Hirntumor-Brochure - bobspage.at
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<strong>Hirntumor</strong>en<br />
Inform<strong>at</strong>ionen über Erkrankung und Therapie<br />
Ein Leitfaden für<br />
P<strong>at</strong>ienten und Angehörige
2<br />
Impressum<br />
Text: Dr. P. Ortner, München<br />
Dr. B. Feldmann, Hamburg<br />
Medizinische Ber<strong>at</strong>ung:<br />
Prof. Dr. med. P. Feyer,<br />
Chefärztin der Klinik für Radioonkologie, Strahlentherapie<br />
und Nuklearmedizin, Klinikum Berlin-Neukölln<br />
Dr. med. A. Heinitz,<br />
Oberarzt der Abt. für Neurochirurgie, Krankenhaus<br />
Friedrichshain, Berlin<br />
PD Dr. med. U. Herrlinger<br />
Oberarzt am Zentrum für Neurologie der<br />
Universität Tübingen
Inhaltsverzeichnis<br />
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Einleitung<br />
Diagnose „Tumor“ – was bedeutet das?<br />
Weshalb bin gerade ich betroffen?<br />
Warum <strong>Hirntumor</strong>en etwas anders sind<br />
Das ZNS und sein Aufbau<br />
Gutartig – bösartig: was bedeutet das praktisch?<br />
Verschiedene Arten von Tumoren im Gehirn<br />
– Meningeome<br />
– Hämangiome<br />
– Neurinome<br />
– Hypophysenadenome<br />
– Gliome<br />
– Medulloblastome<br />
– Lymphome<br />
– Hirnmetastasen<br />
– Standardbehandlung glialer Tumoren<br />
Symptome<br />
Kopfschmerzen<br />
Übelkeit und Erbrechen<br />
Sehstörungen<br />
Krampfanfälle<br />
Bewegungsstörungen<br />
Empfindungsstörungen<br />
Müdigkeit und Erschöpfung<br />
Psychische Veränderungen<br />
Schmerzen<br />
Umgang mit den Symptomen der Krankheit<br />
Seite 7<br />
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Diagnose<br />
Die allgemeine Untersuchung<br />
Die neurologische Untersuchung<br />
Das Computertomogramm (CT)<br />
Die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (NMR/MRI)<br />
Nuklearmedizinische Verfahren: PET und SPECT<br />
Die Angiographie<br />
Die Liquorpunktion<br />
Die Biopsie<br />
Therapie<br />
Überblick<br />
Worauf beruht die Therapie?<br />
Therapieplanung<br />
Wie läuft die Behandlung ab?<br />
Die Behandlungsverfahren<br />
Die Oper<strong>at</strong>ion<br />
– Das Ziel der Oper<strong>at</strong>ion<br />
– Welche Probleme sind mit der Oper<strong>at</strong>ion verbunden?<br />
Die Bestrahlung<br />
– Strahlentherapeutische Verfahren<br />
Die Chemotherapie<br />
– Was versteht man unter Chemotherapie?<br />
– Wann wird bei <strong>Hirntumor</strong>en eine Chemotherapie durchgeführt?<br />
– Was muss ich bei einer Chemotherapie befürchten?<br />
– Wie läuft eine Chemotherapie ab?<br />
– Welche Medikamente gibt es?<br />
– Welche Nebenwirkungen können bei der Chemotherapie<br />
auftreten?<br />
– P<strong>at</strong>iententagebuch<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
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Inhaltsverzeichnis<br />
Altern<strong>at</strong>ive Behandlungsformen<br />
Der therapeutische Weg – welcher Arzt ist wann zuständig?<br />
Was Sie über klinische Studien wissen sollten<br />
Leben mit der Krankheit<br />
Wenn Sie Angehöriger eines <strong>Hirntumor</strong>p<strong>at</strong>ienten sind<br />
Welche Pflege kann erforderlich werden?<br />
Hilfe bei der Pflege eines tumorkranken Menschen<br />
Psychosoziale Unterstützung<br />
Die Krankheit bewältigen<br />
Begriffserklärungen<br />
Wichtige Adressen<br />
Liter<strong>at</strong>ur & Internet<br />
– Empfohlene Bücher<br />
– Inform<strong>at</strong>ionen im Internet<br />
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Inform<strong>at</strong>ionen<br />
über die Erkrankung<br />
Einleitung<br />
W<br />
enn die Diagnose „Tumor“ gestellt wird, tauchen sehr viele Fragen auf:<br />
Wie ist die Prognose dieser Krankheit? Welche Behandlungsmöglichkeiten<br />
sind üblich? Wird eine Behandlung meine Lebensaussichten wirklich<br />
verbessern? Gibt es Altern<strong>at</strong>iven? Welche Nebenwirkungen muss ich erwarten?<br />
Die Entscheidungen, die Sie treffen müssen, werden schwierig sein, denn<br />
nur ein Teil der Faktoren, die auf den weiteren Verlauf Einfluss nehmen<br />
werden, lässt sich vorhersehen. Je mehr Sie über Ihre Erkrankung mit den<br />
Möglichkeiten zur Diagnose und Behandlung und über den Verlauf wissen,<br />
umso sicherer werden Sie sich fühlen können, umso genauer werden die<br />
Fragen an Ihren Arzt sein können – und damit die Antworten, die Sie erhalten.<br />
Wir möchten Ihnen mit dieser Broschüre eine Grundlage geben, die Ihnen als<br />
Inform<strong>at</strong>ionsquelle und R<strong>at</strong>geber hilfreich sein kann.<br />
Diagnose „Tumor“ – was bedeutet das?<br />
W<br />
enn im Gespräch mit dem Arzt der Begriff „Tumor“ fällt, so wird jeder<br />
zunächst erschrecken, den es im weitesten Sinne betreffen kann: der<br />
P<strong>at</strong>ient selbst, Freunde, Angehörige. Der erste Gedanke, der sich diesem<br />
Begriff wie von selbst zuordnet, betrifft Leiden, Schmerzen, Hilflosigkeit,<br />
Abhängigkeit, vielleicht sogar den Tod oder – noch schlimmer – das Sterben.<br />
Nicht alle Tumoren sind jedoch gleich, vor allem sind sie nicht gleich bösartig<br />
oder gar in jedem Fall „unheilbar“: Viele der als bösartig bezeichneten<br />
Tumoren lassen sich heute so behandeln, dass der Tumor sich zurückbildet<br />
und nicht wieder auftritt oder der Krankheitsverlauf um Jahre verzögert wird.<br />
7
8<br />
WWeshalb bin gerade ich betroffen?<br />
er von einer schweren Krankheit betroffen ist, fragt sehr oft nach dem<br />
Warum. Nicht in allen Fällen lässt sich entscheiden, warum eine Krankheit<br />
ausgebrochen ist, denn selbst der Kontakt mit einem Krankheitserreger<br />
führt nicht zwangsläufig zum Ausbruch der Krankheit.<br />
Für die Mehrzahl der Krebserkrankungen lassen sich bis heute keine eindeutigen<br />
Ursachen benennen. Für einige Krebsarten sind Faktoren bekannt, die<br />
in unterschiedlich starkem Maße zu ihrer Entstehung beitragen. So werden<br />
vom Lungenkrebs überwiegend Raucher betroffen, bei Krebserkrankungen<br />
des Kehlkopfes spielen Tabakrauch und hochprozentige alkoholische<br />
Getränke eine Rolle. Trotzdem kennt jeder mindestens einen Raucher, der<br />
90 Jahre alt geworden ist, oder einen Menschen, der an Lungenkrebs erkrankt<br />
ist, obwohl er nie im Leben eine Zigarette geraucht h<strong>at</strong>. Häufig kommen<br />
mehrere Faktoren zusammen, damit die Krankheit t<strong>at</strong>sächlich ausbricht,<br />
und die T<strong>at</strong>sache, dass wir einen dieser Faktoren kennen, bedeutet nicht,<br />
dass dieser Umstand immer und ausschließlich die Ursache darstellt.<br />
Gerade für <strong>Hirntumor</strong>en sind bisher kaum auslösende Faktoren bekannt<br />
geworden. Weder eine familiäre Veranlagung noch die Lebensführung oder<br />
seelische Belastungen stehen mit der Entstehung von <strong>Hirntumor</strong>en in eindeutigem<br />
Zusammenhang.<br />
Warum <strong>Hirntumor</strong>en etwas anders sind<br />
W<br />
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
ie in anderen Organen, können sich auch im Gehirn aus den verschiedenen<br />
Schutz- und Versorgungsgeweben Tumoren entwickeln. Eine<br />
Besonderheit des zentralen Nervensystems (ZNS) ist jedoch seine gut geschützte<br />
Lage innerhalb des Schädels bzw. des Rückenmarkkanals. Beides
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
stellt eine sehr stabile Hülle dar, die einer Ausdehnung keinen Raum lässt.<br />
Jedes Wachstum innerhalb des Schädels (und auch des Rückenmarks) führt<br />
daher zu Druck auf die Nervenstrukturen und damit zu Ausfallerscheinungen<br />
im Nervensystem. Unabhängig davon, wie dieser Druck entstanden ist, ob<br />
durch eine Blutung im Inneren des Schädels, durch einen gutartigen oder<br />
einen bösartigen Tumor: Sind die gleichen Strukturen des ZNS betroffen, so<br />
ähneln sich auch die Symptome. Diese T<strong>at</strong>sache rel<strong>at</strong>iviert den Unterschied<br />
zwischen gut- und bösartigen Tumoren. Die Symptome reichen von kaum<br />
merklichen oder sehr unspezifischen Erscheinungen wie Kopfschmerzen,<br />
Konzentr<strong>at</strong>ionsstörungen, Übelkeit und Erbrechen über Wesensveränderungen<br />
bis hin zu Sehstörungen, Taubheitsgefühlen, Lähmungen oder Bewusstseinsstörungen.<br />
Außer durch die besondere Symptom<strong>at</strong>ik zeichnen sich <strong>Hirntumor</strong>en durch<br />
eine weitere Eigenschaft aus: sie bilden so gut wie nie Absiedelungen<br />
(Metastasen) in andere Organe. Im Gegens<strong>at</strong>z dazu gibt es aber zahlreiche<br />
Tumorarten, deren Metastasen im Gehirn wachsen, z.B. Brust- oder Lungenkrebs.<br />
Auch durch diese Besonderheit weichen <strong>Hirntumor</strong>en etwas vom üblichen<br />
Verständnis des Begriffes „Krebs“ ab, der im Sprachgebrauch immer<br />
für Tumoren mit der Fähigkeit zur Metastasenbildung verwendet wird.<br />
Das ZNS und sein Aufbau<br />
Z<br />
um zentralen Nervensystem, dem ZNS, zählen Gehirn und Rückenmark.<br />
Das Gehirn liegt im Schädel, das Rückenmark im Wirbelkanal, einem<br />
Hohlraum, den die knöcherne Wirbelsäule bildet. Das gesamte ZNS ist umgeben<br />
von einer harten und einer weichen Hirnhaut. Beide Hirnhäute zusammen<br />
werden auch als Meningen bezeichnet. Zum Schutz vor Stößen ist das<br />
ZNS außerdem umgeben von Flüssigkeit, dem Hirnwasser oder Liquor.<br />
9
10 Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Das eigentliche ZNS wird von Nervenzellen und Nervenscheiden gebildet.<br />
Die Nervenzellen selbst bilden die graue Substanz. Sie ist umgeben von einer<br />
fetthaltigen weißen Substanz, dem Myelin, das von den Zellen der Nervenscheiden<br />
gebildet wird. Es gilt als Stützgewebe der Nervenzellen und wird<br />
auch als „Gliasubstanz“ oder „Neuroglia“ bezeichnet.<br />
Thalamus Hirnrinde<br />
(Großhirn)<br />
Mittelhirn<br />
Brücke<br />
vierter Ventrikel<br />
Medulla oblong<strong>at</strong>a<br />
(verlängertes Mark)<br />
Kleinhirn<br />
Abbildung:<br />
Aufbau des Gehirns<br />
im Längsschnitt<br />
Damit nicht alles, was der Körper aufnimmt, in das empfindliche ZNS gelangt,<br />
ist der Blutkreislauf vom Hirn und vom Liquor durch die Blut-Hirn-Schranke<br />
getrennt. Die meisten Medikamente sind nicht in der Lage, die Blut-Hirn-<br />
Schranke zu überwinden, sie sind nicht „liquorgängig“.<br />
Jeder einzelne Nerv, der Empfindungen und Körperfunktionen steuert, h<strong>at</strong><br />
nicht nur seinen Ursprung im ZNS, sondern ist dort auch mit zahlreichen<br />
anderen Nerven verschaltet. Man unterscheidet Nerven, die Reize von<br />
außen zum ZNS leiten (so genannte „afferente“ oder „sensible“ Nerven)<br />
und Nerven, die Reize vom ZNS nach außen leiten (so genannte „efferente“<br />
oder „motorische“ Nerven), wodurch bestimmte Reaktionen, z.B. Muskelreaktionen,<br />
ausgelöst werden.
