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E-Learning: Theorie und betriebliche Praxis - Mediendidaktik ...

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek<br />

Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation<br />

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische<br />

Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar<br />

ISBN 3-602-14002-4<br />

Herausgegeben vom<br />

Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />

Redaktion: Helmut E. Klein, Reinhard Zedler<br />

Redaktionsassistenz: Ines Pelzer<br />

© 2004 Deutscher Instituts-Verlag GmbH<br />

Gustav-Heinemann-Ufer 84 – 88, 50968 Köln<br />

Postfach 51 06 70, 50942 Köln<br />

Telefon (02 21) 49 81-4 52<br />

Fax (02 21) 49 81-4 45<br />

Internet: www.divkoeln.de<br />

E-Mail: div@iwkoeln.de


E-<strong>Learning</strong>: <strong>Theorie</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>betriebliche</strong> <strong>Praxis</strong><br />

Fallstudien aus der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Bildungsarbeit


Inhalt<br />

Vorwort<br />

3<br />

Seite<br />

Helmut E. Klein / Reinhard Zedler<br />

E-<strong>Learning</strong>: <strong>Theorie</strong> <strong>und</strong> <strong>betriebliche</strong> <strong>Praxis</strong> 5<br />

1 Bestandsaufnahme<br />

Thomas Reglin<br />

Zwischen Effizienzversprechen <strong>und</strong> Sachzwang<br />

auf dem Weg zu einer systematischen Zielreflexion<br />

im E-<strong>Learning</strong> 9<br />

Helmut E. Klein<br />

E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong>. Ergebnisse einer<br />

Unternehmensbefragung in der Metall- <strong>und</strong><br />

Elektro-Industrie 35<br />

2 Betriebliche Bildungsarbeit/Fallstudien<br />

Hubert Kapp / Jürgen Föllinger / Annette Groß<br />

Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der Berufsbildung –<br />

das Beispiel der BASF AG 69<br />

Stefanie Koller<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Berufsbildung bei der Siemens AG 83<br />

Dirk Jakobs<br />

Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der Produktion –<br />

Voraussetzungen für Programme bei DaimlerChrysler 93


4<br />

Marion Bagusat / Stephan Rudolph u. a.<br />

E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Blended-<strong>Learning</strong> in der Berufsausbildung<br />

– ein <strong>Praxis</strong>bericht aus der Allianz Versicherungs AG 111<br />

Thomas Hagenhofer<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Medienbranche 126<br />

Bernd Leuchter<br />

E-<strong>Learning</strong> bei einem Weiterbildungsträger<br />

– Chancen <strong>und</strong> Risiken 146<br />

3 Zusammenfassung<br />

Helmut E. Klein / Reinhard Zedler<br />

Den Wandel gestalten: E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Lernkultur – Trends <strong>und</strong> Bedingungen 157<br />

Die Autoren 165


Vorwort<br />

Helmut E. Klein/Reinhard Zedler (Hrsg.):<br />

E-<strong>Learning</strong>: <strong>Theorie</strong> <strong>und</strong> <strong>betriebliche</strong> <strong>Praxis</strong><br />

5<br />

E-<strong>Learning</strong> als neue Form des Lehrens <strong>und</strong> Lernens wird in den letzten<br />

vier Jahren im gesamten Bildungswesen viel diskutiert. Es ist aber nicht<br />

bekannt, inwieweit E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong> tatsächlich genutzt<br />

wird. Diese Lücke versucht die Veröffentlichung mit neun Beiträgen<br />

zu schließen.<br />

Die Beiträge sind drei Abschnitten zugeordnet: Im ersten Teil geht es<br />

um eine Bestandsaufnahme. Hierzu gehört ein Artikel über eine systematische<br />

Reflexion der Ziele, die mit E-<strong>Learning</strong> verb<strong>und</strong>en werden. Zudem<br />

gehört dazu ein Ergebnisbericht einer Befragung des Instituts der deutschen<br />

Wirtschaft Köln (IW) über die Verbreitung der neuen Lernform in<br />

der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie. Der zweite Abschnitt enthält Fallstudien<br />

<strong>und</strong> dokumentiert, wie in Großbetrieben der M+E-Industrie E-<strong>Learning</strong><br />

eingesetzt wird (Siemens/DaimlerChrysler). Außerdem gehören dazu Studien<br />

der BASF AG <strong>und</strong> der Allianz Lebensversicherungs AG über den<br />

Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der Berufsausbildung. Den Abschluss dieses<br />

Abschnitts bilden zwei Artikel über den Einsatz dieser neuen Lernform in<br />

der Medienbranche <strong>und</strong> bei einem Weiterbildungsträger. Die Verantwortung<br />

für die Inhalte liegt bei den Autoren. Im dritten Teil erläutern die<br />

Herausgeber thesenartig Bedingungen des Einsatzes von E-<strong>Learning</strong> in der<br />

<strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit.<br />

Was erwartet Sie in den Einzelbeiträgen?<br />

In der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit richtet sich eine Vielfalt von Erwartungen<br />

auf E-<strong>Learning</strong>. In der Debatte dominieren seit geraumer Zeit Fragen<br />

des Verfahrens („wie“), aber die Reflexion der Ziele („wozu“) ist


6<br />

weitgehend ausgeblendet. In seinem Beitrag plädiert Thomas Reglin für<br />

die Aufnahme des Zieldiskurses <strong>und</strong> unterscheidet zwischen betriebswirt-<br />

schaftlichen <strong>und</strong> betriebspädagogischen Zielen. Eine solche Reflexion der<br />

Ziele fördert zum einen die Abgrenzung <strong>und</strong> Systematisierung der mit E-<br />

<strong>Learning</strong> zu erreichenden Bildungsziele. Zudem wird damit ein überlegte-<br />

rer Einsatz der Potenziale neue Lernmedien angeregt. Schließlich wächst<br />

damit die Transparenz für die Nutzer der Lernmedien.<br />

Im Beitrag von Helmut E. Klein werden die Ergebnisse einer IW-<br />

Unternehmensbefragung in der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie dargestellt.<br />

Dabei wird deutlich, dass jeder vierte befragte M+E-Betrieb E-<strong>Learning</strong><br />

zur Weiterbildung der Mitarbeiter in verschiedenen Formen einsetzt: In<br />

neun von zehn dieser Unternehmen gehört das Computer Based Training<br />

(CBT) zum Standardangebot; gut jeder zweite E-<strong>Learning</strong>-aktive Betrieb<br />

bietet Web Based Training (WBT) an <strong>und</strong> zwei von fünf dieser Unternehmen<br />

realisieren „Blended <strong>Learning</strong>“, das computergestütztes Lernen mit<br />

Seminaren, Lernberatung <strong>und</strong> Tutoring kombiniert. Die IW-Befragung hat<br />

neben diesen Lernformen weitere wichtige Aspekte des Einsatzes von E-<br />

<strong>Learning</strong> in der M+E-Industrie erhellt, nämlich zum Zugang, dem Einsatz<br />

in den Unternehmensbereichen, den Lernorten, der Lernzeit, den Kosten<br />

<strong>und</strong> dem Nutzen sowie der künftig eingeschätzten Bedeutung <strong>und</strong> den<br />

künftigen Themen von E-<strong>Learning</strong>.<br />

Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme wird im Abschnitt der Fallstudien<br />

der vielfältige Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in Großbetrieben, aber auch<br />

in einigen Branchen <strong>und</strong> bei einzelnen Weiterbildungsträgern verdeutlicht.<br />

Im Beitrag von Jürgen Föllinger, Annette Groß <strong>und</strong> Hubert Kapp wird<br />

herausgestellt, dass die BASF-Weiterbildung seit längerem die Strategie<br />

verfolgt, das eigenverantwortliche Lernen zu fördern. Dabei ist E-<strong>Learning</strong><br />

eine von mehreren Methoden, mit denen das eigenverantwortliche Lernen<br />

der Mitarbeiter gefördert werden kann. Das Unternehmen hat die Erfahrung<br />

gemacht, dass die Kombination aus E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Präsenztraining –<br />

also ein Blended-<strong>Learning</strong>-Konzept – die besten Ergebnisse <strong>und</strong> die größte<br />

Akzeptanz bei den Lernenden erbringt.


7<br />

Im Beitrag von Stefanie Koller wird der Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der<br />

Berufsausbildung von Siemens beleuchtet. Auch hier wird betont, dass es<br />

keinen Sinn machte, E-<strong>Learning</strong> isoliert einzusetzen. Vielmehr hat sich das<br />

Konzept des Blended <strong>Learning</strong> als erfolgreich erwiesen. In der Berufsausbildung<br />

setzt Siemens insgesamt 200 CBT‘s <strong>und</strong> WBT’s ein. In der technischen<br />

Ausbildung lernen die Auszubildenden mit dem Lernprogramm erst<br />

das fachlich richtige Vorgehen am Computer, bevor sie die Maschine in<br />

der <strong>Praxis</strong> bedienen. Besonders hoch ist der Einsatz von Lernprogrammen<br />

naturgemäß im IT-Bereich.<br />

Die meisten E-<strong>Learning</strong> Angebote haben in den Unternehmen zur Zielgruppe<br />

Mitarbeiter von der Sachbearbeiterebene bis zum Management, wie<br />

Untersuchungen belegen. Vielfach werden gewerbliche Mitarbeiter aus<br />

Produktionsbereichen ausschließlich in Präsenzmaßnahmen qualifiziert.<br />

Dirk Jakobs berichtet in seinem Beitrag, wie bei DaimlerChrysler die Voraussetzungen<br />

geschaffen wurden, dass E-<strong>Learning</strong> in der Qualifizierung<br />

auch gewerblicher Mitarbeiter produktiver Bereiche eingesetzt werden<br />

konnte.<br />

In dem Beitrag von Marion Bagusat <strong>und</strong> Stephan Rudolph wird die<br />

Entwicklung einer standortübergreifenden, intranetbasierten Lern- <strong>und</strong><br />

Kommunikationsplattform für die Berufsausbildung bei der Allianz AG<br />

von der ersten Idee bis zur Realisierung der fertigen Plattform skizziert. Es<br />

werden Auswirkungen des Einsatzes auf die Lernkultur <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

mit technologiegestütztem selbstgesteuerten Lernen diskutiert. Am Ende<br />

wird anhand zweier Beispiele die Integration des E-<strong>Learning</strong>-Ansatzes in<br />

ein abwechslungsreiches Blended-<strong>Learning</strong>-Konzept dargestellt.<br />

In dem Beitrag von Thomas Hagenhofer geht es um den Einsatz von E-<br />

<strong>Learning</strong> in der Medienbranche. Dabei wird dargestellt, wie im Projekt<br />

„Mediengestalter/in 2000plus“ die Onlinestellung des LernCenters<br />

2000plus entwickelt wurde. Dieses LernCenter richtet sich an Ausbilder,<br />

Berufsschullehrer wie auch an Auszubildende. Herausgestellt wird, dass


8<br />

mit dem LernCenter die Qualifizierung direkt am Arbeitsplatz oder an je-<br />

dem anderen beliebigen Ort stattfinden kann.<br />

Die neue Lernform des E-<strong>Learning</strong> fordert nicht nur die <strong>betriebliche</strong><br />

Bildungsarbeit heraus, sondern auch Weiterbildungsträger. Bernd Leuch-<br />

ter erläutert in seinem Beitrag, wie nach Abwägen <strong>und</strong> dem Vergleich von<br />

Chancen <strong>und</strong> Risiken des E-<strong>Learning</strong> im Weiterbildungskonzept der IHK<br />

zu Köln ein leittextgestütztes Blended-<strong>Learning</strong>-System entwickelt wurde.<br />

Es wird bei der Betreuung durch die Dozenten <strong>und</strong> durch die Interaktion<br />

von Teilnehmern <strong>und</strong> Dozenten weiterentwickelt.


1 Bestandsaufnahme<br />

9<br />

Thomas Reglin:<br />

Zwischen Effizienzversprechen <strong>und</strong> Sachzwang:<br />

Auf dem Weg zu einer systematischen Zielreflexion<br />

im E-<strong>Learning</strong><br />

Auf die Nutzung elektronischer Lernmedien, insbesondere des Internets,<br />

in Prozessen lebenslangen Lernens richten sich außerordentlich hohe Erwartungen.<br />

Die gegenwärtige theoretische Diskussion um das E-<strong>Learning</strong><br />

stellt Fragen der Gestaltung von Instruktionsdesigns einerseits, der Implementierung<br />

von E-<strong>Learning</strong> in organisationalen Kontexten andererseits in<br />

den Mittelpunkt. Weite Teile dieser Diskussion sind durch die Frage bestimmt,<br />

wie E-<strong>Learning</strong> als Mittel der Effizienzsteigerung beruflicher Bildung<br />

zu handhaben sei. Der Ausgangspunkt kann dabei pädagogisch sein<br />

(Stichworte: Individualisierung des Lernens, Lernen mit allen Sinnen) oder<br />

betriebswirtschaftlich (Stichworte: Flexibilisierung <strong>betriebliche</strong>r Bildung,<br />

Einsparung von Freistellungs-, Reise- <strong>und</strong> Unterbringungskosten für weiterzubildende<br />

Mitarbeiter). Die mit dem Medieneinsatz verfolgten Ziele<br />

(„was“) sind in der Analyse der Potenziale computergestützten Lernens<br />

zwar durchgehend präsent. Doch Fragen des Verfahrens („wie“) dominieren<br />

die Debatte. Die jeweils verfolgten Ziele scheinen sich sozusagen von<br />

selbst zu verstehen.<br />

Die weit verbreitete Klage über die Techniklastigkeit der <strong>Theorie</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Praxis</strong> von E-<strong>Learning</strong> hat darin einen ihrer Gründe. Kritik an der Dominanz<br />

technischer Überlegungen, Kalküle <strong>und</strong> Entscheidungen bei der<br />

Durchführung von E-<strong>Learning</strong>-Projekten hat sich in der Literatur zur „Virtuellen<br />

Berufsbildung“ fast schon zum feststehenden Topos verfestigt. 1<br />

Gewarnt wird vor einem blinden Effizienzglauben, der sich bereits von der<br />

1 Kerres, 2001, 86 f./Dichanz, Ernst, 46 f./Glatt, 2002, XVff./Haas-Hoppe,<br />

2002, 96 f./Hasebrook-Otte, 2002, 10 <strong>und</strong> viele andere)


10<br />

bloßen Tatsache des Einsatzes von Hyper- <strong>und</strong> Multimedien eine Verbesserung<br />

der Qualität beruflicher Bildungsarbeit erwartet.<br />

Von der Aufnahme des vorgeschlagenen Zieldiskurses können <strong>Theorie</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Praxis</strong> mediengestützten Lernens mindestens in dreifacher Hinsicht<br />

profitieren:<br />

1. E-<strong>Learning</strong> wird nicht selten als Universalschlüssel für alle erdenklichen<br />

Bildungsprobleme präsentiert. Abgrenzung <strong>und</strong> Systematisierung<br />

der mit E-<strong>Learning</strong> zu erreichenden Bildungsziele können zu einer Versachlichung<br />

der Diskussion beitragen.<br />

2. Ein überlegterer Einsatz der Potenziale neuer Lernmedien wird angeregt.<br />

Gelingt es, die Frage nach anzustrebenden Zielen <strong>und</strong> dafür einzusetzenden<br />

Mitteln mit größerer Schärfe zu stellen, sind Profilgewinne<br />

für die einzelnen Lernmedien zu erwarten.<br />

3. Damit wächst auch die Transparenz für Lernende <strong>und</strong> <strong>betriebliche</strong> Weiterbildner.<br />

Den Nutzern der Lernmedien können Informationen angeboten<br />

werden, die über die Formulierung atomistischer Lernziele („Nach<br />

der Bearbeitung der Lerneinheit können Sie eine einfache HTML-Seite<br />

erstellen“) hinausgehen <strong>und</strong> es erlauben, Multimedia-Produkte oder -<br />

Produktlinien in übergreifende Bildungsstrategien einzuordnen.<br />

Zielreflexion im E-<strong>Learning</strong><br />

Die Zielreflexion erreicht heute in der <strong>Theorie</strong> des E-<strong>Learning</strong> nicht annähernd<br />

das Niveau, auf dem sie sich in der Allgemeinen Pädagogik <strong>und</strong><br />

längst auch in der Berufspädagogik bewegt. Das hat unterschiedliche<br />

Gründe.<br />

• Betriebliche Weiterbildner sehen in E-<strong>Learning</strong> oft das Ökonomisierungsmittel.<br />

Die Erzielung von Einsparungseffekten stellt sich als letzter<br />

Zweck der Nutzung elektronischer Lernmedien dar. Nicht das Produkt<br />

‚<strong>betriebliche</strong> Weiterbildung’ hat sich demnach verändert (oder<br />

muss sich verändern). Lediglich der Umfang der Weiterbildungserfordernisse<br />

ist, <strong>und</strong> zwar in erheblichem Umfang, angewachsen. E-


11<br />

<strong>Learning</strong> schafft Abhilfe, weil es eine Ausweitung der Weiterbildungs-<br />

aktivitäten bei tragbaren Kosten ermöglicht. 2 Es gilt also, ein im Kern<br />

unverändertes Produkt in neuer Form anzubieten. In dieser Optik erscheint<br />

eine – erneute – Reflexion von Bildungszielen als überflüssig.<br />

Das hat im übrigen erhebliche didaktische Mängel der Lehrmedien zur<br />

Folge, wenn direktive Formen der Unterweisung, die in Lehrgang <strong>und</strong><br />

Seminar längst überw<strong>und</strong>en schienen, ausgerechnet in elektronischer<br />

Nachbildung wieder aufleben. 3<br />

• Ein guter Teil der anbieternahen E-<strong>Learning</strong>-Publizistik hatte sich in<br />

den Dienst jener „Euphorie“ gestellt, die erst mit den Zusammenbrüchen<br />

am Neuen Markt – also aus einem denkbar unpädagogischen<br />

Gr<strong>und</strong> – fraglich geworden ist. Dieser Übergang zu einem Zustand<br />

„zwischen Euphorie <strong>und</strong> Ernüchterung“ hat bekanntlich einer berühmt<br />

gewordenen E-<strong>Learning</strong>-Marktforschungsstudie den Titel gegeben. 4<br />

Theoretische K<strong>und</strong>gaben ordneten sich deutlich dem Produkt- oder<br />

Projektmarketing unter.<br />

• In der empirischen medienpädagogischen Forschung war bereits seit<br />

den 40er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts – also einige Jahrzehnte vor<br />

Beginn der E-<strong>Learning</strong>-Ära – das Paradigma der komparativen Wirkungsanalyse<br />

beherrschend. 5 Medien werden hier als zielneutrale Mittel<br />

von unterschiedlicher Wirkmacht betrachtet, die es durch differenzielle<br />

Forschung dingfest zu machen, d. h. möglichst zu quantifizieren<br />

gilt. Soweit eine Reflexion auf Erziehungs- oder Bildungsziele geboten<br />

scheint, hat sie demnach ihren Ort nicht in der Medienpädagogik.<br />

• Die mediendidaktische <strong>Theorie</strong>bildung zum E-<strong>Learning</strong> versteht sich<br />

weitgehend als Hilfsdisziplin der Medien-Entwicklung, die „Gr<strong>und</strong>lagen<br />

für die professionelle Produktion didaktischer Medien“ 6 vermitteln<br />

will. Die Zielsetzung wird dabei meist als gegeben vorausgesetzt oder<br />

2 Dittler, 2002, 15<br />

3 Severing, 2003<br />

4 KPMG Consulting, 2001<br />

5 Weidenmann, o. J., 498ff.<br />

6 Kerres. 2001, 5


12<br />

eher en passant abgehandelt. Die umfassende Darstellung, die dieser<br />

Zweig der Forschung bei Kerres gef<strong>und</strong>en hat, schließt freilich auch<br />

eine gründliche Behandlung der mit E-<strong>Learning</strong>-Projekten verfolgten<br />

Ziele ein. 7 Das Kapitel „Begründungsmuster für digitale Medien“ be-<br />

nennt die Standpunkte unterschiedlicher Stakeholder von E-<strong>Learning</strong>-<br />

Projekten <strong>und</strong> schließt dabei auch solche Zielvorstellungen nicht aus,<br />

„die sich als problematisch erweisen können“. 8 Dem Erkenntnisinteresse<br />

der Arbeit entsprechend kommen sie aber vor allem als im Kontext<br />

von E-<strong>Learning</strong>-Projekten relevante erfolgskritische Faktoren – <strong>und</strong><br />

nur insofern als Gegenstand einer kritischen Diskussion – in den Blick.<br />

Die weitgehende Ausblendung der Zieldiskussion kontrastiert eigentümlich<br />

damit, dass sich mit der Einführung von E-<strong>Learning</strong> bei vielen Autoren<br />

immerhin die Erwartung einer „Wissensrevolution“ 9 verknüpft, also<br />

mehr <strong>und</strong> anderes als die Hoffnung, gr<strong>und</strong>sätzlich unveränderte Ziele<br />

könnten sich künftig rascher, müheloser <strong>und</strong> mit geringerem ökonomischem<br />

Aufwand erreichen lassen. Die Erneuerungsrhetorik des E-<br />

<strong>Learning</strong>-enthusiastischen Diskurses verlöre ihren Sinn, würden sich mit<br />

neuen Medien nicht der Gründungshypothese der modernen Medientheorie<br />

entsprechend Handlungsräume – also Bedingungen der Möglichkeit von<br />

Zielsetzungen – verändern. 10<br />

Die Vielfalt der Erwartungen, die sich in der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung,<br />

aber auch in anderen institutionellen Kontexten auf E-<strong>Learning</strong> richten,<br />

wird treffend durch das folgende Zitat zusammengefasst.<br />

„Unternehmen schließen sich zu Weltkonzernen zusammen <strong>und</strong> müssen<br />

deshalb sehr schnell ihre Mitarbeiter global mit aktuellem Wissen versorgen,<br />

um die weltweite Implementierung der Konzernstrategie sicherzustellen.<br />

Nur ein gezielter Informations- <strong>und</strong> Wissenstransfer, der sehr individuell<br />

auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten sein muss, kann<br />

7 vgl. Kerres, 85 – 94<br />

8 ebd., 93, Hervorhebung im Original<br />

9 Gottwald/Sprinkart, 2000, 9<br />

10 McLuhan, 1995


13<br />

Innovation, Geschwindigkeit <strong>und</strong> Profitabilität gewährleisten. (...) Die<br />

neuen Medien erweitern nicht nur die klassische Wissensvermittlung um<br />

zusätzliche multimediale Elemente. Sie ermöglichen vor allem den zeit<strong>und</strong><br />

ortsungeb<strong>und</strong>enen Zugriff auf Wissen. Die Lernenden können so flexibel<br />

<strong>und</strong> bei Bedarf die multimedialen Bildungsangebote unabhängig von<br />

tradierten Zeitrastern kosteneffizient nutzen, ohne auf Kommunikation <strong>und</strong><br />

Interaktion verzichten zu müssen“. 11<br />

Welche Zieldefinitionen sind es, die hier – implizit oder explizit – zum<br />

Ausdruck gebracht werden?<br />

• Die Mitarbeiter sollen das jeweils aktuell ‚Nötige’ lernen.<br />

• Informationen sollen innerhalb von Weltkonzernen global, <strong>und</strong> zwar<br />

rasch, verfügbar sein.<br />

• Es gilt, individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter zu berücksichtigen.<br />

• E-<strong>Learning</strong> soll zum ökonomischen Erfolg des Unternehmens beitragen,<br />

unterliegt also auch selbst dem betriebswirtschaftlichen Kalkül<br />

(Kosteneffizienz).<br />

• Multimedia erweitert die Mittel <strong>betriebliche</strong>r Weiterbildung, was nur<br />

dann der Erwähnung wert sein kann, wenn sich damit die Erwartung<br />

höherer Wirksamkeit verbindet.<br />

• Auf Wissen kann jederzeit <strong>und</strong> von jedem Ort aus nach Bedarf zugegriffen<br />

werden.<br />

• Dabei kann netzgestützt kommuniziert werden.<br />

Einige dieser Ziele sind schon dadurch zu erreichen, dass überhaupt<br />

Wissensinhalte innerhalb einer technisch tragfähigen Client-Server-<br />

Architektur zur Verfügung gestellt werden (Zugriff jederzeit <strong>und</strong> an jedem<br />

Ort). Bei anderen ist ein solcher Automatismus nicht gegeben: Sie erfordern<br />

beträchtliche didaktisch-organisatorische Vorkehrungen (Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Interaktion). Manche scheinen untereinander schwer verträg-<br />

11 Kraemer, Personalwirtschaft 2001/1, 22


14<br />

lich: rasche weltweite Bereitstellung von Wissen auf der einen, Individua-<br />

lisierung auf der anderen Seite.<br />

Durchgehend wird deutlich, dass im E-<strong>Learning</strong>-Diskurs von einem<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Wandel <strong>betriebliche</strong>r Bildung die Rede ist. Dieser wird jedoch<br />

zumeist als quantitatives Phänomen aufgefasst <strong>und</strong> durchgehend als<br />

Effizienzproblem behandelt. Insbesondere werden Zieldefinition <strong>und</strong> Potenzialanalyse<br />

nicht streng geschieden: Ziele, die mit den Lernmedien verfolgt<br />

werden, kommen als Möglichkeiten in den Blick, die diese Medien<br />

bieten. In dem Maße wie dies geschieht, kann verschiedenstes Wünschbares<br />

unvermittelt nebeneinander stehen bleiben. Vereinbarkeitsprüfung, Abgleich<br />

<strong>und</strong> Priorisierung unterbleiben.<br />

Betriebswirtschaftliches Ziel: Ökonomisierung <strong>betriebliche</strong>r Bildung<br />

Vor allem während der ersten Welle netzgestützten Lernens (beginnend<br />

mit dem sich entwickelnden Internet-Boom Mitte der 90er Jahre) ist kaum<br />

ein Argument häufiger für E-<strong>Learning</strong> ins Feld geführt worden als dasjenige<br />

der Kostenreduktion. Noch in der oben zitierten Ausgabe der „Personalwirtschaft“<br />

mit dem Schwerpunkt E-<strong>Learning</strong> (2001/1), spielte das Kostenargument<br />

in drei von fünf Artikeln eine entscheidende Rolle. 12<br />

Daneben wurde – ebenfalls zu Beginn des Internet-Booms – häufig die<br />

Befürchtung geäußert, Lernen via Internet sei eine besonders teure Weiterbildungsform.<br />

Begründet wurde dies mit der erforderlichen Ausstattung<br />

(multimediafähige Rechner, Internetzugang). Die Befürchtung, unkontrolliertes<br />

Web-Surfen der Mitarbeiter nicht steuern zu können, trat bei vielen<br />

Unternehmen hinzu. Diese Befürchtungen spielen heute angesichts der rasanten<br />

Ausbreitung des Internets <strong>und</strong> seiner Integration in verschiedenste<br />

Geschäftsprozesse im Zeichen von E-Business <strong>und</strong> E-Commerce kaum<br />

noch eine Rolle. 13<br />

12<br />

Vgl. insbesondere Johansson: „Online-Lernen ist 20 Prozent effektiver“, ebd.,<br />

42 – 45<br />

13<br />

Michel/Heddergott/Hoffmann, 2000, 41; Reglin/Severing, 2003, 16


15<br />

Die vorliegenden Unternehmensbefragungen zum <strong>betriebliche</strong>n E-<br />

<strong>Learning</strong> zeigen in diesem (wie in vielen anderen) Punkten kein einheitli-<br />

ches Bild. Zwar ist ihnen zu entnehmen, dass betriebswirtschaftliche Über-<br />

legungen bei der Einführung von E-<strong>Learning</strong> eine wesentliche Rolle spie-<br />

len. Aber die Auswertung der Studien wirft doch erhebliche Probleme auf,<br />

die an zwei Beispielen näher erläutert seien.<br />

Die an der unicmind.com-Studie 14 beteiligten Praktiker aus den Betrie-<br />

ben zeigen sich bei der Kosten-Nutzen-Analyse des E-<strong>Learning</strong> zwar sowohl<br />

an berufspädagogisch-didaktischen als auch an betriebswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten interessiert. Aber die Gewichtung erfolgt hier doch<br />

mit bemerkenswerter Eindeutigkeit, wenn der Gesichtspunkt der Kostensenkung<br />

70 Prozent der Nennungen auf sich vereint <strong>und</strong> so mit weitem Abstand<br />

an der Spitze liegt. Die Merkmale auf dem zweiten <strong>und</strong> dritten Platz<br />

– „Schulung aktueller Themen“ <strong>und</strong> „Hohe Aktualität“ – sind wenig trennscharf.<br />

Prima facie scheinen sie zu inhaltlichen Zielsetzungen überzuleiten.<br />

Tatsächlich bringen aber auch sie einen ökonomischen Gesichtspunkt<br />

ins Spiel. Gr<strong>und</strong>sätzlich lassen sich aktuelle Themen ja in jedem Medium<br />

vermitteln. Bei Einsatz von Autorenteams <strong>und</strong> modernen Produktions- <strong>und</strong><br />

Distributionsverfahren wären in diesem Punkt durchaus auch das klassische<br />

Buch oder, im Falle hohen kontinuierlichen Aktualisierungsbedarfs,<br />

die Loseblatt-Sammlung <strong>und</strong> die Zeitschrift (zumindest annähernd) konkurrenzfähig.<br />

Eindeutig fällt der Vergleich nur dann aus, wenn an die Distributionskosten<br />

gedacht wird. Die Änderung von Lernmedien auf dem<br />

zentralen Bildungsserver z. B. eines Unternehmens-Intranets mag gegenüber<br />

nicht-netzgestützten Angeboten einen gewissen Zeitvorteil bringen.<br />

Vor allem aber ist sie im Vergleich zu Neuproduktion <strong>und</strong> Versand von<br />

Printmaterialien oder CD-ROMs konkurrenzlos billig.<br />

14 Riekhof/Schüle, 2002


16<br />

Abbildung 1<br />

Chancen von E-<strong>Learning</strong> - in Prozent<br />

keine Vorteile<br />

höhere Qualität<br />

höhere Motivation<br />

besserer Lernerfolg<br />

flexibleres Lernen<br />

hohe Aktualität<br />

Schulung aktueller Themen<br />

Kostensenkung<br />

Chancen von E-<strong>Learning</strong> (n = 76)<br />

Quelle: Riekhof/Schüle 2002, 123<br />

3<br />

7<br />

9<br />

Mit dem flexibleren Lernen wird ein betriebs- <strong>und</strong> weiterbildungsorganisatorischer<br />

Gesichtspunkt benannt. Weit abgeschlagen folgen die im engeren<br />

Sinne berufspädagogischen Argumente „Besserer Lernerfolg“, „Höhere<br />

Motivation“ <strong>und</strong> „Höhere Qualität“.<br />

Völlig andere Ergebnisse hatte eine repräsentative Befragung kleiner<br />

<strong>und</strong> mittlerer Unternehmen der MMB – Michel Medienforschung <strong>und</strong> Beratung<br />

<strong>und</strong> des PSEPHOS-Instituts für Wahlforschung <strong>und</strong> Sozialwissenschaft<br />

im Oktober 1999 erbracht. 15 Mit dem „selbstgesteuerten Lernen“<br />

nahm hier bei der Frage nach den Vorzügen von E-<strong>Learning</strong> ein Kriterium<br />

den Spitzenplatz ein, das terminologisch eindeutig dem pädagogischdidaktischen<br />

Bereich zuzuordnen ist:<br />

15 In der Deutung von Michel/Heddergott/Hoffmann, 2000, 41<br />

18<br />

33<br />

37<br />

0 20 40 60 80<br />

46<br />

70


17<br />

„Am häufigsten wird von den Nutzern mit 70 Prozent die Möglichkeit<br />

des selbstgesteuerten Lernens genannt. Zeit- bzw. Kosteneinsparungen<br />

rangieren als Motiv deutlich dahinter (57 Prozent bzw. 47 Prozent). (...)<br />

Eine noch geringere Rolle spielt der Kostenaspekt bei der Frage nach den<br />

(möglichen) Nachteilen multimedialer Lernmittel (...)“. 16<br />

Dies gilt für alle in der Untersuchung unterschiedenen Betriebsgruppen:<br />

für die Nutzer von E-<strong>Learning</strong>; für diejenigen, die den Einsatz von E-<br />

<strong>Learning</strong> planten oder erwogen; <strong>und</strong> für die entschiedenen E-<strong>Learning</strong>-<br />

Abstinenten. Insgesamt bleibt die Rangfolge der aufgeführten „Vorzüge“<br />

bei den drei Gruppen gleich – mit der bemerkenswerten Ausnahme, dass<br />

bei den E-<strong>Learning</strong>-Nutzern gegenüber den Unternehmen, die die Einführung<br />

von E-<strong>Learning</strong> planen oder erwägen, eine gewisse Ernüchterung bezüglich<br />

der erreichbaren Kostenersparnis eingetreten zu sein scheint: Die<br />

einen nennen den „Vorzug“ zu 60 Prozent, die anderen nur mehr zu<br />

47 Prozent.<br />

Abbildung 2<br />

Vorteile multimedialer Lernmittel<br />

Vorzüge... Unternehmen, die multimediale<br />

Lernmittel...<br />

nutzen planen/<br />

erwägen<br />

in Prozent<br />

nicht erwägen<br />

Selbstgesteuertes Lernen 70 71 52<br />

Zeitersparnis 57 52 44<br />

Kostenersparnis 47 60 39<br />

Medienmix 43 45 35<br />

Entlastung des Bildungspersonals 42 29 32<br />

Quelle: MMB – Michel Medienforschung <strong>und</strong> Beratung/PSEPHOS; repräsentative<br />

Befragung von kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen; Oktober 1999; insgesamt<br />

800 Fälle (zitiert nach Michel/Heddergott/Hoffmann, 2000, 41)<br />

16 Ebd., 40f.


18<br />

Die Zuordnung der Nennungen zu pädagogischen oder betriebswirt-<br />

schaftlichen Argumentationszusammenhängen ist aber auch hier mit<br />

Schwierigkeiten behaftet. Insbesondere der seiner Herkunft nach pädagogisch-didaktische<br />

Terminus der Selbststeuerung erweist sich bei näherem<br />

Hinsehen als mit ökonomischen Zielen unlösbar verschränkt: Die Konnotationen<br />

reichen von konstruktivistisch inspirierten Konzepten der Ermöglichung<br />

autonomer Wissenskonstruktion bis hin zu Strategien des Lernens<br />

„just in time“, bei denen der Terminus Selbststeuerung vorrangig für die<br />

selbstständige Selektion der in einem Arbeitskontext erforderlichen Lerninhalte<br />

– <strong>und</strong> nur dieser – steht. Dieses – durchaus in der Sache der Berufspädagogik<br />

begründete – Oszillieren der verwendeten Begriffe ist es vor<br />

allem, was von Marktstudien kaum abgebildet werden kann.<br />

E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Seminar in der Kostenvergleichsrechnung<br />

Betriebliche Bildungsarbeit unterliegt – wie gr<strong>und</strong>sätzlich alle Unternehmensaktivitäten<br />

<strong>und</strong> -bereiche – dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.<br />

Dies ist in doppelter Hinsicht zu verstehen:<br />

(1) Qualifizierungsmaßnahmen sollen zunächst zum Erreichen der wirtschaftlichen<br />

Unternehmensziele beitragen. Investitionen in die Personalentwicklung<br />

werden z. B. mit dem Ziel unternommen, dass die Mitarbeiter<br />

neue Technologien optimal nutzen, dass sie in der Lage sind, neue Verkaufsstrategien<br />

erfolgreich anzuwenden <strong>und</strong> notwendige Organisationsentwicklungsmaßnahmen<br />

mitzutragen etc. Es sind die Resultate erfolgreich<br />

durchlaufener Lernprozesse, auf die es dabei ankommt. Diese Resultate<br />

definieren ihren Nutzen. Betriebliche Bildung trägt kraft ihrer Resultate<br />

zum ökonomischen Erfolg des Unternehmens bei. Lehrgangsangebote,<br />

Medien, Lehr-Lernformen <strong>und</strong> Methoden werden am Maßstab berufpädagogischer<br />

Angemessenheit verglichen, also darauf befragt, ob <strong>und</strong> inwieweit<br />

sie in der Lage sind, die erwünschten Lernprozesse herbeizuführen<br />

oder zu fördern.<br />

(2) Der zweite Gesichtspunkt ergibt sich logisch aus dem ersten: Weil<br />

<strong>betriebliche</strong> Bildungsarbeit im Dienst der wirtschaftlichen Unternehmens-


19<br />

ziele steht, unterliegen ihre Aktivitäten selbst einem ökonomischen Effi-<br />

zienzvergleich. Es geht darum, Maßnahmen zur Deckung eines<br />

identifizierten Bildungsbedarfs einer Kostenkalkulation zu unterziehen,<br />

d. h. festzustellen,<br />

(a) ob der angestrebte Nutzen einer Bildungsmaßnahme – z. B. die Re-<br />

duktion des Ausschusses um einen definierten Prozentsatz – sich über-<br />

haupt auf wirtschaftliche Weise erzielen lässt, ob also der erzielbare wirt-<br />

schaftliche Effekt die Weiterbildungskosten übersteigt, 17 <strong>und</strong><br />

(b) inwieweit konkrete Bildungsmaßnahmen in der Lage sind, identifi-<br />

zierten Bildungsbedarf möglichst kostengünstig zu decken: Bildungsent-<br />

scheidungen fallen nach dem Minimax-Prinzip, also unter der Maßgabe,<br />

die jeweils angestrebten – als fixiert unterstellten – inhaltlichen Bildungs-<br />

ziele mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Lehrgangsangebote,<br />

Medien, Lehr-Lernformen <strong>und</strong> Methoden werden am Maßstab effizienter<br />

Zielerreichung verglichen <strong>und</strong> somit einer Kostenvergleichsrechnung unterworfen.<br />

So sehr auch die Qualitätskontrolle von Maßnahmen der Personalentwicklung<br />

(erster Aspekt) einem betriebswirtschaftlichen Kalkül unterliegt<br />

– ihre Verfahren <strong>und</strong> Inhalte werden betriebspädagogisch begründet. Es<br />

geht um die inhaltliche <strong>und</strong> didaktisch-methodische Angemessenheit pädagogischer<br />

Interventionen an definierte Problemlagen. Den ökonomischen<br />

Unternehmenszielen dient der Betriebspädagoge gerade dadurch, dass er<br />

seine professionellen Gesichtspunkte in Anschlag bringt. Mit dem zweiten<br />

Kriterienbereich finden betriebswirtschaftliche Überlegungen in die betriebspädagogische<br />

Entscheidungsfindung selbst Eingang. Wenn im Folgenden<br />

von betriebswirtschaftlichen Aspekten des E-<strong>Learning</strong>-Einsatzes<br />

die Rede ist, bewegt sich die Argumentation systematisch in diesem zweiten<br />

Kriterienbereich.<br />

Historisch steht am Ausgangspunkt der bildungsökonomischen Argumentation<br />

für E-<strong>Learning</strong> der Vergleich mit seminaristischen Formen be-<br />

17 Vgl. Stahl/Koch, 1990


20<br />

trieblicher Bildung (2b). Sie geht einher mit der Feststellung, dass der ver-<br />

änderte Bildungsbedarf der Wissensgesellschaft – Stichwort: life long le-<br />

arning – mit traditionellen Formen beruflicher Bildung gar nicht mehr, mit<br />

E-<strong>Learning</strong> aber, wegen seiner komparativen Kostengünstigkeit, sehr wohl<br />

zu decken sei (2a).<br />

Voraussetzung eines qualifizierten Kostenvergleichs von E-<strong>Learning</strong><br />

<strong>und</strong> seminaristischen Weiterbildungsformen ist ein Überblick über die<br />

Teilkosten, aus denen die Weiterbildungskosten sich zusammensetzen. Zunächst<br />

einmal ergibt sich eine grobe Strukturierung durch die Unterscheidung<br />

von unmittelbaren <strong>und</strong> mittelbaren Kosten.<br />

• Unmittelbar heißen jene Kosten, die direkt aus der Durchführung einer<br />

Bildungsmaßnahme resultieren, alle Ausgaben also, zu denen es ohne diese<br />

Maßnahme nicht käme. Dazu gehören zunächst <strong>und</strong> vor allem die Kosten,<br />

die durch den Einkauf aller erforderlichen – sachlichen <strong>und</strong> personellen –<br />

Elemente der Bildungsaktivität anfallen. Sie variieren stark mit dem Maßnahmetyp.<br />

• Mittelbare Kosten würden als laufende <strong>betriebliche</strong> Kosten auch dann<br />

anfallen, wenn keine Bildungsaktivitäten stattfänden, sind diesen jedoch<br />

zuzurechnen, weil die daran beteiligten Mitarbeiter <strong>und</strong> sachlichen Elemente<br />

der <strong>betriebliche</strong>n Leistungserstellung, die für die Qualifizierungsmaßnahme<br />

benötigt werden, anderweitig nicht zur Verfügung stehen (Ausfallkosten,<br />

anteilige Abschreibungen).<br />

• Bei den Kostenvergleichen, die konkreten Entscheidungen für <strong>betriebliche</strong><br />

Bildungsaktivitäten vorausgehen, werden die mittelbaren Kosten<br />

manchmal nur ungenügend berücksichtigt. 1986 kam eine Studie des B<strong>und</strong>esinstituts<br />

für Berufsbildung (BIBB), die auf Befragungen von über h<strong>und</strong>ert<br />

weiterbildungsaktiven Betrieben aus den Branchen Chemie, Maschinenbau,<br />

Metall-, Elektro- <strong>und</strong> Textilindustrie beruhte, zu dem Ergebnis,<br />

dass 71,6 Prozent der gesamten Weiterbildungskosten Ausfallkosten <strong>und</strong><br />

nur 28,4 Prozent unmittelbare Weiterbildungskosten waren. 18<br />

18 V. Bardeleben/Böll/Kühn, 1986


21<br />

In beiden Gruppen differenzieren sich die Kosten weiter nach Personal-<br />

<strong>und</strong> Sachkosten. Die unten stehende Tabelle listet die Kostenarten im Ein-<br />

zelnen auf <strong>und</strong> verbindet die Benennung der Kostenpositionen bei der<br />

Durchführung von Seminaren 19 mit einer Gegenüberstellung von E-<br />

<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Seminar. Die rechte Spalte charakterisiert knapp die Verän-<br />

derungen, die sich bei E-<strong>Learning</strong> im Vergleich zum Seminar ergeben. Positionen,<br />

bei denen E-<strong>Learning</strong> deutliche Kostenvorteile mit sich bringt,<br />

sind hervorgehoben. Dabei wird eine punktuelle Nutzung externer E-<br />

<strong>Learning</strong>-Angebote unterstellt (wie sie vor allem für die ‚erste Welle’ internetgestützten<br />

Lernens typisch war). Kosten für den Aufbau eines Unternehmens-Intranets,<br />

für die Anschaffung von Hardware, für Serverprogrammierungen,<br />

Anschaffung <strong>und</strong> Implementation von Lernplattformen<br />

sind nicht berücksichtigt.<br />

Lernen weiterzubildende Mitarbeiter zu Hause, ergibt sich nochmals eine<br />

veränderte Situation: Es kann erforderlich werden, dass das Unternehmen<br />

PCs bereitstellt. Gelegentlich werden auch Zuzahlungen zu den privaten<br />

Verbindungsgebühren oder zur Nachrüstung privater Arbeitsplatzrechner<br />

vereinbart.<br />

Abbildung 3<br />

Vergleich der einzelnen Kostenpositionen bei traditionellem Seminar<br />

<strong>und</strong> E-<strong>Learning</strong><br />

Kostenart E-<strong>Learning</strong> im Vergleich zum Seminar<br />

Unmittelbare Weiterbildungskosten<br />

Personalkosten<br />

Bedarfserhebung Kann aufwändiger sein<br />

Konzepterstellung Kann aufwändiger sein<br />

Seminardurchführung Entfällt bei Selbstlernlösungen<br />

Nachbereitung Entfällt bei Selbstlernlösungen<br />

19 In Anlehnung an Olesch, 1988, 103ff.


Gehälter inner<strong>betriebliche</strong>r Lehrkräfte<br />

inkl. Personalzusatzkosten<br />

Eventuelle Teilnehmerlöhne <strong>und</strong> –<br />

gehälter inkl. Personalzusatzkosten<br />

bei Weiterbildungen außerhalb der<br />

regulären Arbeitszeit<br />

Anteilige Personal- <strong>und</strong> Personalzusatzkosten<br />

der Personal- oder Bildungsabteilung<br />

Eventuelle Personal- <strong>und</strong> Personalzusatzkosten<br />

für Ersatzkräfte<br />

22<br />

Sachkosten<br />

Entfallen bei reinen Selbstlernlösungen<br />

Kein durch die Weiterbildungsform<br />

bedingter Unterschied<br />

Fallen auch bei E-<strong>Learning</strong> an<br />

Entfallen im Normalfall (Lernen arbeitsplatznah/in<br />

der Freizeit)<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernmittel Deutlich höhere Kosten (Medienentwicklung,<br />

Lizenzen, ggf. <strong>Learning</strong><br />

Management System)<br />

Gerätetransport <strong>und</strong> -miete Entfallen bei Nutzung von Arbeitsplatzrechnern<br />

Reisekosten für Trainer Entfallen<br />

Reisekosten für Teilnehmer Entfallen<br />

Unterkunft <strong>und</strong> Verpflegung für<br />

Trainer<br />

Unterkunft <strong>und</strong> Verpflegung für<br />

Teilnehmer<br />

Entfallen<br />

Entfallen<br />

Raumkosten Entfallen bei Lernen am Arbeitsplatz;<br />

ggf. für Lernstationen<br />

Anteilige Sachkosten der Personal-<br />

oder Bildungsabteilung<br />

Teilnehmerlöhne <strong>und</strong> -gehälter inkl.<br />

Personalzusatzkosten bei Weiterbildung<br />

innerhalb der regulären Arbeitszeit<br />

Fallen auch bei E-<strong>Learning</strong> an<br />

Mittelbare Weiterbildungskosten<br />

Personalkosten<br />

Oft deutlich reduziert – vor allem<br />

wenn die Einführung von E-<br />

<strong>Learning</strong> mit einer Verlagerung<br />

(von Teilen) der Weiterbildung in<br />

die Freizeit der Mitarbeiter verb<strong>und</strong>en<br />

wird


Abschreibungskosten für Räume,<br />

anteilig berechnet<br />

Abschreibungskosten für Geräte<br />

<strong>und</strong> Maschinen, anteilig berechnet<br />

23<br />

Sachkosten<br />

Für Arbeitsraum<br />

Für Arbeitsplatzrechner<br />

Die fünf Positionen mit den klaren Kostenvorteilen für die neuen Lernmedien<br />

waren es in der Tat, die stets die betriebswirtschaftlich ausgerichtete<br />

Argumentation für E-<strong>Learning</strong> bestimmt haben. So wurde für die Freistellungskosten<br />

ein „Korrekturfaktor“ von 0,5 beim „learning on the job“<br />

gegenüber dem Seminar behauptet. 20 In jedem Fall werden An- <strong>und</strong> Abreisezeiten<br />

eingespart. Weitere Einsparungen bei den Freistellungskosten<br />

können sich durch die Verlagerung von Lernphasen in die Freizeit der Mitarbeiter<br />

ergeben. Sie wird jedoch durch die Einführung von E-<strong>Learning</strong> allenfalls<br />

begünstigt. Sie hat ihren Gr<strong>und</strong> nicht in den genutzten Medien <strong>und</strong><br />

ließe sich ähnlich auch bei traditionellen Formen wie dem klassischen<br />

Fernunterricht, aber auch bei seminaristischen Weiterbildungen realisieren.<br />

Will man ein objektives Bild von den komparativen Kosten von Präsenzseminar<br />

<strong>und</strong> mediengestütztem Lernen erhalten, gilt es insbesondere,<br />

die Kostenentwicklung bei wachsenden Teilnehmerzahlen zu betrachten.<br />

(1) Beim Präsenzseminar ist die Höhe der zu tätigenden Vorschüsse<br />

stark domänenabhängig. Entsprechend dem Charakter der zu vermittelnden<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten sind Lern-Arbeitsmittel zu beschaffen – von<br />

der Seminarraum-Ausstattung bis hin zur Einrichtung von Lehrwerkstätten<br />

<strong>und</strong> von Übungsfirmen. Die Personalkosten sind weitgehend von der Teilnehmerzahl<br />

abhängig. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt bei lehrgangsförmigen Angeboten:<br />

Je größer die Zahl der durchgeführten Seminare, desto höher der Aufwand<br />

für Personal- <strong>und</strong> Sachkosten. Dabei sind die nötigen Vorschüsse oft<br />

im Vorfeld der jeweiligen Maßnahme für relativ kurze Zeit zu tätigen. Zu<br />

einer gewissen Senkung der Umlaufgeschwindigkeit hat erst die allgemei-<br />

20 Keller, 2002, 153


24<br />

ne Tendenz zur Technisierung von Seminaren <strong>und</strong> Trainings geführt, die<br />

bereits vor der PC-Ära einsetzte. Zum Mobiliar des Seminarraums traten<br />

Overhead-Projektor <strong>und</strong> Video hinzu. Für die Einrichtung eines Sprachlabors<br />

waren bereits hohe investive Kosten zu veranschlagen.<br />

(2) Da die Bezahlung des „Content“ beim Zukauf von Lernmedien über<br />

die Lizenzgebühren erfolgt, steigen hier die Kosten anders als beim Präsenzseminar<br />

nicht proportional zu den Teilnehmerzahlen. Dies gilt lediglich<br />

für die (im Umfang allerdings gegenüber Präsenzlösungen reduzierten)<br />

Freistellungskosten. Die Gesamtkosten können beim E-<strong>Learning</strong> bei<br />

einer maximalen Teilnehmerzahl von zehn Personen durchaus noch höher<br />

sein als bei Präsenzseminaren. Allerdings wird sich das Verhältnis schon<br />

bei 50 bis 100 Teilnehmern signifikant verschieben.<br />

(3) Beim Aufbau einer vollständigen autonomen E-<strong>Learning</strong>-Struktur<br />

(Server, breitbandiger Zugang, <strong>Learning</strong> Management System <strong>und</strong> eigener<br />

Content) steht, unabhängig vom Lehrgegenstand, erheblichen Vorschüssen<br />

in der Initialisierungsphase ein vergleichsweise geringer Pflegeaufwand in<br />

der Folgezeit gegenüber: Der Return on Investment wird erst bei größeren<br />

Teilnehmerzahlen erreicht. Gewinne stellen sich über Skaleneffekte ein.<br />

(Abbildung 4 stellt die typischen Kostenentwicklungen dar. Es kommt dabei<br />

weniger auf die angegebenen absoluten Zahlen an, die stark von Inhalten,<br />

Anforderungen <strong>und</strong> Rahmenbedingungen abhängen, als auf die Verlaufsmuster,<br />

die durchaus Allgemeinheit für sich beanspruchen können.)<br />

E-<strong>Learning</strong> bringt für Unternehmen vor allem dann deutliche Kostenvorteile,<br />

wenn gleicher Lernbedarf bei einer Vielzahl von Mitarbeitern besteht,<br />

so dass die Weiterbildung mit einem standardisierten Produkt bestritten<br />

werden kann. Dies wird zwar in kleinen Betrieben selten der Fall sein.<br />

(Hier kann die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Flexibilität der Lernform externe E-<br />

<strong>Learning</strong>-Angebote zur – manchmal – einzig praktikablen Weiterbildungslösung<br />

machen.) Die dargestellten Skaleneffekte treten aber schon bei<br />

Teilnehmerzahlen auf, wie sie bereits in mittleren Unternehmen häufig erreicht<br />

werden. Weiterbildungsverbünde ermöglichen es auch kleineren Unternehmen,<br />

diesen Vorteil zu nutzen.


