Prima Schule – Primarschule! - DIE LINKE. Fraktion in der ...
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„Zettelkasten“:<br />
<strong>Prima</strong> <strong>Schule</strong> <strong>–</strong> <strong>Prima</strong>rschule!<br />
1<br />
Kay Bei<strong>der</strong>wieden<br />
Stand: 07.07.2010<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Vorbemerkung ...................................................................................................................1<br />
2 Schulfragen s<strong>in</strong>d Klassenfragen: <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für die „E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für alle“ und e<strong>in</strong><br />
echtes Elternwahlrecht......................................................................................................1<br />
2.1 <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> kämpft für das Menschrecht auf Bildung für alle und die E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für<br />
alle ..............................................................................................................................2<br />
2.2 <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht..............................................................2<br />
3 Sechs gute Gründe für e<strong>in</strong> JA zur Schulverbesserung und zur <strong>Prima</strong>rschule ....................3<br />
3.1 Das Schulsystem muss verbessert werden, weil es zu viele Verlierer produziert......3<br />
3.2 Die Grundschule ist die beste <strong>Schule</strong> Deutschlands..................................................3<br />
3.3 Die <strong>Prima</strong>rschule sorgt für mehr Gerechtigkeit..........................................................4<br />
3.4 E<strong>in</strong> Elternwahlrecht <strong>in</strong> Klasse 6 ist besser..................................................................4<br />
3.5 Die <strong>Prima</strong>rschule ist familien- und elternfreundlicher ................................................4<br />
3.6 Auch „bessere“ SchülerInnen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule besser geför<strong>der</strong>t ............5<br />
4 Viele gute Gründe für e<strong>in</strong> NEIN zur Initiative „Wir wollen lernen" ...................................7<br />
4.1 E<strong>in</strong> mieser Grund für e<strong>in</strong> Ja zu „Wir wollen lernen“.....................................................7<br />
4.2 10 schlechte Gründe für „Wir wollen lernen“ .............................................................7<br />
4.3 „Wir wollen lernen“: „Viel Macht und viel List ...“.....................................................12<br />
1 Vorbemerkung<br />
Diese Argumentationshilfe für den anstehenden Volksentscheid über die <strong>Prima</strong>rschule ist <strong>in</strong><br />
Form e<strong>in</strong>es Zettelkastens aufgebaut. Wenn Ihr Anregungen o<strong>der</strong> Kritik habt, dann richtet sie<br />
bitte an die L<strong>in</strong>ksfraktion unter schule@l<strong>in</strong>ksfraktion-hmaburg.de.<br />
Im Folgenden sollen zunächst die Ziele DER <strong>LINKE</strong>N dargestellt werden. Anschließend werden<br />
unsere Argumente für die <strong>Prima</strong>rschule behandelt. Zum Schluss folgen unsere Gegenargumente<br />
gegen die Initiative „Wir wollen lernen“.<br />
2 Schulfragen s<strong>in</strong>d Klassenfragen: <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für die „E<strong>in</strong>e<br />
<strong>Schule</strong> für alle“ und e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht<br />
Im Volksentscheid am 17. Juli geht es um zwei Fragen: die <strong>Prima</strong>rschule und das Elternwahlrecht.<br />
Dies wird auf dem Abstimmungstext stehen und darüber wird abgestimmt. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
hat hier weitergehende Ziele. Diese sollen zunächst dargestellt werden.
