Weitere Möglichkeiten der Haftvermeidung

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Probleme der überfüllten Haftanstalten Ltd. Reg. Jörn Foegen Welchen Beitrag kann der Justizvollzug zur Haftvermeidung leisten? Theo Wieczorek, ORR, Diplom-Psychologe, stellvertretender Vorsitzender des BSBD-NRW 16 Der Leitende Regierungsdirektor Jörn Foegen ergänzte die Ausführungen zum Projekt Maßstab e.V. und beantwortete die Frage nach der Entschärfung der Belastungssituation in den Haftanstalten durch gemeinnützige Arbeit wie folgt: Haftvermeidung ist eine rechtspolitisch bedeutsame Maßnahme, keinesfalls aber ein Instrument der Belegungssteuerung. Herr Foegen führte an, dass Haftvermeidung innerhalb der JVA nicht mehr greifen kann, hier muss es in erster Linie Anstrengungen zur „Haftverkürzung“ geben. Eine effektive Haftverkürzung kann auf Entgegen der Ankündigung in der Einladung zu dieser Veranstaltung beziehen sich meine Ausführungen nicht nur auf die Tätigkeit des allgemeinen Vollzugsdienstes, der ja nur einen Teil des Betreuungsangebotes einer JVA wahrnimmt, sondern auf alle Dienste einer JVA. Deshalb habe ich mir erlaubt, den Titel meines Kurzvortrags dahingehend zu ändern, dass ich von „Justizvollzug“ statt von „allgemeinem Vollzugsdienst“ spreche. Es ist anzumerken, dass der allgemeine Vollzugsdienst bei allen hier angesprochenen Dienstleistungen beteiligt ist. Die Diskussion um Haftvermeidung hat sicherlich eine Vielzahl von Intentionen und Motive. Neben politisch erzwungenen Sparmaßnahmen (Haftplätze sind teuer und personalintensiv), der notorischen Überbelegung und dem beängstigenden Personalnotstand in den Justizvoll- längere Sicht gesehen zur dauerhaften Haftvermeidung führen, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass gute Entlassungsbedingungen geschaffen sind. Eine Verkürzung kann zudem Kosten sparen, z.B. im Bereich der Haftkosten und der Sozialhilfe. Effektive Haftvermeidung ist in jedem Fall nur bei den entsprechenden Rahmenbedingungen möglich. Als die größten Problemfelder nannte er Personal, Ausstattung und Datenschutz. Die Haftvermeidung muss in seinen Augen vor allem in das Vorfeld verlagert und dort ausgebaut werden. zugsanstalten muss insbesondere bei kurzen Strafen die Sinnhaftigkeit einer Haftstrafe in Frage gestellt werden. Resozialisierung braucht Zeit. Kurze Strafen werden in der Regel einfach nur „abgesessen“, der Resozialisierungseffekt ist gleich null oder wird durch Prisionierungsschäden sogar ins Negative verkehrt. Ich möchte bei meinem Kurzvortrag nicht auf die vielen Vorschläge und Projekte eingehen, die sich mit der Haftvermeidung im Vorfeld einer Inhaftierung befassen, also etwa Vermeidung oder Verkürzung von U-Haft, Sanktionsalternativen zur Haftstrafe etc., und meinen Blick auf den Zeitraum der Inhaftierung beschränken. Aus meiner Sicht bieten sich in folgenden Bereichen Ansätze zur Haftvermeidung bzw. Verkürzung:
1. Vollzug der Untersuchungshaft – § 112 StPO 2. „Therapie statt Strafe“-Konzept – § 35 BtmG; 1. Vollzug der Untersuchungshaft Die Haftgründe des § 112 StPO sind im wesentlichen Flucht- und Verdunklungsgefahr. Erstere ist häufig anzunehmen, wenn der Beschuldigte keinen festen Wohnsitz hat. Hier können durch Betreuungsangebote der JVA etwa bei der Aufnahme (UvollzO Nr. 6) Einrichtungen und Projekte vermittelt werden, die Beschuldigten einen sicheren Wohnsitz zur Verfügung stellen, so dass die Fluchtgefahr deutlich reduziert ist. Oder es werden Kontakte zu 2. „Therapie statt Strafe“ Nach § 35 BtmG kann die Strafe bei einem Täter, der die Straftat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, zurückgestellt