Abbildung 4<br />

Komparative Kosten von E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Seminar in Abhängigkeit<br />

von der Teilnehmerzahl<br />

Kosten<br />

in T€<br />

70<br />

40<br />

10<br />

100<br />

25<br />

Kostenentwicklung beim E-<strong>Learning</strong> im Vergleich<br />

zu seminaristischer Weiterbildung<br />

Hauptteil<br />

des Vorschusses<br />

vor erstem<br />

Einsatz<br />

Quelle: nach Keller, a. a. O., 152<br />

Multimediales Selbstlernprogramm:<br />

Produktion <strong>und</strong> Pflege<br />

Präsenzseminar<br />

250<br />

400<br />

Fremdprodukt:<br />

Lizenzen<br />

500<br />

Teilnehmerzahl<br />

Betriebspädagogische Ziele I: Problematische Wirkungsbehauptungen<br />

Wendet man sich der Frage des pädagogischen Nutzens des E-<br />

<strong>Learning</strong>s für Betriebe zu, stößt man unweigerlich auf die weit verbreitete<br />

– <strong>und</strong> in der Werbung der Softwarehäuser allgegenwärtige – Behauptung,<br />

der Einsatz von Multimedia führe zu erhöhter Lerneffektivität <strong>und</strong> –<br />

effizienz. Multimedia spreche alle Sinne an, biete jedem Lernertyp etwas<br />

<strong>und</strong> gewährleiste so, dass erforderliche Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten in kürzerer<br />

Zeit <strong>und</strong> mit größerer Nachhaltigkeit als beim Einsatz klassischer<br />

Lernformen <strong>und</strong> -medien erworben werden könnten. Lernen mit Multimedia<br />

sei motivierend, weil es Spaß mache <strong>und</strong> fördere mit der Selbstständigkeit<br />

der Lernenden eine für die Wissensgesellschaft unerlässliche individuelle<br />

Disposition.


26<br />

Der Terminus Multimedia ist jedoch keineswegs frei von Zweideutig-<br />

keiten. Er wird unter anderem verwendet, um die Eigenschaft der Interak-<br />

tivität von Lernprogrammen, die Integration verschiedener Medien, Kombinationen<br />

verschiedener Sinnesmodalitäten (visuell – auditiv) oder Codierungsformen<br />

(Bild – Text) bzw. den wahlfreien Zugang zu unterschiedlichen<br />

Varianten solcher Kombinationen zu bezeichnen. 21 Über diese Eigenschaften<br />

hinaus haben in der Literatur der Einsatz von Bewegtbildern <strong>und</strong><br />

die Adaptivität bzw. Adaptierbarkeit von Lernprogrammen besondere Beachtung<br />

gef<strong>und</strong>en. Schon diese Binnendifferenzierung des Begriffs lässt an<br />

der Seriosität all jener Wirkungsbehauptungen zweifeln, die „multimedialem<br />

Lernen“ ohne nähere Qualifizierung einen bestimmten Effekt zuschreiben.<br />

Besonderer Verbreitung erfreut sich die Auffassung, eine erhöhte Lerneffizienz<br />

sei auf den Umstand zurückzuführen, dass Multimedia alle Sinne<br />

anspricht. Letzteres ist – man muss wohl sagen: zum Glück – nicht der<br />

Fall. Multimodalität beim E-<strong>Learning</strong> beschränkt sich auf Gehör <strong>und</strong> Gesichtssinn.<br />

Es geht beim Einsatz von Tastatur <strong>und</strong> Maus mit taktilen Empfindungen<br />

einher, die jedoch in der Mehrzahl der Fälle nicht lernrelevant<br />

werden. (Immerhin zielen manche Simulationen – auch oder vor allem –<br />

auf die Schulung der Feinmotorik.) Zu einiger Berühmtheit hat es schließlich<br />

die Behauptung gebracht, es gebe eine eindeutige Hierarchie der<br />

Wirksamkeit von Lernaktivitäten <strong>und</strong> genutzten Sinnesmodalitäten, die<br />

vom Lesen als der untersten Stufe über das Hören, das Sehen, die Verbindung<br />

beider <strong>und</strong> das Nacherzählen bis ‚hinauf‘ zum Tun reiche. Sie wird<br />

oft mit einer eindeutigen Quantifizierung verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dann grafisch etwa<br />

folgendermaßen dargestellt:<br />

21 Weidenmann, 1997


Abbildung 5<br />

Multimodalität. Problematische Wirkungsbehauptungen<br />

Lesen<br />

Hören<br />

Sehen<br />

Hören <strong>und</strong> Sehen<br />

Nacherzählen<br />

Tun<br />

10 %<br />

20 %<br />

27<br />

Naive Annahmen über die Wirkung von Sinnesmodalitäten <strong>und</strong> Lernaktivitäten auf das Behalten<br />

Quelle: nach Weidenmann, 1997, 68<br />

30 %<br />

Die verschiedenen an der Rezeption des Lernmediums beteiligten Sinne<br />

werden hier als selbstständig zum Lernerfolg beitragende Faktoren aufgefasst,<br />

deren Effekte sich addieren:<br />

50 %<br />

70 %<br />

90 %<br />

Erfolgsquote des Hörens (20 Prozent)<br />

+ Erfolgsquote des Sehens (30 Prozent)<br />

Erfolgsquote der Kombination (50 Prozent)<br />

Multimediale Angebote erscheinen insofern als besonders lerneffizient,<br />

als sie weit reichende Möglichkeiten der Multimodalität bieten. Diese Auffassung<br />

ist vielfach als naiv kritisiert worden. 22 Sie ist in dieser Form nicht<br />

empirisch belegt <strong>und</strong> in ihrer Allgemeinheit sicher auch nicht belegbar. Sie<br />

lässt das Verhältnis der verschiedenen vom Lernmedium geforderten Lern-<br />

22 Z. B. Ballstaedt, 1990; Weidenmann, 1997


28<br />

aktivitäten außer Betracht, das jedoch erwiesenermaßen von entscheidender<br />

Bedeutung ist. Sind etwa bei einer Kombination von Bild <strong>und</strong> erläuterndem<br />

Hörtext die Elemente inhaltlich nicht korrekt aufeinander abgestimmt<br />

(Text-Bild-Schere), so addieren sich die Effekte nicht nur nicht,<br />

sondern der Lerner wird verwirrt: Die Verbindung von Bild-Sehen <strong>und</strong><br />

Text-Hören wirkt kontraproduktiv. 23<br />

Betriebspädagogische Ziele II: Vielfalt der Potenziale<br />

Eine tragfähige Zieldefinition von E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit<br />

ist auf der Gr<strong>und</strong>lage generalisierender Effizienzbehauptungen<br />

nicht möglich. Es gilt, multimediale Lern-Anwendungen in dem Instrument-Charakter<br />

zu begreifen, der ihnen im Kontext individueller Kompetenzentwicklungsprozesse<br />

im <strong>betriebliche</strong>n Umfeld zukommt. Die Funktion<br />

der Lernmedien definiert sich dann aus den vielfältigen Bezügen zum<br />

Arbeitshandeln, die sie einzugehen vermögen. Insbesondere haben sie sich<br />

als flexible Hilfsmittel eines Lernens zu bewähren, das in enger Anbindung<br />

an Arbeitsanforderungen <strong>und</strong> -kontexte <strong>und</strong> im fließenden Wechsel<br />

zwischen Arbeiten <strong>und</strong> Lernen stattfindet. 24 E-<strong>Learning</strong> zählt hierfür unter<br />

den Bedingungen weitgehend informatisierter Arbeit zu den Mitteln der<br />

Wahl.<br />

Wenn hier abschließend versucht wird, die Ergebnisse exemplarischer<br />

Lernmedien-Analysen 25 in einer Typologie der Lernmedien nach Bildungszielen<br />

zusammenzufassen, erhält dieser Gesichtspunkt der Ermöglichung<br />

(der Sache nach) arbeitsnahen <strong>und</strong> (räumlich <strong>und</strong> zeitlich) arbeitsintegrierten<br />

Lernens besonderes Gewicht. Mindestens fünf Idealtypen lassen sich<br />

unterscheiden (zwischen denen selbstverständlich fließende Übergänge bestehen).<br />

23 Weidenmann, 1997<br />

24 Severing, u. a., 2001, 75ff.<br />

25 Reglin/Hölbling, 2003 <strong>und</strong> 2004


Abbildung 6<br />

Typologie elektronischer Lernmedien nach Zielsetzungen<br />

29<br />

Typus Charakteristika<br />

Informationstool offene Struktur, freier Zugriff; Bereitstellung<br />

von <strong>Praxis</strong>instrumenten; „Nachschlagemodus“<br />

Modularisiertes Lernsystem Pluralität der Lernwege; systematisch oder<br />

ad hoc nutzbar; Selbstlernkompetenz<br />

für Selektion <strong>und</strong> Transfer erforderlich<br />

Systematische Einführung Sequenzialisierung aufgr<strong>und</strong> der Stoff-<br />

Systematik; Rückbezug aufs Arbeitshandeln<br />

erforderlich<br />

Übungstool Sequenzialisierung aufgr<strong>und</strong> praktischer<br />

Problemstellungen; Strukturanalogie bis<br />

hin zur Identität; Simulationscharakter;<br />

Einübung von Routinen z. B. bei Anwendungssoftware<br />

Plattform zur kollaborativen<br />

Problembearbeitung<br />

Informationstool<br />

Unterstützung von Problem-Bearbeitung;<br />

Kommunikationstool<br />

Bei diesem Software-Typ ist die Bereitstellung von Informationen, Arbeitsmitteln<br />

<strong>und</strong> Hilfen für den raschen Zugriff das zentrale Ziel. Der<br />

Schwerpunkt liegt auf der raschen <strong>und</strong> bequemen Zugänglichkeit erforderlichen<br />

Wissens. Dieser Typ setzt für seinen sinnvollen Einsatz einen bereits<br />

in hohem Maße kompetenten Lerner voraus. Der offenen Strukturierung<br />

entspricht eine hohe Entscheidungsfreiheit beim Zugriff auf interessierende<br />

Themen <strong>und</strong> Verfahrensweisen. Lexikalische Komponenten <strong>und</strong><br />

unmittelbar einsetzbare <strong>Praxis</strong>tools (Checklisten, Formulare) stehen zur<br />

Verfügung. Die vorrangig genutzten technischen Potenziale elektronischer<br />

Lernmedien sind: Möglichkeiten der Bereitstellung großer multicodaler Informationsmengen,<br />

verb<strong>und</strong>en mit leicht handhabbaren Rechercheinstrumenten<br />

(Suche nach Schlagwörtern <strong>und</strong> Volltextsuche).


Modularisiertes Lernsystem<br />

30<br />

Dieser Lernsoftware-Typ unterstützt punktuelle Zusatzqualifizierungen.<br />

Voraussetzung dafür ist die Modularisierung der Inhalte. Das Lernen vollzieht<br />

sich in partieller Loslösung vom Arbeitshandeln. Die Lerninhalte<br />

werden nach Möglichkeit multicodal (in Text <strong>und</strong> statischem <strong>und</strong> bewegtem<br />

Bild) <strong>und</strong> multimodal (für Auge <strong>und</strong> Ohr) aufbereitet. Die Lernenden<br />

werden zu eigener Aktivität angeregt. Tools dieser Art sind sowohl zur<br />

praxisnahen Unterstützung der Arbeit an situativ auftretenden Problemen<br />

einsetzbar als auch zur weitgehend selbstorganisierten Zusammenstellung<br />

individuell nutzbarer ‚Lernpakete’.<br />

Systematische Einführung<br />

Dieser Typ stellt dem Lerner – in weitgehender Emanzipation von den<br />

Problemlagen des Arbeitsplatzes – vorstrukturierte Wege für den Erwerb<br />

neuer Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten zur Verfügung: Es geht um die systematische<br />

Erarbeitung neuer Themenbereiche. Der Lernprozess macht eine<br />

gewisse geistige – vielleicht auch die räumliche – Distanzierung von Arbeits-<br />

<strong>und</strong> Anwendungssituationen erforderlich. Kontinuität des Lernens ist<br />

gefragt. Der Rückbezug der so erworbenen Kompetenzen auf reale Kontexte<br />

ist vom Lerner erst noch herzustellen. Die technischen Potenziale von<br />

E-<strong>Learning</strong> werden hier genutzt, um<br />

• individuelle Lernprozesse durch die systematische Erhebung <strong>und</strong> Protokollierung<br />

ihres Verlaufs zu unterstützen (automatisierte „Lerntagebücher“<br />

etc.),<br />

• den Lernenden individuelle Zugänge zu den vermittelten Inhalten zu<br />

ermöglichen <strong>und</strong><br />

• individualisiertes Lernen mit kommunikativen Prozessen zu verbinden<br />

(Lernender – Dozent, peer to peer).<br />

Übungstool<br />

Dieser Typ sucht die Nähe zu realen bzw. arbeitsplatznahen Problemsituationen.<br />

Die Software kann vom Lerner kontinuierlich abgearbeitet, aber


31<br />

auch für konkrete Problemlösungen im Prozess der Arbeit eingesetzt wer-<br />

den, weil Lern- <strong>und</strong> Arbeitsmittel eine hohe Strukturanalogie – bis hin zur<br />

Identität – aufweisen. Ziel ist der Aufbau von Handlungskompetenz im<br />

Lernprozess. Inwieweit er sich erreichen lässt, ist stark domänenabhängig.<br />

Beispiele sind alle unmittelbar computerbezogenen oder computersimulierbaren<br />

Verrichtungen. An erster Stelle steht dabei – wegen der Koinzidenz<br />

von Lernmittel <strong>und</strong> –gegenstand – die Arbeit mit Anwendungssoftware.<br />

Auch einige Aspekte des Sprachenlernens sind zu nennen.<br />

Plattform zur kollaborativen Problembearbeitung<br />

Dieser Typ stellt für den in hohem Maße selbstorganisierend tätigen<br />

Lerner eine Art Coaching bei der Lösung komplexer, auf den konkreten<br />

sozialen Kontext bezogener Probleme zur Verfügung. Der hohe Komplexitätsgrad<br />

der Probleme lässt kommunikative Unterstützung geboten scheinen.<br />

Die Software übernimmt in erster Linie die Rolle einer Kommunikationsplattform.<br />

Die an den Kommunikationsprozessen Beteiligten – oft Experten,<br />

die mit komplexen Aufgaben befasst sind – unterstützen sich wechselseitig<br />

durch nützliche Informationen, anregende Fragen <strong>und</strong> Hinweise<br />

zur Problemlösung.<br />

Bei den fünf beschriebenen Software-Typen stehen jeweils unterschiedliche<br />

Potenziale der neuen Medien im Vordergr<strong>und</strong>: Einmal werden vor allem<br />

die Möglichkeiten zeitlich <strong>und</strong> räumlich entgrenzter Kommunikation<br />

genutzt, ein anderes Mal werden kognitive Prozesse durch die multicodale<br />

Aufbereitung von Lerninhalten unterstützt. Andere Zielsetzungen – <strong>und</strong><br />

entsprechend andere technische Eigenschaften der neuen Medien – stehen<br />

im Vordergr<strong>und</strong>, wenn große Informationspools mit intelligenten Suchinstrumenten<br />

verknüpft werden – etc.<br />

Qualitätssteigerungen im E-<strong>Learning</strong> sind künftig nicht zuletzt von einer<br />

Feinabstimmung der Potenziale elektronischer Lernmedien mit den betriebspädagogischen<br />

Zielen zu erwarten, aus denen sich ihr Einsatz begründet.


Literatur<br />

32<br />

Ballstaedt, S.-P.: Integrative Verarbeitung bei audiovisuellen Medien.<br />

In: Böhme-Dürr, K./Emig, J./Seel, N. (Hrsg.): Wissensveränderung durch<br />

Medien. München 1990<br />

v. Bardeleben, R./Böll, G./Kühn, H.: Strukturen <strong>betriebliche</strong>r Weiterbildung,<br />

hrsg. v. BIBB, Berlin/Bonn 1986<br />

Dichanz, H./Ernst, A.: E-<strong>Learning</strong> – begriffliche, psychologische <strong>und</strong><br />

didaktische Überlegungen. In: Scheffer, U./Hesse, F. W. (Hrsg): E-<br />

<strong>Learning</strong>. Die Revolution des Lernens gewinnbringend einsetzen, Stuttgart<br />

2002, 43 – 66<br />

Dittler, U.: Einführung – E-<strong>Learning</strong> zur Vermittlung von Hard- <strong>und</strong><br />

Softskills. In: Ders. (Hrsg.): E-<strong>Learning</strong>. Erfolgsfaktoren <strong>und</strong> Einsatzkonzepte<br />

mit interaktiven Medien, München/Wien 2002, 13 – 25<br />

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eine Einführung. In: Autorengruppe E-Writing.de: E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> E-<br />

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Helmut E. Klein:<br />

35<br />

E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong>. Ergebnisse<br />

einer Unternehmensbefragung in der Metall- <strong>und</strong><br />

Elektro-Industrie<br />

Ziele der Unternehmensbefragung<br />

Ausgehend von den Informationsdefiziten der Unternehmen hinsichtlich<br />

der Verfügbarkeit sowie den individuellen, didaktischen, organisatorischen<br />

<strong>und</strong> technischen Voraussetzungen 26 ergeben sich eine Reihe von Fragen,<br />

die für den Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in Unternehmen der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie<br />

relevant sein können.<br />

So stellt sich die Frage, inwieweit E-<strong>Learning</strong> ein Aspekt in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Lernkultur der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie ist. Unter<br />

<strong>betriebliche</strong>r Arbeits- <strong>und</strong> Lernkultur werden hier alle Maßnahmen der<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung – integriert in Arbeitsabläufe –<br />

verstanden, die Lernprozesse im Betrieb ermöglichen <strong>und</strong> fördern <strong>und</strong> die<br />

Motivation der Mitarbeiter erhöhen, sich zu qualifizieren. Im Blickfeld<br />

stehen dabei die Unternehmensbereiche <strong>und</strong> Lernorte, an denen E-<br />

<strong>Learning</strong> zum Einsatz kommt. Eine aufschlussreiche Information ist auch<br />

von der Frage zu erwarten, auf welche Weise sich Betriebe Zugang zu<br />

CBT- <strong>und</strong> WBT-Offerten verschaffen, <strong>und</strong> ob diese Wege den idealen Informationsquellen<br />

entsprechen. Damit verknüpft ist die Frage, inwieweit<br />

Informationen <strong>und</strong> Know-how im Umgang mit E-<strong>Learning</strong> die Einschätzung<br />

der künftigen Bedeutung von E-<strong>Learning</strong> beeinflussen.<br />

26 Vgl. Adolf Grimme Institut/Michel Medienforschung <strong>und</strong> Beratung/Institut für<br />

Medien <strong>und</strong> Kommunikation, 2001: Web Based Training in kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Unternehmen. Rahmenbedingungen für erfolgreiche Anwendungen, Studie im<br />

Auftrag der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, 30 ff.; Institut der<br />

deutschen Wirtschaft Köln – IW-Consult GmbH: Projekt: E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Internetportale,<br />

Abschlussbericht vom 31. Januar 2002; Arbeitgeberverband Gesamtmetall<br />

(Hrsg.): E-<strong>Learning</strong> – Zukunft des Lernens. Anwendungsmöglichkeiten<br />

elektronischer Lernprogramme in der M+E-Industrie, Köln


36<br />

Weiteren Klärungsbedarf wirft die Frage nach den Motiven auf, CBT<br />

<strong>und</strong> WBT in die <strong>betriebliche</strong> Lernkultur zu integrieren, welche Kosten dabei<br />

entstehen, vor allem aber welchen Nutzen die Unternehmen im E-<br />

<strong>Learning</strong> – etwa im Vergleich zu traditionellen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsformen<br />

– sehen. Schließlich soll auch geklärt werden, welche unterstützenden<br />

Maßnahmen (Information, Beratung, Lernportale usw.) die Betriebe<br />

beim Umgang mit E-<strong>Learning</strong> insbesondere von Verbänden erwarten.<br />

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung lassen Rückschlüsse zu, welche<br />

Erwartungen die M+E-Unternehmen an ihre Verbände in Bezug auf<br />

computergestütztes Lernen stellen.<br />

Durchführung der Unternehmensbefragung<br />

Die Untersuchung wurde mit Hilfe einer schriftlichen Befragung durchgeführt.<br />

Den dazu benötigten Fragebogen entwickelte das IW Köln in Absprache<br />

mit Verbänden der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie. Um zu aussagekräftigen<br />

Daten zu gelangen, zielte die Umfrage auf eine Vollerhebung der<br />

gesamten M+E-Branche mit r<strong>und</strong> 6.100 Mitglieds-Unternehmen. Die Unternehmensbefragung<br />

selbst wurde mit Unterstützung der M+E-Verbände<br />

durchgeführt. Die Befragung dauerte von September bis Jahresende 2002.<br />

In die Auswertung konnten insgesamt 426 verwertbare Fragebögen einbezogen<br />

werden.<br />

E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong> – Umfang <strong>und</strong> Strukturen<br />

Der Einsatz von E-<strong>Learning</strong> im Betrieb<br />

Im Jahr 2002 setzten von allen befragten Unternehmen der Metall- <strong>und</strong><br />

Elektro-Industrie 24,5 Prozent elektronisches Lernen zur Weiterbildung ihrer<br />

Mitarbeiter ein. Dieser Wert entspricht in etwa dem Einführungsstand<br />

von E-<strong>Learning</strong> in anderen Branchen. 27<br />

27 Armin Töpfer, 2002, Blended <strong>Learning</strong> – Standards gegen Kostendruck, in:<br />

Personalwirtschaft, 29. Jg. Sonderheft E-<strong>Learning</strong> 11, 10 f.


37<br />

Beim Vergleich des Einsatzes von E-<strong>Learning</strong> mit der Qualifikations-<br />

struktur der Mitarbeiter zeigt sich, dass es zwischen diesen beiden Faktoren<br />

keinen signifikanten Zusammenhang gibt. Die unterschiedliche Ausprägung<br />

der Qualifikationsprofile der Mitarbeiter liefert insofern keine<br />

Begründung dafür, weshalb Betriebe E-<strong>Learning</strong> in ihrer Weiterbildung<br />

anbieten oder nicht. Ein deutlicher Zusammenhang lässt sich dagegen zwischen<br />

Unternehmensgröße <strong>und</strong> dem Einsatz von E-<strong>Learning</strong> nachweisen.<br />

Größere Unternehmen setzen demnach häufiger als kleine Unternehmen E-<br />

<strong>Learning</strong> ein.<br />

Tabelle 1<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb nach Betriebsgröße<br />

Anteile der Unternehmen in Prozent, die auf die Frage „Setzen Sie in Ihrem<br />

Unternehmen E-<strong>Learning</strong> zur Weiterbildung ein?“ antworteten mit:<br />

Betriebsgrößenklassen Ja Nein Insgesamt in Prozent aller<br />

Befragten<br />

bis 49 Mitarbeiter 3,9 18,1 6,6<br />

50 bis 99 Mitarbeiter 9,7 20,0 13,7<br />

100 bis 249 Mitarbeiter 9,7 25,4 11,1<br />

250 bis 499 Mitarbeiter 15,5 17,1 22,9<br />

500 bis 999 Mitarbeiter 11,7 9,5 28,6<br />

1.000 <strong>und</strong> mehr Mitarbeiter 49,5 9,8 62,2<br />

Insgesamt 100 100 24,5<br />

Ein deutlicher Zusammenhang ist auch in Bezug auf die Branchenzugehörigkeit<br />

zu sehen. Danach werden in IT-nahen Branchen, in Unternehmen<br />

mit computerunterstützter <strong>und</strong> –gesteuerter Fertigung <strong>und</strong> Dienstleistung<br />

elektronische Lernformen häufiger eingesetzt als in anderen M+E-<br />

Branchen.


Tabelle 2<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb nach Betriebsgröße<br />

So viel Prozent der befragten Unternehmen antworteten auf die Frage<br />

„Setzen Sie in Ihrem Unternehmen E-<strong>Learning</strong> zur Weiterbildung ein?“<br />

mit „Ja“:<br />

38<br />

Automobilbau/-zulieferer 42,4<br />

Elektrotechnik 37,5<br />

Luft- <strong>und</strong> Raumfahrzeugbau 36,4<br />

Feinmechanik 33,3<br />

Büromaschinen 33,3<br />

Sonstige 22,2<br />

Maschinenbau 20,9<br />

Stahlbau 20,0<br />

Nichteisen-Metall 16,0<br />

Schmiede-/Stanzteile 16,0<br />

Ziehereien, Kaltwalzwerke 12,5<br />

Gießereien 6,3<br />

Durchschnitt 24,5<br />

Sonstige: einschließlich Oberflächenveredelung, Schneidewaren, Werkzeug;<br />

EBM-Waren, Schiffbau, Schienenfahrzeugbau: ohne Nennungen<br />

In neun von zehn der E-<strong>Learning</strong>-aktiven Unternehmen bildet dabei das<br />

Computer Based Training (CBT) den Standard beim computergestützten<br />

Lernen. Das bedeutet in der Regel Wissensvermittlung per PC <strong>und</strong> CD-<br />

ROM oder DVD. Gut die Hälfte der Betriebe offeriert auch netzbasiertes<br />

Web Based Training (WBT) – bietet also den Mitarbeitern den Zugriff auf<br />

die technischen Möglichkeiten des Internets oder von firmeneigenen Intranets<br />

via Lernprogramme bzw. Online-Kurse. Immerhin zwei von fünf Unternehmen<br />

mit computergestützten Lernangeboten realisieren das Konzept<br />

des ‚Blended <strong>Learning</strong>‘, das computergestütztes Lernen mit Präsenzseminaren,<br />

Lernberatung <strong>und</strong> Tutoring miteinander kombiniert.


Tabelle 3<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die Formen<br />

So viel Prozent der E-<strong>Learning</strong>-Anwender bieten diese Formen an:<br />

39<br />

Anwender Unternehmen<br />

insgesamt<br />

Computer Based Training 90,3 21,8<br />

Web Based Training 55,3 13,4<br />

Blended <strong>Learning</strong> 40,8 9,9<br />

Zur Einordnung dieser Ergebnisse lassen sich weitere Befragungen heranziehen.<br />

In der repräsentativen IW-Befragung „Weiterbildungserhebung<br />

der Wirtschaft 2001“ gaben 32,2 Prozent der Unternehmen der Metall- <strong>und</strong><br />

Elektro-Industrie an, dass sie in der Weiterbildung Computer Based Training<br />

(CBT) bzw. Lernen offline am PC anbieten. Für das so genannte Web<br />

Based Training (WBT) bzw. Lernen im Internet konnte eine Beteiligungsquote<br />

der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie von 13,3 Prozent ermittelt werden.<br />

Mit diesen Werten liegt die Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie im Trend der<br />

Gesamtwirtschaft (CBT: 29 Prozent, WBT: 12,9 Prozent) 28 . Bei einer weiteren<br />

vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln durchgeführten Unternehmensbefragung<br />

„Investive Arbeitszeitpolitik“ gaben insgesamt<br />

19 Prozent der b<strong>und</strong>esweit befragten Unternehmen aller Branchen 2002 an,<br />

dass sie E-<strong>Learning</strong> im Betrieb durchführen 29 .<br />

Im Jahr 2002 befragte das Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation<br />

ausschließlich kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen in unterschiedlichen<br />

Wirtschaftszweigen (u. a. Verarbeitendes Gewerbe, unternehmens-<br />

28 Reinhold Weiß, 2003, Betriebliche Weiterbildung 2001 – Ergebnisse einer<br />

IW-Erhebung, in: iw-trends, Vierteljahreszeitschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung,<br />

30 Jg., Nr. 1, S. 35 - 43<br />

29 Christiane Flüter-Hoffmann, Peter Janßen, Hartmut Seifert: Investive Arbeitszeitpolitik<br />

– Ansätze für eine Verbindung von Arbeitszeitpolitik <strong>und</strong> beruflicher<br />

Weiterbildung. Projektabschlussbericht, Köln/Düsseldorf, URL:<br />

http://www.arbeitszeiten.nrw.de/b4-1-4f.htm


40<br />

nahe, öffentliche <strong>und</strong> private Dienstleister, Banken <strong>und</strong> Versicherungen)<br />

zum Einsatz von Medien <strong>und</strong> mediengestützten Lernformen in der betrieb-<br />

lichen Weiterbildung 30 . Danach gaben r<strong>und</strong> 14 Prozent der befragten Un-<br />

ternehmen an, Tele-/E-<strong>Learning</strong> selbst einzusetzen. Werden zum Vergleich<br />

ausschließlich die bei der IW-Befragung „E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

<strong>Praxis</strong>“ erfassten Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten herangezogen,<br />

dann lässt sich für diese eine Beteiligungsquote an E-<strong>Learning</strong> von<br />

18,3 Prozent bestimmen.<br />

Der Zugang zu E-<strong>Learning</strong> im Betrieb<br />

In den Unternehmen der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie, die E-<strong>Learning</strong>-<br />

Angebote bereitstellen, haben im Schnitt 44 Prozent der Mitarbeiter –<br />

technisch gesehen – Zugang zu den Formen computergestützten Lernens.<br />

Bezogen auf die gesamte M+E-Industrie bedeutet dies, dass zum Befragungszeitpunkt<br />

– aufgr<strong>und</strong> der überdurchschnittlich starken Repräsentanz<br />

der Großbetriebe – b<strong>und</strong>esweit 38 Prozent der M+E-Mitarbeiter Zugang zu<br />

E-<strong>Learning</strong>-Angeboten hatten.<br />

Tabelle 4<br />

Zugang zu E-<strong>Learning</strong> im Betrieb<br />

Anteil der Mitarbeiter, die in so viel Prozent der befragten Unternehmen<br />

Zugang zu E-<strong>Learning</strong> haben:<br />

bis zu 10 Prozent der Mitarbeiter 29,0<br />

11 Prozent bis 25 Prozent der Mitarbeiter 12,9<br />

26 Prozent bis 50 Prozent der Mitarbeiter 22,6<br />

51 Prozent bis 75 Prozent der Mitarbeiter 10,8<br />

76 Prozent bis 100 Prozent der Mitarbeiter 24,7<br />

Insgesamt 100,0<br />

30 Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation, 2002: e-<br />

Qualifikations-TV „eQTv“ Potenzialstudie, Management Report Teil 1: Lernbedarf<br />

kleiner <strong>und</strong> mittlerer Unternehmen, 13


41<br />

Ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Qualifikationsprofilen<br />

der Mitarbeiter <strong>und</strong> den Zugriffsmöglichkeiten auf E-<strong>Learning</strong> ist dabei<br />

nicht erkennbar.<br />

Computergestütztes Lernen findet vor allem in kaufmännischen Unternehmensbereichen<br />

statt. In der Regel besteht in vier von fünf Unternehmen,<br />

die E-<strong>Learning</strong> praktizieren, die Möglichkeit, sich dort mit Hilfe des<br />

Computers fortzubilden – also in der Verwaltung, der Buchhaltung, im<br />

Controlling, aber auch im Einkauf <strong>und</strong> Verkauf, im Vertrieb <strong>und</strong> im Marketing.<br />

In Forschung <strong>und</strong> Entwicklung halten 57 Prozent der E-<strong>Learning</strong>aktiven<br />

Betriebe entsprechende Lernoptionen bereit, jedes zweite Unternehmen<br />

realisiert dies auch in der Produktion. Ein signifikanter Zusammenhang<br />

zwischen Unternehmensgröße <strong>und</strong> der Intensität des Einsatzes<br />

von E-<strong>Learning</strong> in den einzelnen Unternehmensbereichen lässt sich allerdings<br />

nicht nachweisen.<br />

Tabelle 5<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die Unternehmensbereiche<br />

Unternehmen in Prozent (Mehrfachnennungen):<br />

Verwaltung/Buchhaltung/Controlling 80,9<br />

Einkauf/Verkauf/Vertrieb/Marketing 77,7<br />

Forschung <strong>und</strong> Entwicklung 57,4<br />

in Produktion/Arbeitsorganisation 51,1<br />

Computergestütztes Lernen in der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie bedeutet<br />

in der Regel unmittelbares Lernen mit dem PC am Arbeitsplatz. Für<br />

neun von zehn E-<strong>Learning</strong>-Anwendern ist die Weiterbildung mit computergesteuerten<br />

Lernangeboten am Arbeitsplatz demnach offenk<strong>und</strong>ig Teil<br />

der <strong>betriebliche</strong>n Lernkultur. Gut zwei von fünf Betrieben mit E-<strong>Learning</strong>-<br />

Angeboten unterstützen das Weiterbildungsinteresse ihrer Mitarbeiter, in<br />

dem sie für die Mitarbeiter einen PC bzw. die Lernsoftware fürs häusliche<br />

Arbeitszimmer bereitstellen. Auch hier lässt sich kein signifikanter Zu-


42<br />

sammenhang zwischen Unternehmensgröße <strong>und</strong> den Lernorten erkennen.<br />

Ausnahme: In Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeitern ist die Wahrscheinlichkeit<br />

eines arbeitsplatznahen Zugangs zu computergestützten Lernangeboten<br />

deutlich größer als in kleineren Betrieben.<br />

Tabelle 6<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die Lernorte<br />

An diesen Lernorten bieten so viel Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern<br />

Zugang zu E-<strong>Learning</strong>:<br />

Anwender M+E-Betriebe<br />

insgesamt<br />

am Arbeitsplatz 88,0 21,7<br />

Bereitstellung eines PC/Software zu Hause 43,5 10,6<br />

arbeitsplatznah 40,2 9,9<br />

bei externen Bildungsanbietern 27,2 6,6<br />

Zur Standard-Ausstattung computergestützter Qualifizierung gehört in<br />

zwei von drei M+E-Unternehmen mit E-<strong>Learning</strong>-Angeboten, dass die PCs<br />

sowohl einen Internetzugang als auch einen Intranet-Zugang ermöglichen.<br />

Dies trifft insbesondere auf die PCs in Einkauf, Verkauf, Vertrieb, in Forschung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung sowie in der Verwaltung zu. In der Produktion<br />

<strong>und</strong> Arbeitsorganisation leistet dies nur knapp jeder zweite Computer. In<br />

jedem sechsten Unternehmen bedeutet E-<strong>Learning</strong> ausschließlich Lernen<br />

via Intranet, in jedem achten Unternehmen surfen die Mitarbeiter durchs<br />

Internet oder loggen sich dort in Online-Kurse ein.


Tabelle 7<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die PC-Ausstattung<br />

So viel Prozent der PC‘s verfügen über diese Anforderungen:<br />

PCs in<br />

Produktion,Arbeitsorganisation<br />

43<br />

PCs in<br />

Einkauf,Verkauf,Vertrieb<br />

PCs in<br />

Verwaltung<br />

PCs in<br />

FuE<br />

Insgesamt<br />

Inter- <strong>und</strong> Intranet 45,9 72,2 68,4 71,3 65,1<br />

Intranet 41,2 10,0 13,7 12,5 17,0<br />

Internet 9,4 14,4 14,7 12,5 13,0<br />

nur stationär 8,2 1,1 1,1 1,3 2,9<br />

Intranet <strong>und</strong> stationär 4,7 1,1 1,1 1,3 2,0<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Kenntnisse über E-<strong>Learning</strong> im Betrieb<br />

Voraussetzung der Entfaltung von <strong>betriebliche</strong>n Lernaktivitäten, die<br />

sich auch auf CBT <strong>und</strong> WBT stützen, sind Kenntnisse der Ausbildungs<strong>und</strong><br />

Weiterbildungsverantwortlichen über die organisatorischen, technischen,<br />

qualifikatorischen <strong>und</strong> personellen Bedingungen zur Realisierung<br />

computergestützten Lernens. So sind beim Aufbau <strong>und</strong> der Integration von<br />

E-<strong>Learning</strong>-Anwendungen in die <strong>betriebliche</strong> Lernkultur neben betriebsorganisatorischen<br />

Bedingungen auch die technischen Voraussetzungen zu<br />

prüfen <strong>und</strong> in die Einsatzkonzepte zu integrieren. Zu berücksichtigen ist<br />

ebenso, dass die bloße Verfügbarkeit von Lernprogrammen nicht automatisch<br />

zu den betrieblich gewünschten Qualifikationen führt. CBT <strong>und</strong> WBT<br />

in den Betrieben lediglich als technische Realisierungsmöglichkeit arbeitsplatznahen<br />

Lernens anzubieten, greift demnach zu kurz. Hier bedarf es der<br />

Lern- oder Weiterbildungsberatung der Mitarbeiter, eingeb<strong>und</strong>en in ein<br />

Konzept, das sowohl dem <strong>betriebliche</strong>n Qualifizierungsbedarf als auch den<br />

Lernvoraussetzungen des Mitarbeiters entspricht.


