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16<br />
MBO-Archiv<br />
Drei Tage später konnten die Teile vor<br />
Ort eingebaut werden. Die nächste Panne<br />
war eine durch Schmutzwasser und<br />
Schlamm defekte Lichtmaschine.<br />
Knöcheltiefer Schlamm, Legionen von<br />
Stechmücken und eine Kakofonie beunruhigender<br />
Urwaldgeräusche bildeten<br />
kein verlockendes Umfeld für eine Reparatur.<br />
Das Begleitfahrzeug spendete deswegen<br />
über die Starthilfekabel alle zehn<br />
Minuten so viel Strom, dass mit vielen Ladepausen<br />
die nächste Ortschaft erreicht<br />
wurde. Ohne Licht und sonstige Verbraucher.<br />
Die zum Fenster hinaus gehaltene<br />
Maglite musste reichen, um auf dem<br />
unwirtlichen Pfad zu bleiben.<br />
Der örtliche Trödelmarkt südamerikanischer<br />
Provenienz bot sich als einzige<br />
Einkaufsmöglichkeit an. Der Besitzer der<br />
lokalen Autowerkstatt, dessen Spezialität<br />
die Instandsetzung mindestens 20 Jahre<br />
alter Traktoren war, machte sich auf den<br />
Weg. Zwei Kohlen für die Lichtmaschine<br />
eines Landrovers waren seine Beute und<br />
er versprach, diese mit dem Messer zurechtzuschnitzen<br />
und passende Kabel<br />
anzulöten. Zum Glück stellte sich beim<br />
Ausbau der vorhandenen Exemplare heraus,<br />
dass die vorhandenen Kohlen noch<br />
intakt waren: Vom Wasser der Flussdurchfahrten<br />
zurückgedrückt, hatten sie<br />
sich nur verkantet und mussten wieder<br />
in Position gebracht werden.<br />
Eine der positiven Erfahrungen in Südamerika<br />
blieb für einen Raucher auch die<br />
erste Zigarette seit Jahren auf über 5.000<br />
Metern. Diese Höhe forderte aber nicht<br />
nur die Lungen, sondern auch das Fahrzeug:<br />
Auf exakt 5.031 Metern blieb der G<br />
500 antriebslos im Aschefeld des nahen<br />
Vulkans stehen. Zwei Zigaretten und ein<br />
Dosenbier später ging es letztlich weiter<br />
– das bei diesen Druckverhältnissen und<br />
der Hitze zu dünn gewordene Wandleröl<br />
musste abkühlen.<br />
Aber nicht nur Höhen, die sonst Alpinisten<br />
und Fluggästen vorbehalten bleiben,<br />
erlebte der G in seiner bewegten Geschichte.<br />
Auch Tiefen.<br />
Minus 403 Meter zeigte das GPS-Gerät<br />
bei der Fahrt entlang des Toten Meeres<br />
an. Auch extreme Temperaturen erhöhten<br />
die Qualen für Mann und Wagen:<br />
Schweißtreibende 30 oder 40 Grad Cel-<br />
■ Kreuz und quer um die Welt<br />
sius im Oman, Libyen oder, gepaart mit<br />
einer Luftfeuchtigkeit nahe der 100 Prozent,<br />
in Brasilien blieben beiden so wenig erspart<br />
wie Tage mit über 60 Grad auf dem<br />
Thermometer an der Grenze zu Algerien<br />
und minus 43 Grad auf der Route von Rovaniemi<br />
über den Polarkreis. Das Buch<br />
„1.000 places to see before you die“ von Patricia<br />
Schultz führt auf, was ein Mensch<br />
in seinem langen Leben alles sehen sollte.<br />
Der bei „Mercedes-Benz Offroad“ intern<br />
nur als „MB-502“ geführte G 500 war<br />
dort. Nicht an allen tausend Zielen, aber<br />
an vielen. Er rollte durch die Ruinen von<br />
Apamea in Syrien, fuhr über Palmyra, Petra,<br />
durch das Wadi Rhum, über den Sinai,<br />
zu den Pyramiden von Ägypten, umrundete<br />
die große Syrte, durchkreuzte die Mehrzahl<br />
der europäischen Länder bis zum<br />
westlichsten Punkt auf der Insel Irland,<br />
parkte vor den Ruinen des Palasts von<br />
Dschingis Khan in der Mongolei oder bei<br />
den Überresten von Troja in der Türkei,<br />
durchquerte Steppen, Wüsten, Salzseen,<br />
die Tundra und den Dschungel. Viel mehr<br />
kann ein Geländewagen nicht erleben.<br />
Eigentlich hätte er das Gnadenbrot in<br />
einer schönen, trockenen und beheizten<br />
MAGAZIN<br />
17<br />
Garage verdient. Angeschlossen an ein<br />
Batterie-Erhaltungsgerät und mit dem<br />
Recht auf regelmäßige, aber wenig strapaziöse<br />
Ausritte ins heimische Umfeld.<br />
Was eine G-Klasse von einem Pferd<br />
unterscheidet? Investiert man in eine<br />
neue Lackierung, um die Steinschläge,<br />
Kratzspuren von Ästen und die leichten<br />
Kaltverformungen von verschärften Geländeeinsätzen<br />
zu retuschieren, spendiert<br />
ihm einen Satz neue Stoßdämpfer,<br />
schweißt ein paar durch die Strapazen<br />
entstandene Risse an Scharnieren und<br />
gönnt ihm einen kompletten Check der<br />
lebenserhaltenden Aggregate – und<br />
schon wird aus einer betagten Mähre<br />
wieder ein kraftstrotzendes Arbeitstier<br />
für Alltag und Freizeit.