Prüfingenieur Ausgabe 26 - BVPI - Bundesvereinigung der ...
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Abb. 10: Sequenzieller Zusammenbau technischer Entwurfsobjekte<br />
[6]<br />
Zieht man eine formale Analogie zwischen<br />
dem Wachstum biologischer Objekte und dem sequenziellen<br />
Zusammenbau technischer Objekte, so<br />
ergibt sich als Nebenprodukt <strong>der</strong> Wachstumssimulation<br />
die zusätzliche Bedeutung <strong>der</strong> fortschreitenden<br />
Regelexpansion als schrittweise ablaufende Zusammenbauanleitung<br />
des Entwurfsobjekts aus seiner Regelbeschreibung.<br />
Die auf <strong>der</strong> Basis einer Grammatik<br />
aufbauende Entwurfssprache kann daher als ein maschinell<br />
ablaufbarer Bauplan eines Entwurfsobjekts<br />
aufgefasst werden. Die automatische Ausführung<br />
komplexer Zusammenbaupläne bietet deshalb in vielfältiger<br />
Hinsicht ein sehr großes technologisches Zukunftspotenzial,<br />
sodass <strong>der</strong> Zugang zum Problem des<br />
Ingenieurentwurfs über das Paradigma <strong>der</strong> Entwurfsgrammatiken<br />
im Folgenden näher betrachtet wird.<br />
3.2 Graphgrammatiken<br />
Unter Beibehaltung <strong>der</strong> vorteilhaften Eigenschaften<br />
von L-Systemen (Produktionsregeln, Einfachheit,<br />
Effizienz, möglichst hohe Rekursivität, etc.)<br />
kann die Berücksichtigung topologischer Ringstrukturen<br />
durch den Übergang von einer zeichenkettenbasierten<br />
Grammatik (<strong>der</strong>en lineare Zeichenkettenstruktur<br />
sich über die Verwendung eines Stapelspeichers<br />
(Stack) sehr effizient in verzweigte Baumstrukturen<br />
umsetzen lässt) auf eine graphenbasierte Grammatik<br />
erfolgen [5]. Graphen sind auf einfachste Weise dazu<br />
geeignet, nahezu beliebige Beziehungen zwischen<br />
den als Knoten dargestellten Objekten abbilden zu<br />
können.<br />
Abb. 11 illustriert vereinfacht den einem L-System<br />
entsprechenden Aufbau einer graphenbasierten<br />
(Entwurfs-)Grammatik aus einem Axiom ω und (hier<br />
nur) einer Regel.<br />
Durch fortgesetztes Einsetzen <strong>der</strong> Regel<br />
wächst in je<strong>der</strong> Iterationsstufe <strong>der</strong> Graph immer weiter<br />
an. Die Expansion <strong>der</strong> Regel wird angehalten,<br />
ENTWURFSTHEORIE<br />
38<br />
Der <strong>Prüfingenieur</strong> April 2005<br />
Abb. 11: Definition und Expansion einer graphenbasierten<br />
Grammatik [5]<br />
wenn entwe<strong>der</strong> nur noch terminale Knoten vorhanden<br />
sind, die nicht weiter expandiert werden können o<strong>der</strong><br />
die vorgegebene Iterationstiefe von i = n (hier n = 3<br />
dargestellt) erreicht ist.<br />
Es ist für die sinnvolle Definition einer leistungsfähigen<br />
Grammatik in einer zukünftigen Entwurfssprache<br />
daher eine wichtige Aufgabe, die genauen<br />
Vokabeln und Regeln für die Erzeugung von<br />
Entwurfsobjekten zu (er-)finden und festzulegen. Da<br />
zumindest Teile des Vokabulars (z. B. Schrauben)<br />
und <strong>der</strong> Regeln (z. B. Auslegung von Schraubenfel<strong>der</strong>n)<br />
entwurfsübergreifend einsetzbar und damit<br />
wie<strong>der</strong>verwendbar sind, ergeben sich im Sinne des<br />
Wissensmanagements weitere Potenziale für den<br />
wirtschaftlichen Einsatz von Entwurfssprachen in allen<br />
Arten von wissensintensiven Anwendungen.<br />
Abb. 12 zeigt einen Ausschnitt einer Entwurfssprache<br />
für Gasturbinen. Diese besteht hier aus vier<br />
Vokabeln (Verdichter V , Brennkammer B, Turbine T,<br />
Umgebung U), dem Axiom ω = G und einer Regel,<br />
die besagt, dass eine Gasturbine G aus einer bestimmten<br />
Anordnung <strong>der</strong> Vokabeln (V, B, T und U)<br />
besteht. Die Vokabeln verfügen über verschiedenste<br />
Abb. 12: Graphenbasierte Entwurfsgrammatik einer Gasturbine<br />
(funktional)