klangBilder 11
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Unterhaltungs-Elektronik Trends: Opinion 2<br />
Schöne, neue Welt<br />
Das Medium ist die Botschaft. Nie wirkte dieser Kernsatz von Marshall McLuhan passender als in<br />
der heutigen Zeit. Die „besitzlose“ Gesellschaft, in der zwar angeblich jede Musik und jeder Film<br />
immer und überall verfügbar ist, wird als neues Ideal skizziert. Anstatt eine Platte aus seiner<br />
Vinyl- und DVD-Sammlung zu nehmen, klickt man den „Großen Bruder“ in der Weltweiten Wolke<br />
an und kauft das Gewünschte ein. CDs und LPs muss man zwar nicht wie die Bücher in<br />
„Fahrenheit 451“ verstecken, aber nur noch absolut nostalgische Feinspitze werden über eigene<br />
Abspielgeräte hören. Was bringt uns die vernetzte Musik- und Videowelt wirklich?<br />
Selbst im supergestylten Wohnzimmer mit versteckter Elektronik<br />
und ohne CDs und Bücher dürfen weiterhin schöne Lautsprecher zu<br />
sehen und hören sein.<br />
Zunächst bei TV, Foto und Video mehr<br />
Bequemlichkeit. Die Kabel werden<br />
weniger. Dafür verbessern sich die Mög lich -<br />
keiten, faden Talenteshows durch Inter net-<br />
Surfen auszuweichen, Fotos in HD-Qualität<br />
gleich anzusehen und dem Fernbedienungs-<br />
Jonglieren mithilfe intelligenterer Pads und<br />
Phones ein Ende zu bereiten.<br />
Bei Audio schaut es – wie so oft – anders<br />
aus. Wenn Sie Sammler von Pop-Musik sind,<br />
bringen die diversen Web-Portale, selten<br />
gratis und meist nur gegen Gebühr, ein<br />
neues Medium in Ihr Leben. Ein zusätzliches.<br />
Denn nur der, der sehr (sehr!) viel Zeit hat,<br />
wird seine CDs – wenn es mehr als drei sind<br />
– ins neue Netzwerk überspielen.<br />
Netzwerke sind nicht zwangsläufig klanglich<br />
besser als bisherige Player. Alles hängt<br />
wie immer vom Datenaufkommen und vom<br />
Anbieter (mp3, WAV oder HD-files/FLAC) ab,<br />
vom Umsetzen der Datenströme und von<br />
der Analogisierung im Gerät. Und da haben<br />
neugierige Tester bereits ebensolche Klang -<br />
unterschiede herausgefunden wie bei herkömmlichen<br />
Playern.<br />
Die Möglichkeit, sich „Rosinen“ aus Konzept-<br />
Alben von Künstlern zu picken, ist ein un -<br />
verkennbarer Trend beim Internet bestellen.<br />
30 Sekunden – gefällt oder gefällt nicht?<br />
Die Fülle der verfügbaren Musik macht es<br />
wieder einmal nur Kennern möglich, das<br />
Richtige zu finden. Die Daten in nahezu<br />
allen Internet-Shops sind Pop-mäßig ge -<br />
ordnet: als Jazz-Fan oder Klassik-Liebhaber<br />
findet man derzeit nur musikalisches Kraut<br />
und Rüben durcheinander. Und was erzähl<br />
ich Ihnen über Download-Geschwin dig -<br />
keiten? Eine Symphonie in Surround: ein<br />
Tag.<br />
Vor kurzem rief mich der Manager einer<br />
geplanten Internet-Musik-Plattform an.<br />
Erstens wollte er mir den Mund für die zahlreichen<br />
Klassik-Downloads wässrig machen.<br />
Und zweitens holte er meine Meinung zu<br />
aktuellen Download-Portalen ein. Mein<br />
Gott, iTunes hält auch mein iPhone und<br />
meinen Laptop besetzt, und wenn ich einmal<br />
die vielen Updates und Abstürze überwunden<br />
habe, kann ich damit auch nette<br />
Musik hören. Das Ordnungssystem allerdings<br />
ist vollkommen unbrauchbar, die einmal<br />
heruntergeladenen Titel nur schwer<br />
wieder auffindbar. Komponisten sind oft<br />
unter Interpretennamen zu suchen und<br />
um gekehrt, und manche Interpretationen<br />
sind Fünftverwertungen und steinalt. Die<br />
er wähnte Plattform will hier bahnbrechend<br />
wirken. Im Frühjahr 2012 sollen wir mehr<br />
wissen. Und wohl auch hören.<br />
Auch andere Konzerne gehen nun mit ihren<br />
kompletten Katalogen ins Netz, damit man<br />
ihre Musiksammlungen entweder downloaden<br />
oder aus der „Cloud“, der mystischen<br />
Internet-Wolke, gestreamt anhören kann.<br />
Diese Ströme entheben uns nur vermeintlich<br />
aller physischen Platzprobleme, mit<br />
denen wir uns bei LPs, Cassetten, CDs und<br />
DVDs herumschlagen.<br />
Den Verzicht auf die Ansammlung „angreifbarer“<br />
Werte könnte man als Cool-Design-<br />
Apostel positiv betrachten – wie viele Tonund<br />
Bildträger lungern oft nur flächendeck -<br />
end in Wohnungen herum? Doch: Eine nicht<br />
mehr im Regal stehende CD oder Schall -<br />
platte kann zum Verlust von kultureller<br />
Identität führen.