong>ert Festmetern brachte.<br />
Stets enthalten die Berichte im Zusammenhang mit<br />
dem Absterben alter Tannen Angaben über besondere<br />
Umstände: felsige oder blockreiche <strong>Böden</strong> auf Graten<br />
oder an Südhängen, Vorkommen der Tanne als Überhälter<br />
oder an südlichen Bestandsrändern, starkes<br />
Auftreten des Tannenkrebses. Fast immer wird ein erheblicher<br />
Befall durch Ips curvidens erwähnt, der wohl<br />
als Folge der außergewöhnlichen Witterung angesehen<br />
werden muß, der aber wesentlich zum Tod der<br />
Tanne beigetragen haben kann. Die vorhandenen Unterlagen<br />
gestatten also kein eindeutiges Urteil über die<br />
Ursache des damaligen Tannensterbens.<br />
Faßt man all diese Beobachtungen zusammen, so ergibt<br />
sich, daß Dürre während der Vegetationszeit im<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet als Standortsfaktor keine wesentliche<br />
Rolle spielt. Das ist auch nicht anders zu erwarten,<br />
wenn man die Wasserspeicherung der Schneedecke,<br />
die hohen Niederschläge während der Vegetationszeit<br />
<strong>und</strong> die große Speicherleistung der <strong>Böden</strong> für pflanzenverfügbares<br />
Wasser berücksichtigt. Selbst im<br />
Trockenjahr 1947 - im einzigen, in dem zwischen 1885<br />
<strong>und</strong> 1970 Schäden aus dem Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong><br />
gemeldet wurden - starb nur der jüngste Anflug von<br />
Fichte <strong>und</strong> Buche ab. Ausfälle an älteren Fichten beschränkten<br />
sich auf extreme Standorte. Verstärktes<br />
Absterben von Alttannen ist möglicherweise nicht allein<br />
auf die Dürre zurückzuführen, wenngleich diese<br />
mitgewirkt haben dürfte.<br />
3.3 Ausscheidung von Höhenstufen<br />
In den vorigen Abschnitten war von den einzelnen klimatischen<br />
Faktoren <strong>und</strong> ihrer ökologischen Bedeutung,<br />
sowie von Schäden an <strong>Wald</strong>bäumen zufolge von<br />
Wetterereignissen die Rede. Nun gilt es, die dort gegebenen<br />
klimatischen Informationen zusammenzufas-<br />
147
Blockböden <strong>und</strong> Lockerbraunerde sind in ihrer Verbreitung<br />
wiederum stark von der Geländeform abhängig.<br />
Die Grenze zwischen oberen <strong>und</strong> unteren Hanglagen<br />
trennt also zugleich Bereiche verschiedenen Geländereliefs.<br />
Es hätte nahe gelegen, die Trennlinie entsprechend<br />
den thermischen Verhältnissen an den Hangexpositionen<br />
zu variieren, sie hätte also am Südhang höher liegen<br />
müssen als am Nordhang. Aus den Messungen der<br />
wirksamen Mitteltemperatur nach PALLMANN im Juli!<br />
August 1970 geht hervor, daß in Höhenlagen von 900-<br />
1000 m im Stamm raum des <strong>Wald</strong>es vergleichbare<br />
thermische Verhältnisse am Südhang zwischen 50 <strong>und</strong><br />
100 m höher anzutreffen sind als am Nordhang. Daraus<br />
wird die geringe Größenordnung der Unterschiede<br />
klar. Möglicherweise würden aber bei Messungen auf<br />
der Freifläche oder im Kronenraum des <strong>Wald</strong>es andere<br />
Differenzen zwischen den Expositionen herauskommen.<br />
Mit anderen Worten: Die wirksame MitteItemperatur<br />
im Stammraum ist nur einer unter mehreren möglichen<br />
ökologischen Weisern. Es wäre zu gewagt, auf<br />
ihr allein die Trennung der Hangzone aufzubauen, zumal<br />
sich nur relativ geringe Unterschiede zwischen<br />
den Expositionen ergeben haben. So erscheint es besser,<br />
von einer nach Geländemerkmalen gezogenen<br />
Leitlinie in 900 m Höhe auszugehen, <strong>und</strong> sich darüber<br />
150<br />
klar zu sein, daß eine nach thermischen Gesichtspunkten<br />
gezogene Grenze am Nordhang tiefer, am Südhang<br />
höher verlaufen müßte.<br />
Die in die Hänge eingeschnittenen Täler (Hangtäler)<br />
nehmen klimatisch eine Sonderstellung ein. In klaren<br />
Nächten sinken die Temperaturen nicht besonders tief<br />
ab, da die Kaltluft sich nicht staut (Abschn. 3.1.4.3.2).<br />
Tagsüber erwärmen sie sich weniger stark als die umliegenden<br />
Hänge (Abschn. 3.1.4.3.3) <strong>und</strong> behalten daher<br />
eine höhere relative Luftfeuchte. Auch die Verspätung<br />
der Schneeschmelze <strong>und</strong> des Buchenaustriebs<br />
gegenüber den Hängen belegen das kühlere <strong>Klima</strong>. Die<br />
Hangtäler mit ihrem thermisch ausgeglichenen <strong>und</strong><br />
luftfeuchten Sonderklima wurden kartenmäßig nicht<br />
eigens ausgeschieden, da sie aus der Topographie jederzeit<br />
zu entnehmen sind. Auch die Karten der wirksamen<br />
Mitteltemperatur, der Schneeschmelze <strong>und</strong><br />
des Buchenaustriebs geben hierfür Hinweise.<br />
In Karte Nr. 1 sind die ausgeschiedenen Höhenstufen<br />
eingezeichnet. Die wesentlichen <strong>Klima</strong>daten zu ihrer<br />
Charakterisierung können aus Tabelle 56 entnommen<br />
werden. Die Benennung der Höhenstufen richtet sich<br />
nach den im Bayerischen <strong>Wald</strong> schon bisher üblichen<br />
Bezeichnungen; es wurden jedoch neue Kriterien für<br />
die Abgrenzung dieser Stufen entwickelt.
Gneise bilden auf zweidrittel der <strong>Nationalpark</strong>fläche den<br />
Felsuntergr<strong>und</strong>. Sie verwittern oft blättrig, während die Granite<br />
meist in größere Blöcke zerfallen.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
151
4. Geologie<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage für den folgenden Abschnitt dienen die<br />
neueren geologischen Arbeiten über den Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>. Es sind das die Geologische Karte von Bayern<br />
1 :500000 mit Erläuterungen (1964), ein Führer zu geologisch-petrographischen<br />
Exkursionen in den Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> (TROLL u. a. 1967) mit einer geologischen<br />
Übersichtskarte 1:100000 <strong>und</strong> das zu Vergleichen geeignete<br />
Gradabteilungsblatt 6945 Zwiesel der Geologischen<br />
Karte von Bayern 1 :25000 (MADEL, PRO<br />
PACH <strong>und</strong> REICH, 1968). Mit den Verwitterungsvorgängen<br />
während des Tertiärs, <strong>und</strong> vor allem mit den Bildungen<br />
des Pleistozäns befaßten sich PRIEHÄUSSER<br />
(1928,1929,1930,1931 (a), 1938, 1951, 1952 (e), 1956<br />
(a), 1956 (b), 1958 (a), 1958 (d), 1959, 1961,1963 (a, b),<br />
1966,1968), RATHSBURG (1928, 1930, 1932 - 35) <strong>und</strong><br />
ERGENZINGER (1965).<br />
Eine geologische Karte des <strong>Nationalpark</strong>gebietes im<br />
Maßstab 1 :25000 wurde durch Dr. W. BAUBERGER<br />
vom Bayerischen Geologischen Landesamt erarbeitet.<br />
Mitverwendet wurden von ihm die in drei unveröffentlichten<br />
Diplomarbeiten enthaltenen geologischen Aufnahmen<br />
von Teilbereichen der Gradabteilungsblätter<br />
7046 Spiegelau <strong>und</strong> 7047 Finsterau (BROCKAMP<br />
1968, GEBAUER 1969, <strong>und</strong> VOLLMER 1969).<br />
Auf die angeführte Literatur <strong>und</strong> auf mündliche Auskünfte<br />
von Dr. W. BAUBERGER, mit dem während der<br />
Außenarbeiten ein ständiger Kontakt bestand, sowie<br />
auf eigene Beobachtungen stützt sich die Darstellung<br />
im folgenden Abschnitt, die bei der gegebenen Sachlage<br />
nur vorläufigen Charakter haben kann. Sie beschränkt<br />
sich auf die wesentlichen erdgeschichtlichen<br />
Zusammenhänge <strong>und</strong> auf die Beschreibung der Gesteine<br />
<strong>und</strong> Umwandlungsprodukte von Gesteinen, die<br />
als Ausgangsmaterial der Bodenbildung im Gebiet des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s vorhanden sind. Demnach kommen im<br />
folgenden Abschnitt zur Sprache:<br />
- Entstehung, Bau <strong>und</strong> Gesteine des Gr<strong>und</strong>gebirges,<br />
- Zersatz der kristallinen Gesteine,<br />
- Ablagerungen aus den Eiszeiten.<br />
4. 1. Gr<strong>und</strong>gebirge<br />
4. 1.1 Entstehung <strong>und</strong> Bau des Gr<strong>und</strong>gebirges<br />
Der Bayerische <strong>Wald</strong> ist das südwestliche Randgebiet<br />
der böhmischen Masse. Er gehört zu deren ältestem<br />
152<br />
Teil, der moldanubischen Region, die sich jenseits der<br />
Grenze fortsetzt <strong>und</strong> etwa die Süd hälfte Böhmens einnimmt.<br />
Seine Randlage rührt von gewaltigen Verwerfungen<br />
her, die entlang dem Lauf der Donau (Donaurandbruch)<br />
das südwestliche Vorland staffelbruchartig<br />
abgesenkt haben. Ihre Sprung höhe beträgt beispielsweise<br />
im Raum von Straubing 1800 m (TILLMANN<br />
1968, zitiert nach BAUBERGER 1970) ist also dem heutigen<br />
Anstieg des Alpenrandes vergleichbar (BAUBER<br />
GER 1964). Gegen Westen trennt eine ähnliche Verwerfung<br />
(Keilberg-Naabtal-Störung) den Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> vom mesozoischen Vorland.<br />
Das Gr<strong>und</strong>gebirge, das bereits frühzeitig als eine ältere<br />
Einheit vom Deckgebirge unterschieden worden ist,<br />
setzt sich unter den jüngeren Ablagerungen gegen Süden<br />
<strong>und</strong> Südwesten fort. Es ist in jüngerer Zeit durch<br />
zahlreiche Bohrungen unter dem Bayerisch-Schwäbischen<br />
Molassebecken nachgewiesen worden, so daß<br />
heute eine Verbindung zum Südschwarzwald als gesichert<br />
gilt (TROLL u. a. 1967). Zwei große Störungen untergliedern<br />
den Bayerischen <strong>Wald</strong>. Die von NW nach<br />
SO verlaufende Pfahlzone bildet eine deutliche geologische<br />
Grenze zwischen dem Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> <strong>und</strong> dem Vorderen Bayerischen <strong>Wald</strong>. Parallel<br />
dazu zieht im Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong> eine Störung<br />
von R<strong>und</strong>ing über Kötzting nach SO.<br />
Die Gebirgskämme des Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong>es<br />
sind vorwiegend aus Paragneisen aufgebaut. Diese gehen<br />
zurück auf eine mächtige Folge sandig-toniger Sedimente,<br />
die im Algonkium oder noch früher abgelagert<br />
<strong>und</strong> später verfaltet <strong>und</strong> in Gneise umgewandelt<br />
wurden: "Im Verlauf dieser metamorphen Vorgänge<br />
kam es zu partiellen Aufschmelzungen, stellenweise<br />
auch zu Mobilisationen größeren Ausmaßes" (BAU<br />
BERG ER 1972). Es intrudierten in bedeutendem Umfang<br />
Gesteine, vor allem solche granitischer Zusammensetzung.<br />
Die älteren von ihnen wurden noch von<br />
der Durchbewegung erfaßt <strong>und</strong> in Orthogneise umgewandelt<br />
(BAU BERG ER 1972). Die Vorgänge der Verfaltung,<br />
Metamorphose, Aufschmelzung <strong>und</strong> Intrusion erfolgten<br />
in mehreren Phasen. Geschichte <strong>und</strong> Bau des<br />
Gr<strong>und</strong>gebirges sind deshalb verwickelt <strong>und</strong> noch in<br />
vielen Einzelheiten ungeklärt.<br />
Die Verfaltung <strong>und</strong> Aufschmelzung endete nach neueren<br />
Altersbestimmungen (TROLL u. a. 1967) mit der<br />
variskischen Gebirgsbildung, war also zu Beginn des<br />
Mesozoikums bereits abgeschlossen.
Zeiten verstärkter Bruchtektonik traten in der Endphase<br />
der variskischen Faltung <strong>und</strong> in späteren Epochen,<br />
z. B. der Oberkreide <strong>und</strong> dem Tertiär auf (TROLL u. a.<br />
1967); sie führten zur tektonischen Hebung einzelner<br />
Blöcke im Jungtertiär (MADEL, PROPACH <strong>und</strong> REICH<br />
1968) <strong>und</strong> trugen dadurch zur Gestaltung der heutigen<br />
Landschaftsformen bei.<br />
Seit dem Perm ist die moldanubische Region im westlichen<br />
ein Hochgebiet, das der Abtragung unterliegt.<br />
DUDEK <strong>und</strong> SUK (1965, zitiert nach TROLL u. a. 1967)<br />
schätzen die post karbonische Denudation auf 1500 m.<br />
4.1.2 Gesteine des Gr<strong>und</strong>gebirges im<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
Die Darstellung beschränkt sich auf die für die Bodenbildung<br />
wichtigeren Gesteine. Sie stützt sich vor allem<br />
auf BROCKAMP (1968) <strong>und</strong> GEBAUER (1969). Die vielfältigen<br />
unterscheidbaren Gesteinstypen werden zu<br />
Gruppen zusammengefaßt.<br />
Cordieritgneise<br />
Den westlichen <strong>und</strong> südlichen, sowie den nordöstlichen<br />
Teil des <strong>Nationalpark</strong>gebietes nehmen Cordieritgneise<br />
ein. Sie bilden auf schätzungsweise zwei Dritteln<br />
der Fläche den Felsuntergr<strong>und</strong>.<br />
An frischen Bruchflächen zeigen sie eine dunkel-graublaue<br />
Färbung, die auf den Gehalt an Cordierit <strong>und</strong> Biotit<br />
zurückgeht. Meist ist eine Sonderung in dunklere<br />
<strong>und</strong> hellere Lagen <strong>und</strong> häufig eine starke Verfaltung zu<br />
erkennen. Nach dem Gefüge <strong>und</strong> der Mineralzusammensetzung<br />
können mehrere Typen unterschieden<br />
werden, die sich jedoch in ihrem Stoffbestand nicht<br />
wesentlich unterscheiden. Als Hauptgemengteile treten<br />
Quarz, Cordierit, Kalifeldspat, Biotit <strong>und</strong> Plagioklas<br />
auf. Als konkordante Einlagerungen kommen in den<br />
Cordieritgneisen, vor allem im Gebiet östlich des Rachels,<br />
Biotit-Plagioklasgneise <strong>und</strong> Kaltsilikatfelse vor.<br />
Die Cordieritgneise verwittern infolge der Zersetzung<br />
eisenreicher Mineralien rötlich braun. Sie neigen weit<br />
weniger zur blockigen Absonderung als die Granite<br />
<strong>und</strong> bilden daher auch nur selten Blockhalden. Die Vergrusung<br />
reicht im allgemeinen weniger tief als bei den<br />
Graniten.<br />
Glimmergneis<br />
Nur an zwei Stellen des Hauptkammes, nämlich nördlich<br />
des Großen Rachel (zwischen dem Großen Rachelbach<br />
<strong>und</strong> der böhmischen Grenze) <strong>und</strong> zwischen<br />
dem Großen <strong>und</strong> Kleinen Spitzberg tritt im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
Glimmergneis auf; er leitet zu den geringer<br />
metamorphen Gesteinen über <strong>und</strong> wird als "Dach" des<br />
Moldanubikums angesehen.<br />
Bei klein- bis mittelkörnigem Gefüge wird das Aussehen<br />
des Gesteins durch schwach wellig verbogene<br />
Biotitlagen bestimmt, die durch Linsen aus Quarz <strong>und</strong><br />
Feldspat getrennt sind. Unter den Mineralbestandteilen<br />
überwiegt der Quarz. Daneben kommen als Hauptgemengteile<br />
Kalifeldspat, Plagioklas <strong>und</strong> Biotit vor.<br />
Infolge der durchgehenden Biotitlagen ergibt sich bei<br />
der Verwitterung eine plattige Absonderung. Diese<br />
macht sich bei der Bodenkartierung dadurch unangenehm<br />
bemerkbar, daß die flach liegenden Gesteinstrümmer<br />
das Einschlagen des Bohrstockes häufig verhindern.<br />
Körnelgneis<br />
In mehreren kleinen Vorkommen tritt der Körnelgneis<br />
auf, teilweise - wie in der Umgebung des Bahnhofs<br />
Klingenbrunn - in Wechsellagerung mit Granat<br />
Metaaplit.<br />
Es handelt sich um ein mittel- bis grobkörniges<br />
schwarz-weiß gesprenkeltes Gestein mit meist deutlicher<br />
Paralleltextur <strong>und</strong> bis 1 cm großen Feldspäten.<br />
Plagioklas, Kalifeldspat, Quarz <strong>und</strong> Biotit sind die<br />
Hauptgemengteile.<br />
Der Körnelgneis ist an seinen Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
fast immer tiefgründig vergrust.<br />
Kristallgranite<br />
Die zweite, flächen mäßig bedeutsame Gesteinsart neben<br />
den Cordieritgneisen bilden die Kristallgranite. Sie<br />
kommen um den Steinkopf <strong>und</strong> Feistenberg vor. Ostwärts<br />
der Abteilung Mühlbuchethäng im Gebiets<br />
Abschn.1I1 bilden sie den Hauptkamm des Gebirges.lhre<br />
südwestliche Grenze gegen die Cordieritgneise verläuft<br />
über die Fredenbrücke (Punkt 839 an der Kleinen<br />
Ohe) zum <strong>Wald</strong>häuserriegel, überquert an der Nordgrenze<br />
der Abt. Rindelberg (Gebiets-Abschn. IV), beim<br />
153
Punkt 825 das Sagwasser <strong>und</strong> zieht dann nördlich am<br />
Steinbergmassiv vorbei zum Reschwasser. Nördlich<br />
<strong>und</strong> östlich vom Steinfleckberg verzahnt sich Granit<br />
mit Cordieritgneis, wobei letzterer überwiegt.<br />
Die Kristallgranite bestehen aus einer mittel- bis grobkörnigen<br />
Gr<strong>und</strong>substanz, in die bis mehrere cm große,<br />
meistens parallel geregelte Kalifeldspäte eingelagert<br />
sind. Hauptgemengteile sind Quarz, Plagioklas <strong>und</strong> Kalifeldspat<br />
zu etwa gleichen Teilen; Biotit ist weniger<br />
stark vertreten.<br />
Die Kristallgranite bilden bei der Verwitterung häufig<br />
große Blöcke. Blockfelder kommen daher in der Regel<br />
hier, nicht in den Cordieritgneisen vor. Die Kristallgranite<br />
sind außerdem meist wesentlich tiefgründiger vergrust<br />
als die Cordiergneise.<br />
Fein- bis mittel körnige Granite<br />
Die fein- bis mittel körnigen Granite treten im wesentlichen<br />
in Form von Gängen auf, die sowohl den Cordieritgneis,<br />
als auch den Kristallgranit durchsetzen können.<br />
Das Gestein ist fein- bis mittelkörnig <strong>und</strong> weißlich gefärbt.<br />
Kalifeldspat, Quarz <strong>und</strong> Plagioklas bilden die<br />
Hauptmasse, dazu kommen Muskovit <strong>und</strong> - in wechselnden<br />
Anteilen - Biotit.<br />
Wie der Kristallgranit neigt der fein- bis mittelkörnige<br />
Granit zum Zerfall in Blöcke. Tiefgründig vergrust liefert<br />
er einen feinen Sand, der häufig abgebaut wird.<br />
Sonstige Gesteine<br />
Vor allem an Hängen, wo in den einstmals bewegten<br />
Schuttdecken die Grenzen der Gesteine verwischt<br />
sind, haben kleine Vorkommen für die Bodenbildung<br />
keine wesentliche Bedeutung. So treten im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
auf geringen Flächen - meist in Form von<br />
Gängen oder Linsen - noch weitere Gesteine wie Granat-Metaaplit,<br />
Turmalinaplit, Pegmatit, Quarz, Amphibolit,<br />
Redwitzit <strong>und</strong> Nadeldiorit auf.<br />
Der an zwei Stellen auf nur ganz kleinen Flächen vorkommende<br />
Serpentinit fällt durch die <strong>Böden</strong> aus dem<br />
Rahmen, die sich aus diesem Gestein gebildet haben<br />
(siehe Abschn. 5.2.3.1).<br />
4.2 Zersatz der kristallinen Gesteine<br />
Wie für andere Mittelgebirge ist es auch für den Bayeri-<br />
154<br />
schen <strong>Wald</strong> typisch, daß die kristallinen Gesteine mehr<br />
oder minder tiefgründig vergrust sind; man nennt das<br />
Verwitterungsprodukt auch Zersatz. Das ursprüngliche<br />
Gefüge der Gesteine ist noch gut erkennbar. Der<br />
Verband der Mineralien ist aber soweit gelockert, daß<br />
das Material mit dem Spaten abgestochen werden<br />
kann. Außer dem Quarz sind die Mineralien teilweise<br />
oder auch vollständig verwittert; häufig sind Feldspäte<br />
in Kaolin umgewandelt. Nach unten hin geht der Zersatz<br />
allmählich in das feste Gestein über. PRIEHÄUS<br />
SER erwähnt Aufschlüsse im Zersatz bis zu 20 m Tiefe.<br />
Große Zersatzmächtigkeiten sind nur auf Verebnungsflächen<br />
zu erwarten, wo das lockere Material in der Eiszeit<br />
nicht abgetragen werden konnte. Granite sind im<br />
allgemeinen tiefgründiger vergrust als Gneise.<br />
Der Vorgang der Vergrusung wird mit den Wirkungen<br />
eines tropischen <strong>Klima</strong>s in Verbindung gebracht; er<br />
wird allgemein ins Tertiär gestellt (HÖVERMANN 1951,<br />
PRIEHÄUSSER 1968). Für diese Datierung sind vor allem<br />
die Reste von Roterden maßgebend, die in räumlichem<br />
Zusammenhang mit den Zersatzdecken vorkommen.<br />
Der Zersatz ist als Ausgangsmaterial <strong>und</strong> drainierende<br />
Unterlage der <strong>Böden</strong> sowie als Wasserspeicher von<br />
großer Bedeutung für die gesamte Landschaft.<br />
4.3 Ablagerungen aus den Eiszeiten<br />
4.3.1 Bildungen der eiszeitlichen Gletscher<br />
Über die Erscheinungen, welche die Eiszeiten für den<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> brachten, herrschte länger Unklarheit,<br />
als bei anderen deutschen Mittelgebirgen.<br />
RATHSBURG (1928) gibt einen ausführlichen Überblick<br />
über die Forschungsgeschichte, dem im folgenden<br />
die wichtigsten Daten entnommen werden.<br />
GÜ<strong>MB</strong>EL stellte 1868, also zu einer Zeit, zu der der<br />
Feldsee im Schwarzwald bereits als glazialer Karsee<br />
erkannt war, das Fehlen von eindeutigen Spuren einer<br />
Vergletscherung ausdrücklich fest. PARTSCH (1882)<br />
brachte die Seen des Bayerischen <strong>Wald</strong>es mit Glazialerscheinungen<br />
der Vorzeit in Verbindung <strong>und</strong> erhärtete<br />
das durch eine vollkommen korrekte Beschreibung<br />
des Moränengeländes unterhalb des Kleinen Arbersees.<br />
Auch PENCK (1882) vermutete in den Seen des Böhmerwaldes<br />
Spuren der Eiszeit. Die wesentlichen Aus-
sagen einer 1886 erschienenen Arbeit von BA YBER<br />
GER, nach der Gletscherschliffe <strong>und</strong> Moränen noch<br />
wenig nördlich von Passau <strong>und</strong> Regensburg vorkommen<br />
sollen, wurden von PENCK, BÖHM <strong>und</strong> RODLER<br />
(1887) zit. nach RATHSBURG 1928) "ins Schattenreich<br />
verwiesen". GÜ<strong>MB</strong>EL lehnte noch 1894 eine glaziale<br />
Entstehung der Böhmerwaldseen ab.<br />
In den folgenden Jahrzehnten herrschte weitgehend<br />
Unsicherheit über den Umfang eiszeitlicher Gletscher<br />
im Bayerischen <strong>Wald</strong>. Es erfolgten keine gründlichen<br />
neuen Beobachtungen, die Antworten auf die offenen<br />
Fragen erlaubt hätten. Lediglich die Wälle, welche die<br />
Karseen unmittelbar umranden, wurden von den meisten<br />
Autoren als Spuren von Gletschern gedeutet (z. B.<br />
WAGNER 1899).<br />
Einen entscheidenden Fortschritt brachte erst das<br />
Jahr 1928, in dem fast gleichzeitig <strong>und</strong> voneinander unabhängig<br />
PRIEHÄUSSER (1928) <strong>und</strong> RATHSBURG<br />
(1928) eine Fülle von Spuren eiszeitlicher Gletscher<br />
nachwiesen.<br />
PRIEHÄUSSER (1928) stellte in der Umgebung des<br />
Großen Arbersees Moränen, R<strong>und</strong>höcker, geritzte Geschiebe<br />
fest <strong>und</strong> lieferte eine Kartenskizze des Moränengeländes.<br />
Danach liegt die unterste deutliche Endmoräne<br />
bei ca. 850 m NN <strong>und</strong> rd. 800 m vom Ausfluß<br />
des See baches aus dem Arbersee entfernt. PRIE<br />
HÄUSSER beschäftigte sich noch in zahlreichen weiteren<br />
Arbeiten mit den Eiszeiten im Bayerischen <strong>Wald</strong>.<br />
RATHSBURG (1928) kommt aufgr<strong>und</strong> eigener Beobachtungen<br />
an den meisten Böhmerwaldseen zu ähnlichen<br />
Ergebnissen. Auch er fand das untere Ende des<br />
Moränengeländes am Großen Arbersee bei 850 m NN.<br />
Seine Kritik an PRIEHÄUSSER (1928) bezieht sich in<br />
diesem Fall nur auf untergeordnete Einzelheiten.<br />
RATHSBURG datiert die Wälle der äußeren End- <strong>und</strong><br />
Seitenmoränen wegen ihres sehr guten Erhaltungszustandes<br />
in die Würmeiszeit. Die in dichter Folge innerhalb<br />
dieser Umgrenzung abgelagerten Wall moränen<br />
wären demnach als Stadialmoränen anzusehen, die<br />
der Gletscher bei kurzzeitigen Unterbrechungen des<br />
Abschmelzens abgelagert hat. Die meisten Autoren<br />
sind RATHSBURG in dieser zeitlichen Einstufung gefolgt<br />
(z. B. PRIEHÄUSSER). Sie steht völlig im Einklang<br />
mit Beobachtungen im Alpenvorland, nach denen die<br />
würmeiszeitlichen Moränen gut erhalten, die risseiszeitlichen<br />
dagegen durch Verwitterung bereits weitgehend<br />
eingeebnet sind (vergi. z. B. BÜDEL 1953).<br />
In weiteren Arbeiten (1932-35) dehnte RATHSBURG<br />
seine Betrachtungen auf andere deutsche Mittelgebirge<br />
aus. Er zeigte, wie der Grad der eiszeitlichen Vergletscherung<br />
mit zunehmender Meerferne von den<br />
Vogesen über den Schwarzwald <strong>und</strong> Böhmerwald bis<br />
zum Riesengebirge nachließ.<br />
Durch die Arbeiten von PRIEHÄUSSER <strong>und</strong> RATHS<br />
BURG steht heute fest, daß der Böhmerwald <strong>und</strong> der<br />
Innere Bayerische <strong>Wald</strong> während des Pleistozäns lokale<br />
Gletscher trugen. Der längste von ihnen, am Kleinen<br />
Arberseee (RATHSBURG 1932-1935), erreichte mit<br />
seinen äußersten, als Wallformen deutlich erkennbaren<br />
Endmoränen eine Länge von etwa 3 km <strong>und</strong> eine<br />
Meereshöhe von etwa 830 m.<br />
4.3.1.1 Eiszeitliche Gletscher im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
Im <strong>Nationalpark</strong>gebiet haben drei größere eiszeitliche<br />
Gletscher ihre Spuren in Form deutlich sichtbarer Moränenwälle<br />
hinterlassen:<br />
1. der Rachelseegletscher<br />
2. der nördliche Rachelgletscher<br />
3. der Gletscher im Tal des Großen Schwarzbachs.<br />
Das kleinflächige Mosaik der <strong>Böden</strong> im Moränengelände<br />
zwang zur Ausscheidung dieser Bereiche in der<br />
Karte der <strong>Böden</strong> (Karten Nr. 11 <strong>und</strong> 15, siehe auch<br />
Abschn. 5.24). Dort sind die als Wallformen klar erkennbaren<br />
Moränen dargestellt, soweit das im jeweiligen<br />
Maßstab möglich ist. Die Aufnahmen erfolgten unabhängig<br />
von früher gefertigten Beschreibungen oder<br />
Kartenskizzen.<br />
Der Rachelseegletscher<br />
Der Rachelseegletscher setzte sich aus 2 Teilgletschern<br />
zusammen, die ihren Ursprung in getrennten<br />
Karnischen hatten. Dem östlichen Strom, der in der<br />
Seewand begonnen haben muß, verdankt der Rachelsee<br />
seine Entstehung. Der westliche Teilgletscher entstammte<br />
dem Kar östlich des heutigen <strong>Wald</strong>schmidthauses<br />
<strong>und</strong> hinterließ die heute von Mooren erfüllten<br />
Mulden des "Alten Sees" <strong>und</strong> des "Stausees". Während<br />
des Höchststandes gehörte möglicherweise auch<br />
noch die breite, vom Markfilzl herunterziehende Mulde<br />
zum Nährgebiet des Gletschers.<br />
Die einzelnen Ströme vereinigten sich zu einer gemeinsamen<br />
Zunge. Das Ende der untersten, als Wall-<br />
155
form deutlich sichtbaren Endmoräne liegt in r<strong>und</strong> 810<br />
m Höhe, immerhin fast 1400 m vom Ausfluß des Seebaches<br />
aus dem Rachelsee entfernt. Diese äußere<br />
Stirnmoräne <strong>und</strong> ihre Fortsetzung, die linke äußere<br />
Seitenmoräe, die 15 bis 20 m Höhe erreicht, sind im<br />
Gelände besonders gut zu erkennen.<br />
Innerhalb des äußeren Moränenkranzes, der einem<br />
Höchststand des Gletschers entspricht, sind bei dessen<br />
Abschmelzen in dichter Folge Stadialmoränen entstanden.<br />
In einem späten Rückzugsstadium ist offenbar<br />
ein Zerfall in zwei Zungen eingetreten, deren eine<br />
den Rachelsee, deren andere den "Alten See" <strong>und</strong> den<br />
"Stausee" gebildet hat. Dieses Stadium ist, vor allem im<br />
westlichen Teil infolge der dort vorhandenen FeIsriegel,<br />
durch Moränenwälle weniger klar markiert. Lediglich<br />
die starke Mittelmoräne zwischen den beiden<br />
Teilgletschern ist gut erkennbar. Der letzte Rest des<br />
abschmelzenden Gletschers befand sich vermutlich in<br />
der kleinen Karnische unmittelbar östlich des <strong>Wald</strong>schmidthauses,<br />
wo ein vermoorter Talkessel in r<strong>und</strong><br />
1235 m Höhe nach unten durch einen Wall abgedämmt<br />
ist, der mindestens teilweise aus Moränenmaterial<br />
besteht.<br />
Die erste genauere Beschreibung des Rachelseegletschers<br />
bei RATHSBURG (1928) ist unvollständig, da dieser Autor die<br />
Spuren der gemeinsamen Zunge, zu der sich die beiden<br />