44<br />

Dass Kenntnisstand <strong>und</strong> Erfahrungshorizont der <strong>betriebliche</strong>n Bildungs-<br />

verantwortlichen keinesfalls irrelevant für die Einführung <strong>und</strong> Nutzung<br />

von E-<strong>Learning</strong> sind, zeigen die folgenden Antworten. So traut sich ein<br />

Viertel der Befragten keine Beurteilung der Frage zu, ob <strong>und</strong> in welchem<br />

Umfang in ihrem Betrieb Kenntnisse über Rahmenbedingungen für die erfolgreiche<br />

Nutzung von E-<strong>Learning</strong> vorhanden sind. Ein weiteres Viertel<br />

sagt, dass die Kenntnisse über diese Rahmenbedingungen nur in sehr geringem<br />

Maße vorhanden sind. Ein weiteres Fünftel der Befragten geht davon<br />

aus, dass das notwendige Wissen für eine erfolgreiche Nutzung von E-<br />

<strong>Learning</strong> im Betrieb nur wenig ausgeprägt ist.<br />

Lediglich jedes achte Unternehmen ist der Meinung, dass das im Unternehmen<br />

verfügbare Know-how zum computergestützten Lernen vergleichsweise<br />

hoch oder sehr hoch ist, jedes sechste Unternehmen geht von<br />

einem mittleren Kenntnisstand der Bildungsverantwortlichen aus. Dies bedeutet<br />

aber nicht zwingend, dass dies mit einer adäquaten Unterstützung<br />

durch das Lehrpersonal bei der Initiierung <strong>und</strong> Begleitung von E-<strong>Learning</strong>-<br />

Prozessen gleichzusetzen ist, auf die es offenk<strong>und</strong>ig ankommt. 31<br />

31 MMB Institut für Medien- <strong>und</strong> Kompetenzforschung/Adolf Grimme Institut,<br />

2003: Zehn aktuelle Trends des E-<strong>Learning</strong> in der beruflichen Weiterbildung,<br />

in: Lernet Report Nr. 6, 17; Fischer, Martin et. al, 2003: E-<strong>Learning</strong> in der Berufsbildungspraxis:<br />

Stand, Probleme, Perspektiven, ITB-Forschungsberichte<br />

06/2003, 7


45<br />

Tabelle 8<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Das Know-how<br />

Auf die Frage: „In welchem Maße sind in Ihrem Unternehmen Kenntnisse<br />

über Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Nutzung von E-<strong>Learning</strong><br />

vorhanden?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen:<br />

Anwender Nicht-Anwender Alle Betriebe<br />

Sehr hoch 10,8 2,0 4,3<br />

Hoch 13,7 5,4 7,6<br />

Mittel 26,5 12,9 16,4<br />

Wenig 21,6 20,0 20,4<br />

Sehr gering 10,8 29,8 24,9<br />

Keine Beurteilung 16,7 29,8 26,4<br />

Insgesamt unterscheidet sich der Kenntnisstand über computergestütztes<br />

Lernen in Unternehmen, die E-<strong>Learning</strong> einsetzen, deutlich von den Unternehmen,<br />

die das nicht tun: So sagen dreimal so viele Unternehmen mit<br />

E-<strong>Learning</strong>-Anwendungen, dass sie über einen hohen bis sehr hohen<br />

Kenntnisstand über computergestütztes Lernen verfügen, als jene Unternehmen,<br />

die kein E-<strong>Learning</strong> einsetzen. In den Unternehmen, die E-<br />

<strong>Learning</strong> nicht anwenden, fällt deshalb auch der Anteil der nur wenig über<br />

die Nutzung von E-<strong>Learning</strong> informierten Bildungs- <strong>und</strong> Personalverantwortlichen<br />

mit fast 50 Prozent sehr hoch aus. Allerdings schätzt auch ein<br />

Drittel der Befragten unter den E-<strong>Learning</strong>-Anwendern, dass sich in ihrem<br />

Unternehmen das Wissen über eine erfolgreiche Nutzung von E-<strong>Learning</strong><br />

in Grenzen hält.<br />

Der Zusammenhang zwischen dem Einsatz <strong>und</strong> dem über E-<strong>Learning</strong> in<br />

den Unternehmen verfügbaren Wissen erweist sich als signifikant. Eine<br />

entscheidende Bedingung für die Entwicklung einer <strong>betriebliche</strong>n Lernkultur,<br />

die sich auch auf E-<strong>Learning</strong>-Anwendungen stützt, ist die Verfügbarkeit<br />

von Information. Demnach erscheint auch der Zusammenhang von Informationsdefiziten,<br />

der Präferenz von Präsenzschulung <strong>und</strong> von Akzep-


46<br />

tanzverlusten hinsichtlich der elektronischen Lernformen nicht verw<strong>und</strong>er-<br />

lich. 32<br />

Bei der Informationsbeschaffung konzentrieren sich die Unternehmen<br />

vor allem auf traditionelle Kanäle – etwa auf Hinweise in der Literatur <strong>und</strong><br />

in der Fachpresse, aber auch auf Anbieter- <strong>und</strong> Produktinfos. Etwa drei<br />

Viertel der Befragten holen sich ihre Informationen aus dem Internet. Zwei<br />

Drittel der Unternehmen nutzen die Informationsmöglichkeiten, die ihnen<br />

Messen, Fachtagungen, Kammern <strong>und</strong> Verbände bieten. Auf Datenbanken<br />

greift die Hälfte der Befragten zurück. E-<strong>Learning</strong>-Anwender nutzen allerdings<br />

die vorhandenen Informationswege <strong>und</strong> die Medien deutlich intensiver<br />

als Nicht-Anwender. Vor allem die Art <strong>und</strong> Weise, wie intensiv Literatur,<br />

Fachpresse, Internetsuchmaschinen, Messen, Fachtagungen sowie<br />

Marktanalysen <strong>und</strong> -berichte genutzt werden, stehen im unmittelbaren Zusammenhang<br />

mit dem Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong>.<br />

Tabelle 9<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die Informationsquellen<br />

Auf die Frage: „Auf welchem Wege beziehen Sie Informationen über Anbieter<br />

<strong>und</strong> deren Produkte?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen<br />

(Mehrfachnennungen):<br />

Anwender Nicht-Anwender Alle Betriebe<br />

Literatur, Fachpresse 99,0 90,0 92,4<br />

Anbieter-/Produktinfos 93,3 88,8 90,0<br />

Internetsuchmaschinen 83,3 72,4 75,5<br />

Messen/Fachtagungen 77,5 61,4 65,6<br />

Kammern, Verbände 65,9 65,3 65,5<br />

Marktanalysen/-berichte 56,5 36,4 41,9<br />

Datenbanken 50,6 45,8 47,1<br />

32 Cognos GmbH, Institut für Innovationsforschung, Technologiemanagement<br />

<strong>und</strong> Entrepreneurship, 2002: Akzeptanz von E-<strong>Learning</strong>


47<br />

Werden die traditionellen Informationsquellen mit den wünschenswer-<br />

ten Informationswegen verglichen, so lässt sich zweierlei vermuten.<br />

Erstens. Für besonders wünschenswert erachtet die Mehrheit der Be-<br />

fragten eine mehr gleichgewichtige Präferierung der einzelnen Informationsquellen.<br />

Dies lässt den Schluss zu, dass auf diese Weise eine eher ausgewogene<br />

Informationsbeschaffung über CBT-Produkte <strong>und</strong> WBT-<br />

Anbieter angestrebt wird. Zugleich spiegelt sich darin auch das Informationsverhalten<br />

der Großbetriebe wieder, die in der Regel ein breites Spektrum<br />

an Medien nutzen.<br />

Zweitens. Zumindest für einen Teil der Bildungsverantwortlichen in den<br />

Betrieben könnte sich die Informationsbeschaffung über computergestütztes<br />

Lernen auch insofern als ein Problem darstellen, als diese moderne elektronische<br />

Informationswege zwar vorzugsweise nutzen möchten, der<br />

Zugriff darauf aber nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.<br />

Tabelle 10<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die bevorzugten Informationsquellen<br />

Auf die Frage: „Welche Informationswege würden Sie bevorzugen, wenn<br />

dies möglich wäre?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen<br />

(Mehrfachnennungen):<br />

Anwender Nicht-Anwender Alle Betriebe<br />

Literatur, Fachpresse 94,7 88,6 90,4<br />

Anbieter-/Produktinfos 86,7 86,6 86,6<br />

Kammern, Verbände 84,7 88,1 87,2<br />

Internetsuchmaschinen 84,7 86,4 86,0<br />

Marktanalysen/-berichte 82,5 59,7 66,5<br />

Datenbanken 78,9 75,9 76,7<br />

Messen/Fachtagungen 75,4 69,0 70,8


48<br />

Um sich über E-<strong>Learning</strong>-Produkte <strong>und</strong> -Anbieter zu informieren, wür-<br />

den es künftig insgesamt 86 Prozent der Befragten vorziehen, auf Internet-<br />

suchmaschinen zurückzugreifen. Für wünschenswert erachten es zudem<br />

knapp 77 Prozent der Befragten, sich mit Hilfe von Datenbanken über<br />

Wissenswertes r<strong>und</strong> ums E-<strong>Learning</strong> informieren zu können. (Das Interesse<br />

an diesem Medium erfährt einen Zuwachs – gemessen an der Differenz<br />

zwischen Ist-Wert (Tabelle 9) <strong>und</strong> Soll-Wert (Tabelle 10) – von r<strong>und</strong> 30<br />

Prozentpunkten.) Auch auf Informationen von Kammern <strong>und</strong> Verbänden<br />

würden die Befragten künftig vorzugsweise zurückgreifen – ein Hinweis,<br />

der vermuten lässt, dass die Informationen dieser Organisationen nicht<br />

(immer) bei ihnen ankommen oder (noch) nicht den konkreten Informationsbedürfnissen<br />

entsprechen.<br />

Eine stärkere Inanspruchnahme der unterschiedlichen Informationsquellen<br />

halten vor allem die Nicht-Anwender für wünschenswert. In diesen Unternehmen<br />

ist offenk<strong>und</strong>ig davon auszugehen, dass eine bedarfsgerechte<br />

Informationsbeschaffung aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Rahmenbedingungen<br />

nicht gegeben ist.<br />

Lernzeitaufwand <strong>und</strong> Kosten<br />

Um den Stellenwert von E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung<br />

beurteilen zu können, wurden die M+E-Betriebe nach dem durchschnittlichen<br />

jährlichen Gesamtaufwand je Teilnehmer an <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildungsmaßnahmen<br />

befragt. Insgesamt machten bei dieser Frage jedoch nur<br />

73 von 104 Unternehmen, die E-<strong>Learning</strong> zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter<br />

einsetzen, vollständige <strong>und</strong> damit verwertbare Angaben. Bezogen<br />

auf die gesamte Stichprobengröße entspricht dies jedoch nur einem Anteil<br />

von 17 Prozent. Die Datenbasis <strong>und</strong> die sich daraus ergebenden Berechnungen<br />

in Bezug auf Lernzeitaufwand <strong>und</strong> Kosten können folglich nicht<br />

als aussagefähig für die Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie angesehen werden.<br />

Sie bietet allenfalls ein Schlaglicht auf jene M+E-Betriebe, die besonders<br />

weiterbildungsaktiv sind <strong>und</strong> E-<strong>Learning</strong> als Weiterbildungsform in ihre<br />

<strong>betriebliche</strong> Lernkultur integriert haben. Es verw<strong>und</strong>ert daher nicht, dass


49<br />

die folgenden Daten zum Teil (siehe: Kosten) von den Werten abweichen,<br />

die das Institut der deutschen Wirtschaft Köln in der repräsentativen „Weiterbildungserhebung<br />

der Wirtschaft 2001“ für die Metall- <strong>und</strong> Elektro-<br />

Industrie ermittelt hat. Den durchschnittlichen jährlichen Zeitaufwand je<br />

Teilnehmer an <strong>betriebliche</strong>r Weiterbildung beziffern die 73 M+E-Betriebe<br />

mit E-<strong>Learning</strong>-Anwendungen auf 29 St<strong>und</strong>en.<br />

Tabelle 11<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb: Die Lernzeit<br />

Durchschnittlicher jährlicher Zeitaufwand je Teilnehmer nach Betriebsgrößenklassen<br />

– in St<strong>und</strong>en:<br />

Betriebsgröße Weiterbildung<br />

insgesamt<br />

davon:<br />

für E-<strong>Learning</strong><br />

bis 499 Mitarbeiter 33,7 10,5<br />

500 <strong>und</strong> mehr Mitarbeiter 25,9 7,7<br />

Durchschnitt 29,0 8,8<br />

Zum Vergleich: Die IW-Weiterbildungserhebung 2001 ermittelte 21,9<br />

St<strong>und</strong>en Lernzeitaufwand je Teilnehmer in der M+E-Industrie – darin enthalten<br />

ist allerdings nicht der Zeitaufwand für das selbstgesteuerte Lernen<br />

mit Medien. Zum Verständnis dieser Werte ist zu berücksichtigen, dass<br />

sich die aktuell ermittelten 29 St<strong>und</strong>en Weiterbildung je Teilnehmer ausschließlich<br />

auf weiterbildungsaktive Unternehmen mit E-<strong>Learning</strong>-<br />

Anwendungen beziehen. Die 21,9 St<strong>und</strong>en Lernzeitaufwand je Teilnehmer<br />

laut IW-Weiterbildungserhebung basieren dagegen auf der Datenbasis aller<br />

von der IW-Erhebung erfassten M+E-Betriebe.<br />

Der durchschnittliche jährliche Zeitaufwand je Teilnehmer an E-<br />

<strong>Learning</strong> betrug 8,8 St<strong>und</strong>en – mithin ein knappes Drittel des gesamten<br />

St<strong>und</strong>enaufwands für Weiterbildung. Bei der Interpretation dieses Wertes<br />

sollte gesehen werden, dass selbstgesteuertes Lernen am Computer überwiegend<br />

Lernen ist, das am Arbeitsplatz oder arbeitsplatznah erfolgt. Die


50<br />

Erfassung des Zeitaufwandes für computergestütztes Lernen ist daher – im<br />

Unterschied zur Erfassung der Beteiligung an Seminaren <strong>und</strong> Kursen – statistisch<br />

gesehen mit einigen Problemen behaftet. Da es dem Mitarbeiter in<br />

der Regel freigestellt ist, wann <strong>und</strong> wie oft er entsprechende Lernsequenzen<br />

bearbeitet, gibt es nur begrenzte Kontrolle des tatsächlichen Lernzeitaufwands.<br />

Angaben zum zeitlichen Umfang des E-<strong>Learning</strong>s sind daher<br />

teilweise Schätzgrößen oder basieren auf dem unterstellten Zeitaufwand,<br />

der für die Bearbeitung eines Lernmoduls oder einer Lernsequenz im<br />

Rahmen einer Weiterbildungsmaßnahme vorgesehen ist.<br />

Signifikante Zusammenhänge zwischen den Qualifikationsschwerpunkten,<br />

der Betriebsgröße <strong>und</strong> dem durchschnittlichen Zeitaufwand je Teilnehmer<br />

für <strong>betriebliche</strong> Weiterbildung bzw. E-<strong>Learning</strong> lassen sich nicht<br />

nachweisen.<br />

Die in der Umfrage erhobenen direkten Kosten der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung<br />

je Mitarbeiter belaufen sich auf 1.187 Euro – einschließlich der<br />

indirekten Kosten bedeutet dies überschlägig gerechnet Weiterbildungskosten<br />

von 2.737 Euro. Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass in<br />

der diesen Berechnungen zugr<strong>und</strong>e liegenden Stichprobe die Unternehmen<br />

mit mehr als 1.000 Mitarbeitern deutlich überrepräsentiert (Anteil an<br />

Stichprobe: 47 Prozent) sind <strong>und</strong> zu einer starken Verzerrung der Werte<br />

führen. So belaufen sich die direkten Kosten je Mitarbeiter in Unternehmen<br />

bis zu 500 Beschäftigten auf 324 Euro, in Unternehmen mit mehr als<br />

500 Mitarbeitern auf 1.197 Euro. Zur statistischen Bereinigung bietet sich<br />

an, die Daten mit der Zahl der in der M+E-Industrie beschäftigten Arbeitnehmer<br />

nach Betriebsgrößenklassen zu gewichten, um die Verzerrung<br />

durch die überdurchschnittliche Besetzung der Großbetriebe zu kompensieren.<br />

Nach diesem Verfahren belaufen sich die direkten Weiterbildungskosten<br />

je Mitarbeiter auf 699 Euro. Einschließlich der indirekten Kosten<br />

sind das – überschlägig gerechnet – 1.669 Euro.<br />

Zum Vergleich dieser Daten die Ergebnisse weiterer Studien: Laut IW-<br />

Weiterbildungserhebung 2001 betrugen die gesamten – also die direkten<br />

<strong>und</strong> indirekten – Weiterbildungskosten der Unternehmen je Mitarbeiter in


51<br />

der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie 878 Euro. Die Potenzialanalyse des<br />

Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation beziffert den<br />

so genannten Lerninvest kleiner <strong>und</strong> mittlerer Unternehmen auf 520 Euro<br />

je Mitarbeiter für Bildung <strong>und</strong> Schulung 33 . Werden in der IW-Befragung<br />

„E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong>“ ebenfalls nur die Unternehmen<br />

mit einer Größe mit bis zu 1.000 Mitarbeitern betrachtet, so lassen sich für<br />

diese direkte Weiterbildungskosten je Mitarbeiter von 400 Euro berechnen.<br />

Ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Qualifikationsschwerpunkten<br />

<strong>und</strong> den durchschnittlichen direkten Kosten der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung<br />

je Mitarbeiter lässt sich allenfalls sehr schwach nachweisen. Als<br />

bedeutsame Variable kommt lediglich ein überdurchschnittlich hoher Anteil<br />

an Führungskräften in Betracht.<br />

Die direkten Kosten je Mitarbeiter für E-<strong>Learning</strong> beziffern die Unternehmen<br />

mit 52 Euro. Deutlich wird dabei, dass größere Unternehmen (500<br />

<strong>und</strong> mehr Mitarbeiter) mit 53 Euro direkte Kosten je Mitarbeiter etwas<br />

mehr in E-<strong>Learning</strong> investieren als kleinere Unternehmen (bis 499 Mitarbeiter)<br />

mit 39 Euro direkte Kosten je Mitarbeiter.<br />

Der <strong>betriebliche</strong> Nutzen von E-<strong>Learning</strong><br />

Die Frage, ob <strong>und</strong> inwieweit Unternehmen auf E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Weiterbildung zurückgreifen, steht offenk<strong>und</strong>ig in einem erfahrungsbezogenen<br />

Zusammenhang mit den Vorzügen <strong>und</strong> dem Nutzen, der<br />

sich aus dem computergestützten Lernen ergibt. Bei der Einschätzung dieses<br />

Sachverhalts lassen sich die M+E-Betriebe in vier Gruppen einteilen:<br />

In eine erste Gruppe von Unternehmen (39,2 Prozent), die dem E-<strong>Learning</strong><br />

einen hohen bis sehr hohen <strong>betriebliche</strong>n Nutzen zuspricht, in eine zweite<br />

Gruppe von Unternehmen (24,5 Prozent), die dem computergestützten<br />

Lernen einen mittleren Wert für den Betrieb bescheinigt <strong>und</strong> in eine dritte<br />

33 Vgl. Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation, 2002: e-<br />

Qualifikations-TV „eQtv“ Potenzialstudie, Management Report Teil II: Lerninvest<br />

kleiner <strong>und</strong> mittlerer Unternehmen, 10


52<br />

Gruppe (20,3 Prozent), die E-<strong>Learning</strong> für die <strong>betriebliche</strong> Bildungsarbeit<br />

nur einen geringen oder sehr geringen Nutzen beimisst. Der vierten Gruppe<br />

sind jene Unternehmen zuzurechnen (16 Prozent), die über keine Informa-<br />

tionen oder Erfahrungen verfügen, um den Nutzen computergestützten<br />

Lernens abschätzen zu können.<br />

Tabelle 12<br />

E-<strong>Learning</strong>: Der Nutzen der Betriebe<br />

Auf die Frage „Welchen Nutzen erwarten Sie in Ihrem Betrieb von E-<br />

<strong>Learning</strong>?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen:<br />

sehr<br />

hoch<br />

bis<br />

hoch<br />

mittel wenig<br />

bis<br />

sehr<br />

gering<br />

keine<br />

Beurteilung<br />

Lernen bei Bedarf <strong>und</strong> Gelegenheit 63,2 18,7 8,0 10,1<br />

Schnelle Verfügbarkeit relevanter Informationen 60,9 17,7 11,2 10,2<br />

Stärkung der Eigeninitiative der Mitarbeiter 52,3 22,7 13,5 11,5<br />

Aktualität der Lerninhalte 51,9 19,9 13,9 14,4<br />

Zeitersparnis 46,8 19,8 18,8 14,6<br />

Integration in ein Gesamtkonzept Betriebliche<br />

Weiterbildung<br />

39,3 29,3 14,8 16,5<br />

Lernen in der Freizeit 38,4 24,0 23,8 13,8<br />

Kostensenkung 36,6 22,4 22,7 18,2<br />

An Bedürfnissen des Arbeitsplatzes orientiertes<br />

Lernen<br />

34,6 28,0 24,2 13,1<br />

Größere Lerneffektivität der Mitarbeiter 24,5 32,0 23,7 19,8<br />

Verknüpfung mit Wissensmanagement 24,3 28,5 22,3 24,9<br />

Entlastung des Bildungspersonals 17,0 23,2 40,1 19,8<br />

Bei der überwiegend positiven Haltung gegenüber E-<strong>Learning</strong> – r<strong>und</strong><br />

64 Prozent aller befragten M+E-Unternehmen erwarten einen mittleren bis<br />

sehr hohen Nutzen durch die Anwendung von E-<strong>Learning</strong> – ist allerdings


53<br />

zu berücksichtigen, dass lediglich ein Viertel der Betriebe E-<strong>Learning</strong> tatsächlich<br />

anwendet. Offenk<strong>und</strong>ig verfügen nicht wenige Unternehmen über<br />

einschlägige Informationen <strong>und</strong> relevantes Anwendungswissen.<br />

Zum Vergleich: In der Studie des Fraunhofer-Instituts zum Lernbedarf<br />

kleiner <strong>und</strong> mittlerer Unternehmen 34 gaben insgesamt nur 40 Prozent der<br />

Betriebe an, positive Erfahrungen mit Tele-/E-<strong>Learning</strong> gemacht zu haben.<br />

Gut drei von fünf Unternehmen erwarten von E-<strong>Learning</strong>, dass das dadurch<br />

gegebene Lernen bei Bedarf <strong>und</strong> Gelegenheit einen hohen bis sehr<br />

hohen Nutzen bringt. Etwa genauso viele halten die schnelle Verfügbarkeit<br />

von relevanten Informationen für einen hohen bis sehr hohen Nutzen. Gut<br />

die Hälfte der Betriebe sieht den hohen Nutzen in der Stärkung der Eigeninitiative<br />

der Mitarbeiter <strong>und</strong> in der Aktualität der Lerninhalte. Wird bei<br />

der Einschätzung der Vorzüge des E-<strong>Learning</strong>s der unterschiedliche Erfahrungshorizont<br />

der Unternehmen berücksichtigt, so ergibt sich daraus folgendes<br />

Bild: R<strong>und</strong> 86 Prozent der Unternehmen, die über praktische Erfahrungen<br />

verfügen, messen dem elektronischen Lernen bei Bedarf <strong>und</strong> Gelegenheit<br />

eine hohe bis sehr hohe Bedeutung zu – von den Nicht-Anwendern<br />

stimmen hier 56 Prozent zu. Zu einer ebenso positiven Einschätzung dieses<br />

Aspektes gelangt die von KPMG 35 durchgeführte Bestandsaufnahme zum<br />

E-<strong>Learning</strong> in deutschen Großunternehmen. Danach gaben 85 Prozent der<br />

befragten Unternehmen an, dass die an den Einsatz von E-<strong>Learning</strong> gestellten<br />

Erwartungen in Bezug auf das damit verknüpfte flexible Lernen erfüllt<br />

wurden. Zu einer ähnlich hohen Bewertung der Vorteile von E-<strong>Learning</strong><br />

kommt eine Studie von Mummert + Partner. 36<br />

Auch bei der Aussage, E-<strong>Learning</strong> trage zur Stärkung der Eigeninitiative<br />

der Mitarbeiter bei, unterscheiden sich die Meinungen zwischen E-<br />

34 Vgl. Fraunhofer-Institut, Management Report Teil I, a.a.O., 13<br />

35 Vgl. KPMG Consulting AG, MMB Michel Medienforschung <strong>und</strong> Beratung,<br />

PSEPHOS GmbH, 2001: e<strong>Learning</strong> zwischen Eurphorie <strong>und</strong> Ernüchterung.<br />

Eine Bestandsaufnahme zum E-<strong>Learning</strong> in deutschen Großunternehmen,<br />

München, 25<br />

36 Vgl. Mummert + Partner Unternehmensberatung AG: E-<strong>Learning</strong> braucht<br />

Nachhilfe, Pressemitteilung vom 25. Juni 2002


54<br />

<strong>Learning</strong>erfahrenen <strong>und</strong> nicht erfahrenen Unternehmen. Knapp 73 Prozent<br />

der Anwender sehen hier einen hohen Nutzen, dem schließen sich aber<br />

„nur“ 45 Prozent der Nicht-Anwender an. Die Differenz (von<br />

28 Prozentpunkten) zwischen diesen Werten ist als Hinweis zu verstehen,<br />

dass dieser Aspekt noch vielfach unterbewertet wird <strong>und</strong> bei künftigen Implementierungs-Strategien<br />

konzeptionell stärker berücksichtigt werden<br />

sollte.<br />

Tabelle 13<br />

E-<strong>Learning</strong>: Der Nutzen der Betriebe<br />

Auf die Frage „Welchen Nutzen erwarten Sie in Ihrem Betrieb von E-<br />

<strong>Learning</strong>?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen „sehr<br />

hoch bis hoch“:<br />

Anwender Nicht-<br />

Anwender<br />

Lernen bei Bedarf <strong>und</strong> Gelegenheit 85,9 55,5<br />

Schnelle Verfügbarkeit relevanter Informationen 74,3 56,3<br />

Stärkung der Eigeninitiative der Mitarbeiter 72,8 45,4<br />

Aktualität der Lerninhalte 62,7 48,1<br />

Zeitersparnis 61,5 41,7<br />

Integration in ein Gesamtkonzept Betriebliche<br />

Weiterbildung<br />

53,9 34,3<br />

An Bedürfnissen des Arbeitsplatzes orientiertes<br />

Lernen<br />

51,8 28,9<br />

Kostensenkung 44,2 34,0<br />

Lernen in der Freizeit 46,4 36,0<br />

Verknüpfung mit Wissensmanagement 35,4 20,6<br />

Größere Lerneffektivität der Mitarbeiter 33,0 21,5<br />

Entlastung des Bildungspersonals 25,8 14,0<br />

Dass flexibles computerunterstütztes Lernen auch unter dem Gesichtspunkt<br />

Zeitersparnis gesehen werden kann, ist offenk<strong>und</strong>ig. Gut drei von


55<br />

fünf Anwendern sehen darin einen sehr hohen oder hohen Nutzen dieser<br />

Lernform – unter den Nicht-Anwendern pflichten zwei von fünf Unter-<br />

nehmen diesem Argument bei. In der bereits zitierten KPMG-Studie stimmen<br />

sogar 75 Prozent der Befragten diesem Aspekt zu.<br />

Immerhin 54 Prozent der E-<strong>Learning</strong>-User sieht den Nutzen dieser Weiterbildungsform<br />

darin, diese in ein Gesamtkonzept Betriebliche Weiterbildung<br />

integrieren zu können. Bei den Unternehmen ohne konkreten E-<br />

<strong>Learning</strong>-Anwendungsbezug vermag lediglich ein Drittel dem Aspekt des<br />

„Blended <strong>Learning</strong>“ einen besonderen <strong>betriebliche</strong>n Nutzen zuzusprechen.<br />

Knapp 47 Prozent der Betriebe sehen durch E-<strong>Learning</strong> eine Zeitersparnis<br />

gegeben. Auch bei der Einschätzung dieses Arguments spielen <strong>Praxis</strong>erfahrungen<br />

eine Rolle. So sehen r<strong>und</strong> 62 Prozent der E-<strong>Learning</strong>-<br />

Anwender in diesem Argument einen hohen Nutzwert. Bei den Unternehmen,<br />

die über keine praktischen Erfahrungen im Umgang mit computerunterstütztem<br />

Lernen verfügen, teilen „nur“ 42 Prozent diese Einschätzung.<br />

Das Argument, dass E-<strong>Learning</strong> zu einer Kostenersparnis in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Weiterbildung beitragen kann, halten 37 Prozent der Betriebe für<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich überzeugend, für weitere 22 Prozent ist dieses Argument<br />

nicht ganz so stichhaltig. Dagegen erachten 23 Prozent der Befragten das<br />

Kostenargument für weniger oder kaum überzeugend. Beim Kostenargument<br />

wird deutlich, dass die Einschätzung dieser Frage auch von den <strong>Praxis</strong>erfahrungen<br />

abhängig ist – allerdings nicht ganz so stark ausgeprägt wie<br />

bei den zuvor genannten Items. So sagen 44 Prozent der E-<strong>Learning</strong>-<br />

Anwender, dass computergestütztes Lernen mit einer deutlichen Kostensenkung<br />

einhergeht, bei den Unternehmen, die E-<strong>Learning</strong> nicht anwenden,<br />

teilen „nur“ (oder immerhin) 34 Prozent diese Einschätzung.<br />

Zum Vergleich: In der KPMG-Studie sehen 67 Prozent der Befragten<br />

die Erwartungen hinsichtlich der Kostenersparnis durch den Einsatz von<br />

E-<strong>Learning</strong> erfüllt. Werden in der vorliegenden M+E-Unternehmensbefragung<br />

bei den Antworten der Anwender zur Kostenersparnis die Items<br />

„sehr hoher Nutzen“, „hoher Nutzen“ <strong>und</strong> „mittlerer Nutzen“ zusammengenommen,<br />

dann stützen insgesamt 70 Prozent der M+E-Betriebe, die E-


56<br />

<strong>Learning</strong> anwenden, das Argument, dass sich mit Hilfe elektronischer<br />

Lernformen Kosten reduzieren lassen. In der „eQtv“-Studie des Fraunho-<br />

fer-Instituts 37 sehen 60 Prozent der befragten kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Unternehmen in dieser Lernform die Möglichkeit zu Kosteneinsparungen.<br />

Mummert + Partner 38 schätzen, dass sich mit E-<strong>Learning</strong> bis zu 30 Prozent<br />

der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildungskosten einsparen lassen. Indirekt wird<br />

damit – so eine allerdings ausschließlich auf WBT-Anwender begrenzte<br />

Studie 39 – bestätigt, dass die Anschaffungskosten für netzgestützte Lernlösungen<br />

kein Hindernis bei der Einführung von WBT darstellen.<br />

Insgesamt steht der Aspekt der Kostenwirksamkeit von Weiterbildung<br />

weiterhin auf der Tagesordnung vieler Unternehmen. Doch wird offenk<strong>und</strong>ig<br />

eine Reihe anderer Argumente eine deutlich höhere Priorität bei der<br />

Entscheidung, E-<strong>Learning</strong> als <strong>betriebliche</strong> Weiterbildungsform einzuführen,<br />

beigemessen.<br />

Die Bedeutung der konkreten Lernerfahrung im Umgang mit E-<br />

<strong>Learning</strong> setzt sich auch bei der Frage fort, ob oder inwieweit E-<strong>Learning</strong><br />

ein an den Bedürfnissen des Arbeitsplatzes orientiertes Lernen ermöglicht.<br />

Gut die Hälfte der Anwender sieht darin einen hohen oder sehr hohen Nutzen<br />

von E-<strong>Learning</strong>. Bei den Nicht-Anwendern teilen „nur“ drei von zehn<br />

diese Einschätzung. Bei der Frage nach der Integration von E-<strong>Learning</strong> in<br />

ein Gesamtkonzept <strong>betriebliche</strong> Weiterbildung kommen E-<strong>Learning</strong>-<br />

Anwender (54 Prozent: hoher bis sehr hoher Nutzen) <strong>und</strong> Nicht-Anwender<br />

(34 Prozent: hoher bis sehr hoher Nutzen) zu annähernd vergleichbaren<br />

Einschätzungen wie bei Item „Arbeitsplatzorientiertes Lernen“. Andere<br />

Autoren 40 verbinden den Aspekt der Integration elektronischer Lernformen<br />

37 Vgl. Fraunhofer-Institut, Management Report Teil I, a. a. O., 13<br />

38 Vgl. Mummert + Partner Unternehmensberatung AG: Das Milliardengeschäft<br />

mit der Online-Bildung lässt auf sich warten, Pressemitteilung vom 21. September<br />

2001<br />

39 Vgl. Adolf Grimme Institut GmbH, Michel Medienforschung <strong>und</strong> Beratung,<br />

Institut für Medien <strong>und</strong> Kommunikation, 2001: Web Based Training in kleinen<br />

<strong>und</strong> mittleren Unternehmen. Rahmenbedingungen für erfolgreiche Anwendungen,<br />

Studie im Auftrag der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, 33<br />

40 Vgl. ebenda, 37


57<br />

in ein Gesamtkonzept Weiterbildung an die Prämisse, dass dies in den Unternehmen<br />

eine <strong>betriebliche</strong> Lernkultur voraussetzt, die selbstgesteuertes<br />

Lernen positiv sanktioniert.<br />

Die Antworten, die auf die Frage gegeben werden, inwieweit E-<br />

<strong>Learning</strong> zur Entlastung des Bildungspersonals führt, sind in zweifacher<br />

Hinsicht interessant. Insgesamt sehen hier 40 Prozent der befragten Unternehmen<br />

einen Nutzen. Bei den Anwendern sind es jedoch 62 Prozent, die<br />

hier zustimmen, bei den Nicht-Anwendern lediglich 32 Prozent. Die eher<br />

verhaltene Zustimmung der Anwender – 26 Prozent gehen von einem hohen<br />

bis sehr hohen Nutzen in dieser Frage aus, 36 Prozent von einem mittleren<br />

Nutzen – verdeutlicht aber auch, dass die anfängliche Euphorie in<br />

dieser Frage einer realistischeren Einschätzung gewichen ist: E-<strong>Learning</strong><br />

macht das Weiterbildungspersonal nicht überflüssig. Vielmehr verändert es<br />

dessen funktionalen Zuschnitt in Richtung Konzeption, Beratung <strong>und</strong> Moderation<br />

von Weiterbildung.<br />

Die künftige Bedeutung von E-<strong>Learning</strong><br />

Zur Einschätzung der künftigen Bedeutung, die E-<strong>Learning</strong> in den Unternehmen<br />

der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie einnehmen wird, lassen sich<br />

die Betriebe in etwa vier gleich große Lager einteilen. Da ist zunächst ein<br />

Viertel der befragten Unternehmen, das E-<strong>Learning</strong> künftig eine hohe bis<br />

sehr hohe Bedeutung beimisst. Ein weiteres Viertel der Unternehmen sieht,<br />

dass elektronisches Lernen im Rahmen der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit<br />

eher eine mittlere Rolle einnimmt, etwa genauso viele Betriebe gehen davon<br />

aus, dass E-<strong>Learning</strong> künftig nur eine geringe oder unbedeutende Rolle<br />

innehaben wird. Das restliche Viertel sieht sich außer Stande, eine Einschätzung<br />

in dieser Frage abzugeben.


58<br />

Tabelle 14<br />

E-<strong>Learning</strong>: Die künftige Bedeutung<br />

Auf die Frage „Wie schätzen Sie die künftige Bedeutung von E-<strong>Learning</strong><br />

in Ihrem Betrieb ein?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen: <br />

Produktion,Arbeitsorganisation<br />

Einkauf,<br />

Verkauf,<br />

Vertrieb<br />

Verwaltung,Buchhaltung,Controlling <br />

Forschung<br />

<strong>und</strong><br />

Entwicklung <br />

Insgesamt<br />

sehr hoch 1,9 6,1 4,8 8,2 5,3<br />

hoch 10,9 25,2 23,7 21,4 20,3<br />

mittel 19,0 27,4 29,5 21,1 24,3<br />

gering 25,3 11,9 13,1 9,5 15,0<br />

unbedeutend 16,3 7,0 7,3 10,2 10,2<br />

keine Beurteilung 26,5 22,3 21,5 29,6 25,0<br />

Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0<br />

Insgesamt geht die Hälfte der befragten Unternehmen davon aus, dass<br />

E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung eine hohe bis mittlere Bedeutung<br />

innehaben wird. Zu einer weitaus optimistischeren Einschätzung<br />

der künftigen Bedeutung elektronischer Lernformen gelangt die Untersuchung<br />

von Cognos/Innotec. 41 Danach erwarten 90 Prozent der befragten<br />

ehemaligen Schulungsteilnehmer eine wachsende Bedeutung der computergestützten<br />

Lernformen in den nächsten fünf Jahren.<br />

Den höchsten Stellenwert wird E-<strong>Learning</strong> künftig nach Einschätzung<br />

der befragten Betriebe in den Unternehmensbereichen Einkauf, Verkauf<br />

<strong>und</strong> Vertrieb, aber auch in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung innehaben: Drei<br />

von zehn Unternehmen sehen hier eine Intensivierung der bisherigen Pra-<br />

41<br />

Cognos GmbH, Institut für Innovationsforschung, Technologiemanagement<br />

<strong>und</strong> Entrepreneurship, a.a.O.


59<br />

xis im Umgang mit elektronischen Medien. Sehr viel verhaltener fällt dagegen<br />

die Einschätzung der Betriebe über die künftige Bedeutung des<br />

computergestützten Lernens in der Produktion <strong>und</strong> Arbeitsorganisation<br />

aus: Lediglich jedes achte Unternehmen sieht hier eine Zunahme der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Lernaktivitäten. Diese Angaben können auch – so lässt sich<br />

vermuten – als ein Hinweis auf die mangelnde Verfügbarkeit hochwertiger<br />

M+E-spezifischer Lerneinheiten insbesondere bei der Vermittlung von<br />

speziellem Fachwissen interpretiert werden.<br />

Tabelle 15<br />

E-<strong>Learning</strong>: Die künftige Bedeutung<br />

Auf die Frage „Wie schätzen Sie die künftige Bedeutung von E-<strong>Learning</strong><br />

in Ihrem Betrieb ein?“ antworteten so viel Prozent der Unternehmen mit<br />

„sehr hoch bis hoch“<br />

Produktion,<br />

Arbeitsorganisation<br />

Einkauf,<br />

Verkauf,<br />

Vertrieb<br />

Verwaltung,Buchhaltung,Controlling <br />

Forschung<br />

<strong>und</strong><br />

Entwicklung <br />

Insgesamt<br />

Anwender 28,6 47,5 47,0 41,2 41,2<br />

Nicht-Anwender 8,0 26,1 22,5 25,9 20,6<br />

Durchschnitt 12,8 31,3 28,5 29,6 25,6<br />

Zu einer signifikant unterschiedlichen Einschätzung hinsichtlich der<br />

künftigen Bedeutung von E-<strong>Learning</strong> im Betrieb kommen Unternehmen,<br />

die bereits elektronische Lernformen einsetzen, im Vergleich mit Unternehmen,<br />

die E-<strong>Learning</strong> (noch) nicht anwenden. Danach erwarten zwei<br />

von fünf Anwendern, dass E-<strong>Learning</strong> im Betrieb künftig eine sehr hohe<br />

bis hohe Bedeutung haben wird – unter den Nicht-Anwendern teilt lediglich<br />

ein Fünftel der Betriebe diese Einschätzung. Eine stärker differenzierte<br />

Betrachtung der Nicht-Anwender lässt allerdings vermuten (fast<br />

42 Prozent der Nicht-Anwender gehen davon aus, dass künftig E-<strong>Learning</strong><br />

in ihrem Betrieb eine sehr hohe bis mittlere Bedeutung haben wird), dass


60<br />

es mittelfristig zumindest bei einem Teil zu einem so genannten Roll-out,<br />

also zu einer Realisierung von E-<strong>Learning</strong>-Lösungen, kommen könnte.<br />

Diese Vermutung lässt sich mit Hilfe verschiedener Studien zum<br />

Wachstumspotenzial von E-<strong>Learning</strong> erhärten. So geht die EU-<br />

Kommission davon aus, dass etwa ein Viertel der gesamten Weiterbildung<br />

bis zum Jahr 2005 über E-<strong>Learning</strong> abgewickelt werden könnte. 42 Andere<br />

Autoren 43 schätzen, dass computerunterstütztes Lernen in Deutschland erst<br />

am Anfang seiner Entwicklung steht <strong>und</strong> in den nächsten Jahren deshalb<br />

mit einem E-<strong>Learning</strong>-Boom zu rechnen ist: Etwa ein Fünftel bis ein Drittel<br />

der deutschen Unternehmen beabsichtigt in absehbarer Zeit, E-<br />

<strong>Learning</strong>-Anwendungen in der Weiterbildung einzusetzen. 44<br />

Um zu überprüfen, welche <strong>betriebliche</strong>n Faktoren die Bedeutung von<br />

E-<strong>Learning</strong> im Betrieb beeinflussen können, lassen sich die Ergebnisse mit<br />

zwei in der Umfrage erhobenen Variablen korrelieren: das sind zum einen<br />

die Qualifikationsprofile der Mitarbeiter, <strong>und</strong> zum anderen die Unternehmensgröße.<br />

Danach besteht offenk<strong>und</strong>ig kein signifikanter Zusammenhang<br />

zwischen der Qualifikationsstruktur der Mitarbeiter <strong>und</strong> der künftigen Bedeutung<br />

von E-<strong>Learning</strong>. Das bedeutet unter anderem, dass weder von hohen<br />

bzw. niedrigen Anteilen ungelernter oder hochqualifizierter Mitarbeiter<br />

Effekte ausgehen, die auf eine Zunahme der computergestützten Lernaktivitäten<br />

schließen lassen.<br />

42<br />

Vgl. Reinhard Büscher, Statement vom 25. April 2002, in: Handwerkskammer<br />

Düsseldorf (Hrsg.): E-<strong>Learning</strong> im Handwerk, Beispiele – Chancen – Perspektiven,<br />

20<br />

43<br />

Vgl. Gabriele Hooffacker, Lernen just in time: Zukunftsmarkt E-<strong>Learning</strong>, in:<br />

PC-Online 11/2000, 1<br />

Berlecon Research, 2001: Wachstumsmarkt E-<strong>Learning</strong>: Anforderungen, Akteure<br />

<strong>und</strong> Perspektiven im deutschen Markt; Mummert + Partner Unternehmensberatung<br />

AG, 2002: Das Milliardengeschäft mit der Online-Bildung lässt<br />

auf sich warten, Pressemitteilung vom 21. September 2001<br />

44<br />

Rogas, Karsten / Frey, Katja, 2002, Aktuelle Entwicklung der electronic Human<br />

Research Technologien, in: Personal, 54. Jg., Heft 07, 11; Töpfer, Armin,<br />

2002: Blended <strong>Learning</strong> – Standards gegen Kostendruck, in: Personalwirtschaft,<br />

29. Jg., Sonderheft E- <strong>Learning</strong> 11, 10


61<br />

Etwas aufschlussreicher hinsichtlich der zukünftigen Bedeutung von<br />

E-<strong>Learning</strong> zeigt sich die Variable Unternehmensgröße. Zwar gibt es kei-<br />

nen allgemeinen Zusammenhang zwischen Betriebsgröße <strong>und</strong> der künftigen<br />

Bedeutung von E-<strong>Learning</strong>. Signifikant ist jedoch der Zusammenhang<br />

insbesondere im Bereich Forschung <strong>und</strong> Entwicklung. Allerdings erstaunt<br />

das kaum, steigt doch der Stellenwert von FuE innerhalb eines Unternehmens<br />

mit seiner Betriebsgröße. Ein nur sehr schwach signifikanter Zusammenhang<br />

zwischen E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Betriebsgröße ist im Unternehmensbereich<br />

Einkauf/Verkauf/Vertrieb/Marketing erkennbar.<br />

E-<strong>Learning</strong>: Die Themen der Zukunft<br />

Befragt nach den Themenschwerpunkten, mit denen sich die Mitarbeiter<br />

künftig beim computergestützten Lernen beschäftigen werden, setzen die<br />

Unternehmen die Akzente zunächst auf kaufmännische sowie auf informations-<br />

<strong>und</strong> kommunikationstechnische Themen. Aber auch gewerblichtechnische<br />

Themenfelder sowie fachübergreifende Themen sollen künftig<br />

über E-<strong>Learning</strong> vermittelt werden. Diese Präferierung weicht zwar deutlich<br />

von den Daten ab, die für die M+E-Industrie in der „Weiterbildungserhebung<br />

der Wirtschaft 2001“ erhoben wurden. Allerdings ist bei der<br />

„Weiterbildungserhebung der Wirtschaft 2001“ zu berücksichtigen, dass<br />

bei der Frage nach den Themenschwerpunkten alle Lernformen der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Weiterbildung in die Befragung mit einbezogen wurden. Die<br />

dargelegten Ergebnisse der Befragung „E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

<strong>Praxis</strong>“ fokussieren ausschließlich auf Themen, die über elektronische<br />

Lernformen vermittelt werden sollen.


Tabelle 16<br />

E-<strong>Learning</strong>: Die künftigen Themen<br />

Auf die Frage „Sollten Sie künftig Bedarf an E-<strong>Learning</strong> haben, welche<br />

Themen sollen in Ihrem Betrieb künftig über E-<strong>Learning</strong> vermittelt werden?“<br />

antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen<br />

(Mehrfachnennungen):<br />

62<br />

Anwender Nicht-<br />

Anwender<br />

Insgesamt<br />

Kaufmännische Themen 93,5 81,0 84,5<br />

IuK-Themen 87,1 76,9 79,7<br />

Fachübergreifende Themen 78,3 66,7 69,9<br />

Gewerblich-technische Themen 73,3 68,6 69,8<br />

IuK-Themen: Informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnische Themen<br />

Die in der „E-<strong>Learning</strong>-Umfrage“ erkennbare Bevorzugung der kaufmännischen<br />

Themen ist somit eindeutig mediengeb<strong>und</strong>en, denn über den<br />

Computer lassen sich diese Themen nicht nur pädagogisch sinnvoll vermitteln<br />

– die kaufmännischen sowie informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnischen<br />

Themen dominieren auch die Angebotspalette vieler CBT-<br />

Produzenten <strong>und</strong> WBT-Anbieter. Dass die Unternehmen auch die gewerblich-technischen<br />

Themen auf die Agenda des computergestützten Lernens<br />

setzen, lässt vermuten, dass einerseits positive Erfahrungen auf diesem<br />

Gebiet vorliegen <strong>und</strong> dass andererseits die Unternehmen zuversichtlich<br />

sind, was die künftige Entwicklung entsprechender Lernsoftware betrifft.<br />

Vor allem der Zuspruch, den die fachübergreifenden Themen künftig<br />

über E-<strong>Learning</strong> erfahren sollen, wird offenk<strong>und</strong>ig stark beeinflusst von<br />

der Betriebsgröße – Reflex des Bedeutungszuwachses, den die Vermittlung<br />

von Fremdsprachen <strong>und</strong> Soft skills wie Management- <strong>und</strong> Führungstechniken<br />

in größeren <strong>und</strong> großen Unternehmen erfahren. Auch die Nachfrage<br />

nach informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnischen Themen wird von der<br />

Betriebsgröße beeinflusst. Danach werden große M+E-Unternehmen, die<br />

Bedarf an E-<strong>Learning</strong> anmelden, künftig insbesondere IuK-Themen mit<br />

Hilfe computergestützter Lernprogramme ihren Mitarbeitern vermitteln.


63<br />

Für die anderen Themenfelder lässt sich dieser Zusammenhang nicht<br />

nachweisen.<br />

Tabelle 17<br />

E-<strong>Learning</strong>: Die künftigen Themen<br />

Auf die Frage „Sollten Sie künftig Bedarf an E-<strong>Learning</strong> haben, welche<br />

Themen sollen in Ihrem Betrieb künftig über E-<strong>Learning</strong> vermittelt werden?“<br />

antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen<br />

(Mehrfachnennungen):<br />

Themen Anwender Nicht-<br />

Anwender<br />

Durchschnitt<br />

Zum<br />

Vergleich:<br />

WB 2001<br />

Kaufmännische Themen 29,4 28,4 28,7 21,0<br />

IuK-Themen 27,4 26,9 27,1 22,5<br />

Gewerblich-technische<br />

Themen<br />

21,3 23,8 23,0 42,8<br />

Fachübergreifende Themen 22,0 20,9 21,2 13,7<br />

Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0<br />

IuK-Themen: Informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnische Themen<br />

WB 2001: IW-Weiterbildungserhebung der Wirtschaft 2001 bezieht Themenschwerpunkte<br />

auf alle Weiterbildungsformen<br />

Unterstützende Maßnahmen für Unternehmen<br />

Im Medienzeitalter werden auch an die Arbeitgeberverbände verschiedene<br />

Erwartungen von ihren Mitgliedsunternehmen herangetragen. Ganz<br />

überwiegend erwarten die M+E-Unternehmen von den M+E-<br />

Arbeitgeberverbänden Informationen, aber auch Beratung. Zunehmend<br />

spielen dabei auch Datenbanken <strong>und</strong> Internet-Plattformen eine Rolle, die<br />

für die Mitgliedsunternehmen unterschiedliche Info-Services bereitstellen<br />

sollen.


64<br />

Unternehmen, die E-<strong>Learning</strong> anwenden, unterscheiden sich hinsicht-<br />

lich der Erwartungshaltung gegenüber ihrem M+E-Verband nur unmerk-<br />

lich von der Erwartungshaltung, die Nicht-Anwender einnehmen – mit<br />

Ausnahme der Serviceleistung Beratung. Hier erwarten vor allem die<br />

Nicht-Anwender eine entsprechende Unterstützungsleistung ihres Verbandes.<br />

Tabelle 18<br />

Leistungen des Verbandes<br />

Auf die Frage “Welche Leistungen erwarten Sie von Ihrem M+E-<br />

Verband?“ antworteten so viel Prozent der befragten Unternehmen:<br />

Anwender Nicht-Anwender Insgesamt<br />

Information 95,0 97,4 96,8<br />

Beratung 59,8 83,0 77,6<br />

Datenbanken 67,1 63,4 64,4<br />

Internet-Plattformen 64,8 60,0 61,3<br />

Mit Blick auf den Zusammenhang zwischen Betriebsgröße <strong>und</strong> gewünschtem<br />

Verbandsservice lässt sich sagen, dass vor allem Betriebe mit<br />

weniger als 500 Mitarbeitern – laut Umfrage sind es 82 Prozent – von ihrem<br />

M+E-Verband erwarten, dass dieser sich auf dem Leistungsfeld Datenbanken<br />

engagiert; von den Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeitern erwarten<br />

dies lediglich 58 Prozent. Bei den anderen Items lassen sich keine<br />

bedeutsamen Zusammenhänge zwischen Unternehmensgröße <strong>und</strong> erwarteter<br />

Verbandsangebote erkennen.<br />

Vier von fünf der befragten Unternehmen erachten das Vorhalten einer<br />

speziellen Internet-Datenbank über E-<strong>Learning</strong>-Angebote für die Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung als eine wünschenswerte <strong>und</strong> zeitgemäße Leistung ihres<br />

Dachverbandes. Zwischen Anwendern <strong>und</strong> Nicht-Anwendern gibt es hinsichtlich<br />

dieser Erwartungshaltung keinen entscheidenden Unterschied.


65<br />

Mit der von IW Consult GmbH für die Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie<br />

entwickelten Datenbank elearningME (www.elearningme.de) – die Datenbank<br />

ist seit Februar 2003 online <strong>und</strong> standardisiert auf eclass <strong>und</strong> OpenQ<br />

– hat sich Gesamtmetall mittlerweile als ‚content provider‘ positioniert.<br />

Zusammenfassung<br />

Wichtige Ergebnisse der IW-Unternehmensbefragung „E-<strong>Learning</strong> in<br />

der <strong>betriebliche</strong>n <strong>Praxis</strong>“ in der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie:<br />

• Lernformen. Jeder vierte befragte M+E-Betrieb setzt E-<strong>Learning</strong> zur<br />

Weiterbildung der Mitarbeiter ein. In neun von zehn dieser Unternehmen<br />

gehört dabei das Computer Based Training (CBT) zum Standardangebot.<br />

Gut jeder zweite E-<strong>Learning</strong>-aktive Betrieb offeriert auch<br />

netzbasiertes Web Based Training (WBT). Zwei von fünf dieser Unternehmen<br />

realisieren „Blended <strong>Learning</strong>“, das computergestütztes Lernen<br />

mit Präsenzseminaren, Lernberatung <strong>und</strong> Tutoring kombiniert.<br />

• Zugang. In Unternehmen der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie, die E-<br />

<strong>Learning</strong>-Angebote bereitstellen, haben im Schnitt 44 Prozent der Mitarbeiter<br />

Zugang zu den Formen computergestützten Lernens. Anders<br />

formuliert: Bezogen auf die gesamte M+E-Industrie hatten zum Befragungszeitpunkt<br />

b<strong>und</strong>esweit 38 Prozent der Mitarbeiter Zugang zu <strong>betriebliche</strong>n<br />

E-<strong>Learning</strong>-Angeboten.<br />

• Unternehmensbereiche. Computergestütztes Lernen findet in etwa vier<br />

von fünf M+E-Betrieben, die E-<strong>Learning</strong> praktizieren, vor allem in<br />

kaufmännischen Unternehmensbereichen statt – also in der Verwaltung,<br />

der Buchhaltung, im Controlling, aber auch im Einkauf <strong>und</strong> Verkauf, im<br />

Vertrieb <strong>und</strong> im Marketing. Jedes zweite E-<strong>Learning</strong>-aktive Unternehmen<br />

ermöglicht computergestütztes Lernen auch in der Produktion <strong>und</strong><br />

Arbeitsorganisation.