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Jede Region des Gehirns ist für bestimmte Funktionen zuständig. Ist diese<br />
Region geschädigt, so spiegelt sich das in Störungen der entsprechenden<br />
Funktion wider. Eine gezielte neurologische Untersuchung ermöglicht daher<br />
eine rel<strong>at</strong>iv genaue Voraussage darüber, in welcher Region des Gehirns ein<br />
Schaden vorliegt.<br />
Stirnlappen<br />
(Frontallappen)<br />
Schläfenlappen<br />
(Temporallappen)<br />
Brücke<br />
Medulla oblong<strong>at</strong>a<br />
(verlängertes Mark)<br />
Gedanken<br />
Verknüpfungen<br />
Verhalten<br />
Erinnerung<br />
Geruch<br />
Motorik<br />
Verhalten<br />
Erinnerung<br />
Hör- und<br />
Sehbahnen<br />
Gefühl<br />
Sensibilität<br />
Sinnesempfindungen<br />
räumliche Orientierung<br />
Scheitellappen<br />
(Parietallappen)<br />
Ein Ers<strong>at</strong>z der ausgefallenen Funktion durch Übertragung der entsprechenden<br />
Aufgaben auf andere Regionen ist nur ausnahmsweise möglich und<br />
erfordert immer einen erneuten, langwierigen Lernprozess.<br />
Hören<br />
links*: Sprechen<br />
Bewegung, Empfindung<br />
rechts*: Abstraktionsvermögen<br />
Sehen<br />
Abbildung: Funktionen der verschiedenen Hirnregionen<br />
Hinterhauptslappen<br />
(Okzipitallappen)<br />
Kleinhirn<br />
Gleichgewicht<br />
Bewegungskoordin<strong>at</strong>ion<br />
*bei Rechtshändern<br />
11
12 Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Gutartig – bösartig: was bedeutet das praktisch?<br />
W<br />
ie überall, so können auch im Hirn gutartige (so genannte „benigne“)<br />
und bösartige – „maligne“ – Tumore auftreten. Die Art des Tumors<br />
bestimmt wesentlich den Verlauf der Krankheit.<br />
Während gutartige Tumoren meist langsam wachsen und die umgebenden<br />
Gewebe vor allem durch zunehmenden Druck schädigen, zeichnen sich bösartige<br />
Tumoren durch ein schnelles Wachstum mit der Fähigkeit zum Eindringen<br />
in andere Gewebe (infiltrierendes Wachstum) aus. Sie durchbrechen<br />
die Grenzen zum normalen Gewebe der Umgebung und können die angrenzenden<br />
Strukturen durch Infiltr<strong>at</strong>ion zerstören. Je nach dem Grad der Bösartigkeit<br />
ist das Wachstum dieser Tumoren mehr oder weniger aggressiv und<br />
entartet.<br />
Abbildung: Darstellung eines gutartigen<br />
Meningeoms; gute Abgrenzbarkeit zum<br />
umliegenden Gewebe<br />
Abbildung: Darstellung eines großen,<br />
malignen Glioblastoms; diffuses<br />
Wachstum
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Aus den sehr unterschiedlichen Eigenschaften bösartiger und gutartiger<br />
Tumoren folgt, dass trotz zunächst gleicher oder ähnlicher Symptome die<br />
Behandlungsstr<strong>at</strong>egie in der Regel nicht die gleiche ist. Während bei gutartigen<br />
Tumoren oft schon die alleinige Oper<strong>at</strong>ion zu einer Heilung führt,<br />
muss die Behandlung bösartiger Tumoren darauf gerichtet sein, auch ein<br />
weiteres Wachstum oder ein erneutes Auftreten, ein so genanntes „Rezidiv“,<br />
zu vermeiden.<br />
In welchem Maße ein Tumor zu aggressivem Wachstum neigt, lässt sich zum<br />
Teil auf Grund seiner genauen Gewebebeschaffenheit vorhersagen.<br />
Verschiedene Arten von Tumoren im Gehirn<br />
Meningeome<br />
M<br />
eningeome entwickeln sich aus dem Gewebe, das das Hirngewebe umgibt,<br />
den Meningen. Sie stellen einen großen Teil der <strong>Hirntumor</strong>en dar und<br />
kommen überwiegend bei Menschen im mittleren oder höheren Lebensalter<br />
vor.<br />
Meningeome wachsen sehr langsam; da sie über einen langen Zeitraum<br />
wachsen können, ohne Beschwerden zu verursachen, erfolgt ihre Entdeckung<br />
manchmal nur zufällig. Symptome treten erst dann auf, wenn Druck<br />
auf angrenzende Strukturen des Gehirns ausgeübt wird; die Art der Symptome<br />
hängt davon ab, welche Teile des Hirns betroffen sind, also von der<br />
Lage des Meningeoms im Schädel. Die Mehrzahl der Meningeome wird als<br />
gutartig klassifiziert. Vereinzelt gibt es schneller wachsende Meningeome,<br />
die aber noch als gutartig einzustufen sind und die eine gute Prognose<br />
haben. Bösartig wachsende Meningeome kommen nur in seltenen Aus-<br />
13
14 Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
nahmefällen vor, jedoch ist im Verlauf der Entwicklung eine Entartung, also<br />
ein Übergang vom gutartigen zum bösartigen Charakter, vereinzelt beobachtet<br />
worden. Ein Meningeom, das zunächst nicht behandlungsbedürftig ist,<br />
sollte daher in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.<br />
Im Übrigen hängt die Therapie davon ab, ob Beschwerden bzw. neurologische<br />
Ausfälle auftreten oder nicht. Sie besteht in der Regel in einer oper<strong>at</strong>iven<br />
Entfernung, lediglich wenn eine Oper<strong>at</strong>ion bei besonders ungünstigem<br />
Sitz des Meningeoms nicht möglich ist, wird st<strong>at</strong>t dessen bestrahlt. In Ausnahmefällen<br />
kann auch nach der Oper<strong>at</strong>ion eines Meningeoms eine Nachbestrahlung<br />
erforderlich sein.<br />
H<br />
Hämangiome<br />
ämangiome sind gutartige Tumoren der Blutgefäße. Sie sind in der Regel<br />
angeboren und können an jeder Stelle des Körpers vorkommen. Haben sie<br />
ihren Sitz im Gehirn, so können sie wie andere Tumoren zu Kopfschmerzen<br />
oder manchmal zu Krampfanfällen führen. Oft bleiben Hämangiome des<br />
Gehirns bis ins zweite oder dritte Lebensjahrzehnt unentdeckt.<br />
Die Gefäßwände eines Hämangioms sind weniger stabil und elastisch als die<br />
der regelrechten Versorgungsgefäße. Sie können deswegen bei Belastung,<br />
etwa durch einen Blutdruckanstieg, reißen und zu einer Blutung führen. Da<br />
eine Blutung im Gehirn lebensgefährlich ist, sollten Hämangiome trotz ihres<br />
an sich gutartigen Charakters entfernt werden, sobald sie entdeckt sind.<br />
Hierzu ist nicht unbedingt ein großer oper<strong>at</strong>iver Eingriff erforderlich, oft ist es<br />
möglich, das Hämangiom über eine der großen Arterien zu erreichen und auf<br />
diesem Wege die Blutversorgung des Tumors zu unterbinden. In einigen<br />
Kliniken kommen auch radiologische Verfahren wie Embolis<strong>at</strong>ion oder z.T.<br />
stereotaktische Radiotherapie (sog. Radiochirurgie) zum Eins<strong>at</strong>z.
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Neurinome<br />
N<br />
eurinome entstehen aus Zellen, die die Nervenscheiden bilden, den so<br />
genannten Schwann’schen Zellen. Sie betreffen am häufigsten den Nerv, der<br />
Reize zum Gehör und zum Gleichgewichtsorgan leitet, und werden dann als<br />
„Akustikusneurinome“ bezeichnet. Dementsprechend sind die häufigsten<br />
Symptome Hörstörungen, Ohrgeräusche oder Schwindel. Neurinome sind<br />
ganz überwiegend gutartig, und ihre Entfernung durch Oper<strong>at</strong>ion oder stereotaktische<br />
Bestrahlung bedeutet Heilung.<br />
Hypophysenadenome<br />
H<br />
ypophysenadenome entstehen im Bereich der Hirnanhangdrüse, der<br />
Hypophyse. Da sie in engem räumlichem Zusammenhang mit dem Sehnerv<br />
stehen, kann das erste Symptom eine Sehstörung sein. Manche Hypophysenadenome<br />
produzieren die gleichen Hormone wie die Hirnanhangdrüse<br />
selbst. In diesen Fällen kann es sein, dass die Erkrankung vor allem<br />
durch hormonelle Störungen, wie Menstru<strong>at</strong>ionsstörungen oder Wachstumsstörungen,<br />
gekennzeichnet ist. Hypophysenadenome sind überwiegend<br />
gutartig, und die entstandenen Symptome lassen sich mit einer oper<strong>at</strong>iven<br />
Entfernung des Tumors häufig endgültig beseitigen. Falls ein Rezidiv auftritt,<br />
d.h. dass sich der Tumor erneut bildet, kommt eine Strahlentherapie zum<br />
Eins<strong>at</strong>z.<br />
Gliome<br />
G<br />
liome sind die häufigsten Tumoren; sie entstammen den Stützzellen des<br />
Hirngewebes, den so genannten „Gliazellen“. Ebenso wie es unterschiedliche<br />
Arten dieser Gliazellen gibt, leiten sich von diesen verschiedenen Zell-<br />
15
16 Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
typen auch verschiedenartige Tumoren ab, z.B. Astrozytome, Oligodendrogliome<br />
oder Mischformen aus beiden Zellarten. Am häufigsten sind die<br />
Astrozytome, die von einer sternförmigen Art der Gliazellen, den Astrozyten<br />
(l<strong>at</strong>. aster = Stern), abstammen.<br />
Die Gliome werden nach intern<strong>at</strong>ional gültigen Kriterien, die von der WHO<br />
festgelegt wurden und die das unterschiedliche Wachstumsverhalten bzw.<br />
die Aggressivität beschreiben, in verschiedene Grade eingeteilt. Die<br />
Graduierung reicht von WHO I (gutartiges Verhalten mit rel<strong>at</strong>iv langsamem<br />
Wachstum) bis WHO IV (bösartiges Verhalten mit sehr aggressivem Zellwachstum).<br />
Als bösartigste Form wird das Glioblastom (Gliobastoma multiforme)<br />
angesehen, ein Tumor, der sich durch ein besonders rasches und<br />
aggressiv infiltrierendes Wachstum auszeichnet.<br />
Die Behandlung der Gliome richtet sich nach intern<strong>at</strong>ional anerkannten<br />
Richtlinien, die aber im Rahmen eines individuell abgestimmten Therapiekonzeptes<br />
möglicherweise modifiziert werden. Neben der Oper<strong>at</strong>ion kommen<br />
verschiedene ergänzende Behandlungsformen, vor allem Strahlentherapie<br />
und/oder Chemotherapie, zur Anwendung. Die Tabelle auf Seite 19 gibt eine<br />
allgemeine Übersicht.<br />
Selbst wenn bei der Oper<strong>at</strong>ion der gesamte Tumor entfernt werden konnte,<br />
erfolgt bei höhergradigen Tumoren (Grad III und IV) häufig noch eine anschließende<br />
Behandlung entweder mit einer Bestrahlung und/oder einer<br />
Chemotherapie, um das Risiko eines Neuwachstums des Tumors zu verringern.<br />
Zum Teil ist auch die Kombin<strong>at</strong>ion beider Methoden sinnvoll. Eine solche<br />
Behandlung, die nach einer vorausgegangenen, dem äußeren Anschein<br />
nach vollständigen oper<strong>at</strong>iven Entfernung durchgeführt wird, bezeichnet<br />
man als „adjuvante“ Behandlung.