Teilgletscher vereint haben, nicht gef<strong>und</strong>en hat. Eine zweite<br />
Beschreibung durch PRIEHÄUSSER (1963 b) deckt sich, was<br />
die Lage der Gletscherzunge anbelangt, mit der Aufnahme in<br />
den Karten Nr. 15 <strong>und</strong> 11. Jedoch zieht PRIEHÄUSSER die<br />
bergseitigen Enden der Seitenmoränen senkrecht zu den<br />
Höhenlinien weit in die Hänge hinauf. Das konnte nicht beobachtet<br />
werden.<br />
Die Beschreibung des Rachelseegletschers bei ERGENZIN<br />
GER (1965) war bei der Geländeaufnahme ebenfalls nicht<br />
bekannt; sie deckt sich mit den geschilderten Ergebnissen in<br />
allen Einzelheiten.<br />
Der nördliche Rachelgletscher<br />
An der Nordseite des Rachelmassivs liegt ein steilwandiges<br />
Kar, in dem während der Eiszeit ein kleiner Gletscher<br />
entsprang. Er ist in den Karten Nr. 11 <strong>und</strong> 15 dargestellt.<br />
Die Zunge griff während eines Höchststandes<br />
aus dem Kar hinaus <strong>und</strong> über einen relativ steilen Hang<br />
hinunter.<br />
Das untere Ende der äußeren, als Wallform deutlich er-<br />
156<br />
kennbaren Stirnmoräne liegt bei etwa 1000 m Höhe, es<br />
ist wegen am Hang abgerollter Blöcke nicht scharf abgrenzbar.<br />
Die äußere linke Seiten-<strong>und</strong> Stirnmoräne<br />
sind am deutlichsten entwickelt. Das Zentrum des Karbodens<br />
wird von einer moorigen Mulde eingenommen.<br />
Ein zweites, kleines Moor liegt an der SO-Seite des Kares,<br />
dicht beim Beginn des Steilanstiegs. Es ist von einem<br />
gebogenen Wall, vermutlich einer Stadialmoräne<br />
um einen letzten Rest des abschmelzenden Gletschers<br />
umgeben.<br />
Erste Hinweise auf eiszeitliche Spuren im nördlichen Rachelkar<br />
stammen von THIEME (1906 zitiert nach RATHSBURG<br />
1928). RATHSBURG (1928) vermutete nach einem Geländebegang<br />
die Endmoränen am Ausgang aus dem Kar, dar er,<br />
was in dem unübersichtlichen Gelände begreiflich ist, die<br />
Spuren am unterhalb liegenden Hang nicht auffand.<br />
Der Gletscher im Tal des Großen Schwarzbachs<br />
Ein dritter größerer eiszeitlicher Gletscher, der im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
Spuren in Form deutlich sichtbarer<br />
Moränenwälle hinterlassen hat, lag im Tal des Großen<br />
Schwarzbachs. Gut entwickelte Seitenmoränen finden<br />
sich in der <strong>Wald</strong>abteilung Scharriegel. In dem Bereich,<br />
in dem die zugehörigen Endmoränen zu vermuten waren<br />
(um 900 bis 950 m NN) fanden sich nur weniger<br />
deutliche Wallformen; es ist daher nur bei 900 m Höhe<br />
ein Wall in die Karte eingezeichnet. Am Fuß der steilen,<br />
eingebuchteten Ostwand des Steinfleckberges (Bärenriegeln)<br />
liegt ein Moor, unterhalb dessen einige gut<br />
sichtbare Moränenwälle das Tal sperren.<br />
Die näheren Umstände der Vergletscherung sind am<br />
Schwarzbach weniger gut erkennbar als am Rachel. So<br />
ist nicht klar, ob die karähnliche Felswand (Bärenriegeln)<br />
für die Bildung des Gletschers entscheidend war,<br />
oder ob sich dessen Einzugsgebiet in den Bereich<br />
oberhalb der Schwarzbachklause erstreckte; das letztere<br />
ist wegen des geringen Gefälles <strong>und</strong> des V-förmigen<br />
Querschnitts dieser Täler zweifelhaft.<br />
RATHSBURG (1928), der das Schwarzbachtal nicht<br />
kannte, hielt aufgr<strong>und</strong> der von ihm aufgestellten Bedingungen<br />
für das Vorkommen eiszeitlicher Gletscher<br />
(Nähe eines Berggipfels von wenigstens r<strong>und</strong> 1300 m<br />
Höhe, ein Kar oder karähnlich gestaltetes Relief*) mit<br />
starker durchschnittlicher Geländeneigung) eine eiszeitliche<br />
Vergletscherung nicht für ausgeschlossen. Er
Abb. 38: Granitblock mit Gletscherschliff im Tal des<br />
Reschwassers<br />
nahm aber - da er aufgr<strong>und</strong> seiner ungenauen topographischen<br />
Karten von dem Steilabfall der Bärenriegeln<br />
nichts wußte - an, daß die Bedingung einer hinreichenden<br />
Geländeneigung im oberen Teil des Schwarzbachtales<br />
(westlich der Schwarzbachklause) nicht erfüllt<br />
sei, was auch zutrifft. Dort hätte sich also - wenn<br />
die Kriterien von RATHSBURG richtig sind - kein Gletscher<br />
entwickeln können. Somit wären die beschriebenen<br />
Glazialspuren auf einen kleinen Gletscher zurückzuführen,<br />
der in den Bärenriegeln seinen Anfang nahm.<br />
*) Die Exposition des Geländes nach Nord oder Ost, die RATHSBURG (1928)<br />
gefordert hatte, wurde hinfällig durch die Entdeckung eines Gletschers am<br />
Südhang des GroBen Arbers (Arber-Schwelle-Gletscher) durch RATHS<br />
BURG (1930).<br />
Die aufgeführten Moränenwälle sind auch bei ERGEN<br />
ZINGER (1965) bereits beschrieben.<br />
ERGENZINGER (1965) erwähnt in der Beschreibung<br />
des Aufschlusses bei der Schustersäge im Reschbachtal,<br />
etwa 2 km unterhalb der beschriebenen äußeren<br />
Moränen im Tal des Großen Schwarzbaches, einen<br />
"ü ber 1,5 m langen, polierten Granitblock mit Gletscherschrammen".<br />
Im Jahre 1971 wurde in der betreffenden<br />
Grube beim Abbau von Weg bau material ein<br />
über 3 m langer Granitblock (oder anstehender Fels) in<br />
seinem oberen Teil völlig freigelegt. Es handelt sich sicherlich<br />
um denselben, den ERGENZINGER beschrieben<br />
hat. Der Block ist ger<strong>und</strong>et <strong>und</strong> mit seiner Längs-<br />
achse parallel zur Talachse orientiert. Ebenfalls parallel<br />
zur Talachse verlaufen deutliche, tiefe Schrammen<br />
in der glatt polierten Oberfläche des Steines (siehe<br />
Abb. 38). Es ist anzunehmen, daß der Granitblock von<br />
einem Gletscher geschliffen <strong>und</strong> geschrammt worden<br />
ist. Da ein Block dieser Größe nicht vom Wasser transportiert<br />
sein kann, muß er vom Gletscher hierhier verfrachtet<br />
oder vom Gletscher an Ort <strong>und</strong> Stelle bearbeitet<br />
worden sein. Der geschliffene Block beweist also,<br />
daß an dieser Stelle im Reschbachtal einst ein Gletscher<br />
vorhanden war.<br />
Unterhalb der F<strong>und</strong>steIle treten im Gelände keine als<br />
Wälle deutlich erkennbaren Moränen mehr auf. Es liegt<br />
daher der Schluß nahe, daß diese inzwischen durch die<br />
Verwitterung wieder weitgehend abgetragen sind, <strong>und</strong><br />
die Schliffspuren auf dem Block daher in eine ältere<br />
Phase des Pleistozäns gehören als die deutlich erkennbaren<br />
Moränenwälle.<br />
Die gegenwärtige Darstellung beschränkt sich bewußt<br />
auf die eindeutigen, an den Geländeformen sicher erkennbaren<br />
Spuren ehemaliger Gletscher. ERGENZIN<br />
GER (1965) teilt eine Fülle zusätzlicher Beobachtungen<br />
mit. Für die weitere Erforschung bietet gerade das<br />
Tal des Reschwassers <strong>und</strong> seiner Zuflüsse gute Ansatzpunkte,<br />
da hier Gletscherspuren anzutreffen sind,<br />
die vermutlich aus verschiedenen Phasen der Eiszeit<br />
stammen.<br />
4.3.2 Andere eiszeitliche Bildungen<br />
4.3.2.1 Verfestigter Schutt<br />
Bereits in seiner ersten Veröffentlichung (1928) berichtete<br />
PRIEHÄUSSER über Ablagerungen in den<br />
Hochlagen des Arbergebietes, die er als Bildungen am<br />
Gr<strong>und</strong>e des Firneises deutete <strong>und</strong> für die er später die<br />
Bedeutung "Firneisgr<strong>und</strong>schutt" verwendete.<br />
Die Beobachtungen PRIEHÄUSSERs über die speziellen<br />
Verwitterungsdecken der Hochlagen wurden zunächst<br />
heftig bezweifelt (RATHSBURG 1930), haben<br />
sich jedoch voll bestätigt <strong>und</strong> gehören heute zum festen<br />
Bestand unseres gesicherten Wissens. Dagegen<br />
ist die Deutung dieses Bef<strong>und</strong>es durch PRIEHÄUSSER<br />
bis heute umstritten. Mehrere Autoren (WOLDSTEDT<br />
1958, BRUNNACKER 1965, STETINER 1958) erwägen<br />
eine Erklärung des Phänomens durch eiszeitliche Solifluktion.<br />
157
Das Vorhandensein von Gletschern während der Eiszeit<br />
beweist, daß damals die oberen Teile des Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es verfirnt waren. So einleuchtend deshalb<br />
<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> einer Reihe anderer Argumente PRIE<br />
HÄUSSERs Hypothese von der Entstehung des Firneisgr<strong>und</strong>schuttes<br />
ist, konnte doch das Problem der<br />
Entstehungsweise dieser Ablagerungen noch nicht<br />
eindeutig gelöst werden. In der vorliegenden Arbeit<br />
wird daher statt "Firneisgr<strong>und</strong>schutt" der rein beschreibende<br />
Begriff "verfestigter Schutt" gebraucht.<br />
Die Kennzeichen des verfestigten Schuttes sind:<br />
- in einer sandig-grusigen Gr<strong>und</strong>masse sind in der<br />
Regel zahlreiche Steine <strong>und</strong> Blöcke eingelagert; die<br />
Bodenart der Gr<strong>und</strong>masse ist schwach lehmiger<br />
Sand oder Grus,<br />
die Steine liegen im geneigten Gelände hangparallel<br />
orientiert auf ihrer flachen Seite; auf Verebnungen<br />
<strong>und</strong> Rücken ("Firnbodenschutt" nach PRIEHÄUS<br />
SER) ist eine Orientierung nur schwach erkennbar<br />
oder sie fehlt,<br />
die Steine tragen oberseits eine Lehmhaut, unten<br />
sind sie sauber; das rührt offenbar von der Durchschlämmung<br />
feinen Bodenmaterials her,<br />
die Gr<strong>und</strong>masse ist zementartig verfestigt. Der verfestigte<br />
Schutt ist daher in frischem Zustand selbst<br />
mit dem Pickel nur schwer zu bearbeiten. Herausgehackte<br />
Brocken lassen sich in der Hand leicht zerbröckeln<br />
<strong>und</strong> zerfallen zu schwach lehmigem Sand<br />
oder Grus. Der Ton- <strong>und</strong> Schluffanteil ist zwischen<br />
die gröberen Gemengteile dicht eingeschlämmt<br />
(BAUBERGER, mdl. Mitt.). Trotzdem kann der verfestigte<br />
Schutt nicht insgesamt als verdichtet bezeichnet<br />
werden, denn er hat zahlreiche, mit freiem<br />
Auge erkennbare Poren. Nähere Aufschlüsse läßt<br />
die Untersuct:IUng der von BAUBERGER angefertigten<br />
Dünnschliffe erwarten.<br />
die verfestigte Gr<strong>und</strong>masse läßt ein der Geländeoberfläche<br />
parallel orientiertes, blättriges Gefüge<br />
erkennen. In dieser Richtung spaltet das Material<br />
bei mechanischer Beanspruchung bevorzugt auf.<br />
Besonders gut erkennbar wird der schichtige Aufbau<br />
dort, wo verfestigter Schutt vom Wasser erodiert<br />
ist.<br />
Der verfestigte Schutt tritt regelmäßig in folgendem<br />
Schichtenverband auf:<br />
158<br />
- 0,3-1,5 m lockere, sandig-lehmige Deckschicht,<br />
meist skelettreich; Steine liegen stets<br />
unorientiert in der Gr<strong>und</strong>masse aus feinerem<br />
Material <strong>und</strong> tragen oberseits<br />
keine Lehmhaut. Eine Umformung<br />
durch Bodenbildung, die das Substrat<br />
erfahren hat, wird nach der Tiefe zu<br />
schwächer,<br />
- 0,5-5 m (wahrscheinlich auch noch mehr) verfestigter<br />
Schutt mit den oben beschriebenen<br />
Merkmalen, in einer nicht weiter<br />
auftrennbaren Schicht oder in mehreren<br />
nach Färbung, Skelettgehalt usw. verschiedenen<br />
Schichten,<br />
- 1-1,5 m verzogener Zersatz mit deutlichem<br />
"Hakenschlagen" an Hängen; im flachen<br />
Gelände Hakenschlagen <strong>und</strong>eutlich<br />
oder fehlend. Einzelne eingebettete<br />
Steine hangparallel, oberseits mit Lehmhaut;<br />
wechselnde im allgemeinen<br />
schwache Verfestigung.<br />
- bis mehrere Meter mächtiger, ungestörter Zersatz<br />
in situ, nach unten allmählich in festes<br />
Gestein übergehend.<br />
Die untere Grenze des verfestigten Schuttes ist fließend;<br />
der Profilaufbau legt den Schluß nahe, daß dieser<br />
Bereich - nach oben hin zunehmend - von den Vorgängen<br />
mit erfaßt wurde, die zu Bildung des verfestigten<br />
Schuttes geführt haben. Die Obergrenze des verfestigten<br />
Schuttes kann scharf sein oder einen allmählichen<br />
Übergang erkennen lassen. In letzterem Fall tritt<br />
eine Zwischenzone auf, in der der Schutt nicht mehr<br />
verfestigt ist, aber die hangparallele Orientierung der<br />
Steine <strong>und</strong> die oberseitige Lehmhaut noch erkennen<br />
läßt. Der Profilaufbau spricht hier für eine Auflockerung<br />
des verfestigten Schuttes durch die von oben her wirkenden<br />
Kräfte der Verwitterung.<br />
PRIEHÄUSSER hat (1958) versucht, das den verfestigten<br />
Schutt überlagernde Material (lockere Deckschicht)<br />
als Ausschmelzungsprodukt aus dem von<br />
oben her abtauenden Firneis zu erklären. Danach hätte<br />
sich auf dem Firneis eine Art Obermoräne gebildet, die<br />
durch den Zerfall der letzten Eisreste mit wirrer Lagerung<br />
der Steine auf die unter dem Firneis gebildeten<br />
Schichten abgesetzt worden wäre. Gegen eine solche<br />
Deutung bestehen aber erhebliche Bedenken:
1. Die Hypothese von PRIEHÄUSSER kann alle die Fälle<br />
nicht erklären, in denen ein allmählicher Übergang<br />
vom verfestigten Schutt zu der lockeren Deckschicht<br />
zu beobachten ist.<br />
2. Die außerordentlichen Unterschiede in der Mächtigkeit<br />
der lockeren Deckschicht beruhen nur zu einem<br />
unwesentlichen Teil auf klein räumigem Wechsel, in<br />
der Hauptsache haben sie eine ganz klare Beziehung<br />
zu der Höhenlage <strong>und</strong> dem Geländerelief. Mit<br />
zunehmender Höhenlage nimmt die Dicke der lokkeren<br />
Oberschicht allgemein ab. Dieser Zusammenhang<br />
wird allerdings durch das Relief sehr stark<br />
abgewandelt. Nur eine ganz geringe Stärke von<br />
durchschnittlich 0,4 bis 0,6 m hat die lockere Deckschicht<br />
in den flachen Hochlagen. Wo die wenig geneigten<br />
Hochlagenflächen mit einem Geländeknick<br />
in die steilen Hänge übergehen, nimmt sie sprunghaft<br />
zu. Werden steile Süd hänge - wie z. B. in der<br />
Umgebung der Racheldiensthütte - nach unten hin<br />
wieder flacher, so nimmt auch die Mächtigkeit des<br />
unausgerichteten, lockeren Schuttes wieder ab. An<br />
Süd hängen ist die lockere Zone viel mächtiger als<br />
an Nordhängen gleicher Höhenlage.<br />
Die Tiefenlage der Obergrenze des verfestigten Schuttes<br />
ist von einschneidender Bedeutung für die Ökologie<br />
der <strong>Böden</strong>; sie fand deshalb <strong>und</strong> weil sie mit dem<br />
Bohrstock bis 1 m Tiefe nachweisbar ist bei der Abgrenzung<br />
der Bodenformen Verwendung. Aus Karte<br />
15 <strong>und</strong> 11 ist daher zu entnehmen, auf welchen Flächen<br />
die Mächtigkeit der lockeren Deckschicht zwischen<br />
0,3 <strong>und</strong> 0,6 <strong>und</strong> auf welchen Flächen sie zwischen<br />
0,6 <strong>und</strong> 0,9 m beträgt. Wurde außerhalb dieser<br />
kartierten Fläche verfestigter Schutt mit dem Bohrstock<br />
oder an Aufschlüssen festgestellt, so ist das in<br />
der Karte durch eine Signatur kenntlich gemacht.<br />
Diese Beobachtungen lassen es fraglich erscheinen,<br />
ob die von PRIEHÄUSSER angenommene Entstehungsweise<br />
zutrifft. Näher läge es wohl, in der Deckschicht<br />
mit unausgerichteten Steinen die Verwitterungsrinde<br />
des verfestigten Schuttes zu sehen. Diese<br />
wäre nach Aufhören derjenigen Bedingungen entstanden,<br />
die zur Bildung des verfestigten Schutts geführt<br />
haben. Durch Auffrieren <strong>und</strong> vielleicht auch eine gewisse<br />
Wanderung des Materials am Hang - also durch Solifluktionserscheinungen<br />
im weitesten Sinne - wäre die<br />
wirre Lagerung der Steine zustande gekommen.<br />
Vergleicht man die Karte der Bodenformen mit der<br />
Karte der Schneedecke vom 3. März 1972, so zeigt sich<br />
- vielfach bis in die Einzelheiten hinein - eine Gemeinsamkeit:<br />
wo der Schnee am längsten liegt, ist die lockere<br />
Oberschicht am dünnsten. Langanhaltende<br />
Schneebedeckung bedeutet einen weitgehenden<br />
Schutz des Bodens vor den Wirkungen des Frostes.<br />
Dieser Umstand stützt die Vermutung, daß die unterschiedliche<br />
Mächtigkeit der lockeren Oberschicht eine<br />
Folge unterschiedlicher Intensität der Frostverwitterung<br />
ist. Es ergäbe sich so eine in sich widerspruchsfreie<br />
Erklärung der oben angeführten Beobachtungen.<br />
Bis heute ist nicht eindeutig entschieden, ob der verfestigte<br />
Schutt seine Entstehung dem Firneis oder speziellen<br />
Solifluktionsvorgängen verdankt. Eine endgültige<br />
Klärung könnte wohl nur die unmittelbare Beobachtung<br />
der Bildung entsprechender Ablagerungen in<br />
heutiger Zeit bringen. So einleuchtend die Hypothese<br />
von PRIEHÄUSSER in vielen Punkten ist, fehlt doch dieser<br />
entscheidende Punkt zu einem schlüssigen Beweis.<br />
Eine Diskussion über die Genese des verfestigten<br />
Schuttes ist hier nicht beabsichtigt. Es sollen jedoch im<br />
Folgenden einige Beobachtungen über seine Verbreitung<br />
mitgeteilt werden, die für weitere Überlegungen<br />
bedeutsam werden könnten.<br />
Die Feststellungen über die Verbreitung des verfestigten<br />
Schuttes im <strong>Nationalpark</strong>gebiet stimmen weitgehend<br />
mit den Angaben PRIEHÄUSSERs überein, ergänzen<br />
diese aber noch durch einige Einzelheiten. Der<br />
verfestigte Schutt überzieht in wechselnder Mächtigkeit<br />
von 0,5 bis mehrere Meter die gesamten oberen<br />
Lagen des Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong>es. Unterbrochen<br />
ist er nur dort, wo Fels an der Erdoberfläche ansteht<br />
<strong>und</strong> an einigen Stellen im östlichen Teil des Gebietes,<br />
an denen er entweder nicht abgelagert oder durch<br />
spätere Einwirkungen wieder abgeräumt worden ist.<br />
Die untersten beobachteten Vorkommen des verfestigten<br />
Schuttes liegen beispielsweise in der Umgebung<br />
der Racheldiensthütte (876 m), in der breiten<br />
Mulde der Weitau (Gebiets-Abschn. 111,810 m) <strong>und</strong> im<br />
Tal des Sagwassers bei 850 m. Das stimmt gut mit der<br />
Untergrenze von durchschnittlich 800 bis 830 m überein,<br />
die PRIEHÄUSSER (1958 a) angibt.<br />
Verfestigter Schutt tritt nur an Bergen auf, die eine gewisse<br />
Mindesthöhe überschreiten. Am WaIdhäuserriegel<br />
mit 1151 m ist er noch deutlich entwickelt, an dem<br />
mit relativ steilen Hängen bis 1011 mansteigenden<br />
159
Stein berg wurde er nicht mehr festgestellt. Dagegen<br />
tritt geringmächtiger verfestigter Schutt auf den breiten<br />
Höhenrücken auf, die außerhalb des <strong>Nationalpark</strong>es,<br />
östlich von Finsterau die Grenze gegen Böhmen<br />
bilden <strong>und</strong> Höhen zwischen 1000 <strong>und</strong> 1066 m erreichen.<br />
Auch das stimmt mit den Angaben PRIEHÄUS<br />
SERs überein.<br />
Verfestigter Schutt wurde auch an sehr steilen Hängen,<br />
so im obersten Teil der Rachelseewand bei Hangneigungen<br />
zwischen 30 <strong>und</strong> 400 angetroffen.<br />
4.3.2.2 Frost- <strong>und</strong> AieBerden<br />
c. TROLL (1944, 1947, 1948) hat in verschiedenen Erdteilen<br />
die Frostbodenformen <strong>und</strong> ihre Abhängigkeit<br />
vom <strong>Klima</strong> studiert. Dadurch haben sich unsere Kenntnisse<br />
wesentlich erweitert. Es steht heute fest, daß das<br />
Fließen eines mit Wasser übersättigten Erdbreies über<br />
einem dauernd gefrorenen Untergr<strong>und</strong> nur eine unter<br />
mehreren Möglichkeiten der Solifluktion ist. Er definierte<br />
daher (1947): "Solifluktion im weitesten Sinne ist<br />
die Erscheinung, daß unter der Wirkung langdauernder,<br />
jahreszeitlicher oder kurzdauernder, sich häufig<br />
wiederholender bis allnächtlicher Gefrornis des Bodens<br />
eine lebhafte Verlagerung der Bodenteilchen<br />
stattfindet, die sich auf ebenem Gelände in der Bildung<br />
von Bodenstrukturen oder Bodentexturen (Frostgefügeböden),<br />
auf geneigtem Gelände auch bei ganz geringem<br />
Gefälle in einem beträchtlichen hangabwärts gerichteten<br />
Massentransport (Frostbodenversetzung)<br />
äußert."<br />
So betrachtet, wird eine einfache Unterscheidung von<br />
Frost- <strong>und</strong> Fließerden unmöglich. Alle <strong>Böden</strong>, die ohne<br />
den Schutz einer mächtigen Schnee- oder Firndecke<br />
den Wirkungen des eiszeitlichen <strong>Klima</strong>s ausgesetzt<br />
waren, müssen durch Vorgänge der Solifluktion geprägt<br />
sein. Je nach Geländeform <strong>und</strong> Geländeklima<br />
wird entweder die Zu- oder die Abfuhr der durch die<br />
Verwitterung gebildeten Feinerde überwogen haben.<br />
Es ist auch denkbar, daß an Hängen der Abtransport<br />
nach unten <strong>und</strong> der Nachschub von oben sich in etwa<br />
die Waage hielten.<br />
Wenn man - beispielsweise als Kartierer - für jeden<br />
Teil eines größeren Geländes feststellen soll, ob eine<br />
Fließerde oder eine Frosterde vorliegt, dann wird rasch<br />
klar, daß es - jedenfalls ohne spezielle Untersuchungen<br />
- an zuverlässigen Kriterien für eine Unterschei-<br />
160<br />
dung fehlt. Mit einiger Sicherheit lassen sich nur diejenigen<br />
Bereiche abtrennen, in denen eindeutig der Abtransport<br />
bzw. die Akkumulation überwogen hat. Der<br />
erste Fall ist an steilen Oberhängen, auf Gipfeln <strong>und</strong><br />
Kuppen gegeben. Das zeigt sich auch darin, daß hier<br />
die verlehmte Zone der <strong>Böden</strong> weniger mächtig ist als<br />
in Mulden <strong>und</strong> an Unterhängen, wo aufgr<strong>und</strong> der Geländeform<br />
nur eine Akkumulation des durch die Solifluktion<br />
transportierten Materials stattgef<strong>und</strong>en haben<br />
kann. In solchen Fließerde-Akkumulationsbereichen<br />
sind die <strong>Böden</strong> bindiger, sie enthalten weniger Steine,<br />
Sand <strong>und</strong> Grus, dafür aber mehr Schluff- <strong>und</strong> Tonsubstanz<br />
als in anderen Bereichen. Eine Verdichtung dieser<br />
<strong>Böden</strong> ist jedoch nur festzustellen, wenn besondere<br />
Umstände hinzukommen. Das ist der Fall in unmittelbarem<br />
Kontakt mit den Naßböden, wo sich häufig verdichtete<br />
Lagen unterhalb 60 cm Tiefe finden. Diese<br />
<strong>und</strong> noch andere Beobachtungen deuten darauf hin,<br />
daß auch unter periglazialen Bedingungen die gut drainierten<br />
<strong>Böden</strong> sich gr<strong>und</strong>sätzlich anders verhalten haben<br />
als die <strong>Böden</strong>, bei denen der Abzug des Wassers<br />
nach unten gehemmt oder unterb<strong>und</strong>en war. Möglicherweise<br />
bildeten sich in beiden Fällen verschiedene<br />
Formen der Solifluktion heraus.<br />
Alle bisherigen Versuche der genetischen Deutung<br />
heute vorhandener Verwitterungsdecken im Inneren<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> gehen von einigen unsicheren Voraussetzungen<br />
aus. Die jetzt vorliegende Karte der Bodenformen<br />
könnte bei der Klärung der offenen Fragen<br />
mithelfen.<br />
4.3.2.3 BlockschuH<br />
Blockschutt spielt im Bayerischen <strong>Wald</strong> in Form von<br />
Blockmeeren, Blockhalden, Blockströmen <strong>und</strong> der<br />
Blocküberlagerung der Hänge eine große Rolle. Wegen<br />
seiner Bedeutung für die Vegetation ist der Blockschutt<br />
in den Karten Nr. 15 <strong>und</strong> 11 in mehreren Stufen<br />
dargestellt. Sieht man von der in gewissen Bereichen<br />
durchwegs mehr oder minder starken Blocküberlagerung<br />
der Hänge ab, <strong>und</strong> konzentriert man sich auf diejenigen<br />
Flächen, auf denen Block an Block liegt (Bodenformen<br />
Nr. 1, Nr. 2 <strong>und</strong> auf Teilflächen Nr. 5), so<br />
zeigt sich folgendes:<br />
1. Die Blockschuttmassen treten vor allem im Gebiet<br />
des Granits auf; im Gneis sind sie sehr viel seltener;
5.<strong>Böden</strong><br />
5.1 Methode der Bodenkartierung<br />
Es war das Ziel der Standortserk<strong>und</strong>ung, eine Karte der<br />
<strong>Böden</strong> zu liefern, die nach ökologischen Gesichtspunkten<br />
aufgebaut ist. Die Einheiten für die Bodenkartierung<br />
waren daher so zu definieren, daß sie möglichst<br />
gleichartige Wachstumsbedingungen für die Vegetation<br />
umreißen.<br />
Das in Mitteleuropa übliche System der Gliederung in<br />
Bodentypen ist hierfür wenig geeignet. Es hebt zwar<br />
die bodengenetischen Zusammenhänge hervor, bringt<br />
aber die ökologischen Eigenschaften der <strong>Böden</strong> nur<br />
ungenügend zum Ausdruck. Kleine Unterschiede in<br />
der Dynamik des Oberbodens, die ökologisch belanglos<br />
sind, bedingen vielfach bereits eine andere Einordnung<br />
in das System. Weitgehend unberücksichtigt<br />
bleiben dagegen Bodenart <strong>und</strong> Gefüge, die durch ihre<br />
Wirkungen auf die Nährstoffversorgung der Pflanzen<br />
<strong>und</strong> das Bodenklima entscheidende standörtliche Bedeutung<br />
haben.<br />
Der Kartierung wurde daher eine Gliederung der <strong>Böden</strong><br />
nach Bodenformen zugr<strong>und</strong>egelegt. Entscheidend<br />
für die Zuordnung zu einer Bodenform sind im<br />
<strong>Nationalpark</strong> mit seinen petrographisch wenig differenzierten<br />
Substraten die Bodenart, das Gefüge <strong>und</strong><br />
die Gründigkeit, sowie die Horizontierung der <strong>Böden</strong>,<br />
soweit sie als ökologisch wesentlich angesehen wurde;<br />
das ist z. B. bei Naßböden <strong>und</strong> bei Podsolen der Fall.<br />
Darüber hinaus gibt die Karte weitere Einzelheiten boden<br />
genetischer oder ökologischer Art durch Signaturen<br />
wieder. Es sollten die bei der Bodenkartierung im<br />
Gelände gewonnenen Informationen möglichst vollständig<br />
festgehalten werden, im Sinne einer "Bestandsaufnahme"<br />
des Bodens (MÜCKENHAUSEN 1952, zitiert<br />
nach EHWALD 1966 a). Deshalb ist der Bodentyp,<br />
soweit er nicht aus der Definition der Bodenform hervorgeht,<br />
mit Hilfe einer Signatur dargestellt. Die Karte<br />
der Bodenformen kann daher auch als Bodentypenkarte<br />
gelesen werden. So ist der Anschluß an<br />
BRUNNACKER (1965 a, 1965 b) gewahrt <strong>und</strong> ein Vergleich<br />
mit PELISEK (1969) möglich.<br />
Das gewählte Verfahren schließt sich eng an die Methoden<br />
an, wie sie in Nordamerika angewandt werden.<br />
Die in der Karte enthaltenen Informationen würden<br />
auch die Einordnung in ein System der <strong>Böden</strong> ermöglichen,<br />
wiees EHWALD (1966a, 1966b) <strong>und</strong> seine Mitarbeiter<br />
entwickelt haben; EHWALD definiert die Boden-<br />
162<br />
form durch Angabe des Substrates <strong>und</strong> des genetischen<br />
Bodentyps <strong>und</strong> bringt so sowohl die bodensystematische<br />
Stellung, als auch die für die Praxis wichtigen<br />
ökologischen Eigenschaften unmittelbar zum Ausdruck<br />
(EHWALD 1966 a).<br />
Die Gliederung der <strong>Böden</strong> wurde an einer Serie von r<strong>und</strong> 180<br />
Bodeneinschlägen (Abk.: E) entwickelt <strong>und</strong> dann - nach einer<br />
probeweisen Anwendung bei der Kartierung - festgelegt. Als<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Aufnahme diente eine Pause der Karte<br />
1 :1 0 000 mit Höhenlinien <strong>und</strong> dem gesamten forstlichen Detail.<br />
Bodenprofile wurden duch einen Helfer des Kartierers<br />
mit einem 1 m langen Bohrstock nach PÜRKHAUER gewonnen.<br />
Die Ergebnisse jeder Bohrung sind durch Ziffern <strong>und</strong> Zeichen<br />
möglichst umfassend auf der Karte festgehalten. Grenzen<br />
der auszuscheidenden Bodenformen waren sofort bei<br />
der Geländearbeit festzulegen. Hierbei <strong>und</strong> bei der Wahl der<br />
Bohrstellen bot die Beobachtung der Vegetation wertvolle<br />