2.1 <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> kämpft für das Menschrecht auf Bildung für alle und die<br />
E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für alle<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> will die E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für alle, weil sie von dem Menschenrecht auf Bildung für alle<br />
ausgeht, so wie es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>en Erklärung <strong>der</strong> Menschenrechte <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />
von 1948 festgelegt ist. Dort heißt es: „Je<strong>der</strong> Mensch hat das Recht auf Bildung.“ Dieses<br />
Menschenrecht auf Bildung gilt für jeden Menschen. D.h.: Es ist frei von Diskrim<strong>in</strong>ierung zu<br />
gewährleisten ist. Je<strong>der</strong> junge Mensch soll deshalb e<strong>in</strong> Recht auf 13 Jahre Bildung haben,<br />
davon 10 Jahre <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>en <strong>Schule</strong> für Alle und 3 Jahre Studienvorbereitung bzw. Berufsbildung.<br />
L<strong>in</strong>ke und fortschrittliche Kräfte kämpfen seit über 150 Jahren <strong>in</strong> Deutschland gegen die<br />
Standessschule und für die E<strong>in</strong>heitsschule bzw. E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für Alle.<br />
� So ist bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hamburgischen Verfassung von 1849 auf Drängen des Leiters <strong>der</strong><br />
Jüdischen Armenschule Dr. Anton Ree die „Volksschule für alle“ beschlossen worden.<br />
Lei<strong>der</strong> ist diese Verfassung nicht <strong>in</strong> Kraft getreten, weil preußische Truppen die Verfassungsgebende<br />
Versammlung 1850 ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrieben haben.<br />
� 1905 hat die damalige, noch fortschrittliche Sozialdemokratie auf ihrem Heidelberger<br />
Parteitag die E<strong>in</strong>heitsschule <strong>in</strong>s Programm aufgenommen.<br />
� Am 14. Mai 1919 hat die Hamburgische Bürgerschaft <strong>–</strong> im Zuge <strong>der</strong> Novemberevolution<br />
von 1918 und auf Initiative des Arbeiter- und Soldatenrats <strong>–</strong> das „Gesetz betreffend die<br />
E<strong>in</strong>heitsschule“ beschlossen. Damit wurden die bis dah<strong>in</strong> üblichen Vorschulen und damit<br />
die Aufteilung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> schon ab Klasse 1 auf unterschiedliche Vorschulen verboten<br />
und stattdessen die Grundschule als e<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für alle und die Lehr- und Lernmittelfreiheit<br />
e<strong>in</strong>geführt. Dazu hat die L<strong>in</strong>ksfraktion im letzten Jahr e<strong>in</strong>e Gedenkveranstaltung<br />
durchgeführt.<br />
Die E<strong>in</strong>heitsschule haben die reaktionären Kräfte mit den unterschiedlichsten Behauptungen<br />
zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n versucht. So wurde behauptet, man dürfe nichts übereilen, man müsse sich<br />
Zeit lassen, es sei zu teuer. O<strong>der</strong>: Es dürfe nicht so viele Gebildete geben, weil man auch<br />
Dienstboten brauche. O<strong>der</strong>: Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> unteren Klassen würden die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> besseren<br />
Kreise ver<strong>der</strong>ben.<br />
Heute ist die Grundschule bzw. die E<strong>in</strong>heitsschule die erfolgreichste <strong>Schule</strong> Deutschland.<br />
Ke<strong>in</strong>er würde auf die Idee kommen, sie wie<strong>der</strong> abschaffen zu wollen. Im Grundgesetz ist<br />
deshalb die frühe Aufteilung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> schon ab Klasse 1 ausdrücklich verboten.<br />
2.2 <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht<br />
Solange die K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach Klasse 4 bzw. 6 auf verschiedene Schulformen wie Gymnasium,<br />
