9 - UPDATE

064_helden der heimat. singing u
STÄRKE UND
WEISHEIT:
AM SIGGI MIT
SINGING U
„Als es hieß, dass ich nach
Deutschland gehe, konnte
meine Mutter nicht glauben,
dass ich wegziehe. Ich habe
ihr gesagt, dass ich auf Tour
gehe, habe ein paar wenige
Sachen gepackt und ihr einen
Kuss gegeben. Auch meine
Freunde in Jamaika wollten es
nicht glauben und meinten,
dass die Leute, `die unsere
Musik gestohlen haben´
mich nur verarschen wollen.
Aber so starten neue Dinge.
Du weißt nie was im Leben
passiert, du weißt nie, was
morgen passiert.“
Für Edward Wilson starten neue Dinge
mit seiner allerersten Reise in einem Flugzeug,
das ihn und seine damalige Band von Jamaika
zum Düsseldorfer Flughafen befördert.
„Es war November oder Dezember
und ich wusste eigentlich nicht
viel über Deutschland. Ich kam in
kurzen Hosen und einem Shirt an
und mich traf dieser Wind! Und ich
hatte vorher noch nie Schnee gesehen!“,
erinnert er sich lachend.
16 Jahre später sitzen wir am Siegfriedplatz
in Bielefeld. In der Zwischenzeit
hat Edward unter dem Künstlernamen Singing
U von sich reden gemacht und ist ein
geschätzter Bestandteil der deutschen Reggae-Szene.
Die beiden Alben „Progressive“
und „Journey to Israel“ gehen genau so auf
sein Konto wie etwa ein Gastbeitrag auf D-
Flames „Daniel X“-Platte.
Bei unserem Treff en an einem sonnigen
August-Nachmittag trägt der Sänger ein Trikot
seiner Heimat, während seine langen
Dreads von einer Art Turban gebändigt werden
- er sieht im wesentlichen also so aus,
wie man sich einen auf Jamaika geborenen
Reggae-Künstler für gewöhnlich vorstellt.
Das liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass
er seine Musik, seine Kultur einfach absolut
lebt und postwendend ins Schwärmen gerät:
„Reggae ist Musik, die dir
den Stress vom Hals hält, die dir
ein leichtes Gefühl gibt, dass alle
Probleme weg sind. In anderen
Genres wie Pop oder House geht
es viel um Geld, aber Reggae ist
Musik für Herz und Seele. Leider
lassen sich viele Leute gerne eine
Fantasie verkaufen und lassen
gute Musik links liegen. Wenn
man ein bisschen Bob Marley
oder Peter Tosh hört, fühlt man
sich einfach wunderbar…ein
guter Vibe, rauchen, essen, mit
den Freunden chillen…ich liebe
Reggae, Mann.“
Mit bloßer Liebe ist es für den gut
aufgelegten Musiker, der auch unter
dem Alias Bobo Yisrael fi rmiert, jedoch
nicht getan.
„Bielefeld ist die Stadt, in der
ich Reggae-Musik repräsentieren
möchte. Ich freue mich
über alle Leute in Bielefeld, die
mit mir singen und mithelfen,
dass dieses Licht über der Stadt
und ganz Deutschland leuchtet.
Die Leute kennen mich als
Singing U und wissen, dass ich
immer meine Musik mache –
es ist mein einziger Weg. Ich
frage die Leute nach etwas
Hilfe und Stärke! Ich hoff e auf
Feedback der Leute; dass sie
mich in meiner Musik bestärken.
In Deutschland gibt es
viele Reggae-Künstler, die etwas
`Upliftment´ gebrauchen
könnten, denn wir sind die
nächste Generation.“
Oberfl ächlicher Reggae oder kommerzieller
Dancehall, in dem es nur um
„Geld, Bling Bling und darum,
eine Frau zur Schlampe zu machen“
geht, können Edward derweil
gestohlen bleiben. „Soetwas ist Müll.