66<br />

• Lernorte. E-<strong>Learning</strong> in der Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie bedeutet in<br />

der Regel unmittelbares Lernen mit dem PC am Arbeitsplatz. Das trifft<br />

auf neun von zehn E-<strong>Learning</strong>-Anwender zu. Gut zwei von fünf Betrie-<br />

ben mit E-<strong>Learning</strong>-Angeboten unterstützen das Weiterbildungsinteresse<br />

ihrer Mitarbeiter, in dem sie für diese einen PC bzw. Lernsoftware<br />

fürs häusliche Arbeitszimmer bereitstellen.<br />

• Ausstattung. In zwei von drei M+E-Betrieben mit E-<strong>Learning</strong>-<br />

Angeboten haben die PCs sowohl einen Internet- als auch einen Intranet-Zugang.<br />

• Erfahrungen <strong>und</strong> Kenntnisse. Lediglich jedes achte Unternehmen ist<br />

der Meinung, dass das im Betrieb verfügbare Know-how über computergestütztes<br />

Lernen vergleichsweise hoch oder sehr hoch ist, jedes<br />

sechste Unternehmen geht von einem mittleren Kenntnisstand aus. Insgesamt<br />

sagen dreimal so viele Anwender wie Nicht-Anwender, dass sie<br />

über einen hohen bis sehr hohen Kenntnisstand über computergestütztes<br />

Lernen verfügen.<br />

• Informationsquellen. Bei der Informationsbeschaffung über computergestütztes<br />

Lernen konzentrieren sich neun von zehn Unternehmen vor<br />

allem auf traditionelle Informationskanäle – etwa auf Hinweise in der<br />

Literatur <strong>und</strong> in der Fachpresse, aber auch auf Anbieter- <strong>und</strong> Produktinfos.<br />

Drei Viertel der Befragten holen sich ihre Informationen aber auch<br />

aus dem Internet.<br />

• Wünschenswerte Informationsquellen. Um sich über für das Unternehmen<br />

geeignete E-<strong>Learning</strong>-Produkte <strong>und</strong> -Anbieter zu informieren,<br />

würden es künftig 86 Prozent der Befragten vorziehen, auf Internetsuchmaschinen<br />

zurückzugreifen. Für besonders wünschenswert erachten<br />

es 77 Prozent der Befragten, sich mit Hilfe von Datenbanken über Wissenswertes<br />

r<strong>und</strong> ums E-<strong>Learning</strong> informieren zu können. Tatsächlich<br />

greifen zurzeit nur 47 Prozent der Befragten auf dieses Medium zu.<br />

• Lernzeit. Den durchschnittlichen jährlichen Zeitaufwand je Teilnehmer<br />

an <strong>betriebliche</strong>r Weiterbildung beziffern die M+E-Betriebe


67<br />

mit E-<strong>Learning</strong>-Anwendungen auf 29 St<strong>und</strong>en, davon entfallen 8,8<br />

St<strong>und</strong>en auf E-<strong>Learning</strong>.<br />

• Kosten. Die in der Umfrage erhobenen direkten Kosten der betriebli-<br />

chen Weiterbildung je Mitarbeiter belaufen sich auf 1.187 Euro – einschließlich<br />

der kalkulatorischen indirekten Kosten bedeutet dies überschlägig<br />

gerechnet Weiterbildungsausgaben von 2.737 Euro. Bei diesen<br />

Angaben ist zu berücksichtigen, dass in der diesen Berechnungen<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden Stichprobe die Unternehmen mit mehr als 1.000<br />

Mitarbeitern (mit einem Anteil an der Stichprobe von 47 Prozent) deutlich<br />

überrepräsentiert sind <strong>und</strong> zu einer starken Verzerrung der Werte<br />

führen. So belaufen sich die direkten Kosten je Mitarbeiter in Unternehmen<br />

mit bis zu 500 Beschäftigten auf 324 Euro, in Unternehmen mit<br />

mehr als 500 Mitarbeitern auf 1.197 Euro. Werden diese Werte mit der<br />

Zahl der Mitarbeiter (bzw. den Beschäftigtengrößenklassen laut amtlicher<br />

Statistik) bereinigt, ergibt dies direkte Weiterbildungskosten je<br />

Mitarbeiter in Höhe von 699 Euro. Einschließlich der indirekten Kosten<br />

sind das – überschlägig gerechnet – 1.699 Euro je Mitarbeiter.<br />

• Nutzen. Knapp zwei von fünf M+E-Betrieben sehen in E-<strong>Learning</strong> einen<br />

hohen bis sehr hohen <strong>betriebliche</strong>n Nutzen, ein weiteres Viertel einen<br />

mittleren Nutzen. Vor allem das Lernen bei Bedarf <strong>und</strong> Gelegenheit<br />

sowie die schnelle Verfügbarkeit von relevanten Informationen, aber<br />

auch die Stärkung der Eigeninitiative der Mitarbeiter halten die Unternehmen<br />

für überzeugende Argumente. Selbstredend, dass Anwender den<br />

Nutzen von E-<strong>Learning</strong> sehr viel höher bewerten als Nicht-Anwender.<br />

• Künftige Bedeutung. Ein Viertel der Befragten misst E-<strong>Learning</strong> künftig<br />

eine hohe bis sehr hohe Bedeutung bei, ein weiteres Viertel der<br />

M+E-Unternehmen sieht das elektronische Lernen künftig eher eine<br />

mittlere Rolle in der <strong>betriebliche</strong>n Weiterbildung einnehmen. Etwa genauso<br />

viele Betriebe gehen davon aus, dass E-<strong>Learning</strong> künftig nur eine<br />

geringe oder unbedeutende Rolle spielen wird. Das restliche Viertel<br />

sieht sich außer Stande, eine Einschätzung zu dieser Frage abzugeben.<br />

Insgesamt messen 41 Prozent der Anwender <strong>und</strong> 21 Prozent der Nicht-


68<br />

anwender E-<strong>Learning</strong> künftig eine hohe bis sehr hohe Bedeutung in ih-<br />

rem Unternehmen bei. Das lässt vermuten, dass es mittelfristig zumindest<br />

bei einem Teil der Nichtanwender zu einem so genannten Roll-out,<br />

also zu einer Realisierung von E-<strong>Learning</strong>-Lösungen, kommen könnte.<br />

• Künftige E-<strong>Learning</strong>-Themen. Die Akzente liegen eindeutig auf<br />

kaufmännischen sowie auf informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnischen<br />

Themen. Diese Bevorzugung ist eindeutig mediengeb<strong>und</strong>en, denn<br />

über den PC lassen sich diese Themen nicht nur pädagogisch sinnvoll<br />

vermitteln – die kaufmännischen sowie die IuK-Themen dominieren<br />

auch die Angebotsplatte von CBT- <strong>und</strong> WBT-Anbieter.<br />

• Erwartete Verbandsleistungen. M+E-Unternehmen erwarten überwiegend<br />

von den M+E-Arbeitgeberverbänden Informationen, aber auch Beratung.<br />

Zunehmend spielen dabei auch von den Verbänden vorgehaltene<br />

Datenbanken <strong>und</strong> Internetplattformen eine Rolle bei der Informationsbeschaffung.<br />

Vier von fünf Unternehmen erachten das Angebot einer<br />

speziellen Internet-Datenbank über E-<strong>Learning</strong> für die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

(siehe www.elearningme.de) als eine wünschenswerte <strong>und</strong><br />

zeitgemäße Leistung ihres M+E-Verbandes.


69<br />

2. Betriebliche Bildungsarbeit/Fallstudien<br />

Jürgen Föllinger, Annette Groß, Hubert Kapp:<br />

Eigenverantwortliches Lernen:<br />

Die Rolle von E-<strong>Learning</strong> bei der Qualifizierung der<br />

Mitarbeiter in der BASF AG<br />

Die Strategie der BASF Weiterbildung zur Förderung des eigenverantwortlichen<br />

Lernens<br />

Die BASF Weiterbildung als interner Anbieter von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

orientiert ihr Angebot ausschließlich am Bedarf des Unternehmens.<br />

Die Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld der BASF, wie<br />

der steigende Kostendruck oder die fortschreitende technische Entwicklung<br />

<strong>und</strong> deren Auswirkungen auf den Qualifizierungsbedarf von Mitarbeitern,<br />

verlangen eine Neuausrichtung der Weiterbildung. Dabei gewinnt die<br />

persönliche Verantwortung eines jeden Mitarbeiters für seine Beschäftigungsfähigkeit<br />

(Employabiltity) zunehmend an Bedeutung. Geeignete<br />

Qualifizierungsangebote, die dieser Entwicklung gerecht werden, müssen<br />

entwickelt <strong>und</strong> im Unternehmen etabliert werden.<br />

Bereits seit 1998 verfolgt die BASF Weiterbildung die Strategie, das eigenverantwortliche<br />

Lernen (EVL) im Unternehmen zu fördern. Mitarbeiter<br />

werden in die Lage versetzt, die Hauptverantwortung für ihre Qualifizierung<br />

zu übernehmen. Die Vorgesetzten unterstützen dieses Bestreben, indem<br />

sie im Rahmen von Mitarbeitergesprächen Entwicklungsperspektiven<br />

aufzeigen <strong>und</strong> entsprechende Qualifizierungsziele vereinbaren. Zur Erreichung<br />

dieser Qualifizierungsziele stehen den Mitarbeitern vielfältige interne<br />

<strong>und</strong> externe Angebote zur Verfügung. Das Angebotsspektrum reicht<br />

vom mehrtägigen Seminar über das individuelle Coaching bis hin zu Methoden,<br />

die das eigenverantwortliche Lernen der Mitarbeiter fördern. E-


70<br />

<strong>Learning</strong> ist als Methode zur Unterstützung des eigenverantwortlichen<br />

Lernens von besonderer Bedeutung.<br />

Die Strategie der BASF Weiterbildung ist, eigenverantwortliches Ler-<br />

nen als festen Bestandteil in allen Qualifizierungsmaßnahmen, bei denen<br />

dies aus lernpsychologischer bzw. wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, zu in-<br />

tegrieren. Dies beinhaltet einen umfassenden Prozess, der neben einer kon-<br />

kreten Operationalisierung der Bildungsziele eines Qualifikationskonzep-<br />

tes auch die Beratung aller am Umsetzungsprozess Beteiligten mit sich<br />

bringt. Nach Umsetzung der Qualifikationsmaßnahmen (Content) folgt eine<br />

Evaluierung des Programms sowie die Überprüfung der Kongruenz der<br />

Ergebnisse mit der Strategie der Förderung des eigenverantwortlichen Lernens<br />

(Abbildung. 1).<br />

Abbildung 1<br />

Integrationsprozesse von E-<strong>Learning</strong> bei der BASF<br />

In den nachfolgenden Abschnitten wird genauer auf die Merkmale des<br />

eigenverantwortlichen Lernens (EVL) <strong>und</strong> die Rolle von E-<strong>Learning</strong> sowie<br />

auf die Vorgehensweise zur Planung <strong>und</strong> Realisierung von E-<strong>Learning</strong>-<br />

Projekten eingegangen.


71<br />

Die Rolle von E-<strong>Learning</strong> bei der Unterstützung von eigenverantwort-<br />

lichen Lernprozessen<br />

Eigenverantwortliches Lernen (EVL) sind Lernprozesse, die außerhalb<br />

des Präsenztrainings stattfinden. Die Lernenden ergreifen hier ohne die<br />

Anwesenheit eines Trainers selbst Initiative, um neues Wissen selbstständig<br />

aufzubauen. Bei der Integration des eigenverantwortlichen Lernens in<br />

die Qualifizierungsmaßnahmen der Weiterbildung wird berücksichtigt,<br />

dass sich Präsenztraining <strong>und</strong> eigenverantwortliches Lernen sinnvoll ergänzen<br />

<strong>und</strong> die Qualität des Konzeptes der gesamten Qualifizierungsmaßnahme<br />

fördern. Daher werden Qualifizierungsangebote, die ausschließlich<br />

auf eigenverantwortlichem Lernen basieren, in der Regel nicht in das Portfolio<br />

aufgenommen.<br />

Methoden des eigenverantwortlichen Lernens<br />

Für die Realisierung von Qualifizierungskonzepten stehen verschiedene<br />

eigenverantwortliche Methodenbausteine zur Verfügung (Abbildung 2):<br />

• Traditionelle Methoden. Hierzu gehören beispielsweise Gruppenarbeiten<br />

<strong>und</strong> Projektarbeiten, in denen die Lernenden Inhalte des Präsenztrainings<br />

vertiefen oder ein nachfolgendes Präsenztraining vorbereiten.<br />

• Kommunikation. Synchrone <strong>und</strong> asynchrone Kommunikationsmöglichkeiten,<br />

(z. B. Diskussionsforum, Live Session) ermöglichen den Austausch<br />

der Teilnehmer unabhängig von Ort <strong>und</strong> Zeit; auch hier können<br />

Wissensinhalte vertieft bzw. erarbeitet werden.<br />

E-<strong>Learning</strong>. Web Based Trainings (WBT), die auf der Lernplattform<br />

der BASF zur Verfügung gestellt werden, sind im Kontext eines Blended<br />

<strong>Learning</strong> Konzeptes zur Förderung des eigenverantwortlichen Lernens von<br />

großer Bedeutung. E-<strong>Learning</strong> wird als eine von mehreren möglichen Methoden<br />

gesehen, wenn es darum geht, das eigenverantwortliche Lernen der<br />

Mitarbeiter zu unterstützen.


Abbildung 2<br />

Methoden zur Förderung des eigenverantwortlichen Lernens (EVL)<br />

72<br />

Bedingungen für die Realisierung von Qualifizierungskonzepten mit<br />

eigenverantwortlichen Lernanteilen<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Entscheidung, ein geplantes Qualifizierungskonzept<br />

zu entwickeln, ist ein Vorgehensmodell des Projektmanagements, das sicherstellt,<br />

dass mögliche kritische Punkte ausreichend analysiert worden<br />

sind, bevor das Konzept zur Realisierung kommt. Entscheidungskriterien<br />

sind:<br />

• Wirtschaftlichkeit. Auf Basis einer Investitionsrechnung werden Kosten<br />

<strong>und</strong> Erträge in Relation gesetzt. Wichtige Werte sind in diesem Zusammenhang<br />

die Größe der angesprochenen Zielgruppe <strong>und</strong> der hiermit<br />

verb<strong>und</strong>ene Ertrag des geplanten Qualifizierungsangebots <strong>und</strong> die Ausprägung<br />

des eigenverantwortlichen Lernanteils. Hier geht es beispielsweise<br />

um die Fragen nach dem Umfang <strong>und</strong> der Methode des eigenverantwortlichen<br />

Lernens im Gesamtkonzept. Ist E-<strong>Learning</strong> ein prominenter<br />

Bestandteil des eigenverantwortlichen Lernanteils, so ist die Aus-


73<br />

prägung genauer zu betrachten (z. B. Umfang der Animationen, Interak-<br />

tionen etc.).<br />

• Strategische Relevanz. Der oben genannte Return of Invest (ROI) ist<br />

jedoch nicht das einzige Kriterium, nach dem ein geplantes Konzept<br />

bewertet wird. Strategische Gründe, wie die Qualifizierung einer spezifischen<br />

Zielgruppe durch das Angebot von eigenverantwortlichen<br />

Lernmodulen, sind bei der Beurteilung eines geplanten Projektes von<br />

Bedeutung. So kann ein eigenverantwortliches Lernangebot für Mitarbeiter<br />

in Wechselschicht sinnvoll sein, die in der Nachtschicht E-<br />

<strong>Learning</strong> Angebote nutzen <strong>und</strong> in der nachfolgende Tagschicht im zugehörigen<br />

Präsenztraining ihr erworbenes Wissen festigen. Eigenverantwortliches<br />

Lernen kann jedoch auch da die Qualität eines Qualifizierungskonzeptes<br />

verbessern, indem es die Nachhaltigkeit der Lernprozesse<br />

fördert.<br />

• Payback Periode. Neben der Wirtschaftlichkeit wird auch der Rücklaufzeitraum<br />

der Investments für die Realisierung der geplanten Qualifikationsmaßnahme<br />

geprüft. Die Frage, bis wann sich eine Investition<br />

amortisiert hat, ist ein wichtiges Bewertungskriterium. Um die Qualität<br />

von angebotenen Qualifikationsangeboten sicher zu stellen, müssen die<br />

sich ändernden Anforderungen an Qualifizierungsmaßnahmen berücksichtigt<br />

werden. Konzepte, die den Bedürfnissen der Zielgruppe nicht<br />

gerecht werden, müssen daher durch neue ersetzt werden. Diese Prozesse<br />

werden bei der monetären Evaluation eines geplanten Qualifikationsangebotes<br />

berücksichtigt.<br />

Das oben genannte Vorgehensmodell des Projektmanagements begleitet<br />

die Prozessabläufe, die notwendig sind, um die Inhalte eines Qualifizierungskonzeptes<br />

so aufzubereiten, dass es sich hinsichtlich der aufgeführten<br />

Kriterien bewerten lässt. Um ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen monetärer<br />

Evaluation (Wirtschaftlichkeit, Payback Periode) bei der Bewertung<br />

eines Konzepts zu erzielen, spielt auch die Qualität des Konzeptes eine<br />

wichtige Rolle. Zwar ist es das Ziel, das eigenverantwortliche Lernverhalten<br />

der Mitarbeiter zu fördern, jedoch werden eigenverantwortliche


74<br />

Lernanteile bei der Konzeptionierung von Qualifizierungsangeboten nur da<br />

integriert, wo es sinnvoll ist. Die von der Weiterbildung definierten Qualitätsanforderungen<br />

an den von ihr angebotenen Konzepten werden auch in<br />

Qualifikationsmaßnahmen mit eigenverantwortlichen Lernanteilen berücksichtigt<br />

<strong>und</strong> sind Gr<strong>und</strong>lage für die Bewertung von Blended <strong>Learning</strong> Curricula.<br />

Aufwände für die Erstellung von eigenverantwortlichen Lernmodulen<br />

Die Höhe der Investitionen für die Realisierung von eigenverantwortlichen<br />

Lernanteilen ist abhängig von der Methode, die gewählt wird, um eigenverantwortliches<br />

Lernen zu fördern. Bei den „traditionellen Methoden“<br />

(Abbildung 2) handelt es sich um vergleichsweise geringe Produktions<strong>und</strong><br />

Betriebskosten. Werden synchrone bzw. asynchrone Kommunikationsmodule<br />

eingesetzt, um eigenverantwortliches Lernen zu unterstützen,<br />

so sind auch hier die Produktionskosten als vergleichsweise niedrig einzustufen,<br />

da die BASF AG ein eigenes Lernmanagement System (Learnbase)<br />

betreibt. Die Bereitstellung von Diskussionsforen oder Online Sessions mit<br />

Application Sharing ist daher einfach <strong>und</strong> kostengünstig möglich. Der Umfang<br />

der anfallenden Betriebskosten wird davon beeinflusst, ob ein Trainer<br />

bzw. Teletutor benötigt wird, um die Lernenden in den einzelnen Kommunikationsmodulen<br />

zu betreuen.<br />

Die Realisierung eines E-<strong>Learning</strong>-Angebots als eigenverantwortlichen<br />

Lernanteil im Rahmen eines Blended <strong>Learning</strong> Konzeptes kann sowohl bei<br />

der Produktion als auch beim Betrieb höhere Aufwände verursachen. Bei<br />

den Produktionskosten fallen in der Regel umfangreichere Kosten an, da<br />

das Curriculum des Präsenztrainings <strong>und</strong> das des E-<strong>Learning</strong>s aufeinander<br />

abgestimmt sein müssen, um die erforderliche Qualität zu gewährleisten.<br />

Die Aufwände für die Produktion des E-<strong>Learning</strong>-Contents (Lerninhalte,<br />

die als Web Based Training zur Verfügung gestellt werden) ist abhängig<br />

davon, ob extern oder intern entwickelt bzw. extern zugekauft wird<br />

(„Make or Buy“). Mit der Entwicklung einer umfangreichen Toolbox zur<br />

Entwicklung von E-<strong>Learning</strong>-Content verfügt die Weiterbildung der BASF


75<br />

über Möglichkeiten, E-<strong>Learning</strong>-Content für spezifische Zielgruppen kos-<br />

tengünstig zu entwickeln. Diese Unabhängigkeit von externen Contentlieferanten<br />

erlaubt es, Qualifizierungsangebote mit geringeren Aufwänden zu<br />

entwickeln, die auf die spezifischen Anforderungen der BASF Mitarbeiter<br />

zugeschnitten sind <strong>und</strong> den Qualitätsanforderungen für Qualifikationsangebote<br />

der BASF entsprechen.<br />

Beim Zukauf von externem Content sind die hierfür anfallenden Aufwände<br />

von den Lizenzmodellen des Anbieters abhängig. Ist es möglich,<br />

das zugekaufte WBT auf der Lernplattform der BASF zu platzieren <strong>und</strong><br />

anzubieten, so sind die Kosten geringer als bei einem externen Hosting.<br />

Die Höhe der Betriebskosten wird entscheidend davon bestimmt, ob die<br />

Administration <strong>und</strong> der Support extern oder intern geleistet werden. Dies<br />

bezieht sich zum einem auf die Lernplattform selber als auch auf die Teilnehmer<br />

eines Blended <strong>Learning</strong>, die beim eigenverantwortlichen Lernen<br />

(EVL) von einem Trainer bzw. Teletutor betreut werden.<br />

Realisierung von Blended <strong>Learning</strong> Angeboten durch den Einsatz moderner<br />

IT-Technologien<br />

Um E-<strong>Learning</strong> Module aus wirtschaftlicher <strong>und</strong> qualitativer Perspektive<br />

effizient in das Portfolio einbinden zu können, sind zwei wesentliche<br />

technische Voraussetzungen zu erfüllen:<br />

• eine eigene Lernplattform, die allen Mitarbeitern der BASF zur Verfügung<br />

steht,<br />

• eine Toolbox, die Werkzeuge zur einfachen, günstigen <strong>und</strong> qualitativen<br />

hochwertigen Contentproduktion zur Verfügung stellt.<br />

Learnbase – die Lernplattform der BASF<br />

Seit August 2000 betreibt die BASF Weiterbildung eine Lernplattform<br />

(Lotus <strong>Learning</strong> Space), die sowohl eigenentwickelten als auch zugekauften<br />

E-<strong>Learning</strong>-Content darstellen kann <strong>und</strong> über eine Teilnehmerverwaltung<br />

verfügt. Von zentraler Bedeutung ist dabei neben der Navigation im


76<br />

System die Möglichkeit zur synchronen <strong>und</strong> asynchronen Kommunikation<br />

durch Chat, Diskussionsforen oder Application Sharing.<br />

Abbildung 3<br />

Learnbase – die Lernplattform der BASF<br />

Die notwendigen technischen Rahmenbedingungen sind durch eine<br />

Standardisierung der EDV-Infrastruktur der BASF gegeben. PCs mit multimedialer<br />

Ausstattung sind an nahezu allen Büroarbeitsplätzen vorhanden.<br />

Von den ca. 20.000 PCs am Standort Ludwigshafen sind mindestens ca.<br />

15.000 mit einem direkten Zugang zum Intranet des Unternehmens ausgestattet.<br />

Auf allen PCs ist Standardsoftware wie Windows 2000 oder IE 6.0<br />

installiert. Zusätzlich benötigte Web-Technologien wie Browser Plug-Ins<br />

wurden über eine zentrale Softwaredistribution eingespielt.


77<br />

Auf die Learnbase kann sowohl über das Intranet als auch über das In-<br />

ternet zugegriffen werden. Die Lernenden können daher unabhängig von<br />

Ort <strong>und</strong> Zeit E-<strong>Learning</strong>-Module nutzen. Auch externe Trainer, die beispielsweise<br />

als Teletutor eine E-<strong>Learning</strong>-Einheit betreuen, können ebenfalls<br />

auf die Lernbase zugreifen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass<br />

die notwendigen technischen Voraussetzungen erfüllt sind.<br />

Die E-<strong>Learning</strong> Toolbox der BASF<br />

Mit der E-<strong>Learning</strong>-Toolbox stehen den Autoren Werkzeuge zur einfachen,<br />

günstigen <strong>und</strong> qualitativ hochwertigen Content-Produktion zur Verfügung.<br />

Je nach Anforderung hinsichtlich Umsetzung bzw. Darstellung<br />

BASF spezifischer Inhalte kommen verschiedene Werkzeuge zum Einsatz<br />

(Abbildung. 4). Die ausschließliche Benutzung der Autoren-Werkzeuge<br />

aus der Toolbox gewährleistet, dass die damit erstellten E-<strong>Learning</strong>-<br />

Produkte mit den Anforderungen der BASF Lernplattform kompatibel<br />

sind.<br />

Abbildung 4<br />

Die E-<strong>Learning</strong> – Toolbox der BASF<br />

templates for exercises and assessments<br />

Simulation Producer<br />

WBT Layouter<br />

Macromedia Flash<br />

Übungsaufgaben<br />

Tests<br />

Transfer-Aufgaben<br />

Screen Cam<br />

Erstellung von interaktiven<br />

Anwendungs-Simulationen<br />

Content-Erstellung<br />

WBT<br />

CBT<br />

Animationen<br />

Simulationen


Erfahrungen mit unterschiedlichen E-<strong>Learning</strong>-Konzepten<br />

78<br />

Die BASF hat in den vergangenen Jahren schon viel Erfahrung mit<br />

computer- <strong>und</strong> webgestützten Lernkonzepten gemacht. Bereits in den frü-<br />

hen 90er Jahren wurden klassische Elemente des elektronischen Lernens<br />

eingesetzt. In den Anfängen kamen einfache CBTs, analoge Video- <strong>und</strong><br />

Bildplattensysteme ergänzend zum klassischen Trainingsangebot zum Ein-<br />

satz. Diese wurden von den Teilnehmern eigenständig <strong>und</strong> eigenverantwortlich<br />

während der Arbeitszeit oder in der Freizeit bearbeitet.<br />

Mitte der 90er Jahre hat BASF mit dem Angebot multimedialer CBTs<br />

erste integrierte Trainingskonzepte <strong>und</strong> zusätzlich einfache PC-Lernprogramme<br />

genutzt. Dabei wurden CBT-Lernstationen zum Selbstlernen eingerichtet.<br />

CBTs dienten jedoch in erster Linie der Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung<br />

von Seminaren. Das Angebot an klassischen Trainings blieb dabei weitgehend<br />

unverändert.<br />

Die Erfahrungen mit dem Konzept haben aber gezeigt, dass die hohen<br />

Erwartungen an die neuen Medien oftmals nicht erfüllt wurden. E-<br />

<strong>Learning</strong>-Konzepte an zentralen Lernstationen fanden nur wenig Akzeptanz<br />

bei den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter zeigten nur eine geringe Bereitschaft,<br />

sich Wissen am Computer ohne Begleitung durch einen Trainer<br />

oder Tutor selbst anzueignen. In der Evaluation bewerteten sie die Selbstlernprogramme<br />

als statisch, unflexibel <strong>und</strong> nicht lerntypgerecht. Auch das<br />

isolierte Lernen ohne den sozialen Kontakt zu anderen Lernenden schmälerte<br />

die Attraktivität.<br />

Dieses Wissen trug zur Konzeption neuer E-<strong>Learning</strong>-Konzepte <strong>und</strong> zur<br />

Einbettung von E-<strong>Learning</strong>-Modulen in Präsenzseminare zum sogenannten<br />

Blended <strong>Learning</strong> bei.<br />

Diese Kombination aus E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Präsenztraining brachte die besten<br />

Ergebnisse <strong>und</strong> die größte Akzeptanz bei den Lernern. Als verbindendes<br />

Element zwischen Online-Lernen <strong>und</strong> Präsenztraining werden bei diesen<br />

Konzepten die Lerngruppen gr<strong>und</strong>sätzlich von Tutoren begleitet. Die<br />

Reaktionen der Teilnehmer auf Blended <strong>Learning</strong> sind überwiegend positiv.<br />

Viele bewerten das Lernen in dieser Form als sehr abwechslungsreich


79<br />

<strong>und</strong> motivierend. Zentralen Stellenwert nimmt hierbei die persönliche Begleitung<br />

des Lernprozesses durch einen Tutor ein.<br />

E-<strong>Learning</strong> Angebote<br />

Das E-<strong>Learning</strong>-Angebot der BASF richtet sich gr<strong>und</strong>sätzlich an alle<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Auszubildende der BASF AG <strong>und</strong> der BASF Gruppe, vor<br />

allem auch an Personengruppen, denen die Teilnahme an Präsenzseminaren<br />

oft nicht oder nur schwer möglich ist, so etwa Schicht- <strong>und</strong> Außendienstmitarbeiter.<br />

E-<strong>Learning</strong> kann jedoch nur dort zum Einsatz kommen, wo die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen<br />

erfüllt sind. Die Eignung des Arbeitsplatzes für die Nutzung<br />

von E-<strong>Learning</strong> über die einzelnen Berufsgruppen hinweg ist nicht<br />

gleich. Während die technische Ausstattung der Mitarbeiter in Wechselschicht<br />

eher ungünstig ist, herrschen für Angestellte, Außendienstmitarbeiter<br />

<strong>und</strong> Führungskräfte in der Regel sehr gute Rahmenbedingungen. Auffällig<br />

ist jedoch, dass gerade bei den Zielgruppen mit ungünstiger technischer<br />

Ausstattung des Arbeitsplatzes eine besonders hohe Motivation festzustellen<br />

ist.<br />

Besonders geeignet für die Realisierung von E-<strong>Learning</strong>-Vorhaben sind<br />

Lerninhalte, die zum einen stark standardisiert sind <strong>und</strong> somit eine dauerhafte<br />

Gültigkeit haben, <strong>und</strong> zum anderen Inhalte, die für eine dezentrale<br />

Zielgruppe relevant sind. Aktuell sind in den Themenfeldern Informatik,<br />

Sprachen, Technik, Umweltschutz <strong>und</strong> Führung E-<strong>Learning</strong>-Produkte im<br />

Angebot. In 2004 werden weitere Themenfelder für E-<strong>Learning</strong>-Konzepte<br />

erschlossen. Im Wesentlichen sind es Blended <strong>Learning</strong>-Konzepte, die E-<br />

<strong>Learning</strong> prägen. Anhand eines Beispieles für Blended <strong>Learning</strong> aus dem<br />

Themenfeld „Technik: Technische Dokumentation“ soll dies näher erläutert<br />

werden (Abbildung 5):


80<br />

Abbildung 5<br />

Blended <strong>Learning</strong> Konzept „Der Funktionsplan“<br />

1-2 h<br />

5 h in<br />

4 Wochen<br />

2 Tage<br />

Bedarf<br />

Kick off<br />

Präsenzphase<br />

Qualifizierung<br />

► Soziale Aspekte<br />

(Gruppenkohäson, Lernteams)<br />

► Spielregeln/Vereinbarungen<br />

(z. B. Termine für Online-Session)<br />

► Medienkompetenz<br />

► „Nur Lese“-Seiten<br />

► Animierte, interaktive Seiten<br />

► Infos aus Intranet <strong>und</strong> Internet<br />

► Übungen<br />

► Asynchrone Kommunikation (Forum)<br />

► Synchrone Kommunikation (Chat, Whiteboard)<br />

► Abschlusstest<br />

► Didaktisches Spiel<br />

► Medienvortrag/Lehrgespräch<br />

► CBT-Phasen<br />

► Praktische Übungen<br />

Da oftmals nicht das erforderliche Gr<strong>und</strong>lagenwissen in einem zweitä-<br />

gigen Seminar behandelt werden kann, ermöglicht eine vorbereitende On-<br />

linephase die Nivellierung des Leistungsniveaus der Teilnehmer, sodass<br />

das Präsenzseminar zeitlich gestrafft durchführbar ist. Während der vorbereitenden<br />

Onlinephase mit einer durchschnittlichen Lernzeit von vier bis<br />

fünf St<strong>und</strong>en haben die Lernenden die Möglichkeit - sofern erforderlich -<br />

sich die Inhalte selbstständig <strong>und</strong> eigenverantwortlich anzueignen. In der<br />

Kick off-Veranstaltung lernen die Teilnehmer u. a. den Umgang mit der<br />

Learnbase <strong>und</strong> dem WBT. In einer so genannten Live Session (virtuelles<br />

Klassenzimmer) tritt der Trainer während der Selbstlernphase (hier in der<br />

Rolle als Tutor) mit den Teilnehmern in Kontakt, um offene Fragen oder<br />

Probleme zu diskutierten. Zudem besteht während der gesamten Onlinephase<br />

die Möglichkeit, sich in Diskussionsforen mit den anderen Teilnehmern<br />

bzw. dem Trainer auszutauschen.


81<br />

Die Ergänzung von Präsenzseminaren durch WBTs sowie synchrone<br />

<strong>und</strong> asynchrone Kommunikationselemente ermöglicht neben dem eigen-<br />

ständigen <strong>und</strong> flexiblen Lernen <strong>und</strong> Üben auch den persönlichen Austausch<br />

mit anderen Kursteilnehmern <strong>und</strong> dem Trainer.<br />

Erfolgsfaktoren für eigenverantwortliches Lernen<br />

Im verstärkten Einsatz von eigenverantwortlichen Lernangeboten sieht<br />

die BASF Weiterbildung die Chance, das Schulungsangebot für alle Mitarbeiter<br />

zu verbessern. Im Gegensatz zu klassischen Seminaren bietet der<br />

Einsatz von E-<strong>Learning</strong> die Möglichkeit, auch große, dezentral verteilte<br />

Zielgruppen zu erreichen, ohne dabei den Austausch zwischen den Teilnehmern<br />

zu vernachlässigen.<br />

Hoch standardisierte, allgemeingültige Themen können zielgerichtet,<br />

kostengünstig <strong>und</strong> kurzfristig angeboten werden (zum Beispiel IT-<br />

Themen). Durch E-<strong>Learning</strong>-Angebote werden klassische Seminarformen<br />

zu Blended <strong>Learning</strong>-Konzepten ergänzt. E-<strong>Learning</strong> bietet die Möglichkeit,<br />

den Qualifizierungsbedarf von Zielgruppen, die durch klassische Seminarangebote<br />

nur schwer erreicht werden können, zu bedienen.<br />

Jedoch gilt auch für die BASF, dass eine erfolgreiche Einführung von<br />

E-<strong>Learning</strong> sowohl von der Nutzung des Angebots als auch von der<br />

Akzeptanz der Mitarbeiter abhängt. Eine Steigerung der Akzeptanz kann<br />

durch verschiedene Maßnahmen sichergestellt werden:<br />

• Abstimmung der eingesetzten Technologien auf deren Einsatz <strong>und</strong> die<br />

jeweilige Zielgruppe (unter Betrachtung des Kosten/Nutzen-Aspekts),<br />

• tutorielle Begleitung <strong>und</strong> Betreuung der Lernenden sowie die Einrichtung<br />

eines Hotline Supports,<br />

• Einbettung von Lernphasen in den Arbeitsalltag durch Freiräume zum<br />

Lernen,<br />

• bzw. Lernen von Zuhause,


82<br />

• Unterstützung der Lerner durch Vorgesetzte in Form von Zielvereinbarungen,<br />

• Qualifizierung von Mitarbeitern <strong>und</strong> Trainern im Umgang mit E-<br />

<strong>Learning</strong> hinsichtlich der erforderlichen Selbstlern- <strong>und</strong> Medienkompetenz<br />

<strong>und</strong> des technischen Know-hows.<br />

Ziel der BASF Weiterbildung ist es, die Akzeptanz des<br />

eigenverantwortlichen Lernens zu fördern <strong>und</strong> die Mitarbeiter dabei zu<br />

unterstützen, Verantwortung für ihre eigene Qualifikation zu übernehmen.<br />

Hierzu wird E-<strong>Learning</strong> weiter forciert, um diese Methode als festen<br />

Bestandteil in den Qualifizierungsprozessen zu etablieren. Dies trägt dazu<br />

bei, die Mitarbeiter der BASF bedarfsorientiert <strong>und</strong> zielgerichtet für<br />

zukünftige Anforderungen im technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Umfeld<br />

vorzubereiten.


Stefanie Koller:<br />

83<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Berufsausbildung – das Beispiel<br />

der Siemens AG<br />

E-<strong>Learning</strong> – hilfreich beim lebenslangen Lernen<br />

Ein Ausbilder möchte seinen Auszubildenden einen Arbeitsvorgang an<br />

einer Maschine demonstrieren. Bei den Auszubildenden, acht an der Zahl,<br />

herrscht offensichtlich Unruhe. Diejenigen, die keinen Platz mit optimaler<br />

Sicht ergattern konnten, sind unzufrieden, gelangweilt oder beschäftigen<br />

sich unterdessen anderweitig. Natürlich sollen alle Auszubildenden die<br />

Möglichkeit haben, den Ausbilder beim Bedienen der Geräte beobachten<br />

zu können. Was ist zu tun? Die Gruppe in mehrere Teams teilen? Sicher ist<br />

das eine Möglichkeit. Das bedeutet aber, dass der Ausbilder auch für die<br />

jeweils nicht an der Maschine befindlichen Gruppen in der Zwischenzeit<br />

eine sinnvolle Aufgabe parat haben muss. Je nach Maschine <strong>und</strong> Komplexität<br />

des Vorgangs kann die zwei- oder sogar dreimalige Durchführung der<br />

Demonstration auch zu zeitraubend sein. Dies ist eine Situation in der<br />

technischen Ausbildung, in der E-<strong>Learning</strong> hilfreich sein kann.<br />

E-<strong>Learning</strong> – was ist das, <strong>und</strong> warum sollte man es einsetzen?<br />

E-<strong>Learning</strong> – ein Schlagwort, das auch in der Berufsbildung die R<strong>und</strong>e<br />

macht. Warum? Die Gründe liegen nahe: Durch den rasanten technologischen<br />

Wandel müssen die Mitarbeiter ihr Wissen selbstständig aktualisieren<br />

<strong>und</strong> erweitern. Gerade in einem großen, weltweit tätigen Unternehmen<br />

bedeutet dies eine echte Herausforderung. Zahlreiche Restriktionen in zeitlicher,<br />

wirtschaftlicher <strong>und</strong> personeller Hinsicht beeinträchtigen das lebenslange<br />

Lernen des Einzelnen in der üblichen Seminarform. E-<strong>Learning</strong><br />

kann helfen, diese Widerstände zu überwinden: Gute Angebote ermöglichen<br />

räumliche <strong>und</strong> zeitliche Unabhängigkeit, erzielen qualitativ hochwertige<br />

Ergebnisse <strong>und</strong> sind verglichen mit anderen Weiterbildungsmaßnah-


84<br />

men relativ preisgünstig. Besonders ist das dann der Fall, wenn ein Seminar<br />

mit relativ standardisierten Trainingsinhalten mit großer Teilnehmerzahl<br />

<strong>und</strong> hohem Reise- <strong>und</strong> Unterbringungsaufwand durch E-<strong>Learning</strong> ersetzt<br />

werden kann. Zudem können die Fachkräfte an ihrem eigenen Arbeitsplatz<br />

qualifiziert werden.<br />

Seit Jahren ist es bei Siemens gang <strong>und</strong> gäbe, dass Service-Mitarbeiter<br />

r<strong>und</strong> um den Globus online zu neuen Produkten geschult werden, sich online<br />

auf Plattformen Informationen holen oder sich mit Kollegen austauschen<br />

– weil sie sich nur selten persönlich treffen. Ziel der Siemens Berufsausbildung<br />

ist es deshalb, auch die Auszubildenden schon frühzeitig –<br />

bei dafür geeigneten Themen – mit E-<strong>Learning</strong> vertraut zu machen:<br />

• als Lernen mit Hilfe von Plattformen, auf denen Informationen abgelegt<br />

<strong>und</strong> abgerufen werden können,<br />

• als Lernen in Foren, die Gedankenaustausch <strong>und</strong> fachliche Hilfe ermöglichen,<br />

• als Lernen anhand von Computer Based Training (CBT) <strong>und</strong> Web Based<br />

Training (WBT) zu Inhalten der Ausbildung <strong>und</strong> optional zur Vertiefung<br />

<strong>und</strong> Weiterführung des Gelernten.<br />

Die heutige Generation der CBTs <strong>und</strong> WBTs wird geprägt durch immer<br />

leistungsfähigere PCs <strong>und</strong> Multimedia-Technologien. Der Trend geht dahin,<br />

dass Online-Programme durch einen Online-Tutor betreut werden, der<br />

die Fragen der Lernenden beantwortet. In naher Zukunft will man noch einen<br />

Schritt weiter gehen: „Lernende Datenbanken“ sollen die Online-<br />

Tutoren ersetzen.<br />

E-<strong>Learning</strong> – eine neue Methode unter vielen bewährten anderen<br />

Wie jede andere Methode hat auch das E-<strong>Learning</strong> seine spezifischen<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile.<br />

Zu den Pluspunkten zählen folgende Merkmale:


85<br />

• Unterschiedliche Wissensstände der Auszubildenden können zeitlich<br />

individuell angeglichen werden, z. B., um für eine Projektarbeit gleiches<br />

Niveau zu garantieren.<br />

• Die jungen Leute können sich an ihrer persönlichen Lerngeschwindigkeit<br />

orientieren <strong>und</strong> sind zeitlich <strong>und</strong> räumlich weitgehend unabhängig.<br />

• Die Auszubildenden eignen sich Medienkompetenz an: Sie lernen neben<br />

den fachlichen Inhalten auch, neue Technologien <strong>und</strong> Medien effektiv<br />

zu nutzen. Diese Medienkompetenz befähigt sie, in ihrem späteren Berufsleben<br />

Aufgaben zu lösen, die mit Informationssuche, Organisation<br />

<strong>und</strong> Analyse zusammenhängen.<br />

• Die Ausbilder werden durch E-<strong>Learning</strong> von Routineaufgaben entlastet<br />

<strong>und</strong> können sich einzelnen Auszubildenden besonders zuwenden oder<br />

sich Sonderaufgaben widmen.<br />

• Die Ausbildung kann durch den Einsatz neuer Medien sehr abwechslungsreich<br />

<strong>und</strong> anschaulich gestaltet werden, beispielsweise durch 3-D-<br />

Animationen, Videos oder Simulationen.<br />

Als nachteilig haben sich diese Eigenschaften erwiesen:<br />

• Der fehlende Kontakt zum Ausbilder <strong>und</strong> den Mitlernenden wirkt<br />

schnell demotivierend.<br />

• Das Lernen am Computer führt rasch zur Ermüdung, die den Lernerfolg<br />

gefährdet.<br />

• Technische Probleme können das Lernen verzögern.<br />

• Hochwertige Lernprogramme <strong>und</strong> die notwendige Erstausstattung an<br />

technischer Ausrüstung haben ihren Preis – <strong>und</strong> zwar einen hohen.<br />

Es macht keinen Sinn, E-<strong>Learning</strong> isoliert einzusetzen. Vielmehr hat<br />

sich das Konzept des „Blended <strong>Learning</strong>“ als erfolgreich erwiesen. Dabei<br />

werden unterschiedliche Lehr- <strong>und</strong> Lernmethoden wohl dosiert <strong>und</strong> abwechslungsreich<br />

miteinander verknüpft, z. B. durch Modelle, die Präsenzveranstaltungen<br />

mit Selbstlernphasen anhand von CBT/WBT kombinieren.


86<br />

Blended <strong>Learning</strong> – der Mix macht´s<br />

Gegenüber den klassischen Lernmethoden hat E-<strong>Learning</strong> den Vorteil,<br />

dass es individuelle Lernwege zulässt. Diese setzen allerdings eine hohe<br />

Selbstlernkompetenz voraus, das sind Funktionen, die bisher der Ausbilder<br />

überwacht <strong>und</strong> gesteuert hat, werden nun auf den Lernenden übertragen.<br />

Dazu gehören beispielsweise die Motivation zum Lernen aufrecht zu erhalten,<br />

ausdauernd aufmerksam zu sein oder den eigenen Lernprozess selbstständig<br />

zu planen <strong>und</strong> zu steuern.<br />

Eine E-<strong>Learning</strong> Lernumgebung sollte einerseits viel Zeit enthalten, die<br />

der Lernende individuell gestalten kann, andererseits sollte der Lernende<br />

aber auch in seinem Lernprozess unterstützt werden. Inzwischen belegen<br />

Studien, dass die Kommunikation der Lernenden untereinander die Motivation<br />

<strong>und</strong> die Produktivität im Vergleich zur Einzelarbeit erhöht. Motivierende<br />

Lernumgebungen sind gekennzeichnet durch:<br />

• Probleme der <strong>Praxis</strong> sind die Vorlage für Trainingsaufgaben.<br />

• Vom Experten werden zum Lernprogramm für jede Selbststudienphase<br />

Arbeitsaufgaben zusammengestellt.<br />

• Die Lernenden erhalten sowohl vom Lernprogramm als auch von Experten<br />

<strong>und</strong>/oder Lernpartnern Rückmeldung über ihre Leistungen, wodurch<br />

sie ihre Stärken <strong>und</strong> Schwächen erkennen.<br />

• Beim individuellen Lernen kann sich der Lernende nicht mit anderen<br />

Teilnehmern vergleichen <strong>und</strong> somit die eigene Leistung nur schwer einschätzen.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e sollten die Arbeitsergebnisse anderer<br />

auch immer wieder für alle zugänglich gemacht werden.<br />

• In Lerntandems werden zwei Lernende zusammengefasst, die sich<br />

selbstständig regelmäßig zur Besprechung der Arbeitsaufgaben treffen<br />

<strong>und</strong> beispielsweise auch gemeinsam das Lernprogramm bearbeiten. Ihre<br />

Ergebnisse werden in der Lerngruppe besprochen, wodurch sie ein<br />

Feedback über ihre Leistung erhalten.


87<br />

• Durch die Einbindung der Lernenden in eine Kleingruppe kann der<br />

Lernerfolg zusätzlich gesteigert werden. Die Arbeitsaufgaben der Klein-<br />

gruppe können präsentiert werden.<br />

Erfahrungen zeigen, dass sich E-<strong>Learning</strong> kombiniert mit Tandem-,<br />

Partner- oder Workshoplernen durch einen besonders hohen Lernerfolg<br />

auszeichnet. In den Präsenzphasen können die Lernenden ihr neu erworbenes<br />

Wissen reflektieren <strong>und</strong> anwenden sowie die theoretische Vorgehensweise<br />

in der Realität ausprobieren. Zusätzlich wird das Präsentieren vor<br />

der Gruppe geübt.<br />

E-<strong>Learning</strong> konkret<br />

Plattformen <strong>und</strong> Foren<br />

In der Siemens Berufsbildung ermöglichen die Datenbanken Didact <strong>und</strong><br />

VerA sowie zahlreiche Foren den Wissensaustausch von Mitarbeitern bzw.<br />

Auszubildenden.<br />

• Auf der Plattform Didact werden alle Informationen r<strong>und</strong> um die Berufsbilder<br />

hinterlegt, bis hin zu einzelnen ausgearbeiteten Unterrichtssequenzen.<br />

Auf diese Weise muss das Rad „Berufliche Inhalte“ nicht an<br />

jedem Ausbildungsstandort neu erf<strong>und</strong>en werden, <strong>und</strong> Interessierte können<br />

sich jederzeit <strong>und</strong> jederort aktuell über Ausbildungsinhalte etc. informieren.<br />

• Die Plattform VerA dient den Vertriebsmitarbeitern der Ausbildung<br />

zum Informationsaustausch. Auch hier werden neue Broschüren, Foliensätze,<br />

Leitfäden etc. eingestellt, <strong>und</strong> ein Gedankenaustausch über<br />

Foren ist möglich.<br />

• Für Auszubildende gibt es an den einzelnen Standorten Foren zu verschiedenen<br />

Fachgebieten, z. B. zu Netzwerken, Unix oder BWL. In diesen<br />

Foren können sich die jungen Leute gegenseitig weiterhelfen. Die<br />

Foren werden aber auch durch Fachleute der Ausbildung betreut, die<br />

den Auszubildenden Hinweise geben <strong>und</strong> ihre Fragen beantworten.