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Eine Nachbehandlung ist vor allem dann erforderlich, wenn eine vollständige<br />
oper<strong>at</strong>ive Entfernung des Tumors technisch nicht möglich war, z.B. wegen<br />
seiner schlechten Zugänglichkeit. Verbliebene Tumorreste können sich unter<br />
einer Bestrahlung vollständig zurückbilden.<br />
Medulloblastome<br />
M<br />
edulloblastome sind Tumoren, die fast ausschließlich im Kindes- und<br />
Jugendalter auftreten. Es sind Tumoren des Kleinhirns, das vor allem für die<br />
Koordin<strong>at</strong>ion von Bewegungsabläufen verantwortlich ist.<br />
Obwohl es sich beim Medulloblastom um einen sehr bösartigen Tumor handelt,<br />
sind die Therapiemöglichkeiten inzwischen so weit vorangeschritten,<br />
dass jedes zweite der betroffenen Kinder mit einer Kombin<strong>at</strong>ion von Oper<strong>at</strong>ion,<br />
Chemotherapie und Strahlentherapie geheilt wird.<br />
Lymphome<br />
L ymphome stammen nicht von Geweben des Hirns, sondern vom lymph<strong>at</strong>ischen<br />
System, dem Abwehrsystem des Körpers, ab. Diese Tumoren können<br />
im Gehirn ebenso wie in allen anderen Körperregionen entstehen. Lymphome<br />
des Gehirns werden ebenso wie andere Lymphome mit Chemotherapie oder<br />
Bestrahlung, zum Teil auch mit einer Kombin<strong>at</strong>ion beider Verfahren behandelt.<br />
17
18 Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Hirnmetastasen<br />
Hirnmetastasen<br />
sind Absiedelungen, genannt „Metastasen“, von Tumoren,<br />
die zuerst in der Lunge, der Brust oder in anderen Organen aufgetreten<br />
sind. Diese so genannten „Primärtumoren“ können sich über das Lymphsystem<br />
und das Blut ausbreiten und Metastasen in anderen Organen oder<br />
Geweben und auch im Gehirn bilden. Das biologische Verhalten dieser<br />
Hirnmetastasen ähnelt weitgehend dem des Primärtumors; mit den hirneigenen<br />
Tumoren, die primär im Gehirn aufgetreten sind, haben sie nur wenig<br />
gemeinsam.
Inform<strong>at</strong>ionen über die Erkrankung<br />
Standardbehandlungen glialer Tumoren*<br />
Tabelle: *Standard tre<strong>at</strong>ments for glial tumors.<br />
Therapie bei Erstdiagnose Therapie des Rezidivs<br />
(Primärtherapie)<br />
Pilozytische Astrozytome Oper<strong>at</strong>ion Re-Oper<strong>at</strong>ion<br />
(WHO Grad I) Strahlentherapie wenn<br />
Oper<strong>at</strong>ion nicht möglich<br />
Diffuse Astrozytome Oper<strong>at</strong>ion Oper<strong>at</strong>ion<br />
(WHO Grad II) Biopsie und Beobachtung Strahlentherapie<br />
(„wait-and-see“) (Chemotherapie)<br />
Biopsie und Strahlentherapie<br />
Oligodendrogliome Oper<strong>at</strong>ion und Oper<strong>at</strong>ion und<br />
und Oligoastrozytome Nachbeobachtung oder Chemotherapie oder<br />
(WHO Grad II) Chemotherapie Strahlentherapie<br />
Anaplastische Oper<strong>at</strong>ion plus Re-Oper<strong>at</strong>ion plus<br />
Astrozytome Strahlentherapie Chemotherapie oder<br />
(WHO Grad III) (Chemotherapie) stereotaktische<br />
Bestrahlung<br />
Anaplastische Oper<strong>at</strong>ion gefolgt von Oper<strong>at</strong>ion und<br />
Oligodendrogliome Chemotherapie Chemotherapie oder<br />
und Oligoastrozytome Strahlentherapie<br />
(WHO Grad III)<br />
Glioblastome Oper<strong>at</strong>ion (oder Biopsie) (Re-Oper<strong>at</strong>ion plus)<br />
(WHO Grad IV) plus Strahlentherapie Chemotherapie oder<br />
(Chemotherapie) stereotaktische<br />
Bestrahlung<br />
Nach: Weller, M., und Thomas, D.G.T. Primary tumors of the central and peripheral nervous system.<br />
In: Course and Tre<strong>at</strong>ment of Neurological Disorders. Academic Press, San Diego, CA, USA, 2001, Chapter 62.<br />
19
Symptome<br />
Symptome, durch die sich ein <strong>Hirntumor</strong> bemerkbar macht, sind nicht so<br />
sehr von der Art des Tumors, sondern vor allem von seiner Lage und den<br />
betroffenen Hirnregionen abhängig. Art und Ort der Funktionsbeeinträchtigung<br />
lassen in der Regel auf die Lage des Tumors schließen.<br />
Kopfschmerzen<br />
F<br />
rühzeichen eines <strong>Hirntumor</strong>s sind häufig unspezifisch. Eines der häufigsten<br />
Frühsymptome bei Gehirntumoren sind Kopfschmerzen. Sie entstehen<br />
durch einen Anstieg des Schädelinnendrucks, da bereits ein geringes Tumorwachstum<br />
den Liquorraum einengt und damit den Druck erhöht.<br />
Kopfschmerzen bei <strong>Hirntumor</strong>en<br />
treten oft nachts oder in den frühen<br />
Morgenstunden auf und bessern<br />
sich im Laufe des Tages. Sie können<br />
in rel<strong>at</strong>iv kurzer Zeit an Stärke zunehmen<br />
und sind nicht selten mit<br />
Übelkeit und Erbrechen verbunden.<br />
Für die meisten P<strong>at</strong>ienten sind diese<br />
Beschwerden neu und anders als<br />
die bisher erlebten Kopfschmerzen.<br />
Neu auftretende, ungewohnte oder<br />
ungewohnt starke Kopfschmerzen,<br />
die nicht nach einiger Zeit von selbst<br />
verschwinden, sind auf jeden Fall<br />
Grund für einen Arztbesuch.<br />
21
22 Symptome<br />
Übelkeit und Erbrechen<br />
E<br />
in weiteres Zeichen von erhöhtem Schädelinnendruck können Übelkeit<br />
und Erbrechen sein. Beides muss nicht in jedem Fall gleichzeitig mit<br />
Kopfschmerzen auftreten.<br />
Sehstörungen<br />
A<br />
uch Sehstörungen können Anzeichen für einen erhöhten Hirndruck<br />
sein; sie können aber bei entsprechender Lokalis<strong>at</strong>ion auftreten, ohne<br />
dass der Hirndruck erhöht ist. Als Symptome können Flimmern vor den<br />
Augen, Gesichtsfeldausfälle oder die Wahrnehmung von Doppelbildern auftreten.<br />
Gleichzeitig können Schwindel, Gleichgewichtsstörungen sowie<br />
Übelkeit und Erbrechen auftreten. Eine genaue augenärztliche und neurologische<br />
Untersuchung kann Klarheit schaffen.<br />
Krampfanfälle<br />
B<br />
ei einer Minderheit der P<strong>at</strong>ienten treten als erste offenkundige Symptome<br />
eines Tumors epileptische Anfälle auf. Der Anfall kann aus völligem<br />
Wohlbefinden heraus auftreten. Manchmal geht eine so genannte „Aura“<br />
voraus, bei der der Betroffene ungewohnte, besondere Wahrnehmungen h<strong>at</strong>.<br />
Auch Empfindungsstörungen oder kurze Episoden geistiger Abwesenheit<br />
können auftreten. Bei einem voll ausgeprägten epileptischen Anfall oder<br />
Krampfanfall kommt es zu unwillkürlichen Zuckungen von Armen oder<br />
Beinen oder einer Körperhälfte. Breitet sich die Krampftätigkeit im Gehirn<br />
aus, so kann es zu Stürzen und Bewusstlosigkeit kommen.
Symptome<br />
Bewegungsstörungen<br />
S<br />
törungen der Bewegungsfähigkeit sind bei <strong>Hirntumor</strong>en, insbesondere<br />
im Frühstadium, eher selten. Im Zusammenhang mit Schwindel oder<br />
Gleichgewichtsstörungen können aber Symptome auftreten, die als Bewegungsstörungen<br />
wahrgenommen werden. Manchmal können umschriebene<br />
Lähmungen, beispielsweise an den Extremitäten, auf die Schädigung<br />
bestimmter Nerven hinweisen.<br />
Empfindungsstörungen<br />
F<br />
ür Störungen der Sensibilität, also der Empfindungsfähigkeit, gilt Ähnliches<br />
wie für Bewegungsstörungen: Schäden an sensiblen Nerven, die<br />
beispielsweise Taubheit in bestimmten Körperregionen verursachen können,<br />
sind bei <strong>Hirntumor</strong>en selten. Andere Störungen, z.B. Missempfindungen wie<br />
Kribbeln oder Ziehen, können im Rahmen von <strong>Hirntumor</strong>en auftreten.<br />
Müdigkeit und Erschöpfung<br />
M<br />
üdigkeit und Erschöpfung können wie bei allen Tumoren oder überhaupt<br />
allen schweren Krankheiten n<strong>at</strong>ürlich auch auftreten. Sie sind<br />
als Krankheitszeichen aber so unspezifisch, dass sie für sich genommen nur<br />
selten zum Anlass genommen werden, den Arzt aufzusuchen.<br />
23
24 Symptome<br />
Psychische Veränderungen<br />
P<br />
sychische Veränderungen und Veränderungen im Wesen fallen eher<br />
Freunden und Angehörigen auf als dem betroffenen P<strong>at</strong>ienten selbst und<br />
können direkte Folge des Tumorleidens sein. Solche Veränderungen lassen<br />
sich aber nur schwer von allgemeinen Reaktionen auf die Krankheit abgrenzen.<br />
Auch kann die Medik<strong>at</strong>ion einen Einfluss auf die Stimmungslage ausüben<br />
und eine Wesensveränderung bewirken.<br />
Schmerzen<br />
S<br />
chmerzen sind, abgesehen von Kopfschmerzen, keine typischen Symptome<br />
eines <strong>Hirntumor</strong>s. Treten sie jedoch auf, müssen sie auf keinen Fall<br />
hingenommen werden. Es ist sehr wichtig, möglichst früh mit einer wirksamen<br />
Schmerzbehandlung zu beginnen. Wenn Schmerzen bereits über<br />
lange Zeit bestanden haben, ist ihre Behandlung deutlich schwieriger und<br />
der Medikamentenbedarf höher.<br />
Umgang mit den Symptomen der Krankheit<br />
D<br />
ie Behandlung des Tumors steht im Mittelpunkt der Therapie. Aber<br />
auch die Behandlung der Symptome ist von erheblicher Bedeutung für<br />
den Verlauf:<br />
Hirndruck, z.B., führt nicht nur zu Kopfschmerzen, sondern kann auch schweres<br />
Erbrechen verursachen, was wiederum zu einem Verlust an Flüssigkeit<br />
und Mineralien, und damit zu einer Schwächung des Körpers, führt. Ein<br />
geschwächter Organismus erträgt eine erforderliche einschneidende
Symptome<br />
Therapie schlechter, und der Mensch, der sich subjektiv schlecht fühlt, wird<br />
die Behandlung ebenfalls nur widerwillig auf sich nehmen.<br />
Wenn schon einmal ein Krampfanfall aufgetreten ist, sollte weiteren Krampfanfällen<br />
mit Medikamenten vorgebeugt werden, denn sie sind immer mit der<br />
Gefahr von Sturz und Verletzung verbunden.<br />
25
Diagnose<br />
Die Diagnose eines Tumorleidens ergibt sich aus einer Reihe von Einzelschritten.<br />
Die ersten Symptome führen zunächst zu einem Verdacht, der<br />
sich erst durch weitere diagnostische Schritte und genauere Verfahren<br />
bestätigen kann. Oft muss man, bevor das weitere Vorgehen festgelegt wird,<br />
die Ergebnisse einer Untersuchung abwarten, und der Prozess der Diagnose<br />
kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken – eine Zeit, die oft von<br />
Unsicherheit und Angst erfüllt ist.<br />
Die allgemeine Untersuchung<br />
Z<br />
u jedem ersten Arztbesuch gehört eine körperliche Untersuchung, bei der<br />
allen Hinweisen, die sich aus der Art der Beschwerden und der Krankengeschichte<br />
(Anamnese) ergeben haben, nachgegangen wird. Im Fall eines<br />
<strong>Hirntumor</strong>s ist es besonders wichtig, dass nicht nur der Kopf untersucht wird,<br />
sondern der ganze Mensch, da die ersten Symptome oft sehr unspezifisch<br />
sind, so dass eine Reihe anderer Erkrankungen durch die Untersuchungen<br />
ausgeschlossen werden muss.<br />
Neben den körperlichen oder klinischen Untersuchungen wird meistens Blut<br />
aus einer Vene entnommen und im Labor auf Zeichen für eine Entzündung,<br />
Blutbildveränderungen, eine chronische Erkrankung oder Störungen bestimmter<br />
Organfunktionen (vor allem Leber und Niere) untersucht.<br />
Die neurologische Untersuchung<br />
D<br />
ie Funktionstüchtigkeit der Nervenbahnen wird mit neurologischen<br />
Untersuchungsverfahren geprüft, für die der Arzt Sie unter Umständen<br />
schon zum neurologischen Facharzt überwiesen h<strong>at</strong>.<br />
27
28 Diagnose<br />
Bei einer neurologischen Untersuchung untersucht der Arzt die Reaktionsfähigkeit<br />
z.B. einzelner Muskelgruppen auf äußere Reize sowie die Fähigkeit,<br />
verschiedene Handlungen miteinander zu koordinieren. Manche dieser<br />
Untersuchungen erscheinen sehr einfach und erinnern zum Teil an Verkehrskontrollen<br />
auf Trunkenheit. T<strong>at</strong>sächlich liefert eine neurologische Untersuchung<br />
zahlreiche Hinweise darauf, ob und wo innerhalb des ZNS eine<br />
Störung vorliegen könnte. Wichtig ist auch die Untersuchung der Augen auf<br />
Beweglichkeit, das Gesichtsfeld und die Reaktion der Pupillen.<br />
Wenn die neurologische Untersuchung den Verdacht ergibt, dass die<br />
geschilderten Beschwerden auf einen krankhaften Prozess im Gehirn<br />
zurückzuführen sind, werden die verschiedenen „bildgebenden Verfahren“<br />
eingesetzt, die eine zum Teil sehr genaue Ansicht des Schädelinneren<br />
ermöglichen. Das einfachste Verfahren ist die Röntgenuntersuchung, die vor<br />
allem eine Beurteilung der knöchernen Schädelstrukturen ermöglicht. Sie<br />
wird heute durch moderne und genauere Verfahren, wie die computergesteuerten<br />
Schichtaufnahmen – das Computertomogramm, CT, und das<br />
Kernspintomogramm – ergänzt, die sehr genaue Darstellungen des Schädelinneren<br />
liefern und als Grundlage für die weitere Behandlungsplanung<br />
dienen.<br />
Schildern Sie beim Arztbesuch so genau wie möglich, welche Beschwerden<br />
Sie haben und wann diese auftreten bzw. aufgetreten sind. Machen Sie sich<br />
vorher Notizen, falls Sie befürchten, etwas zu vergessen oder auszulassen.