Haupt- o<strong>der</strong> Realschule aufgeteilt werden, for<strong>der</strong>t <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>, dass alle<strong>in</strong> die Eltern entscheiden,<br />
auf welche Schulform ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> gehen.<br />
� <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist gegen jegliche Sortiererei. Ke<strong>in</strong> Lehrer und ke<strong>in</strong>e Lehrer<strong>in</strong> kann von Zehnjährigen<br />
vorhersagen, wie sich diese mit 15 o<strong>der</strong> 18 Jahren entwickelt haben werden. Was<br />
man aber prognostizieren kann, ist, dass man die Schulverlierer erst produziert, wenn<br />
man die 10-Jährigen <strong>in</strong> Haupt- o<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>schulen steckt.<br />
� Dagegen lehnt die CDU e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht ab, weil dies „e<strong>in</strong> ‚Gymnasium für<br />
alle’ durch die H<strong>in</strong>tertür e<strong>in</strong>führen“ würde. Die Eltern dürfen nur die Vorentscheidung fällen,<br />
die <strong>Schule</strong> soll die Letztentscheidung behalten: „Am Ende von Klasse 6 treffen die<br />
<strong>Schule</strong>n nach Beratung mit den Eltern daher auch künftig alle<strong>in</strong>e die Entscheidung über<br />
die weitere Schullaufbahn.“ (Antrag <strong>der</strong> CDU-Bürgerschafts-Abgeordneten Robert He<strong>in</strong>emann<br />
u.a. vom 12.12.07)<br />
2
� Gerade jetzt hat die KESS-Studie (Kompetenzen und E<strong>in</strong>stellungen von Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schülern 8) gezeigt, dass 40 % <strong>der</strong> Gymnasialempfehlungen nach Klasse 4 falsch<br />
s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> <strong>der</strong>art fehlerhaftes System darf nicht weiter betrieben werden.<br />
� Aber nicht nur das: Bevorzugt werden dabei die ohneh<strong>in</strong> Privilegierten und benachteiligt<br />
werden die ohneh<strong>in</strong> Benachteiligten. K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Führungskräften haben <strong>in</strong> Deutschland <strong>–</strong><br />
bei gleicher Leseleistung! <strong>–</strong> e<strong>in</strong>e rund drei Mal größere Chance, e<strong>in</strong>e Gymnasial-<br />
Empfehlung zu bekommen, als K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Facharbeitern. (Spiegel-Onl<strong>in</strong>e vom 19.04.2010<br />
über die vertiefte Auswertung <strong>der</strong> Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung 2006).<br />
� Die IGLU-Forscher fragen, was man gegen „das unvermeidliche Ausmaß <strong>der</strong> Fehlentscheidungen“<br />
machen kann. „Aus ihrer Sicht spricht vieles dafür, e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d eher auf e<strong>in</strong>e<br />
höhere <strong>Schule</strong> gehen zu lassen: im Zweifel für das Gymnasium. Die Forscher plädieren<br />
für e<strong>in</strong>en ‚pädagogischen Optimismus’, da erfahrungsgemäß viele Schüler, denen die Lehrer<br />
ke<strong>in</strong>e Eignung für das Gymnasium besche<strong>in</strong>igt hätten, dort nicht scheiterten.“<br />
Im jetzigen Volksentscheid geht es nicht um diese weitreichenden Vorschläge DER <strong>LINKE</strong>N.<br />
Es geht um die sechsjährige <strong>Prima</strong>rschule und das Elternwahlrecht nach Klasse 6. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
kämpft für e<strong>in</strong> NEIN zur Initiative „Wir wollen lernen“ und für e<strong>in</strong> JA zur <strong>Prima</strong>rschule. Schulfragen<br />
s<strong>in</strong>d Klassenfragen. Durch das längere geme<strong>in</strong>same Lernen werden die Bevorzugung<br />
<strong>der</strong> oberen Klassen und die Benachteiligung <strong>der</strong> unteren Klassen verr<strong>in</strong>gert. Wir me<strong>in</strong>en, dass<br />
es e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung ist.<br />
3 Sechs gute Gründe für e<strong>in</strong> JA zur Schulverbesserung und zur<br />
<strong>Prima</strong>rschule<br />