88<br />

CBT/WBT zur Vermittlung fachlicher Inhalte<br />

In der Siemens Berufsbildung werden insgesamt r<strong>und</strong> 200 CBTs <strong>und</strong><br />

WBTs eingesetzt. In der technischen Ausbildung bieten die Lernprogramme<br />

allen Auszubildenden die Möglichkeit, einen maschinellen Arbeitsvorgang<br />

virtuell zu verfolgen <strong>und</strong> im Anschluss selbst durchzuführen. Die<br />

Auszubildenden lernen das fachlich richtige Vorgehen am Computer, bevor<br />

sie die Maschine in der <strong>Praxis</strong> bedienen. Sie verstehen vorab die ineinander<br />

greifenden Arbeitsprozesse <strong>und</strong> –strukturen <strong>und</strong> erhalten Einsicht in<br />

funktionale <strong>und</strong> soziale Zusammenhänge.<br />

In der kaufmännischen Ausbildung werden beispielsweise das Bilanzierungsverfahren<br />

US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles)<br />

<strong>und</strong> das Microsoft-Office-Paket per CBT vermittelt. Besonders hoch ist der<br />

Einsatz von CBTs <strong>und</strong> WBTs naturgemäß im IT-Bereich (z. B. zu den<br />

Themen „Netzwerke“ <strong>und</strong> „Programmieren mit Java“).<br />

Mit CBT/WBT die Schlüsselqualifikationen fördern<br />

Mit den fachlichen <strong>und</strong> berufsspezifischen Lerninhalten werden den<br />

Auszubildenden Schlüsselqualifikationen vermittelt, die berufsübergreifend<br />

sind <strong>und</strong> die Auszubildenden auf die Anforderungen ihres künftigen<br />

Arbeitsplatzes vorbereiten. Dazu gehören Organisations- <strong>und</strong> Planungsfähigkeit,<br />

Denk- <strong>und</strong> Lernstrategien sowie Selbstständigkeit <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstsein.<br />

In der Ausbildung müssen deshalb Lernsituationen geschaffen<br />

werden, die diese Schlüsselqualifikationen fördern. Didaktische<br />

Konzepte sollten so aufgebaut sein, dass die Auszubildenden lernen,<br />

selbstständig, verantwortungsbewusst <strong>und</strong> problemlösungsorientiert zu arbeiten.<br />

Deshalb bedeutet Lernen in der Berufsausbildung vor allem, dass<br />

die Auszubildenden Handlungskompetenz erwerben, um Arbeitsabläufe<br />

selbstständig zu bewältigen. E-<strong>Learning</strong> kann zur Förderung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

dieser Fähigkeiten sinnvoll eingesetzt werden.


89<br />

Voraussetzungen für den Einsatz von E-<strong>Learning</strong><br />

Für den Einsatz von E-<strong>Learning</strong> sind bestimmte Voraussetzungen not-<br />

wendig:<br />

Zunächst sollten die technischen <strong>und</strong> räumlichen Rahmenbedingun-<br />

gen erfüllt sein. Nur leistungsfähige Server <strong>und</strong> Netzwerke können den<br />

Datenverkehr bewältigen. Räume, in die die Auszubildenden sich zum<br />

Lernen zurückziehen können, sollten zur Verfügung gestellt werden. Diese<br />

sollten sich in unmittelbarer Nähe der Lehrwerkstatt befinden, um bei auftretenden<br />

Fragestellungen auf den Computer zurückgreifen <strong>und</strong> recherchieren<br />

zu können. Um sich über aktuelle Fragestellungen austauschen <strong>und</strong> im<br />

Team Probleme lösen oder Projekte bearbeiten zu können, sollten Diskussionsforen<br />

<strong>und</strong> Chat-Rooms im Intranet eingerichtet werden.<br />

Vor der Entscheidung für den Kauf, die Entwicklung oder Gestaltung<br />

eines Lernprogramms sollte eine Zielgruppenanalyse durchgeführt werden,<br />

damit den Anwendern ein bedarfsgerechtes Lernprogramm zur Verfügung<br />

steht. Je nach Alter <strong>und</strong> Bildungsniveau unterscheiden sich die Ansprüche<br />

<strong>und</strong> Bedürfnisse der Lernenden etwa hinsichtlich Aufbau <strong>und</strong><br />

Layout. Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene (bis 25 Jahre) bevorzugen eine<br />

kreative Lernumgebung hinsichtlich des Designs, dynamische Inhalte sowie<br />

trendige Grafiken. Je nach Ausbildungsberuf <strong>und</strong> Bildungsniveau<br />

müssen die Lerninhalte entsprechend des abstrakten <strong>und</strong> analytischen<br />

Denkvermögens der jungen Leute präsentiert werden. Auch die Medienkompetenz<br />

der Auszubildenden variiert: Je nach den intellektuellen Fähigkeiten<br />

der Auszubildenden können die Inhalte in mehr oder weniger komplexer<br />

Form aufbereitet <strong>und</strong> präsentiert werden. Auch der Grad der Medienkompetenz<br />

muss bei der Einführung in die Programme vom Ausbilder<br />

berücksichtigt werden. Generell gilt: Die Aufmerksamkeit der Lernenden<br />

sinkt in der Regel nach 20 Minuten. Deshalb ist es sinnvoll, die Zeitintervalle<br />

für die einzelnen Lernabschnitte auf 20 bis 30 Minuten zu begrenzen.<br />

Die Ausbilder müssen für den didaktisch richtigen Einsatz geschult<br />

werden. Die Verknüpfung verschiedener Unterrichtsmethoden zu einem


90<br />

Gesamtkonzept verändert die Aufgabe der Ausbilder im Vergleich zu den<br />

klassischen Bildungsmaßnahmen:<br />

Je freier <strong>und</strong> komplexer Unterrichtsprozesse ablaufen sollen, desto umfangreicher<br />

<strong>und</strong> anstrengender werden die methodischen Vorüberlegungen<br />

<strong>und</strong> didaktischen Konstruktionen. Damit E-<strong>Learning</strong> nach dem<br />

Blended <strong>Learning</strong>-Ansatz in die Ausbildung aufgenommen wird, muss es<br />

von den Ausbildern in die tägliche Arbeit integriert werden. Die Ausbilder<br />

benötigen dazu Erfahrungen mit der Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung offener,<br />

projektorientierter Lehr- <strong>und</strong> Lernprozesse <strong>und</strong> eine gute didaktische<br />

Ausbildung.<br />

E-<strong>Learning</strong> bedeutet nicht, die Auszubildenden ohne Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung<br />

die Lernprogramme selbstständig durcharbeiten zu lassen. E-<br />

<strong>Learning</strong> muss in ein Ausbildungskonzept integriert sein, um inhaltliche<br />

Bezüge herstellen zu können. Die Ausbilder sollten sich vor dem Einsatz<br />

eines Lernprogramms über die Menge an Informationen, die Struktur des<br />

Programms <strong>und</strong> die angebotenen Trainingsmöglichkeiten einen Überblick<br />

verschaffen. Nur so können sie feststellen, welche Themen im Programm<br />

nicht ausführlich genug behandelt werden oder gänzlich fehlen. Fehlende<br />

Informationen können durch persönliche Hilfestellungen oder ergänzende<br />

Medien geliefert werden.<br />

Die Aufgabe der Ausbilder wandelt sich zum Begleiter oder Coach.<br />

Sie begleiten die Auszubildenden in ihrer neuen Rolle als selbstständig<br />

Lernende, führen in das selbstorganisierte Lernen ein <strong>und</strong> vermitteln Methodenwissen.<br />

Der Auszubildende arbeitet zwar selbstständig an einem<br />

Problem, wird aber vom Ausbilder gezielt unterstützt. Die Eigenverantwortlichkeit<br />

der Auszubildenden soll dabei schrittweise zunehmen, während<br />

die anleitende <strong>und</strong> steuernde Präsenz des Ausbilders abnimmt.<br />

Der Ausbilder gibt dem Auszubildenden Feedback zum Lernprozess<br />

<strong>und</strong> kann dadurch auch dessen persönliche Wahrnehmung beeinflussen.<br />

Der Kontakt zu den Ausbildern stellt ein wichtiges Element des Blended<br />

<strong>Learning</strong>-Konzepts dar.


91<br />

Um E-<strong>Learning</strong> in der Ausbildung einsetzen zu können, müssen die<br />

Ausbilder über Medienkompetenz verfügen oder sie aufbauen. Diese Me-<br />

dienkompetenz ist besonders wichtig, um eine qualitativ hochwertige <strong>und</strong><br />

intensive Ausbildung bieten zu können.<br />

Gestaltung von Lernprogrammen<br />

In der Ausbildung sollten handlungsorientierte Lernprogramme eingesetzt<br />

werden. Sie sollten idealerweise:<br />

• Arbeitsaufträge zum selbstständigen Durchdenken <strong>und</strong> Erarbeiten enthalten.<br />

• Diese Arbeitsaufträge im Sinne von Leittexten vorbereiten <strong>und</strong> Gelegenheit<br />

zur Ergebnisdokumentation geben.<br />

• Erklärungen erst nach oder bei der Ausführung bieten.<br />

• Die Lernenden selbst herausfinden lassen, welche Informationen sie benötigen.<br />

• Die Lernenden die Informationen selbst beschaffen lassen.<br />

• Die zu bewältigende Handlungssituation als Übungsaufgabe vorstellen<br />

<strong>und</strong> es dem Lernenden überlassen, einen Lösungsweg zu finden.<br />

• So gestaltet sein, dass die Ausbilder z. B. auch Ausschnitte präsentieren<br />

können, sich also selbst Arbeitsmaterialien individuell zusammenstellen<br />

können.<br />

Einsatzmöglichkeiten<br />

Für E-<strong>Learning</strong> gibt es eine Reihe an Einsatzmöglichkeiten, die unbedingt<br />

genutzt werden sollten! Es eignet sich zur Unterrichtsvorbereitung,<br />

zur Unterstützung des Unterrichts <strong>und</strong> zur Überprüfung des Erlernten.<br />

So können sich die Auszubildenden mit Hilfe von Lernprogrammen auf<br />

den Unterricht vorbereiten, indem sie selbstständig Basiswissen <strong>und</strong> Ma-


92<br />

schineneinstellungen erlernen. Andererseits ist ein unterrichtsbegleitender<br />

Einsatz von Lernprogrammen möglich. Je nach technischer Ausstattung<br />

der Lernumgebung können während einer Unterrichtseinheit Kenntnisse<br />

erlernt <strong>und</strong> überprüft werden. Für das Üben an einer realen Maschine ist<br />

das Lernprogramm allerdings kein vollständiger Ersatz.<br />

Durch den Einsatz von Lernprogrammen besteht mehr Zeit für die praktischen<br />

Übungsprozesse an den Maschinen. Das fachpraktische Training<br />

wird intensiviert, wodurch die Gesamtqualität der Ausbildung steigt. Weitere<br />

Einsatzmöglichkeiten von E-<strong>Learning</strong> sind:<br />

• Durch E-<strong>Learning</strong> kann der Kenntnisstand überprüft werden. Testfragen,<br />

die am Ende einer Lerneinheit beantwortet werden, geben hierüber<br />

Auskunft.<br />

• Simulationen von Maschinen können netzbasiert stattfinden. Dadurch<br />

lernen die Auszubildenden die richtige Vorgehensweise in der <strong>Theorie</strong>,<br />

welche sie im Anschluss in der <strong>Praxis</strong> an der Maschine anwenden können.<br />

Dieses <strong>Praxis</strong>lernen ist ein Lernen ohne Gefahr <strong>und</strong> kann gut zur<br />

Einführung genutzt werden.<br />

• Neben den Simulationen können 3-D-Animationen eingesetzt werden,<br />

um die Inhalte räumlich zu veranschaulichen.<br />

• Falls die Ausbildung standortübergreifend stattfindet, können Diskussionsforen<br />

im Intranet für die Ausbilder <strong>und</strong> Auszubildenden eingerichtet<br />

werden.<br />

Fazit:<br />

E-<strong>Learning</strong> bietet viele Möglichkeiten, den Unterricht <strong>und</strong> das eigenständige<br />

Lernen in Kombination mit anderen Methoden vielseitig zu gestalten<br />

– nutzen wir diese Chancen!


Dirk Jakobs:<br />

93<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Produktion? – Voraussetzungen<br />

<strong>und</strong> Konsequenzen bei DaimlerChrysler<br />

Die Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Produktion unterliegen einer<br />

rasanten Veränderung. Erschließung neuer Märkte, Globalisierung, time to<br />

market, K<strong>und</strong>enorientierung sind nur einige Stichwörter einer Entwicklung,<br />

welche die Unternehmen zwingt, ihre Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

in immer kürzeren Abständen, in steigender Qualität <strong>und</strong> zu sinkenden<br />

Preisen auf dem internationalen Markt anzubieten. Diese Entwicklung bedeutet<br />

aber zugleich auch, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens über<br />

das zum Erhalt oder zum Ausbau der Marktposition notwendige Wissen<br />

<strong>und</strong> die richtigen Fähigkeiten verfügen müssen. Die <strong>betriebliche</strong> Weiterbildung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung steht somit ebenfalls vor neuen Herausforderungen,<br />

diesen Informations-, Schulungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsbedarf zeit<strong>und</strong><br />

arbeitsplatznah zu befriedigen <strong>und</strong> dies bei einem tendenziell steigenden<br />

Weiterbildungsvolumen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erschien computerunterstütztes Lernen (CUL)<br />

vielen Personalentwicklern als eine geeignete Methode, Mitarbeiter kostengünstig<br />

<strong>und</strong> in der Nähe des Arbeitsplatzes an Lernstationen oder dem<br />

Rechner im eigenen Büro selbstständig lernen zu lassen. Die Erfahrung hat<br />

jedoch gezeigt, dass die an diese Form CUL gestellten Erwartungen nicht<br />

erfüllt werden. 45 Bei der DaimlerChrysler AG wurde 2001 das letzte<br />

Selbstlernstudio geschlossen <strong>und</strong> auch das Angebot computerbasierter<br />

45 S. dazu Harhoff, D./Küpper, C.: Akzeptanz von E-<strong>Learning</strong>. Eine empirische<br />

Studie in Zusammenarbeit von Cognos <strong>und</strong> dem Institut für Innovationsforschung,<br />

Technologiemanagement <strong>und</strong> Entrepreneurship. München (INNOtec)<br />

2002 <strong>und</strong> Kailer, N. (Hrsg.): Innovative Weiterbildung durch Computer Based<br />

Training. Ergebnisse einer europaweiten Studie. o. O. (Signum) 1998.


94<br />

Lernprogramme zum reinen Selbststudium ist nur auf geringe Akzeptanz<br />

bei den Anwendern gestoßen. 46<br />

Verständnis von E-<strong>Learning</strong> bei DaimlerChrysler<br />

Mit der Einführung vernetzter Technologien haben sich neue Möglich-<br />

keiten für den Einsatz des Computers zum Lernen eröffnet, die unter dem<br />

Stichwort E-<strong>Learning</strong> seit einigen Jahren in den Unternehmen kursieren.<br />

Bei DaimlerChrysler werden die neuen Medien in unterschiedlichster Wei-<br />

se eingesetzt. Leitende Führungskräfte haben über die Corporate Universi-<br />

ty online die Möglichkeit, sich Wissensbausteine (Knowledge Nuggets)<br />

abzurufen <strong>und</strong> im Selbststudium durchzuarbeiten. 47 Selbstlernprogramme<br />

zu unterschiedlichsten Themen stehen allen Mitarbeitern zur Verfügung.<br />

Im Vertrieb werden E-<strong>Learning</strong>-Komponenten mit Präsenzphasen zu Blended-<strong>Learning</strong>-Qualifizierungen<br />

kombiniert. Abbildung 1 veranschaulicht<br />

das Verständnis von E-<strong>Learning</strong> bei DaimlerChrysler:<br />

46 Dies belegen die tatsächlichen Nutzerzahlen in Relation zu den verfügbaren Lizenzen<br />

pro Programm sowie interne Erhebungen bezüglich der Akzeptanz bei<br />

Nutzern computerbasierter Lernprogramme.<br />

47 Dazu ausführlicher: Müller, M./Kraemer, W./Gallenstein, C. et.al.: DaimlerChrysler<br />

Corporate University Online - The E-Dimension of Executive Development.<br />

Aus: Kraemer, W./Müller, M. (Hrsg.): Corporate Universities <strong>und</strong> E-<br />

<strong>Learning</strong>. Personalentwicklung <strong>und</strong> lebenslanges Lernen. Strategien - Lösungen -<br />

Perspektiven. Wiesbaden (Gabler) 2001, 401 - 426.


Abbildung 1<br />

Verständnis von E-<strong>Learning</strong><br />

95<br />

In Bezug auf E-<strong>Learning</strong> wird zwischen E-Training, E-Kollaboration<br />

<strong>und</strong> <strong>Learning</strong> on Demand unterschieden, womit unter E-<strong>Learning</strong> mehr<br />

verstanden wird als der Einsatz computer- oder webbasierter Lernprogramme<br />

(CBT/WBT) zum Selbststudium. 48<br />

Wie Untersuchungen belegen, haben die meisten E-<strong>Learning</strong>- wie Blended-<strong>Learning</strong>-Angebote<br />

Mitarbeiter von der Sachbearbeiterebene bis zum<br />

Management zur Zielgruppe, gewerbliche Mitarbeiter aus Produktionsbereichen<br />

werden bis dato jedoch ausschließlich konventionell, d. h. in Präsenzmaßnahmen<br />

qualifiziert. Als Konsequenz aus den beschriebenen<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zwängen <strong>betriebliche</strong>r Bildung stellt sich für<br />

Produktionsunternehmen allerdings die Frage, ob nicht auch gewerbliche<br />

Mitarbeiter mit Hilfe der neuen Medien weitergebildet werden können.<br />

48 Auf die möglichen Facetten des Einsatzes von E-<strong>Learning</strong> in Unternehmen gehen<br />

Back, Bendel <strong>und</strong> Stoller-Schai ausführlich ein: s. dazu: Back, A./Bendel,<br />

O./Stoller-Schai, D.: E-<strong>Learning</strong> im Unternehmen: Gr<strong>und</strong>lagen - Strategien - Methoden<br />

- Technologien. Zürich (Orell Füssli) 2001.


96<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurden bei DaimlerChrysler die Voraussetzungen für<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Produktion untersucht, um anschließend Konsequenzen<br />

für dessen Einsatz in Produktionsbereichen ziehen zu können.<br />

Voraussetzungen für E-<strong>Learning</strong> in der Produktion<br />

In der Untersuchung wurde zwischen lernerseitigen sowie unternehmensseitigen<br />

Faktoren <strong>und</strong> dem Weiterbildungsbedarf unterschieden. Lernerseitige<br />

Faktoren umfassen personale Gegebenheiten auf Seiten des lernenden<br />

Mitarbeiters, Motivation, Medienkompetenz <strong>und</strong> Einstellungen<br />

spielen dabei als kritische Erfolgsfaktoren eine entscheidende Rolle. 49 Als<br />

organisationale Faktoren wurden die <strong>betriebliche</strong>n Rahmenbedingungen<br />

für E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> die Einstellungen der den gewerblichen Mitarbeitern<br />

vorstehenden Führungskräfte eingehend beleuchtet. Bezüglich des Weiterbildungsbedarfs<br />

kam es nicht nur auf die eigentlichen Qualifizierungsthemen,<br />

sondern aufgr<strong>und</strong> des Untersuchungsgegenstandes insbesondere auf<br />

die von den Führungskräften formulierten Anforderungen an die Weiterbildung<br />

ihrer Mitarbeiter an. Die nachstehende Grafik verdeutlicht das der<br />

Untersuchung zu Gr<strong>und</strong>e gelegte Modell der E-<strong>Learning</strong> relevanten Faktoren<br />

<strong>und</strong> deren Wechselbeziehungen.<br />

49 Prenzel, M./Drechsel, B./Kliewe, A. u. a.: Lernmotivation in der Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung: Merkmale <strong>und</strong> Bedingungen. Aus: Harteis, C./Heid, H./Kraft, S.<br />

(Hrsg.): Kompendium Weiterbildung. Aspekte <strong>und</strong> Perspektiven <strong>betriebliche</strong>r<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung. Opladen (Leske + Budrich) 2000, 163 -<br />

173.<br />

Holzinger, A.: Basiswissen Multimedia, Band 2: Lernen. Kognitive Gr<strong>und</strong>lagen<br />

multimedialer Informationssysteme. Würzburg (Vogel) 2001.<br />

Glotz, P.: Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation. Aus: Hamm, I. (Hrsg.):<br />

Medienkompetenz. Wirtschaft, Wissen, Wandel. Gütersloh (Verlag Bertelsmann<br />

Stiftung) 2001, 16 - 37.<br />

Mandl, H./Krause, U.-M.: Lernkompetenz für die Wissensgesellschaft. Forschungsbericht<br />

Nr. 145. München 2001.


97<br />

Abbildung 2<br />

Modell der Voraussetzungsfaktoren für E-<strong>Learning</strong><br />

Die Untersuchung basiert auf qualitativen <strong>und</strong> quantitativen Daten, welche<br />

durch eine schriftliche Befragung gewerblicher Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskräfte<br />

eines Produktionsbereichs sowie durch Interviews einer per<br />

Zufall ermittelten Stichprobe von Führungskräften erhoben wurden. 50 Im<br />

folgenden werden die zentralen Erkenntnisse zu den Voraussetzungen für<br />

den Einsatz der neuen Medien zum Lernen in der Produktion erörtert:<br />

50 Zum Erhebungsmodus geschichteter Zufallsstichproben s. Atteslander, P.: Methoden<br />

der empirischen Sozialforschung. 9. neubearb. <strong>und</strong> erw. Auflage. Berlin,<br />

New York (de Gruyter) 2000


98<br />

Lernerseitige Voraussetzungen für E-<strong>Learning</strong><br />

Gewerbliche Mitarbeiter als auch Führungskräfte sind gr<strong>und</strong>sätzlich in<br />

hohem Maß zur Teilnahme an Weiterbildungen motiviert. Da die Werte<br />

der extrinsischen sowie in noch stärkerem Maß die der intrinsischen Beweggründe<br />

hoch sind, sind aus motivationspsychologischer Sicht 51 die<br />

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Weiterbildung günstig. Das hohe<br />

Motivationsniveau der Befragten bietet eine gute Ausgangsbasis für die<br />

Gestaltung von Lernprozessen. Dabei handelt es sich allerdings um eine<br />

gr<strong>und</strong>legende Eigenschaft der Lernenden, deren Ausprägung unabhängig<br />

von der Lernform oder den Lernmedien ausgebildet ist. Bezogen auf den<br />

Einsatz der Neuen Medien zum Lernen lässt sich daraus ableiten, dass bildungsmotivierte<br />

Mitarbeiter auch E-<strong>Learning</strong> gegenüber aufgeschlossen<br />

sein dürften. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass für motivierte<br />

<strong>und</strong> geübte Lernende die methodisch-didaktische Gestaltung des Lernprozesses<br />

oftmals keine entscheidende Rolle zur Erreichung der Lernziele<br />

spielt. Der hohe Motivationsgrad der Befragten ist somit nur der Indikator<br />

einer allgemeinen Voraussetzung für erfolgreiche Weiterbildung, deren<br />

Lernprozesse auch mit Hilfe der Neuen Medien gestaltet werden können.<br />

Entscheidend für die Einsetzbarkeit von E-<strong>Learning</strong> ist die Medienkompetenz<br />

der Lernenden. 52 Der Lernende muss über gewisse Gr<strong>und</strong>fertigkeiten<br />

im Umgang mit dem Computer verfügen. Die weithin verbreitete Auffassung,<br />

dass Produktionsmitarbeiter über keine oder nur sehr geringe<br />

Computerkenntnisse verfügen, wird durch die Ergebnisse der Untersu-<br />

51 Prenzel, M./Drechsel, B./Kliewe, A. u. a.: Lernmotivation in der Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung: Merkmale <strong>und</strong> Bedingungen. Aus: Harteis, C./Heid, H./Kraft, S.<br />

(Hrsg.): Kompendium Weiterbildung. Aspekte <strong>und</strong> Perspektiven <strong>betriebliche</strong>r<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung. Opladen (Leske + Budrich) 2000, 163 -<br />

173.<br />

52 Schiersmann, C./Busse, J./Krause, D.: Medienkompetenz - Kompetenz für<br />

Neue Medien. Studie im Auftrag des Forum Bildung. Berlin (Forum Bildung)<br />

2002.<br />

Rosebrock, C./Zitzelsberger, O.: Der Begriff Medienkompetenz als Zielperspektive<br />

im Diskurs der Pädagogik <strong>und</strong> Didaktik. Aus: Groeben, N./Hurrelmann, B.<br />

(Hrsg.): Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim<br />

(Juventa) 2002, 148 - 159.


99<br />

chung nicht bestätigt. Die Handhabungskompetenz der gewerblichen Mitarbeiter<br />

ist dabei hauptsächlich von zwei Faktoren abhängig: dem Alter<br />

<strong>und</strong> der Art der Anwendung. Mit zunehmendem Alter nimmt die Handhabungskompetenz<br />

der Befragten deutlich ab. Dieses Ergebnis scheint im<br />

Licht der Entwicklung <strong>und</strong> Verbreitung der Computertechnologie <strong>und</strong> im<br />

besonderen der vernetzten Neuen Medien seit den 70er Jahren wenig verw<strong>und</strong>erlich.<br />

Je jünger die Mitarbeiter sind, desto stärker kann davon ausgegangen<br />

werden, dass sie sich bereits während der Schul- oder Ausbildungszeit<br />

mit dem Computer <strong>und</strong> den gängigsten Anwendungen auseinandergesetzt<br />

haben.<br />

Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die sogenannte „Generation<br />

@“ gerade erst in das Arbeitsleben eintritt <strong>und</strong> anteilig nur einen sehr<br />

geringen Teil der Belegschaft ausmacht. Insofern sind die ermittelten Beherrschungsgrade<br />

vor allem der beiden ältesten untersuchten Mitarbeitergruppen<br />

der 40- bis 49- <strong>und</strong> über 50-Jährigen überraschend hoch. Immerhin<br />

gaben r<strong>und</strong> 1/3 der gewerblichen Mitarbeiter über 50 Jahre an, Textverarbeitungs-<br />

<strong>und</strong> Internetanwendungen sehr gut bis befriedigend zu beherrschen.<br />

Bezüglich der für E-<strong>Learning</strong> notwendigen Handhabungskompetenz<br />

kann aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse zu den allgemeinen Anwendungen festgestellt<br />

werden, dass eine deutliche Mehrheit der bis 29-Jährigen (ca.<br />

85 Prozent), etwas mehr als die Hälfte der 30- bis 39-Jährigen (ca.<br />

60 Prozent), etwas weniger als die Hälfte der 40- bis 49-Jährigen (ca.<br />

45 Prozent) <strong>und</strong> etwa ein Drittel der ältesten Altersgruppen zumindest über<br />

gr<strong>und</strong>legende Kenntnisse im Umgang mit dem Computer verfügt. Der<br />

deutliche Unterschied zwischen der ersten <strong>und</strong> zweiten Altersgruppe ist<br />

dabei durch die oben angesprochene Generationenfrage zu erklären.<br />

Diese Erkenntnisse werden tendenziell auch durch die Ergebnisse der<br />

Allensbacher Computer- <strong>und</strong> Telekommunikationsanalyse (ACTA) in Bezug<br />

auf die Computerkenntnisse der Befragten untermauert, bei welcher<br />

sich 75 Prozent der 20- bis 29-Jährigen, 66 Prozent der 30- bis 39-<br />

Jährigen, 60 Prozent der 40- bis 49-Jährigen <strong>und</strong> 37 Prozent der 50- bis 64-


100<br />

Jährigen mindestens Gr<strong>und</strong>kenntnisse im Umgang mit dem Computer be-<br />

scheinigen. 53<br />

Die Situation bezüglich computerbasierter Lernanwendungen stellt sich<br />

anders dar. Die laut Studien der KPMG 54 <strong>und</strong> des Instituts für Innovations-<br />

forschung <strong>und</strong> Technologiemanagement 55 verbreitetste Form von Lernan-<br />

wendung, CBT <strong>und</strong> WBT, wird von r<strong>und</strong> 55 Prozent der jüngeren <strong>und</strong> gut<br />

20 Prozent der älteren Mitarbeiter beherrscht. Kooperative Lernanwendungen<br />

hingegen werden von allen Altersgruppen kaum beherrscht <strong>und</strong> sind zu<br />

einem hohen Prozentsatz unbekannt. Bei den Angaben zu den Lernanwendungen<br />

im Bereich der Informationsbeschaffung (Download-Pool, Suchmaschinen<br />

<strong>und</strong> Online-Hilfen) fällt vor allem deren relativ hoher Beherrschungsgrad<br />

bei den Führungskräften auf. Die Handhabungskompetenz<br />

dieser Lernanwendungen unter den Führungskräften erklärt sich durch die<br />

Tatsache, dass sie für diese Zielgruppe Bestandteil der täglichen Arbeit<br />

darstellen <strong>und</strong> arbeitsbezogen eingesetzt werden.<br />

Der Grad der Medienkompetenz bei Mitarbeitern in der Produktion<br />

muss folglich differenziert bewertet werden. Zwar kommt die Mehrzahl<br />

der Mitarbeiter in der Produktion heute im Beruf kaum mit dem Medium<br />

Computer in Berührung, jedoch verfügt ein Großteil von ihnen nichtsdestotrotz<br />

über zumindest gr<strong>und</strong>legende Computerkenntnisse, die für den<br />

Umgang mit distributiven <strong>und</strong> interaktiven Technologien notwendig sind.<br />

Seitens der Lernenden wird die Einsetzbarkeit von E-<strong>Learning</strong> neben<br />

deren Motivation <strong>und</strong> Medienkompetenz von den Einstellungen beeinflusst.<br />

56 Gr<strong>und</strong>sätzlich war der Bedarf nach mehr Weiterbildung bei den<br />

53 ACTA - Allensbacher Computer- <strong>und</strong> Telekommunikations- Analyse:<br />

www.acta-online.de/inhalte_2002/index.html (05.09.03).<br />

54 KPMG Consulting 2001: E-<strong>Learning</strong> zwischen Euphorie <strong>und</strong> Ernüchterung -<br />

Eine Bestandsaufnahme zum E-<strong>Learning</strong> in deutschen Großunternehmen:<br />

www.mmb-michel.de/New_<strong>Learning</strong>_Zusammenfassung.pdf (14.12.2001).<br />

55 Institut für Innovationsforschung <strong>und</strong> Technologiemanagement: E-<strong>Learning</strong> in<br />

der Weiterbildung - ein Bechmarking deutscher Unternehmen. - www.innotec.de/forschung/kurzfassung.pdf<br />

(5.5.2001).<br />

56 Gemessen wurden die Einstellungen zu Weiterbildung allgemein sowie zu<br />

Computern <strong>und</strong> speziell zu E-<strong>Learning</strong>.


101<br />

gewerblichen Mitarbeitern hoch. Hinter dieser Angabe könnte zum einen<br />

eine gewisse Erwünschtheit vermutet werden, zum anderen entspricht die<br />

Einschätzung der Mitarbeiter durchaus den dargestellten veränderten Anforderungen<br />

an <strong>betriebliche</strong> Weiterbildung. Der empf<strong>und</strong>ene Mehrbedarf<br />

an Weiterbildung wird aufgr<strong>und</strong> der sich wandelnden ökonomischen <strong>und</strong><br />

gesellschaftlichen Rahmenbedingungen jedoch nicht durch ein Mehr an<br />

konventionellen Schulungen gedeckt werden können. In diesem Fall erhalten<br />

die Formen des E-<strong>Learning</strong> zwangsläufig den Stellenwert einer Problemlösungsalternative.<br />

Die Ergebnisse der Einstellungen zu Computern zeigen überdies, dass<br />

die Beschäftigung mit Computern auch bei gewerblichen Mitarbeitern<br />

nicht auf Ablehnung stößt. Der Nutzen des Mediums, sowohl im beruflichen<br />

wie auch im privaten Bereich, wird von einer Mehrheit gesehen <strong>und</strong><br />

das Interesse an der Beschäftigung mit dem Computer ist durchaus vorhanden.<br />

Allerdings stellt auch bei den Einstellungen der Lernenden zum<br />

Medium das Alter der Befragten das ausschlaggebende Unterscheidungsmerkmal<br />

dar. Für junge Mitarbeiter ist der Computer bereits Bestandteil<br />

zumindest des privaten Alltags- <strong>und</strong> der Freizeitgestaltung, weshalb sie in<br />

viel stärkerem Maß den Nutzen des Mediums sehen <strong>und</strong> Freude am Umgang<br />

verspüren. Die Bereitschaft, mit Hilfe des Computers zu lernen, ist<br />

interessanterweise bei den Mitarbeitern aller Altersgruppen recht hoch.<br />

Unternehmensseitige Voraussetzungen für E-<strong>Learning</strong><br />

Unter dem Aspekt einer für E-<strong>Learning</strong> notwendigen neuen Lernkultur<br />

stellen sich die organisationalen Voraussetzungen für den Einsatz der Neuen<br />

Medien zum Lernen in der Produktion heterogen dar. Die äußeren Anforderungen<br />

für E-<strong>Learning</strong> bezüglich Lernzeit, Lernort <strong>und</strong> Technik 57 waren<br />

zum Zeitpunkt der Erhebung formal nur zu einem geringen Teil erfüllt.<br />

57 Die Gr<strong>und</strong>lage für die Bestimmung dieser Anforderungen stellte der Bedingungskatalog<br />

von Severing, E./Keller, C./Reglin, T. u. a.: Betriebliche Bildung<br />

via Internet. Konzeption, Umsetzung <strong>und</strong> Bewertung. Eine Einführung für Praktiker.<br />

Göttingen (Hans Huber) 2001 dar.


102<br />

Gewerbliche Mitarbeiter haben kaum Zugang zu einer technischen Infrastruktur,<br />

die zum Lernen genutzt werden könnte, noch sind Lernorte im<br />

Sinne entsprechend ausgestatteter, arbeitplatznaher <strong>und</strong> ruhiger Räume<br />

zum Lernen vorhanden.<br />

Andererseits gibt es heute in vielen Produktionsbereichen in Person der<br />

Schulungskoordinatoren Mitarbeiter in Vollzeit, die mit der Koordination<br />

<strong>und</strong> Durchführung von Schulungen betraut sind. Durch diese Mitarbeiter<br />

ist es möglich, Führungskräften <strong>und</strong> gewerblichen Mitarbeitern einer<br />

Schicht einen qualifizierten Ansprechpartner in Bildungsfragen zur Verfügung<br />

zu stellen, der im Prinzip jeder Zeit kontaktiert werden kann. Mit den<br />

Schulungskoordinatoren sind Experten vorhanden, die - nach entsprechender<br />

didaktisch-methodischer Qualifizierung im Bereich E-<strong>Learning</strong> - Lernprozesse<br />

mit Hilfe der Neuen Medien gestalten <strong>und</strong> im konstruktivistischen<br />

Sinne als Lernberater oder -coach agieren können. 58<br />

Die <strong>Praxis</strong> der Lernzeitregelung kommt E-<strong>Learning</strong> indes vielerorts entgegen.<br />

Mitarbeiter, die nicht unmittelbar einer Montage-Taktung unterworfen<br />

sind, können sowohl individuell als auch in kleinen Gruppen zum Lernen<br />

freigestellt werden. Hinzu kommt, dass durch bestehende Vereinbarungen<br />

<strong>und</strong> Regelungen Lernzeit zur Weiterbildung der Mitarbeiter als fester<br />

Bestandteil der Arbeitszeit anerkannt ist <strong>und</strong> somit auch für Qualifizierungsmaßnahmen<br />

via E-<strong>Learning</strong> oder Blended-<strong>Learning</strong> genutzt werden<br />

könnte.<br />

Unter lernkulturellem Aspekt ist auch die Einstellung der Führungskräfte<br />

zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter relevant. 59 Dass Lernen von den<br />

Führungskräften als selbstverständlich akzeptiert <strong>und</strong> gefördert wird, ist –<br />

nach unseren bisherigen Erfahrungen - nur eingeschränkt der Fall. Für die<br />

58 Zur konstruktivistischen Auffassung von Lernen <strong>und</strong> Lehren vergl.: Gerstenmaier,<br />

J./Mandl, H.: Konstruktivistische Ansätze in der Erwachsenenbildung <strong>und</strong><br />

Weiterbildung. Aus: Tippelt, R. (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung<br />

(2. überarbeitete <strong>und</strong> aktualisierte Auflage). Opladen (Leske+Budrich)<br />

1999, 184 - 192.<br />

59 Meyer-Dohm, P./Schneider, P. (Hrsg.): Berufliche Bildung im lernenden Unternehmen:<br />

neue Wege zur beruflichen Qualifizierung. Stuttgart (Klett) 1991.


103<br />

Weiterbildung der Mitarbeiter bestehen weitgehend klare Rahmenbedingungen.<br />

Dennoch wird die Qualifizierung der Mitarbeiter manchmal sporadisch<br />

<strong>und</strong> spontan organisiert. Sie hat bei vielen Führungskräften offenk<strong>und</strong>ig<br />

eine tendenziell eher niedrige Priorität <strong>und</strong> wird nicht konsequent<br />

zur Personalentwicklung eingesetzt. Die Einschätzungen zur Lernbereitschaft<br />

der Mitarbeiter basieren bedingt auf den Vorstellungen eines Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen Vorgesetztem <strong>und</strong> Mitarbeiter sowie zunehmend<br />

selbstbestimmter Weiterbildungsverantwortung des Einzelnen.<br />

Diskrepanzen existieren zum Teil zwischen den Einschätzungen der Führungskräfte<br />

<strong>und</strong> den Angaben der Mitarbeiter hinsichtlich deren Bildungsmotivation.<br />

Des Weiteren können Bedenken der Führungskräfte bezüglich des<br />

Missbrauchs des Computers <strong>und</strong> der Vernachlässigung der arbeitsbezogenen<br />

Aufgaben durch die Mitarbeiter konstatiert werden. Allerdings sind sie<br />

nur bedingt als Ausdruck des Misstrauens zu sehen; sie verdeutlichen<br />

vielmehr die Skepsis <strong>und</strong> Unsicherheit gegenüber den Einsatzmöglichkeiten<br />

von E-<strong>Learning</strong> in der Produktion. Wichtig sind in diesem Fall akzeptanzerhöhende<br />

Maßnahmen auf der Ebene der Führungskräfte, um die Voraussetzungen<br />

für E-<strong>Learning</strong> seitens dieser Personengruppe im Sinne einer<br />

neuen Lernkultur zu verbessern.<br />

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass 70 Prozent der befragten<br />

Führungskräfte an einem Pilotprojekt teilnehmen würden, was vor dem<br />

skizzierten Hintergr<strong>und</strong> der Skepsis die Frage nach dem „Warum“ aufkommen<br />

lässt. Eine Erklärung liegt in der bei allen befragten Meistern,<br />

Team- <strong>und</strong> Abteilungsleitern betonten Arbeitsorientierung jeglicher Art<br />

der Weiterbildung. Wird diese Bedingung erfüllt, wird auch die für viele<br />

noch unbekannte Form des E-<strong>Learning</strong> zur Alternative bei der Qualifizierung<br />

der Mitarbeiter. Dafür spricht auch, dass für den Einsatz der Neuen<br />

Medien zum Lernen für die Führungskräfte bildungsimmanente Gründe<br />

von Bedeutung sind, äußere Argumente wie Imagepflege oder Kosteneinsparungen<br />

hingegen kaum Gewicht haben. Einsatzgründe für E-<strong>Learning</strong><br />

werden demnach dort gesehen, wo der eigentliche Bildungsprozess betrof-


104<br />

fen ist, bei den Lernprozessen <strong>und</strong> dem Bildungsangebot. Maßnahmen zur<br />

Verbesserung des Bildungsprozesses stehen die Führungskräfte aufgeschlossen<br />

gegenüber <strong>und</strong> sind deshalb bereit, auch ein Pilotprojekt mit E-<br />

<strong>Learning</strong> zu unterstützen. Dabei scheint eine Trennung zwischen den Bedenken<br />

gegenüber dem Verhalten der Mitarbeiter <strong>und</strong> der Bedeutung des<br />

Mediums vollzogen zu werden. Der Nutzen <strong>und</strong> die zunehmende Relevanz<br />

des Computers auch im Arbeitsprozess der gewerblichen Mitarbeiter wird<br />

anerkannt <strong>und</strong> trägt ebenfalls zur Bereitschaft der Führungskräfte für E-<br />

<strong>Learning</strong> bei.<br />

Weiterbildungsbedarf bezüglich E-<strong>Learning</strong><br />

Berufsspezifisches Fachwissen, Sozial- <strong>und</strong> Selbststeuerungskompetenz<br />

der Mitarbeiter besitzen für die Führungskräfte den höchsten Stellenwert.<br />

IT-Fachwissen wird nach der Beherrschung von Fremdsprachen der geringste<br />

Stellenwert beigemessen, was verw<strong>und</strong>ert, zieht man die qualitativen<br />

Ergebnisse in Betracht. Immerhin haben die interviewten Führungskräfte<br />

mehrheitlich Computerkenntnisse als zunehmend wichtige <strong>und</strong> zukünftig<br />

unablässige Voraussetzung zur Bedienung neuer Anlagengenerationen<br />

eingestuft. Das bedeutet zum einen, dass der inhaltliche Weiterbildungsbedarf<br />

fast ausschließlich im Bereich arbeitsbezogener, fachlicher<br />

Themen gesehen wird <strong>und</strong> zum anderen, dass die sich vollziehende Informatisierung<br />

der Arbeitswelt auch im Bereich der Produktion von den Führungskräften<br />

des Presswerks erkannt wird.<br />

Bezüglich des Einsatzes der Neuen Medien zum Lernen haben frühere<br />

Studien gezeigt, dass in Unternehmen E-<strong>Learning</strong> vor allem zur Schulung<br />

von IT-Anwendungen <strong>und</strong> Fremdsprachen eingesetzt wird. Für den Industriesektor<br />

hat die Untersuchung der Unicmind AG 60 Office- (74 Prozent)<br />

<strong>und</strong> Anwendungssoftware (57 Prozent) vor Sprachen (46 Prozent) als die<br />

häufigsten Schulungsthemen für E-<strong>Learning</strong> ermittelt. Gewerblich-<br />

60 Unicmind.com AG: E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Wissensmanagement in deutschen<br />

Großunternehmen. Ergebnisse einer Befragung der Top-350 Unternehmen der<br />

deutschen Wirtschaft: www.unicmind.com/E-<strong>Learning</strong>studie.pdf (29.11.2001).


105<br />

technische Fachkompetenzen werden nach einer Studie der KPMG 61 nur<br />

bei knapp einem Viertel der Unternehmen auch per E-<strong>Learning</strong> vermittelt.<br />

Softskills rangieren noch hinter fachbezogenen Kompetenzen. Diesen Erkenntnissen<br />

entsprechen im Wesentlichen die Einschätzungen der Führungskräfte,<br />

was die Vermittelbarkeit der unterschiedlichen Kompetenzen<br />

per E-<strong>Learning</strong> betrifft. In Bezug auf die Einsetzbarkeit von E-<strong>Learning</strong> in<br />

der Produktion ist bemerkenswert, dass von den drei für die Mitarbeiter am<br />

wichtigsten eingestuften Kompetenzen zwei, Sozial- <strong>und</strong> Selbststeuerungskompetenz,<br />

nach Meinung der Führungskräfte nicht bzw. kaum mit<br />

Hilfe des Computers vermittelt werden können <strong>und</strong> dies de facto auch nur<br />

in sehr geringem Umfang geschieht. Lediglich berufsspezifisches Fachwissen<br />

erachtet eine Mehrheit als E-<strong>Learning</strong>-tauglich, was unter Berücksichtigung<br />

des hohen Stellenwertes fachlicher Kompetenz zu dem Schluss<br />

führt, dass im Bereich des Presswerks E-<strong>Learning</strong> vor allem bei der Schulung<br />

fachspezifischer Themen zum Einsatz kommen sollte.<br />

Auch die im Rahmen der Interviews ermittelten übergeordneten Bedarfsaspekte<br />

lassen Schlüsse im Zusammenhang mit der Einsetzbarkeit von<br />

E-<strong>Learning</strong> zu. Aktualität, Wissensstandards, Lernerfolgskontrolle <strong>und</strong><br />

Bedarfsorientierung gehören zu den zentralen Aspekten selbstgesteuerten<br />

Lernens, welches sich zwischen <strong>betriebliche</strong>r Bildung <strong>und</strong> technischem<br />

Wissensmanagement im Sinne eines integrativen Wissensmanagements<br />

vollzieht. 62 Die Aktualität der Weiterbildungsinhalte muss, wie die Interviews<br />

gezeigt haben, auch in der Produktion unter dem Druck eines sich<br />

zunehmend dynamischer verändernden Umfelds mit kürzeren Produktionszeiten,<br />

höheren Qualitätsanforderungen <strong>und</strong> eines sich kontinuierlich vollziehenden<br />

Verbesserungsprozesses bewerkstelligt werden <strong>und</strong> das im<br />

Rahmen bestehender personeller <strong>und</strong> finanzieller Vereinbarungen.<br />

61 s. Fußnote 10<br />

62 Servering, E.: Wissensmanagement - durch Management- Wissen? Anforderungen<br />

an Bildungseinrichtungen, aus: Arnold, R./Bloh, E. (Hrsg.): Personalentwicklung<br />

im lernenden Unternehmen. Hohengehren (Schneider Verlag) 2001,<br />

137 - 158.