Diagnose<br />
DDas Computertomogramm (CT)<br />
as CT ist eine Röntgenuntersuchung, die mit oder ohne Kontrastmittel<br />
durchgeführt werden kann. Es bildet einzelne Schnittebenen durch den<br />
gesamten Schädel ab, so dass man den Kopf vom Scheitel bis zum Hals<br />
Ebene für Ebene beurteilen kann. Die Bilder, die dabei entstehen, wertet ein<br />
entsprechend erfahrener Radiologe aus. Verschiedene Fragestellungen, z.B.<br />
die nach dem Vorliegen einer Hirnblutung, lassen sich mit Hilfe dieser<br />
Methode nach wie vor am besten klären.<br />
Die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (NMR/MRI)<br />
W<br />
ird auch als NMR (für engl.:<br />
Nuclear Magnetic Resonance),<br />
MRI oder MRT (Magnetic Resonance<br />
Imaging oder Magnetresonanztomographie)<br />
bezeichnet. Sie ist<br />
eines der modernsten bildgebenden<br />
Verfahren. Es arbeitet nicht mit<br />
Röntgenstrahlen, sondern mit einem<br />
Magnetfeld, durch das Bilder entstehen,<br />
auf denen auch kleinste<br />
Veränderungen der Gewebestruktur<br />
zu erkennen sind.<br />
Abbildung: Durchführung<br />
einer Magnetresonanztomographie<br />
29
30 Diagnose<br />
Abbildung: Auswertung einer<br />
Magnetresonanztomographie<br />
Die Kernspintomographie wird immer dann eingesetzt, wenn sich im CT ein<br />
verdächtiger Befund ergeben h<strong>at</strong> oder wenn trotz klinischer Symptome im CT<br />
nichts Auffälliges zu erkennen war. Auch zur Planung einer notwendigen<br />
Oper<strong>at</strong>ion oder Radiotherapie wird meist ein NMR angefertigt. Es ermöglicht<br />
die genaue Bestimmung der Lage und der Ausdehnung des zu operierenden<br />
oder zu bestrahlenden Befundes und schafft die Voraussetzungen dafür, den<br />
Eingriff so klein und genau wie möglich zu halten.<br />
Diese Untersuchung dauert länger als eine Computertomographie. Sie stellt<br />
für den P<strong>at</strong>ienten keine Belastung dar, wird aber wegen der Geräuschentwicklung<br />
von vielen als unangenehm empfunden.<br />
Nuklearmedizinische Verfahren: PET und SPECT<br />
D<br />
ie Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Single-Photon-<br />
Emissions-Computertomographie (SPECT) können auf Schnittbildern<br />
des Gehirns die Durchblutungsverhältnisse oder bestimmte Stoffwechselvorgänge<br />
sichtbar machen. So lässt sich z.B. die Versorgung eines Tumors<br />
mit Blut und Nährstoffen verfolgen. Beide Untersuchungsmethoden sind so<br />
speziell, dass sie nicht routinemäßig eingesetzt werden, sie können aber in<br />
manchen Fällen die Tumordiagnostik sinnvoll ergänzen.
Diagnose<br />
Die Angiographie<br />
B<br />
ei der Angiographie werden selektiv die Gefäße eines Versorgungsgebietes<br />
dargestellt. Handelt es sich dabei um die Gefäße, die das Gehirn<br />
versorgen, spricht man von einer „cerebralen Angiographie“.<br />
Dabei wird eine Substanz, die undurchlässig für Röntgenstrahlen ist, in ein<br />
Blutgefäß injiziert, von dem aus sie sich in dem zu untersuchenden Gebiet<br />
verteilt. Macht man kurz darauf eine Röntgenaufnahme, so stellen sich die<br />
Venen und Arterien wie ein Netz dar. Besonders gut kann man mit dieser<br />
Untersuchung die Blutversorgung von Tumoren erkennen. Der Grad der<br />
Gefäßeinsprossung kann zur Aufklärung des Tumortyps beitragen. Eine<br />
Kombin<strong>at</strong>ion von Angiographie und Kernspintomographie stellt die NMR-<br />
Angiographie dar.<br />
Abbildung:<br />
Zerebrale<br />
Angiographie eines<br />
Meningeoms<br />
31
32 Diagnose<br />
Die Liquorpunktion<br />
D<br />
iese Untersuchung wird umgangssprachlich oft mit dem irreführenden<br />
Begriff „Rückenmarkpunktion“ bezeichnet; t<strong>at</strong>sächlich wird bei diesem<br />
Vorgang eine Probe des Liquors, also der Flüssigkeit, die das ZNS umgibt,<br />
genommen. Ärzte und Schwestern sprechen daher korrekt von einer Liquorpunktion<br />
(LP). Die Probenentnahme erfolgt unterhalb des Rückenmarks, so<br />
dass das Rückenmark nicht verletzt werden kann. Dabei wird im unteren<br />
Bereich der Wirbelsäule eine feine Nadel zwischen zwei Wirbeln durch die<br />
harte Rückenmarkhaut hindurch in den Liquorraum eingeführt und eine<br />
Probe entnommen.<br />
Mit einer Untersuchung des Liquors kann man erkennen, ob sich Tumorzellen<br />
gelöst und im Rückenmarkskanal verteilt haben. Solche „meningeale Aussa<strong>at</strong>“<br />
lässt für manche Tumoren Rückschlüsse auf das Stadium zu und h<strong>at</strong><br />
entsprechende Konsequenzen für die Planung der Therapie.<br />
Durch die Manipul<strong>at</strong>ion am Rückenmarkskanal können Kopfschmerzen entstehen.<br />
Die Biopsie<br />
E<br />
ndgültige Klarheit über die Beschaffenheit eines Tumors lässt sich erst<br />
dann gewinnen, wenn der P<strong>at</strong>hologe das Tumorgewebe unter dem<br />
Mikroskop feingeweblich (= histologisch) untersucht und beurteilt h<strong>at</strong>. Diese<br />
Untersuchung kann nach der Oper<strong>at</strong>ion am bereits entfernten Tumor durchgeführt<br />
werden, sie ist aber manchmal zur Planung der weiteren Behandlung<br />
schon vor der eigentlichen Oper<strong>at</strong>ion erforderlich.
Diagnose<br />
In diesen Fällen wird eine Biopsie durchgeführt: Mit einer sehr feinen Nadel<br />
wird eine Probe aus dem verdächtigen Bezirk entnommen, präpariert und<br />
untersucht. Damit die Nadel den im CT oder NMR dargestellten Tumor nicht<br />
verfehlt, wird um den Kopf des P<strong>at</strong>ienten ein so genannter „Stereotaxie-<br />
Rahmen“ befestigt, der als fixes Koordin<strong>at</strong>ionssystem für die Orientierung<br />
innerhalb des Gehirns dient.<br />
33
Therapie<br />
Überblick<br />
D<br />
as Wachstum eines Tumors beruht auf denselben Vorgängen wie das<br />
Wachstum von gesunden Zellen, nämlich auf der Zellteilung. Bei Tumoren<br />
ist dieses Wachstum jedoch entartet, d.h. die Kontrollmechanismen, mit<br />
deren Hilfe der gesunde Organismus diese Vorgänge steuert und eingrenzt,<br />
funktionieren nicht. Das Ziel der Behandlung ist die vollständige Entfernung<br />
des Tumors unter Schonung gesunder Gewebe. Mit einer Oper<strong>at</strong>ion kann<br />
man in vielen Fällen zielgerichtet das kranke Gewebe entfernen; auch mit<br />
strahlentherapeutischen Verfahren ist eine Behandlung unter Schonung des<br />
gesunden Gewebes möglich.<br />
In den Gemeinsamkeiten zwischen gesunden und kranken Zellen liegt die<br />
Problem<strong>at</strong>ik der Behandlung mit Zellgiften, denn die Medikamente greifen –<br />
in unterschiedlichem Ausmaß – gesunde und kranke Zellen an. Man sucht<br />
heute nach Möglichkeiten, auch Medikamente zielgerichtet an den Tumor zu<br />
bringen, ohne dass gesunde Gewebe darunter leiden. Die Unterschiede zwischen<br />
gesunden und entarteten Zellen, die existieren, h<strong>at</strong> die Grundlagenforschung<br />
in den letzten Jahren in zunehmenden Maß identifizieren können.<br />
Jede Besonderheit bösartiger Zellen, die man erkannt h<strong>at</strong>, bietet ein potenzielles<br />
Angriffsziel für eine Behandlung, die Tumorzellen vernichtet, gesunde<br />
Gewebe aber nicht. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung eröffnen daher<br />
Perspektiven für neue, besser verträgliche Therapieformen, deren Entwicklung<br />
allerdings einige Zeit benötigt.<br />
Worauf beruht die Therapie?<br />
Z<br />
iel der verschiedenen Formen der Krebsbehandlung ist es, den Tumor so<br />
weit wie möglich zu entfernen und die Tumorzellen in ihrem Vermehrungs-<br />
und Teilungsprozess anzugreifen. In den meisten Fällen wird daher die<br />
35
36 Therapie<br />
oper<strong>at</strong>ive Entfernung des Tumors der erste Therapieschritt sein. In manchen<br />
Fällen bietet sich schon zu Beginn eine Strahlentherapie als die schonendere<br />
Methode an. Manche Tumoren bilden sich zurück, wenn man sie „aushungert“,<br />
indem man die Gefäßversorgung unterbindet. Hierzu wird ein Blutgefäß,<br />
das zum Tumor führt, mit dem Verfahren der so genannten „Embolis<strong>at</strong>ion“<br />
stillgelegt.<br />
Um eine gleichzeitige Schädigung der gesunden Gewebe möglichst gering zu<br />
halten, kombiniert man sehr oft verschiedene Substanzen und Methoden miteinander.<br />
Praktisch bedeutet das, dass man möglichst mehrere der Verfahren,<br />
auf die der jeweils zu behandelnde Tumor sensibel reagiert, entweder<br />
gleichzeitig oder nacheinander anwendet. Wie das Therapiekonzept in Ihrer<br />
Situ<strong>at</strong>ion genau aussieht und in welcher Reihenfolge die einzelnen Schritte<br />
ablaufen werden, wird Ihnen Ihr Arzt genau erklären.<br />
Therapieplanung<br />
E<br />
rst wenn mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln sichergestellt worden<br />
ist, um welche Art von Tumor es sich handelt und wie ausgedehnt er<br />
ist, wird die Therapie festgelegt. Spätestens jetzt wird Ihr Arzt mit Ihnen Ihre<br />
Behandlung, die Prognose und die zu erwartenden Risiken und Nebenwirkungen<br />
besprechen. Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen, wenn Sie<br />
etwas nicht oder nicht ganz verstanden haben. Es ist für Sie wichtig, dass Sie<br />
über Ihre Behandlung gut informiert sind und wissen, wie die einzelnen<br />
Schritte ablaufen und was der Zweck der jeweiligen Maßnahme ist. Dies<br />
kann entscheidend zum Behandlungserfolg beitragen.<br />
Zur Wahl der jeweils besten Behandlung für eine bestimmte Art von Tumor<br />
haben die ärztlichen Fachgesellschaften Leitlinien und Empfehlungen erar-
Therapie<br />
beitet. Trotzdem gibt es im Einzelfall n<strong>at</strong>ürlich immer einen Entscheidungsspielraum.<br />
Falls Sie das Gefühl haben, Sie müssten sich nach therapeutischen<br />
Altern<strong>at</strong>iven erkundigen, so sollten Sie das tun. Es spricht nichts dagegen,<br />
einen weiteren Arzt zu fragen und eine zweite Meinung einzuholen,<br />
und es spricht auch nichts dagegen, das Ihrem behandelnden Arzt gegenüber<br />
offen anzusprechen. Es spricht im Gegenteil einiges dafür, da der Arzt,<br />