Hilfe. Es wurde jedoch darauf geachtet, daß die Grenzziehung<br />
streng nach den Definitionen der Bodenformen, nicht<br />
nach dem Bewuchs, vor sich ging. Hiervon machten nur die<br />
Bodenformen Hochmoor <strong>und</strong> Übergangsmoor eine Ausnahme,<br />
bei denen zur Ausscheidung die Vegetation mit herangezogen<br />
wurde.<br />
Ziel der Bodenkartierung war es, neben einer Einteilung nach<br />
ökologischen Gesichtspunkten eine möglichst umfassende<br />
Bestandsaufnahme der <strong>Böden</strong> zu liefern. So können mit Hilfe<br />
der Bodenkarte wohl auch Fragen beantwortet werden, die<br />
bei deren Aufnahme gar nicht gestellt waren; dies dürfte vor<br />
allem für glazialgeologische Probleme zutreffen (siehe Karte<br />
Nr. 15 <strong>und</strong> Nr. 11).<br />
5.2 Beschreibung der Bodenformen<br />
Die vorkommenden Bodenformen ordnen sich zwanglos<br />
in drei Gruppen:<br />
1. Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
2. Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
3. Naßböden<br />
Die <strong>Böden</strong> der ersten Gruppe sind geprägt durch das<br />
flächige Auftreten von Fels oder Grobskelett in Form<br />
von Blöcken. Die Sand- <strong>und</strong> Lehmböden erhalten ihren<br />
Charakter durch die mineralische Feinerde, der ein<br />
wechselnder Anteil an Skelett beigemengt ist.<br />
Die <strong>Böden</strong> der beiden ersten Gruppen haben sich außerhalb<br />
(terrestrische <strong>Böden</strong>), die <strong>Böden</strong> der dritten<br />
Gruppe innerhalb des ständigen Einwirkungsbereiches<br />
des Gr<strong>und</strong>wassers gebildet (semiterrestrische<br />
<strong>Böden</strong>). Im Sinne von EHWALD (1966 b) wären die bei-
den ersten Gruppen zu den anhydromorphen, die dritte<br />
Gruppe zu den hydromorphen <strong>Böden</strong> zu rechnen.<br />
Die Naßböden werden nach dem Anteil an mineralischer<br />
<strong>und</strong> organischer Substanz untergliedert.<br />
Zur Benennung der Bodenformen werden Kurzbezeichnungen<br />
verwendet. Diese dienen nur der raschen<br />
Verständigung <strong>und</strong> stellen keine Definition dar.<br />
5.2.1 Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
Blockschuttmassen geben großen Flächen am steilen<br />
Abfall des Böhmerwaldkammes das Gepräge. Es ist<br />
standörtlich sehr bedeutsam, ob Felsblöcke ein Gelände<br />
dicht oder weniger dicht überlagern. Bei der Kartierung<br />
wurde daher getrennt in Blockböden <strong>und</strong> blocküberlagerte<br />
<strong>Böden</strong>. Bei den Blockböden liegen die<br />
Felsblöcke dicht nebeneinander, meist auch noch<br />
übereinander. Zwischen ihnen befinden sich entweder<br />
Hohlräume oder humose Füllungen. Die Wurzeln der<br />
Bäume beschränken sich auf das humose Füllmaterial<br />
oder müssen dieses durchstoßen, bevor sie die mineralische<br />
Feinerde erreichen. Zu den Blockböden gehören<br />
die anschließend zu besprechenden Blockfelder<br />
<strong>und</strong> Block-Humus-<strong>Böden</strong>, die als eigene Bodenformen<br />
ausgeschieden sind.<br />
Auf blocküberlagerten <strong>Böden</strong> wurzeln die Bäume in<br />
humosen, sandig-lehmigen Substraten; Blöcke überdecken<br />
das Gelände mehr oder weniger dicht, werden<br />
aber nicht in demselben Maß ökologisch wirksam, wie<br />
bei den Blockböden. Blocküberlagerung wird daher<br />
nur als Signatur wiedergegeben, die mit verschiedenen<br />
Bodenformen kombiniert werden kann. Bedecken<br />
Blöcke weniger als schätzungsweise 10% einer überschauben<br />
Fläche, so erscheint das Zeichen für schwache<br />
Blocküberlagerung. Nehmen sie mehr als 10% der<br />
Fläche ein, rücken aber noch nicht so eng zusammen,<br />
daß ein Blockboden entsteht, so wird die Signatur für<br />
starke Blocküberlagerung gesetzt.<br />
Die Signaturen für Blocküberlagerung haben gleichzeitig<br />
eine zweite Bedeutung. Bei der Kartierung mit<br />
dem Bohrstock ist es kaum möglich, den Skelettgehalt<br />
zutreffend anzusprechen. Auch wenn der Bohrstock<br />
bei wiederholtem Einschlagen mehrmals auf Steine<br />
trifft, sagt das noch nicht viel. Andererseits gelingt die<br />
Bohrung häufig in sehr skelettreichen <strong>Böden</strong> erstaunlich<br />
leicht. Das hängt damit zusammen, daß Größe <strong>und</strong><br />
Form der Steine eine entscheidende Rolle spielen. Ein-<br />
zeine große Blöcke oder flachliegende Gesteinsplatten<br />
hindern das Eintreiben des Bohrstocks mehr als ein<br />
besonders hoher Gehalt an kleineren Steinen Beobachtungen<br />
an Bodeneinschlägen haben nun aber gezeigt,<br />
daß in dem gesamten Gebiet, in dem Blocküberlagerung<br />
vorkommt, die <strong>Böden</strong> stark steinig (30-75<br />
Vol. % Skelettanteil) sind. Wo die Blocksignatur auf<br />
größeren Flächen fehlt - das ist vor allem im Bereich<br />
der Vorberge der Fall, wo der Zersatz des Ausgangsmaterial<br />
für die Bodenbildung liefert - ist meist nur ein<br />
schwacher oder mittlerer Steingehalt der <strong>Böden</strong> gegeben.<br />
Eine Ausnahme hiervon machen nur die Hochlagen,<br />
in denen zwar häufig nur eine geringe oder keine<br />
Blocküberlagerung zu beobachten ist, wo aber die <strong>Böden</strong><br />
stets stark steinhaltig sind.<br />
5.2.1.1 Blockfeld<br />
Übereinander gehäufte lose Blöcke von 0,5-2,0 m<br />
Kantenlänge, zwischen denen die Hohlräume noch<br />
nicht mit organischer oder mineralischer Feinerde ausgefüllt<br />
sind, charakterisieren die Bodenform Blockfeld.<br />
Der überwiegende Teil der Blockfelder ist lediglich von<br />
Flechten bewachsen. Nur wo sich zwischen den Blökken<br />
bereits etwas humoses Material gesammelt hat,<br />
können Latschen, krüppelhafte Fichten <strong>und</strong> Ebereschen,<br />
begleitet von Heidelbeeren, Preiselbeeren <strong>und</strong><br />
Moosen Fuß fassen. Niemals erreichen jedoch die Bestände<br />
der Gehölze eine solche Höhe <strong>und</strong> Dichte, daß<br />
man von einem <strong>Wald</strong> sprechen könnte.<br />
Es ist also kein durchgehender humoser A-Horizont<br />
gegeben, sondern ein Ai-Horizont, der wenigstens von<br />
Flechten belebt ist. Es liegt daher der Bodentyp Rohboden<br />
vor.<br />
Blockfelder haben sich fast nur aus Granit entwickelt,<br />
Gneis neigt anscheinend weniger zu blockiger Absonderung<br />
<strong>und</strong> ist nicht hinreichend verwitterungsbeständig.<br />
Blockfelder bedecken nur geringe Flächen, vor allem<br />
in den Hochlagen <strong>und</strong> den sonnseitigen oberen<br />
Hanglagen (Tab. 57). In den unteren Hanglagen <strong>und</strong><br />
Tallagen kommen sie nich vor. Stets treten sie in Gipfellagen<br />
(am bekanntesten ist das Blockfeld auf dem<br />
Lusengipfel) oder an steilen Hängen auf. Sie werden<br />
von den Rändern her sehr langsam vom Fichtenwald<br />
erobert, sobald sich genügend humoses Material angesammelt<br />
hat.<br />
163
Urwälder der Hanglagen haben sich vor allem halten können,<br />
wo das Holz schwer bringbar ist.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
164
5.2.1.4 Fels-Lehm-Mosaik<br />
Anstehender Fels im kleinflächigen Wechsel mit steinigem,<br />
sandigem Lehm kommt nur auf geringen Flächen<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet vor; die Bodenform tritt in den<br />
oberen <strong>und</strong> unteren Hanglagen auf, ist aber in den<br />
Hoch- <strong>und</strong> Tallagen kaum zu finden. Fels-Lehm-Mosaik<br />
ist typisch für Gipfel <strong>und</strong> Grate. Gneise oder Granite<br />
können hier regelrechte Felsburgen bilden. Zwischen<br />
diesen sind <strong>Böden</strong> aus mineralischer Feinerde anzutreffen;<br />
auch in den Klüften hat sich häufig Feinmaterial<br />
gesammelt. Es wechseln also Rohböden mit Braunerden<br />
oder Podsol-Braunerden ab.<br />
Die Felspartien werden, soweit sie überhaupt Bäume tragen,<br />
von Fichten, selten Bergahornen <strong>und</strong> Tannen eingenommen.<br />
Auf den lehmigen Teilen zwischen den Felsen gedeihen alle<br />
in der entsprechenden Höhenlage vorkommenden Baumarten.<br />
Auch die Felsanteile der Bodenform Fels-Lehm-Mosaik<br />
erfordern ständig den Schutz durch den WaIdbestand,<br />
damit Feinerdeverluste vermieden werden. Es<br />
handelt sich also hier ebenfalls um Schutzwald.<br />
5.2.1.5 Block-Lehm-Mosaik<br />
Block-Humus-Boden in kleinflächigem Wechsel mit<br />
steinigen, sandig-grusigen Lehmböden nimmt große<br />
Flächen im <strong>Nationalpark</strong>gebiet ein (Tab. 57). Der Anteil<br />
an Block-Humus-Boden kann zwischen 10 <strong>und</strong> 90%<br />
schwanken. Bedecken Block-Humus-<strong>Böden</strong> weniger<br />
als 10% der Fläche, so ist nur die Signatur für starke<br />
Blocküberlagerung gesetzt. Werden 90% Flächenanteil<br />
überschritten, so ist ein Block-Humus-Boden kartiert.<br />
Block-Lehm-Mosaik hat den Schwerpunkt seiner<br />
Verbreitung in den sonnseitigen oberen Hanglagen; in<br />
den Hochlagen ist es weniger häufig, in unteren Hanglagen<br />
<strong>und</strong> Tallagen findet man es nur vereinzelt. Bemerkenswert<br />
<strong>und</strong> wohl auch für die Frage der Entstehung<br />
bedeutsam ist die Beobachtung, daß die Block<br />
Humus-<strong>Böden</strong> stets auf konkaven, die lehmigen <strong>Böden</strong><br />
auf konvexen Geländeteilen anzutreffen sind. Im<br />
übrigen gilt für den Anteil an Block-Humus-<strong>Böden</strong>, das<br />
bereits in Abschnitt 5.2.1.2 Gesagte. Die stark steinigen,<br />
sandigen Lehmböden, die zwischen den Block<br />
Humus-<strong>Böden</strong> vorkommen, sind nicht weiter unterglie-<br />
dert; ihre Eigenschaften stimmen weitgehend mit denen<br />
der benachbarten Sand- <strong>und</strong> Lehmböden überein,<br />
sie sind also beispielweise in der oberen Hanglage<br />
meist als Lockerbraunerden entwickelt. Außerdem treten<br />
- vor allem in den Hochlagen - Podsol-Braunerden,<br />
Braunerde-Podsole <strong>und</strong> Podsole auf.<br />
5.2.2 Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
Den weitaus größten Teil, nämlich fast drei Viertel der<br />
Fläche des <strong>Nationalpark</strong>gebietes, nehmen Sand- <strong>und</strong><br />
Lehmböden mit mehr oder minder großem Steingehalt<br />
ein (Tab. 57). Sie lassen eine deutliche Zonierung nach<br />
der Höhenlage erkennen, die sich teils im Bodensubstrat,<br />
teils im Bodentyp, häufig in beiden zugleich bemerkbar<br />
macht. Das Geländerelief wandelt vielfach die<br />
Höhenlage der Zonen bestimmter Bodenformen ab.<br />
Die gesetzmäßige Verbreitung bestimmter Bodenformen<br />
ermöglicht bei bekannter Höhenlage, Exposition<br />
<strong>und</strong> Hangneigung ziemlich sichere Voraussagen über<br />
die in einem bestimmten Bereich vorhandenen <strong>Böden</strong>.<br />
Um die Zusammenhänge deutlich zu machen, ist die<br />
Abb. 39 gezeichnet worden, die zweckmäßigerweise<br />
beim Lesen des nachfolgenden Textes verwendet<br />
wird. Die Ergebnisse über die höhenabhängige Verbreitung<br />
bestimmter Bodenformen decken sich im<br />
wesentlichen mit denen von BRUNNACKER (1965 a,<br />
1965 b) <strong>und</strong> PELISEK (1969). Eine ausführliche Besprechung<br />
der Bodenzonierung folgt im Abschn. 5.5.<br />
5.2.2.1 Sand <strong>und</strong> Schotter<br />
Nur auf ganz geringen Flächen <strong>und</strong> zwar fast ausschließlich<br />
in den TalJagen, kommen <strong>Böden</strong> vor, bei denen<br />
auf weniger als 30 cm Bodentiefe die Bodenart<br />
Lehm festzustellen ist. Lehm bedeutet hier - wie auch<br />
sonst in dieser Arbeit - nur, daß die Feinerde zu einer<br />
bleistiftdicken Wurst ausrollbar ist. Bei der Bodenform<br />
Sand <strong>und</strong> Schotter, die fast nur auf sandig-kiesigen<br />
Talsedimenten auftritt, ist häufig überhaupt kein Lehm<br />
im Oberboden zu finden, das Substrat ist durchwegs<br />
sandig oder kiesig.<br />
Trotz ihrer geringen Verbreitung wurden die Sand- <strong>und</strong><br />
Schotterböden als eigene Bodenform ausgeschieden,<br />
weil zu vermuten ist, daß sie außerhalb des <strong>Nationalpark</strong>gebietes,<br />
im Bereich größerer Flüsse, auf wesentlichen<br />
Flächen vorkommen.<br />
167
Bodentypologisch handelt es sich in der Regel um Podsol-Braunerden,<br />
nur selten um Braunerden. In der Karte<br />
erfolgt die Unterscheidung durch Signatur.<br />
Die physikalischen Eigenschaften der Sandböden,<br />
nämlich gute Durchlüftung, Durchlässigkeit, geringe<br />
Wasserkapazität, machen sich sicherlich in der<br />
Wuchsleistung der Baumarten bemerkbar. Das Beobachtungsmaterial<br />
ist aber vorläufig noch zu gering für<br />
weitere Aussagen.<br />
5.2.2.2 Lehm über Sand<br />
Eine 30 bis 60 cm mächtige, zu Lehm verwitterte Zone<br />
über einem sandig-grusigen Unterboden ist kennzeichnend<br />
für die Bodenform Lehm über Sand. Der<br />
Lehm ist stets sandig bis stark sandig, der Skelettgehalt<br />
in der Regel gering bis mittel. Das rührt daher, daß<br />
diese <strong>Böden</strong> sich meist aus dem Zersatz entwickelt haben<br />
<strong>und</strong> zwar im <strong>Nationalpark</strong>gebiet fast ausschließlich<br />
aus Gneiszersatz. Die Bodenform hat deshalb<br />
auch ihre Hauptverbreitung auf den flachen Vorbergen.<br />
Mittlere Reliefenergie ist die Voraussetzung für die<br />
Entstehung dieser Bodenform. In ausgesprochen flachem<br />
Gelände haben sich bereits mächtigere Lehmzonen<br />
entwickelt. In steilem Gelände ist vielfach die<br />
Verwitterungsdecke bis auf das feste Gestein entfernt.<br />
Im Bereich mittlerer Reliefenergie hat eine mäßige Bodenabtragung<br />
zur Bildung geringmächtiger Lehmzonen<br />
geführt. Im flachwelligen Hügelgelände der unteren<br />
Hanglagen <strong>und</strong> Tallagen, sowie in schwach bis mäßig<br />
geneigten Hochlagen im NO-Teil des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
sind daher diese <strong>Böden</strong> am weitesten verbreitet.<br />
Sie nehmen jedoch nur etwas über 2% der Gesamtfläche<br />
ein (Tab. 57).<br />
Mit zunehmender Seehöhe steigt bei dieser Bodenform<br />
der Humusgehalt <strong>und</strong> die Tendenz zur Podsolierung<br />
nimmt zu. Der Humus kann sowohl als Rohhumus<br />
dem Boden aufliegen als auch - besonders deutlich bis<br />
zur Untergrenze der Verlehmung - im Mineralboden<br />
stecken. Bis etwa 1000 bis 1100 m Seehöhe kommen<br />
fast nur Braunerden vor. Eine Ausnahme machen lediglich<br />
die Tallagen, in denen die Tendenz zur Podsolierung<br />
stets stärker ist als in den Hanglagen; hier findet<br />
man immer wieder auch Podsol-Braunerden (Signatur).<br />
Diese treten oberhalb 1100-1000 m stärker auf<br />
<strong>und</strong> sind vor allem in den Hochlagen häufig. Die Boden-<br />
form Lehm über Sand ist im <strong>Nationalpark</strong>gebiet fast<br />
ausschließlich aus Gneiszersatz hervorgegangen. Außerhalb<br />
des Untersuchungsgebietes, östlich von Finsterau,<br />
kommen auf größerer Fläche die entsprechenden<br />
Substrate aus Granit entstanden vor. Diese lassen<br />
eine wesentlich stärkere Podsolierung erkennen als<br />
sie im Bereich des Gneiszersatzes festzustellen ist.<br />
Die physikalischen Eigenschaften der Bodenform<br />
Lehm über Sand sind aus ihrem Aufbau ableitbar. Wasser<br />
wird hauptsächlich in der verlehmten Zone gespeichert,<br />
im unterliegenden sandigen Material des Zersatzes<br />
versickert es rasch. Diese <strong>Böden</strong> sind infolgedessen<br />
stets gut nach unten drainiert. Sie trocknen im<br />
Frühjahr nach der Schneeschmelze rasch ab <strong>und</strong> erwärmen<br />
sich frühzeitig. Die Durchlüftung reicht bis in<br />
größere Bodentiefen, wie auch die Wurzeln der Fichte<br />
anzeigen, die über einen Meter tief, also in den noch<br />
kaum verlehmten Zersatz, eindringen. Wegen der relativ<br />
geringen Speicherkapazität dieser <strong>Böden</strong> ist die<br />
Wasserversorgung des <strong>Wald</strong>es in Trockenzeiten weniger<br />
gut als bei der Bodenform Lehm.<br />
In der ursprünglichen Zusammensetzung des <strong>Wald</strong>es sind<br />
keine Unterschiede gegenüber den <strong>Böden</strong> mit einer mächtigeren<br />
verlehmten Zone nachweisbar. Auffälligerweise haben<br />
aber die Untersuchungen der <strong>Wald</strong>inventur 1971 bei der Bodenform<br />
Lehm über Sand einen wesentlich stärkeren Rotfäule-Befall<br />
der Fichte festgestellt als bei der Bodenform Lehm.<br />
5.2.2.3 Lehm<br />
Die Bodenform Lehm hat die stärkste Verbreitung, sie<br />
nimmt ziemlich genau die Hälfte der Fläche des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
ein. In den Tallagen, wo die Naßböden<br />
konzentriert auftreten, bleiben für den Lehm nur rd. 40,<br />
in den unteren Hanglagen rd. 75 <strong>und</strong> in den oberen<br />
Hanglagen rd. 60% der Fläche übrig. In den Hochlagen<br />
finden sich nur noch ganz vereinzelte Vorkommen<br />
(Tab. 57).<br />
Definitionsgemäß muß der Boden auf mehr als 60 cm<br />
Tiefe ein Lehm sein, d. h. zu einer bleistiftstarken Wurst<br />
ausgerollt werden können. Der Lehm ist in der Regel<br />
ein sandiger Lehm.<br />
In der Umgebung der Naßböden, besonders in den Tallagen,<br />
sind die Lehme oft unterhalb 60 cm Tiefe, selten<br />
auch höher herauf, verdichtet; sie weisen dann häufig<br />
auch nur einen geringen Sand- <strong>und</strong> Steingehalt auf.<br />
169
Damit verb<strong>und</strong>en ist manchmal eine vom Stauwasser<br />
herrührende Fleckung im tieferen Unterboden. Die<br />
Verdichtung der Lehmböden ist jedoch ein Ausnahmefall,<br />
der sich auf kleinere Flächen beschränkt.<br />
Sandige Lehme mit geringem Skelettgehalt kommen<br />
vor allem in den Tallagen <strong>und</strong> unteren Hanglagen großflächig<br />
vor, wo die Karte keine Blocküberlagerung verzeichnet.<br />
Stets sind diese <strong>Böden</strong> oben bindiger als unten.<br />
Häufig ist zwischen 60 <strong>und</strong> 90 cm Tiefe nur noch<br />
ein lehmiger oder schwach lehmiger Sand anzutreffen,<br />
was ebenfalls durch eine Signatur festgehalten ist.<br />
In Bereichen mit Blocküberlagerung <strong>und</strong> fast durchgehend<br />
oberhalb etwa 900 m sind die Lehme stark steinhaltig;<br />
häufig ist auch der Sand- <strong>und</strong> Grusgehalt recht<br />
hoch. Vereinzelt tritt hier sogar Lehm über Sand inselartig<br />
auf.<br />
Die Braunerde großer Entwicklungstiefe ist der<br />
herrschende Bodentyp. Nur selten - <strong>und</strong> dann durch<br />
Signatur gekennzeichnet - kommen Podsol-Braunerden<br />
vor. Diese konzentrieren sich auf die Tallagen, die<br />
Hangtäler <strong>und</strong> die Hochlagen. Etwa ab 900 m Meereshöhe,<br />
wo das Gelände steiler zum Grenzkamm des Gebirges<br />
anzusteigen beginnt, wandelt sich das Erscheinungsbild<br />
der Braunerden. Ihre Farbe geht von ockergelb<br />
bis ockerbraun allmählich zu einem tiefen Braun<br />
über, wie das auch in der Arbeit von PELISEK (1969)<br />
zum Ausdruck kommt. Alle Braunerden im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
sind mehr oder minder locker; eine Ausnahme<br />
machen nur diejenigen Bereiche in der Umgebung<br />
der Naßböden, in denen eine Signatur Verdichtung der<br />
<strong>Böden</strong> angibt. Oberhalb etwa 900 m werden aber nun<br />
die Lehme ganz besonders locker. Hier fällt die Feinerde<br />
entweder von selbst wieder aus dem Bohrstock<br />
oder kann mit dem Finger leicht herausgewischt werden.<br />
Wenn das auf etwa 60 cm Tiefe der Fall war, wurde<br />
in der Karte die Signatur für ausgeprägte Lockerheit<br />
gesetzt. Erstaunlicherweise verlieren diese <strong>Böden</strong> die<br />
beschriebenen Eigenschaften auch dann nicht, wenn<br />
sie stark durchfeuchtet sind. Möglicherweise hängt<br />
das mit der außerordentlich intensiven <strong>und</strong> tief hinunterreichenden<br />
Einmischung von Humus in den Mineralboden<br />
zusammen, die eine gute Krümelung der <strong>Böden</strong><br />
herbeiführt <strong>und</strong> auch zu der dunklen Färbung beiträgt.<br />
BRUNNACKER (1965 a, 1965 b) hat zur Kennzeichnung solcher<br />
<strong>Böden</strong> den Begriff Lockerbraunerde erstmals auf den<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> übertragen. Die kartenmäßige Abgrenzung<br />
der Lockerbraunerde nach dem oben genannten stren-<br />
170<br />
gen Maßstab liefert eine Untergrenze diese Bodentyps in etwa<br />
900 m Höhe; das deckt sich gut mit den Ergebnissen, die<br />
BRUNNACKER bei der bodenk<strong>und</strong>lichen Aufnahme von Blatt<br />
Zwiesel (1965 a) erhielt.<br />
Der gesamte Bereich der Bodenform Lehm in der oberen<br />
Hanglage - also oberhalb 900 m - wird ganz überwiegend<br />
von der Lockerbraunerde eingenommen. Da<br />
die ausgeprägte Lockerheit ein Merkmal ist, das keine<br />
scharfe Abgrenzung gestattet, ist auf Grenzlinien in<br />
der Karte verzichtet worden. Die Signatur macht auch<br />
die Verbreitung der ausgeprägten Lockerheit in Abhängigkeit<br />
vom Geländerelief besser deutlich. Die Lokkerheit<br />
ist an Sonnhängen typischer entwickelt als an<br />
Schatthängen <strong>und</strong> an steilen Hängen typischer als bei<br />
geringer Geländeneigung. Daraus ergibt sich eine enge<br />
Vergesellschaftung mit den Blockböden. Die Annahme<br />
liegt nahe, daß ähnliche Vorgänge während der<br />
Eiszeit bei der Entstehung von Blockböden <strong>und</strong> Lokkerbraunerden<br />
mitgewirkt haben.<br />
Wo Lehm noch in den Hochlagen vorkommt, fehlt ihm<br />
die ausgeprägte Lockerheit. Häufig hat er zwar auch<br />
eine tiefbraune Farbe <strong>und</strong> einen sehr hohen Humusgehalt,<br />
das Gefüge ist aber nicht mehr ausgeprägt locker<br />
<strong>und</strong> krümelig, sondern bröckelig oder schmierig. Hiervon<br />
gibt es zwei Ausnahmen: an den steilen Südhängen<br />
des Lusen <strong>und</strong> des Platten hausen reicht Lehm mit<br />
ausgeprägter Lockerheit noch ein Stück weit in die<br />
Hochlagen hinauf.<br />
Das Erscheinungsbild der Bodenform Lehm, einschließlich<br />
der Lockerbraunerde, ist auf Graniten ganz<br />
ähnlich wie auf Gneisen. Es wird sich zeigen, ob analytische<br />
Untersuchungen wesentliche Unterschiede ergeben.<br />
Ökologisch unterscheiden sich die Braunerden vor allem<br />
durch ihr Gefüge. Wo Bodenverdichtung auftritt<br />
kann zeitweilig - vor allem im Frühjahr - der Wasserabzug<br />
gehemmt sein, was zu Vernässung <strong>und</strong> ungenügender<br />
Durchlüftung führt. Die große Masse der sandigen<br />
Lehme ist jedoch infolge der nach unten hin abnehmenden<br />
Bindigkeit gut drainiert <strong>und</strong> durchlüftet,<br />
was auch die tief hinunterreichende Durchwurzelung<br />
der Fichte erkennen läßt.<br />
Außerordentlich günstig ist die Bodenstruktur der Lokkerbraunerden<br />
für <strong>Wald</strong> bäume. Die Wurzeln aller<br />
Baumarten dringen tief ein <strong>und</strong> machen sich einen großen<br />
Bodenraum für ihre Wasser- <strong>und</strong> Nährstoffversorgung<br />
nutzbar. Zu bemerken ist, daß die Buche noch in
Tiefen von mehr als 1 m den Boden sehr intensiv erschließt.<br />
Der Vergleich von Wuchsleistung, Konkurrenzkraft <strong>und</strong> Ansamungsfähigkeit<br />
der Buche auf verschiedenen Bodenformen<br />
in der oberen Hanglage zeigt, daß diese Baumart durch<br />
die Lockerbraunerde begünstigt wird. Sie verjüngt sich beispielsweise<br />
noch in 1200 m Höhe auf Lockerbraunerden üppig,<br />
auf podsoliertem Lehm über Granitgrus, wie er östlich<br />
des <strong>Nationalpark</strong>s vorkommt, dagegen bereits in 1000 m Höhe<br />
nur noch schlecht. Daraus geht hervor, daß die Buche in<br />
der oberen Hanglage nicht nur vom <strong>Klima</strong>, sondern eindeutig<br />
auch vom Boden her im Vorteil ist. Trotz ihrer starken Siedlungstendenz<br />
bleibt die Buche jedoch mit zunehmender Seehöhe<br />
hinter der Fichte im Höhenwuchs immer mehr zurück.<br />
5.2.2.4 Lehm mit Wasserzug<br />
Eine Übergangsform zwischen dem Lehm <strong>und</strong> dem mineralischen<br />
Naßboden stellt die Bodenform Lehm mit<br />
Wasserzug dar. Das Bodensubstrat ist stets ein sandiger<br />
Lehm mit wechselndem, meist mittlerem Steingehalt.<br />
Im Unterboden zwischen 40 <strong>und</strong> 100 cm Tiefe<br />
macht sich Wassereinfluß durch Fleckung oder Graufärbung<br />
bemerkbar. Es handelt sich also um den Bodentyp<br />
Gley-Braunerde (reichen die Spuren des Wassereinflusses<br />
höher herauf, so ist mineralischer Naßboden<br />
kartiert).<br />
Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt in den unteren<br />
Hanglagen; seltener tritt die Bodenform in Tallagen<br />
<strong>und</strong> in oberen Hanglagen auf (Tab. 57). Von wenigen<br />
Ausnahmen abgesehen, findet sich der Lehm mit Wasserzug<br />
in hängigem Gelände, die Benennung ist daher<br />
gerechtfertigt. Es gibt Bereiche, in denen die Bodenform<br />
im kleinflächigen Wechsel mit Lehm <strong>und</strong> mineralischem<br />
Naßboden auftritt, so beispielweise in den Abteilungen<br />
Rehdobel <strong>und</strong> Rehstand des Gebiets<br />
Abschn. IV. Charakteristisch sind für solches Gelände<br />
die zahlreichen, kleinen Bachgerinne. Der rasche<br />
Wechsel der Bodenformen läßt hier erkennen, daß<br />
Wasser auf stauender Unterlage nahe der Bodenoberfläche<br />
bergab zieht. Über die Natur dieser stauenden<br />
Unterlage ist noch nichts Näheres bekannt.<br />
Ökologisch zeichnet sich der Lehm mit Wasserzug<br />
durch hinreichende Durchlüftung <strong>und</strong> durch eine besonders<br />
nachhaltige Wasserversorgung aus. Wo die<br />
Bodenform im günstigen <strong>Klima</strong> der unteren Hanglage<br />
vorkommt, dürften die <strong>Wald</strong>bäume ihre größte Wuchskraft<br />
entfalten. Bereits bei der ersten <strong>Wald</strong>inventur<br />
rühmte man die gewaltigen Mischbestände aus Fichte,<br />
Tanne <strong>und</strong> Buche, <strong>und</strong> "die vorzügliche Güte des <strong>Wald</strong>bodens".<br />
5.2.2.5 Tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt<br />
Schon im Bereich der Bodenform Lehm hatte der einen<br />
Meter lange Bohrstock hin <strong>und</strong> wieder verfestigten<br />
Schutt erfaßt; durch Signaturen ist das festgehalten. Je<br />
mehr man sich der Hochlagengrenze nähert, desto<br />
häufiger tritt verfestigter Schutt in 60 bis 90 cm Tiefe<br />
auf. Ein stark steiniger, sandig-grusiger Lehm bildet<br />
das darüberliegende Bodensubstrat.<br />
Die Bodenform überdeckt den Bereich, in dem das<br />
mehr oder minder steile Gelände der oberen Hanglage<br />
zu den Hochlagen hin zu verflachen beginnt (Abb. 39).<br />
Unterhalb des "Hangknicks" sind über dem in 60 bis 90<br />
cm Tiefe anstehenden, verfestigten Schutt noch typische<br />
Lockerbraunerden entwickelt. Oberhalb behalten<br />
zwar die <strong>Böden</strong> ihre tiefbraune Farbe <strong>und</strong> zeigen einen<br />
sehr hohen Humusgehalt, ihr Gefüge ist aber brökkelig<br />
bis schmierig, es läßt die krümelige Struktur der<br />
Lockerbraunerde vermissen. Zugleich mit der typischen<br />
Lockerbraunerde erreicht die Buche die Obergrenze<br />
ihres flächigen Vorkommens (Horste, Gruppen).<br />
Die obere Verbreitungsgrenze der Lockerbraunerde<br />
zeigt also eine klare Beziehung zur heutigen<br />
<strong>Wald</strong>vegetation, wie auch zur Zusammensetzung der<br />
ursprünglichen Wälder (vgl. Abschn. 7.4.2). Die Obergrenze<br />
der Lockerbraunerde wurde daher zu einer verfeinerten<br />