106<br />

Unter Qualitätsgesichtspunkten gewinnt die Standardisierung expliziten<br />

Wissens an Bedeutung. Sie schafft die Möglichkeit, gr<strong>und</strong>legende Inhalte<br />

jederzeit schulen zu können, wodurch Mitarbeiter wiederholt <strong>und</strong> neue<br />

Mitarbeiter einarbeitend qualifiziert werden können. Das informelle Lernen<br />

am Arbeitsplatz im Zuge des geleiteten Anlernens soll dadurch nicht<br />

ersetzt, sondern insofern sinnvoll ergänzt werden, dass etablierte Handlungsroutinen<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage des Standardwissens hinterfragt werden<br />

können. Auch die Forderung nach Lernerfolgskontrolle muss dem Streben<br />

nach einer Verbesserung der Qualitätssicherung zugerechnet werden. Aus<br />

Unternehmenssicht hat sie die Erhöhung des Lerntransfers <strong>und</strong> folglich der<br />

Effektivität einer Weiterbildungsmaßnahme sowie aus lernpsychologischer<br />

Sicht die Steigerung der Lernmotivation 63 zum Ziel.<br />

Die Anforderung bedarfsorientierterer Weiterbildung ist letztlich als<br />

Reaktion auf die geänderten Rahmenbedingungen <strong>betriebliche</strong>n Lernens zu<br />

werten, unter denen sich Mitarbeiter nicht nur möglichst arbeitsplatznah,<br />

sondern ebenso flexibel, individuell <strong>und</strong> problemorientiert weiterbilden.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer für E-<strong>Learning</strong> notwendigen neuen Lernkultur<br />

lernender Organisationen, in welcher der Mitarbeiter den Lernprozess<br />

selbstständig steuert 64 , muss mit Interesse bemerkt werden, dass Selbststeuerungskompetenz<br />

als Qualifikation der Mitarbeiter von den Führungskräften<br />

sehr hoch bewertet wird. Allerdings kann aufgr<strong>und</strong> der bestehenden<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Weiterbildungsorganisation nicht davon ausgegangen<br />

werden, dass diese bei den Mitarbeitern ausreichend ausgeprägt ist, um<br />

63 Prenzel, M./Drechsel, B./Kliewe, A. u. a.: Lernmotivation in der Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung: Merkmale <strong>und</strong> Bedingungen. Aus: Harteis, C./Heid, H./Kraft, S.<br />

(Hrsg.): Kompendium Weiterbildung. Aspekte <strong>und</strong> Perspektiven <strong>betriebliche</strong>r<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung. Opladen (Leske + Budrich) 2000, 163 -<br />

173.<br />

64 Reinmann-Rothmeier, G./Mandl, H.: Selbststeuerung des Lernprozesses mit<br />

Multimedia. Forschungsbericht Nr. 77, Teil 2. München (Ludwig-Maximilians-<br />

Universität) 1997.<br />

Stadelhofer, C.: Selbstgesteuertes Lernen <strong>und</strong> Neue Kommunikationstechnologien.<br />

Aus: Dohmen, G. (Hrsg.): Weiterbildungsinstitutionen, Medien, Lernumwelten.<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Entwicklungshilfen für das selbstgesteuerte<br />

Lernen. Bonn (B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung) 1999, 147 - 208.


107<br />

selbstgesteuert mit Hilfe der Neuen Medien lernen zu können. Eine bessere<br />

Bedarfsorientierung der Weiterbildung - flexibler, individueller, zielgruppengenauer<br />

– wird deshalb auf eine Förderung der Selbststeuerungskompetenz<br />

angewiesen sein, vor allem dann, wenn die Neuen Medien zum Lernen<br />

eingesetzt werden sollen. Zur erfolgreichen Umsetzung einer neuen,<br />

die übergreifenden Aspekte berücksichtigenden Weiterbildungsstrategie<br />

mit Hilfe E-<strong>Learning</strong>-basierter Lernkonzepte müssen deshalb nicht nur die<br />

technischen Rahmenbedingungen geschaffen, sondern besonders die Mitarbeiter<br />

an die neuen Formen selbstgesteuerten, medienbasierten Lernens<br />

herangeführt werden. 65<br />

Konsequenzen für den Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der Produktion bei<br />

DaimlerChrysler<br />

E-<strong>Learning</strong>, das hat die Untersuchung der Voraussetzungen gezeigt,<br />

eignet sich auch zur Qualifizierung der bisher in Bezug auf die Weiterbildung<br />

mit Hilfe der Neuen Medien vernachlässigten Gruppe gewerblicher<br />

Mitarbeiter produktiver Bereiche. Im Zuge des sich heute bereits abzeichnenden<br />

wachsenden Qualifizierungsbedarfs bei nahezu gleichbleibenden<br />

Bildungsbudgets <strong>und</strong> einer sich auch im gewerblichen Bereich ausdehnenden<br />

Informatisierung <strong>und</strong> Digitalisierung von Arbeitsgeräten <strong>und</strong> -prozessen<br />

wird E-<strong>Learning</strong> zunehmend an Bedeutung gewinnen <strong>und</strong> sich neben<br />

Präsenz- <strong>und</strong> on-the-Job-Trainings als sinnvolle Lehr- <strong>und</strong> Lernform etablieren.<br />

Gewerbliche Mitarbeiter werden arbeitsplatznäher, tätigkeitsbezogener<br />

<strong>und</strong> flexibler qualifiziert als dies bisher möglich ist. Des Weiteren<br />

wird die Notwendigkeit einer nachvollziehbaren, dokumentierten <strong>und</strong> permanenten<br />

Weiterbildung steigen, was sich heute schon in den Bemühungen<br />

um eine tarifvertragliche Verankerung von Qualifizierung abzeichnet. 66<br />

65 Gnahs, D./Seidel, S./Griesbach, Karin: Selbstgesteuertes Lernen - Beispiele aus<br />

der <strong>Praxis</strong>. In: Literatur- <strong>und</strong> Forschungsreport Weiterbildung, Jg. 1997, H. 39,<br />

155 -164.<br />

66 Im Jahr 2001 wurde diesbezüglich erstmals ein Tarifvertrag zur Qualifizierung<br />

vereinbart, der bisher jedoch ausschließlich im Tarifgebiet Baden-Württemberg<br />

gültig ist. Dessen Umsetzung wurde bei DaimlerChrysler im Rahmen einer Ge-


108<br />

Dazu wird der Einsatz der Neuen Medien zum Lernen im Produktionsbe-<br />

reich dem Erprobungsstadium isolierter Modellversuche entwachsen <strong>und</strong><br />

in neuen Lernsystemen etabliert werden müssen.<br />

In diesem Sinne hat DaimlerChrysler mit dem im Rahmen des Modellversuchs<br />

ALF (Arbeiten <strong>und</strong> Lernen im Fachbereich) 67 konzipierten netzbasierten<br />

<strong>und</strong> arbeitsintegrierten Weiterbildungssystem für Automobilarbeiter<br />

die Gr<strong>und</strong>lage eines einheitlichen Lernsystems für den gewerblichen<br />

Bereich gelegt, mit Hilfe dessen der Weg in Richtung einer neuen Lernkultur<br />

auf der Basis der neuen Medien beschritten werden kann. Dabei handelt<br />

es sich um eine Intranet-basierte Lernanwendung, mit deren Hilfe Produktionsmitarbeiter<br />

für die an ihrem Arbeitsplatz notwendigen Qualifikationen<br />

trainiert werden können. Entgegen des üblichen behaviouristischen Ansatzes<br />

herkömmlicher Lernprogramme bildet eine didaktische Datenbank die<br />

Basis dieses ganzheitlichen Weiterbildungssystems. Methodisch-didaktisch<br />

liegen ihr handlungsorientierte <strong>und</strong> konstruktivistische Prinzipien zugr<strong>und</strong>e,<br />

die den lernenden Menschen als aktives, fragendes Individuum mit<br />

spezifischen Vorwissensständen zu einer Wissensdomäne annimmt. Sie<br />

ermöglicht es auf Seiten des Lernenden nicht nur fachliche Kompetenzen<br />

aufzubauen, sondern berücksichtigt darüber hinaus auch die Aspekte methodischer,<br />

emotionaler <strong>und</strong> persönlicher Kompetenzen. Im Mittelpunkt<br />

steht somit der ganzheitlich Lernende, der sich über Fragen die Kompetenzfelder,<br />

bezogen auf sein Aufgabengebiet, erschließt.<br />

Ausblick<br />

Der Einsatz neuer Medien zum Lernen wird in Zukunft nicht nur Angestellten<br />

<strong>und</strong> Führungskräften vorbehalten bleiben, sondern sich auch zur<br />

Qualifizierung gewerblicher Mitarbeiter ausbreiten. Diese Entwicklung<br />

samtbetriebsvereinbarung Qualifizierung gewährleistet: DaimlerChrylser AG:<br />

Qualifizierung. Fit für die Zukunft. Informations- <strong>und</strong> Arbeitsunterlage zur Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

Qualifizierung. Stuttgart (DaimlerChrysler AG) 2002.<br />

67<br />

o.V.: ALF. Arbeiten <strong>und</strong> Lernen im Fachbereich. Mannheim (DaimlerChrysler<br />

AG) 2003.


109<br />

wird einerseits durch die ökonomischen Rahmenbedingungen beschleunigt<br />

<strong>und</strong> andererseits, wie die Untersuchung bei der DaimlerChrysler AG gezeigt<br />

hat, durch die Voraussetzungen für E-<strong>Learning</strong>, besonders seitens der<br />

Mitarbeiter, begünstigt. Dabei wird es entscheidend sein, welche Lernkultur<br />

in einem Unternehmen bereits herrscht bzw. in welcher Weise die bestehende<br />

Lernkultur hin zu einer neuen, konstruktivistisch <strong>und</strong> handlungsorientierten<br />

Lernkultur veränderbar ist. Eine solche Lernkultur im Sinne<br />

eines lernenden Unternehmens wird sich, wie in Abbildung 3 verdeutlicht,<br />

an vier Eckpfeilern orientieren müssen.<br />

Abbildung 3<br />

Eckpfeiler einer neuen Lernkultur<br />

Seitens des Unternehmens wird arbeitsplatznahes oder –integriertes<br />

Lernen ermöglicht werden müssen <strong>und</strong> unter Effektivitäts- <strong>und</strong> Effizienz-<br />

gesichtspunkten auch zunehmend als attraktiv wahrgenommen <strong>und</strong> gefördert<br />

werden. Entscheidend für dessen Erfolg wie für den Einsatz der neuen


110<br />

Medien zum Lernen wird allerdings die konsequente Verknüpfung von<br />

Lernen (auch in der Form von E-<strong>Learning</strong>) <strong>und</strong> Personalentwicklung sowie<br />

die nachhaltige Partizipation <strong>und</strong> Unterstützung durch die Führungskräfte<br />

sein. Von den Mitarbeitern muss im Gegenzug eine Gr<strong>und</strong>motivation zur<br />

Weiterbildung als Mittel zur Erhaltung <strong>und</strong> Förderung ihrer Beschäftigungsfähigkeit<br />

sowie eine zunehmende Selbststeuerung <strong>und</strong> Eigenverantwortung<br />

für ihren Lernprozess erwartet werden dürfen. Damit ist jedoch<br />

nicht gemeint, dass die Beschäftigten diesen Anforderungen alleine überlassen<br />

werden sollen. Vielmehr müssen sie beim Erlernen von Selbststeuerungskompetenzen<br />

unterstützt werden. Essenziell ist in diesem Zusammenhang<br />

der lernparadigmatische Wechsel hin zu einem anwendungsorientierten,<br />

konstruierenden Lernen, was für alle Lernzielebenen – von der<br />

Wissenskonstruktion bis zur Formung von Einstellungen – Anwendung<br />

finden muss. Betriebliche Bildung, die sich an diesen Eckpfeilern orientiert,<br />

begibt sich auf einen neuen, steinigen Weg in Richtung einer neuen<br />

Lernkultur, innerhalb welcher neue Medien <strong>und</strong> E-<strong>Learning</strong> fester Bestandteil<br />

sind.


Marion Bagusat/Stephan Rudolph:<br />

111<br />

E-<strong>Learning</strong> <strong>und</strong> Blended-<strong>Learning</strong> in der Berufsausbildung<br />

– ein <strong>Praxis</strong>bericht aus der Allianz Versicherungs<br />

AG<br />

Die Allianz hat als eines der ersten deutschen Unternehmen bereits gegen<br />

Ende der 90er Jahre eine standortübergreifende, intranetbasierte Lern<strong>und</strong><br />

Kommunikationsplattform für die Berufsausbildung eingeführt. In diesem<br />

Beitrag wird die Entwicklung des Systems von der ersten Idee bis hin<br />

zur Implementierung der fertigen Plattform skizziert. Auswirkungen des<br />

Einsatzes auf die Lernkultur <strong>und</strong> Erfahrungen mit technologiegestütztem<br />

selbstgesteuerten Lernen werden diskutiert. Schließlich wird anhand zweier<br />

exemplarischer Lernkonzepte die Integration des E-<strong>Learning</strong>-Ansatzes<br />

in ein abwechslungsreiches Blended-<strong>Learning</strong>-System dargestellt.<br />

Die Rahmenbedingungen<br />

Die Allianz <strong>und</strong> die Dresdner Bank bilden derzeit b<strong>und</strong>esweit über<br />

4.000 Auszubildende zum/zur Versicherungskaufmann/-frau, Bankkaufmann/-frau,<br />

Diplom Betriebswirt/-in (BA) <strong>und</strong> in zahlreichen weiteren Berufsbildern<br />

aus. Die Ausbildung ist bei den deutschen Versicherungsgesellschaften<br />

der Allianz Gruppe dezentral organisiert, d. h. die Ausbildungsprozesse<br />

<strong>und</strong> -abläufe werden an den verschiedenen regionalen<br />

Standorten geplant, durchgeführt <strong>und</strong> kontrolliert. Die Dresdner Bank bildet<br />

in den einzelnen Filialen, aber auch in der Zentrale in Frankfurt aus.<br />

Die Auszubildenden der insgesamt 19 verschiedenen Ausbildungsberufe<br />

der deutschen Gesellschaften der Allianz Gruppe werden während ihrer<br />

gesamten Ausbildungszeit von insgesamt 200 hauptberuflichen Ausbildern<br />

begleitet <strong>und</strong> unterstützt.


Die erste Idee<br />

112<br />

Seit Anfang der 90er Jahre steht in der Berufsausbildung der Allianz ein<br />

beträchtliches Angebot elektronischer Lernmedien zur Verfügung. Mit Hilfe<br />

von Computer oder Web Based Trainings (CBT/WBT) können diverse<br />

fachliche <strong>und</strong> überfachliche Themen erarbeitet <strong>und</strong> erlernt werden. Darüber<br />

hinaus kümmern sich die Ausbildungsverantwortlichen intensiv um<br />

die Vermittlung von Handlungskompetenzen <strong>und</strong> fördern das selbstgesteuerte<br />

Lernen der Auszubildenden. Dieser Ansatz der verstärkten Verantwortung<br />

der Auszubildenden für die Planung, Organisation, Durchführung <strong>und</strong><br />

Kontrolle ihres Lernens erfordert neben gutem Coaching durch die Ausbilder<br />

auch eine entsprechend vielfältig gestaltete Lernumwelt, in der eine<br />

Vielzahl an Lernmethoden <strong>und</strong> Medien zum Einsatz kommen.<br />

Darüber hinaus verlangen die in der Versicherungsbranche laufend verkürzten<br />

Innovationszyklen ein gutes <strong>und</strong> verlässliches Informationsmanagement:<br />

Aktuelle Information zu Abläufen, Prozessen <strong>und</strong> Produkten muss<br />

schnell <strong>und</strong> unkompliziert allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden<br />

– auch in der Berufsausbildung.<br />

Diese Anforderungen führten bereits 1997 zu der Überlegung, einen<br />

Pool für alle in der Ausbildung relevanten Informationen zu schaffen. In<br />

diesem gemeinsamen Pool sollten alle Lehr- <strong>und</strong> Lernmedien gesammelt,<br />

gepflegt <strong>und</strong> für die Berufsausbildung erhalten werden. Auch Mehrfachentwicklungen<br />

bzw. Doppelbearbeitung von Schulungsmaterialien in den<br />

einzelnen Standorten sollten damit zukünftig vermeidbar sein.<br />

Über diesen Wissenspool hinaus sollte ein umfassendes Lern- <strong>und</strong><br />

Kommunikationssystem entstehen, das die Prozesse des selbstgesteuerten<br />

Lernens sowohl für die Auszubildenden wie auch für die Ausbilder effektiv<br />

unterstützt: Lernplanung, Kommunikation <strong>und</strong> Zusammenarbeit sollten<br />

auch standortübergreifend schnell <strong>und</strong> unkompliziert möglich sein.<br />

Die Lösung war die Entwicklung einer Lernplattform für Auszubildende<br />

<strong>und</strong> Ausbilder, die diesen Anforderungen gerecht wird: das „Ausbildungs<br />

Lern Forum“ – abgekürzt ALF.


Das Projekt<br />

113<br />

Der erste Schritt der Entwicklung <strong>und</strong> Umsetzung des Ausbildungs Lern<br />

Forums war das Zusammenstellen einer effektiven Projektgruppe. Es sollten<br />

alle dezentralen Stellen, Ausbilder, Pädagogen, Psychologen <strong>und</strong><br />

Technikspezialisten vertreten sein, damit bei der Realisierung die Bedürfnisse<br />

aller Beteiligten/Betroffenen berücksichtigt werden konnten. In dieser<br />

Arbeitsgruppe galt es nun, die Inhalte <strong>und</strong> Funktionen der Lernplattform<br />

zu definieren, das „Go“ seitens des Managements zu bekommen, sowie<br />

eine Feinanalyse <strong>und</strong> ein Implementierungskonzept zu erstellen. Bei<br />

den ersten Sitzungen wurden wichtige Ideen geboren:<br />

• Während der ersten Phase der Plattformentwicklung wurde ein „Prototyp“<br />

erstellt, anhand dessen die zukünftige Lernplattform – zwar ohne<br />

Funktionalität, aber mit entsprechender Optik – schon gut in Entscheidungsgremien<br />

vorgestellt <strong>und</strong> diskutiert werden konnte.<br />

• Die Einführung der Plattform in den Konzern erfolgte durch Pilotfelder:<br />

Einige Pilotstandorte starteten mit der neuen Anwendung, <strong>und</strong> die dort<br />

gesammelten Erfahrungen wurden genutzt, um Verbesserungen <strong>und</strong><br />

Korrekturen umzusetzen. Erst dann erfolgte die Implementierung in den<br />

anderen deutschen Gesellschaften. Die Dauer der Pilotfeldphase war ein<br />

Jahr. Ein schöner Nebeneffekt dieses Konzepts war, dass während dieser<br />

Zeit die „Nicht-Pilotfeldstandorte“ bereits sehr neugierig auf ALF<br />

wurden <strong>und</strong> es so bald wie möglich selbst auch einführen wollten.<br />

• Eine umfassende formative <strong>und</strong> summative Evaluation begleitete die<br />

Einführung des Systems: Stärken <strong>und</strong> Schwächen von ALF konnten gezielt<br />

ermittelt werden, Verbesserungsprozesse wurden angestoßen <strong>und</strong><br />

die Auswirkung des Einsatzes der Lern- <strong>und</strong> Kommunikationsplattform<br />

auf die Lernkultur im Bereich der Berufsausbildung wurde beleuchtet.<br />

• Die Anwender, Führungskräfte <strong>und</strong> Unternehmensgremien wurden während<br />

der gesamten Entwicklungs- <strong>und</strong> Implementierungsphase von ALF<br />

kontinuierlich zum Projekt informiert <strong>und</strong> hatten die Möglichkeit, eigene<br />

Wünsche <strong>und</strong> Vorstellungen mit einfließen zu lassen.


114<br />

Die Umsetzung der Ideen in eine funktionsfähige Lernplattform dauerte<br />

knapp zwei Jahre. Zu diesem Zeitpunkt war auch die Eingangsbefragung<br />

der möglichen künftigen Nutzer abgeschlossen:<br />

- Die Bereitschaft mit dem PC zu lernen, war im Kreis der Ausbilder <strong>und</strong><br />

Auszubildenden vorhanden.<br />

- Das Bedürfnis nach einem überregionalen „Wissenspool“ für die Ausbildung<br />

<strong>und</strong> nach der Möglichkeit, über die lokalen Standorte hinweg zu<br />

arbeiten <strong>und</strong> zu kommunizieren, war groß.<br />

Das sind beste Voraussetzungen um nach der Fertigstellung von ALF an<br />

den Start zu gehen.<br />

Die Lern- <strong>und</strong> Kommunikationsplattform<br />

Das Ausbildungs Lern Forum ALF ist eine Intranetanwendung auf Basis<br />

des bestehenden Computernetzwerks der Allianz. Die eingestellten Lehr<strong>und</strong><br />

Lernmedien werden auf einem zentralen Server in der Hauptverwaltung<br />

gespeichert. Ein zweiter Server stellt die Kommunikation sicher. Beide<br />

Server wurden extra für ALF angeschafft; die technische Betreuung erfolgt<br />

durch eine Allianz interne Gesellschaft für Informationssysteme.<br />

ALF beinhaltet fünf große Bereiche. Drei davon sind für Auszubildende<br />

<strong>und</strong> Ausbilder zugänglich:<br />

Lernplaner<br />

Jeder Auszubildende hat seinen eigenen individuellen Lernplaner, auf<br />

den nur er selbst Zugriff hat. Hier kann er seine individuellen Lernziele<br />

<strong>und</strong> die Schritte zu ihrer Erreichung planen <strong>und</strong> dokumentieren. Darüber<br />

hinaus stehen eine persönliche Kalenderfunktion <strong>und</strong> der individuelle Versetzungsplan<br />

zur Verfügung.<br />

Forum<br />

Im Forum können Auszubildende <strong>und</strong> Ausbilder miteinander chatten: In<br />

offenen oder geschlossenen Lerngruppen tauschen sie sich über Ausbil-


115<br />

dungsinhalte aus, klären Fragen <strong>und</strong> bearbeiten gemeinsam Projekte. Zusätzlich<br />

zur synchronen Kommunikation besteht im Info-Center die Möglichkeit,<br />

Fragen an Tutoren oder Kollegen einzustellen. Im Unterschied<br />

zum Chat sind diese Fragen immer konkreten Themen zugeordnet <strong>und</strong><br />

können dort vom Tutor beantwortet werden. Die Ergebnisse lassen sich als<br />

Dokument abspeichern <strong>und</strong> ausdrucken.<br />

Mediathek<br />

Die Mediathek ist der Informations- <strong>und</strong> Wissenspool – hier finden sich<br />

alle Lernmedien <strong>und</strong> Materialien, z. B. Powerpoint-Präsentationen, Texte,<br />

Projektberichte, Unterrichtsleitfäden, Gruppenarbeiten, CBTs <strong>und</strong> WBTs.<br />

Sie sind nach Gebieten <strong>und</strong> Themen gegliedert <strong>und</strong> mit Hilfe von Schlagworten<br />

<strong>und</strong> einer komfortablen Suchfunktion einfach zu finden. Alle vorhandenen<br />

Medien werden durch eine Kurzcharakteristik beschrieben, mit<br />

deren Hilfe der Anwender schnell <strong>und</strong> bequem entscheiden kann, ob die<br />

Inhalte für ihn interessant sind.<br />

Jeder ALF Nutzer kann in kürzester Zeit digitalisierte Dokumente in das<br />

Lernforum einstellen. Dabei sind die Autorenrechte geschützt, d. h. nur der<br />

Autor eines Dokuments selbst kann das eingestellte Dokument ändern.<br />

Kollegen, die aufgr<strong>und</strong> von Standortspezifika das Dokument modifizieren<br />

möchten, haben die Möglichkeit, eine Kopie zu machen, diese abzuändern<br />

<strong>und</strong> unter ihrem Namen ebenfalls einzustellen.<br />

Die Dokumente in der Mediathek sind in drei Pools aufgeteilt:<br />

Pool 1 ist ein "freier Pool", in den die Auszubildenden nicht qualitätsgesicherte<br />

Unterlagen einstellen,<br />

Pool 2 ist ein qualitätsgesicherter Pool, in dem die Experten <strong>und</strong> Ausbilder<br />

ihre Unterlagen zur Verfügung stellen, <strong>und</strong><br />

Pool 3 ist ein Trainerpool, auf dessen Dokumente nur die Ausbilder Zugriff<br />

haben.


116<br />

Darüber hinaus gibt es für jedes Medium einen Pflegeturnus, um die In-<br />

halte aktuell zu halten.<br />

Neben diesen drei Bereichen gibt es zwei weitere, die ausschließlich<br />

den Ausbildern vorbehalten sind.<br />

Werkstatt<br />

In der Werkstatt können die Ausbilder Lernempfehlungen entwickeln,<br />

Unterlagen zu Ausbildungsinhalten zusammenstellen, Aufgaben für Lernerfolgskontrollen<br />

konzipieren <strong>und</strong> Gruppenräume einrichten.<br />

Administration<br />

Das Ausbildungs Lern Forum benötigt – wie jedes andere System auch<br />

– eine Reihe administrativer Einstellungen wie Benutzerkonten <strong>und</strong> Berechtigungen.<br />

Um die Pflege möglichst einfach durchführen zu können,<br />

wurden alle diese Einstellungen in einer eigenen Funktion zusammengefasst.<br />

Abbildung 1<br />

Die Lern- <strong>und</strong> Kommunikationsplattform


117<br />

Diese fünf Bereiche ergeben eine umfassende Lern- <strong>und</strong> Kommunikati-<br />

onsplattform, die das selbstgesteuerte <strong>und</strong> eigenverantwortliche Lernen der<br />

Auszubildenden unterstützt.<br />

Die Nutzer <strong>und</strong> ihre Rechte<br />

Die verschiedenen Zugriffsrechte auf ALF werden durch unterschiedliche<br />

Rollen im System gesteuert. So kann sich jeder Mitarbeiter als Gast<br />

die Dokumente in ALF anschauen, hat aber nicht die Möglichkeit, selbst<br />

Material einzustellen oder sich an der Kommunikation zu beteiligen. Mit<br />

jeweils mehr Rechten sind dann die Auszubildenden, Fachberater, Ausbilder<br />

<strong>und</strong> Administratoren ausgestattet.<br />

Die ersten Erfahrungen<br />

Ein Jahr nach Einführung von ALF wurde eine umfassende Evaluation<br />

durchgeführt. Aus den bisherigen Erfahrungen an den Pilotstandorten sollte<br />

für den Breiteneinsatz gelernt <strong>und</strong> das System entsprechend optimiert<br />

werden. Die Evaluationsergebnisse dienten außerdem dazu, Wirkung <strong>und</strong><br />

Nutzen des Einsatzes von ALF zu bestimmen. Wichtige Ergebnisse dieser<br />

Untersuchung waren:<br />

• ALF wurde sowohl von den Ausbildern wie auch von den Auszubildenden<br />

sehr schnell akzeptiert <strong>und</strong> regelmäßig genutzt. Besonders rasch<br />

wurden die Funktionen Mediathek <strong>und</strong> Forum in den Alltag integriert.<br />

Der unkomplizierte Abruf von Informationen aus dem umfassenden<br />

Wissenspool hatte den Bedarf der Anwender ebenso getroffen wie der<br />

komfortable Austausch in den Kommunikationsfunktionen von ALF.<br />

• Die Zusammenarbeit von Ausbildern mit Kollegen aus anderen Niederlassungen<br />

<strong>und</strong> aus anderen Branchen hatte schon in der Pilotphase zugenommen.<br />

Auch Material aus anderen Niederlassungen wurde häufiger<br />

eingesetzt als vor der Einführung von ALF.


118<br />

• Die meisten Ausbilder sahen sich als Lernberater <strong>und</strong> die Auszubildenden<br />

empfanden ihr Lernen als selbstgesteuert. ALF unterstützte von Anfang<br />

an dieses selbstgesteuerte Lernen im Sinne der Ausbildungsordnung.<br />

• Technische Schwierigkeiten wurden kritisch beurteilt. Auch wurde in<br />

Standorten, in denen sich Ausbildungsgruppen PC-Pools teilten, der<br />

Wunsch nach einer 1:1 PC-Ausstattung für die Auszubildenden laut.<br />

Der Breiteneinsatz<br />

Anfang 2001 fiel der Startschuss für die Ausbilder <strong>und</strong> die Auszubildenden<br />

aller Allianz Standorte <strong>und</strong> aller in der Allianz ausgebildeten Berufe.<br />

Das Implementierungskonzept der Pilotfelder konnte leicht modifiziert<br />

für alle übrigen Standorte aufgenommen <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />

Zusätzliche Marketing-Unterstützung brachte die positive Berichterstattung<br />

in der Fachpresse, die Verleihung des silbernen Ausbildungs-oskars<br />

durch die „Junge deutsche Wirtschaft“ <strong>und</strong> ein intern ausgelobter Wettbewerb<br />

zum innovativen Einsatz von ALF bei den Auszubildenden.<br />

Im Jahr 2002 entschloss sich die Dresdner Bank, ebenfalls mit der Berufsausbildung<br />

in ALF einzusteigen. Die Rechnung war einfach: Je mehr<br />

Nutzer ALF hat, desto mehr Nutzen bringt es auch.<br />

Die Ansprechpartner<br />

Alle ALF Nutzer werden im Umgang mit ALF geschult. Die Ausbilder<br />

durchlaufen einen zweitägigen Workshop, die Auszubildenden werden in<br />

eintägigen Schulungen eingewiesen. Ein Nutzerhandbuch mit allen Funktionen<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten des Lernforums steht zur Verfügung <strong>und</strong> ist auch<br />

in den entsprechenden Anwendungen von ALF online hinterlegt.<br />

Neben den Workshops <strong>und</strong> Schulungen ist für die Implementierung <strong>und</strong><br />

den laufenden Betrieb für alle auftretenden Fragen ein Netzwerk kompetenter<br />

Ansprechpartner wichtig. Die Spezialisten vor Ort sind den Anwen-


119<br />

dern persönlich bekannt. Folgende Experten stehen den Nutzern zur Ver-<br />

fügung:<br />

Bei technischen Fragen helfen Administratoren weiter: Sie sind Exper-<br />

ten für Anwenderprobleme <strong>und</strong> technische Schwierigkeiten.<br />

Eine zentrale Servicestelle in der Hauptverwaltung der Allianz in Mün-<br />

chen hat eine Hotline für besonders schwierige technische Fragestellungen<br />

eingerichtet. Sie bietet Unterstützung bei speziellen Aufgaben wie dem<br />

Einspielen von WBTs/CBTs oder dem Erwerb von Content-Lizenzen <strong>und</strong><br />

gibt Rat <strong>und</strong> Tipps bei didaktisch/pädagogischen Fragen.<br />

Die Verantwortung für das fachliche Gr<strong>und</strong>wissen liegt bei den dezen-<br />

tralen Centers of Competence. Die Centers of Competence als Spezialis-<br />

ten-Netzwerke der jeweiligen Fachthemen bündeln <strong>und</strong> koordinieren die<br />

Aktivitäten, damit die fachlichen Basisinformationen in ALF immer aktuell<br />

sind.<br />

Promotoren sind Ausbilder, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mit<br />

ALF zu experimentieren <strong>und</strong> vor Ort immer neue Möglichkeiten der virtuellen<br />

Zusammenarbeit auszuprobieren. Sie kümmern sich darum, dass neue<br />

Anwender schnell <strong>und</strong> unkompliziert ins System eingeführt werden. Bei<br />

didaktischen <strong>und</strong> pädagogischen Fragen helfen sie weiter.<br />

Unterstützung erhalten die Promotoren dabei von den Azubi-<br />

Multiplikatoren. Sie unterstützen die anderen Auszubildenden, entwickeln<br />

Schulungskonzepte für neue Kollegen <strong>und</strong> initiieren Projekte. So optimieren<br />

die Multiplikatoren zusammen mit den Promotoren den Einsatz von<br />

ALF vor Ort dahingehend, dass alle Auszubildenden den jeweils besten<br />

Weg finden, ALF für ihre individuellen Lernprozesse möglichst gut <strong>und</strong><br />

effektiv zu nutzen.<br />

Außerdem steht die aus der Projektgruppe entstandene Qualitätssicherungsgruppe<br />

jederzeit beratend zur Verfügung.<br />

Durch dieses umfassende Betreuungssystem kann jedem Anwender zu<br />

jeder Frage schnell <strong>und</strong> effektiv weitergeholfen werden.


Abbildung 2<br />

Die Ansprechpartner<br />

Das didaktische Gesamtkonzept<br />

120<br />

Über die technische Umsetzung der Lernplattform hinaus war es beson-<br />

ders wichtig, Ideen zu entwickeln, wie ALF als Teil der Lernprozesse kon-<br />

kret <strong>und</strong> zusätzlichen Nutzen bringend eingesetzt werden konnte. Lernkon-<br />

zepte, die die verfügbaren elektronischen Möglichkeiten samt der Vernetzung<br />

über das Intranet – also klassisches E-<strong>Learning</strong> – optimal mit "traditionellen"<br />

Lernmedien <strong>und</strong> Lernmethoden verknüpften, mussten entwickelt<br />

<strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />

Gerade bei der Vielzahl an Möglichkeiten im Blended <strong>Learning</strong> ist eine<br />

gute <strong>und</strong> detaillierte Lernplanung wichtig: Im Lernprozess sollten sich<br />

Phasen der Informationssuche <strong>und</strong> des Wissensinputs mit Lern- <strong>und</strong> Handlungsphasen<br />

abwechseln. In regelmäßigen Reflexionsprozessen sollten<br />

Auszubildende <strong>und</strong> Ausbilder das Vorgehen gemeinsam analysieren <strong>und</strong><br />

auswerten.


121<br />

Nachfolgend zwei Beispiele, die die Umsetzung solcher Blended-<br />

<strong>Learning</strong> Konzepte beinhalten.<br />

Vermittlung des versicherungsspezifischen Themas „Rückversiche-<br />

rung“ für auszubildende Versicherungskaufleute. Rahmenbedingung:<br />

Zentrale Ausbildung in einer Ausbildungsgruppe.<br />

Zunächst besprechen die Auszubildenden im Team zusammen mit dem<br />

Ausbilder die Lernziele im Bereich „Rückversicherung“ <strong>und</strong> die möglichen<br />

Wege zur Erreichung dieser Lernziele. Dann erarbeiten die Auszubildenden<br />

die fachlichen Gr<strong>und</strong>lagen zu dem Thema selbstständig über ein WBT<br />

– entweder alleine oder in einer Lernpartnerschaft mit anderen Auszubildenden.<br />

In einem anschließenden Treffen mit dem Ausbilder werden diese<br />

Gr<strong>und</strong>lagen nochmals besprochen <strong>und</strong> gefestigt sowie um Allianz Besonderheiten<br />

ergänzt.<br />

Der nächste Schritt führt wieder in ALF <strong>und</strong> dort erneut ins WBT<br />

„Rückversicherung“: Hier können die Auszubildenden anhand unterschiedlichster<br />

Simulationen durchspielen, wie es sich unter verschiedenen Bedingungen<br />

auswirken kann, wenn sich eine Versicherung stark oder weniger<br />

stark rückversichert. Zusätzlich können die Auszubildenden eigene<br />

Schwerpunkte im Lernstoff setzen <strong>und</strong> vertiefen.<br />

Im folgenden Schritt setzen die Auszubildenden ihre erworbenen<br />

Kenntnisse in die <strong>Praxis</strong> um. Ein Teil der Gruppe übernimmt die Rolle der<br />

Geschäftsleitung eines Versicherungsunternehmens, das seine neue Rückversicherungspolitik<br />

in einer simulierten Pressekonferenz „Journalisten“<br />

(nämlich dem zweiten Teil der Auszubildendengruppe) vorstellt. Die Präsentatoren<br />

müssen sich dabei den kritischen Fragen ihrer Kollegen stellen.<br />

Zum Abschluss des Themas erfolgt eine schriftliche Lernerfolgskontrolle,<br />

die der Ausbilder bei Wunsch über ALF zusammenstellen kann.


122<br />

Abbildung 3<br />

Umsetzung von Blended <strong>Learning</strong>-Konzepten am Beispiel des Themas<br />

„Rückversicherung“<br />

Vermittlung des fachübergreifenden Themas „Arbeitsorganisation“<br />

für auszubildende Kaufleute für Bürokommunikation. Rahmenbedingung:<br />

Dezentrale Ausbildung in verschiedenen Fachabteilungen.<br />

In der ersten Lernphase erarbeiten die Auszubildenden zusammen mit<br />

ihrem Ausbilder den Sinn <strong>und</strong> die Hintergründe des Lernziels „Arbeitsorganisation“.<br />

Nutzen <strong>und</strong> Anwendungsmöglichkeiten des Lernstoffs für den<br />

eigenen Aufgabenbereich werden besprochen. Dann werden die Auszubildenden<br />

angeleitet, sich in das komplexe Thema „Arbeitsorganisation“<br />

selbstständig einzuarbeiten. Sie sollen dabei ihre Vorgehensweise zum<br />

großen Teil selbst planen <strong>und</strong> sich ihre Zeit eigenständig einteilen.<br />

Als eine wichtige mögliche Informationsquelle nennt der Ausbilder den<br />

Auszubildenden ein WBT in ALF. Mit Hilfe dieses WBTs kann jeder Auszubildender<br />

für sich lernen <strong>und</strong> anhand einer Vielzahl von Fallbeispielen<br />

bzw. anschließenden Übungen sein Wissen vertiefen. Jedem Lerner wird<br />

die Option offen gelassen, alleine oder zusammen mit anderen in Lerngruppen<br />

zu arbeiten. Die Auszubildenden bestimmen auch ihre Lernzeit<br />

<strong>und</strong> Arbeitsintensität selbst.<br />

Im dritten Schritt vertiefen die Auszubildenden den Lerninhalt zusammen<br />

mit dem Ausbilder. Dabei wird das Thema durch ein vom Ausbilder<br />

vorbereitetes Frage- <strong>und</strong> Antwortspiel entwickelt. Die Gesprächssteuerung


123<br />

liegt beim Ausbilder. Er stellt Fragen, gibt den Auszubildenden die Mög-<br />

lichkeit, ihr Wissen einzubringen <strong>und</strong> fasst einzelne Themenbereiche zu-<br />

sammen.<br />

Der vierte Schritt sieht eine Gruppenarbeit vor. Die Auszubildenden<br />

sind nun gefragt, das Gelernte in die <strong>Praxis</strong> umzusetzen. Sie müssen dazu<br />

eine Fülle anstehender Arbeitsaufgaben zügig sichten, priorisieren <strong>und</strong> or-<br />

ganisieren – unter Beachtung der Aspekte einer guten Arbeitsorganisation.<br />

Die Aufgabe erlaubt verschiedene Lösungen <strong>und</strong> kreative Ansätze.<br />

Eine abschließende Präsentation <strong>und</strong> Diskussion der Ergebnisse unter-<br />

stützen die differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema.<br />

Abbildung 4<br />

Umsetzung von Blended <strong>Learning</strong>-Konzepten am Beispiel des Themas<br />

„Arbeitsorganisation“<br />

Diese <strong>und</strong> ähnliche Konzepte werden laufend durch Ausbilder <strong>und</strong> die<br />

Qualitätssicherungsgruppe von ALF ausgebaut <strong>und</strong> neu entwickelt. So liegen<br />

dann auch für etliche weitere Themen Blended <strong>Learning</strong>-Konzepte<br />

vor. Als Beispiel seien genannt: Betriebswirtschaftliche Gr<strong>und</strong>lagen, Versicherungsvertragsrecht<br />

oder Bankbetriebslehre.<br />

Fazit<br />

Mit ALF kann die Allianz als eines der ersten deutschen Unternehmen<br />

auf die Entwicklung <strong>und</strong> den Einsatz einer Lernplattform für die Be-


124<br />

rufsausbildung zurückschauen, die sich nun bereits seit mehreren Jahren<br />

im praktischen Einsatz erfolgreich bewährt. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />

für die erfolgreiche Implementierung waren:<br />

• Der Einstieg über Pilotfelder.<br />

• Eine homogene <strong>und</strong> moderner Technik aufgeschlossene Anwendergruppe<br />

(Auszubildende <strong>und</strong> Ausbilder).<br />

• Ein umfassendes Implementierungskonzept.<br />

• Regelmäßige Information der künftigen Nutzer bereits während der<br />

Entwicklungsphase.<br />

• Eine begleitende Evaluation.<br />

• Die frühzeitige Qualifizierung aller Beteiligten.<br />

• Gute Unterstützung für die Anwender vor Ort.<br />

• Die Möglichkeit aller Nutzer, sich in ALF aktiv einzubringen.<br />

Darüber hinaus gab es jedoch auch eine Reihe Faktoren, die die Entwicklung<br />

<strong>und</strong> den Betrieb von ALF hinderten:<br />

Die Vorreiterrolle innerhalb der Allianz <strong>und</strong> auf dem Markt der Lernplattformen<br />

brachte es mit sich, dass vieles, was zwischenzeitlich selbstverständlich<br />

ist, 1997/1998 nur schwer umsetzbar war.<br />

Die Mitarbeiter der Projektgruppe waren für das Projekt nicht freigestellt,<br />

d. h. sie gingen neben der Projektgruppenarbeit auch ihren eigentlichen<br />

Aufgaben im Unternehmen nach. Dies machte das Zeitmanagement<br />

teilweise schwierig.<br />

Auftretende Fehler im technischen System ALF mussten rasch<br />

weitergeleitet <strong>und</strong> zügig behoben werden. Eine Rückmeldung über den<br />

Stand der Fehlerbehebung musste zeitnah erfolgen. Anfänglich wurde der<br />

Chat in ALF häufig für privaten Austausch genutzt. Hier mussten sich im<br />

Laufe der Zeit Spielregeln entwickeln.


Ausblick<br />

125<br />

Für den Einsatz einer erfolgreich genutzten Lern- <strong>und</strong> Kommunikati-<br />

onsplattform sind die kontinuierliche Weiterentwicklung des Systems <strong>und</strong><br />

die Anpassung an den Bedarf der Nutzer wichtig. So wurde beispielsweise<br />

im letzten Jahr ein Autorentool für die Erstellung von WBTs eingeführt<br />

<strong>und</strong> ein „Virtual Classroom“ (VC) an ALF angeb<strong>und</strong>en. Dieser VC erleichtert<br />

die standortübergreifende Zusammenarbeit zusätzlich – ohne dass Reise-<br />

oder Unterbringungsaufwand anfällt. Ein weiterer Schritt in der Zukunft<br />

ist die Einführung der Auszubildenden im Außendienst der Allianz<br />

Gesellschaften in ALF, um so das Potential der Plattform <strong>und</strong> des Blended<br />

<strong>Learning</strong>s gerade für dezentrale Ausbildungsstrukturen verstärkt zu nutzen.


Thomas Hagenhofer:<br />

126<br />

E-<strong>Learning</strong> in der Medienbranche - Erfahrungen aus<br />

dem Projekt Mediengestalter/in 2000plus<br />

Der Faktor Zeit bildet das kritische Moment im Prozess einer strate-<br />

gisch ausgerichteten <strong>und</strong> zukunftsorientierten Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Daher sind Maßnahmen gefragt, die eine möglichst flexible sowie weitestgehend<br />

raum- <strong>und</strong> zeitunabhängige Kompetenzentwicklung zulassen <strong>und</strong><br />

so die klassische Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung ergänzen.<br />

Die Onlinestellung des LernCenters 2000plus (http://lerncenter.mediengestalter2000plus.de)<br />

läutete den Beginn einer praxisnahen <strong>und</strong> branchenweiten<br />

Qualifizierungskampagne ein. Das LernCenter richtet sich sowohl<br />

an <strong>betriebliche</strong> <strong>und</strong> schulische Ausbilder als auch an Auszubildende.<br />

Das Besondere am LernCenter 2000plus ist, dass die Qualifizierung direkt<br />

am Arbeitsplatz oder an jedem anderen beliebigen Ort stattfinden kann.<br />

Dabei baut es auf den modernen Regelungen zur Berufsausbildung in der<br />

Branche auf <strong>und</strong> ergänzt sie. Inhaltlich abgestimmte Kommunikationselemente<br />

ermöglichen die Diskussion zu spezifischen Fachthemen in Lernforen<br />

<strong>und</strong> Chat.<br />

Vorbemerkung<br />

"Traut die Branche ihrem Medium nicht?" – so lautete das Thema einer<br />

Diskussionsveranstaltung der Michel Medien Beratung, Essen auf dem Medienforum<br />

NRW im Jahr 2001. Die Ursachen für das Schattendasein von E-<br />

<strong>Learning</strong> in diesem Wirtschaftssektor waren sicher vielfältig. Zum einen<br />

erschwerte die KMU-Struktur 68 den effizienten Einsatz, zum anderen war<br />

die Skepsis gegenüber E-<strong>Learning</strong> aufgr<strong>und</strong> eigener Anschauung 69 von<br />

Projektergebnissen aus der CBT-Zeit <strong>und</strong> der des programmierten Lernens<br />

68<br />

KMU = kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

2<br />

Schließlich war zumindest die Multimedia-Branche an diesen Entwicklungen<br />

aktiv beteiligt.


127<br />

besonders groß. Kaum interaktive, stark softwareorientierte Lernprogram-<br />

me, die in seltensten Fällen soziale Komponenten des Lernens berücksich-<br />

tigten, hatten eine bleibende abschreckende Wirkung hinterlassen. Lieber<br />

kein E-<strong>Learning</strong> als schlechtes war die Quintessenz für viele aus dieser<br />

Zeit. Hinzu kamen branchenspezifische schlechte Erfahrungen aus dem europäischen<br />

Großprojekt DISMED (Dissemination of Key Information via<br />

an Interactive Online Communication Platform in Media Industry), das in<br />

einer Zeit fehlender zukunftssicherer Standards kaum Impulse für neue<br />

Formen des Lernens geben konnte. Auf der anderen Seite sind die Anforderungen<br />

an Lernmedien auf diesem Sektor naturgemäß besonders hoch –<br />

angefangen bei der Gestaltung bis zum Navigationskonzept.<br />

Eine Initialzündung für E-<strong>Learning</strong> in der Druck- <strong>und</strong> Medienbranche<br />

konnte durch das Projekt Mediengestalter/in 2000plus – Bündnis für Medienkompetenz,<br />

Innovation <strong>und</strong> Beschäftigung zur Kommunikationsgestaltung<br />

im 3. Jahrtausend erreicht werden. Heute haben etwa die Hälfte aller<br />

an der Mediengestalter-Ausbildung Beteiligten Erfahrungen mit diesen<br />

neuen Lernformen sammeln können. Über 10.000 Nutzer <strong>und</strong> Nutzerinnen<br />

des LernCenters 2000plus <strong>und</strong> der Diskussions- <strong>und</strong> Lernforen stellen ein<br />

wichtiges Erfahrungspotenzial für die weitere Entwicklung von E-<strong>Learning</strong><br />

dar. Dieser Bericht will hierfür einen Beitrag leisten.<br />

Zu Entstehung <strong>und</strong> Anlage des Projektes<br />

Das Berufsbild Mediengestalter/in für Digital- <strong>und</strong> Printmedien hat in<br />

der Druck- <strong>und</strong> Medienindustrie eine sehr positive Resonanz gef<strong>und</strong>en:<br />

Seit der Einführung im Jahr 1998 bis zum konjunkturellen Einbruch in<br />

2001 nahmen immer mehr ausbildende Unternehmen, Ausbilder <strong>und</strong> Berufskollegs<br />

die Herausforderungen dieses zukunftsorientierten Ausbildungsberufes<br />

an <strong>und</strong> ließen die Zahl der Ausbildungsverhältnisse stetig<br />

anwachsen.<br />

Das Berufsbild Mediengestalter/in für Digital- <strong>und</strong> Printmedien ermöglicht<br />

in neuen <strong>und</strong> boomenden Geschäftsfeldern wie Medienberatung, Mul-


128<br />

timedia, digitale Medien <strong>und</strong> Digitaldruck auszubilden. Außerdem fördert<br />

es gezielt Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations-, Team- <strong>und</strong><br />

Problemlösefähigkeit, die in den modernen Arbeitsprozessen immer wichtiger<br />

werden.<br />

Die einschneidenden Veränderungen stellen besondere Herausforderungen<br />

für die <strong>betriebliche</strong>n <strong>und</strong> schulischen Ausbilder dar. Die Einführung<br />

eines neuen Ausbildungsberufes markiert eine Entwicklung, die stetig<br />

fortgeführt <strong>und</strong> an die Anforderungen in Betrieb <strong>und</strong> Schule angepasst<br />

werden muss. So werden die Zwischen- <strong>und</strong> Abschlussprüfungen inhaltlich<br />

<strong>und</strong> formal neu gestaltet. Um sich dieser Herausforderung leichter stellen<br />

zu können, brauchen insbesondere die ausbildenden Betriebe praxisorientierte<br />

Hilfen bei der Ausbildung: Hier setzt das Projekt Mediengestalter/in<br />

2000plus an.<br />

Projektleitung, Projektpartner <strong>und</strong> Förderer<br />

Der Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck <strong>und</strong> Medien (ZFA) leitete<br />

das Projekt <strong>und</strong> war zentraler Ansprechpartner für Fragen der Schwerpunktsetzung,<br />

der Ausrichtung <strong>und</strong> des Fortschritts des Projektes. Der ZFA<br />

ist eine gemeinsame Einrichtung der beiden Tarifvertragsparteien B<strong>und</strong>esverband<br />

Druck <strong>und</strong> Medien (bvdm) <strong>und</strong> die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di Medien.<br />

Der Deutsche Industrie- <strong>und</strong> Handelskammertag (DIHK) unterstützte<br />

den ZFA bei der Einbeziehung <strong>und</strong> Information der regionalen Industrie<strong>und</strong><br />

Handelskammern <strong>und</strong> hat Qualifizierungsmaßnahmen für die Ausbildungsberater<br />

entwickelt <strong>und</strong> durchgeführt.<br />

Die Gesellschaft für Innovationsforschung <strong>und</strong> Beratung mbH (IBI)<br />

moderierte <strong>und</strong> koordinierte die Projektarbeiten, strukturierte die Ergebnisse<br />

<strong>und</strong> leistete methodische Beratung bei der Entwicklung von Lehr- <strong>und</strong><br />

Lerneinheiten.