3.1 Das Schulsystem muss verbessert werden, weil es zu viele Verlierer<br />
produziert<br />
Das bestehende Schulsystem muss dr<strong>in</strong>gend verbessert werden, damit alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />
e<strong>in</strong>e Chance auf Arbeit, Beruf und Zukunft bekommen. Denn:<br />
� Fast 30 % <strong>der</strong> 15-Jährigen <strong>in</strong> Hamburg können nicht richtig lesen. In F<strong>in</strong>nland s<strong>in</strong>d es<br />
nur 5 %.<br />
� Jungen s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s benachteiligt. So haben nur 30 % <strong>der</strong> Jungen das Abitur erworben,<br />
aber 40 % <strong>der</strong> Mädchen. Dagegen s<strong>in</strong>d 63 % <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>schüler Jungen.<br />
� Nur 40 % <strong>der</strong> Bewerber<strong>in</strong>nen und Bewerber für e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz erhalten auch<br />
e<strong>in</strong>e Lehrstelle.<br />
� Fast die Hälfte <strong>der</strong> Lehrstellen gehen an Nicht-HamburgerInnen.<br />
� Die Frühauslese nach Klasse 4 ist fehlerhaft und sozial ungerecht: 40 % <strong>der</strong> Gymnasialempfehlungen<br />
nach Klasse 4 s<strong>in</strong>d falsch und K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Führungskräften haben <strong>in</strong><br />
Deutschland <strong>–</strong> bei gleicher Leseleistung! <strong>–</strong> e<strong>in</strong>e rund drei Mal größere Chance, e<strong>in</strong>e Gymnasial-Empfehlung<br />
zu bekommen, als K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Facharbeitern (siehe auch Seite 3).<br />
3.2 Die Grundschule ist die beste <strong>Schule</strong> Deutschlands<br />
� Bei PISA 2000 hat Deutschland bei <strong>der</strong> Leseleistung <strong>der</strong> 15-Jährigen nur e<strong>in</strong>en Platz im<br />
unteren Drittel erreicht (Platz 21 von 28 Län<strong>der</strong>), dagegen bei IGLU e<strong>in</strong>en Platz im oberen<br />
Drittel (Platz 11 von 34 Län<strong>der</strong>n). „Die Grundschulen haben ihre Hausaufgaben gemacht“,<br />
heißt es daher <strong>in</strong> <strong>der</strong> IGLU-Studie.<br />
3
� Die deutschen Gymnasien schneiden nur mittelmäßig ab. So erreichen die höchste Lesekompetenzstufe<br />
5 <strong>in</strong> <strong>der</strong> f<strong>in</strong>nischen E<strong>in</strong>heitsschule doppelt so viele Jugendliche wie <strong>in</strong><br />
Deutschland.<br />
� Die Grundschulen machen den besten Unterricht. Zu diesem Ergebnis kam auch die<br />
Schul<strong>in</strong>spektion <strong>in</strong> Hamburg (Behörde für <strong>Schule</strong> und Berufsbildung (Hg.), Bildungsbericht<br />
Hamburg 2009, S. 176)<br />
Wenn nun die beste <strong>Schule</strong> um zwei Jahre verlängert wird, dann kann es nur besser werden.<br />
3.3 Die <strong>Prima</strong>rschule sorgt für mehr Gerechtigkeit<br />
Heutzutage müssen die Eltern und Lehrkräfte bereits nach 4 Jahren entscheiden, auf welche<br />
Schulform e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d gehen soll. Diese Frühauslese sorgt für viele Ungerechtigkeiten (siehe:<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht). Viele K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Jungen, s<strong>in</strong>d Spätentwickler.<br />
Sie werden durch die Frühauslese beson<strong>der</strong>s benachteiligt. Wenn sie erst e<strong>in</strong>mal<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Schule</strong> e<strong>in</strong>sortiert s<strong>in</strong>d, kommen sie aus dieser Sackgasse kaum wie<strong>der</strong> heraus. Dadurch<br />
werden die SchulversagerInnen geradezu erst produziert. Viele erhalten deswegen<br />
ke<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz und ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e richtige Arbeit. Dies wirkt bei vielen SchülerInnen,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf Son<strong>der</strong>schulen, Haupt- und Realschulen demotivierend.<br />