Abtrennung der Höhenstufe "Hochlage" herangezogen.<br />
Diese Grenze verläuft in der Regel innerhalb<br />
der Bodenform tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt.<br />
Der enge Zusammenhang zwischen Geländeform <strong>und</strong><br />
Tiefenlage des verfestigten Schutts ist bereits in<br />
Abschn. 4.3.2.1 geschildert worden. So verw<strong>und</strong>ert es<br />
nicht, daß tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt auch innerhalb der Hochlagen immer wieder in<br />
steilem Gelände auftritt, ebensowenig, daß diese Bodenform<br />
an Nordhängen wesentlich weiter hinunterreicht<br />
als an Südhängen.<br />
An Bodentypen treten Lockerbraunerde, Braunerde<br />
mit hohem Humusgehalt <strong>und</strong> mit zunehmender Seehöhe<br />
auch Podsol-Braunerden auf. Wesentliche Unterschiede<br />
zwischen Gneis <strong>und</strong> Granit konnten nicht<br />
171
eobachtet werden.<br />
Der verfestigte Schutt ist nicht eigentlich verdichtet,<br />
sondern zeigt mit freiem Auge sichtbare Poren. Er wirkt<br />
aber zu Zeiten großen Wasserangebotes, so während<br />
der Schneeschmelze, als Wasserstauer, da das Wasser<br />
das überliegende lockere Material wesentlich rascher<br />
durchsickern kann als den verfestigten Schutt.<br />
Für die Wurzeln der Bäume stellt der verfestigte Schutt<br />
ein kaum zu durchdringendes Hindernis dar. Die<br />
Durchwurzelung endet daher in der Regel auf dieser<br />
Sohle. Je mehr der verfestigte Schutt sich der Oberfläche<br />
nähert, desto stärker wird der verfügbare Wurzelraum<br />
eingeengt. Die Beobachtungen sprechen dafür,<br />
daß die Sperrschicht das Wachstum der Fichte nicht<br />
erkennbar, das Wachstum der Buche aber stark beeinträchtigt.<br />
5.2.2.6 Mittelgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt<br />
Mittelgründiger Lehm über verfestigtem Schutt ist die<br />
typische Bodenform der Hochlagen (Tab. 57). Der verfestigte<br />
Schutt steht in 30 bis 60 cm Tiefe an. Darüber<br />
liegt stark steiniger, sandig-grusiger Lehm.<br />
Nur selten kommen Braunerden vor. Der herrschende<br />
Bodentyp ist die Podsol-Braunerde. Der Auswaschungshorizont<br />
ist häufig wegen seines hohen Gehaltes<br />
an schwarzem Humus nur schwer zu erkennen. Die<br />
darunter liegenden Horizonte (B <strong>und</strong> B v ) haben eine<br />
kräftige rostbraune Farbe, die sich gegen das helle<br />
Graugelb des verfestigten Schuttes deutlich abhebt.<br />
Die tiefbraune Farbe wird mindestens zu einem Teil<br />
durch organische Substanz verursacht.<br />
Das Gefüge ist bröckelig bis schmierig. Mehr oder minder<br />
mächtige Rohhumusauflagen sind kennzeichnend<br />
für die Bodenform. Der Grad der Einarbeitung von<br />
schwarzem Humus in den Mineralboden wechselt<br />
stark. Im Durchschnitt sind diese <strong>Böden</strong> reich an Humus.<br />
Ist der Gehalt an organischer Substanz im Oberboden<br />
überdurchschnittlich groß, sei es durch aufliegenden<br />
Rohhumus oder in den Mineralboden eingearbeiteten<br />
Humus, ist das durch eine Signatur in der Karte<br />
vermerkt. Solche Humusanreicherungen wurden in<br />
den höchsten Lagen, vor allem an Schatthängen, gef<strong>und</strong>en.<br />
Die Bodenform tritt auf Gneisen <strong>und</strong> Graniten auf, ohne<br />
daß erhebliche Unterschiede festzustellen wären.<br />
172<br />
Die Verebnungen, die Nordhänge <strong>und</strong> die höchsten<br />
Teile der Hochlagen werden fast ausschließlich von<br />
dieser Bodenform eingenommen. An steilen Hängen,<br />
vor allem Sonnhängen, liegt der verfestigte Schutt in<br />
der Regel tiefer (siehe Abschn. 4.3.2.1).<br />
Der verfestigte Schutt läßt das Sickerwasser schwerer<br />
durch als das darüberliegende Bodenmaterial. Bei großem<br />
Wasserangebot kommt es daher zu zeitweiligem<br />
Wasserstau. Fallen im Spätherbst, wenn die Verdunstung<br />
bereits gering ist, reichlich Niederschläge, so füllen<br />
sich Bodeneinschläge im mittelgründigen Lehm<br />
über verfestigtem Schutt allmählich mit Wasser. In<br />
noch stärkerem Maß ist das bei der Schneeschmelze<br />
im Frühjahr der Fall. Mit dem Einsetzen einer stärkeren<br />
Verdunstung verschwindet das Wasser aus den Boden<br />
einschlägen. Nach starken Regenfällen im Sommer<br />
war nie eine Wasserfüllung zu beobachten. Trotz<br />
des zeitweiligen Wasserstaus ist in den <strong>Böden</strong> i. a. keine<br />
Fleckung oder Graufärbung erkennbar.<br />
Zu Zeiten des Wasserstaus tritt Luftmangel in den <strong>Böden</strong><br />
auf. Die Wassersättigung verzögert außerdem die<br />
Erwärmung im Frühjahr. Der verfestigte Schutt hemmt<br />
den Tiefgang der Wurzeln. All diese Umstände beeinträchtigen<br />
die Fichte wenig, führen aber offenbar zum<br />
weitgehenden Ausfall der Buche, die nur noch in geringwüchsigen,<br />
von Flechten besetzten Exemplaren<br />
auf dieser Bodenform anzutreffen ist.<br />
Liegen mittelgründiger Lehm über verfestigtem Schutt<br />
<strong>und</strong> Lehm bei gleicher Höhenlage <strong>und</strong> Exposition nebeneinander,<br />
wie das beispielsweise am BÖhmsteig<br />
vorkommt, so finden wir auf Lehm in etwa 1170 m Höhe<br />
noch ansehnliche Buchenbestände, auf mittelgründigem<br />
Lehm über verfestigtem Schutt nur mehr Fichte<br />
mit unterständiger Buche. Das Beispiel zeigt eindringlich,<br />
wie stark die obere Verbreitungsgrenze der Buche<br />
im Bayerischen <strong>Wald</strong> durch die Bodenverhältnisse<br />
modifiziert wird. Mittelgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt kommt vereinzelt noch in Höhenlagen um<br />
1000 m vor; auch hier wächst die Buche nur noch kümmerlich,<br />
während sie sich auf Lockerbraunerden in<br />
über 1200 m Höhe noch zu ansehnlichen Bäumen entwickelt.<br />
5.2.2.7 Gebleichter, mittelgründiger Lehm über<br />
verfestigtem Schutt<br />
Der gebleichte, mittelgründige Lehm über verfestig-
Die Bergfichtenwälder der Hochlagen stocken auf anderen<br />
<strong>Böden</strong> (v. a. mittelgründiger Lehm über verfestigtem Schutt),<br />
als die Wälder der Hanglagen.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
173
tem Schutt unterscheidet sich von der vorigen Einheit<br />
nur durch den Grad der Podsolierung. Waren bei der<br />
zuletzt besprochenen Bodenform Podsol-Braunerden<br />
<strong>und</strong> Braunerden vorhanden, so sind hier Braunerde<br />
Podsole oder Podsole charakteristisch. Als Abgrenzungskriterien<br />
gegen die vorige Einheit dienten die<br />
Mächtigkeit des Bleichhorizontes von mindestens<br />
6 cm <strong>und</strong> das Vorhandensein eines deutlichen Anreicherungshorizontes.<br />
Die Bodenform kommt nur auf unbedeutenden Flächen<br />
in den höchsten Lagen, vor allem auf breiten Gipfelkuppen<br />
<strong>und</strong> Rücken vor. Für die <strong>Wald</strong> bäume sind<br />
keine wesentlichen ökologischen Unterschiede gegenüber<br />
der vorigen Einheit zu erkennen. Möglicherweise<br />
zeichnet die übrige Vegetation stärker. Die Bodenform<br />
wurde vor allem ausgeschieden, um die bodengenetischen<br />
Zusammenhänge klar zu machen <strong>und</strong><br />
den Anschluß an BRUNNACKER (1965 a) zu wahren.<br />
5.2.3 Naßböden<br />
Naßböden, die sich im ständigen Einwirkungsbereich<br />
des Gr<strong>und</strong>wassers entwickelt haben, nehmen fast ein<br />
Viertel der Fläche des Untersuchungsgebietes ein. Sie<br />
sind in allen Höhenstufen verbreitet, am stärksten jedoch<br />
in den Tallagen, wo die Hälfte der Fläche zu dieser<br />
Gruppe gehört (Tab. 57).<br />
Häufig hat man die Naß böden durch Gräben ober- '<br />
flächlich entwässert; die Hauptgräben sind in der Karte<br />
jeweils eingezeichnet.<br />
Anders als bei den Mineralböden haben wir bei den<br />
Mooren noch keine ausreichenden Kriterien zur Abgrenzung<br />
ökologischer Einheiten nach den Merkmalen<br />
der Bodensubstrate. Außer dem Zersetzungsgrad des<br />
Torfs <strong>und</strong> der Geländeform muß daher die Vegetation<br />
zur Ausscheidung der Bodenformen mit herangezogen<br />
werden. In der gegenwärtigen Arbeit wurde vor allem<br />
das Vorkommen <strong>und</strong> die Wuchskraft der Baumarten<br />
hierfür verwendet. Das Ergebnis ist nur als eine<br />
"Vorsortierung" der Moore zu werten. Genauere vegetationsk<strong>und</strong>liche<br />
Untersuchungen ermöglichen sicherlich<br />
eine feinere Untergliederung. Wesentliche<br />
ökologische Unterschiede zeigen sich aber auch<br />
schon darin, daß beispielsweise eine Baumart in gutem,<br />
in geringem oder nur mehr in krüppeligem Wuchs<br />
vorkommt.<br />
174<br />
5.2.3.1 Mineralischer Naßboden<br />
Zu dieser Bodenform zählen die Gleye, Anmoorgleye<br />
<strong>und</strong> Moorgleye. Gleye <strong>und</strong> Anmoorgleye sind bei der<br />
Kartierung nicht unterschieden, vor allem deshalb, weil<br />
die Abschätzung von 15-30% organischer Substanz<br />
im A-Horizont zu unsicher ist. Organische Auflagen bis<br />
10 cm Stärke waren zulässig. Naß böden mit einer organischen<br />
Auflage (d. h. mehr als 30% organischen Substanz)<br />
von 10 bis 20 cm Mächtigkeit, die mit den vorher<br />
beschriebenen Gleyen <strong>und</strong> Anmoorgleyen in kleinflächigem<br />
Wechsel auftreten <strong>und</strong> daher nicht kartenmäßig<br />
abgetrennt werden können, sind durch eine Signatur<br />
dargestellt.<br />
Bei den bisher besprochenen Gleyen fehlt ein deutlicher<br />
Go-Horizont. Das ist im Untersuchungsgebiet<br />
auch die Regel. Tritt ein deutlicher Go-Horizont auf, so<br />
ist das ebenfalls durch Signatur dargestellt. Dieselbe<br />
Signatur wird zur Kennzeichnung von Braunerde<br />
Gleyen verwendet, bei denen A- <strong>und</strong> Bv-Horizont zusammen<br />
weniger als 40 cm mächtig sind (siehe auch<br />
Abschn. 5.2.2.4).<br />
Die Art des mineralischen Substrats ist bei Naßböden<br />
ökologisch weniger bedeutsam, sie wurde daher nicht<br />
als Unterscheidungsmerkmal herangezogen. Man<br />
kann jedoch davon ausgehen, daß die mineralischen<br />
Naßböden überwiegend einen steinigen, sandigengrusigen<br />
Lehm enthalten. Nur in den jüngsten Taisedimenten<br />
kommen hin <strong>und</strong> wieder sandige <strong>und</strong> kiesige<br />
Substrate vor.<br />
Blocküberlagerung ist häufig <strong>und</strong> durch Signatur festgehalten.<br />
Einen Sonderfall stellen die Block-Humus<br />
<strong>Böden</strong> an Hängen über nassem Untergr<strong>und</strong> dar. Hier<br />
liegen die Blöcke dicht neben- oder übereinander. Humuspolster<br />
überziehen die Blöcke. Unter den Blöcken<br />
rieselt oder gurgelt das Wasser auf dem nassen Untergr<strong>und</strong><br />
dahin. Die Fichte wird als einzige Baumart mit<br />
den ungewöhnlichen Bodenverhältnissen fertig. Nur<br />
der geringe Flächenanteil hat daran gehindert, eine besondere<br />
Kartierungseinheit für diesen ökologisch eigenartigen<br />
Boden auszuscheiden. Er erhielt jedoch<br />
eine besondere Signatur.<br />
In der Übergangszone zwischen Braunerden <strong>und</strong><br />
Gleyen findet man immer wieder <strong>Böden</strong> mit einem<br />
Pseudogley-Profil. Sieht man genauer zu, so stellt man<br />
fest, daß auf engstem Raum nach der einen Seite hin<br />
Gleye, nach der anderen Seite Braunerden anschlie-
ßen, es wäre also nicht möglich, die schmale Übergangszone<br />
in der Karte zu erfassen. Jedoch gibt es Geländesituationen,<br />
bei denen <strong>Böden</strong> mit Pseudogleyprofil<br />
größere, kartierbare Flächen am Rand der Gleye<br />
einnehmen. Das kann zum Beispiel auf terrassenartigen<br />
Verebnungen vorkommen, die mit einem nebenan<br />
den Hang herunterziehenden Gley Kontakt haben<br />
oder bei etwas höher liegenden flachen Randzonen<br />
von Gleyen. Die Geländesituation spricht dafür, daß es<br />
sich hier nicht um selbständige Pseudogleye, sondern<br />
um Randpartien von Gleyen handelt, die zu Zeiten starker<br />
Wasserführung vom Naßboden her unter Wasser<br />
gesetzt werden. Läßt die Wasserführung des Gleys<br />
nach, dann verlieren diese <strong>Böden</strong> den hohen Wassergehalt.<br />
Dafür spricht auch, daß derartige <strong>Böden</strong> stets<br />
nur im Kontakt mit Gleyen gef<strong>und</strong>en worden sind. Diese<br />
wechselfeuchten <strong>Böden</strong> sind daher zur Bodenform<br />
mineralischer Naßboden gestellt, von dieser aber<br />
durch eine Signatur unterschieden worden.<br />
Ein einziges Beispiel für einen echten Pseudogley fand<br />
sich in der Ausdehnung von wenigen Ar im Gebiets<br />
Abschn. 111, auf der Kuppe eines aus Serpentinit bestehenden<br />
Hügels. Das ist nur wegen der bodengenetischen<br />
Zusammenhänge interessant, jedoch für die<br />
Kartierung ohne Bedeutung.<br />
Mineralische Naßböden finden sich in den verschiedensten<br />
Geländesituationen, so auf hochgelegenen<br />
Verebnungen, an Hängen im Zusammenhang mit Wasseraustritten<br />
<strong>und</strong> in flachen Talmulden.<br />
Der hohe Wasserstand bestimmt die ökologischen Eigenschaften<br />
der Naßböden. Luftmangel der Wurzeln tritt vor allem<br />
als begrenzender Faktor für das Vorkommen von Baumarten<br />
in Erscheinung <strong>und</strong> bewirkt die ausgesprochene Flachwurzeligkeit<br />
<strong>und</strong> damit große Windwurfgefährdung der vorherrschenden<br />
Fichte. Die Tanne, die hier noch gedeiht <strong>und</strong><br />
ein tiefreichendes Wurzelwerk entwickelt, hat besondere Bedeutung<br />
für die Stabilität der Bestände. Lediglich auf Naßböden<br />
an stärker geneigten Hängen, die offenbar nicht ganzjährig<br />
von Wasser gesättigt sind, kommt die Buche vereinzelt<br />
vor, besonders im Unter- <strong>und</strong> Zwischenstand.<br />
5.2.3.2 Flaches Niedermoor<br />
Wo der Umsatz der organischen Substanz im Oberboden<br />
stockt, entwickelt sich auf Naßböden ein Niedermoor.<br />
Es wird stets noch von dem aus mineralischen<br />
Substraten austretenden Wasser erfaßt. Nach der be-<br />
stehenden Übereinkunft (Arbeitskreis für Standortskartierung<br />
1966) wird ab 20 cm Mächtigkeit des H-Horizontes<br />
ein Niedermoor ausgeschieden. Da sich mit<br />
zunehmender Stärke des organischen Materials die<br />
ökologischen Bedingungen verändern, wurden flache<br />
bzw. mittlere <strong>und</strong> tiefe Niedermoore getrennt.<br />
Flache Niedermoore kommen vor allem in breiten, vernäßten<br />
Mulden aller Höhenlagen vor. Sie finden sich<br />
außerdem als kleinflächige Quellmoore unmittelbar an<br />
Wasseraustritten in den Hängen. In den Tallagen bedecken<br />
Niedermoore weit größere Flächen als in den<br />
anderen Höhenstufen.<br />
Die organische Substanz ist in der Regel gut zersetzt<br />
(Humositätsgrade H 6-9 nach VON POST, in OVER<br />
BECK 1950). Geringer Zersetzungsgrad (H 4-5) ist in<br />
der Karte durch Signatur angegeben.<br />
Die Vernässung dieser <strong>Böden</strong> läßt die Fichte, die allerdings<br />
sehr durch Windwurf gefährdet ist, zur herrschenden Baumart<br />
werden. Die Tanne geht mit zunehmender organischer<br />
Auflage mehr <strong>und</strong> mehr zurück. Die Niedermoorböden haben<br />
- wie erwähnt - stets Anschluß an Wasser, das aus mineralischen<br />
Substraten austritt <strong>und</strong> daher in nennenswerter Menge<br />
gelöste Mineralstoffe mitführt. Die Fichten erreichen deshalb<br />
hier noch gute Wuchsleistungen. Hiervon gibt es jedoch<br />
Ausnahmefälle dort, wo flache Niedermoore in unmittelbarem<br />
Kontakt mit Übergangs- oder Hochmooren vorkommen.<br />
Da diese in der Regel höher liegen, gelangt von ihnen vermutlich<br />
mineralstoffarmes Wasser zu den Niedermooren. Vor allem<br />
in den unteren Lagen des Gebiets-Abschn. 11 sind solche<br />
Fälle häufiger zu beobachten. Die Wuchsleistung der Fichte<br />
ist hier geringer als auf selbständigen Niedermooren.<br />
5.2.3.3 Mittleres <strong>und</strong> tiefes Niedermoor<br />
Mittlere (60-100 cm) <strong>und</strong> tiefe (über 100 cm) organische<br />
Auflage (H-Horizont) der Niedermoore sind ökologisch<br />
nahezu gleichwertig, weil in bei den Fällen die<br />
Wurzeln der Bäume nicht mehr zum Mineralboden vordringen<br />
können. Es wurde daher nur eine Bodenform<br />
gebildet. Wie beim flachen Niedermoor ist auch beim<br />
mittleren <strong>und</strong> tiefen Niedermoor die organische Substanz<br />
gewöhnlich gut zersetzt (H 6-9); andernfalls<br />
zeigt dies eine Signatur in der Karte an.<br />
Mittleres <strong>und</strong> tiefes Niedermoor kommt in allen Höhenstufen,<br />
am großflächigsten jedoch in den Tallagen vor,<br />
wo flache vernäßte Mulden günstige Voraussetzungen<br />
für die Moorbildung bieten.<br />
175
Offenbar ist auch aus dem mittleren <strong>und</strong> tiefen Niedermoor<br />
noch eine erhebliche Zufuhr von Wasser aus mineralischen<br />
Substraten gegeben. Anders wäre es kaum verständlich, daß<br />
die Fichte hier noch mittleres bis gutes Wachstum zeigt. Wo<br />
unmittelbarer Kontakt zu Übergangs- <strong>und</strong> Hochmooren besteht,<br />
die vermutlich mineralstoffarme Wässer aussenden,<br />
geht die Wuchsleistung zurück, wie bereits bei den flachen<br />
Niedermooren erwähnt. Selbstverständlich wurzelt die Fichte<br />
nur sehr flach <strong>und</strong> ist stark windwurfgefährdet. Die Tanne<br />
kommt nur noch ganz vereinzelt vor.<br />
5.2.3.4 Hochgelegenes Quellmoor<br />
Einen eigenartigen <strong>und</strong> in seinen ökologischen Bedingungen<br />
noch ungeklärten Moortyp stellt das hochgelegene<br />
Quellmoor dar. Es tritt nur in den Hochlagen <strong>und</strong><br />
den obersten Hanglagen (etwa oberhalb 1050 m) auf.<br />
Austretendes Gr<strong>und</strong>wasser verursacht die Bildung<br />
dieser Moore. Die Mächtigkeit der organischen Auflage<br />
ist in der Regel gering (20-60 cm), nur selten ist ein<br />
mitteltiefer (60-100 cm) H-Horizont zu beobachten.<br />
Da das Quellmoor meist von zahlreichen Bachgerinnen<br />
durchzogen wird, schwankt die Tiefe der organischen<br />
Auflage auf kurze Entfernungen erheblich. Das<br />
angehäufte organische Material ist stets nur schlecht<br />
zersetzt (H 3-5).<br />
Das ganze Moor ist stark von Wasser durchrieselt. Da<br />
dieses aus regelrechten Quellen stammt, also Mineralstoffe<br />
mitführen muß, ist das hochgelegene Quellmoor<br />
als Niedermoor einzustufen. Es unterscheidet sich jedoch<br />
von den Quellmooren tieferer Lagen erheblich in<br />
seinem Pflanzenbestand. Während die Fichte selbst<br />
auf ziemlich nassen Quellmooren tieferer Lagen wüchsige<br />
Bestände bildet, ist auf dem hochgelegenen<br />
Quellmoor nur noch eine ganz schüttere, kümmerliche<br />
Fichtenbestockung zu finden. Wo die organische Auflage<br />
größere Mächtigkeit erreicht (60-100 cm) <strong>und</strong><br />
sich über die Umgebung etwas aufwölbt, fehlt kleinflächig<br />
der Baumbestand, es finden sich hier bereits typische<br />
Hochmoorpflanzen.<br />
Nur genauere Untersuchungen könnten die ökologischen<br />
Zusammenhänge klären. Die Beschränkung dieses<br />
Moortyps auf die höheren Lagen spricht dafür, daß<br />
das <strong>Klima</strong> eine entscheidende Rolle spielt; auch die<br />
niedrige Temperatur des austretenden Quellwassers<br />
dürfte mitwirken.<br />
176<br />
5.2.3.5 Übergangsmoor<br />
Beginnen Teile eines Moores sich durch anhaltendes<br />
Wachstum über ihre Umgebung aufzuwölben, so wird<br />
allmählich der Kontakt zum Wasser des Mineralbodens<br />
geringer <strong>und</strong> geht schließlich ganz verloren. Diese<br />
Entwicklung gibt sich durch einschneidende Veränderungen<br />
in der Vegetation zu erkennen.<br />
Als Übergangsmoore sind in der Standortskarte diejenigen<br />
Moorflächen ausgeschieden, die eine beginnende<br />
Aufwölbung über ihre Umgebung erkennen lassen<br />
<strong>und</strong> auf denen der Torf schlecht zersetzt ist (H etwa 3-<br />
5). Diese Kriterien sind jedoch nicht eindeutig genug;<br />
deshalb wurde die Vegetation zur Abgrenzung mit herangezogen.<br />
Auf den Niedermooren stocken noch Fichtenbestände<br />
von guter oder mittlerer Wuchsleistung.<br />
An der Grenze zu den Übergangsmooren geht die<br />
Wuchskraft der Fichte stark <strong>und</strong> fast schlagartig zurück.<br />
Diese erstaunlich scharfe Grenze wurde zur Abgrenzung<br />
des Übergangsmoores mit verwendet. Die<br />
geringe Wuchs- <strong>und</strong> Konkurrenzkraft der Fichte auf<br />
den Übergangsmooren führt dazu, daß sie Lichtbaumarten,<br />
wie Moorbirke <strong>und</strong> <strong>Wald</strong> kiefer als ständige Begleiter<br />
dulden muß. Wegen der Abgrenzung der Übergangsmoore<br />
gegen die Hochmoore siehe Abschn.<br />
5.2.3.6.<br />
Übergangsmoore umgeben die Hochmoore oder kommen<br />
als selbständige Einheiten vor. Sie sind vor allem<br />
in den Tallagen, weniger in den Hochlagen <strong>und</strong> kaum in<br />
den Hanglagen verbreitet. Flache, großflächige, vernäßte<br />
Mulden sind die Voraussetzung für die Entstehung<br />
dieses Moortyps. Übergangsmoore tragen nur<br />
selten eine mittlere (60-100 cm), meistens eine tiefe<br />
(über 100 cm) Torfauflage.<br />
Mineralstoff- <strong>und</strong> Sauerstoffarmut bei gleichzeitig<br />
starker Versauerung kennzeichnen die Bodenform<br />
Übergangsmoor. Die Fichte vermag nur ganz flach zu<br />
wurzeln. Trotzdem fällt sie hier seltener dem Sturm<br />
zum Opfer, als auf den Niedermooren, weil sie nur geringe<br />
Höhen erreicht.<br />
5.2.3.6 Hochmoor<br />
Wölben sich Teile eines Moores deutlich über ihre Umgebung<br />
auf, so entsteht in ihnen schließlich ein nur vom<br />
Regenwasser gespeister, vom Gr<strong>und</strong>wasser aus mineralischen<br />
Substraten unabhängiger Wasserkörper. Ex-
Den Sprossenden Bärlapp (Lycopodium annotinum) findet<br />
man häufig in der Bodenvegetation der Bergfichtenwälder.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
177
5.4 Humusverhältnisse<br />
Es ist schwierig, für größere Flächen zutreffende Beschreibungen<br />
der Humusverhältnisse zu geben. Schon<br />
auf kleinstem Raum, bei Entfernungen von einigen Metern,<br />
sind oft große Unterschiede festzustellen. Neben<br />
den primären Eigenschaften eines Standorts, wie sie<br />
durch Gr<strong>und</strong>gestein <strong>und</strong> Bodensubstrat einerseits <strong>und</strong><br />
das spezielle Kleinklima andererseits charakterisiert<br />
werden, spielen dessen sek<strong>und</strong>äre, biologisch bedingte<br />
Eigenschaften eine Rolle für den Humuszustand. Die<br />
Zusammensetzung <strong>und</strong> das Alter von <strong>Wald</strong>beständen<br />
<strong>und</strong> die Zusammensetzung der Bodenvegetation üben<br />
beispielsweise einen Einfluß aus. Als tertiär könnte<br />
man diejenigen Eigenheiten eines Standortes bezeichnen,<br />
die der Mensch, etwa durch Streunutzung, verursacht<br />
hat. All diese Umstände wechseln von Ort zu Ort<br />
<strong>und</strong> variieren die Humusverhältnisse.<br />
Im folgenden Absatz soll daher nur versucht werden,<br />
den Humuszustand nach Höhenstufen zu beschreiben.<br />
Soweit möglich, werden Alter <strong>und</strong> Zusammensetzung<br />
der <strong>Wald</strong>bestände berücksichtigt. Die Darstellung<br />
beschränkt sich auf die Sand- <strong>und</strong> Lehmböden.<br />
Bei Fels- <strong>und</strong> Blockböden <strong>und</strong> bei Naßböden sind die<br />
Humusverhältnisse in der Bodenform berücksichtigt.<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage dient eine tabellarische Zusammenstellung<br />
der Humusverhältnisse an 97 Bodeneinschlägen<br />
auf Sand- <strong>und</strong> Lehmböden. Ausgewählt wurden nur<br />
Profile mit ungestörtem Humus in mittelalten <strong>und</strong> älteren<br />
Beständen. Für diese sind die Humusform <strong>und</strong> die<br />
Mächtigkeit der 0L-, 0F-, 0H-Lage festgehalten. Die<br />
Mächtigkeit der 0F- <strong>und</strong> der OH-Lage zusammen wird<br />
im folgenden kurz als "Humusmächtigkeit" bezeichnet.<br />
Im folgenden Abschnitt wird nur von dem Humus gesprochen,<br />
der dem Mineralboden als Decke aufliegt.<br />
Über den Humusgehalt der Mineralböden wird in<br />
Abschn. 5.5.1.2 berichtet. Ausdrücklich soll aber betont<br />
werden, wie schwierig die Abgrenzung der 0H-Lage gegen<br />
den humosen Mineralboden (Ah-Horizont) häufig<br />
ist. Gerade bei den sehr feinhumusreichen organischen<br />
Decken in den Hochlagen ist hier bei der Ansprache<br />
im Gelände häufig keine überzeugende<br />
Grenzziehung möglich, weil der Übergang ganz allmählich<br />
erfolgt. Die Angaben der Humusmächtigkeit<br />
sind daher nur relativ grobe Weiser.<br />
Die typische Humusform der Hochlagen ist der Rohhumus;<br />
Moder tritt nur vereinzelt auf. In diesen kühlen La-<br />
gen, wo fast die Hälfte des Jahres eine Schneedecke<br />
liegt (siehe Abschn. 3.1.9.2) baut sich in den von Natur<br />
aus fast reinen Fichtenbeständen die organische Substanz<br />
nur verzögert ab. Die Humusmächtigkeit (OF +<br />
0H-Lage) schwankt zwischen 2 <strong>und</strong> 19 cm <strong>und</strong> beträgt<br />
im Durchschnitt von 21 Bodeneinschlägen 8,1 cm. Typisch<br />
sind mächtige Humusstofflagen.<br />
Von den Hochlagen zu den Oberen Hanglagen tritt eine<br />
rasche Änderung ein, wie sie auch bei der Dauer der<br />
Schneebedeckung <strong>und</strong> bei der Vegetation festzustellen<br />
ist. Im gesamten Bereich der Hanglagen ist Moder<br />
die vorherrschende Humusform unter Nadelholzbestockung.<br />
Rohhumus ist selten. Zwischenformen von<br />
Rohhumus <strong>und</strong> Moder kommen öfter, Zwischenformen<br />
zwischen Moder <strong>und</strong> Mull nur selten vor. Die Humusmächtigkeit<br />
unter Nadelholz erreicht in den oberen<br />
Hanglagen Werte von 1,5-7 cm im Durchschnitt<br />
von 12 Fällen 3,0 cm.<br />
In den unteren Hanglagen lauten die entsprechenden<br />
Zahlen 0,5 bis 6,0 cm, im Mittel von 24 Bodeneinschlägen<br />
2,8 cm. Unter vorherrschendem Laubholz bewegt<br />
sich die Humusform zwischen Mull <strong>und</strong> Moder, Mull tritt<br />
nur in den unteren Hanglagen vereinzelt auf. Die Humusmächtigkeit<br />
liegt in den oberen Hanglagen unter<br />
Laubholz zwischen 0,5 <strong>und</strong> 3,0 cm, im Mittel von 15 Fällen<br />
bei 1,5 cm, ist also wesentlich geringer als unter Nadelholz.<br />
Für die übrigen Höhenstufen stehen keine Vergleichszahlen<br />
von Laub- <strong>und</strong> Nadelholzbeständen zur<br />
Verfügung.<br />
In den Tallagen ist die Humusform Moder ebenfalls am<br />
häufigsten, daneben treten aber auch Rohhumus <strong>und</strong><br />
Zwischenformen dieser beiden häufiger auf, als in den<br />
Hanglagen. Moderartiger Mull <strong>und</strong> mullartiger Moder<br />
sind hier nur selten. Die Humusmächtigkeit unter vorherrschendem<br />
Nadelholz ist mit 0,5 bis 7,5 cm, im<br />
Durchschnitt von 19 Beobachtungen 3,4 cm, größer als<br />
in den Hanglagen. Inwieweit hierfür primäre, vom Bodensubstrat<br />
oder dem <strong>Klima</strong> ausgehende Ursachen<br />
oder das starke Überwiegen des Nadelholzes in den<br />
Tallagen eine Rolle spielen, ist nicht zu sagen.<br />
Parallel zu den Nadelproben von 1970 wurden auch<br />
Humusproben (Mischproben der 0F- <strong>und</strong> OH-Lage)<br />
gewonnen. Aus Tab. 59 gehen die ph-Werte, die Kohlenstoffgehalte,<br />
die Stickstoffgehalte <strong>und</strong> die C/N-Verhältnisse<br />
hervor. Gerade das C/N-Verhältnis ist ein<br />