der eine Zweitbegutachtung macht, dann auf die bereits vorhandenen Untersuchungsergebnisse<br />
zurückgreifen kann.<br />
Möglicherweise spricht Ihr Arzt Sie auf eine Studienteilnahme an. Sie sollten<br />
über dieses Angebot nachdenken, da gerade bei <strong>Hirntumor</strong>en in den letzten<br />
Jahren eine Reihe von Therapieformen entwickelt wurden, die sich bisher<br />
als sehr wirksam erwiesen haben, aber einer weiteren Prüfung bedürfen, um<br />
ihren Stellenwert zu sichern. In einem der folgenden Kapitel werden wir uns<br />
ausführlicher mit neuen Therapiemöglichkeiten befassen.<br />
Wie läuft die Behandlung ab?<br />
A<br />
uf Grund der Notwendigkeit, einen <strong>Hirntumor</strong> interdisziplinär, also unter<br />
Beteiligung mehrerer medizinischer Fachrichtungen, zu behandeln, werden<br />
Sie im Verlauf Ihrer Behandlung unterschiedliche Ärzte und möglicherweise<br />
verschiedene Kliniken als Ansprechpartner haben. Einer der behandelnden<br />
Ärzte sollte als Arzt Ihres Vertrauens den Überblick über alle diagnostischen<br />
und therapeutischen Maßnahmen haben und Ihnen vor allem<br />
auch zu jedem Zeitpunkt der Behandlung als Ansprechpartner zur Verfügung<br />
stehen. Das kann Ihr Onkologe, Strahlentherapeut oder Neurologe, aber<br />
auch Ihr Hausarzt sein. Denken Sie daher bei den verschiedenen Arzt- oder<br />
Klinikbesuchen stets daran, seine Adresse anzugeben. Falls Sie einen Tumorpass<br />
erhalten haben, werden dort alle Maßnahmen eingetragen.<br />
37
38 Therapie<br />
Die Behandlungsverfahren<br />
I<br />
m folgenden Abschnitt möchten wir Ihnen einen allgemeinen Überblick<br />
über ausgewählte Behandlungsmethoden geben. Diese Broschüre kann<br />
jedoch nicht alle Möglichkeiten bis ins letzte Detail erklären, denn jeder einzelne<br />
Therapieschritt wird von der Art und der Ausdehnung des Tumors, vom<br />
P<strong>at</strong>ienten und von anderen äußeren Faktoren bestimmt. Auch erheben wir<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Broschüre kann und soll nicht das<br />
Gespräch mit Ihren behandelnden Ärzten ersetzen. Besprechen Sie alle<br />
Fragen zu Ihrer Erkrankung und Ihrer Therapie mit Ihren Ärzten. Auch die<br />
Pflegekräfte werden Ihnen gerne mit R<strong>at</strong> und T<strong>at</strong> zur Seite stehen.<br />
Die Oper<strong>at</strong>ion<br />
E<br />
in oper<strong>at</strong>iver Eingriff am Gehirn ist noch mehr als andere Oper<strong>at</strong>ionen<br />
mit Ängsten auf Seiten des P<strong>at</strong>ienten verbunden. Diese Ängste sind verständlich,<br />
denn es handelt sich beim Gehirn um ein außerordentlich sensibles<br />
Organ, das entstandene Schäden kaum reparieren kann. Schon kleinste<br />
Schäden an den Nervenzellen können zu Ausfallerscheinungen führen, die<br />
weit reichende Konsequenzen haben können. Äußern Sie Ihre Ängste und<br />
Befürchtungen, damit Ärzte und Pflegekräfte, aber auch Ihre Familie oder<br />
Ihre Freunde darauf eingehen können.<br />
Das Ziel der Oper<strong>at</strong>ion<br />
Z<br />
iel jeder Tumoroper<strong>at</strong>ion ist die vollständige Entfernung des Krankheitsherdes.<br />
Die umgebenden gesunden Gewebe sollten dabei möglichst nicht<br />
geschädigt werden. Das gilt für Oper<strong>at</strong>ionen am ZNS in besonderem Maße,
Therapie<br />
denn hier finden sich auf kleinstem Raum zahlreiche lebenswichtige Zentren.<br />
Öfter als bei anderen Oper<strong>at</strong>ionen muss daher bei <strong>Hirntumor</strong>en das Ziel der<br />
Vollständigkeit zugunsten der Schonung gesunden Gewebes aufgegeben<br />
werden. Allerdings ist es in den vergangenen Jahren mit Hilfe neuer<br />
Oper<strong>at</strong>ionsmethoden geglückt, das Risiko neurochirurgischer Eingriffe auf<br />
ein Minimum zu reduzieren. Einen wichtigen Beitrag haben dazu die bildgebenden<br />
Verfahren geliefert, die es dem Oper<strong>at</strong>eur ermöglichen, zu jedem<br />
Zeitpunkt der Oper<strong>at</strong>ion das Vorgehen genau verfolgen zu können. Minimalinvasive<br />
Techniken, sog. „Schlüssellochchirurgie“, ermöglichen auch in der<br />
Neurochirurgie die enge Eingrenzung des Oper<strong>at</strong>ionsgebietes auf die<br />
erkrankte Region bei maximaler Schonung des umliegenden gesunden<br />
Gewebes.<br />
Abbildung:<br />
Neuronavig<strong>at</strong>ion<br />
Welche Probleme sind mit der Oper<strong>at</strong>ion verbunden?<br />
D<br />
as zentrale Problem bei einer neurochirurgischen Oper<strong>at</strong>ion ist das zielgenaue<br />
Erreichen des Tumors auch dann, wenn der oper<strong>at</strong>ive Zugang möglichst<br />
klein bleibt. Dazu sind verschiedene Techniken der so genannten<br />
39
40 Therapie<br />
„Neuronavig<strong>at</strong>ion“ entwickelt worden, bei der bildgebende Verfahren und<br />
Computertechnik die wichtigsten Hilfsmittel sind.<br />
Durch den Eins<strong>at</strong>z solcher Techniken wird der Weg von außen bis zum möglicherweise<br />
in der Tiefe des Gehirns liegenden Tumor nicht mehr als gerader,<br />
direkter Zugang durch das Gewebe hindurch geführt, sondern an den n<strong>at</strong>ürlichen<br />
Strukturen des Hirns entlang. Substanzdefekte und spätere Ausfälle<br />
werden dadurch minimiert. Zugleich lassen moderne Narkosetechniken eine<br />
Überwachung der Hirnfunktion während der Oper<strong>at</strong>ion zu, so dass auch von<br />
dieser Seite eine Kontrolle über den Eingriff erfolgen kann.<br />
Auch das Risiko eines Hirnödems, d.h. eines Anschwellens des Gehirns<br />
durch Einlagerung von Gewebewasser, ist bei diesem Vorgehen weitaus<br />
geringer als früher. Trotzdem werden zur Vermeidung eines Hirnödems in<br />
vielen Fällen Medikamente, so genannte Kortikoide, gegeben.<br />
Die Bestrahlung<br />
D<br />
ie meisten bösartigen <strong>Hirntumor</strong>en<br />
bilden sich unter dem<br />
Einfluss ionisierender Strahlen zurück.<br />
Ebenso wie bei anderen Organen<br />
müssen auch am Gehirn die<br />
gesunden Strukturen vor neg<strong>at</strong>iven<br />
Auswirkungen der Bestrahlung geschützt<br />
werden. Das wird bei der<br />
Abbildung:<br />
Bestrahlung mit Linearbeschleuniger
Therapie<br />
Bestrahlung von außen, die am häufigsten angewandt wird, erreicht, indem<br />
zum einen die Gesamtdosis in tägliche kleine Portionen unterteilt wird.<br />
Darüber hinaus werden die Strahlen aus verschiedenen Richtungen eingesetzt<br />
und erst im berechneten Schnittpunkt, nämlich dem Ort des Tumors, zu<br />
ihrer gesamten Stärke gebündelt. So erhält das umgebende gesunde<br />
Hirngewebe nur einen Bruchteil der Strahlung.<br />
Strahlentherapeutische Verfahren<br />
E s kommen verschiedene strahlentherapeutische Verfahren zur Anwendung.<br />
Häufig wird eine Mehrfelder- oder Pendelbestrahlung eingesetzt. Dabei<br />
wird die Strahlenquelle um den Tumor herum bewegt und die Strahlen treffen<br />
von außen aus jeder Richtung auf den Tumor. Bei dieser Methode wird<br />
die Bestrahlung in der Regel von einem Linearbeschleuniger erzeugt. Dieses<br />
Gerät kann sowohl tief eindringende Photonenstrahlung oder eine weiter an<br />
der Oberfläche wirkende Elektronenstrahlung<br />
erzeugen. Die Wahl der<br />
Strahlenart richtet sich vor allem<br />
nach der Lage des Tumors. Mit der<br />
so genannten „Afterloading“-Methode,<br />
auch als „Brachytherapie“ bezeichnet,<br />
wird eine kleine Strahlenquelle<br />
genau an den Ort des Tumors<br />
gebracht und entfaltet auf kleinstem<br />
Raum ihre Wirkung. (Interstitielle<br />
Therapie, Seedimplant<strong>at</strong>ion)<br />
Abbildung:<br />
Maske zur Fixierung des Kopfes für eine<br />
fraktionierte stereotaktische Bestrahlung<br />
41
42 Therapie<br />
Für die Bestrahlung von außen (perkutane Bestrahlung) wird der Zielbereich<br />
anhand der computer- und magnetresonanztomographischen Bilder mit Hilfe<br />
eines Rechners dreidimensional und sehr präzise bestimmt. Um auch minimale<br />
Verschiebungen zu vermeiden, wird der Kopf des P<strong>at</strong>ienten bei jeder<br />
Bestrahlung exakt in der gleichen Position gelagert, z.B. mit Hilfe einer<br />
Kunststoffmaske.<br />
Außerdem wird die Gesamtdosis häufig auf mehrere Wochen verteilt: In der<br />
Regel wird die Strahlendosis von insgesamt etwa 60 Gy (Gray) in Einzeldosen<br />
von 1,8 bis 2 Gy unterteilt, die über 6 bis 7 Wochen an 5 Tagen wöchentlich<br />
gegeben werden. Diese Unterteilung dient vor allem dem Schutz des gesunden<br />
Gewebes. Trotz dieses schonenden Verfahrens kann es während der<br />
Bestrahlung zu Nebenwirkungen kommen. Äußerlich können Hautreizungen<br />
und Haarausfall auftreten, das Allgemeinbefinden kann beeinträchtigt sein:<br />
Sie fühlen sich müde und erschöpft, auch Kopfschmerzen und Konzentr<strong>at</strong>ionsstörungen<br />
sind möglich. Vor allem aber kann es am Hirn zu entzündungsähnlichen<br />
Symptomen kommen, zu denen neben einer Reizung der<br />
Hirnhäute auch eine Schwellung des Hirns, das Hirnödem, gehört. Sollten<br />
entsprechende Symptome auftreten, wird ein Kortison-Präpar<strong>at</strong> gegeben,<br />
das nach Ende der Behandlung allmählich wieder abgesetzt wird.<br />
Je nach bestrahlter Region können auch Übelkeit und Erbrechen auftreten,<br />
beides lässt sich mit vorbeugend gegebenen Medikamenten weitgehend<br />
verhindern.<br />
In besonderen Situ<strong>at</strong>ionen wird die Strahlentherapie nicht ergänzend zur<br />
Oper<strong>at</strong>ion, sondern st<strong>at</strong>t dessen eingesetzt. Ein spezielles Verfahren der<br />
Strahlentherapie ermöglicht, mit einer einmaligen Bestrahlung hohe Dosen<br />
im Zielgebiet zu applizieren, die sog. Radiochirurgie. Als Radiochirurgie bezeichnet<br />
man eine einmalige, gezielte Bestrahlung, z.B. mit dem so genannten<br />
„Gamma-Knife“ (Gamma-Messer), bei dem von vielen kleinen Strahlenquellen<br />
ausgehend hohe Strahlendosen im Gebiet des Tumors gebündelt<br />
werden. Ein ähnliches Verfahren mit dem Linearbeschleuniger wird als<br />
„X-Knife“ bezeichnet. Wichtig ist die millimetergenaue Fixierung des Kopfes.