Durch die <strong>Prima</strong>rschule haben Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen <strong>in</strong>sgesamt sechs Jahre<br />
Zeit, sich über die zukünftige Schullaufbahn Gedanken zu machen. Es ist für alle Beteiligten<br />
leichter, die Fähigkeiten und Neigungen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>zuschätzen. Gerade mit 12 Jahren entwickelt<br />
sich das logische und abstrakte Denken <strong>der</strong> Heranwachsenden.<br />
3.4 E<strong>in</strong> Elternwahlrecht <strong>in</strong> Klasse 6 ist besser<br />
Jetzt müssen die Eltern sich schon <strong>in</strong> Klasse 4 festlegen, auf welche <strong>Schule</strong> sie ihr K<strong>in</strong>d schicken<br />
sollen. Das ist viel zu früh.<br />
Ab Klasse 5 gilt das Elternwahlrecht nichts mehr. Denn dann entscheidet die <strong>Schule</strong>, ob das<br />
K<strong>in</strong>d auf <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> bleiben darf.<br />
Zukünftig können die Eltern sich Zeit lassen und nach 6 Schuljahren e<strong>in</strong>e gesichertere und<br />
verlässlichere Entscheidung fällen. Sie können auf e<strong>in</strong>e größere Erfahrungsgrundlage zurückblicken<br />
und ihr K<strong>in</strong>d hat schon <strong>in</strong> viel stärkerem Maße se<strong>in</strong>e Fähigkeiten und Neigungen entwickelt.<br />
Die Beobachtungsstufe des Gymnasiums entfällt. Sie umfasst die Klassen 5 und 6. In ihr werden<br />
zurzeit die SchülerInnen beobachtet, ob sie auf dem Gymnasium bleiben dürfen. Dies<br />
erzeugt viele Sorgen und Ängste bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Eltern.<br />
Zukünftig soll es <strong>in</strong> Klasse 7 des Gymnasiums e<strong>in</strong> Probejahr geben. Wer dann <strong>in</strong> Klasse 8 versetzt<br />
wird, darf bis Klasse 10 auf dem Gymnasium bleiben und kann auch nicht mehr sitzenbleiben<br />
o<strong>der</strong> abgeschult werden. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist gegen dies Probejahr und für e<strong>in</strong>e echtes<br />
Elternwahlrecht. Alle an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d gegen e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht, auch „Wir wollen lernen",<br />
weil, so Herr Scheuerl von WWL, dann „das Gymnasium überlaufen werden“ würde.<br />
3.5 Die <strong>Prima</strong>rschule ist familien- und elternfreundlicher<br />
Mit <strong>der</strong> 6-jährigen <strong>Prima</strong>rschule s<strong>in</strong>d viele für die Eltern angenehme Verbesserungen verbunden.<br />
Für e<strong>in</strong>e Reihe von ihnen hatte sich <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>in</strong> den Verhandlungen mit den schwarzgrünen<br />
Senat im Februar 2010 e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
� Das Büchergeld ist wie<strong>der</strong> abgeschafft.<br />
� Die Klassen werden auf 23 bzw. 19 SchülerInnen <strong>in</strong> benachteiligten Stadtteilen verkle<strong>in</strong>ert.<br />
4
� Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> bleiben nicht mehr sitzen, son<strong>der</strong>n werden <strong>in</strong>dividuell geför<strong>der</strong>t.<br />
� Eltern müssen sich weniger um Hausaufgaben kümmern.<br />
� Die Eltern haben <strong>in</strong> Klasse 6 das Recht zu entscheiden, auf welche <strong>Schule</strong> ihr K<strong>in</strong>d gehen<br />
soll. Sie müssen sich nicht schon nach 4 Jahren entscheiden, son<strong>der</strong>n haben 6 Jahre Zeit.<br />
� Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben 2 Jahre länger kurze Schulwege.<br />
� Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden <strong>in</strong>dividuell geför<strong>der</strong>t. Nachhilfe durch Eltern und kommerzielle Institute<br />
wird dadurch tendenziell überflüssig.<br />
3.6 Auch „bessere“ SchülerInnen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule besser<br />
geför<strong>der</strong>t<br />
Alle Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, auch „bessere“, profitieren von <strong>der</strong> 6-jährigen <strong>Prima</strong>rschule.<br />