wichtiger Weiser tür die Qualität des Humus <strong>und</strong> die Intensität<br />
der in ihm vorgehenden Umsetzungsprozesse.<br />
179
Die ermittelten C/N-Verhältnisse liegen in <strong>Wald</strong> beständen<br />
durchwegs zwischen 16 <strong>und</strong> 26, im Durchschnitt<br />
um 20, zeigen also noch einen relativ guten Umsatz<br />
der organischen Substanz in der Bodendecke an,<br />
wie der folgende Vergleich mit den Ergebnissen anderer<br />
Autoren zeigt. STREBEL (1960) fand in Mischproben<br />
aus der 0F- <strong>und</strong> OH-Lage bayerischer Fichtenbestände<br />
C/N-Verhältnisse zwischen etwa 14 <strong>und</strong> 38. Bei<br />
C/N-Verhältnissen unter etwa 26 rechnet er mit ausreichender<br />
Stickstoff-Ernährung der Fichte. EHRHARDT<br />
(1961) ermittelte für Fichtenbestände in 550-1930 m<br />
Seehöhe in den Zentralalpen C/N-Verhältnisse zwischen<br />
22 <strong>und</strong> 33.<br />
Es ist auffallend, daß sich im <strong>Nationalpark</strong>gebiet trotz<br />
unterschiedlichen Humuszustandes zwischen den einzelnen<br />
Höhenstufen keine wesentlichen Unterschiede<br />
im C/N-Verhältnis ergaben. Auch eine graphische Darstellung<br />
läßt keine Abhängigkeit des C/N-Verhältnisses<br />
von der Höhenlage erkennen. Im gesamten Höhenbereich<br />
schwanken die C/N-Verhältnisse um 20, mit<br />
wenigen Ausnahmen liegen sie zwischen 16 <strong>und</strong> 24.<br />
Geht man den Werten zwischen 24 <strong>und</strong> 26 näher nach,<br />
so stellt sich heraus, daß sie ausschließlich von Proben<br />
aus ortsnahen Beständen in den unteren Lagen stammen.<br />
Daraus ergibt sich der Verdacht, daß hier die<br />
Streunutzung eine gewisse Rolle gespielt hat.<br />
Daß auch im <strong>Nationalpark</strong>gebiet Bodenstreu genutzt wurde,<br />
ist sicher. Aus dem Jahre 1837 existiert beispielsweise eine<br />
Streunutzungsinstruktion für den IIz-Triftkomplex, aus den<br />
folgenden Jahren gibt es Streunutzungspläne <strong>und</strong> -nachweisungen<br />
der Forstämter. Sowohl aus den Streunutzungsplänen,<br />
wie aus dem beigefügten Text ergibt sich, daß nur siedlungsnahe<br />
<strong>und</strong> gut erschlossene <strong>Wald</strong>teile betroffen waren.<br />
Die Nachweisungen über die Streunutzung seit der Mitte des<br />
vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts zeigen, daß die entnommenen Streumengen,<br />
beispielsweise im Vergleich zur Oberpfalz, relativ<br />
gering waren. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in siedlungsnahen<br />
Bereichen die Streunutzung eine gewisse Veränderung<br />
der Standorte bewirkt haben dürfte. Die eiN-Verhältnisse<br />
im Humus, die den Wert 26 nicht überschreiten, zeigen<br />
jedoch, daß kein einschneidender Wandel eingetreten ist. Für<br />
alle siedlungsfernen <strong>und</strong> schlecht erschlossenen <strong>Wald</strong>teile<br />
kann eine nennenswerte Beeinflussung des Humus durch<br />
Streunutzung ausgeschlossen werden. Das ist über den<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> hinaus von Bedeutung, da solche vom<br />
Menschen wenig veränderte Standorte in Mitteleuropa nur<br />
selten zu finden sind.<br />
180<br />
5.5. Bodenzonierung bei den Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
5.5.1 Höhenabhängige Zonen<br />
Beschäftigt man sich mit den <strong>Böden</strong> des Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong>es, so bemerkt man rasch, daß sich aus<br />
vergleichbarem Ausgangsmaterial je nach der Höhenlage<br />
ganz verschiedene <strong>Böden</strong> entwickelt haben. Am<br />
deutlichsten ist das an den Sand- <strong>und</strong> Lehmböden zu<br />
erkennen.<br />
In zwei Arbeiten hat BRUNNACKER (1965 a, b) die entsprechende<br />
Abfolge der <strong>Böden</strong> im Gebiet von Zwiesel<br />
beschrieben. In Höhenlagen unter 800 bis 900 m sind<br />
Braunerden unterschiedlicher Entwicklungstiefe anzutreffen.<br />
Zwischen 800 bis 900 m<strong>und</strong> 1100 bis 1200 m<br />
Seehöhe kommen Lockerbraunerden vor.<br />
BRUNNACKER hat den Begriff der Lockerbraunerde,<br />
der auf SCHÖNHALS (1957 a, b, c) zurückgeht, auf den<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong> übertragen. Trotz nicht zu übersehender<br />
Unterschiede zwischen den von SCHÖNHALS<br />
beschriebenen Lockerbraunerden <strong>und</strong> denen des<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong>es (beispielsweise hinsichtlich der<br />
Entwicklungstiefe) wird der seit BRUNNACKER (1965<br />
a, b) übliche Begriff übernommen. "Lockerbraunerde"<br />
ist rein beschreibend verwendet, es wird mit dem Begriff<br />
keine bestimmte Theorie über die Entstehungsweise<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
Typisch sind für die Lockerbraunerde nach<br />
BRUNNACKER:<br />
- ausgeprägte Lockerheit<br />
- leuchtend ockerbraune Farbe<br />
- extrem basenarmes Solum<br />
- das Fehlen von Verlagerungsvorgängen, wie sie für<br />
Podsol <strong>und</strong> Parabraunerde typisch sind<br />
- geringer Ton- <strong>und</strong> hoher Schluffgehalt<br />
- als wesentlichstes Merkmal ein relativ hoher Anteil<br />
des leichtlöslichen Eisens am Gesamteisen<br />
- aufgr<strong>und</strong> der hohen T -Werte ist ein hoher Anteil<br />
nicht färbender Humussubstanz im Unterboden der<br />
Lockerbraunerde zu vermuten.<br />
In Höhenlagen über rd. 1100 bis 1200 m ist nach<br />
BRUNNACKER auch die Lockerbraunerde anfälliger<br />
gegen die Podsolierung, hier ist deshalb die podsolige<br />
Lockerbrauner.de anzutreffen; diese umgrenzt den auf
Wo in den Hochlagen kleine Lichtweideflächen entstanden<br />
sind, wächst der Ungarn-Enzian (gentiana pannonica).<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
181
Mit der Farbe ändert sich auch das Gefüge der <strong>Böden</strong>,<br />
sie werden auffallend locker. Das hat zu der Bezeichnung<br />
Lockerbraunerde geführt. Die ausgeprägte Lokkerheit<br />
(in der vorliegenden Arbeit werden nur die <strong>Böden</strong><br />
mit ausgeprägter Lockerheit als Lockerbraunerden<br />
bezeichnet) wurde bei der Bodenkartierung erfaßt<br />
(siehe Abschn. 5.2.2.3) <strong>und</strong> durch eine Signatur punktweise<br />
dort in die Karte eingetragen, wo sie festgestellt<br />
worden war. Das hat den Vorteil, daß die Abhängigkeit<br />
dieser Bodeneigenschaft vom Relief besser zum Ausdruck<br />
kommt, als bei einer flächigen Kartierung: Die<br />
Lockerbraunerde ist in steilem Gelände am besten<br />
entwickelt. Je mehr das Gelände verflacht, desto untypischer<br />
werden ihre Merkmale. Dieser Umstand spielt<br />
möglicherweise für die Gestaltung der Untergrenze<br />
der Lockerbraunerde eine Rolle. Im <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
sind unterhalb etwa 900 m Seehöhe die Hänge im<br />
Durchschnitt wesentlich flacher als oberhalb (siehe<br />
Abschn. 2.2). An stark geneigten Hängen wurden bei<br />
Kartierung Lockerbraunerden vereinzelt noch bis<br />
800 m herab angetroffen. Diese Höhenangaben dekken<br />
sich mit denen von BRUNNACKER (1965 a, b). Ob<br />
die Lockerbraunerden an Ost- <strong>und</strong> Nordhängen tiefer<br />
herunter reichen, als an Süd- <strong>und</strong> Westhängen, wie das<br />
BRUNNACKER angibt, konnte im bisher kartierten Gebiet<br />
nicht beobachtet werden, weil nördliche Expositionen<br />
hier zu selten sind. Jedoch sprechen die Beobachtungen<br />
dafür, daß die Eigenschaften der Lockerbraunerden<br />
an Sonnenhängen typischer entwickelt<br />
sind als an Schatthängen.<br />
Entsprechend den Angaben von BRUNNACKER konnte<br />
auch im <strong>Nationalpark</strong>gebiet die Lockerbraunerde<br />
nur an den Hängen größerer Bergmassive beobachtet<br />
werden: sie ist noch gut entwickelt an Bergen mit Höhen<br />
um 1100 m (z. B. <strong>Wald</strong>häuserriegel), sie kommt<br />
noch vereinzelt vor, offenbar aber nur noch bei stärkerer<br />
Hangneigung, an Bergen um 950 bis 1000 m Höhe<br />
(z. B. Stein berg sowie Wagensonnriegel <strong>und</strong> Märzenberg<br />
westlich des <strong>Nationalpark</strong>gebietes), sie war nicht<br />
mehr zu beobachten an Bergen von knapp 900 m Höhe<br />
(z. B. Bocksberg).<br />
Typisch für die Lockerbraunerde ist ihre große Entwicklungstiefe,<br />
wie sie auch aus den bodenanalytischen<br />
Daten abzulesen ist (siehe Abschn. 5.5). Um diesem<br />
ökologisch sehr wichtigen Umstand Geltung zu<br />
verschaffen, wurde festgelegt, daß die ausgeprägte<br />
Lockerheit nur kartiert werden sollte, wenn sie bis in 60<br />
cm Bodentiefe hinunterreicht.<br />
Die ausgeprägte Lockerheit nach der dieser Arbeit zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />
Definition (siehe Abschn. 5.2.2.3) hat<br />
nicht nur eine untere, sondern auch eine obere Verbreitungsgrenze.<br />
Diese verläuft in der Regel innerhalb<br />
der Bodenform "tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt" in der Zone, in der die stark geneigten Hänge<br />
zu den Hochlagen hin zu verflachen beginnen. Bergwärts<br />
behalten zwar die <strong>Böden</strong> ihre tief-rostbraune<br />
Farbe <strong>und</strong> ihren hohen Humusgehalt (siehe Abschn.<br />
5.5.1.2), es fehlt ihnen jedoch die lockere, krümelige<br />
Struktur der Lockerbraunerde. Das Material zeigt im<br />
Bohrstock ein schmieriges, eher kompaktes Gefüge<br />
(siehe jedoch Abschn. 5.5.1.2). Die zwischen etwa 1100<br />
<strong>und</strong> 1250 m Seehöhe schwankende Obergrenze der<br />
ausgeprägten Lockerheit zeigt eine klare Beziehung<br />
zur heutigen wie auch zur früheren Zusammensetzung<br />
des <strong>Wald</strong>es (siehe Abschn. 5.2.2.5, 7.4.2 <strong>und</strong> 7.4.3.1).<br />
Die Lockerbraunerde wurde im <strong>Nationalpark</strong>gebiet sowohl<br />
auf Cordieritgneisen als auch auf Kristallgraniten<br />
in ganz entsprechender, typischer Ausbildung angetroffen.<br />
Diese Beobachtung deckt sich wieder mit den<br />
Angaben von BRUNNACKER (1965 b).<br />
Abweichend von BRUNNACKER werden die <strong>Böden</strong><br />
oberhalb der Zone mit ausgeprägter Lockerheit in der<br />
vorliegenden Arbeit nicht mehr als Lockerbraunerden<br />
bezeichnet. Die geringere Gründigkeit dieser flächig<br />
vom verfestigten Schutt unterlagerten Hochlagenböden<br />
schafft wesentlich andere ökologische Verhältnisse.<br />
Zudem tritt hier auf großen Flächen eine mehr oder<br />
minder starke Podsolierung auf (Podsol-Braunerden,<br />
Braunerde-Podsole, Podsole), was dem ursprünglichen<br />
Begriff der Lockerbraunerde widerspricht<br />
(SCHÖNHALS 1957 a, b, c). PELISEK (1969) spricht<br />
von der "Zone der humusreichen Gebirgspodsole".<br />
Innerhalb der Bodenform "tiefgründiger Lehm über<br />
verfestigtem Schutt", die im unteren Bereich <strong>und</strong> in<br />
stärker geneigten Bereichen der Hochlagen vorkommt,<br />
treten ganz überwiegend Braunerden, mit zunehmender<br />
Höhenlage auch Podsol-Braunerden auf.<br />
Braunerden, Podsol-Braunerden <strong>und</strong> Braunerde-Podsole<br />
kommen im Bereich der Bodenform "mittelgründiger<br />
Lehm über verfestigtem Schutt" vor, die für die fla<br />
'cheren Geländebereiche typisch ist. Definitionsgemäß<br />
kommt innerhalb der nach strengen Maßstäben abgegrenzten<br />
(siehe Abschn. 5.2.2.7) Bodenform "gebleichter<br />
mittelgründiger Lehm über verfestigtem Schutt"<br />
183
Stickstoftgehalt<br />
der Nadeln<br />
2.0<br />
."<br />
Abb. 41: Stickstoffgehalt von Fichtennadeln in Abhängigkeit von der Höhenlage<br />
• •<br />
•<br />
• . .- :<br />
• • •<br />
1.5<br />
•<br />
0<br />
• • 0<br />
1.0<br />
202<br />
0<br />
0<br />
0<br />
800 900 1000<br />
menhang bis jetzt noch ungenügend untersucht. Eine<br />
Arbeit von HÖHNE <strong>und</strong> NEBE (1964), die allerdings<br />
nur auf wenigen Beständen beruht, besagt folgendes:<br />
In den Nadeln jüngerer Bäume ist der Stickstoffgehalt<br />
niedrig. Er steigt vom 15. Lebensjahr<br />
aber stark an, erreicht bei 20 bis 30 Jahren ein Maximum<br />
<strong>und</strong> nimmt dann mit steigendem Alter ganz allmählich<br />
ab. Inwieweit dieser Bef<strong>und</strong> verallgemeinert<br />
werden kann, ist offen. Wir können daher vorerst nur<br />
die Nadelanalysen-Ergebnisse von Fichten vergleichen,<br />
die etwa in demselben Alter stehen. Bei den<br />
Proben von 1969 ergaben sich in 10 Jungwüchsen<br />
N-Gehalte von 1,51 bis 1,92 (im Durchschnitt<br />
1,65%), in 11 Altbeständen von 1,21 bis 1,60 (im<br />
Durchschnitt 1,42%). Diese Unterschiede müssen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die N-Konzentrationen in den Nadeln von Altbeständen<br />
(im Durchschnitt 1,42%, Proben von 1969)<br />
o ältere Bestände 1969<br />
• Stangen u. Baumhölzer 1970<br />
•<br />
• • •<br />
0 •<br />
•<br />
0<br />
1100<br />
Seehöhe m<br />
•<br />
0<br />
1200 1300 1400<br />
liegen nahe bei denjenigen, wie sie für Fichten bester<br />
Wuchsleistung im Alpenvorland (im Durchschnitt<br />
1,44%, STREBEL 1961) <strong>und</strong> im Erzgebirge<br />
(HUNGER 1965) festgestellt wurden. Die Werte liegen<br />
fast durchwegs höher als diejenigen, die EHR<br />
HARDT an 130- bis 160jährigen Fichtenbeständen<br />
der Zentralalpen in 550 bis 1930 m NN ermittelte;<br />
dort muß nach ERHARDT mit einer Hemmung des<br />
Wachstums infolge N-Mangels gerechnet werden.<br />
Nur in einem Probebestand aus dem <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
wird die von STREBEL (1960) für mittelalte<br />
Bestände genannte Grenze des mäßigen Stickstoffmangels<br />
von 1,3% N unterschritten. Das dürfte jedoch<br />
vom hohen Alterdieses Bestandes (128Jahre)<br />
herrühren.<br />
Die 25 Nadelproben des Jahres 1970 aus mittelalten<br />
Beständen (nur Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzer) ergaben<br />
N-Konzentrationen von 1,43 bis 1,78, im Durch-
schnitt 1,58%. Aufgr<strong>und</strong> entsprechender Bestandsalter<br />
sind diese Werte mit dem umfangreichen Zahlenmaterial<br />
vergleichbar, das STREBEL (1960) für<br />
Bayern veröffentlicht hat. Danach sind die Fichten in<br />
allen Höhenlagen des <strong>Nationalpark</strong>gebietes reichlich<br />
mit N versorgt. Mit einer durch N-Mangel bedingten<br />
Hemmung des Wachstums ist erst bei N<br />
Konzentrationen unter etwa 1,3% zu rechnen.<br />
Ähnlich hohe N-Gehalte der Fichten-Nadeln, wie sie<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet auftreten, haben NEBE <strong>und</strong><br />
BENES (1965) in optimal wachsenden Fichtenbeständen<br />
der Beskiden <strong>und</strong> des Böhmerwaldes gef<strong>und</strong>en.<br />
5.6.1.2 Stickstoffernährung <strong>und</strong> Humuszustand<br />
Es bestehen in der Regel Beziehungen zwischen der<br />
Zersetzungsgeschwindigkeit des Bestandsabfalls -<br />
wie sie in der Humusform oder im eIN-Verhältnis zum<br />
Ausdruck kommt - <strong>und</strong> der N-Ernährung der Bestände.<br />
Für die 25 Probe bestände von 1970 läßt sich jedoch<br />
zwischen dem eIN-Verhältnis <strong>und</strong> der 0F- <strong>und</strong> 0H-Lage<br />
<strong>und</strong> dem N-Gehalt in den Fichtennadeln kein deutlicher<br />
Zusammenhang erkennen. Das hat vermutlich<br />
verschiedene Gründe. Einmal wird bei einem höheren<br />
N-Gehalt der organischen Bodendecke (eIN-Verhältnis<br />
kleiner als 26) die Beziehung zwischen eIN-Verhältnis<br />
in der Streu <strong>und</strong> der N-Konzentration in Fichtennadeln<br />
sehr lose, wie aus ,den Ergebnissen von<br />
STREBEL (1960) hervorgeht. Nur sehr N-arme Streu<br />
war stets mit geringen N-Konzentrationen der Nadeln<br />
verb<strong>und</strong>en. Schon deshalb ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich,<br />
daß im <strong>Nationalpark</strong>gebiet, wo nur eIN-Verhältnisse<br />
größer als 26 ermittel wurden, keine Beziehung zwischen<br />
dem N-Gehalt der organischen Auflage <strong>und</strong> der<br />
Fichtennadeln erkennbar ist. Außerdem warnen uns<br />
die im allgemeinen hohen Humusgehalte der Mineralböden<br />
(siehe Abschn. 5.5.1.2) davor, die Bedeutung<br />
der organischen Bodendecke für die N-Versorgung<br />
der Pflanzen zu überschätzen.<br />
5.6.1.3 Stickstoffernährung <strong>und</strong> Höhenwachstum<br />
der Fichte<br />
Da Stickstoffmangel in unserem Raum häufig das<br />
Wachstum derWaidbäume begrenzt, besteht im allgemeinen<br />
auch eine deutliche Beziehung zwischen der<br />
N-Ernährung der Fichte <strong>und</strong> ihrer durch die Höhenbonität<br />
charakterisierten Wuchsleistung. Besonders klar<br />
kommt das bei KREUTZER (1970) für Fichtenbestände<br />
auf neutralen bis schwach alkalischen Substraten des<br />
süddeutschen Flachlandes zum Ausdruck. Eine entsprechende<br />
Darstellung läßt für das <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
überhaupt keinen Zusammenhang erkennen. Bei<br />
N-Gehalt der Nadeln von 1,5 bis 1,6% werden Bonitäten<br />
von I bis V (GEHRHARDT) erreicht. Das dürfte damit<br />
zu erklären sein, daß sich die Unterschiede innerhalb<br />
einer reichlichen oder sogar optimum nahen N<br />
Versorgung kaum mehr auf die Wuchsleistung auswirken,<br />
daß jedoch andere Wachstumsfaktoren eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Abb. 42 zeigt die Bonität<br />
(GEHRHARDT) der für die Nadelproben herangezogenen<br />
Bestände in Abhängigkeit von deren Höhenlage.<br />
Dem starken Absinken der Bonität mit zunehmender<br />
Seehöhe stehen keine entsprechenden Veränderungen<br />
im Ernährungszustand der Bäume mit N oder einem<br />
anderen Nährelement gegenüber, die P- <strong>und</strong> K<br />
Gehalte nehmen sogar vielleicht mit der Höhe leicht zu.<br />
Da Unterschiede im Wasserhaushalt für eine Erklärung<br />
nicht in Frage kommen, kann nur die Kürze derVegetationszeit<br />
<strong>und</strong> der Mangel an Wärme in den oberen Lagen<br />
das Höhenwachstum der Fichte begrenzen. Die<br />
Nadelanalyse liefert also einen neuerlichen Beleg für<br />
die Richtigkeit dieser Auffassung. Soviel kann gesagt<br />
werden, obwohl in Kamm- <strong>und</strong> Gipfellagen ein etwas<br />
zweifelhaftes Maß für die Wuchsleistung einer Baumart<br />
dargestellt ist. (FIEDLER <strong>und</strong> NEBE 1969).<br />
5.6.1.4 Phosphor<br />
Die P-Gehalte in den Nadeln von 11 Altbeständen (Probenahme<br />
1969) lagen zwischen 0,16% <strong>und</strong> 0,33%, im<br />
Durchschnitt bei 0,21 %, diejenigen von 10 Jungwüchsen<br />
(Probenahme 1969) zwischen 0,20% <strong>und</strong> 0,33%, im<br />
Durchschnitt bei 0,27%. In 25 Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzern<br />
(Proben von 1970) ergaben sich Werte zwischen<br />
0,15 <strong>und</strong> 0,25, im Durchschnitt von 0,18%.<br />
Die Phosphorernährung der Bestände ist also nach<br />
den verfügbaren Vergleichszahlen (STREBEL 1960)<br />
als gut bis sehr gut zu bezeichnen. Mit wesentlichen,<br />
durch das Baumalter bedingten Schwankungen des P<br />
Gehaltes ist nicht zu rechnen (HÖHNE <strong>und</strong> NEBE,<br />
1964). Eine durch P-Mangel bedingte Hemmung des<br />
Wachstums ist erst bei P-Konzentrationen unter 0, 11 %<br />
203
Bonität Fichte<br />
( Gehrhardt)<br />
I<br />
"<br />
'"<br />
IV<br />
V<br />
Abb. 42: Höhenbonität der Fichtenbestände, in denen Nadelproben entnommen<br />
wurden, in Abhängigkeit von deren Höhenlage<br />
o 0 o 0 o 00 0<br />
0 0 0<br />
8 0 9 0 1000 1100 1200 1300 1400<br />
Seehöhe m<br />
zu erwarten (STREBEL 1960) <strong>und</strong> kann daher für das<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet ausgeschlossen werden. Die ermittelten<br />
P-Gehalte der Fichtennadeln stimmen gut<br />
mit denjenigen optimal wachsender Fichtenbestände<br />
im Alpenvorland (0,16 bis 0,25%, STREBEL 1961), sowie<br />
in den Beskiden <strong>und</strong> im Böhmerwald überein<br />
(NEBE <strong>und</strong> BENES 1965).<br />
5.6.1.5 Kalium<br />
In 11 Altbeständen (Probenahme 1969) ergaben sich<br />
K-Konzentrationen zwischen 0,50% <strong>und</strong> 0,82%, im<br />
Durchschnitt von 0,59%, in 10 Jungwüchsen (Probenahmen<br />
1969) zwischen 0,71% <strong>und</strong> 0,94%, im Durchschnitt<br />
von 0,81 %. In 25 Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzern<br />
204<br />
0 0<br />
(Probenahme 1970) lagen die Werte zwischen 0,50<br />
<strong>und</strong> 0,91%, im Durchschnitt bei 0,66%. Die Bestimmung<br />
der K-Konzentrationen ist weniger zuverlässig<br />
als bei den Elementen N <strong>und</strong> P.<br />
Auch wenn man die durch das Baumalter bedingten<br />
Abweichungen berücksichtigt (HÖHNE <strong>und</strong> NEBE,<br />
1964), liegen die K-Konzentrationen weit außerhalb<br />
des Mangelbereiches. Das war nach den Untersuchungen<br />
von STREBEL (1960) auch gar nicht anders zu erwarten.<br />
In seinem Material aus ganz Bayern kam kein<br />
Fichtenbestand vor, bei dem eine durch K-Mangel verursachte<br />
Wuchsdepression nachzuweisen gewesen<br />
wäre. Die K-Gehalte im <strong>Nationalpark</strong>gebiet liegen<br />
durchwegs über denjenigen, die STREBEL (1961) für<br />
bestwüchsige Bestände des Alpenvorlandes feststell-
te <strong>und</strong> entsprechen denjenigen, die NEBE <strong>und</strong> BENES<br />
(1965) bei Fichten bester Wuchsleistung in den Beskiden,<br />
dem Böhmerwald <strong>und</strong> dem Erzgebirge erhielten.<br />
5.6.1.6 Calcium<br />
Für 11 Altbestände des Probejahrganges 1969 wurden Ca<br />
Gehalte von 0,33% bis 0,62%, im Durchschnitt 0,50% ermittelt.<br />
Für 10 Jungwüchse (Probenahme 1969) lauten die entsprechenden<br />
Zahlen 0,28% bis 0,44%, im Durchschnitt<br />
0,34%. Bei den 25 Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzern der Proben von<br />
1970 ergaben sich Werte von 0,13% bis 0,46%, im Durchschnitt<br />
waren es 0,30%.<br />
Die Zuverlässigkeit der Calciumbestimmung auf Gr<strong>und</strong> von<br />
Mischproben von nur 10 Bäumen ist gering (WEHRMANN<br />
1959 a, STREBEL 1960). Der große Unterschied der Mittelwerte<br />
der beiden Probe-Jahrgänge könnte auf Schwankungen<br />
der Calciumkonzentrationen von Jahr zu Jahr beruhen,<br />
wie sie auch STREBEL (1960) feststellte; es ist unwahrscheinlich,<br />
daß das Alter der untersuchten Bäume eine wesentliche<br />
Rolle spielt (HÖHNE <strong>und</strong> NEBE, 1964).<br />
Beim Calcium werden die von STREBEL (1960) genannten<br />
Tiefstwerte in zwei Fällen unterschritten. Der eine Bestand<br />
(0,19% Ca) hat eine Bonität von 1,0 GEHRHARDT. Er ist stark<br />
geschält <strong>und</strong> vom Schnee durchbrochen. Der andere Bestand<br />
(0,13% Ca) ist sehr stark vom Schnee gebrochen. Wegen<br />
der geringen Zuverlässigkeit der Ca-Werte ist Vorsicht<br />
bei Schlußfolgerungen geboten.<br />
5.6.2 Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
Es liegen nur zwei Proben (1970) von Block-Humus<br />
<strong>Böden</strong> vor. Die Konzentrationen sämtlicher untersuchter<br />
Nährelemente liegen innerhalb des bei Sand- <strong>und</strong><br />
Lehmböden angegebenen Rahmens.<br />
5.6.3 Naßböden<br />
6 Proben aus dem Jahre 1970 von Stangen- <strong>und</strong> Baumhölzern<br />
auf mineralischen Naßböden (untere Hangla-<br />
ge <strong>und</strong> Tallage) weisen N-Konzentrationen zwischen<br />
1,45 <strong>und</strong> 1,76, im Durchschnitt 1,61 % auf. Diese Werte<br />
entsprechen vollkommen denjenigen auf den Sand<strong>und</strong><br />
Lehmböden. Für die P-, K- <strong>und</strong> Ca-Gehalte gilt dasselbe.<br />
Der Nährstoffumsatz ist also auch bei mineralischen<br />
Naß böden im allgemeinen noch so lebhaft, daß<br />
keine Ernährungsstörungen der Fichte auftreten.<br />
Eine Ausnahme macht die Probe Nr. 18 aus dem Jahre<br />
1969, die von schlechtwüchsigen Jungfichten auf einem<br />
vernäßten Standort in fast ebener Lage (nahe<br />
dem Finsterauer Filz) stammt. Die etwa mannshohen<br />
Fichten fielen durch gelbgrüne, kleine Nadeln auf. Die<br />
Nadelanalyse (N= 1,09%) bestätigte den vermuteten<br />
N-Mangel. Die Konzentrationen der Elemente P, K<strong>und</strong><br />
Calcium sind durchschnittlich. Auf vernäßten Kahlflächen<br />
kann offenbar der Umsatz der organischen Substanz<br />
stocken <strong>und</strong> dadurch ein mangelhaftes N-Angebot<br />
für die Fichte zustande kommen.<br />
Für die Bodenformen flaches Niedermoor, mittleres<br />
<strong>und</strong> tiefes Niedermoor <strong>und</strong> Übergangsmoor sind keine<br />
einigermaßen zuverlässigen Aussagen möglich, da nur<br />
je eine Probe zur Verfügung steht; es sollten zu starke<br />
Auflichtungen dieser meist kleinflächigen Bestände<br />
durch die Probenahme vermieden werden. Die Proben<br />
von den beiden Niedermooreinheiten lieferten keine<br />
wesentlich anderen Ergebnisse, als diejenigen von mineralischen<br />
Naßböden. Die Probe Nr. 21 stammt von<br />
einem Übergangsmoor. Der N-Gehalt liegt mit 1,36%<br />
bereits dicht beim Mangelbereich, auch P- <strong>und</strong> K-Konzentrationen<br />
entsprechen dem unteren Ende der bei<br />
anderen Standorten festgestellten Streubereiche. Mit<br />
Annäherung an die Standortsverhältnisse des Hochmoors<br />
ist ein weiterer Rückgang des N-, P- <strong>und</strong> auch K<br />
Gehaltes in den Nadeln bis zum Bereich starken Nährstoffmangels<br />
zu erwarten (STREBEL 1960, WEHR<br />
MANN 1963).<br />
205
6. Standortseinheiten<br />
Mit der Gliederung des Geländes in klimabedingte Höhenstufen<br />
<strong>und</strong> der Einteilung der <strong>Böden</strong> in Bodenformen<br />
stehen die wesentlichen Hilfsmittel zur Verfügung,<br />
die zur Bildung ökologisch f<strong>und</strong>ierter Standortseinheiten<br />
notwendig sind. Die Standortseinheit ergibt<br />
sich aus Höhenstufe <strong>und</strong> Bodenform, sie wird z. B. folgendermaßen<br />
bezeichnet:<br />
- Hochlage I Block-Humus-Boden<br />
- Obere Hanglage I Mineralischer Naßboden<br />
- Untere Hanglage I Lehm mit Wasserzug<br />
- Tallage I Lehm über Sand usw.<br />
Auf eine Beschreibung der einzelnen Standortseinheiten<br />
kann verzichtet werden, da diese sich ohne weiteres<br />
aus einer Kombination der Beschreibung der <strong>Klima</strong>verhältnisse<br />
nach Höhenstufen <strong>und</strong> der Beschreibung<br />
der Bodenformen ergibt.<br />
Die Kombination der höhenabhängigen klimatischen<br />
Bedingungen <strong>und</strong> der Bodeneigenschaften zu einem<br />
206<br />
konzentrierten Ausdruck für die Standortsverhältnisse<br />
ist für viele Probleme günstig. Infolge der voneinander<br />
unabhängigen Ausscheidung der Höhenstufen <strong>und</strong><br />
der Bodenformen ist aber jederzeit wieder eine Zerlegung<br />
in Einzelfaktoren möglich. Das bringt große Vorteile,<br />
wenn es beispielsweise darum geht, Fragen nach<br />
den Ursachen der Verbreitung von Pflanzen zu beantworten.<br />
Ein typisches Beispiel bietet im Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> die obere Verbreitungsgrenze der Buche.<br />
Bisher nahm man an, daß hier unmittelbare Wirkungen<br />
des von der Höhenlage <strong>und</strong> Exposition abhängigen <strong>Klima</strong>s<br />
vorliegen, wenn auch die Schärfe dieser Grenze<br />
auffiel. Die Untersuchung der <strong>Böden</strong> hat gezeigt, daß<br />
die höhen- <strong>und</strong> damit klimaabhängige obere Verbreitungsgrenze<br />
der Buche durch die Bodenverhältnisse<br />
wesentlich modifiziert wird. Das <strong>Klima</strong> kann hier allerdings<br />
indirekt, nämlich über das Bodenklima, wiederum<br />
beteiligt sein.
