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Nr. 04/2006 P. b. b. Erscheinungsort: Wien – Verlagspostamt 1110 Wien, 06Z036637, DVR 0000191<br />
MÄNNER & FRAUEN<br />
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30<br />
Schlusspunkt <strong>Leben</strong> & <strong>Freude</strong><br />
DOLORES SCHMIDINGER<br />
Pläne für die Pensi<br />
Liebe Damen – heute habe ich<br />
das Bedürfnis, mich an die<br />
Leserinnen zu richten – nicht<br />
aufhören zu lesen, meine<br />
Herren, es könnte Sie auch<br />
interessieren! – Sie können<br />
sich mit 60 vielen verschiedenen<br />
Hobbys hingeben. Den<br />
Enkelkindern was stricken, den<br />
Kindern mit Selbstgekochtem auf<br />
die Nerven gehen, mit dem Gatten den<br />
Winter auf Mallorca verbringen, wenn Sie keinen<br />
Gatten haben, können Sie sich ein Hundi zulegen oder unzählige Katzen,<br />
Sie können einen Seidenmalkurs in der Volkshochschule belegen oder ein<br />
Wochenendseminar für Astrologie.<br />
Meine Mutter wollte in der Pensi alles tun, wozu sie vorher nicht gekommen<br />
war – und das war eine Menge. Sie wollte z. B. wieder zu malen anfangen<br />
und Kreuzstichteppiche sticken. Das Eheleben beschränkte sich<br />
ohnehin auf den Kuss unter dem Weihnachtsbaum. Was hat sie getan letzten<br />
Endes? Tauben gefüttert, streunenden Katzen ein Zuhause gegeben,<br />
auf meine Kinder aufgepasst und jeden Sonntag für die Familie Schnitzerl<br />
serviert oder gefülltes Henderl und dann war’s eh vorbei. Herzmuskelentzündung.<br />
Sie hatte eine Lungenentzündung übergangen, indem sie sich<br />
mit Hilfe von Aufputschmitteln aus dem Haus geschleppt und beim<br />
Stammtisch im Gasthaus „Zum Silbernen Kanderl“ mit ihrer ebenso frustrierten<br />
Freundin Hilde mindestens ein Achterl zu viel getrunken hatte.<br />
Ja übrigens – das wär auch eine Idee: Ein paar Schnapserln über den Tag<br />
verteilt gegen die Depression, oder – wenn es geruchlos einhergehen soll<br />
– die rosa Glückspillen, die so euphorisch machen, wo man nur ein bissl<br />
vergesslich wird und auf diese Art reibungslos in einen Alzheimer hinüberdämmern<br />
kann.<br />
Sie können sich aber auch verlieben. So heftig, dass das Gefühl Sie beutelt<br />
wie das Frieren einen nassen Hund. Sie können wieder die eiskalten<br />
Hände haben und das Flattern im Bauch und das Bedürfnis zu springen,<br />
statt zu gehen – trotz der künstlichen Hüfte. Überhaupt: Die Arthritis ist<br />
weg, wer braucht einen Osteopathen? Wer braucht Glückspillen? Man<br />
stopft sich die Kopfhörer in die Ohren, wenn man mit der U-Bahn fährt<br />
und hört Kuschelrock oder ein Mozart Klavierkonzert. Man fährt in die<br />
Stadt, um sich in der exklusiven Wäscheboutique sündteure Reizwäsche<br />
zu kaufen und als Draufgabe einen sündig roten Lippenstift beim Douglas.<br />
Wie lang das gehen wird? Ob die Liebe nicht irgendwann ein Ablaufdatum<br />
hat? Wurscht, Sie sehen im Spiegel eine schöne Frau, einen Körper,<br />
der geliebt wird, das Leuchten einer 16-Jährigen in den Augen, und wer<br />
denkt da, was in zehn Jahren sein wird?<br />
Ja, das wollte ich Ihnen vorschlagen als Plan für die Pensi. Und sagen Sie<br />
bloß nicht: „Wer will mich denn schon?“ Denn wenn Sie wollen, werden<br />
Sie auch gewollt!<br />
Foto: Lukas Beck, Illustration: Markus Murlasits