Therapie<br />
Mit beiden Verfahren können vor allem kleinere Tumoren vollständig zerstört<br />
werden, so dass in Einzelfällen eine Oper<strong>at</strong>ion umgangen werden kann. Von<br />
besonderer Bedeutung ist das für die oper<strong>at</strong>iv schwer zugänglichen<br />
Befunde.<br />
Die Chemotherapie<br />
Was versteht man unter Chemotherapie?<br />
Unter<br />
Chemotherapie versteht man die Behandlung mit speziellen Medikamenten,<br />
so genannten Zytost<strong>at</strong>ika. Zytost<strong>at</strong>ika sind Zellgifte, die besonders<br />
diejenigen Zellen angreifen, die sich schnell teilen, wie die Tumorzellen.<br />
Diese Medikamente können das krankhafte Zellwachstum der Tumoren hemmen<br />
und damit den Tumor verkleinern oder sogar ganz zerstören. Es gibt verschiedene<br />
Zytost<strong>at</strong>ikaklassen, die an unterschiedlichen Stellen des Zellstoffwechsels<br />
angreifen. Häufig werden deshalb mehrere Zytost<strong>at</strong>ika miteinander<br />
kombiniert, um die wachstumshemmende Wirkung zu verstärken.<br />
Auch die Absiedelung von Tumorzellen in andere Organe oder Gewebe kann<br />
durch die Chemotherapie verhindert werden, da die Chemotherapie eine so<br />
genannte „systemische“ Therapie ist, die im ganzen Körper wirkt. Im Gegens<strong>at</strong>z<br />
hierzu bezeichnet man die Oper<strong>at</strong>ion und die Strahlentherapie als<br />
„lokale“ Maßnahmen.<br />
Die Chemotherapie ist ein wichtiger Bestandteil im Gesamtbehandlungskonzept<br />
von Krebserkrankungen. Bei manchen Tumoren stellt die Chemotherapie<br />
sogar die wichtigste Therapiemaßnahme dar, z.B. beim Blutkrebs.<br />
Bei vielen Tumoren wird die Chemotherapie in Verbindung mit der Chirurgie<br />
und der Strahlentherapie durchgeführt, entweder vorher, nachher oder<br />
sogar gleichzeitig.<br />
43
44 Therapie<br />
Wann wird bei <strong>Hirntumor</strong>en eine Chemotherapie durchgeführt?<br />
B<br />
ei P<strong>at</strong>ienten mit <strong>Hirntumor</strong>en wird die Chemotherapie in der Regel erst<br />
nach einer Oper<strong>at</strong>ion und einer Strahlentherapie angewendet. Eine Chemotherapie<br />
kann auch dann sinnvoll sein, wenn das Tumorgewebe durch die<br />
vorausgegangenen Therapiemaßnahmen nicht vollständig entfernt werden<br />
konnte. Auch nach einer erfolgreichen Oper<strong>at</strong>ion und/oder Bestrahlung kann<br />
erneut ein Tumor auftreten; man spricht dann von einem „Rezidiv“. Ebenfalls<br />
wenn Lage oder Größe des Tumors keine Oper<strong>at</strong>ion und Bestrahlung erlauben,<br />
wird Ihr Arzt den Nutzen und das Risiko einer Chemotherapie prüfen und<br />
sie Ihnen gegebenenfalls empfehlen.<br />
Was muss ich bei einer Chemotherapie befürchten?<br />
D<br />
J<br />
er Begriff Chemotherapie ist bei vielen Menschen mit neg<strong>at</strong>iven Assozi<strong>at</strong>ionen<br />
verbunden. Man denkt an Erbrechen, Haarausfall oder Schmerzen. In<br />
den vergangenen Jahren sind neue Medikamente und Therapiekonzepte<br />
entwickelt worden, die wirksamer und oft verträglicher sind. Treten dennoch<br />
Nebenwirkungen auf, können sie durch geeignete Maßnahmen behandelt<br />
werden. Lassen Sie sich nicht davon abschrecken, wenn Ihr Arzt bei Ihnen<br />
eine Chemotherapie für sinnvoll hält, sondern nehmen Sie diese als einen<br />
weiteren wichtigen Schritt Ihrer Behandlung an.<br />
Wie läuft eine Chemotherapie ab?<br />
e nach Medikament und Therapiekonzept kann die Chemotherapie entweder<br />
durch die Vene als Infusion oder Injektion (intravenöse Gabe) verabreicht<br />
oder als Kapsel eingenommen werden (orale Gabe). In den meisten Fällen<br />
kann diese Behandlung ambulant erfolgen. Das heißt, dass Sie nach einer
Therapie<br />
bestimmten Zeit der Beobachtung, nachdem die Chemotherapie im Krankenhaus<br />
oder in der Praxis gegeben wurde, am selben Tag wieder nach Hause<br />
gehen können. Wie bereits erwähnt, wird nicht die gesamte Dosis der<br />
Chemotherapie auf einmal gegeben, sondern zwischen den einzelnen<br />
Chemotherapien werden Therapiepausen von etwa 2 bis 4 Wochen eingelegt.<br />
Man nennt die Gabe einer Chemotherapie zusammen mit der Therapiepause<br />
einen „Chemotherapiezyklus“.<br />
Welche Medikamente gibt es?<br />
D<br />
ie Blut-Hirn-Schranke ist eine n<strong>at</strong>ürliche Barriere, die das Gehirn vor<br />
eindringenden Giftstoffen schützen soll. Zur Chemotherapie von <strong>Hirntumor</strong>en<br />
können deshalb nur Medikamente eingesetzt werden, die diese Blut-Hirn-<br />
Schranke passieren können. Man spricht auch davon, dass ein Medikament<br />
„liquorgängig“ sein muss, d.h. auch in die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit<br />
aufgenommen wird. Dies trifft nur für wenige Zytost<strong>at</strong>ika zu.<br />
Es gibt verschiedene Klassen von Zytost<strong>at</strong>ika, die heute bei <strong>Hirntumor</strong>en<br />
eingesetzt werden können. P<strong>at</strong>ienten mit gutem Allgemeinbefinden können<br />
auch von einer Kombin<strong>at</strong>ion mehrerer zytost<strong>at</strong>ischer Medikamente profitieren.<br />
45
46 Therapie<br />
Trotz geringer Liquorgängigkeit werden die Mitosehemmstoffe VM26<br />
(Teniposid) und VP16 (Etoposid) zur Behandlung bestimmter <strong>Hirntumor</strong>en<br />
eingesetzt. Auch andere Zytost<strong>at</strong>ika finden ebenfalls Verwendung, z.B. die<br />
Antimetaboliten 5-Fluorouracil (5-FU) und Cytosin-Arabinosid (ARA C) sowie<br />
Pl<strong>at</strong>inverbindungen (Cispl<strong>at</strong>in, Carbopl<strong>at</strong>in) und das Alkylans Temozolamid,<br />
das als Kapsel eingenommen werden kann.
Therapie<br />
Welche Nebenwirkungen können bei der Chemotherapie auftreten?<br />
D<br />
ie Zytost<strong>at</strong>ika greifen nicht nur Tumorzellen an, sondern schädigen auch<br />
gesunde Zellen, die sich schnell teilen. Die Nebenwirkungen der Zytost<strong>at</strong>ika<br />
betreffen deshalb – je nach Substanz in unterschiedlichem Grad – die Haarwurzeln,<br />
das blutbildende System im Knochenmark und die Schleimhäute in<br />
Magen und Darm. Es kann daher zu Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Entzündungen<br />
der Mundschleimhäute, Haarausfall und Blutbildveränderungen<br />
kommen.<br />
Viele dieser Nebenwirkungen lassen sich entweder durch die Wahl einer<br />
geeigneten Applik<strong>at</strong>ionsform vermeiden oder durch eine so genannte „supportive“<br />
(unterstützende) Therapie behandeln. Dazu gehören vor allem Übelkeit<br />
und Erbrechen, die wegen der heute guten Behandlungsmöglichkeiten<br />
nur noch selten in ausgeprägter Form vorkommen.<br />
Eine Folge der Blutbildveränderungen, die oft erst einige Zeit nach der<br />
Behandlung einsetzt, ist die Verringerung der weißen Blutkörperchen<br />
(Leukozyten) und damit eine Schwächung der Krankheitsabwehr. Seltener<br />
sind Gerinnungsstörungen durch zu wenige Thrombozyten oder Anämie<br />
durch Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Ihr Blutbild wird<br />
während einer Chemotherapie regelmäßig kontrolliert. Sie selbst sollten<br />
eventuell auftretende Krankheitszeichen, z.B. Fieber oder Infekte, beachten<br />
und gegebenenfalls den Arzt aufsuchen.<br />
Einige Zytost<strong>at</strong>ika können, wenn eine bestimmte Gesamtdosis im Laufe der<br />
Behandlung überschritten wird, zu Schäden an einzelnen Organen, z.B. an<br />
peripheren Nerven, am Herzen oder an den Nieren führen. Wenn Ihr Arzt<br />
Ihnen eine Chemotherapie empfiehlt, wird er mit Ihnen besprechen, welche<br />
Nebenwirkungen mit dieser besonderen Behandlung verbunden sind, und<br />
welche Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden müssen. Ihr Arzt wird<br />
Ihnen gerne alle noch offenen Fragen beantworten, die Sie interessieren.<br />
47
48 Therapie<br />
I<br />
P<strong>at</strong>iententagebuch<br />
n einem P<strong>at</strong>iententagebuch können Sie für sich selbst und auch für die Sie<br />
betreuenden Personen den Verlauf Ihrer Erkrankung und der Therapie dokumentieren.<br />
Hier können Sie alle wichtigen D<strong>at</strong>en eintragen, z.B. wann Sie die<br />
letzte Therapie bekommen haben, wie Sie diese vertragen haben, ob Sie<br />
Beschwerden h<strong>at</strong>ten, usw. Dieses Buch sollten Sie stets mit sich führen und<br />
auch zu Ihrem nächsten Arzttermin mitnehmen, damit Ihr Arzt sich ein Bild<br />
machen kann, wie es Ihnen zwischen den Behandlungszyklen ergangen ist.<br />
Altern<strong>at</strong>ive Behandlungsformen<br />
V<br />
iele Tumorp<strong>at</strong>ienten suchen im Laufe ihrer Erkrankung Hilfe außerhalb der<br />
Schulmedizin. Verschiedene n<strong>at</strong>urheilkundlich oder homöop<strong>at</strong>hisch erfahrene<br />
Ärzte oder Heilpraktiker bieten unterschiedlichste Methoden an, von<br />
denen einige als bedingt hilfreich akzeptiert sind oder zumindest als nicht<br />
schädlich gelten. Für viele P<strong>at</strong>ienten ist es auch wichtig, selbst etwas für die<br />
Genesung zu tun. Für den Fall, dass Sie sich um eine altern<strong>at</strong>ive Behandlung<br />
bemühen, möchten wir Ihnen dazu einige R<strong>at</strong>schläge ans Herz legen:<br />
• Erkundigen Sie sich bei anderen P<strong>at</strong>ienten, Selbsthilfegruppen und bei<br />
Ihrem Arzt oder der Ärztekammer, ob der entsprechende Behandler und<br />
sein Behandlungsmethode als seriös bekannt ist.<br />