7. Versuch einer Rekonstruktion der ursprünglichen<br />
Zusammensetzung der Wälder<br />
7.1 Zweck der Untersuchung<br />
Die bisherigen Abschnitte befaßten sich mit der Beschreibung<br />
der im wesentlichen von Lage, <strong>Klima</strong> <strong>und</strong><br />
Boden ausgehenden ökologischen Wirkungen auf die<br />
Pflanzen, insbesondere auf die <strong>Wald</strong> bäume. Nun soll<br />
versucht werden, nähere Aufschlüsse über die ursprüngliche<br />
Baumartenzusammensetzung des Waides<br />
auf den einzelnen Standorten zu gewinnen. Das ist<br />
aus mehreren Gründen wichtig. Einmal ist die Kenntnis<br />
der natürlichen Zusammensetzung des <strong>Wald</strong>es im <strong>Nationalpark</strong><br />
unbedingte Voraussetzung für künftige Eingriffe<br />
in den Baumbestand. Zum anderen läßt sich an<br />
der natürlichen <strong>Wald</strong>vegetation ablesen, ob eine sinnvolle<br />
Gliederung des Gebietes in Standortseinheiten<br />
gelungen ist. Schließlich ermöglicht es die Besprechung<br />
der <strong>Wald</strong>formen im Zusammenhang mit dem<br />
Standort, den Ursachen der heutigen Verbreitung einzelner<br />
Baumarten im <strong>Nationalpark</strong>gebiet nachzugehen;<br />
in manchen Fällen wird es möglich sein, zu entscheiden,<br />
ob <strong>Klima</strong> oder Boden in erster Linie begrenzend<br />
wirken, wofür bisher die Gr<strong>und</strong>lagen fehlten.<br />
Eine umfassende Bearbeitung der Zusammenhänge<br />
zwischen Standort <strong>und</strong> Vegetation wird erst möglich<br />
sein, wenn PETERMANN seine Untersuchung <strong>und</strong> Kartierung<br />
der Vegetation des <strong>Nationalpark</strong>gebietes abgeschlossen<br />
hat. Vorab sollen mit Hilfe waIdgeschichtlicher<br />
Methoden über einen sehr wesentlichen Teil der<br />
Vegetation, nämlich den Baumbestand, Aussagen gemacht<br />
werden. Die folgende Darstellung vermeidet daher<br />
bewußt vegetationsk<strong>und</strong>liche Begriffe. Sie baut auf<br />
der Beschreibung der Bestandsform auf. Diese gibt an,<br />
aus welchen Baumarten sich ein <strong>Wald</strong>bestand zusammensetzt.<br />
Es geht also im folgenden Abschnitt jeweils um drei<br />
Fragen:<br />
1. Welche Angaben lassen sich über die ursprüngliche<br />
Zusammensetzung der Wälder machen?<br />
2. Ist - nach der Zusammensetzung der WaIdbestände<br />
zu urteilen - die Gliederung des Gebietes in ökologisch<br />
aussagekräftige Standortseinheiten gelungen?<br />
3. Welche Ursachen bestimmen die Verbreitung der<br />
<strong>Wald</strong>bäume im <strong>Nationalpark</strong>gebiet?<br />
7.2 Quellen<br />
Unterlagen, die uns sichere Aussagen über den früheren<br />
Zustand des <strong>Wald</strong>es im <strong>Nationalpark</strong>gebiet erlauben,<br />
haben wir erst seit der Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Im Gebiet westlich des Sagwassers (Gebiets<br />
Abschnitte 11 bis IV), dem IIztriftkomplex, begann die erste<br />
gründliche <strong>Wald</strong> inventur im Jahre 1837, im östlich<br />
des Sagwassers gelegenen Wolfsteiner Komplex erst<br />
1854. Bereits 1861 wurden die Wälder des IIztriftkomplexes<br />
ein zweites Mal aufgenommen.<br />
Das gesamte damals erarbeitete Material ist erhalten<br />
geblieben. Karten im Maßstab 1 :10000 geben die Einteilung<br />
des Gebietes in <strong>Wald</strong> bestände wieder. Für jeden<br />
einzelnen Bestand wurde eine Beschreibung angefertigt,<br />
aus der die vorkommenden Baumarten, sowie<br />
das Gefüge <strong>und</strong> das Alter hervorgehen. Bei der ersten<br />
<strong>und</strong> zweiten <strong>Wald</strong>inventur im IIztriftkomplex wurde<br />
die geschätzte Beteiligung der einzelnen Baumarten<br />
nur durch die Reihenfolge zum Ausdruck gebracht,<br />
in der diese genannt wurden. Die jeweils stärker vertretene<br />
Baumart erschien vor der selteneren. Bei der ersten<br />
Aufnahme der Wälder des Wolfsteiner Komplexes<br />
sind die geschätzten Anteile der Baumarten bereits<br />
in Prozenten angegeben.<br />
Während der ersten <strong>Wald</strong>inventur im IIztrift Komplex<br />
<strong>und</strong> im Wolfsteiner Komplex nahmen die damaligen<br />
Forstleute auf einer größeren Anzahl von Probeflächen<br />
den <strong>Wald</strong>bestand genau auf, um eine Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Abschätzung der nutzbaren Holzmengen zu bekommen.<br />
Im IIztriftkomplex wurden in den Jahren 1837/39 - über<br />
alle Lagen des Gebietes verteilt - 45 Bestandsprobeflächen<br />
im Gelände genau vermessen <strong>und</strong> in die Karte<br />
eingezeichnet (siehe Karte Nr. 14). Sie hatte fast<br />
durchwegs die Form langer, schmaler Streifen, deren<br />
Länge zwischen 290-1450 m, deren Breite etwa zwischen<br />
10 <strong>und</strong> 60 m schwankte; abgesehen von nur<br />
ganz wenigen Ausnahmen lagen die Flächengrößen<br />
zwischen 1 <strong>und</strong> 3 ha. Alle auf den Probeflächen vorkommenden<br />
Bäume sind nach Baumart <strong>und</strong> Durchmesser<br />
in Brusthöhe (Durchmesserklassen von je 1<br />
Zoll = 2,92 cm) in Listen festgehalten. Wir kennen also<br />
heute die Häufigkeitsverteilungen der Baumarten in<br />
Abhängigkeit vom Durchmesser. Graphische Darstellungen<br />
solcher Baumzahlverteilungen enthalten die<br />
Abbildungen 43 bis 65. Die Baumzahlen sind jeweils auf<br />
207
1 ha Fläche umgerechnet, also untereinander unmittelbar<br />
zu vergleichen. Das bei einem Teil der Flächen miterfaßte<br />
Dürrholz blieb außer acht.<br />
Eine Erläuterung zu den Abbildungen enthält weitere<br />
Angaben:<br />
1. Die damals niedergeschriebene, wörtliche Beschreibung<br />
des <strong>Wald</strong>bestandes auf der Probefläche.<br />
2. Eine Beschreibung des Standorts nach heutigen<br />
Maßstäben; das ist möglich, da die Lage fast aller<br />
Flächen genau bekannt ist.<br />
3. Für einen Teil der Probeflächen sind an hand des<br />
Massentarifs für den Gemeindewald Kreuzberg<br />
(SOMMER 1963) die Holzvorräte in Erntefestmetern<br />
ohne Rinde (Derbholz) je ha berechnet.<br />
Die zahlreichen Probeflächen, welche bei der 1854 begonnenen<br />
ersten <strong>Wald</strong>inventur im Wolfsteiner Komplex<br />
aufgenommen wurden, sind weniger brauchbar,<br />
da sie nicht in der Karte eingezeichnet sind. Es läßt sich<br />
daher nur angeben, in welchem <strong>Wald</strong> bestand die<br />
Probefläche lag. Außerdem sind Tanne <strong>und</strong> Fichte<br />
nicht unterschieden. Es sind daher nur die Ergebnisse<br />
von einigen - standörtlich ziemlich gleichförmigen -<br />
Probeflächen aus den Hochlagen übernommen<br />
(Abb. 44-46).<br />
Die beschriebenen Unterlagen geben bis ins einzelne<br />
gehende Aufschlüsse über die Zusammensetzung des<br />
<strong>Wald</strong>es auf den einzelnen Standorten um die Mitte des<br />
vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
7.3 Der Einfluß des Menschen auf den <strong>Wald</strong> bis<br />
zur Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Im vorigen Abschnitt ist das umfangreiche Material<br />
aufgeführt, das uns eine Rekonstruktion des WaIdbildes<br />
um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts ermöglicht.<br />
Nun ist zu fragen, inwieweit der damalige Zustand des<br />
<strong>Wald</strong>es noch als natürlich anzusehen ist, <strong>und</strong> inwieweit<br />
er bereits das Ergebnis menschlicher Einwirkungen<br />
darstellt. Die Beantwortung dieser Frage erfordert einen<br />
kurzen Überblick über die Geschichte des <strong>Wald</strong>gebietes.<br />
Erst sehr spät wurde der Grenzkamm des Inneren<br />
Bayerischen <strong>Wald</strong>es besiedelt. Verhältnismäßig alt<br />
sind die Ortschaften Draxlschlag, Reichenberg, Hö-<br />
212<br />
henbrunn, Haslach, Schönanger <strong>und</strong> Grünbach, die in<br />
der Stiftungsurk<strong>und</strong>e des Klosters St. Oswald aus dem<br />
Jahre 1396 erwähnt sind. Aber erst in den folgenden<br />
Jahrh<strong>und</strong>erten schob sich die Besiedlung bis in das<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet vor. Ortsgründungen standen im<br />
Zusammenhang mit Glashütten oder den "Goldenen<br />
Steigen", den Handelswegen nach Böhmen.<br />
Im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert erlangten die Glashütten in Riedlhütte,<br />
Klingenbrunn <strong>und</strong> Schönau für das <strong>Nationalpark</strong>gebiet<br />
eine nennenswerte Bedeutung. Wegen<br />
Holzmangels mußten sie während des 16., 17. <strong>und</strong> 18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts immer wieder verlegt werden. Dadurch<br />
bildeten sich Ansiedlungen in Alt- <strong>und</strong> Neuhütte, Spiegelau,<br />
Guglöd, Neuschönau, Schönbrunn, Weidhütte<br />
<strong>und</strong> Glashütte. An den Goldenen Steigen entstanden<br />
erst zu Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts die <strong>Wald</strong>häuser<br />
<strong>und</strong> erst um die Wende vom 17. zum 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
die Orte Mauth, Hohenröhren, Heinrichsbrunn <strong>und</strong> Finsterau.<br />
Die Holznutzung für den eigenen Bedarf der Bevölkerung<br />
erstreckte sich sicherlich nur auf die ortsnahen<br />
<strong>Wald</strong>ungen <strong>und</strong> war im Verhältnis zu den vorhandenen<br />
Holzvorräten so gering, daß sie keinen wesentlichen<br />
Einfluß auf den <strong>Wald</strong> ausgeübt haben kann. Anders ist<br />
das bei den Glashütten, die Holz zur Feuerung der Öfen<br />
<strong>und</strong> zur Gewinnung von Pottasche verbrauchten. Das<br />
Feuerholz stammte aus der näheren Umgebung der<br />
Hütten; die wiederholten Verlegungen von Hütten zeigen,<br />
daß man es nicht weit transportierte, sondern dem<br />
Holz nachwanderte. Es wurden nur die für Bearbeitung<br />
<strong>und</strong> Transport gut geeigneten Stämme entnommen,<br />
alles übrige blieb stehen <strong>und</strong> wuchs weiter. Zwischen<br />
der Nutzung nur einzelner Stämme <strong>und</strong> der Entnahme<br />
fast des ganzen Holzvorrates gab es sicherlich alle<br />
Übergänge.<br />
In den weiter entfernten <strong>und</strong> höher gelegenen <strong>Wald</strong>ungen<br />
- dazu gehört der weit größere Teil der Fläche des<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebietes - war der Aschenbrand die einzige<br />
wesentliche Art der Holznutzung. Sie konzentrierte<br />
sich auf stehende oder liegende, bereits abgestorbene<br />
sowie auf noch lebende, besonders starke <strong>und</strong> alte<br />
Bäume, die stehend ausgebrannt wurden. Solche Bäume<br />
kamen meist nur in größeren Abständen vor. Die<br />
Gewinnung der Pottasche verbrauchte weit mehr Holz,<br />
als die Feuerung der Öfen. Wegen ihres höheren Kaligehaltes<br />
wurden vor allem die Buche <strong>und</strong> unter den<br />
Nadelbäumen die Tanne vor der Fichte zum Aschen-
im Bergmischwald sogar auf nicht vernäßten <strong>Böden</strong><br />
schwere Schäden anrichtete, wirkten sich auch im Urwald<br />
aus. Die Nutzung durch Aschenbrand <strong>und</strong> Plenterung<br />
ist also nicht so sehr von den Eingriffen verschieden,<br />
wie sie infolge von Stürmen von Zeit zu Zeit auch<br />
im Urwald vorkommen. Es ist daher nicht zu erwarten,<br />
daß die unregelmäßige Plenterung die Baumartenanteile<br />
der Wälder durchgreifend verändert hat. Dafür<br />
spricht auch die auf vergleichbaren Standorten in stark<br />
<strong>und</strong> weniger stark genutzten Beständen recht ähnliche<br />
Beteiligung der Baumarten.<br />
Die Unterschiede zwischen den Altersklassen, wie sie<br />
aus den Tab. 61 <strong>und</strong> 62 hervorgehen <strong>und</strong> wie sie auch<br />
PLOCHMANN (1961) fand, sind mindestens teilweise<br />
altersbedingt. Auch in echten Urwäldern ist die Baumartenzusammensetzung<br />
von Jungwuchspartien wesentlich<br />
von derjenigen der Oberschicht verschieden.<br />
Nutzt man in der Oberschicht der Urwälder, so ändern<br />
sich sofort die Anteile der Baumarten. Inwieweit die<br />
Unterschiede zwischen der Zusammensetzung älterer<br />
<strong>und</strong> jüngerer Bestände um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
auf diesen Umstand oder aber auf einen tatsächlichen,<br />
anthropogen bedingten Wandel in der<br />
<strong>Wald</strong>zusammensetzung zurückzuführen sind, das läßt<br />
sich nicht sagen. Es ist daher zweckmäßig, sich bei der<br />
Suche nach der natürlichen Zusammensetzung der<br />
Wälder vor allem auf die über 120jährigen Bestände zu<br />
stützen. Zwischen den drei über 120jährigen Altersklassen<br />
fand auch PLOCHMANN (1961) keine nennenswerten<br />
Unterschiede in der Bestandsform oder<br />
den Baumartenanteilen.<br />
Leider geben die bisher durchgeführten Pollenanalysen<br />
(RUOFF 1932, TRAUTMANN 1952) keine eindeutige Auskunft<br />
auf die Frage, wie natürlich die Baumartenzusammensetzung<br />
der Wälder in der Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts war. Eine<br />
spezielle pollenanalytische Untersuchung, verb<strong>und</strong>en mit<br />
genauer Altersbestimmung der Proben, könnte hier unsere<br />
Kenntnis wesentlich erweitern, ganz im Sinne von FIRBAS<br />
(1952): "Es wäre sehr reizvoll, in diesem noch verhältnismäßig<br />
wenig beeinflußten <strong>Wald</strong>gebiet der jüngeren Geschichte<br />
der Wälder weiter nachzugehen ... ".<br />
Noch eine weitere Unsicherheit besteht. Es ist nicht<br />
bekannt, inwieweit die Viehweide bis 1850 verändernd<br />
auf den <strong>Wald</strong> gewirkt hat. Ihre Bedeutung dürfte im Gebiet<br />
zwischen Rachel <strong>und</strong> Lusen geringer, östlich des<br />
216<br />
Sagwassers größer gewesen sein. Da sie vor allem in<br />
den Hochlagen ausgeübt worden ist, wo ohnedies reine<br />
Fichtenwälder vorkommen, ist anzunehmen, daß<br />
die <strong>Wald</strong>weide keinen wesentlichen Einfluß auf die Zusammensetzung<br />
des <strong>Wald</strong>es ausgeübt hat.<br />
Als Quintessenz aus dem historischen Überblick ergibt<br />
sich, daß eine zuverlässige Beantwortung der Frage, inwieweit<br />
die Baumartenzusammensetzung der Wälder<br />
im <strong>Nationalpark</strong>gebiet um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
schon vom Menschen verändert war, heute<br />
nicht möglich ist. Mit Sicherheit begann aber hier ein<br />
nennenswerter Einfluß des Menschen auf den <strong>Wald</strong><br />
später als in fast allen anderen Gebieten MitteIeuropas,<br />
einschließlich der Gebirge. Urwälder hatten sich<br />
noch auf erheblichen Flächen in unzugänglichen Lagen<br />
erhalten. Die Holznutzung ging bis ins vorige Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
hinein überwiegend in Form einer rohen Plenterung<br />
vor sich, also auf sehr naturnahe Weise. Hinweise<br />
auf künstliche Verjüngung durch Saat oder Pflanzung<br />
sind aus der Zeit vor der ersten <strong>Wald</strong> inventur<br />
nicht bekannt. All diese Umstände sprechen dafür, daß<br />
die Baumartenanteile um die Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
gute "Näherungswerte" für die Zusammensetzung<br />
der ursprünglichen Wälder geben.<br />
7.4 Bestandsformen um die Mitte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Damit Vergleiche möglich werden, folgt die Ausscheidung<br />
der Bestandsformen ganz derjenigen von<br />
PLOCHMANN (1961). Eine Baumart ist in der Bestandsform<br />
berücksichtigt, wenn sie einen Anteil von<br />
mindestens 10% hat; erreicht sie mehr als 90%, so bedingt<br />
das die Ausscheidung eines Reinbestandes. Bei<br />
Bestandsformen aus nur zwei Baumarten ist die jeweils<br />
stärker vertretene zuerst genannt. In Fi-Bu-Beständen<br />
überwiegt also die Fichte, in Bu-Fi-Beständen<br />
ist es umgekehrt. Bei Fichten-Tannen-Buchenbeständen<br />
ist nur verlangt, daß jede der drei Baumarten 10%<br />
erreicht. Die Reihenfolge der Nennung der Baumarten<br />
hat bei dieser Bestandsform keine Bedeutung.<br />
Die Gr<strong>und</strong>lage für die Feststellung der Bestandsformen<br />
bildeten im Gebiet östlich des Sagwassers (Gebiets-Abschn.<br />
V <strong>und</strong> VI), das zum Wolfsteiner Triftkomplex<br />
gehörte, die Bestandsbeschreibungen der ersten<br />
<strong>Wald</strong>inventur aus dem Jahr 1855, welche die geschätzten<br />
Baumartenanteile in Prozenten angeben. Es
ist nicht ersichtlich, ob hierfür die Baumzahlen, die<br />
Holzmassen oder die Flächen maßgebend waren. In<br />
den Bestandsbeschreibungen des IIztriftkomplexes<br />
(Gebiets-Abschn. 11 bis IV; für Gebiets-Abschn. I existieren<br />
keine Unterlagen) ist die Beteiligung der Baumarten,<br />
weder bei der ersten, 1837 begonnenen, noch<br />
bei der zweiten <strong>Wald</strong>inventur von 1861 zahlenmäßig<br />
angegeben. Hier hieß es beispielsweise: "Bestand aus<br />
Bu, Ta, Fi mit mehreren (einigen, etlichen, eingesprengten)<br />
Ahornen".<br />
Die weniger zahlreich vertretenen Baumarten, so hier<br />
der Ahorn, blieben bei der Feststellung der Bestandsform<br />
für die Karte der Bestandsformen <strong>und</strong> die Statistik<br />
der Bestandsformen nach Höhenstufen außer<br />
acht. In der Zusammenstellung der Bestandsformen<br />
innerhalb der einzelnen Standortseinheiten sind sie<br />
mit aufgeführt. Bei dem o. a. Beispiel ergibt sich also die<br />
Bestandsform Fichten-Tannen-Buchen-Bestand, bzw.<br />
Fi, Ta, Bu (Ah). Wie Vergleiche mit Probeflächen ergaben,<br />
sind die Baumarten in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit<br />
genannt: dadurch ist beispielsweise eine Unterscheidung<br />
von Fichten-Buchen- <strong>und</strong> Buchen-Fichten<br />
Beständen möglich. Die Bestandsausscheidung der<br />
ersten <strong>Wald</strong>inventur im IIztriftkomplex war noch relativ<br />
grob. Die Auswertung stützt sich daher auf das Material<br />
der zweiten Aufnahme von 1861, bei der vor allem<br />
die Bestände der Naß böden sehr sorgfältig abgetrennt<br />
sind. Für die Zuordnung der Bestände des IIztriftkomplexes<br />
zu Altersklassen wurde ebenfalls das Stichjahr<br />
1855 gewählt.<br />
7.4.1 Karte der Bestandsformen<br />
Betrachtet man die Karte der Bestandsformen (Karte<br />
Nr. 12) für das Jahr 1855, so fällt zunächst auf, daß die<br />
Fichte in zwei Teilen des Gebietes Reinbestände bildet:<br />
In den Hochlagen <strong>und</strong> auf den Naßböden, die vorwiegend<br />
in den Tallagen vorkommen. Zwischen diesen<br />
Bereichen dehnte sich in einer breiten Zone der Mischwald<br />
aus Fichte, Tanne <strong>und</strong> Buche.<br />
Nimmt man noch die Filze hinzu, so entspricht dem die<br />
Einteilung in <strong>Wald</strong>formen, die bereits bei der ersten, im<br />
Jahre 1837 begonnenen <strong>Wald</strong>inventur im IIztriftkomplex<br />
üblich war. Diese ist in den Wirtschaftsregeln für<br />
den Bayerischen <strong>Wald</strong> (Königliches Ministerial-Forsteinrichtungsbureau,<br />
1849) erstmals veröffentlicht <strong>und</strong><br />
lautet in der Formulierung von RAESFELDT (1894):<br />
- Filzwald<br />
- Auwald<br />
(alle hochmoorartigen Bildungen)<br />
(von der Fichte beherrschte Wälder<br />
der Naßböden)<br />
- Hochwald (Fichtenwälder der Hochlagen)<br />
- Mischwald (Bergmischwald aus Fi-Ta-Bu)<br />
Diese Gliederung gilt im Gr<strong>und</strong>satz bis heute.<br />
Die Karte gibt aber noch eine Reihe weiterer Informationen.<br />
So treten in den Randbereichen der Naßböden,<br />
vor allem im hängigen Gelände, auf bedeutenden Flächen<br />
Fichten-Tannen- <strong>und</strong> auf geringen Flächen Tannen-Fichten-Bestände<br />
auf.<br />
Im Bereich der Hochlagengrenze kommen in geringem<br />
Umfang Fi-Bu- <strong>und</strong> Bu-Fi-Bestände vor; die Tanne ist<br />
hier so schwach beteiligt, daß sie nicht mehr 10% Anteil<br />
erreicht oder nicht mehr unter den führenden Baumarten<br />
genannt wird. Die Bestandsbeschreibungen geben<br />
keine Hinweise darauf, daß menschliche Eingriffe die<br />
Ursache für das Fehlen der Tanne sein könnten. So<br />
sind Fi-Bu-Bestände auch in den östlichen Steilabstürzen<br />
des Steinfleckberges, in den sogen. Bärenriegeln,<br />
erwähnt, wo sicherlich zuvor keine wesentlichen Nutzungen<br />
stattgef<strong>und</strong>en hatten. Offenbar erreicht die<br />
Tanne ihre obere Verbreitungsgrenze im Durchschnitt<br />
in etwas geringerer Meereshöhe als die Buche, die sich<br />
gerade an steilen Hängen dicht unterhalb der Hochlagengrenze,<br />
auf Lockerbraunerden, noch reichlich verjüngt.<br />
Sie kam hier um 1850 teils mit dem Bergahorn<br />
gemischt, teils auch in kleinen Partien, fast rein vor. So<br />
wird in der Beschreibung der Bärenriegel von 1855 erwähnt:<br />
"Ein paar Tagwerk sind fast rein mit Buche <strong>und</strong><br />
Ahorn bestockt, das hintere Hochbuchwaldl genannt".<br />
An der bezeichneten Stelle stehen noch heute mächtige<br />
Buchen, ohne eine nennenswerte Beimischung anderer<br />
Baumarten.<br />
Die Fichten-Buchen- <strong>und</strong> Buchen-Fichten-Bestände,<br />
die außerhalb des Grenzbereiches der Hochlagen auftreten,<br />
sind das Ergebnis menschlicher Einwirkung.<br />
Darauf deutet zunächst schon die Verbreitung dieser<br />
Bestandsformen hin. Sie waren westlich des Sagwassers,<br />
im IIztriftkomplex kaum anzutreffen. Im Ostteil,<br />
wo die Triftanlagen bereits 100 Jahre früher ausgebaut<br />
waren, kamen sie bereits auf beträchtlichen Flächen<br />
vor. Aus den Beschreibungen ist eindeutig zu entnehmen,<br />
daß es sich überwiegend um junge Bestände handelte.<br />
Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang<br />
die großflächigen reinen Buchenbestän-<br />
217
Tabelle 63<br />
Bestandsformen 1972<br />
(ohne Hochmoore <strong>und</strong> Moorrandbestockungen)<br />
Bestandsformen Altersstufen in % der Fläche<br />
1 - 40 41 - 80<br />
Pi rein 42 14<br />
Fi,Ta 3 2<br />
lI'i,Bu 41 47<br />
lI'i,'.ra,Bu 7 2<br />
Bu,.Pi 7 35<br />
Sa. ha 2 794,8 :5 844,4<br />
Sa. '1> 100 100<br />
deo Die Bestandsbeschreibungen sagen ganz klar, daß<br />
hier das Nadelholz ausgeplentert worden war.<br />
Auf kleinen Flächen kamen am Rand des Gebietes sogenannte<br />
Reut-Fichten vor. Darunter verstand man<br />
Fichtenbestände, die durch Aufforstung ehemaligen<br />
Weidelandes entstanden waren. Noch heute tritt hier<br />
die Rotfäule viel stärker auf als auf alten <strong>Wald</strong>böden,<br />
ein Zeichen dafür, daß sich die Biozönose des <strong>Wald</strong>es<br />
noch nicht wieder voll regeneriert hat.<br />
7.4.2 Statistik der Bestandsformen nach<br />
Höhenstufen<br />
Nachdem anhand der Karte der Bestandsformen ein<br />
Überblick gewonnen ist, sollen die Bestandsformen<br />
nun getrennt nach Höhenstufen betrachtet werden<br />
(Tab. 62). Es ist so ein erster Schritt in Richtung auf eine<br />
Zuordnung der Bestandsformen zu den Standorten<br />
beabsichtigt.<br />
218<br />
81 - 120 über 120 Sa.in '-'<br />
37 60 36<br />
3 1 2<br />
33 14 35<br />
17 19 11<br />
10 6 16<br />
3 167,6 2 562,7 12 369,5<br />
100 100 100<br />
Die Fichten-Tannen- <strong>und</strong> die wesentlich selteneren<br />
Tannen-Fichten-Bestände sind in dieser Aufstellung<br />
zusammengefaßt. Eine gewisse Unschärfe haben die<br />
Erhebungen dadurch, daß Bestände, die über die<br />
Grenzen der Höhenstufen hinweggreifen, oft nur einheitlich<br />
beschrieben sind. Vermutlich aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> treten z. B. in den Hochlagen noch 2% Fi-Ta-Bu<br />
Bestände auf. Als Stichjahr für die Einstufung in Altersklassen<br />
ist einheitlich 1855 zugr<strong>und</strong>e gelegt. Bei den<br />
Altersangaben ist aber stets zu bedenken, daß es sich<br />
um grobe Durchschnittswerte für oft sehr ungleichaltrige<br />
Bestände handelt.<br />
Am einfachsten sind die Verhältnisse in den Hochlagen,<br />
wo 97% der Fläche den reinen Fichtenbeständen<br />