129<br />

Gefördert wurde das Projekt vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong><br />

Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms "Neue Medien in der Bil-<br />

dung" (August 2000 bis Juli 2003).<br />

Abbildung 1<br />

Mediengestalter/in 2000plus


Planung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

130<br />

Nach einer intensiven Marktanalyse durch das Beratungsinstitut IBI<br />

wurde klar, dass E-<strong>Learning</strong> für die Druck- <strong>und</strong> Medienindustrie bislang<br />

nicht auf dem aktuellen Stand von Technik <strong>und</strong> Didaktik umgesetzt worden<br />

war. Daher wurde im Projekt zunächst parallel zum Aufbau eines b<strong>und</strong>esweiten<br />

Netzwerkes für die Mediengestalter-Ausbildung ein didaktisches<br />

Gr<strong>und</strong>konzept erarbeitet, das hier in Auszügen wiedergegeben wird.<br />

"Gründe für die zurzeit unklaren Aussagen über die Effekte von E-<br />

<strong>Learning</strong> liegen nicht zuletzt in der Differenziertheit <strong>und</strong> geringen Vergleichbarkeit<br />

der bestehenden Systeme. Und obwohl zur Zeit intensiv über<br />

technische Parameter <strong>und</strong> Plattformen von E-<strong>Learning</strong>-Systemen diskutiert<br />

wird, sind sich die meisten Experten einig, dass zukünftig nicht die Wahl<br />

des technischen Systems <strong>und</strong> schöne Animationen, sondern die Qualität<br />

des Contents <strong>und</strong> dessen methodisch-didaktische Aufbereitung, die Faktoren<br />

sind, die über den Erfolg von E-<strong>Learning</strong> entscheiden werden. Aktuell<br />

werden Qualitätskriterien aus unterschiedlichen Perspektiven identifiziert,<br />

die jedoch bisher kaum verbreitet <strong>und</strong> nicht evaluiert sind. Zur Beurteilung<br />

des Contents <strong>und</strong> der Methodik ist es notwendig, pädagogische <strong>und</strong> psychologische<br />

Aspekte des Lernens zu berücksichtigen.<br />

Aus pädagogischer Perspektive können zusammengefasst folgende<br />

Gr<strong>und</strong>anforderungen an ein virtuelles Lehrsystem gestellt werden 70 : Dem<br />

Lerner müssen Möglichkeiten geboten werden, sich durch Selbsttests o. ä.<br />

im Lehrsystem richtig zu platzieren.<br />

Es müssen für verschiedene Lerngruppen Variationen bezüglich Ziele,<br />

Aufbau, Lernmethode <strong>und</strong> Leistungsüberprüfung geboten werden.<br />

Es müssen dem Lerner immer wieder „Zwischentableaus“ geboten werden,<br />

die ihm helfen, seinen derzeitigen Stand im Lernprozess zu finden<br />

<strong>und</strong> neue Lernschritte strategisch auszurichten.<br />

70 Dichanz, Horst/Ernst, Annette: „Begriffliche, psychologische <strong>und</strong> didaktische<br />

Überlegungen zum „electronic learning“. In: Medienpädagogik, Online-<br />

Zeitschrift für <strong>Theorie</strong> <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong> der Medienbildung. 27.06.2001.


(…)<br />

131<br />

Trotz der Möglichkeiten, die ein E-<strong>Learning</strong>-System bieten kann, sind<br />

die Lernbiografien der einzelnen Lerner i.d.R. wesentlich einflussreicher<br />

als die elektronischen Möglichkeiten der Lernsteuerung. Deshalb ist der<br />

Lernerfolg bei der Nutzung von E-<strong>Learning</strong> interindividuell überaus unterschiedlich<br />

<strong>und</strong> damit nicht allgemein gültig quantifizierbar.<br />

Prinzipiell gilt jedoch, dass Lernprozesse in computergestützten Lernumgebungen<br />

nur initiiert werden können, wenn die lernpsychologischen<br />

Aspekte Motivation, Interesse <strong>und</strong> Neugier berücksichtigt werden, die den<br />

Lernprozess begünstigen: Die Merkmale Interaktivität, Adaptivität <strong>und</strong><br />

Kontrolle können hierzu einen Beitrag leisten. 71<br />

Mit Hilfe der Interaktivität soll eine aktive Verarbeitung der Lehrinhalte<br />

durch die Dialogmöglichkeiten zwischen Nutzer <strong>und</strong> System gefördert<br />

werden. Sie wird erhöht, je stärker der Nutzer durch seine Aktionen bzw.<br />

Reaktionen die Reihenfolge, Auswahl <strong>und</strong> Zeitpunkte der Informationen,<br />

die im System vorhanden sind, selbst steuern kann. 72<br />

Adaptivität bezeichnet das Maß, in dem ein Lerner eine Lernumgebung<br />

an seine individuellen Lernvoraussetzungen bzw. Lernfortschritten anpassen<br />

kann. 73 In adaptiven Systemen kann der Lerner das System aktiv an<br />

seine Bedürfnisse anpassen (z. B. Arbeitsgeschwindigkeit, Wiederholbarkeit,<br />

Vorkenntnisse).<br />

Kontrolle umfasst die Möglichkeiten des Nutzers, den Lernvorgang<br />

möglichst selbst zu steuern <strong>und</strong> zu prüfen. Je mehr Optionen <strong>und</strong> Wahlmöglichkeiten<br />

ein System anbietet, desto höher ist das Maß der Kontrolle<br />

für den User. 74<br />

71<br />

Dichanz, Horst/Ernst, Annette: a. a. O.<br />

72<br />

Floyd, S./Floyd, B. (1982): „Handbook of interaktive video.“ White Plains -<br />

New York.<br />

73<br />

Niegemann, Helmut M. (2000): „Konzeption, Entwicklung <strong>und</strong> Einsatz digitaler<br />

Lernumgebungen“. In: Beiträge aus dem wissenschaftlichen Leben: Medien,<br />

hrsg. von der TU Ilmenau.<br />

74<br />

Niegemann, Helmut M.: a. a. O.


132<br />

Um die pädagogischen <strong>und</strong> psychologischen Zielsetzungen bei der Ent-<br />

wicklung von E-<strong>Learning</strong>-Systemen berücksichtigen zu können, müssen<br />

eine Reihe von Entwicklungsschritten berücksichtigt werden: die Bedarfsanalyse,<br />

die Lehrzielbestimmung, die Adressatenanalyse, die Lehrstoffanalyse<br />

<strong>und</strong> die Analyse der Lernumgebung.<br />

(…)<br />

Nach Projektantrag besteht die Hauptzielgruppe der E-<strong>Learning</strong>-<br />

Vorhaben im Projekt aus den <strong>betriebliche</strong>n <strong>und</strong> schulischen Ausbildern im<br />

Mediengestalter-Beruf. Daher sollte im Bezug auf E-<strong>Learning</strong> der Bereich<br />

der Lehrhilfen stark gewichtet werden. Allerdings zeigen die Erfahrungen<br />

mit anderen Internet-Angeboten, dass diese stark von Auszubildenden genutzt<br />

werden. Es soll daher ein Lerntreffpunkt für Ausbilder <strong>und</strong> Auszubildende<br />

im Netz geschaffen werden.<br />

Lernen bei Ausbildern <strong>und</strong> Lehrern findet, nach eigenen Aussagen,<br />

wenn überhaupt, in fachlichen Seminaren oder im Selbststudium (Lesen<br />

von Fachzeitschriften) statt. Hierzu mangelt es zumeist an Zeit <strong>und</strong>/oder<br />

der Finanzierung.<br />

Bei Auszubildenden entwickelte sich im Verlauf der vergangenen eineinhalb<br />

Jahre – neben dem Lernen in der Schule, im Betrieb <strong>und</strong> in Arbeitsgruppen<br />

– eine neue Form des Lernens <strong>und</strong> „gegenseitigen Lehrens“:<br />

Im Netz bildeten sich eine Vielzahl von Diskussionsplattformen; auch r<strong>und</strong><br />

um das Berufsbild Mediengestalter/in für Digital- <strong>und</strong> Printmedien (wie<br />

z. B. MEUC, Mediengestalterforum, azubiworld, spatium, colorfool). Hier<br />

entstanden neue Formen des selbst organisierten <strong>und</strong> informellen Lernens:<br />

Es finden intensive Diskussionen fachlicher Themen mit teilweise mehreren<br />

h<strong>und</strong>ert Einzelbeiträgen statt. Ausbildungsinhalte werden diskutiert,<br />

Tipps <strong>und</strong> Hinweise ausgetauscht <strong>und</strong> verbreitet, Literatur-Bewertungen<br />

ins Web gestellt. In der Negativform reicht das bis zur Verbreitung von<br />

Prüfungsfragen der Abschlussprüfungen über das Web.“


133<br />

Abbildung 2<br />

Inhaltlicher Aufbau des Lern-Centers<br />

ZFA<br />

Portalebene:<br />

Das Projekt Der Beruf Die <strong>Praxis</strong> Das Forum Das Lern-Center<br />

Struktur der Lernplattform nach Ausbildungsinhalten:<br />

Organisation/Konzeption Gestaltung Datenbearbeitung Datenhandling<br />

Kommunikation Druck Digitale Medien Hard- <strong>und</strong> Software<br />

Beispiele für Inhalte:<br />

PDF-Dokumente „Digitale Druckausgabe“ Links: Literaturserver, Diskussionsforum,<br />

Hersteller Veranstaltungen, ...<br />

Module:<br />

Qualifizieren Informieren Kommunizieren<br />

WBTs, WBTs,<br />

Generierte Prüfungs- Prüfungs- Literaturserver, Themenrelevante<br />

Themenforen, Chat,<br />

fragen, Lehrinhalte von Lehrern<br />

Links, Weiterbildung, DIHK, News<br />

Arbeitsgruppen<br />

Das Projekt hat diese Entwicklung bereits aufgegriffen <strong>und</strong> im Rahmen des<br />

Forums auf der Website begonnen, das selbst organisierte Lernen zu struk-<br />

turieren. Bestimmte Themenbereiche wie beispielsweise Webdesign wer-<br />

den zusammengefasst <strong>und</strong> von Experten moderiert <strong>und</strong> strukturiert. Offen-<br />

sichtlich entwickeln sich hier neue Lernformen, die webbasiert sind <strong>und</strong><br />

daher in das Projekt „Mediengestalter/-in 2000plus“ einbezogen, weiterentwickelt<br />

<strong>und</strong> auch der Zielgruppe der <strong>betriebliche</strong>n <strong>und</strong> schulischen<br />

Ausbildern zur Verfügung gestellt werden sollen.<br />

Projektphasen<br />

Nach Verabschiedung dieses Konzeptes können drei Phasen der E-<br />

<strong>Learning</strong>-Entwicklung im Projekt unterschieden werden:<br />

Inhaltlicher Aufbau des Lern-Centers


134<br />

In der Startphase (Sommer 2000 bis Herbst 2001) selbst wurde mit der<br />

Netzwerkbildung über die Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsplattform<br />

www.mediengestalter2000plus.de, über moderierte Diskussions- <strong>und</strong> Lern-<br />

foren, den Projekt-Newsletter sowie Veranstaltungen in allen B<strong>und</strong>eslän-<br />

dern die Gr<strong>und</strong>lage für die schnelle Einführung von E-<strong>Learning</strong> entwickelt.<br />

In der zweiten Phase stand die Entwicklung von Content <strong>und</strong> Plattform<br />

im Vordergr<strong>und</strong> (Herbst 2001 bis Oktober 2002). Die parallele Entwicklung<br />

der beiden Komponenten beschleunigte den Entstehungsprozess aufgr<strong>und</strong><br />

der vorher definierten methodisch-didaktischen Gr<strong>und</strong>lage. Diese<br />

Phase wurde zudem zur Schulung der Projektmitarbeiter/innen als Autoren<br />

genutzt.<br />

In der dritten Phase von Oktober 2002 bis August 2003 erfolgte der<br />

Launch <strong>und</strong> die Branchendurchdringung. Hierbei spielte die kostenfreie<br />

Nutzung <strong>und</strong> die Information in Fachpresse <strong>und</strong> eigenen Medien (Newsletter,<br />

R<strong>und</strong>schreiben) eine wichtige Rolle.<br />

Nachdem das Projekt beendet wurde, ergab sich zwangsläufig eine vierte<br />

Phase in der E-<strong>Learning</strong>-Entwicklung, die der Einführung von Gebühren<br />

für die LernCenter-Nutzung. Mit Blick auf die große Zahl von Auszubildenden<br />

<strong>und</strong> Umschüler/innen wird seit September 2003 eine vergleichsweise<br />

sehr geringe Jahresgebühr von 24 EUR erhoben.<br />

Ergebnisse<br />

Das LernCenter 2000plus<br />

Das LernCenter versteht sich als ein Baustein innerhalb des gesamten<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernsystems für Auszubildende, Lehrer/innen <strong>und</strong> Ausbilder/innen<br />

im Berufsfeld Mediengestalter/in für Digital- <strong>und</strong> Printmedien.<br />

Es ist eine wertvolle Ergänzung zur <strong>betriebliche</strong>n, über<strong>betriebliche</strong>n <strong>und</strong><br />

schulischen Ausbildung. Anders als bei Präsenzkonzepten wird hier ein<br />

ständiges Forum für Information <strong>und</strong> Kommunikation angeboten. Durch<br />

die autorensystemgestützte Technik können alle Nutzer aktiv teilnehmen,<br />

eingreifen <strong>und</strong> Inhalte selbst generieren. Präsenzlernen, Workshops on-


135<br />

<strong>und</strong> offline <strong>und</strong> didaktische Betreuung sollen kombiniert werden. Wichtige<br />

Zielsetzung ist die systematische <strong>und</strong> themenzentrierte Zusammenführung<br />

der unterschiedlichen Informations-, Kommunikations- <strong>und</strong> Lehrangebote<br />

sowie die Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen (Ausbilder/innen, Lehrer/innen,<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Auszubildende). Ein berufsbezogenes Lernportal,<br />

moderierte Diskussions- <strong>und</strong> Lernforen <strong>und</strong> ausgewählte Lehr- <strong>und</strong><br />

Lernmodule sollen die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung der Mediengestalter begleiten.<br />

Neben Web-Based-Training-Modulen (WBT), PDF-basierten Lernhilfen<br />

<strong>und</strong> verlinkten Fachinformationen werden auch Leittexte <strong>und</strong> praxiserprobte<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernmaterialien aus dem Alltag zur Verfügung gestellt<br />

(Best-Practice-Tools). Darüber hinaus können sich Ausbilder <strong>und</strong> Lehrer<br />

im Lernforum bzw. über kommentierte Links einbringen sowie an Chats<br />

beteiligen. Die wichtigsten Elemente des LernCenter 2000plus sind:<br />

• ein Übungspool zur projekt- <strong>und</strong> prozessorientierten Medienproduktion,<br />

• Web-Based-Trainings (WBTs) zu den Themen „Typografie am Bildschirm“,<br />

"Satztechnik <strong>und</strong> Typografie", "Farbenlehre" <strong>und</strong> "Bilddigitalisierung"<br />

• ein moderiertes Diskussions- <strong>und</strong> Lernforum zu allen inhaltlichen <strong>und</strong><br />

organisatorischen Ausbildungsthemen,<br />

• eine kommentierte Linkliste,<br />

• Nachschlagewerke, Literaturtipps, Lehr- <strong>und</strong> Lernskripte zu unterschiedlichen<br />

Fachgebieten der Ausbildung von Mediengestaltern<br />

• eine Tutorialdatenbank zur Prüfungsvorbereitung (Kurzeinführung zu<br />

berufsspezifischen Themenstellungen),<br />

• Testmodule zu Projekt- <strong>und</strong> Kalkulationsmanagement.<br />

Der Übungspool zur projekt- <strong>und</strong> prozessorientierten Medienproduktion<br />

Im Übungspool finden Ausbilder, Lehrer <strong>und</strong> Auszubildende praxisnahe<br />

Übungsaufgaben für die <strong>betriebliche</strong> <strong>und</strong> schulische Ausbildung im Berufsbild<br />

Mediengestalter/in für Digital- <strong>und</strong> Printmedien. Alle Aufgaben


136<br />

der zehn Übungsmodule stehen in engem Bezug zum <strong>betriebliche</strong>n Ausbil-<br />

dungsrahmenplan <strong>und</strong> unterstützen eine praxisgerechte, projektbezogene<br />

<strong>und</strong> systematische Ausbildung. Über ein Online-Formular kann eine CD<br />

mit Bild- <strong>und</strong> Textdaten bestellt werden, die eine Bearbeitung der Aufgaben<br />

mit hoch aufgelösten Bildern ermöglicht. Alle Bilder <strong>und</strong> Texte können<br />

selbstverständlich auch als Download online geladen werden, die Bilder<br />

allerdings nur niedrig aufgelöst. In einer Tabelle sind die Arbeitsschritte<br />

den Inhalten aus dem Ausbildungsrahmenplan mit Empfehlungen zum<br />

Methodeneinsatz <strong>und</strong> den dabei vermittelten Schlüsselqualifikationen gegenübergestellt.<br />

Den Nutzer/innen des Übungspools stehen Hilfefunktionen,<br />

Tipps <strong>und</strong> Tricks, ein Feedback- <strong>und</strong> Kontaktformular sowie ein<br />

Fachglossar zur Verfügung.<br />

Web-Based-Training "Typografie am Bildschirm" <strong>und</strong> "Satztechnik<br />

<strong>und</strong> Typografie"<br />

Beide WBTs sind in innovativer Zusammenarbeit von Projekt, ZFA <strong>und</strong><br />

der Schweizer Mediengewerkschaft comedia entstanden. Die gemeinsamen<br />

Ziele lassen sich so zusammenfassen: Lebendiger als das Buch, aber ohne<br />

darauf zu verzichten 75, Typografie zum Anfassen, ohne sich in Spielerei zu<br />

verlieren, Medien gestalten lernen mit interaktiven Medien.<br />

Hier werden nicht einfach Lehrtexte für das Internet aufbereitet – das<br />

WBT „Typografie am Bildschirm“ ermöglicht durch interaktive Module<br />

praxisnahes Lernen am Bildschirm. Der Lernende kann die Schriftweite<br />

verändern oder Zeilenabstände am Bildschirm variieren <strong>und</strong> so praktisch<br />

sehen, wie sich das auf die Typografie auswirkt. Multimedia ist hier integraler<br />

Bestandteil des didaktischen Konzepts <strong>und</strong> wird nicht nur als Mittel<br />

der Wissensvermittlung eingesetzt. Das WBT umfasst vier Kapitel: „Zeichen/Buchstabe“,<br />

„Lesbarkeit/Schrift“, „Schriftenanwendung“ <strong>und</strong> „Datenkompression“.<br />

Jedes Kapitel beginnt mit einem optionalen Eingangs-<br />

75<br />

Die WBTs basieren inhaltlich auf den Bänden 2 <strong>und</strong> 5 der Lehrmittel zur typografischen<br />

Gestaltung von comedia.


137<br />

test. Ein Abschlusstest dient der Fortschrittsüberprüfung (letzterer wird<br />

nach dem Zufallsprinzip aus einem Aufgaben-Pool generiert). Ein Großteil<br />

der Themen eignet sich auch für „Printler“. Denn viele Gr<strong>und</strong>sätze der Ty-<br />

pografie gelten sowohl für die Digital- als auch für die Printausgabe. Die<br />

Aktivitäten der Benutzer werden in einem Logbuch festgehalten. Das Log-<br />

buch gibt Aufschluss über die besuchten Themen, die Dauer des Besuches,<br />

absolvierte Tests etc. Das Logbuch zeigt alle Themen auf einen Blick <strong>und</strong><br />

verfügt über individuelle Einstellmöglichkeiten. So kann z. B. festgelegt<br />

werden, in welcher Reihenfolge die einzelnen Themen besucht werden sollen.<br />

Mit Hilfe dieses Tools kann jeder sein eigenes Lernprogramm zusammenstellen.<br />

Eine Hilfefunktion, Lesezeichen, Stichwortsuche, Links <strong>und</strong><br />

Literaturtipps r<strong>und</strong>en das WBT ab.<br />

Das WBT "Satztechnik <strong>und</strong> Typografie" ist die Fortsetzung des Bildschirm-WBTs.<br />

In den Kapiteln "Der Buchstabe", "Abstände", "Satzarten"<br />

<strong>und</strong> "Schriftwahl" werden gr<strong>und</strong>sätzliches Wissen <strong>und</strong> Anwendungs-<br />

Know-how zu wichtigen Themen der Mikro- <strong>und</strong> Makrotypografie vermittelt.<br />

Qualifizierungsoffensive Druck <strong>und</strong> Medien des ZFA – das Branchensystem<br />

der Weiterbildung<br />

Mit der Neuordnung eines Ausbildungsberufs ist es nicht getan – es<br />

muss auch sichergestellt werden, dass die Ausbildung den Absolventen eine<br />

Zukunft bietet. Das Projekt Mediengestalter/in 2000plus brachte seine<br />

Erfahrungen in vielfältige Bestrebungen ein, die Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

für Mediengestalter/innen auf eine inhaltlich <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

tragfähige Basis zu stellen.<br />

Eine weitere wesentliche Zielsetzung des Projektes Mediengestalter/in<br />

2000plus war die optimale Koppelung von Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung. Dafür<br />

wurde von Seiten des ZFA ein b<strong>und</strong>eseinheitliches System der beruflichen<br />

Weiterbildung für die Druck- <strong>und</strong> Medienbranche geschaffen, das auf der<br />

modularen Struktur der Ausbildung aufbaut. Ein einheitliches Prüfungssys-


138<br />

tem mit Zertifikat soll die Sicherheit, Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Verlässlichkeit<br />

der erworbenen Qualifikationen garantieren. Einerlei ob Anpassungsqualifizierung<br />

oder Aufstiegsweiterbildung – für jeden Bedarf wird es Bausteine<br />

der Qualifizierung geben. Weiterführende Informationen hierzu gibt es<br />

bei den Verbänden Druck <strong>und</strong> Medien (http://www.bvdmonline.de/verband/!karte.nclk)<br />

oder den Landesbezirken der Vereinten<br />

Dienstleistungsgewerkschaft Fachbereich Medien, Kunst <strong>und</strong> Industrie<br />

(http://www.verdi.de/vor_ort)<br />

Erfahrungen<br />

Die folgenden Erfahrungen, die in der Projektlaufzeit gesammelt wurden,<br />

sind sicher nicht einfach auf andere Zusammenhänge übertragbar.<br />

Dennoch sollten sie im Sinne einer Liste von Empfehlungen für andere<br />

Konzeptionen verwendbar sein:<br />

• E-<strong>Learning</strong> braucht eine Einführungsstrategie, die wenig mit E-<br />

<strong>Learning</strong> an sich, aber viel mit den Wissens-Bedarfen der Zielgruppen<br />

zu tun hat.<br />

• Die Entwicklung eines f<strong>und</strong>ierten methodisch-didaktischen Konzepts<br />

<strong>und</strong> die Akquirierung / Produktion von qualitativ hochwertigen Inhalten<br />

hat Vorrang vor einer schnellen Produktion von Lernprogrammen.<br />

• Entwicklungspartner sollten in erster Linie aus fachlichem Hintergr<strong>und</strong><br />

ausgewählt werden.<br />

• Man sollte erst ans Netz gehen, wenn die kritische Masse an Inhalten erreicht<br />

ist. Die Budgetmasse (in unserem Projekt 80 Prozent) sollte für<br />

die Entwicklung von Content ausgegeben werden.<br />

• Die Nutzungsmöglichkeiten an die Wünsche der Nutzer-Gruppen anpassen,<br />

auch wenn dies möglicherweise zunächst dem didaktischen Konzept<br />

zuwider läuft. (z. B. geschlossene Gruppen vs. community building).


139<br />

• Wenn finanzierbar, sollte in der Einführungsphase kostenfreie Nutzung<br />

ermöglicht werden.<br />

Folgende Hürden stellten sich einer Einführung von E-<strong>Learning</strong> in der<br />

Branche in der Projektlaufzeit entgegen:<br />

- Die unabdingbare Methodenkompetenz war bei Ausbildern nicht immer<br />

vorhanden.<br />

- Durch den schlechten Ruf von E-<strong>Learning</strong> bei Ausbildern (Spielerei, geringe<br />

Qualität) kam es oftmals zu Akzeptanzproblemen.<br />

- E-<strong>Learning</strong> wurde als Konkurrenz statt sinnvolle Ergänzung gesehen.<br />

Netzwerkbildung <strong>und</strong> Community<br />

Die Netzwerkbildung <strong>und</strong> der community-Ansatz spielten im Projekt<br />

eine besondere Rolle. Dazu einige Hinweise:<br />

Für den community-Ansatz sind einzelne Zielgruppen sehr unterschiedlich<br />

zu gewinnen. In der Zielgruppe der Auszubildenden wurde dieser dort<br />

bekannte <strong>und</strong> etablierte Ansatz schnell aufgegriffen. Ganz im Gegensatz zu<br />

der Gruppe der Ausbilder <strong>und</strong> Lehrer, die sich mit diesem Konzept oftmals<br />

nur schwer anfre<strong>und</strong>en.<br />

Zur Netzwerkbildung ist die schnelle Gewinnung von Akteuren bis zum<br />

Erreichen einer kritischen Masse der entscheidende Schritt. Nur durch dieses<br />

schnelle Wachstum ist offensichtlich ein attraktives Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationsangebot realisierbar. Ein Forum wird in den ersten Tagen<br />

nach dem Start akzeptiert oder es dümpelt bis zum endgültigen Ende vor<br />

sich hin. Daher sollte zum Forumsstart bereits ein großer Verteiler an potentiellen<br />

Nutzern aufgebaut sein, der dann per E-Mail über das neue Angebot<br />

informiert <strong>und</strong> zur Teilnahme eingeladen wird.<br />

Ohne die kompetente Moderation von Fachleuten kann ein Forum auf<br />

Dauer kaum überleben. Die Moderation kann zudem in der Anfangsphase<br />

oder in Zeiten schwacher Frequentierung des Angebots die Aktualität<br />

durch eigene Beiträge gewährleisten.


140<br />

Große Barrieren existieren gegenüber dem Konzept, die Nutzer könnten<br />

die von ihnen selbst erstellten Lern- oder Lehrmittel untereinander austauschen.<br />

Die Idee eines solchen Lehrmittelpools hat sich leider nicht erfolgreich<br />

umsetzen lassen. Folgende Ursachen spielen eine Rolle:<br />

• Urheberrechtsprobleme<br />

• Angst vor dem Plagiat seines eigenen Produkts, das u.U. dann andere<br />

publizieren.<br />

• Unsicherheit bezüglich der Qualität des eigenen Produkts<br />

• Mangelnde Kooperationsbereitschaft<br />

• Angst vor Nassauern ohne eigene Beiträge<br />

Online-Befragung zum Projektabschluss<br />

Zum Abschluss des Projektes Mediengestalter/in 2000plus wurde eine<br />

umfangreiche Online-Befragung zum LernCenter 2000plus durchgeführt.<br />

Zwischen dem 25. Juni <strong>und</strong> 22. Juli 2003 hatten die Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer<br />

des LernCenter 2000plus die Gelegenheit, die dort angebotenen Qualifizierungsinhalte<br />

zu bewerten. Insgesamt beteiligten sich 1015 User an der<br />

Umfrage.<br />

Hier in Auszügen die Auswertung von Martina Schneider, IBI: "Zugegriffen<br />

wird auf das LernCenter 2000plus in der Hauptsache von Zuhause aus.<br />

Knapp zwei Drittel der Befragten (66,5 Prozent) bestätigten dies. Es waren<br />

mehrfache Antworten möglich, so dass mehr als 100 Prozent im Ergebnis<br />

erreicht werden. Am Arbeitsplatz nutzen 49,3 Prozent der User die Gelegenheit,<br />

auf die Website zuzugreifen, 37,8 Prozent greifen über den Standort<br />

Schule bzw. Bildungseinrichtung auf die Qualifizierungsinhalte zu.<br />

Bevor die einzelnen Qualifizierungsangebote näher untersucht werden,<br />

wurde die allgemeine Frage gestellt, ob die Inhalte des LernCenter<br />

2000plus den aktuellen Themenstellungen im Berufsbild entsprechen.


141<br />

Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, das dies meistens oder ganz<br />

zutrifft. Unsicher waren sich bei dieser Frage 22,8 Prozent <strong>und</strong> antworteten<br />

»teils-teils«. Ein Prozent der User war der Meinung, dass selten oder gar<br />

nicht die Themenstellungen des Berufsbildes behandelt werden.<br />

Ein interessantes Ergebnis ergab sich bei der Frage nach dem bevorzugten<br />

Lernangebot. Es waren mehrere Antworten möglich, so dass auch bei dieser<br />

Beantwortung der Frage mehr als 100 Prozent erzielt wurden:<br />

Tabelle 1<br />

Bevorzugte Lernangebote in Prozent<br />

Lernangebote Alle Ausbilder <strong>und</strong><br />

Lehrer<br />

Lernskripte (pdf) 45,9 43,7<br />

Übungen aus dem Übungspool 41,2 45,2<br />

Keine Präferenzen, nutze Angebotsmix 36,0 42,6<br />

Foren 27,7 14,2<br />

Web-Based-Training 24,3 32,0<br />

Lernmodule (HTML-basiert) 24,1 26,9<br />

Die bisher verfügbaren Lernskripte konnten durch gezielte Akquisitionsmaßnahmen<br />

bei Lehrkräften <strong>und</strong> Ausbildern erworben werden. Im<br />

Rahmen der vielfältigen Transfermaßnahmen im Projekt wurde immer<br />

wieder darauf hingewiesen, dass gerade Lehrkräfte <strong>und</strong> Ausbilder häufig<br />

über sehr gute Ausarbeitungen zu einzelnen fachlichen Themenstellungen<br />

verfügen, die ebenfalls auch für andere Fachinteressierte geeignet <strong>und</strong> hilfreich<br />

sind. Über die Einrichtung eines Lehrmittelpools sollten für <strong>betriebliche</strong><br />

<strong>und</strong> schulische Ausbilder ein Anreiz geschaffen werden, ihre eigenen<br />

Arbeiten – zunächst in einem geschlossenen Forum – zur Verfügung zu<br />

stellen, um dafür gleichzeitig auch von interessanten Arbeiten der Kollegen<br />

selbst profitieren zu können.


142<br />

Zu unserem Bedauern wurde von dem Lehrmittelpool bisher noch zu<br />

wenig Gebrauch gemacht. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich wird, ist ein Be-<br />

darf an konkreten Fachausarbeitungen durchaus gegeben, denn die Lehr-<br />

skripte werden von den Usern deutlich bevorzugt.<br />

Ebenfalls zu den Favoriten zählt der Übungspool. Dies erfreut das Pro-<br />

jektteam besonders, da er im Rahmen einer Fachgruppenarbeit – gemeinsam<br />

mit Experten aus der Branche – entwickelt wurde. Beiden Lehrangeboten<br />

gemein ist, dass sie jeweils von Praktikern entwickelt <strong>und</strong> bereitgestellt<br />

wurden.<br />

Etwas überraschend ist die »geringe« Bevorzugung der Web-Based-<br />

Training-Module wie auch der HTML-basierten Lernmodule. Die jeweiligen<br />

Inhalte wurden stark an den Benutzergruppen orientiert <strong>und</strong> die zugr<strong>und</strong>e<br />

liegenden methodisch-didaktischen Konzepte sind geeignet, den<br />

Prozess des selbst gesteuerten Lernens zu unterstützen. Die Entwicklung<br />

der jeweiligen Module beinhaltete einen hohen Zeit- <strong>und</strong> Kostenaufwand.<br />

Daher stehen im Gegensatz zu den Lehrskripten bisher mengenmäßig auch<br />

weniger WBT-Module zur Verfügung. Dennoch muss vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der Nutzungsintensität für zukünftige Entwicklungen dieses Ergebnis<br />

berücksichtigt werden."<br />

Bei diesem Ergebnis ist auch zu beachten, dass das LernCenter von<br />

Auszubildenden <strong>und</strong> Umschülern vorrangig zur Vorbereitung von Prüfungen<br />

genutzt wird. Für diese gezielte Prüfungsvorbereitung eignen sich offensichtlich<br />

aufbereitete PDF-Dokumente in Kombination mit Übungen<br />

<strong>und</strong> dem Kommunikations- <strong>und</strong> Lernforum besonders gut. Die Befragung<br />

zeigt auch, dass die Gruppe der <strong>betriebliche</strong>n <strong>und</strong> schulischen Ausbilder<br />

deutlich stärker die Nutzung von WBTs präferiert.<br />

Lernerfolg <strong>und</strong> Lernmotivation – das LernCenter 2000plus<br />

Trotz aller Bescheidenheit sind wir doch ein wenig stolz darauf, behaupten<br />

zu können, dass es branchenweit bezüglich des Umfangs kein vergleichbares<br />

Angebot an Ausbildungsinhalten zum Berufsbild des Medien-


143<br />

gestalters gibt. Dennoch waren wir sehr daran interessiert, direkt von den<br />

Nutzern zu erfahren, wie das LernCenter 2000plus im Gegensatz zu den<br />

klassischen Lernmethoden bewertet wird.<br />

Zunächst galt unser Interesse den Lernerfolgen. Hier lautete unsere Fra-<br />

ge: Wie hoch schätzen Sie den Lernerfolg des LernCenters 2000plus im<br />

Vergleich zu anderen Lehrmitteln ein (z. B. Präsenzunterricht, Lehrbücher,<br />

etc.)? Die Antwort: Hoch bis sehr hoch schätzten im Vergleich 57,7 Prozent<br />

der Befragten die Lernerfolge ein. Gleich bewerteten sie immerhin<br />

noch 30,4 Prozent. Als geringer oder viel geringer bewerteten knapp 12<br />

Prozent der Befragten den erzielten Lernerfolg.<br />

Darüber hinaus wollten wir wissen, wie hoch die Bedeutung eingeschätzt<br />

wird, dass auf der Lernplattform die verschiedenen Formen des<br />

Lernens miteinander kombiniert werden: Lernen, Informieren, Kommunizieren?<br />

Knapp ein Viertel der Befragten (24,4 Prozent) schätzt diese Kombination<br />

als sehr hoch ein, mehr als die Hälfte (54,0 Prozent) als hoch <strong>und</strong><br />

20,3 Prozent bewerteten die Verbindung dieser Lernelemente als »gleich«.<br />

Aber neben den erzielbaren Lernerfolgen <strong>und</strong> einer scheinbar ansprechenden<br />

Kombination einzelner Lernformen ist die Lernmotivation nicht<br />

zu unterschätzen. Im Vergleich zu anderen Lernmitteln, wie Lehrbüchern<br />

<strong>und</strong> Präsenzunterricht, stufen 14,1 Prozent der befragten die Lernmotivation<br />

im LernCenter als sehr hoch ein, 51,0 Prozent als hoch <strong>und</strong> 27,2 Prozent<br />

als gleich. 7,7 Prozent der Befragten urteilten, die Lernmotivation sei<br />

geringer bzw. viel geringer."<br />

Empfehlungen<br />

E-<strong>Learning</strong>-Projekte müssen in einer Maximierungsstrategie auf möglichst<br />

hohe methodisch-didaktische Qualität hin konzipiert werden. Nur<br />

dann können die Erfolgsfaktoren von netzbasiertem Lernen (Zeit- <strong>und</strong><br />

Ortsunabhängigkeit, Interaktivität, Simulationen, synchrone <strong>und</strong>/oder asynchrone<br />

Netzkommunikation, selbst gesteuerte Lerngeschwindigkeit,<br />

community building) die nach wie vor vorhandenen Nachteile (keine oder


144<br />

weniger face-to-face-communication, Bildschirmdarstellung, fehlender<br />

Halt in einer Lerngruppe) aufwiegen <strong>und</strong> reale Lern-Mehrwerte schaffen.<br />

Wird E-<strong>Learning</strong> nur als Kostenkiller eingesetzt, kommt man direkt in<br />

die Sackgasse der Kostendrückerei in Umstrukturierungsprozessen, die<br />

leicht nach dem Motto: "Noch mal 10 Prozent runter" ohne wirkliche Reißleinen<br />

vorgehen. Das Ergebnis ist das teuerste E-<strong>Learning</strong>, nämlich ein unattraktives,<br />

das nicht oder kaum genutzt wird. Wer maximale Akzeptanz<br />

der Zielgruppen <strong>und</strong> damit entsprechende Nutzungszahlen erreichen will,<br />

muss auf maximale Qualität setzen.<br />

Zur Zukunft des E-<strong>Learning</strong><br />

Elaborierte Didaktik, offene zukunftssichere Standards <strong>und</strong> adäquate<br />

netzbasierte Kommunikationsangebote sind Erfolgsfaktoren in der Zukunft<br />

des E-<strong>Learning</strong>. Insbesondere die Weiterentwicklung <strong>und</strong> Etablierung von<br />

Standards wird unter den Bildungsmanagern die Sicherheit in Fragen des<br />

E-<strong>Learning</strong> erhöhen. Produktionstools, die das Kommunikationsdilemma<br />

zwischen Fachleuten <strong>und</strong> Entwicklern von Lernprogrammen aufheben <strong>und</strong><br />

die Kosten für die Entwicklung von Lernprogrammen entscheidend senken<br />

können, gehören die Zukunft <strong>und</strong> werden in einem längeren Prozess<br />

E-<strong>Learning</strong> zu einer alltäglichen Form des Lernens machen.<br />

Die bildungspolitische Bedeutung dieses E-<strong>Learning</strong>-Projektes liegt vor<br />

allem im Schwimmen gegen den Strom. In einer Zeit, in der Ausbildung<br />

fast nur noch als zu reduzierender Kostenfaktor diskutiert wird, in der<br />

dringend notwendige höhere Ausbildungszahlen immer öfter auf Kosten<br />

der Ausbildungsqualität organisiert werden, setzte dieses Projekt ein Zeichen<br />

für bessere Ausbildung, für mehr Spaß am Lernen durch neue Lernmedien.


Schlussbemerkung<br />

145<br />

Die inhaltliche Arbeit im Bereich E-<strong>Learning</strong> wurde im Projekt von al-<br />

len Beteiligten geleistet. Daher wurden die in diesem Artikel vorgestellten<br />

Konzepte <strong>und</strong> Erfahrungen immer kooperativ erstellt. Deshalb haben der<br />

Autor dieses Beitrags <strong>und</strong> die folgenden Personen eine quasi gemeinsame<br />

Urheberschaft für die dargestellten Inhalte:<br />

Andreas Fröhlich, Projektmanager beim ZFA,<br />

Sandra Heidemann, Projektmitarbeiterin beim Deutschen Industrie<strong>und</strong><br />

Handelskammertag, Bonn.<br />

Anette Jacob, Geschäftsführerin des ZFA – Zentral-Fachausschusses<br />

Berufsbildung Druck <strong>und</strong> Medien, Kassel,<br />

Karl-Heinz Kaschel-Arnold, Projektleiter für die Gewerkschaft ver.di,<br />

Berlin,<br />

Peter Reichard, Forenmoderator <strong>und</strong> Projektmitarbeiter beim ZFA,<br />

Marion Rose <strong>und</strong> Martina Schneider, Projektmitarbeiterinnen bei der<br />

Gesellschaft für Innovation <strong>und</strong> Beratung IBI, Düsseldorf sowie<br />

Theo Zintel, Projektleiter für den B<strong>und</strong>esverband Druck <strong>und</strong> Medien,<br />

Wiesbaden.


146<br />

Bernd Leuchter<br />

E-<strong>Learning</strong> bei einem Weiterbildungsträger –<br />

Chancen <strong>und</strong> Risiken<br />

Die Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer (IHK) zu Köln betreibt Weiterbildung<br />

unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips: also nur Qualifizierungen,<br />

die am regionalen Weiterbildungsmarkt nicht von anderen Trägern<br />

abgedeckt werden; Seminare, die neue Zielgruppen für Weiterbildung überhaupt<br />

interessieren sowie Formate, deren Entwicklung für private Träger<br />

ein zu hohes Risiko darstellt.<br />

Die von diesen Aktivitäten angesprochenen K<strong>und</strong>en spiegeln die Entwicklung<br />

der Branchenstruktur in unserem Kammerbezirk wider: Unternehmer<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter in Medien- <strong>und</strong> IT-Unternehmen, kleinen <strong>und</strong> mittelständischen<br />

Dienstleistungsunternehmen in entstehenden Branchen, zusammengefasst<br />

also alle die, die aufgr<strong>und</strong> unregelmäßiger Arbeits- <strong>und</strong><br />

Geschäftszeiten eigentlich keine Zeit für Weiterbildung haben. Gleichzeitig<br />

entstehen geregelte Ausbildungsberufe in diesen Branchen erst nach<br />

<strong>und</strong> nach - viele erfolgreiche Unternehmer dieser Firmen <strong>und</strong> ihre Mitarbeiter<br />

weisen mit unkonventionellen Lebensläufen auch einen großen Bedarf<br />

nach systematischer Weiterbildung auf. Das gesicherte Wissen der<br />

Branchen formiert sich erst.<br />

Die Idee, starre Lernzeiten aufzubrechen <strong>und</strong> traditionelle Lehrgangsformen<br />

zu verändern, war daher eine (implizite) Anforderung unserer<br />

K<strong>und</strong>en. E-<strong>Learning</strong> als flexible Möglichkeit, seine eigene Lernzeit individuell<br />

festzulegen, scheint, wenn wir die Entwicklung der Arbeitswelt <strong>und</strong><br />

das Fortschreiten der “Wissensgesellschaft” richtig analysieren, eine wichtige<br />

Möglichkeit zu sein, Bildungsprozesse <strong>und</strong> berufliche Erfordernisse<br />

miteinander zu vereinbaren.<br />

Mit einer solchen, eher etwas gr<strong>und</strong>sätzlichen Feststellung hat man aber<br />

noch nicht viel gewonnen. Es stellt sich nun die Frage, wie man diese Prozesse<br />

in der geeigneten Weise angehen kann. Für jeden Weiterbildungsträ-


147<br />

ger ist die Einführung von E-<strong>Learning</strong> nämlich erst einmal eine große In-<br />

vestition, die einer genauen Chancen-Risiken-Abwägung bedarf:<br />

Chancen<br />

Erschließung neuer Zielgruppen: E-<strong>Learning</strong> führt zu zeitlicher Flexibilität<br />

<strong>und</strong> zu einer Herabsetzung der Präsenzzeiten. Für viele Privatpersonen<br />

<strong>und</strong> Unternehmen können erst dadurch Betriebsabläufe sinnvoll mit<br />

dem Lernen vereinbart werden. Lerninhalte können stärker an Erfordernisse<br />

der <strong>Praxis</strong> angepasst werden; ein großer neuer Markt für Weiterbildungsangebote<br />

eröffnet sich.<br />

Gruppengröße: Eine gleichzeitige Schulung vieler Teilnehmer ist ressourcenschonend<br />

möglich. Für Unternehmen ergibt sich hier die Möglichkeit,<br />

mit Trainingsmaßnahmen schneller Unternehmensziele im Gesamtunternehmen<br />

zu verwirklichen; Weiterbildungsträger erhalten die Chance,<br />

dass sich Entwicklungsinvestitionen schneller amortisieren.<br />

Wissenskultur: Ein gut gestaltetes E-<strong>Learning</strong>-System ist zukunftsoffen.<br />

Es bildet eine Basis für das immer wichtiger werdende “Wissensmanagement”<br />

im Unternehmen. So können - auch wenn die Maßnahme eigentlich<br />

schon abgeschlossen ist - neue Mitarbeiter auf den erforderlichen<br />

Wissensstand gebracht werden; das durch den E-Lehrgang “geronnene”<br />

Wissen kann systematisch weiterentwickelt <strong>und</strong> erneuert werden; eine gemeinsame<br />

Wissenssprache entsteht im Unternehmen.<br />

Aber auch individuell sichert das System im Vergleich zu im Bücherregal<br />

verstaubenden Ordnern einen leichteren Zugriff auf Inhalte für die Prüfung<br />

<strong>und</strong> einen schnelleren Zugriff auf das Wissen, wenn es im beruflichen<br />

Alltag angewendet werden soll.<br />

Die “Nachkauf”- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbindungschancen, die sich derart für einen<br />

Weiterbildungsträger ergeben, sind äußerst attraktiv.