werden, um ihm die Teilnahme an einer seiner Rehabilitation dienenden Maßnahme zu ermöglichen. Im Erfolgsfall kann nach § 36 BtmG die Zeit der Behandlung auf die Strafe angerechnet werden und eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung erfolgen. Das Betreuungsangebot in jeder Justizvollzugsanstalt bietet ein qualifiziertes Programm der sozialen Hilfe für suchtmittelkranke Gefangene durch den Suchtkrankenhelfer, den es in jeder Anstalt gibt. Der Suchtkrankenhelfer – in der Regel ein Bediensteter des allgemeinen Vollzugsdienstes oder des Sozialdienstes 3. Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen Diese Form der Haftverbüßung erscheint aus vollzuglicher Sicht besonders problematisch. Auf Grund der Kürze der zu verbüßenden Strafe bleibt in der Regel wenig Raum für Betreuungsangebote. Ein Be- 3. Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen – § 43 StGB 4. Absehen von der Vollstreckung´– § 456a StPO Strafverteidigern hergestellt, die etwa im Rahmen einer Haftprüfung eine Aufhebung der U-Haft erwirken können. So arbeitet die Aufnahmeabteilung der JVA Essen (Sozial- und allgemeiner Vollzugsdienst) eng mit der Vereinigung der Strafverteidiger und dem Essener Verein für Betreuungshilfe zusammen. In Erfolg versprechenden Fällen kann schnell und unbürokratisch ein Strafverteidiger benannt und die Kostenübernahme geklärt werden. – berät Gefangene, leistet Motivationsarbeit, vermittelt Kontakte zu Drogenberatungsstellen, hilft bei der Suche von Therapieplätzen und Zusage der Kosten. Hierdurch können Entscheidungen des Gerichts so weit vorbereitet werden, dass eine Unterbrechung der Haft zur Durchführung einer Therapiemaßnahme Erfolg versprechend erscheint. Wenn mit dem Haushalt 2003 Einsparungen bei der externen Suchtberatung (AWO, Diakonie, Charitas u.a.) angedacht werden, ist dies objektiv ein schwerer Schlag gegen die Strategie der Haftvermeidung. Jeder Suchtberater bewirkt durchschnittlich pro Jahr 20 bis 25 Vermittlungen von suchtmittelabhängigen Gefangenen in externe Therapie- handlungsangebot findet nicht statt. Die Klientel, die plötzlich aus ihren normalen Lebensbezügen gerissen wird, ist unmotiviert, oft suizidal und häufig auch wenig lebenstüchtig. Durch ihre häufig 5. vorzeitige Entlassung – §§ 57f und 57a StGB bzw. §§ 88ff JGG 6. Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung nach – § 124 StVollzG Wegen personeller Engpässe kann diese Maßnahme nicht in dem Umfang umgesetzt werden, wie es nötig wäre. Seit Herbst 1996 führt der „Kölner Verein für eine soziale Zukunft Maßstab e.V.“ in der JVA Köln ein Projekt „Haftvermeidung/ Haftverkürzung“ durch. Vergleichbare Maßnahmen werden in der JVA Düsseldorf von der „Hafthilfe e.V.“ angeboten. einrichtungen. Bei einem Kostensatz von 85 Euro pro Unterbringung im Strafvollzug kostet dem Land der Wegfall externer Suchtberater demnach mindestens 620.000 Euro, weil die nicht vermittelten Gefangenen im Vollzug verbleiben. Der Vollzug kann mit dieser Klientel relativ wenig anfangen, weil die Grundproblematik der Suchtmittelabhängigkeit vor jeder vollzuglichen Behandlung gelöst werden muss. Von daher plädiert der BSBD dafür, nicht an falscher Stelle den Rotstift anzusetzen, zumal der Wegfall externer Suchtberater durch Kräfte des Vollzuges nicht aufgefangen werden könnte. hysterischen und neurotischen Reaktionen binden sie in kurzer Zeit große Teile des Personals einer JVA. Wenn kein Geld vorhanden ist, sitzen sie ihre Ersatzfreiheitsstrafe weitgehend sinnlos ab. Oft könnte 17
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