zugehören. Die Fichten-Tannen-Buchen-Bestände<br />
(2%) <strong>und</strong> die Fichten-Buchen-Bestände (1 %) sind wohl<br />
als Unschärfe infolge der damaligen Bestandsausscheidung<br />
zu verstehen. Das fast ausschließliche Vorkommen<br />
der Bestandsform "Fichte rein" ist vor allem
Abb.49<br />
Probefläche Nr. 12 im Revier Schönau (1,4 ha; 319 x 42,2 m)<br />
(Gebiets-Abschn. IV)<br />
a) Holzbestand: 181j. Bestand aus Bu, Ta <strong>und</strong> einigen Fi;<br />
sehr variierend in Alter <strong>und</strong> Bestand,<br />
doch meist geschlossen <strong>und</strong> häufig mit<br />
Bu-Gestäng durchwachsen. Der Bestand<br />
ist überalt <strong>und</strong> zur Verjüngung umso<br />
mehr reif.<br />
b) Bewirtschaftung: Bei der Verjüngung ist vor allem auf die<br />
Nachzucht der Buche das Hauptaugenmerk<br />
zu richten. Durch die vorhandenen<br />
sehr zahlreichen Buchen, die noch kräftige<br />
Samenerzeugung versprechen,<br />
wird es nicht schwierig sein, einen reinen<br />
Bu-Dunkelschlag stellen zu können,<br />
wenn man auch nur die besseren von ihnen<br />
zu Samen bäumen ausmittelt.<br />
c) Standort:<br />
Höhenlage:<br />
Gelände:<br />
Bodenform:<br />
Obere Hanglage<br />
905-940 m NN<br />
d) Holzvorrat<br />
(nach Tarif Kreuzberg, SOMMER, 1963)<br />
Stärkeklasse<br />
schwach bis mäßig geneigter NO-Hang.<br />
Lehm (Lockerbraunerde), sandig-grusiger<br />
Unterboden, vereinzelt schwache<br />
Blocküberlagerung.<br />
Holzvorrat in<br />
Fichte Tanne<br />
Schwachholz 3.3 17 .0<br />
(4 - 9 Zoll)<br />
Mittelholz 2.4 17 .2<br />
( 1 0 - 1 6 Zo 11 )<br />
Starkholz 9·1 112.3<br />
(über 17 Zoll)<br />
insgesamt fm 14.8 146.5<br />
( 1 Zoll os 2.92(m)<br />
% 3.8 37.7<br />
Anzahl!<br />
h.<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
Efm o.R.<br />
Buche<br />
25.5<br />
83.6<br />
118.3<br />
227.4<br />
58.5<br />
Revier Schönau Fläche Nr.1Z<br />
Derbholz I/je ha<br />
insgesamt<br />
.fm . %<br />
45.8 11.8<br />
103.2 26.6<br />
239.7 61 .6<br />
388.7 100.0<br />
100.0<br />
223
worden sein. Die Altbestände können die Anteile der<br />
Bestandsformen nicht mehr repräsentieren, wie sich<br />
aus folgender Überlegung ergibt: In den über 80 Jahre<br />
alten Beständen nimmt die Mischungsform Fichte<br />
Tanne-Buche etwa zwei Drittel der Fläche ein; für reine<br />
Fichtenbestände <strong>und</strong> Fichten-Tannen-Bestände bleibt<br />
dann noch etwa ein Drittel. In den Tallagen bedecken<br />
die Naßböden aber r<strong>und</strong> die Hälfte der Fläche. Auf Naßböden<br />
können jedoch keine Fichten-Tannen-Buchen<br />
Bestände gestockt haben. Diese müssen also in den<br />
mehr als 80 Jahre alten Beständen überrepräsentiert<br />
sein. Das erklärt sich aus der <strong>Wald</strong>geschichte. In den<br />
Jahrzehnten vor 1855 wurden die Bestände der Naßböden<br />
- vor allem im Westteil des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
- sehr stark genutzt. Das Regelverfahren bestand<br />
im kahlen Abtrieb <strong>und</strong> nachfolgender Entwässerung<br />
(Kgl. Ministerial-Forsteinrichtungsbureau 1849). Die<br />
bedeutenden Nutzungen in den Tallagen konzentrierten<br />
sich also auf die Naß böden, was nicht verw<strong>und</strong>erlich<br />
ist, da diese zum großen Teil nahe an den Triftgewässern<br />
liegen <strong>und</strong> daher der Transport des Holzes<br />
keine großen Schwierigkeiten bereitete.<br />
Der Rückgang der Fichten-Tannen-Buchen-Bestände<br />
<strong>und</strong> die Zunahme der reinen Fichten-Bestände von<br />
den älteren zu den jüngeren Altersklassen sind also in<br />
dem Umfang, wie sie zunächst aus der Statistik hervorzugehen<br />
schienen, nicht gegeben; die Ursache liegt<br />
bei der großflächigen Abnutzung der Bestände auf<br />
Naß böden in den Jahrzehnten vor 1855. Nähere Aufschlüsse<br />
werden sich ergeben, wenn wir die Bestandsformen<br />
im Zusammenhang mit den Standortseinheiten<br />
betrachten.<br />
Eine zweite Statistik der Bestandsformen nach den Ergebnissen<br />
der <strong>Wald</strong>inventur von 1971 enthalten die<br />
Tabellen 63 <strong>und</strong> 64. Hier soll der Bestockungswandel<br />
seit 1855 nur insofern kurz erörtert werden, als hierbei<br />
die standörtlichen Unterschiede zwischen den Höhenstufen<br />
eine Rolle gespielt haben. Soweit die 1971 ausgeschiedenen<br />
Bestände über die Grenzen der Höhenstufen<br />
hinweggreifen, sind sie dort eingeordnet, wo der<br />
größere Teil ihrer Fläche liegt. Die Ausscheidung deckt<br />
sich also nicht vollkommen mit der der Höhenstufen.<br />
Die Bestandsformen reine Buche <strong>und</strong> Reut-Fichte<br />
(Wiesenaufforstungen) kamen 1972 nur auf verschwindenden<br />
Flächen vor <strong>und</strong> sind daher den Buchen-Fichten-Beständen<br />
bzw. den reinen Fichten-Beständen<br />
zugeschlagen.<br />
240<br />
Die Wälder der Hochlagen haben sich in ihrer Zusammensetzung<br />
seit 1855 nicht verändert. In den oberen<br />
Hanglagen ist der Anteil der reinen Fichtenbestände<br />
etwa gleich geblieben (Fels- <strong>und</strong> Blockböden, Naß böden).<br />
Die einstmals dominierende Mischung Fichte<br />
Tanne-Buche ist bis auf geringfügige Reste zusammengeschrumpft.<br />
An ihre Stelle sind zu etwa gleichen<br />
Teilen Fichten-Buchen- <strong>und</strong> Buchen-Fichten-Bestände<br />
getreten. Die Fichten-Tannen-Buchen-Bestände<br />
haben auch in den unteren Hanglagen stark abgenommen.<br />
Die freigewordenen Flächen sind zu 3/4 an Fichten-Buchen-Bestände<br />
<strong>und</strong> nur zu 1/4 an die Buchen<br />
Fichten-Bestände gefallen. In den Tallagen hat die Mischung<br />
Fichte-Tanne-Buche den größten Teil ihrer Fläche<br />
an die Fichten-Buchen-Bestände verloren, Buchen-Fichten-Bestände<br />
treten hier nicht auf.<br />
Gerade der Flächenzuwachs der Buchen-Fichten-Bestände,<br />
die auf den Lockerbraunerden der oberen<br />
Hanglage große, in der unteren Hanglage geringe <strong>und</strong><br />
in der frostgefährdeten Tallage gar keine Flächen dazugewonnen<br />
haben, zeigt klar die ökologischen Unterschiede<br />
zwischen den Höhenstufen; diese kommen<br />
wesentlich deutlicher zum Ausdruck als bei PLOCH<br />
MANN (1961), der die Grenzen der Hochlagen, oberen<br />
<strong>und</strong> unteren Hanglagen <strong>und</strong> Tallagen bei Meereshöhen<br />
von 1150 m, 950 m<strong>und</strong> 700 m festlegte. Eine Untergrenze<br />
der unteren Hanglagen bei 700 m hätte beispielsweise<br />
für das <strong>Nationalpark</strong>gebiet fast keine Flächen<br />
in den Tallagen ergeben, da diese hier höher liegen<br />
als in anderen Bereichen.<br />
7.4.3 Bestandsformen nach Standortseinheiten<br />
Um herauszufinden, wie sich die <strong>Wald</strong>bestände der<br />
einzelnen Standortseinheiten (d. h. Bodenformen innerhalb<br />
bestimmter Höhenstufen) in ihrer Baumartenmischung<br />
unterscheiden, wurde eine besondere Auswertung<br />
durchgeführt. Aus den Unterlagen von 1855<br />
(WolfsteinerTriftkomplex) bzw.1861 (lIz-Triftkomplex)<br />
sind diejenigen Bestände ausgewählt, deren Fläche<br />
sich zu über 90%, zu 90 bis 75% oder zu 75 bis 50% mit<br />
einer heutigen Standortseinheit deckt. Die nicht veröffentlichte<br />
Tabelle gibt an, aus welchen Baumarten sich<br />
die betreffenden <strong>Wald</strong>bestände zusammensetzen.<br />
Die Daten sind so geordnet, daß entsprechend ihrer<br />
Reihenfolge ihre Aussagekraft abnimmt. Bestände, deren<br />
Fläche sich zu über 90% mit einer Standortseinheit
deckt, sind zuerst aufgeführt, erst danach diejenigen<br />
mit geringerer Übereinstimmung. Innerhalb dieser<br />
Gruppen wurden die Bestände von den hohen zu den<br />
niedrigen Altern angeordnet. Aus der ersten Spalte<br />
können die Baumarten in der Reihenfolge ihres Anteils<br />
am Bestand entnommen werden. Untergeordnete Beimischung<br />
ist durch eine Klammer gekennzeichnet.<br />
Als zweite Quelle dienen die Aufnahmen der Probeflächen,<br />
die in Abschn. 7.2 beschrieben sind <strong>und</strong> deren<br />
wesentliche Daten den Abb. 43 bis 65 Ueweils mit erläuterndem<br />
Text) zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />
Bei der folgenden Darstellung wird der Inhalt der Abschnitte<br />
7.4 bis 7.42 als bekannt vorausgesetzt; es folgen<br />
dazu noch Ergänzungen. Gegenstand der Erörterung<br />
ist nur die Baumartenzusammensetzung der Wälder,<br />
nicht deren Gefüge <strong>und</strong> Dynamik.<br />
7.4.3.1 Standorte der Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
Diese Gruppen von Standorten wird zuerst besprochen,<br />
weil hier die Gliederung nach Höhenstufen am<br />
klarsten erkennbar ist <strong>und</strong> weil hier alle wesentlichen<br />
Baumarten vorkommen, auch diejenigen, welche auf<br />
Fels- <strong>und</strong> Blockböden oder Naßböden nicht mehr gedeihen.<br />
Innerhalb der Hochlagen wird die Bodenform<br />
mitteJgründiger Lehm über verfestigtem Schutt ganz<br />
von der Fichte beherrscht. Nur am unteren Rand der<br />
Einheit tauchen hie <strong>und</strong> da der Bergahorn <strong>und</strong> vereinzelte<br />
Buchen auf. Als Pionierbaumart kommt zur Fichte<br />
die Eberesche.<br />
Ein Beispiel für einen solchen Fichtenbestand gibt die<br />
Probefläche Nr. 6 aus dem Revier Schönau (Abb. 43);<br />
der Text enthält die treffende Beschreibung eines damals<br />
offenbar noch unberührten Bestandes; typisch ist<br />
die Verjüngung der Fichte auf vermodernden Stämmen.<br />
Weitere Aufschlüsse über die Fichtenwälder dieser<br />
Standortseinheit geben die Probeflächen Nr. 55, 56<br />
<strong>und</strong> 60 aus dem Revier Finsterau (Abb. 44, 45 <strong>und</strong> 46),<br />
von denen die beiden letztgenannten noch vom Menschen<br />
unberührt sein dürften. Die Aufbauformen der<br />
Fichten-Hochlagenbestände wird Schreyer (Bayer.<br />
Staatsministerium f. Ernährung, Landw. u. Forsten,<br />
1973), behandeln.<br />
Nur sehr gering sind - wenigstens für den Baumbestand<br />
- die Unterschiede zur Standortseinheit HochJage<br />
/ gebJeichter mitteJgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt, die nur unbedeutende Flächen einnimmt.<br />
Es liegen deshalb keine speziellen Angaben vor. Da<br />
diese Bodenform jedoch nur in Kamm- <strong>und</strong> Rückenlagen<br />
<strong>und</strong> deshalb in größerer Meereshöhe vorkommt,<br />
scheiden hier Mischbaumarten wie Bergahorn <strong>und</strong> Buche<br />
allein deshalb aus. Die Vogelbeere tritt, wie auf der<br />
zuvor beschriebenen Einheit, als Pionierbaumart auf.<br />
Wo in der Hochlage tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt vorkommt, trifft man neben der Fichte bis<br />
etwa 1300 m regelmäßig den Bergahorn <strong>und</strong> bis etwa<br />
1200 m auch die Buche an. Es handelt sich hier im wesentlichen<br />
um den unteren Grenzbereich der Hochlagen.<br />
Der Bergahorn hat hier - wo die Konkurrenz der<br />
Tanne aufgehört hat <strong>und</strong> die Konkurrenz der Buche<br />
nicht mehr stark ist - seinen Verbreitungsschwerpunkt.<br />
Die Vogelbeere spielt als Pionierbaum eine Rolle.<br />
Für die Standortseinheiten HochJage / Lehm über<br />
Sand <strong>und</strong> HochJage / Lehm, die ebenfalls nur geringe<br />
Flächen im unteren Grenzbereich der Höhenstufe dekken,<br />
fehlen spezielle Bestandsbeschreibungen.<br />
Innerhalb der Bodenform tiefgründiger Lehm über verfestigtem<br />
Schutt vollzieht sich der Übergang von den<br />
Mischwäldern der Hanglagen zu den Fichtenwäldern<br />
der Hochlagen. Die Grenze der beiden Höhenstufen<br />
wurde dort gezogen, wo die besonders lockeren <strong>Böden</strong><br />
(siehe Abschn. 5.2.2.5) ihre Obergrenze finden<br />
(Ausnahmen siehe Abschn. 3.3). Diese Trennlinie verläuft<br />
stets dort, wo flächige Vorkommen der Buche<br />
(Horste, Gruppen) aufhören, oberhalb ist diese Baumart<br />
nur noch einzeln vertreten. Unterhalb nimmt der<br />
Buchenanteil der Bestände rasch zu. Wie bereits ausgeführt<br />
(Abschn. 7.4.1), liegt die obere Verbreitungsgrenze<br />
der Tanne anscheinend etwas tiefer als die der<br />
Buche. So bildet sich im obersten Teil der Hanglagen<br />
innerhalb der Standortseinheit obere HangJage / tiefgründiger<br />
Lehm über verfestigtem Schutt eine schmale<br />
Zone heraus, in der die Tanne nur selten vorkommt <strong>und</strong><br />
die Buche - begleitet von Bergahorn <strong>und</strong> Fichte - häufig<br />
dominiert. Beispiele dieser Art liefern die Probeflächen<br />
Nr. 10 im Revier Schönau (Abb. 47) <strong>und</strong> die Probefläche<br />
Nr. 2 im Revier Klingenbrunn (Abb. 48).<br />
Die Bodenform Lehm in der Ausbildung als Lockerbraunerde<br />
herrscht in der oberen HangJage vor. Der<br />
Mischwald aus Fichte-Tanne-Buche mit untergeordneter<br />
Beteiligung des Bergahorn ist die zugehörige Bestandsform.<br />
Als seltenere Mischbaumarten werden bis<br />
etwa 1100 m Höhe der Spitzahorn, die Esche <strong>und</strong> die<br />
Bergulme genannt. Als Pioniergehölze sind die Eber-<br />
241
Die Spirke ist nur in den Hochmooren bis etwa 1100 m Höhe<br />
verbreitet.<br />
Foto: H. Bibelriether<br />
242
In den Verebnungen der Hochlagen haben sich Hochmoore<br />
mit Latsche ausgebildet.<br />
Foto: G. Sperber<br />
243
esche <strong>und</strong> die Salweide verbreitet; auch Birken kommen<br />
vor. Im unteren Teil der Höhenstufe müßte auch<br />
noch die Aspe gedeihen, jedoch fehlen Beobachtungen.<br />
Die Probeflächen Nr. 12 im Revier Schönau (Abb. 49),<br />
Nr. 19 im Revier Riedlhütte (Abb. 50), sowie Nr. 3 <strong>und</strong><br />
Nr. 6 im Revier Klingenbrunn (Abb. 51 <strong>und</strong> 52), die offenbar<br />
vom Menschen noch wenig beeinflußt sind, geben<br />
Beispiele für diese Bestandsform. Meist herrscht<br />
nach der Baumzahl die Buche vor, die typischerweise<br />
(siehe Schreyer, Bayer. Staatsministerium f. Ernährung,<br />
Landw. u. Forsten, 1973) hauptsächlich mit Bäumen<br />
geringerer Durchmesser vertreten ist; nach der<br />
Holzmasse überwiegen die Nadelbäume. Im Durchschnitt<br />
entfällt auf die Fichte, die Tanne <strong>und</strong> die Buche je<br />
etwa ein Drittel der Holzmasse; bemerkenswert ist vor<br />
allem die starke Beteiligung der Tanne, die heute in diesem<br />
Bereich auf großen Flächen völlig fehlt!<br />
Die Standortseinheit untere Hanglage / Lehm unterscheidet<br />
sich von der vorigen in der Zusammensetzung<br />
ihrer <strong>Wald</strong>bestände nicht wesentlich. Auch hier<br />
ist fast überall die ausgewogene Mischung von Fichte<br />
Tanne-Buche zu finden. Beispiele für diese Bestände<br />
liefern die Probeflächen Nr. 8 im Revier Schönau (Abb.<br />
53), Nr. 17 <strong>und</strong> Nr. 20 im Revier Riedlhütte (Abb. 54 <strong>und</strong><br />
55), die alle bereits plenterartig genutzt sind. Als weitere,<br />
seltenere Baumarten werden der Bergahorn, der<br />
Spitzahorn, die Bergulme, die Esche, die Eibe <strong>und</strong> in<br />
den wärmsten Lagen auch die Sommerlinde erwähnt.<br />
Nicht genannt ist die Vogelkirsche, die man immer wieder<br />
in den Wäldern antrifft. Als Pionierbaumarten kommen<br />
die Salweide, die Aspe, die Eberesche <strong>und</strong> die Birke<br />
vor.<br />
Die bevorzugte Verwendung der Tanne <strong>und</strong> der Buche<br />
für den Aschenbrand der Glashütten könnte eine gewisse<br />
Begünstigung der Fichte bedeutet haben. Das ist<br />
aber keineswegs sicher. Die Nutzung in Form einer<br />
rohen Plenterung könnte auch Vorteile für die Schattbaumarten<br />
Tanne <strong>und</strong> Buche gebracht haben. Eine<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Veränderung der Baumartenanteile in<br />
den Fichten-Tannen-Buchen-Wäldern auf Lehmen in<br />
der oberen <strong>und</strong> der unteren Hanglage dürften jedoch<br />
diese Eingriffe nicht bewirkt haben (siehe Abschn. 7.3).<br />
Es ist daher unwahrscheinlich, daß "die Fichte im Buchen-Tannenwald<br />
der besten Lagen keine nennenswerte<br />
Rolle" gespielt hat, wie TRAUTMANN (1952) annimmt.<br />
Man darf sich durch die großflächigen, von der<br />
244<br />
Buche beherrschten Bestände, die heute auf den Lokkerbraunerden<br />
der Hanglagen zu finden sind, nicht<br />
täuschen lassen. Mehrere Autoren, die sich mit der Erneuerung<br />
der Buchen-Tannen-Fichten-Urwälder befaßt<br />
haben, z. B. MAUVE (1931) <strong>und</strong> RUBNER (1953),<br />
haben die Bedeutung der am Boden liegenden, modernden<br />
Baumstämme (Rannen) für die Verjüngung<br />
der Fichte betont. Die weitgehende Nutzung des Holzes<br />
verschiebt vermutlich die Konkurrenzverhältnisse<br />
zwischen Buche, Tanne <strong>und</strong> Fichte zu ungunsten der<br />
Fichte.<br />
Die Standortseinheit Lehm über Sand hat in der unteren<br />
Hanglage ihren Verbreitungsschwerpunkt. Sie unterscheidet<br />
sich in der Bestandszusammensetzung<br />
nicht nachweisbar von der Standortseinheit Lehm / untere<br />
Hanglage, wie aus der Tabelle, aus den Probeflächen<br />
Nr. 17, 18 <strong>und</strong> 21 im Revier Klingenbrunn (Abb. 56,<br />
57 <strong>und</strong> 58) <strong>und</strong> der Beobachtung der heutigen Bestände<br />
hervorgeht. Jedoch weisen die Untersuchungen<br />
während der <strong>Wald</strong>inventur 1971 darauf hin, daß die<br />
Fichte hier anfälliger für die Rotfäule ist als auf anderen<br />
Standorten (Schreyer, Bayer. Staatsministerium f. Ernährung,<br />
Landw. u. Forsten, 1973). Das könnte nun allerdings<br />
auch für den Aufbau der einstigen Urwälder<br />
bedeutsam gewesen sein; die betreffenden, leicht zugänglichen<br />
<strong>Wald</strong>teile unterlagen aber schon 1855 zu<br />
lange der menschlichen Nutzung als daß ihre Bestände<br />
noch darüber Aufschluß geben könnten.<br />
Die Standortseinheiten Lehm mit Wasserzug in der unteren<br />
<strong>und</strong> oberen Hanglage sind nur auf geringen Flächen<br />
vertreten, passende Bestandsbeschreibungen<br />
fehlen daher. Es bestehen auch heute keine Unterschiede<br />
in der Bestandszusammensetzung gegenüber<br />
den Einheiten Lehm / obere Hanglage <strong>und</strong> Lehm / untere<br />
Hanglage. Jedoch ist bei den beiden Probeflächen,<br />
in denen auf wesentlichen Flächen Wasserzug<br />
im Unterboden anzutreffen ist (Nr. 5 Revier Schönau<br />
<strong>und</strong> Nr. 11 Revier Schönau, siehe Abb. 59 <strong>und</strong> 60), in<br />
der Beschreibung auf die "vorzügliche Güte des <strong>Wald</strong>bodens"<br />
hingewiesen, was bei anderen Standortseinheiten<br />
nicht vorkommt. Innerhalb der Standortseinheit<br />
untere Hanglage / Lehm mit Wasserzug gedeihen im<br />
<strong>Nationalpark</strong>gebiet vermutlich die wuchskräftigsten<br />
Mischbestände aus Buche, Tanne <strong>und</strong> Fichte.<br />
Das im gesamten Bereich der Hanglagen ziemlich ähnliche<br />
Bild des Mischwaldes ändert sich, wenn wir in die<br />
Tallage kommen. Zwar sind in der Tabelle für die Stand-
ortseinheit Lehm / Tallage noch durchwegs die Baumarten<br />
Fichte-Tanne-Buche angegeben. Aus den Bestandsbeschreibungen<br />
geht aber hervor, daß die Buche<br />
in der Regel in weit geringerer Zahl vertreten ist<br />
<strong>und</strong> vor allem den Nebenbestand bildet. Je mehr man<br />
sich den Kernen der Tallage mit ihrem extremen <strong>Klima</strong><br />
nähert, desto mehr gehen die Anteile der Buche zurück;<br />
auf Teilflächen kann sie ganz fehlen, so daß hier<br />
nur Fichte <strong>und</strong> Tanne die Bestände aufbauen. Neben<br />
dem extremen <strong>Klima</strong> wirkt sich hier auch noch die Verdichtung<br />
der <strong>Böden</strong> aus, die sich auf die Umgebung der<br />
Naßböden konzentriert; auch dadurch ist die Buche im<br />
Nachteil.<br />
Zum gleichen Ergebnis kommt man auch aufgr<strong>und</strong> der<br />
einzigen in diese Standortseinheit fallende Probefläche<br />
(Nr. 2 Revier Schönau, Abb. 61) <strong>und</strong> nach der heutigen<br />
Zusammensetzung der Bestände. Während in<br />
den Hanglagen auch in den jüngsten Altersklassen bis<br />
1855 die Mischung Fichte-Tanne-Buche gewahrt blieb,<br />
fehlten in den Verjüngungen der Tallagen bereits<br />
mehrfach die Buche <strong>und</strong> die Tanne. Diese Baumarten<br />
können sich - nach der Abnutzung der Altbestände<br />
den Wirkungen des extremen <strong>Klima</strong>s ausgesetzt - nur<br />
schwer behaupten. Im Abschn. 3.1431 ist auf die Frostwirkungen<br />
an der Buche näher eingegangen, die im<br />
Freiland sehr deutlich sind, nicht dagegen unter<br />
Schirm.<br />
Sonstige Baumarten treten auf der Standortseinheit<br />
kaum auf, vereinzelt findet sich der Bergahorn. Die Pionierbaumarten<br />
Aspe, Salweide, Vogelbeere <strong>und</strong> Birke<br />
kommen auch hier vor.<br />
Die Standortseinheit Tallage / Lehm über Sand unterscheidet<br />
sich in der Bestandszusammensetzung nicht<br />
von der vorigen. Dasselbe gilt vermutlich für die Einheit<br />
Tallage / Sand <strong>und</strong> Schotter, über die keine weiteren<br />
Aussagen möglich sind.<br />
7.4.3.2 Standorte der Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
Über die vorkommenden Baumarten <strong>und</strong> ihre Anteile<br />
an den Beständen geben uns wieder die Beschreibungen<br />
aus der Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts einigen<br />
Aufschluß. Probeflächen, die damals überwiegend auf<br />
den betreffenden Standortseinheiten angelegt wurden,<br />
existieren leider nicht. Wesentliche Auskünfte<br />
gibt uns hier aber die Beobachtung der heutigen <strong>Wald</strong>bestände,<br />
die wegen des schwer zugänglichen <strong>und</strong><br />
vielfach steilen Geländes noch ursprünglicher erhalten<br />
sind als es auf den anderen Standorten der Fall ist. Wesentlich<br />
ist für alle Fels-, Humus- <strong>und</strong> Block-Humusböden<br />
das fast vollständige Fehlen der Buche, ein Bef<strong>und</strong>,<br />
der durch zahlreiche Beobachtungen gesichert ist.<br />
Die Standortseinheiten Hochlage / BJockfeJd <strong>und</strong> obere<br />
HangJage / BJockfeJd sind waldfrei, da sich zwischen<br />
den Blöcken noch nicht genügend humoses Material<br />
gesammelt hat. Nur vereinzelt treten Latsche, krüppelige<br />
Fichte <strong>und</strong> Vogelbeere (z. B. am Lusengipfel), in der<br />
oberen Hanglage auch manchmal Birke auf.<br />
Die Fichte beherrscht die Standortseinheiten BJock<br />
Humusboden <strong>und</strong> Fels-Humusboden in den HochJagen.<br />
Auf Fels-Humusböden ist ihr Wachstum gegenüber<br />
den Block-Humusböden stark gedämpft. Bis etwa<br />
1300 m kommt der Bergahorn dazu; als Pioniergehölze<br />
sind die Vogelbeere <strong>und</strong> bestimmte strauchförmige<br />
Weidenarten anzutreffen. Die angegebene Bestandszusammensetzung<br />
gilt auch für die Fels- <strong>und</strong> Block<br />
Boden-Anteile der Standortseinheiten HochJage /<br />
FeJs-Lehm-Mosaik <strong>und</strong> HochJage / BJock-Lehm-Mosaik;<br />
der Rest dieser Flächen folgt in seiner Bestokkung<br />
den Sand- <strong>und</strong> Lehmböden, d. h. der Bergahorn<br />
ist bis 1300 m stäker vertreten <strong>und</strong> Buche kommt in der<br />
unteren Randzone vor.<br />
In den oberen Hanglagen haben die Fels- <strong>und</strong> Blockböden<br />
den Schwerpunkt ihrer Verbreitung. Die Standortseinheit<br />
obere HangJage / BJock-Humusboden<br />
schließt die Buche fast vollkommen aus. Die Bestände<br />
bauen sich - es gibt noch schöne Beispiele - aus Fichte,<br />
Tanne <strong>und</strong> Bergahorn auf; hinzu kommt noch bis<br />
etwa 1100 m der Spitzahorn. Wenigstens im unteren<br />
Höhenbereich könnte auch die Bergulme noch vertreten<br />
sein, es fehlen aber entsprechende Angaben. Als<br />
Pionier ist die Eberesche häufig. Dieselben Baumarten<br />
treffen wir auf den Block-Humus-<strong>Böden</strong> innerhalb der<br />