148<br />

Lernorganisation: Das E-<strong>Learning</strong>-System kann Teilnehmern - eigent-<br />

lich paradox - helfen, Lerndisziplin <strong>und</strong> Gruppenlernen zu organisieren. So<br />

wachsen die Chancen auf eine Steigerung des Lernerfolges für die gesamte<br />

Lerngruppe <strong>und</strong> hiermit für den Weiterbildungsträger die Chance auf zu-<br />

friedenere K<strong>und</strong>en.<br />

Qualitätsmanagement: Das E-<strong>Learning</strong>-System informiert durch die<br />

Datenmengen, die es generiert, nebenbei stärker über die Lernweise aller<br />

Teilnehmer. Es erzeugt automatisch Instrumente über den klassischen Beurteilungsbogen<br />

hinaus, die Güte des Unterrichts zu messen: Damit bieten<br />

sich Ansatzpunkte für die gezielte Unterstützung der Dozenten. Natürlich -<br />

<strong>und</strong> das sollte nicht außer Acht gelassen werden, obwohl wir in dieser Hinsicht<br />

nicht vom “big brother” träumen - werden durch die Dokumentierbarkeit<br />

aller Aktivitäten neue Möglichkeiten geschaffen, die Leistung der<br />

Dozenten zu überwachen <strong>und</strong> sich gegen Regressansprüche von Teilnehmern<br />

stärker zu wappnen.<br />

Nach diesen Argumenten ist es eigentlich nicht einsehbar, warum die<br />

Euphorie, die hinsichtlich E-<strong>Learning</strong> bestand, deutlich abgekühlt ist. Es<br />

stehen den genannten Chancen nämlich erhebliche betriebswirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> pädagogische Risiken gegenüber, die schon vor der Entscheidung über<br />

eine spezielle Ausgestaltung des Systems bedacht werden sollten.<br />

Risiken<br />

Strategische Qualität der Entscheidung:<br />

Ein “bisschen E-<strong>Learning</strong>” geht nicht. Das System einfach nebenbei<br />

mitlaufen zu lassen, führt bestenfalls dazu, dass gar nichts passiert. Die<br />

Entscheidung, Kurse mit E-<strong>Learning</strong>-Unterstützung anzubieten, impliziert<br />

die Bereitstellung von Ressourcen in personeller <strong>und</strong> finanzieller Hinsicht.<br />

E-<strong>Learning</strong> bedeutet in ganz anderem Maße, dass die Unzufriedenheit<br />

von Teilnehmern eskalieren kann, wenn Feedback <strong>und</strong> Gruppendiskussion<br />

im Netz nicht erleichtert werden. Das muss man aushalten, aber auch be-


149<br />

dienen können. Insgesamt ist eine Entscheidung zu noch mehr individueller<br />

Dienstleistungsbereitschaft nötig: das verschlingt <strong>und</strong> bindet Ressourcen.<br />

Dozenten<br />

Die Anforderungen an Können, Motivation <strong>und</strong> Einsatzbereitschaft der<br />

Dozenten wächst enorm. Sowohl für die Gestaltung der Präsenzphasen als<br />

auch der E-<strong>Learning</strong>-Inhalte braucht man pädagogisch versierte Fachleute.<br />

Mit Frontalunterricht ist es jetzt erst recht nicht mehr getan. Der Weiterbildungsträger<br />

muss seine Dozenten begleiten <strong>und</strong> trainieren. Darüber hinaus<br />

ist das Problem einer angemessenen Vergütung virulent; die ohnehin<br />

vorhandene principle-agent-Problematik verschärft sich.<br />

Technische Stabilität<br />

Man kann die Bereitschaft der Teilnehmer <strong>und</strong> Dozenten, sich auf ein<br />

neues Lernmedium einzulassen, gleich nachhaltig herabsetzen, indem man<br />

mit technisch unausgereiften Systemen arbeitet. Es gibt nichts Frustrierenderes<br />

beim E-<strong>Learning</strong> als dauernd abstürzende Computer, lange Ladezeiten,<br />

eine schlechte Qualität der Bild- oder Tonwiedergabe oder Informationsverluste<br />

durch unklare Strukturierung der Datenfülle. Es sollte gesichert<br />

sein, das die Hardwarestruktur nicht durch große Teilnehmerzahlen<br />

zusammenbricht. Das System sollte geringe <strong>und</strong> übliche Hardwareausstattungen<br />

der Beteiligten bedienen können, die zusätzlichen Kosten der Online-Phasen<br />

sollten bis zu einem gewissen Grade durch die Beteiligten selbst<br />

steuerbar sein. Wer sich in dieser Hinsicht nicht auf seine IT-Partner verlassen<br />

kann, ist schon vor den Erfordernissen im eigentlichen Weiterbildungsbereich<br />

auf verlorenem Posten.<br />

Just in time-Prinzip<br />

Termintreue <strong>und</strong> termingerechtes Arbeiten ist bei Weiterbildungsträgern<br />

natürlich kein Fremdwort. Mit der Einführung von E-<strong>Learning</strong> verengen<br />

sich die zeitlichen Spielräume von Unterlagenentwicklung, Feedback <strong>und</strong>


150<br />

Betreuung weiter. Eine Nichteinhaltung von Terminen <strong>und</strong> zugesagten<br />

Betreuungsrhythmen führt teilnehmerseitig leicht dazu, dass die Akzeptanz<br />

des Systems schwindet <strong>und</strong> die Lerndisziplin verloren geht. Die Kosten der<br />

Aufrechterhaltung eines just in time-Systems sollten nicht unterschätzt<br />

werden.<br />

Ungewissheit<br />

Mit E-<strong>Learning</strong> wird die Möglichkeit der Anpassung an Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Bedürfnissen der Lerngruppe erst einmal herabgesetzt. Es gibt<br />

eben kein “e-Gähnen” oder “e-Stirnrunzeln”, was gute Trainer im Präsenzunterricht<br />

dazu bringt, im Unterricht sofort zu reagieren.<br />

Mit Präsenzphasen ersetzendem E-<strong>Learning</strong> entsteht also die Verpflichtung,<br />

im Vorfeld Lernprozesse des Teilnehmers zu antizipieren. Dies erhöht<br />

zugleich aber auch das Risiko, an den Lernbedürfnissen der Zielgruppe<br />

vorbei zu planen.<br />

Zudem wird das Dienstleistungspaket “Unterricht” aufgeschnürt. Die<br />

Kosten der Erstellung von Unterlagen lassen sich nicht mehr auf den Dozenten<br />

verschieben. Da die Entwicklung von E-<strong>Learning</strong>-Inhalten in jedem<br />

Fall zeitaufwändiger wird, muss der Weiterbildungsträger mehr riskieren.<br />

Denn der Startschuss zur Entwicklung von Produkten kann in der Regel<br />

nicht erst dann erteilt werden, wenn die Mindestteilnehmerzahl des Lehrgangs<br />

erreicht ist oder der K<strong>und</strong>e den Auftrag erteilt. Dieses Wagnis<br />

scheint das Kardinalproblem eines wirtschaftlich lohnenden Einsatzes von<br />

E-<strong>Learning</strong> zu sein.<br />

Vergleich/Ergebnis:<br />

Unsere Plattform “LEO” ist ein leittextgestütztes Blended-<strong>Learning</strong>-<br />

System, dessen Lehrinhalte im Moment des Einsatzes unabgeschlossen<br />

sind <strong>und</strong> infolge der Fokussierung auf die Betreuung durch die Dozenten<br />

<strong>und</strong> auf die Interaktion Teilnehmer-Dozenten während des Einsatzes<br />

weiterentwickelt werden. Die Kommunikation im System ist asynchron;<br />

die bewusst einfach gehaltenen technischen Funktionalitäten bilden


151<br />

selbstreferentielle Systemelemente im Rahmen des blended-learning-<br />

Zyklus. Wir geben den Lernenden eine nach unserer Ansicht mittelstarke<br />

Strukturierung des Lernprozesses vor.<br />

Im Folgenden werden diese Parameter erklärt <strong>und</strong> an drei konkreten Sy-<br />

stemelementen illustriert: der Lernkarte, dem Navigationsdokument <strong>und</strong><br />

der Modulstruktur (Abb. 1).<br />

(leit)textgestützt:<br />

Diese Entscheidung führt zu einem gelasseneren Umgang mit der für<br />

jeden Dozenten scheinbar neuartigen Aufgabe: Denn in einigen Punkten<br />

entspricht die Lernaufgabe in den Blended-<strong>Learning</strong>-Modulen dem leittextgesteuerten<br />

Ausbildungssequenzen im Betrieb. Auch hier ist das<br />

Hauptmedium ein Text oder mehrere Texte; auch hier gibt es Lernanweisungen<br />

<strong>und</strong> -aufträge, die auf (<strong>betriebliche</strong>) Quellen rekurrieren, die nicht<br />

das Lernen als eigentliche Zielsetzung haben; auch hier organisieren die<br />

Teilnehmer (eventuell in Gruppen) ihr Lernen selbst - mit Hilfe von Anweisungen<br />

<strong>und</strong> Anregungen des Ausbilders; auch hier beobachtet der<br />

“Lernberater” den Fortgang dieses Prozesses <strong>und</strong> greift bei Fehlentwicklungen<br />

ein; auch hier wird der Lernprozess durch Präsenzphasen <strong>und</strong> Präsentation<br />

der Lernergebnisse abgeschlossen.


Abbildung 1:<br />

Leitfragenblock 1<br />

Quellen oder Teile der Quellen,<br />

die zur Beantwortung der Leitfragen 1<br />

herangezogen werden sollen<br />

z.B. Skript S. 15 - 30, Übungsaufgaben 1- 8<br />

Fallbeispiele 3 + 4<br />

Zusammenfassende Merksätze 1<br />

Zusammenfassende Merksätze 2<br />

Zusammenfassende Merksätze 3<br />

Leitfragenblock 2<br />

Quellen oder Teile der Quellen,<br />

die zur Beantwortung der Leitfragen 2<br />

herangezogen werden sollen<br />

z.B. Skript S. 40 - 65, Übungsaufgaben 17- 18<br />

Fallbeispiele 3 + 4<br />

Zusammenfassende Merksätze 1<br />

Zusammenfassende Merksätze 2<br />

Zusammenfassende Merksätze 3<br />

Leitfragenblock n wie oben<br />

Absicherung des Moduls:<br />

Vorbereitung auf die Präsenzphase<br />

Prüfungsanker<br />

Hinweise auf vertiefende Lernmöglichkeiten (Skript etc.)<br />

Skripte<br />

152<br />

Eventuell: den Leittext vorbereitendes Fallbeispiel Graphik<br />

etc<br />

Fallsammlung<br />

Internetlinks<br />

Graphiken<br />

Animationen<br />

Offene Aufgaben<br />

Multiple-choice<br />

Aufgaben<br />

Für die Dozenten ist dies eine wesentliche Erleichterung bei der Umges-<br />

taltung ihres Unterrichts: prinzipiell können sie auf vorhandene Unterlagen<br />

zurückgreifen - seien es eigene Skripte, Lehrbücher, Internetlinks etc. Auf<br />

aufwändige Designs <strong>und</strong> “Drehbücher” verzichten wir. Wichtig ist nur,<br />

dass der Dozent<br />

• eine Anleitung gibt, wie mit diesen Quellen umzugehen ist,<br />

• Lernziele definiert <strong>und</strong> die Erreichung dieser Lernziele durch geeignete<br />

Übungsaufgaben <strong>und</strong> Beobachtung des Lernens sichert,<br />

• seine Unterlagen deutlich im Sinne dieser Lernziele strukturiert,<br />

etc


153<br />

• das Behalten <strong>und</strong> Verankern durch geeignete Zusammenfassungen ermöglicht,<br />

• während des Lernens zur Nachbesserung <strong>und</strong> zur Feinsteuerung seiner Inhalte<br />

bereit ist,<br />

• die E-<strong>Learning</strong>-Phase explizit auf seine Präsenzphase bezieht, sogar umgekehrt<br />

sich bei der Gestaltung der E-<strong>Learning</strong>-Phase an seinen Lehrzielen<br />

<strong>und</strong> seinem Unterrichtsdesign für die abschließende Präsenzphase leiten<br />

lässt, die Elemente seines “Moduls” also ganzheitlich plant.<br />

• sich auf ein wirklich zeitlich zu bewältigendes Pensum für die Teilnehmer,<br />

aber auch für sich selbst beschränkt.<br />

Dieser Leittext heißt bei jedem Lernmodul “Navigationsdokument”.<br />

Es dient gleichzeitig dem Teilnehmer als elektronischer Zettelkasten <strong>und</strong><br />

Lernkartei, die er mit Hilfe eines java plug-ins für sich persönlich gestalten<br />

kann. (s. Abb. 1)<br />

Blended <strong>Learning</strong>:<br />

Wir sind der Meinung, dass Präsenzunterricht durch E-<strong>Learning</strong> nicht<br />

ersetzt werden kann. Der Präsenzunterricht steuert <strong>und</strong> definiert das, was<br />

E-<strong>Learning</strong> leisten soll; in der Präsenzphase – idealer Weise am Vorwissen<br />

des Teilnehmers anknüpfend – kann dann um so leichter das gesamte<br />

handlungsorientierte methodische Repertoire der Trainer entfaltet werden.<br />

Diese Sichtweise entmystifiziert E-<strong>Learning</strong> für die Dozenten <strong>und</strong> hilft, es<br />

nüchterner <strong>und</strong> instrumenteller zu sehen.<br />

Betreuung/Interaktion Teilnehmer-Dozenten:<br />

Die gezielte, individuelle Betreuung ist Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt des Systems<br />

- das kann paradoxerweise eine große Stärke eines E-<strong>Learning</strong>-<br />

Systems werden. Wichtigstes Instrument ist dabei die individuelle Lernkarte,<br />

die dem Teilnehmer einen Überblick über das Gesamtpensum <strong>und</strong><br />

den zeitlichen Ablauf erlaubt. Sie erlaubt sowohl ein freies als auch mit<br />

dem System der Kenntnisziffern ein geb<strong>und</strong>enes Kriterium der subjektiven


154<br />

Selbsteinschätzung. Dieses dient den Dozenten <strong>und</strong> dem Lehrgangsträger<br />

als Ansatzpunkt für Lerninterventionen (Abb. 2 <strong>und</strong> 3)<br />

Abbildung 2:<br />

Informationen zu den Kenntnisziffern (Lernkartenbereich)<br />

Kenntnisziffer<br />

Bedeutung zeitliche<br />

Sollvorgabe<br />

0 Ich habe den Stoff noch<br />

nicht gesichtet.<br />

Oder:<br />

Ich habe das Gefühl, alles<br />

wieder vergessen zu<br />

haben <strong>und</strong> muss von<br />

vorne anfangen.<br />

1 Ich habe mir einen<br />

Überblick verschafft,<br />

aber noch nicht angefangen<br />

zu lernen.<br />

2 Ich bin dabei, den Stoff<br />

zu lernen, bin aber noch<br />

nicht im Stande, die<br />

Aufgaben zu lösen.<br />

Es gibt erhebliche Unklarheiten/Motivationsprobleme<br />

beim Lernen.<br />

3 Ich habe den Stoff<br />

durchgearbeitet <strong>und</strong><br />

halbwegs verstanden. In<br />

einigen Bereichen habe<br />

ich noch Fragen bzw.<br />

Schwierigkeiten bei den<br />

Aufgaben. Ich fühle<br />

mich für die Präsenzphase<br />

gut vorbereitet.<br />

4 Ich kann die Übungsaufgaben<br />

gut lösen,<br />

muss mir aber noch<br />

manche Bereiche genauer<br />

anschauen.<br />

5 Ich habe alle Aufgaben<br />

problemlos gelöst. Thematisch<br />

fühle ich mich<br />

fit für die Prüfung.<br />

Wenn Schwierigkeiten/Kein<br />

zeitlicher Fortschritt:<br />

Nutzung von<br />

Lernkarte <strong>und</strong> Forum<br />

1. bis 3. Tag Lernkarte:<br />

Warum noch nicht angefangen?<br />

4. bis 7. Tag<br />

7. Tag bis Tutorium<br />

Tutorium bis<br />

Anfang Präsenzphase<br />

Ende Präsenzphase<br />

+<br />

ca. 2 Wochen<br />

Spätestens eine<br />

Woche vor<br />

Prüfung<br />

Lernkarte:<br />

Vom Skript/Stoffumfang<br />

"erschlagen"/eingeschüchtert?<br />

Forum:<br />

Aufgabe nicht verstanden?<br />

Lernkarte:<br />

An welcher Stelle des<br />

Skripts/der Aufgaben bestehen<br />

Unklarheiten?<br />

Forum: Was wird nicht verstanden?<br />

Wo brauche ich<br />

Hilfe? Welche Fragen<br />

möchte ich gerne im Tutorium<br />

erörtern?<br />

Lernkarte:<br />

An welcher Stelle des<br />

Skripts/der Aufgaben bestehen<br />

Unklarheiten?<br />

Forum:<br />

Was erwarte ich mir von<br />

der Präsenzphase?<br />

Lernkarte/Forum:<br />

Wo sind noch Verständnisfragen?<br />

Was muss noch wiederholt<br />

werden?<br />

Forum:<br />

Tipps <strong>und</strong> gemeinsames<br />

Wiederholen des Prüfungsstoffes!<br />

Was werden IHK <strong>und</strong> Dozenten<br />

tun, wenn Lernfortschritte<br />

nicht erkennbar<br />

sind?<br />

Kein Wechsel von 0 auf 1<br />

IHK:<br />

Wir gehen davon aus, dass<br />

Sie in kürzester Zeit anfangen<br />

werden.<br />

Bei Schwierigkeiten in der<br />

Prüfungsvorbereitung: Tipps<br />

<strong>und</strong> Hinweise.<br />

Kein Wechsel von 1 auf 2<br />

IHK:<br />

Mit Dozenten absprechen,<br />

was am Skript/Navigationsdokument<br />

evtl. geändert<br />

werden muss.<br />

Evtl. unklare Formulierung?<br />

Dozent:<br />

Absprache mit Teilnehmer<br />

Kein Wechsel von 2 auf 3<br />

Tutorium besuchen!!<br />

Dozent (IHK):<br />

Gibt Hilfestellungen allgemein<br />

(Forum), <strong>und</strong> bei Bedarf<br />

individuell (Lernkarte<br />

bzw. mail). Im Tutorium<br />

Absprache mit Teilnehmern<br />

Kein Wechsel von 3 auf 4<br />

Dozent (IHK):<br />

Stellt evtl. noch neue Aufgaben<br />

zur Verfügung, die die<br />

Defizite beheben sollen.<br />

Entscheidet gemeinsam mit<br />

den Teilnehmern nach der<br />

Präsenzphase, ob noch ein<br />

weiteres Tutorium nach<br />

Präsenzphase. Absprache<br />

mit IHK <strong>und</strong> Studenten<br />

Kein Wechsel von 4 auf 5<br />

Dozent (IHK):<br />

Stellt mehr Aufgaben zur<br />

Verfügung, gibt Hinweise<br />

zur langfristigen Sicherung<br />

des erlernten Inhaltes<br />

Dozent <strong>und</strong> IHK:<br />

Wünschen viel Erfolg bei<br />

der Prüfung <strong>und</strong> werfen ihre<br />

Rückmeldung danach aus


asynchron:<br />

155<br />

Chats, Videokonferenzen oder die 24-St<strong>und</strong>en-Dauer-Betreuung sehen<br />

wir nicht vor. Es reicht aus, wenn die Dozenten sich zweimal in der Woche<br />

mit dem jeweiligen Kurs beschäftigen. Die Kommunikation von Teilnehmer<br />

zu Dozenten leiten wir daher zur Aufwandsbegrenzung über ein Gruppenforum<br />

um; in anderer Richtung ist sie leicht zu handhaben.<br />

unabgeschlossen:<br />

Das endgültige Unterrichtskonzept entsteht erst während des Unterrichtens:<br />

Teilnehmer wirken aktiv daran mit durch Fragen, “lautes” Nachdenken<br />

<strong>und</strong> Kritik, die wir unterstützen, anregen, fördern <strong>und</strong> hoffentlich aushalten.<br />

selbstreferentiell:<br />

Das System ist keine Nachahmung des Präsenzunterrichts. Es gibt also<br />

kein “virtuelles Klassenzimmer”. Jede Funktionalität des Systems ist ein<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernmedium sui generis mit wohldefinierter pädagogischer<br />

Aufgabe.<br />

mittelstark strukturiert:<br />

Es gibt kein “Lerndrehbuch”. Wir geben den Teilnehmern zwar eine<br />

Empfehlung für die zeitliche Organisation des E-<strong>Learning</strong>s. Wir verpflichten<br />

uns auch zu helfen, wenn der Lernfortschritt nicht planmäßig erzielt<br />

wird. (s. Abb 3). Gr<strong>und</strong>sätzlich bleibt es Aufgabe des Teilnehmers, sein<br />

Lernen im Alltags-Zeitmanagement selbstgesteuert zu organisieren.<br />

einfache technische Funktionalitäten:<br />

Nach dem oben Ausgeführten ist klar, dass man einerseits nicht einer<br />

Faszination des technisch Machbaren erliegen darf. Andererseits ist die<br />

Menge an Informationen bei funktionierendem E-<strong>Learning</strong> so groß, dass<br />

eine Kanalisierung der Datenflut für Teilnehmer, Dozenten <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

beim Lehrgangsträger von Anfang an sorgfältig bedacht, ja geplant werden


156<br />

muss. Es sollte sichergestellt werden, dass Lernende <strong>und</strong> Lehrende jede In-<br />

formation, die sie benötigen, zu finden wissen <strong>und</strong> sie nicht viel (online-)<br />

Zeit brauchen, um sich den Stoff zusammen zu suchen. Es lohnt sich, für<br />

eine klare Gestaltung dieser Informationswege auf überflüssigen Ballast zu<br />

verzichten. Die technische Seite sollte ein “unsichtbarer, dienstbarer Geist”<br />

bleiben, aber sie sollte reibungslos funktionieren.<br />

Abbildung 3<br />

Fazit:<br />

Unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass die Nutzenargumente für E-<br />

<strong>Learning</strong> stark sind, aber noch nicht klar ist, ob diese Nutzenerwartungen<br />

erfüllt werden können. Für einen Weiterbildungsträger bedeutet die Implementierung<br />

eines solchen Systems zurzeit noch: hohe Lernbereitschaft,<br />

gezielte Dozentenentwicklung <strong>und</strong> Risikoneigung. Über den Ausgang des<br />

Wagnisses kann im Moment noch keine abschließende Bewertung gegeben<br />

werden. Sie hängt davon ab, wie die Teilnehmer damit langfristig zurecht<br />

kommen werden. Erste Einschätzungen sind aber ermutigend.


157<br />

Helmut E. Klein / Reinhard Zedler<br />

Den Wandel gestalten: E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Lernkultur – Trends <strong>und</strong> Bedingungen<br />

Zum Zusammenhang von Weiterbildung <strong>und</strong> E-<strong>Learning</strong><br />

In der beruflichen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung ist E-<strong>Learning</strong> weit verbreitet.<br />

Eine Vielzahl von Autoren schätzt, dass computerunterstütztes Lernen<br />

in Deutschland erst am Anfang seiner Entwicklung steht <strong>und</strong> deshalb in<br />

den nächsten Jahren mit einem E-<strong>Learning</strong>-Boom zu rechnen ist (siehe<br />

Beitrag Klein, S. 57 f.). Diese Projektionen gründen unter anderem auf der<br />

Erkenntnis, dass der zunehmende Einsatz von E-<strong>Learning</strong> in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Bildungsarbeit im Zusammenhang mit veränderten Anforderungen an<br />

die Qualifizierung der Fachkräfte steht. Viele Unternehmen reagieren auf<br />

den Wandel ihres wirtschaftlichen Umfeldes mit einer neuen Ausrichtung<br />

der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit. Sie stehen dabei von verschiedenen Seiten<br />

aus unter Druck: Das Erschließen neuer Märkte, aber auch die wachsende<br />

internationale Konkurrenz durch die Globalisierung zwingt Unternehmen,<br />

Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen in immer kürzeren Abständen, in<br />

besserer Qualität <strong>und</strong> zu günstigen Preisen auf dem nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

Markt anzubieten. Diese Entwicklung zieht veränderte Qualifikationsanforderungen<br />

bei den Mitarbeitern nach sich <strong>und</strong> spiegelt sich in<br />

neuen Lehr- <strong>und</strong> Lernkonzepten der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit wider.<br />

Die Betriebe werden in zunehmendem Maße dieser Aufgabe gerecht,<br />

indem sie den Mitarbeitern vielfältige interne <strong>und</strong> externe Bildungsangebote<br />

zur Verfügung stellen. Aufgr<strong>und</strong> der veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen<br />

kann der projizierte große Qualifizierungsbedarf jedoch<br />

nicht wie in der Vergangenheit durch konventionelle Ausbildungs- <strong>und</strong><br />

Weiterbildungsangebote gelöst werden. Zu den entstehenden neuen Formen<br />

des Lehrens <strong>und</strong> Lernens gehört in komplentärer Weise ein Bewusstsein<br />

des Mitarbeiters, selbst initiativ zu werden, sich neues Wissen selbstständig<br />

anzueignen, um so die eigene Beschäftigungsfähigkeit (Employability)<br />

zu fördern. Die Lernform E-<strong>Learning</strong> eröffnet hier die Möglichkeit,


158<br />

den großen Qualifizierungsbedarf der Betriebe zeit- <strong>und</strong> arbeitsplatznah<br />

einzulösen <strong>und</strong> das eigenverantwortliche <strong>und</strong> selbst organisierte Lernen der<br />

Mitarbeiter zu fördern.<br />

Zur Verbreitung von E-<strong>Learning</strong><br />

Gegenwärtig ist vor allem in Großbetrieben eine hohe Akzeptanz für E-<br />

<strong>Learning</strong> vorhanden – wie die Beispiele von Allianz, BASF, Siemens <strong>und</strong><br />

DaimlerChrysler dokumentieren. Ebenso ist festzustellen, dass der Einsatz<br />

moderner Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechniken in der <strong>betriebliche</strong>n<br />

Bildungsarbeit kleiner <strong>und</strong> mittlerer Unternehmen (KMU) noch vergleichsweise<br />

gering ist. Ein Gr<strong>und</strong> dafür war bisher, dass viele mittelständische<br />

Betriebe Informationsdefizite über Rahmenbedingungen für die erfolgreiche<br />

Nutzung von E-<strong>Learning</strong> haben. Insbesondere KMU lassen sich<br />

von notwendigen, in ihrem Umfang nicht immer erkennbaren Investitionen<br />

in die Infrastruktur, den Kosten der Software-Entwicklung, den unbekannten<br />

Anforderungen bei der Einführung <strong>und</strong> Umsetzung dieser Lernsysteme<br />

sowie den teilweise unübersichtlichen Angeboten abschrecken. Oftmals ist<br />

den Verantwortlichen nicht klar, dass E-<strong>Learning</strong> auf der Basis von Standardinhalten<br />

<strong>und</strong> ASP-Lösungen (Application Service Providing), bei denen<br />

die Lerner über das Internet den Server des Online-Anbieters nutzen,<br />

unter Umständen wirtschaftlicher <strong>und</strong> effizienter als klassische Weiterbildungen<br />

durchgeführt werden kann. Solche Unsicherheiten etwa bei der<br />

Auswahl der richtigen Lernplattform <strong>und</strong> deren vermeintlich oder auch<br />

teilweise hohen Kosten führen schließlich zu besagter Zurückhaltung –<br />

nicht zuletzt auch, weil Klein- <strong>und</strong> Mittelbetriebe häufig keinen Ansprechpartner<br />

bei Bildungsträgern für diese Thematik finden.<br />

Beim Blick auf Branchen wie Banken, Versicherungen, Medien oder die<br />

Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie, in denen sich E-<strong>Learning</strong> in vergleichsweise<br />

nennenswertem Umfang etabliert hat, zeigt sich, dass es beim computergestützten<br />

Lernen offenk<strong>und</strong>ig eine mediengeb<strong>und</strong>ene Themenbevorzugung<br />

gibt. So lassen sich kaufmännische sowie informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnische<br />

Themen über den Computer nicht nur pädagogisch sinnvoll


159<br />

vermitteln. Diese Themenfelder dominieren auch die Angebotspalette vieler<br />

Software-Produzenten <strong>und</strong> WBT-Anbieter.<br />

Formen des E-<strong>Learning</strong>: CBT <strong>und</strong> WBT<br />

Computer Based Training (CBT) ist die meist verbreitete Wissensvermittlung<br />

per PC <strong>und</strong> CD-ROM oder DVD. Beim Offline-Lernen arbeitet<br />

der Lerner mit einer speziellen Lernsoftware, die ihm die Lerninhalte präsentiert<br />

<strong>und</strong> ihn durch das Programm führt. Tests <strong>und</strong> Aufgaben ermöglichen,<br />

den Lernerfolg zu kontrollieren. Um komplexe Sachverhalte möglichst<br />

anschaulich zu vermitteln, enthalten die Programme neben Text oft<br />

auch Bilder, Animationen oder Videosequenzen. Beim Web Based Training<br />

(WBT) werden die Lernprogramme über das Internet oder ein firmeneigenes<br />

Intranet angeboten. Dabei wird der Lernende in der Regel durch<br />

einen Tutor betreut. Außerdem können sich die Kursteilnehmer in Diskussionsforen<br />

oder Chatrooms mit anderen Teilnehmern über die Lerninhalte<br />

austauschen.<br />

Der didaktische Ansatz einer Lernsoftware lässt sich danach unterscheiden,<br />

ob sie linear oder modular aufgebaut ist. Ein lineares Design bedeutet<br />

einen vorgegebenen geradlinigen Lernweg, von dem der Lerner in der Regel<br />

nicht abweichen kann. Ein modulares Design zielt dagegen auf Interaktivität<br />

<strong>und</strong> ermöglicht unter anderem die Steuerung des Ablaufs, die gezielte<br />

Auswahl der Inhalte <strong>und</strong> des Lernwegs sowie den Dialog mit dem PC<br />

mittels Dateneingabe. Gr<strong>und</strong>sätzlich haben lineare wie auch modulare Designs<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile. Ihre Verwendung sollte abhängig sein von Inhalt,<br />

Funktion <strong>und</strong> Lernertyp. So empfiehlt es sich, unerfahrene Lerner zunächst<br />

in lineare Programme einzuarbeiten, da sie durch diese gezielt geführt<br />

werden. Lernsoftware-erfahrene Lerner bevorzugen eher modulare<br />

Strukturen, da diese Optionen für individuelle Lernbedürfnisse anbieten.<br />

Die Effektivität eines computergesteuerten Lernprogramms hängt dabei<br />

von der didaktischen Gestaltung des Programms ab – aber auch von der<br />

Motivation <strong>und</strong> Kompetenz des Lernenden.


160<br />

Adressatengerechte Konzeption: Blended <strong>Learning</strong><br />

In der <strong>betriebliche</strong>n Bildungsarbeit hat es sich als wenig zielführend er-<br />

wiesen, Lerninhalte ausschließlich nur am Computer – also nur mittels<br />

Lernsoftware – zu vermitteln. Für den Erfolg des E-<strong>Learning</strong> ist – neben<br />

dem Design der Software, der Motivation <strong>und</strong> Kompetenz des Lernenden –<br />

vor allem ein Mix der Lernformen erforderlich. Dieser Wechsel zwischen<br />

computergestütztem Lernen <strong>und</strong> verschiedenen Lehr- <strong>und</strong> Lernmethoden<br />

wie Präsenzseminaren, Trainings <strong>und</strong> Tutorings wird „ Blended <strong>Learning</strong>“<br />

genannt. Insbesondere in der beruflichen Weiterbildung werden diese adressatengerechten<br />

Angebote eher angenommen als reine Online-Kurse.<br />

Schulungs- oder Kursteilnehmer suchen <strong>und</strong> brauchen sowohl den Kontakt<br />

zu Ausbildern in der Berufsausbildung bzw. Weiterbildnern oder Tutoren<br />

in der Weiterbildung wie auch die Kommunikation mit <strong>und</strong> die Orientierung<br />

an anderen Lernern. Auch bei über<strong>betriebliche</strong>n Weiterbildungsträgern<br />

– dies zeigt das Beispiel der IHK zu Köln – zielen Angebote in diese<br />

Richtung.<br />

Blended-<strong>Learning</strong>-Konzeptionen werden durch die Leitfrage geprägt,<br />

welche Methoden <strong>und</strong> Medien am besten geeignet sind, die definierten<br />

Lernziele <strong>und</strong> Lerninhalte in Abstimmung mit der <strong>betriebliche</strong>n Lernkultur<br />

zu erreichen. In einem Unternehmen, das bisher ausschließlich mit dozentenorientierten,<br />

seminaristischen Schulungs- <strong>und</strong> Trainingsformen gearbeitet<br />

hat, werden die Maßnahmen weniger Elemente mit Selbststeuerung<br />

enthalten können als in Organisationen, die langjährige Erfahrungen mit<br />

Gruppen- <strong>und</strong> Projektlernen aufweisen. Es gibt deshalb keinen „richtigen“<br />

Methoden- <strong>und</strong> Medienmix.<br />

Bedingungen für die Ausweitung des Einsatzes von E-<strong>Learning</strong><br />

Bei den Bedingungen für die weitere Verbreitung von E-<strong>Learning</strong> ist<br />

zwischen lernerseitigen <strong>und</strong> unternehmensseitigen Faktoren sowie dem <strong>betriebliche</strong>n<br />

Weiterbildungsbedarf zu unterscheiden. Zu den lernerseitigen<br />

Faktoren zählen personale Verhaltensweisen <strong>und</strong> Qualifikationen des Aus-


161<br />

zubildenden bzw. Mitarbeiters wie Motivation, Medienkompetenz <strong>und</strong><br />

Einstellungen zum Computer. Das bedeutet: Den Mitarbeitern sollte vermittelt<br />

werden, welchen Nutzen sie selbst aus dem computergestützten<br />

Lernen ziehen können. Durch gezielte Lernberatung lässt sich die Bereitschaft<br />

zum arbeitsplatznahen Lernen erhöhen. Die organisationalen Aspekte<br />

umfassen die technischen <strong>und</strong> räumlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens<br />

für E-<strong>Learning</strong>, die Qualifikationen des Bildungspersonals, also<br />

der Ausbilder <strong>und</strong> der Weiterbildner sowie die Einstellungen der Führungskräfte<br />

zur <strong>betriebliche</strong>n Lernkultur. Wie die bisherigen Erfahrungen<br />

zeigen, gibt es einen starken Zusammenhang zwischen dem Verständnis<br />

von <strong>betriebliche</strong>r Lernkultur, den die für die Bildungsarbeit im Unternehmen<br />

zuständigen Führungskräfte haben <strong>und</strong> der Wahl der Qualifizierungsformen<br />

<strong>und</strong> -strategien.<br />

Neben der Bildungsbedarfsanalyse – über die der Qualifizierungsbedarf<br />

des Unternehmens mit dem individuellen Qualifikationsprofil des Mitarbeiters<br />

abgestimmt wird – ist zu klären, welche technischen Voraussetzungen<br />

für E-<strong>Learning</strong> im Betrieb vorhanden sind. Dabei spielt auch der Kostenaspekt<br />

– beispielsweise für Lizenzgebühren oder zusätzliche Hardwareinstallierung<br />

– keine unbedeutende Rolle. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: E-<strong>Learning</strong><br />

erschöpft sich nicht in der Bereitstellung von computergestützten Lernmedien.<br />

Als wenig effizient <strong>und</strong> nicht auf Akzeptanz ausgerichtet erweisen sich<br />

solche E-<strong>Learning</strong>-Angebote, die als isolierte Maßnahme durchgeführt<br />

werden. Notwendig ist vielmehr eine personale Unterstützung, um die<br />

Lernwirksamkeit zu erhöhen. Hinzu kommt, dass das Ziel <strong>betriebliche</strong>r<br />

Qualifizierungsmaßnahmen immer mehr auch darin besteht, Veränderungen<br />

der Denk- <strong>und</strong> Handlungsweisen der Mitarbeiter zu initiieren. Ebenso<br />

erforderlich ist eine Koordinierung aller an Bildungsaktivitäten im Unternehmen<br />

beteiligten Akteure, aller vorhandenen Bildungskompetenzen <strong>und</strong><br />

-ressourcen, um organisatorische Reibungsverluste zu verringern <strong>und</strong> Einsatz<br />

<strong>und</strong> Akzeptanz von E-<strong>Learning</strong> zu verbessern.


162<br />

Personale Betreuung durch Teletutoren<br />

Einen weitgehenden Konsens lässt sich in Forschung <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong> in der<br />

Einschätzung herstellen, dass beim Online-Lernen eine personale Betreuung<br />

<strong>und</strong> Begleitung notwendig ist. Doch wird die Frage, welche Rollen<br />

<strong>und</strong> Funktionen das Bildungspersonal dabei einnimmt, weniger einheitlich<br />

beantwortet. Dies findet auch in den unterschiedlichen Bezeichnungen<br />

(z.B. Teletutor, Teletrainer, Teledozent, Telemanager, Online-Instructor,<br />

E-Moderator), die für diesen Personenkreis verwendet werden, seinen<br />

Ausdruck.<br />

In Anlehnung an das Forschungsprojekt „Anforderungen an Teletutorinnen<br />

<strong>und</strong> Teletutoren in der beruflichen Bildung“ des B<strong>und</strong>esinstituts für<br />

Berufsbildung (BIBB) lassen sich – je nach Rahmenbedingungen – verschiedene<br />

Formen von Technologien <strong>und</strong> Konzepten personaler Betreuungsformen<br />

darstellen. So übernimmt beim Lernform-Typus Quick and<br />

Ready das Bildungspersonal lediglich die technische Betreuung <strong>und</strong> verwaltet<br />

die Lerninhalte. Bei der idealtypischen Lernform Virtual Classroom<br />

reichen die Aufgaben des Bildungspersonals von der Moderation des gesamten<br />

Lernprozesses, der Vermittlung der Fachinhalte bis hin zur Verwaltung<br />

des komplexen technischen Systems. Dazwischen liegen weitere<br />

Lernformtypen, die sich vor allem dadurch voneinander unterscheiden,<br />

welche Funktion der Tutor einnimmt <strong>und</strong> in welchem Maße der Unterricht<br />

virtualisiert ist.<br />

Aus diesen unterschiedlich gestalteten Angeboten lässt sich im Wesentlichen<br />

ableiten, dass diese immer einen umfassenden Service bedingen, der<br />

die Qualität der Angebote beeinflusst. Entscheidend ist dabei vor allem,<br />

dass lernerorientierte Qualitätsstrategien entwickelt werden. Dadurch wird<br />

auch ein ökonomischer Erfolg von E-<strong>Learning</strong>-Services erreichbar.<br />

E-<strong>Learning</strong> in Berufsausbildung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Der Einzug moderner Formen der Bürokommunikation <strong>und</strong> computergestützter<br />

Maschinen hat die Arbeitsorganisation <strong>und</strong> die Produktion in


163<br />

vielen Betrieben vollständig geändert. Bereits jeder sechste Erwerbstätige<br />

arbeitet hierzulande in der Produktion vorwiegend mit computergesteuer-<br />

tem Gerät, rein rechnerisch verfügen sogar drei von vier Angestellten am<br />

Arbeitsplatz über einen Computer. Die schulische wie die berufliche Bildung<br />

stehen unter Druck, sich diesen Erfordernissen anzupassen. Naheliegend<br />

ist daher, das Arbeitsmedium PC auch als Lernmedium nutzen zu lernen.<br />

Nach dem Primat der Didaktik sind zunächst Ziele <strong>und</strong> Inhalte einer<br />

Lerneinheit oder einer Qualifizierungskonzeption zu klären, bevor daraus<br />

die geeigneten Methoden <strong>und</strong> Medien für den Lernprozess definiert werden.<br />

Dabei spielen auch Alter, Bildungsniveau <strong>und</strong> Ausbildungsberuf eine<br />

Rolle – schließlich lassen sich dadurch Interessen <strong>und</strong> Lernbedürfnisse der<br />

Lernenden (Stichwort: Medienkompetenz) voneinander unterscheiden.<br />

Wie dies künftig aussehen könnte, zeigt ein Beispiel aus der Bauwirtschaft.<br />

Dort gibt es seit geraumer Zeit Aktivitäten, die darauf abzielen, die<br />

Akzeptanz netzbasierter Lehr- <strong>und</strong> Lernangebote bereits in der Berufsausbildung<br />

zu fördern. So ist es Ziel des Projektes „Förderung von Akzeptanz<br />

<strong>und</strong> Integration netzbasierter Lehr – <strong>und</strong> Lernangebote in der Ausbildung<br />

der Bauwirtschaft“ (FAINLAB), die bisher allgemein zur Verfügung stehenden<br />

Lernmittel für Auszubildende durch EDV-gestützte, multimediale<br />

Pilot-Lernmodule zu ergänzen <strong>und</strong> somit gleichzeitig die Medienkompetenz<br />

der Auszubildenden zu erhöhen (www.fainlab.de).<br />

Die Integration von E-<strong>Learning</strong> in die tradierten Lehr- <strong>und</strong> Lernmethoden<br />

verändert auch die Aufgabe der Ausbilder. Zu der Frage, welche Problemstellungen<br />

die künftigen Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu lösen haben<br />

<strong>und</strong> anhand welcher exemplarischer Inhalte die entsprechende Problemlösungskompetenz<br />

vermittelt werden kann, kommt nun noch die Überlegung<br />

hinzu, welche Funktion dabei E-<strong>Learning</strong> bzw. Blended <strong>Learning</strong> übernehmen<br />

soll. Ausbilder <strong>und</strong> Tutoren brauchen demnach eine gute didaktische<br />

<strong>und</strong> methodische Qualifizierung <strong>und</strong> Erfahrungen mit der Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung offener, projektorientierter Lehr- <strong>und</strong> Lernprozesse.


164<br />

Neue, computer- <strong>und</strong> netzgestützte Medien können sowohl zur Umset-<br />

zung didaktisch gestalteter Lernprogramme als auch zur Unterstützung der<br />

Selbstorganisation <strong>und</strong> Kommunikation des Bildungspersonals <strong>und</strong> der<br />

Auszubildenden genutzt werden. Eine Form des informellen E-<strong>Learning</strong><br />

sind virtuelle Kompetenzzentren (www.ec-net.de/kompetenzzentren/) <strong>und</strong><br />

Online-Communities. Dort können Interessierte <strong>Praxis</strong>fragen stellen, die<br />

von Experten oder anderen Forenteilnehmern beantwortet werden.<br />

Neben der Motivation <strong>und</strong> Medienkompetenz wird die Akzeptanz von<br />

E-<strong>Learning</strong> von den Einstellungen der Mitarbeiter beeinflusst. Bemerkenswert<br />

ist, dass die Bereitschaft, mit Hilfe des Computers zu lernen, bei<br />

den Mitarbeitern aller Altersgruppen relativ hoch ist. Dies ist eine günstige<br />

Ausgangsbasis, auch ältere Mitarbeiter in E-<strong>Learning</strong>-Angebote einzubeziehen.<br />

Handlungsbedarf lässt sich hier hinsichtlich einiger organisationaler<br />

Voraussetzungen formulieren. Didaktische Konzeptionen, die den Einsatz<br />

von E-<strong>Learning</strong> im Betrieb beinhalten, reflektieren Lernzeit, Lernort<br />

<strong>und</strong> die Verfügbarkeit von Technik. Wie bisherige Erfahrungen zeigen,<br />

ließe sich die Akzeptanz computergestützten Lernens bei gewerblichen<br />

Mitarbeitern durch den Ausbau der technischen Infrastruktur verbessern.<br />

Zunehmend bieten externe Bildungsanbieter Lehrgänge <strong>und</strong> Qualifizierungsmaßnahmen<br />

online an. Bereits heute nutzen zahlreiche Handwerkskammern<br />

E-<strong>Learning</strong>-Module bei der Meisterausbildung. Mit Hilfe eines<br />

b<strong>und</strong>esweit einheitlichen E-<strong>Learning</strong>-Angebots soll künftig der Weg zum<br />

Meistertitel etwas einfacher werden. In gleicher Weise wird beispielsweise<br />

auch die Qualifizierung zum Industriemeister Metall durch Lernmodule<br />

des Projekts Meisternetz (www.meister-netz.de) erweitert. Es ist davon<br />

auszugehen, dass der Umgang der Meister bzw. Ausbilder in spe mit dieser<br />

Lernform – positive Lernerfahrungen vorausgesetzt – künftig in der Berufsbildung<br />

dazu führen wird, dass diese ihre Lernerfahrungen in der Berufsausbildung<br />

anwenden <strong>und</strong> auf Lernprozesse mit E-<strong>Learning</strong>-Angeboten<br />

übertragen werden.


Die Autoren<br />

165<br />

Dr. Marion Bagusat, Jahrgang 1969, studierte Diplom-Psychologie<br />

<strong>und</strong> Pädagogik an der Universität Regensburg <strong>und</strong> promovierte im Bereich<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernforschung. Seit 1997 im Fachbereich Bildung der Allianz<br />

Versicherungs-AG beschäftigt. Berufliche Schwerpunkte sind neben Lehr<strong>und</strong><br />

Lernkonzepten im Bereich Berufsausbildung die Themen Personalauswahl<br />

<strong>und</strong> Qualitätssicherung. Das Projekt ALF begleitete sie von Anfang<br />

an in Entwicklung, Implementierung <strong>und</strong> Evaluation.<br />

E-Mail: Marion.Bagusat@Allianz.de<br />

Jürgen Föllinger, Jahrgang 1958, Elektroingenieur (FH), Projektleiter<br />

E-<strong>Learning</strong>, BASF AG<br />

E-Mail: juergen.foellinger@basf-ag.de<br />

Dr. Annette Groß, Jahrgang 1971, Lehramt Sek<strong>und</strong>arstufe I <strong>und</strong> II,<br />

Deutsch <strong>und</strong> Englisch, Promotion, Projektleiterin E-<strong>Learning</strong>, BASF AG<br />

E-Mail: annette.groß@basf-ag.de<br />

Thomas Hagenhofer, Jahrgang 1963, Studium der Informationswissenschaft,<br />

Abschluss B. A., Projektleiter E-<strong>Learning</strong> bei X-PULSE-E-<br />

<strong>Learning</strong> GmbH<br />

E-Mail: thagenhofer@x-pulse.de<br />

Dr. Dirk Jakobs, Jahrgang 1973, Studium Pädagogik, Anglistik <strong>und</strong><br />

Geschichte, Leiter Lernkonzepte <strong>und</strong> Neue Medien bei der Daimler-<br />

Chrysler AG<br />

E-Mail: Dirk.Jakobs@daimlerchrysler.com


166<br />

Helmut E. Klein, Jahrgang 1953, Studium der Erziehungswissenschaften,<br />

Anglistik <strong>und</strong> Geschichte an der Universität Heidelberg; seit<br />

1989 im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Leiter des Referates „Bildungsforschung<br />

<strong>und</strong> Bildungsmedien“ innerhalb der Hauptabteilung Bildung<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmarkt<br />

E-Mail: klein@iwkoeln.de<br />

Stefanie Koller, Jahrgang 1974, Lehramtsstudium, Pressereferentin der<br />

Siemens Berufsbildung<br />

E-Mail: Stefanie.Koller@CP.SIEMENS.de<br />

Bernd Leuchter, Jahrgang 1963, Projektleiter E-<strong>Learning</strong> bei der Industrie-<br />

<strong>und</strong> Handelskammer (IHK) zu Köln<br />

E-Mail: bernd.leuchter@koeln.ihk.de<br />

Thomas Reglin, Jahrgang 1956, geisteswissenschaftliches Studium (M.<br />

A.), seit 1995 Projektleiter bei den Beruflichen Fortbildungszentren der<br />

Bayerischen Wirtschaft (bfz), Bildungsforschung im Bereich E-<strong>Learning</strong>,<br />

seit 2003 Stellvertretender Institutsleiter im Forschungsinstitut Betriebliche<br />

Bildung (f-bb) gGmbH, zuständig für den Projektbereich “Medien<br />

<strong>und</strong> Methoden <strong>betriebliche</strong>r Bildung” in der bfz Bildungsforschung<br />

E-Mail: reglin.thomas@bf.bfz.de<br />

Stephan Rudolph, Jahrgang 1961, Ausbildung zum Versicherungskaufmann,<br />

Referatsleiter für die fachliche Ausbildung bei der Allianz Lebensversicherungs<br />

AG.<br />

E-Mail: Stephan.Rudolph@Allianz.de


167<br />

Dr. Reinhard Zedler, Jahrgang 1941; Studium der Arbeits-, Berufs<strong>und</strong><br />

Wirtschaftspädagogik, Erziehungs- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften an den<br />

Universitäten Bonn, Köln <strong>und</strong> Gießen, von 1970 bis Sommer 2004 im Institut<br />

der deutschen Wirtschaft Köln, Leiter des Referats „Berufliche Bildung“<br />

Kontakt: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Gustav-Heinemann-<br />

Ufer 84-88, 50968 Köln

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