• Lassen Sie sich die vorgeschlagene Behandlungsmethode so genau wie<br />
möglich erklären, am besten bitten Sie um ein Merkbl<strong>at</strong>t.<br />
• Sprechen Sie schon vor Beginn der Behandlung über die Kosten.<br />
• Was immer Sie zusätzlich unternehmen, sollten Sie auf jeden Fall Ihrem<br />
behandelnden Arzt mitteilen. Es ist möglich, dass eine parallel durchgeführte<br />
altern<strong>at</strong>ive Krebsbehandlung zu Wechselwirkungen mit der schul-
Therapie<br />
medizinischen Therapie führt oder Nebenwirkungen h<strong>at</strong>, die dann möglicherweise<br />
falsch zugeordnet werden.<br />
Der therapeutische Weg – welcher Arzt ist wann zuständig?<br />
N<br />
achdem die Diagnose <strong>Hirntumor</strong> gestellt wurde, wird in der ersten<br />
Etappe der Behandlung der Neurochirurg Ihr Ansprechpartner sein. Er<br />
bespricht vor der Oper<strong>at</strong>ion alle anstehenden Fragen mit Ihnen und klärt Sie<br />
über die möglichen Risiken auf. Außerdem wird er Ihnen das in Ihrem Fall<br />
angewandte oper<strong>at</strong>ive Vorgehen erklären. Falls in Ihrem Fall eine Embolis<strong>at</strong>ion<br />
des Tumors in Frage kommt, werden wahrscheinlich die Neuroradiologen<br />
zunächst die Behandlung übernehmen.<br />
Wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte oder ein hohes<br />
Rezidivrisiko besteht, wird in der Regel im Anschluss an die Oper<strong>at</strong>ion eine<br />
Nachbehandlung durchgeführt. In den meisten Fällen wird es sich dabei um<br />
eine Bestrahlung handeln. Einige Tumoren sprechen auch gut auf eine<br />
Chemotherapie an, die allein oder in Kombin<strong>at</strong>ion mit einer Bestrahlung<br />
ebenfalls für eine Nachbehandlung in Frage kommen kann. Wenn das<br />
Befinden das P<strong>at</strong>ienten dies zulässt, wird die Nachbehandlung möglichst<br />
bald im Anschluss an die Oper<strong>at</strong>ion durchgeführt.<br />
Je nach Art der Nachbehandlung wird der Neurochirurg als betreuender<br />
Arzt jetzt vom Strahlentherapeuten, Neurologen oder Neuroonkologen abgelöst.<br />
Die Strahlentherapie wird, auch in Verbindung mit einer Chemotherapie,<br />
möglichst ambulant durchgeführt. Für besondere Chemotherapien<br />
kann die st<strong>at</strong>ionäre Klinikaufnahme erforderlich sein. Manche Häuser verfügen<br />
bereits über Tageskliniken, so dass Sie zur Behandlung ins Krankenhaus<br />
gehen, den Abend und die Nacht aber in der gewohnten Umgebung zu-<br />
49
50 Therapie<br />
bringen. Die Bestrahlung wird in der Regel über einen Zeitraum von mehreren<br />
Wochen täglich durchgeführt, in Ausnahmefällen wird sie in einer einmaligen<br />
Sitzung durchgeführt.<br />
Auch bei einer Chemotherapie wird die Behandlung über einen längeren<br />
Zeitraum gegeben und die Gesamtmenge in mehrere Einzelgaben unterteilt.<br />
Manche Präpar<strong>at</strong>e oder Kombin<strong>at</strong>ionen werden in Form von Zyklen gegeben,<br />
d.h. zwischen den Chemotherapie-Tagen sind drei oder vier Wochen Pause.<br />
Manche Präpar<strong>at</strong>e gibt es in Tablettenform, sie werden täglich oder nach<br />
einem bestimmten Einnahmeschema mit Unterbrechungen eingenommen.<br />
Eine Chemotherapie kann nicht nur<br />
in einer Klinik, sondern auch in der<br />
Praxis eines niedergelassenen<br />
Onkologen durchgeführt werden. In<br />
manchen Fällen werden die letzten<br />
Zyklen einer Chemotherapie in der<br />
Rehabilit<strong>at</strong>ionsklinik gegeben. Die<br />
Spezialisten, die Sie behandeln, sollten<br />
n<strong>at</strong>ürlich auch Ihren Hausarzt<br />
über Ihre Behandlung unterrichten.
Therapie<br />
Was Sie über klinische Studien wissen sollten<br />
I<br />
n den letzten beiden Jahrzehnten sind bei der Behandlung von <strong>Hirntumor</strong>en<br />
viele Fortschritte erzielt worden. Jeder, der die Entwicklung der<br />
Krebstherapie kritisch verfolgt h<strong>at</strong>, weiß aber: Den einen, großen Durchbruch<br />
h<strong>at</strong> es bisher nicht gegeben und wird es aller Wahrscheinlichkeit nach<br />
kurzfristig auch nicht geben. Der Therapiefortschritt, der sich entwickelt h<strong>at</strong>,<br />
wurde durch geduldiges, immer wieder überprüftes Verändern in kleinen<br />
Schritten erzielt. Nur wenn man ein neues, Erfolg versprechendes Therapieverfahren<br />
über einen längeren Zeitraum sorgfältig und system<strong>at</strong>isch mit der<br />
bisher als Standard geltenden Therapie vergleicht, kann man entscheiden,<br />
ob die neue Behandlung den P<strong>at</strong>ienten wirklich nützt. Diese system<strong>at</strong>ische<br />
Überprüfung findet in so genannten „klinischen Studien“ st<strong>at</strong>t.<br />
Wenn ein neues Arzneimittel oder eine neue Arzneimittelkombin<strong>at</strong>ion bei<br />
P<strong>at</strong>ienten getestet wird, sind immer umfangreiche Untersuchungen an Tieren<br />
und Zellkulturen und in vielen Fällen bei anderen P<strong>at</strong>ientengruppen vorangegangen.<br />
Das Risiko ungünstiger Nebenwirkungen ist rel<strong>at</strong>iv gering und wird<br />
durch eine besonders sorgfältige Überwachung noch weiter verringert.<br />
Möglicherweise ist die neue Behandlung sogar besser wirksam oder verträglicher,<br />
als es die Standardtherapie wäre.<br />
Falls Ihr Arzt Ihnen eine Studienteilnahme vorschlägt, wird er auf jeden Fall<br />
ein ausführliches Gespräch mit Ihnen führen und Ihnen auch die Gelegenheit<br />
geben, Fragen zu stellen. Ohne Ihr schriftliches Einverständnis, das Sie nach<br />
umfassender Aufklärung geben, ist die Teilnahme an einer Studie nicht möglich.<br />
Ganz wichtig: Sie können Ihr Einverständnis jederzeit ohne Begründung<br />
und ohne Nachteil für Ihre weitere Behandlung zurückziehen.<br />
51
Leben mit der Krankheit<br />
Wenn die Diagnose Krebs feststeht, ist für alle Betroffenen plötzlich<br />
nichts mehr, wie es war. Die Krankheit zwingt den P<strong>at</strong>ienten, und oft<br />
auch Angehörige, ihre Pläne zu ändern, ihre Lebensumstände auf die Krankheit<br />
einzustellen und sich mit neuen Problemen und Fragen zu befassen.<br />
Besonders belastend ist dabei die Zeit, in der unklar ist, wie die Krankheit<br />
wahrscheinlich ausgehen wird. Diese Unsicherheit stellt gerade in der ersten<br />
Zeit, nachdem die Diagnose feststeht, eine außerordentliche Belastung<br />
dar. Schon jetzt kann es hilfreich sein, Kontakt z.B. zu einer Selbsthilfegruppe<br />
aufzunehmen. Im Anhang dieses Heftes finden Sie Adressen, an die Sie sich<br />
wenden können.<br />
Wenn Sie Angehöriger eines <strong>Hirntumor</strong>p<strong>at</strong>ienten sind<br />
W<br />
enn in einer Familie oder Lebensgemeinschaft ein Tumorleiden auftritt,<br />
so ist nicht nur der P<strong>at</strong>ient, sondern auch sein Umfeld in starkem Maße<br />
davon betroffen. Von einem Tag zum nächsten rücken der Kranke und die<br />
Krankheit in das Zentrum des gemeinsamen Lebens. Arztbesuche müssen<br />
organisiert, Gespräche geführt, Behördengänge erledigt und Pläne geändert<br />
werden, und trotz schlafloser Nächte fordert weiter der Alltag sein Recht.<br />
Nicht selten kommen bei längerer Krankheit auch m<strong>at</strong>erielle Sorgen dazu.<br />
Wir wollen Sie dazu ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Niemand<br />
erwartet, dass Sie alle Schwierigkeiten allein bewältigen, es sei denn, Sie<br />
selbst. Sparen Sie Ihre Kräfte; Sie werden Sie brauchen, um dem Erkrankten<br />
zu helfen. Nehmen Sie die Hilfe in Anspruch, die Ihnen zusteht, z.B. durch<br />
Sozialst<strong>at</strong>ionen. Erster Ansprechpartner kann der Sozialdienst im Krankenhaus<br />
sein.<br />
53
54 Leben mit der Krankheit<br />
Es wird Freunde und Nachbarn geben, die jetzt auf Sie zukommen mit der<br />
Frage, ob sie helfen könnten. Sagen Sie dann nicht: „Danke, es geht schon“,<br />
sagen Sie: „Ja, gern“, auch wenn es noch nicht akut erforderlich ist. Denn<br />
abgelehnte Hilfsangebote werden selten wiederholt.<br />
Welche Pflege kann erforderlich werden?<br />
N<br />
ach der Erstbehandlung kann entweder das Gehirn lernen, bestimmte<br />
Funktionen wieder zu übernehmen, oder der P<strong>at</strong>ient lernt, trotz verbleibender<br />
Schäden ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. In beiden<br />
Fällen kann sich der Prozess über Wochen oder Mon<strong>at</strong>e hinziehen.<br />
Zu den Problemen, die durch die Krankheit selbst oder die Oper<strong>at</strong>ion entstanden<br />
sind, können außerdem vorübergehend Folgen einer Strahlen- oder<br />
Chemotherapie hinzukommen. Da auch Chemotherapien in zunehmendem<br />
Maß ambulant, d.h. in einer Arztpraxis oder der Ambulanz einer Klinik, durchgeführt<br />
werden, treten die Nebenwirkungen oft erst in der häuslichen<br />
Umgebung auf. Die meisten P<strong>at</strong>ienten empfinden es als angenehm, nicht in<br />
der Klinik bleiben zu müssen. Sie als Angehöriger sollten sich rechtzeitig darüber<br />
informieren, welche Nebenwirkungen auftreten, wann sie zu erwarten<br />
sind und was Sie in diesem Falle dagegen unternehmen können.<br />
Die Reaktion auf eine Chemotherapie ist je nach Art der Behandlung und von<br />
P<strong>at</strong>ient zu P<strong>at</strong>ient sehr unterschiedlich – vielen Menschen geht es unter<br />
einer Chemotherapie rel<strong>at</strong>iv gut, oder das Unwohlsein hält nur wenige<br />
Stunden an. Auch wird nicht jeder Therapiezyklus gleich gut vertragen.