Standortseinheit BJock-Lehm-Mosaik in der oberen<br />
HangJage. Für den Anteil an lehmigen <strong>Böden</strong> gilt das in<br />
Abschn. 7.4.3.1 Gesagte.<br />
Die FeJs-Humus-<strong>Böden</strong> der oberen HangJage tragen -<br />
wie die der Hochlage - nur eine geringwüchsige Fichtenbestockung.<br />
Vereinzelte Exemplare der Tanne, des<br />
Bergahorn <strong>und</strong> der Buche trifft man meist nur dort, wo<br />
sich etwas mineralische Feinerde gesammelt hat.<br />
Die Felsanteile der Standortseinheit obere HangJage /<br />
FeJs-Lehm-Mosaik sind mit Fichten, Tannen <strong>und</strong> Bergahornen,<br />
selten auch Buchen bestanden. Angaben für<br />
245
die Anteile an lehmigen <strong>Böden</strong> enthält Abschn. 7.4.3.1.<br />
Auf den Block-Humusböden der unteren Hanglage, die<br />
nur sehr selten sind, kommen hin <strong>und</strong> wieder die Bergulme<br />
<strong>und</strong> die Sommerlinde vor, sonst bestehen keine<br />
wesentlichen Unterschiede gegenüber der oberen<br />
Hanglage. Für den Felsanteil der Standortseinheit untere<br />
Hanglage / Fels-Lehm-Mosaik gilt dasselbe.<br />
Soweit Fels- <strong>und</strong> Blockböden in den Tallagen überhaupt<br />
vorkommen, sind neben der Fichte vor allem die<br />
Tanne <strong>und</strong> vereinzelt der Bergahorn auf ihnen anzutreffen.<br />
Als Pioniergehölz kommt noch die Vogelbeere<br />
hinzu.<br />
7.4.3.3 Standorte der Naßböden<br />
Einige der Baumarten, die auf den Sand- <strong>und</strong> Lehmböden<br />
anzutreffen sind, fehlen auf den Naß böden, weil sie<br />
bei den hier gegebenen Bodenverhältnissen nicht<br />
mehr gedeihen. Die Zahl der vorkommenden Baumarten<br />
ist also gegenüber den Sand- <strong>und</strong> Lehmböden eingeschränkt,<br />
ähnlich wie das auch bei den Fels- <strong>und</strong><br />
Blockböden festzustellen war.<br />
Die mineralischen Naßböden der Hochlagen werden<br />
sowohl nach den Aufzeichnungen aus der Mitte des<br />
vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts als auch nach heutigen Beobachtungen<br />
ganz von der Fichte eingenommen. Zu ihr<br />
gesellt sich bereits in der oberen Hanglage die Tanne.<br />
Diese ist hier aber wesentlich seltener als auf den<br />
Sand- <strong>und</strong> Lehmböden derselben Höhenstufe. Das<br />
geht aus der Tabelle hervor, wo die Tanne bei den mineralischen<br />
Naßböden in nicht einmal der Hälfte der<br />
Fälle ausdrücklich genannt ist.<br />
Heute spielt die Tanne auf Naßböden oberhalb 1050 m<br />
keine wesentliche Rolle mehr. Das war vermutlich bereits<br />
in der Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts ähnlich,<br />
denn aus der Karte von 1855 sind nur zwei Bestände<br />
aus Fichte <strong>und</strong> Tanne zu entnehmen, die im Höhenbereich<br />
1050 bis 1150 m lagen <strong>und</strong> vorwiegend auf Naßböden<br />
stockten. In dieselbe Richtung deutet auch ein<br />
Vergleich der Probeflächen Nr. 13 im Revier Schönau<br />
(Abb. 62) <strong>und</strong> Nr. 9 im Revier Klingenbrunn (Abb. 63),<br />
die größere Flächen an mineralischen Naß böden enthalten.<br />
Es ist zu vermuten, daß die Tanne auf Naßböden<br />
ihre obere Verbreitungsgrenze in etwas geringerer<br />
Meereshöhe erreicht, als auf Sand- <strong>und</strong> Lehmböden.<br />
Geht man zu mineralischen Naßböden der unteren<br />
Hanglage über, so war auch hier die Tanne nur als un-<br />
246<br />
tergeordnete Beimischung, aber regelmäßig, anzutreffen.<br />
Die in der Tabelle aufgeführten Bestandsbeschreibungen<br />
erwähnen zwar die Tanne in der Mehrzahl der<br />
Fälle nicht; Vergleiche zwischen Bestandsbeschreibungen<br />
<strong>und</strong> den Originalaufnahmen der in den betreffenden<br />
Beständen liegenden Probeflächen haben jedoch<br />
auch bei Naßböden gezeigt, daß Ta-Anteile um<br />
10% auch dann gegeben waren, wenn die Tanne nicht<br />
als Baumart erwähnt ist. Man kann daher annehmen,<br />
daß ein großer Teil der "Fichten-Bestände" auf mineralischen<br />
Naßböden geringe Tannen-Anteile aufwies. Sicher<br />
ist aber, daß die Tanne hier weit weniger häufig<br />
war, als auf Sand- <strong>und</strong> Lehmböden. Das trifft wohl auch<br />
für die Bestände zu, die in der Karte Nr. 12 als Fichten<br />
Tannen-Bestände ausgeschieden sind. In geringem<br />
Umfang <strong>und</strong> fast nur nebenständig kommt auf den mineralischen<br />
Naßböden an steileren Hängen, die nicht<br />
das ganze Jahr über bis zur Oberfläche vernäßt sind,<br />
sowohl in der unteren als auch in der oberen Hanglage<br />
die Buche vor. An quelligen Stellen trifft man in der unteren<br />
Hanglage hin <strong>und</strong> wieder die Schwarzerle an. Als<br />
Pioniergehölze treten Aspe, Salweide, Vogelbeere <strong>und</strong><br />
Birke auf.<br />
Auf mineralischen Naßböden der Tallagen herrschte<br />
ebenfalls die Fichte, Tanne dürfte im allgemeinen in geringerem<br />
Umfang aber regelmäßig beigemischt gewesen<br />
sein, wie es heute noch zu beobachten ist; dafür<br />
sprechen die Bestandsbeschreibungen in der Tabelle,<br />
in denen die Tanne immer wieder erwähnt ist. Und die<br />
Bestandsbeschreibungen auf denen die Karte Nr. 12<br />
beruht (Fichten-Tannen-Bestände). Waren nur wenige<br />
Tannen vorhanden, so brauchen sie nicht immer aufgeführt<br />
zu sein, wie im vorigen Absatz bereits dargelegt<br />
ist; wenn also die Tanne in den Bestandsbeschreibungen<br />
nicht genannt ist, so beweist das noch nicht, daß<br />
sie fehlte, wohl aber, daß sie nur untergeordnet beteiligt<br />
war.<br />
Neben der Fichte <strong>und</strong> der Tanne findet sich vereinzelt,<br />
vor allem an Wasserläufen, die Schwarzerle; anders als<br />
in den unteren Hanglagen ist ihr Wuchs stets kümmerlich.<br />
Möglicherweise spielen hierbei die extremen klimatischen<br />
Verhältnisse eine Rolle. Als Pionierbaumarten<br />
sind Birke, Salweide <strong>und</strong> Vogelbeere anzutreffen.<br />
Mit zunehmender Stärke der organischen Auflage werden<br />
die ökologischen Bedingungen auf den Naßböden<br />
für die meisten Baumarten schwieriger. Die Fichte
kann sich relativ gut anpassen, sie wächst auf Niedermoor<br />
noch zu mächtigen Bäumen heran. Kaum möglich<br />
ist es, über die Beteiligung der Tanne an solchen<br />
Beständen genauere Aussagen zu machen; denn die<br />
Flächen dieser Bodenform sind meist so klein, daß weder<br />
Bestandsbeschreibungen, noch Probeflächen ein<br />
klares Bild vermitteln können. Im heutigen <strong>Wald</strong> geht<br />
die Beteiligung der Tanne in den Beständen auf flachem<br />
sowie auf mittlerem <strong>und</strong> tiefem Niedermoor mit<br />
zunehmender Mächtigkeit der organischen Auflage<br />
zurück. Trifft man auf mineralischen Naßböden die<br />
Tanne noch häufig, so sinkt innerhalb der Bodenform<br />
flaches Niedermoor ihr Anteil mit zunehmender Stärke<br />
der Moorauflage laufend ab, häufig fehlt sie vollständig.<br />
Auf tiefem Niedermoor ist sie nur in seltenen Ausnahmefällen<br />
noch zu finden. Die Bestandsbeschreibungen<br />
sprechen dafür, daß das um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
ähnlich war. Weder bei Beständen auf flachem,<br />
noch bei solchen auf tiefem Niedermoor wird jeweils<br />
die Tanne genannt. Wie schon erläutert, muß das<br />
nicht bedeuten, daß sie völlig gefehlt hat, es besagt<br />
aber mindestens, daß sie nur gering am Aufbau der Bestände<br />
beteiligt gewesen ist. Die beiden Probeflächen<br />
Nr. 21 im Revier Riedlhütte (Abb. 64) <strong>und</strong> Nr. 14 im Revier<br />
Klingenbrunn (Abb. 65) lassen nicht erkennen, ob<br />
die Tanne auch auf dem tiefen Niedermoor oder nur<br />
außerhalb vorgekommen ist.<br />
Faßt man all diese Beobachtungen zusammen, so ist<br />
es wahrscheinlich, daß die Tanne in den natürlichen<br />
Wäldern auf den Standortseinheiten Tallage / flaches<br />
Niedermoor <strong>und</strong> untere Hanglage / flaches Niedermoor<br />
noch in geringem Umfang, aber wesentlich seltener als<br />
auf mineralischen Naßböden vorkam. Bis zu welcher<br />
Meereshöhe sie diese Standorte besiedeln konnte, ist<br />
offen. Als Pioniergehölze treten die Ohrweide <strong>und</strong> die<br />
Moorbirke auf; diese kommt vereinzelt bis in die Hochlagen<br />
vor, ist aber nur im unteren Bereich häufiger.<br />
Hat ein Moor durch Anhäufung organischer Substanz<br />
begonnen, sich über seine Umgebung aufzuwölben<br />
<strong>und</strong> wächst es allmählich aus dem Niveau des mineralstoffhaitigen<br />
Gr<strong>und</strong>wassers hinaus, so sind die veränderten<br />
ökologischen Bedingungen deutlich am <strong>Wald</strong><br />
zu erkennen. Auf Übergangsmooren ist die dominierende<br />
Baumart die Fichte. Ihre Wuchs- <strong>und</strong> Konkurrenzkraft<br />
sind aber bereits so geschwächt, daß lichtbedürftige<br />
Baumarten, wie die Moorbirke, wesentliche<br />
Anteile an den Beständen erhalten. Abgesehen von<br />
den Hochlagen, wo die Fichte allein vorkommt, sind daher<br />
Fichte <strong>und</strong> Moorbirke die Hauptbaumarten auf dieser<br />
Standortseinheit. Zu ihnen tritt als weitere Lichtbaumart<br />
in den Tallagen die <strong>Wald</strong> kiefer, die immer wieder<br />
zu beobachten ist, z. B. im Großen Filz bei Spiegelau.<br />
Das bedeutendste Vorkommen der <strong>Wald</strong>kiefer auf<br />
Übergangsmooren liegt außerhalb des <strong>Nationalpark</strong>s,<br />
in der Randzone des Klosterfilzes; es wird neben anderen<br />
Beispielen auch bereits von SENDTNER 1860 erwähnt.<br />
Die Übergangsmoore der Tallagen sind daher<br />
möglicherweise ein natürlicher Standort der WaIdkiefer,<br />
sicherlich der einzige im <strong>Nationalpark</strong>gebiet.<br />
Bei weiterem Wachstum entwickelt ein Moor einen eigenen,<br />
nur mehr aus den Niederschlägen gespeisten<br />
Wasserkörper im Torf; es bildet sich ein Hochmoor. Die<br />
Standortseinheit Übergangsmoor ist in der vorliegenden<br />
Arbeit gegen die Einheit Hochmoor dort abgegrenzt,<br />
wo der <strong>Wald</strong> aus Fichte, Moorbirke <strong>und</strong> <strong>Wald</strong>kiefer<br />
aufhört <strong>und</strong> Beständen der Spirke, Latsche oder<br />
vereinzelten krüppelhaften Fichten oder Moorbirken<br />
weicht. Spirke tritt innerhalb des <strong>Nationalpark</strong>gebietes<br />
nur in der Tallage auf; sie erreicht aber im Finsterauer<br />
Filz eine Meereshöhe von 1050 m. In den Kammlagen<br />
des Gebirges sind Moore häufig nur von Krüppelfichten<br />
bestanden. In den Kernen der Hochmoore können<br />
auch diese Gehölze kleinflächig fehlen. Nach Entwässerung<br />
breiten sich häufig Fichten <strong>und</strong> Birken, besonders<br />
an den Grabenrändern aus.<br />
Sonderfälle stellen die Standortseinheiten des hochgelegenen<br />
Quellmoors in den oberen Hanglagen <strong>und</strong> in<br />
den Hochlagen dar. Sie kommen nur oberhalb etwa<br />
1050 m vor. Eine im allgemeinen nur geringe Mächtigkeit<br />
der organischen Auflage <strong>und</strong> starke Wasserdurchrieselung<br />
sind kennzeichnend. Die Standorte dieser<br />
Einheiten sind von kümmernden Fichten schütter bestockt.<br />
Wo die organischen Auflagen mächtiger werden<br />
(z. B. 80 cm), fehlt häufig auch die Fichte <strong>und</strong> es<br />
siedeln sich typische Hochmoorpflanzen an. Die ökologischen<br />
Bedingungen dieses Standorts sollten näher<br />
untersucht werden. Die Höhenlage deutet darauf hin,<br />
daß hier klimatische Umstände, vielleicht auch die<br />
Temperatur des Quellwassers, eine Rolle spielen.<br />
Zwischen den Bestandsformen, wie sie aus den Aufnahmen<br />
um die Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts, bzw.<br />
aus den Beobachtungen der heutigen Wälder hervorgehen,<br />
<strong>und</strong> den Standortseinheiten haben sich in den<br />
vorausgehenden Abschnitten klare Zusammenhänge<br />
247
ergeben. Auch wenn eine gewisse Veränderung der<br />
Wälder durch menschliche Einflüsse bis zur Mitte des<br />
vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts angenommen wird, haben die<br />
Untersuchungen doch differenziertere Angaben über<br />
die Baumartenzusammensetzung erbracht, als Pollenanalyse<br />
<strong>und</strong> Vegetationsk<strong>und</strong>e liefern können. Aufbauend<br />
auf der Standortskarte lassen sich nun für fast<br />
die gesamte Fläche des <strong>Nationalpark</strong>gebietes annähernde<br />
Aussagen über die ursprünglichen Baumartenanteile<br />
der Wälder machen. Es istzu hoffen, daß darüber<br />
hinaus in absehbarer Zeit, beispielsweise durch<br />
pollenanalytische Untersuchungen geklärt wird, wie<br />
stark die Zusammensetzung des <strong>Wald</strong>es sich bis zur<br />
Mitte des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts unter dem Einfluß des<br />
Menschen bereits verändert hatte.<br />
7.5 Baumdimensionen<br />
Zum Abschluß sei noch einiges über die Ausmaße gesagt,<br />
die Bäume im Inneren Bayerischen <strong>Wald</strong> erreichen<br />
können. Am Ende des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts kamen<br />
urwüchsige Bestände noch auf wesentlich größeren<br />
Flächen vor als heute. Aus RAESFELDT (1894) ist<br />
daher die Tabelle 65 übernommen. Die größeren Ausmaße<br />
sind nach Höhe (55 m), Durchmesser in Brusthöhe<br />
(170 cm) <strong>und</strong> Holzmasse (36,9 fm) für die Weißtanne<br />
angegeben. Bei der Fichte sind als größte Baumhöhe<br />
49 m, bei der Buche 48 m genannt.<br />
Diese gewaltigen Ausmaße zeigen, zu welcher Größe<br />
Fichten, Tannen <strong>und</strong> Buchen im Inneren Bayerischen<br />
<strong>Wald</strong> heranwachsen, wenn sie alt genug werden können;<br />
sie beweisen auch, wie günstig die Standorte für<br />
das Wachstum der <strong>Wald</strong>bäume in diesem Gebiet sind.<br />
249
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SCHRAMM, A, 1965: Extreme Witterungsverhältnisse im 18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert im Bayerischen <strong>Wald</strong>, Der Bayerwald 57, <strong>Heft</strong> 2, .<br />
77-79<br />
STREBEL, 0., 1960: Mineralstoffernährung <strong>und</strong> Wuchsleistung<br />
von Fichtenbeständen (Picea Abies) in Bayern, Forstwiss.<br />
Centralbl. 79, 17-42<br />
STREBEL, 0., 1961: Nadelanalytische Untersuchungen an<br />
Fichten-Altbeständen sehr guter Wuchsleistung im bayerischen<br />
Alpenvorland, Forstwiss. Centralbl. 80, 344-352<br />
TEICH MANN, U., 1984: Die Ermittlung des Gebietsniederschlages<br />
zur Lösung hydrologischer Bilanzen, Wasserhaushalt<br />
<strong>und</strong> Stoffbilanzen im naturnahen Einzugsgebiet Große<br />
Ohe, Nr. 1, 89 S.<br />
253
TRAUTMANN, W., 1952 (a): Pflanzensoziologische Untersuchungen<br />
der Fichtenwälder des Bayerischen <strong>Wald</strong>es, Forstwiss.<br />
Centralbl. 71,289-313<br />
TRAUTMANN, w., 1952 (b): Pollenanalytische Untersuchungen<br />
über die Fichtenwälder des Bayerischen <strong>Wald</strong>es,<br />
Planta 41, 83-124<br />
TROLL, C., 1944: Strukturböden, Solifluktion <strong>und</strong> Frostklimate<br />
der Erde, Geologische R<strong>und</strong>schau 34, 545-694<br />
TROLL, C., 1947: Die Formen der Solifluktion <strong>und</strong> die periglaziale<br />
Bodenabtragung, Erdk<strong>und</strong>e 1, 162-175<br />
TROLL, C., 1948: Der subnivale oder periglaziale Zyklus der<br />
Denudation, Erdk<strong>und</strong>e 2, 1-21<br />
TROLL, C., u. a. 1967: Führer zu geologisch-petrographisehen<br />
Exkursionen im Bayerischen <strong>Wald</strong>, Teil I: Aufschlüsse<br />
im Mittel- <strong>und</strong> Ostteil, Geologica Bavarica, Nr. 58<br />
VANGEROW, H.-H., LÖW, H., WALDHERR, M., 1979: Die Forstleute<br />
im <strong>Wald</strong> zwischen Rachel <strong>und</strong> Lusen, Der Forst- <strong>und</strong><br />
Holzwirt (Sonderdruck) 34. Jahrgang, Nr. 11, 5 S.<br />
WAGNER, P., 1897: Die Seen des Böhmerwaldes, Wissenschaftl.<br />
Veröffentl. des Vereins für Erdk<strong>und</strong>e zu Leipzig<br />
4, 1-89<br />
WALDMANN, G., 1959: Schnee <strong>und</strong> Bodenfrost als Standortsfaktoren<br />
am Großen Falkenstein, Forstwiss. Centralbl. 78,<br />
98-108<br />
WEHRMANN, J., 1959 (a) : Methodische Untersuchungen zur<br />
254<br />
Durchführung von Nadelanalysen in Kiefernbeständen,<br />
Forstwiss. Centralbl. 78, 77-97<br />
WEHRMANN, J., 1959 (b) : Die Mineralstoffernährung von Kiefernbeständen<br />
(Pinus silvestris) in Bayern, Forstwiss. Centralbl.<br />
78,129-149<br />
WEHRMANN, J., 1961 : Die Auswirkungen der Trockenheit<br />
von 1959 auf die Nährelementversorgung bayerischer Kiefern<br />
bestände, Forstwiss. Centralbl. 80, 272-287<br />
WEHRMANN, J., 1963: Nadelanalytische Untersuchung eines<br />
Fichtendüngungsversuches auf Hochmoor, Die Phosphorsäure<br />
23, 215-230<br />
WEINLÄNDER, A., 1959: Niederschlag <strong>und</strong> Geländegestaltung,<br />
Meteorol. R<strong>und</strong>schau 12, 120-126<br />
WOLDSTEDT, P., 1958: Das Eiszeitalter, 11. Band, Stuttgart<br />
WOLDSTEDT, P., 1961 : Das Eiszeitalter, I. Band, Stuttgart<br />
ZECH, w., 1979: Eiszeitliche Bodenbildung im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>, <strong>Nationalpark</strong>, Nr. 22 (1/79), S. 17-19.<br />
ZEITHAMMER, L. M., 1896: Land <strong>und</strong> Leute des Böhmerwaldes,<br />
Winterberg<br />
ZÖTTL, H., 1964: <strong>Wald</strong>standort <strong>und</strong> Düngung, Centralbl. f. d.<br />
gesamte Forstwesen 81, 1-24<br />
ZUKRIGL, K., ECKHART, G. <strong>und</strong> NATHER, J., 1963: Standortsk<strong>und</strong>liehe<br />
<strong>und</strong> waldbauliehe Untersuchungen in Urwaldresten<br />
der niederösterreichischen Kalkalpen, Mitt. d. Forstl.<br />
B<strong>und</strong>es-Versuchsanstalt Mariabrunn, 62, <strong>Heft</strong>
Wissenschaftliche Reihen <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong><br />
Bisher erschienene <strong>Heft</strong>e:<br />
A) "<strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong>"<br />
Nr. l' <strong>Klima</strong> <strong>und</strong> <strong>Böden</strong> - <strong>Wald</strong>standorte, von W. Elling,<br />
E. Bauer, G. Klemm <strong>und</strong> H. Koch,<br />
2. Auflage 1987, 254 Seiten, zahlreiche Tabellen.<br />
Abbildungen, 11 mehrfarbige Karten im Maßstab<br />
1 :50 000 Preis DM 50,-<br />
Nr. 2 Rauhfuß-Hühner von W. Scherzinger, 1976<br />
71 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Tabellen<br />
<strong>und</strong> Grafiken DM 14,-<br />
Nr. 3 Fischotter von I. Hodl-Rohn u. R. Becker, 1978<br />
60 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Tabellen<br />
<strong>und</strong> Grafiken DM 14,-<br />
Nr. 4 Pflanzengesellschaften des <strong>Nationalpark</strong>es<br />
Bayer. <strong>Wald</strong> von R. Petermann <strong>und</strong> P. Seibert, 1979,<br />
142 Seiten, zahlreiche Tabellen, z. T. mehrfarbige<br />
Abbildungen, Vegetationskarte<br />
Maßstab 1 :25000 DM 20,-<br />
Nr. 5 Witterung <strong>und</strong> <strong>Klima</strong> im <strong>Nationalpark</strong> Bayer. <strong>Wald</strong><br />
- dargestellt an hand der dreijährigen Datenreihe<br />
der <strong>Klima</strong>station <strong>Wald</strong>häuser (1974-1976), von<br />
E.-M. Noack, 1979, 132 Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, Tabellen <strong>und</strong> Grafiken DM 17,-<br />
Nr. 6 Eiszeitliche Formen <strong>und</strong> Ablagerungen<br />
von U. Hauner, 1980,<br />
198 Seiten, zahlreiche Grafiken, Karten,<br />
Tabellen <strong>und</strong> z. T. mehrfarbige Abbildungen DM 35,-<br />
Nr. 7 Rot- <strong>und</strong> Rehwild im <strong>Nationalpark</strong> Bayer. <strong>Wald</strong><br />
von U. Wotschikowsky, 1981,<br />
111 Seiten, zahlreiche Tabellen, Grafiken, Abbildungen,<br />
mehrfarbige Karte der Schälschäden DM 17,-<br />
Nr. 8 Sammeln <strong>und</strong> Langlauten im <strong>Nationalpark</strong> Bayer.<br />
<strong>Wald</strong> von U. Ammer, A. Pledl, H. J. Riederer <strong>und</strong><br />
K. Thiele, 1982, 65 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />
Tabellen, Grafiken <strong>und</strong> Karten DM 14,-<br />
Nr. 9 Spechte im <strong>Nationalpark</strong> Bayer. <strong>Wald</strong><br />
von W. Scherzinger, 1982, 119 Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, Grafiken, Tabellen <strong>und</strong> Karten DM 14,-<br />
Nr. 10 Ökologische Wertanalyse - Gutachten zur<br />
<strong>Wald</strong>pflegeplanung im <strong>Nationalpark</strong> Bayer. <strong>Wald</strong> auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage einer ökologischen Wertanalyse von<br />
U. Ammer <strong>und</strong> H. Utschick, 1984, 95 Seiten,<br />
zahlreiche Tabellen, Abbildungen, Grafiken,<br />
4 mehrfarbige Karten im Maßstab 1 :50000 DM 14,-<br />
Nr. 11 Eine Landschaft wird <strong>Nationalpark</strong><br />
Die Geschichte des <strong>Wald</strong>es <strong>und</strong> seiner Besiedlung<br />
von R. Strobl, Entstehungsgeschichte des <strong>Nationalpark</strong>s<br />
Bayer. <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> Entwicklung seit 1969 von<br />
M. Haug, 1983, 135 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />
Karten, umfangreiche Listen der erschienenen<br />
Literatur <strong>und</strong> der laufenden <strong>und</strong> abgeschlossenen<br />
Forschungsarbeiten DM 20,-<br />
Nr. 12 Vögel im Urwald<br />
Die Vogelwelt der Urwaldgebiete im Inneren Bayer.<br />
<strong>Wald</strong> von W. Scherzinger, 1985, 188 Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, Tabellen <strong>und</strong> Grafiken DM 20,-<br />
B) Tagungsberichte<br />
1. Wasserhaushaltssysteme naturnaher, kleiner Einzugsgebiete,<br />
25.-27. Mai 1978, 134 Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, Tabellen <strong>und</strong> Grafiken (vergriffen)<br />
2. Forschungsziele, Planung <strong>und</strong> Koordination von<br />
Forschungsprogrammen in mitteleuropäischen<br />
<strong>Nationalpark</strong>en <strong>und</strong> vergleichbaren Schutzgebieten,<br />
25.-27. Mai 1978,98 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />
Tabellen <strong>und</strong> Grafiken DM 17,-<br />
3. Schutz der Tier- <strong>und</strong> Pflanzenwelt <strong>und</strong> ihrer natürlichen<br />
Lebensräume, 22.-26. Juni 1979, 117 Seiten, 1 Tabelle,<br />
10 Abbildungen DM 17,-<br />
4. Naturerieben, Naturerkenntnis, naturk<strong>und</strong>liche Bildung<br />
in <strong>Nationalpark</strong>en <strong>und</strong> vergleichbaren Schutzgebieten<br />
18.-21. Juni 1980, 154 Seiten, zahlreiche Abbildungen,<br />
Tabellen <strong>und</strong> Grafiken DM 22,-<br />
5.1 <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> Wasser<br />
Prozesse im Wasser- <strong>und</strong> Stoffkreislauf von <strong>Wald</strong>gebieten<br />
2.-5. September 1984<br />
Teil I: 385 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Tabellen<br />
<strong>und</strong> Grafiken DM 21,-<br />
5.2 <strong>Wald</strong> <strong>und</strong> Wasser<br />
Prozesse im Wasser- <strong>und</strong> Stoffkreislauf von <strong>Wald</strong>gebieten<br />
2.-5. September 1984<br />
Teil 11 : Wasser- <strong>und</strong> Stoffbilanzen, 682 Seiten, zahlreiche<br />
Abbildungen, Tabellen <strong>und</strong> Grafiken DM 21,-<br />
C) Wasserhaushalt <strong>und</strong> Stoffbilanzen im naturnahen<br />
Einzugsgebiet GroBe Ohe<br />
1. Die Ermittlung des Gebietsniederschlages zur Lösung<br />
hydrologischer Bilanzen von U. Teichmann, 1984,<br />
89 S., 38 Abbildungen, 3 Fotos, 10 Tabellen DM 15,-<br />
2. Säure- <strong>und</strong> Stoffeintrag mit dem Niederschlag von<br />
Marc Bosse, 1987, 168 Seiten, 38 Abbildungen,<br />
16 Tabellen DM 17,-<br />
3. Validierung, Anpassung <strong>und</strong> Modifizierung des forsthydrologischen<br />
Modells BROOK von Martin Kennel<br />
1987, 178 Seiten, 23 Abbildungen, 12 Tabellen DM '17,-<br />
255