Leben mit der Krankheit<br />
Hilfe bei der Pflege eines tumorkranken Menschen<br />
G<br />
rundsätzlich kann ein Mensch, der bestimmte Verrichtungen des täglichen<br />
Lebens nicht allein bewältigen kann, Hilfe auf Kosten der Pflegeversicherungsträger<br />
in Anspruch nehmen. Bedingung ist, dass der Grad der<br />
Pflegebedürftigkeit zuvor von einem Gutachter beurteilt wurde.<br />
Je nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit wird für einen festgelegten Zeitraum<br />
pro Tag eine professionelle Hilfe gestellt. Falls ein Angehöriger die<br />
Pflege übernimmt, erhält er für seine zusätzlichen Belastungen eine Ausgleichszahlung.<br />
Bevor Sie als Angehöriger oder Ehepartner die alleinige Pflege übernehmen,<br />
sollten Sie sich sehr genau überlegen, ob Sie bereit und in der Lage sind, zu<br />
jedem Zeitpunkt Ihre eigenen Ansprüche zurückzustellen und in vollem<br />
Umfang für den P<strong>at</strong>ienten da zu sein. Oft ist es für alle Beteiligten besser,<br />
wenn ein Teil der Aufgaben von einer professionellen Pflegekraft übernommen<br />
wird und sich der Angehörige dem P<strong>at</strong>ienten nicht nur aus Pflichtgefühl<br />
widmet, sondern weil er es möchte.<br />
Gerade bei P<strong>at</strong>ienten mit <strong>Hirntumor</strong>en oder nach der Behandlung von<br />
<strong>Hirntumor</strong>en müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden. Falls<br />
Lähmungen – auch vorübergehend – bestehen, kann die Pflege eine schwere<br />
körperliche Arbeit sein. Das kann unter Umständen auch gelten, wenn das<br />
Risiko von Krampfanfällen besteht. Auch Persönlichkeitsveränderungen<br />
können auftreten; manche P<strong>at</strong>ienten werden reizbar und empfindlich und<br />
dadurch für ihre Umgebung unberechenbar. Der Umgang mit ihnen kann<br />
psychisch sehr anstrengend sein, vor allem, wenn die pflegende Person sich<br />
rund um die Uhr für den Kranken verantwortlich fühlt.<br />
55
56 Leben mit der Krankheit<br />
Psychosoziale Unterstützung<br />
V<br />
on einem Tumorleiden betroffen zu sein, sei es direkt als P<strong>at</strong>ient oder als<br />
Angehöriger, stellt auch psychisch eine so schwere Belastung dar, dass die<br />
Betreuung durch speziell geschulte Psychologen oder Sozialarbeiter als<br />
Bestandteil der Behandlung anerkannt ist. In onkologischen Zentren wird<br />
man Ihnen hierfür einen Ansprechpartner nennen können, mit dem Sie auch<br />
die Möglichkeiten einer Betreuung nach dem Klinikaufenthalt besprechen<br />
können.<br />
Eine große Hilfe können auch Selbsthilfegruppen oder Angehörigengruppen<br />
sein. Gespräche mit Menschen, die Ähnliches durchgemacht haben, können<br />
Ihnen helfen zu erkennen, dass auftretende Schwierigkeiten nicht auf Ihre<br />
persönlichen Fehler und Mängel zurückzuführen sind, sondern sich aus einer<br />
sehr schwierigen Situ<strong>at</strong>ion heraus entwickeln.<br />
Die Krankheit bewältigen<br />
W<br />
enn die Diagnose Tumor gestellt ist, haben Sie als P<strong>at</strong>ient oder als<br />
Angehöriger eine schwere Zeit vor sich. Die Krankheit wird sehr vieles<br />
im Leben verändern, und für eine möglicherweise längere Zeit wird vieles<br />
sich nach der Krankheit und nach dem P<strong>at</strong>ienten richten müssen.<br />
Es ist jetzt wichtig, sich möglichst gut über die Krankheit und die<br />
Behandlungsmöglichkeiten zu informieren: Je genauer Sie wissen, worum es<br />
geht, umso besser werden Sie die notwendigen Schritte mittragen können.<br />
Versuchen Sie bei allen Schwierigkeiten, eine optimistische Einstellung zu<br />
behalten: Lebensmut leistet einen entscheidenden Beitrag zu einer erfolgrei-
Leben mit der Krankheit<br />
chen Therapie. Versuchen Sie auch, den Blick nicht nur auf die Probleme zu<br />
richten, sondern auf die Lösungswege.<br />
Hilfsorganis<strong>at</strong>ionen und Behörden bieten Unterstützung sowohl im Alltäglich-Praktischen<br />
als auch auf psychischer Ebene an. Informieren Sie sich<br />
möglichst frühzeitig über solche Möglichkeiten und warten Sie nicht, bis Ihre<br />
Belastung zur Überlastung geworden ist. Am besten ist es, wenn Sie oder ein<br />
Angehöriger sich schon in der Klinik beim Sozialdienst informieren, der Ihnen<br />
in vielem direkt helfen, Ihnen aber auf jeden Fall die zuständigen Stellen nennen<br />
kann.<br />
Auch sonst müssen Sie mit der Situ<strong>at</strong>ion nicht allein bleiben. In Selbsthilfegruppen<br />
bieten P<strong>at</strong>ienten – oder frühere P<strong>at</strong>ienten – gemeinsam mit geschultem<br />
Personal eine gute Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch.<br />
57
58 Begriffserklärungen<br />
afferenter Nerv Nerv, der Reize von außen (Schmerz, Wärme, Druck<br />
etc.) aufnimmt und an das ZNS weiterleitet<br />
Astrozytom Untergruppe der Gliome; Astrozytome kommen in<br />
gutartiger und in bösartiger Ausprägung vor.<br />
Adenom gutartiger Tumor aus drüsenähnlichem Gewebe<br />
adjuvante Therapie im Anschluss an eine erfolgreich verlaufene<br />
Oper<strong>at</strong>ion durchgeführte Therapie zur Vorbeugung<br />
gegen Rückfälle<br />
Anamnese Krankheitsgeschichte; Befragung des P<strong>at</strong>ienten durch<br />
den Arzt nach Beschwerden, Vorgeschichte etc.<br />
benigne gutartig<br />
Biopsie Entnahme einer Gewebeprobe zum Zweck einer<br />
genauen Untersuchung. Im Hirn meist als stereotaktische<br />
Biopsie durchgeführt.<br />
Blut-Hirn-Schranke n<strong>at</strong>ürliche Barriere, die den Übertritt vieler<br />
Substanzen aus dem Körperkreislauf in den Liquor<br />
und ins ZNS verhindert<br />
Computertomo- Bildgebendes Verfahren, bei dem der menschliche<br />
graphie (CT) Körper Schicht für Schicht mit Röntgenstrahlen<br />
durchstrahlt wird. Das Bild wird im Computer rechnerisch<br />
zusammengefügt und auf dem Computerbildschirm<br />
dargestellt.<br />
efferenter Nerv Nerv, der Signale des ZNS an die peripheren<br />
Nerven weiterleitet<br />
Glia Stützgewebe des Gehirns, das von Gliazellen gebildet<br />
wird. Zu den Gliazellen gehören z.B. Astrozyten<br />
und Oligodendrozyten.
Begriffserklärungen<br />
Glioblastom bösartigste Form eines Glioms<br />
Gliom von Gliazellen gebildeter <strong>Hirntumor</strong><br />
Hämangiom gutartiger, aus Zellen von Gefäßwänden entstandener<br />
Tumor<br />
Hirnödem Schwellung des Gehirns durch Einlagerung von<br />
Flüssigkeit; kann auftreten im Rahmen von<br />
Krankheiten, aber auch nach Bestrahlung des Hirns<br />
oder postoper<strong>at</strong>iv.<br />
Hypophyse Hirnanhangdrüse; hormonproduzierendes Organ mit<br />
Sitz an der Schädelbasis.<br />
interstitielle Strahlung durch radioaktive Substanz, die über<br />
Strahlentherapie Kanülen direkt in den Tumor eingebracht wird.<br />
Liquor Flüssigkeit, die das Gehirn und das Rückenmark<br />
umgibt.<br />
Liquorgängigkeit Fähigkeit einer Substanz zur Überwindung der Blut-<br />
Hirn-Schranke<br />
maligne bösartig<br />
motorischer Nerv effektorischer Nerv des Bewegungsappar<strong>at</strong>es<br />
MRT / MRI Abk. Magnetresonanztomographie (Magnetic<br />
Resonance Imaging); siehe NMR<br />
Myelin weiße Hirnsubstanz; fetthaltige Substanz, die die<br />
eigentlichen Nervenzellen des ZNS umgibt und von<br />
Stützzellen gebildet wird<br />
Neuroglia siehe Glia<br />
Neuronavig<strong>at</strong>ion Computerunterstütztes Verfahren der Bildbearbeitung,<br />
das Krankheitsherde von geringer Größe lokalisiert<br />
und auf schonendem Wege erreicht.<br />
59
60 Begriffserklärungen<br />
NMR Abk. Nuclear Magnetic Resonance; Kernspintomographie,<br />
nichtinvasives, bildgebendes, diagnostisches<br />
Verfahren unter Nutzung eines Magnetfeldes<br />
hoher Feldstärke.<br />
Oligodendrogliom Untergruppe der Gliome<br />
Prognose allgemein: Voraussage; medizinisch: mutmaßlicher<br />
Verlauf und Ausgang einer Krankheit<br />
Rezidiv erneutes Auftreten einer Krankheit nach zunächst<br />
erfolgreicher Behandlung<br />
sensibler Nerv Nerv, der Reize von außen (Schmerz, Wärme, Druck<br />
etc.) aufnimmt und an das ZNS weiterleitet<br />
stereotaktisch Verfahren, bei dem ein Hilfsmittel, z.B. ein Stereotaxierahmen,<br />
am Schädel angebracht wird, um eine<br />
konstante räumliche Orientierung sicherzustellen<br />
stereotaktische Biopsie (siehe dort) im Bereich des Gehirns, bei der<br />
Biopsie die Orientierung im Schädel durch eine äußerlich<br />
angebrachte feste Markierung (Stereotaxierahmen)<br />
ermöglicht wird<br />
stereotaktische Spezielle Form der Bestrahlung von außen, bei<br />
Bestrahlung welcher der Zielbereich anhand von computer- und<br />
magnetresonanztomographischen Bildern mit Hilfe<br />
eines Rechners sehr genau bestimmt wird. Die<br />
Gesamt-Strahlendosis wird dabei häufig auf mehrere<br />
Wochen verteilt. Der Kopf des P<strong>at</strong>ienten wird mit<br />
einer Maske fixiert, damit er sich bei jeder Bestrahlung<br />
exakt in der gleichen Position befindet.<br />
Wirbelkanal von der knöchernen Wirbelsäule umschlossener<br />
Raum, der das Rückenmark aufnimmt<br />
ZNS Zentralnervensystem; wird gebildet von Gehirn und<br />
Rückenmark
Wichtige Adressen<br />
Deutsche Krebsgesellschaft e.V.<br />
Hanauer Landstraße 194<br />
60314 Frankfurt/Main<br />
Tel. 069 / 630 09 60<br />
www.krebsgesellschaft.de<br />
Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft<br />
der Deutschen<br />
Krebsgesellschaft (NOA)<br />
Sprecher Prof. Dr. M. Weller<br />
Neurologische Universitätsklinik<br />
Hoppe-Seyler-Straße<br />
72076 Tübingen<br />
Fax 07071 / 29 52 60<br />
E-Mail:<br />
michael.weller@uni-tuebingen.de<br />
Deutsche Krebshilfe e.V.<br />
Postfach 1476<br />
53004 Bonn<br />
Tel. 0228 / 729 90-0<br />
www.krebshilfe.de<br />
Krebsinform<strong>at</strong>ionsdienst des<br />
Deutschen Krebsforschungszentrums<br />
in Heidelberg (KID)<br />
Im Neuenheimer Feld 280<br />
69120 Heidelberg<br />
Tel. 06221 / 41 01 21<br />
www.krebsinform<strong>at</strong>ionsdienst.de<br />
Deutsche Arbeitsgemeinschaft<br />
Selbsthilfegruppen e.V.<br />
Friedrichstr. 28<br />
35392 Gießen<br />
Tel. 069 / 702 24 78<br />
61
62 Liter<strong>at</strong>ur & Internet<br />
Empfohlene Bücher:<br />
Deutsche Krebshilfe e.V. (Hg.)<br />
Gehirntumoren. Formen, Diagnostik, Behandlung. Ausgabe 1/99<br />
Weller M., Bornemann A., Brugger W. et al.<br />
Primäre <strong>Hirntumor</strong>en und ZNS-Metastasen.<br />
Aus der Schriftenreihe des Interdisziplinären Tumorzentrums Tübingen,<br />
3. Aufl. Okt. 2000<br />
Schaaf S.<br />
Diagnose und Therapie primärer <strong>Hirntumor</strong>en: Leitfaden für P<strong>at</strong>ienten<br />
und ihre Angehörigen.<br />
2. überarbeitete Auflage, Leipziger Universitätsverlag, 2000<br />
Schmoll H.-J., Höffken K., Possinger K. (Hg).<br />
Kompendium Internistische Onkologie.<br />
3. völlig überarbeitete Auflage, Springer Verlag, 1999<br />
Inform<strong>at</strong>ionen im Internet:<br />
Deutsche <strong>Hirntumor</strong>hilfe:<br />
www.hirntumor.net<br />
<strong>Hirntumor</strong>-Mailingliste:<br />
www.hirntumoren.de<br />
Neuroonkologische Inform<strong>at</strong>ionen:<br />
www.neurobox.de<br />
Leitlinien für die Diagnostik und<br />
Therapie von Gliomen:<br />
www.neuroonkologie.de/#leitlinien<br />
Wissenschaftliche Inform<strong>at</strong>ionen<br />
über Krebs (englisch):<br />
www.cancereduc<strong>at</strong>ion.com