Zum e<strong>in</strong>en wird es mehr mo<strong>der</strong>nen Unterricht bis Klasse 6 geben und zum an<strong>der</strong>en wird <strong>der</strong><br />
Fachunterricht ausgeweitet und mit ihm schon frührer begonnen.<br />
(1) Der Frontalunterricht ist die vorherrschende Unterrichtsform <strong>in</strong> Deutschland. Frontalunterricht,<br />
zum Beispiel <strong>in</strong> From von LehrerInvortrag, muss nicht schlecht se<strong>in</strong>. Schlecht ist<br />
aber, wenn <strong>der</strong> Frontalunterricht zu 80 bis 90 % die pädagogische E<strong>in</strong>heitskost <strong>in</strong> Deutschlands<br />
<strong>Schule</strong>n darstellt. Die Regel für den Frontalunterricht lautet, dass die Lehrkraft den Unterricht<br />
etwas über dem Durchschnitt ansetzen soll. Heraus kommt e<strong>in</strong> mittelmäßiger Durchschnitts-Unterricht,<br />
<strong>der</strong> sich an e<strong>in</strong>en Durchschnitts-Schüler bzw. e<strong>in</strong>e Durchschnitts-<br />
Schüler<strong>in</strong> wendet. Dadurch s<strong>in</strong>d die SchülerInnen über dem Durchschnitt unterfor<strong>der</strong>t und die<br />
unter dem Durchschnitt überfor<strong>der</strong>t. Fast alle langweilen sich <strong>in</strong> diesem Durchschnitts-<br />
Unterricht. Wilhelm Busch hat dies wie folgt karikiert: „Alles schläft und e<strong>in</strong>er spricht, dieses<br />
nennt man Unterricht.“ Für viele K<strong>in</strong><strong>der</strong> ist e<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiger Unterricht ermüdend und demotivierend.<br />
Sie passen nicht mehr auf und werden schlecht. Die Eltern müssen ihnen dann<br />
helfen o<strong>der</strong> Nachhilfeunterricht bezahlen, sofern sie das können.<br />
Der Frontalunterricht hängt eng mit dem mehrgliedrigen Schulsystem <strong>in</strong> Deutschland zusammen.<br />
Er ist geradezu <strong>der</strong> Nährboden dafür.<br />
� In e<strong>in</strong>em mehrgliedrigen Schulsystem müssen die SchülerInnen irgendwie auf die verschieden<br />
Schulformen aufgeteilt werden, <strong>in</strong>dem die SchülerInnen zu angeblich nie<strong>der</strong>en,<br />
mittleren und höheren Begabungstypen zusammengefasst werden. Diese Aufteilung auf<br />
verschiedene Schulformen nennt man äußere Differenzierung. Durch die äußere Differenzierung<br />
sollen gleichartige (homogene) Lerngruppen entstehen, <strong>in</strong> denen man den<br />
Frontalunterricht praktizieren kann. SchülerInnen, die nicht mitkommen, werden aussortiert,<br />
<strong>in</strong>dem man sie sitzen lässt o<strong>der</strong> abschult.<br />
� In e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>gliedrigen Schulsystem bzw. <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heitsschule, wie es die Grundschule<br />
o<strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule darstellt, hat es die Lehrkraft mit sehr unterschiedlichen Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler zu tun, weil hier alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> gehen,. Die Lehrkraft muss<br />
deshalb B<strong>in</strong>nendifferenzierung praktizieren. Das geme<strong>in</strong>same Lernen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n aus<br />
allen Klassen und Schichten muss auf diese unterschiedlichen K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>gehen und muss<br />
deswegen <strong>in</strong>dividualisierter Unterricht se<strong>in</strong>. Dieser ist vor allem von dem französischen<br />
L<strong>in</strong>ken Fre<strong>in</strong>et entwickelt worden und wird Offener Unterricht genannt. In vielen <strong>Schule</strong>n<br />
<strong>in</strong> Deutschland wird er schon praktiziert. Viele Erwachsene, die das nicht kennengelernt<br />
haben, können sich das nicht vorstellen, so wie die Höhlenbewohner im Gleichnis von Platon<br />
sich die die Menschen nur als Schatten vorstellen können.<br />
Wie sieht nun dieser Offene Unterricht aus? Immer wie<strong>der</strong> wird gefragt: „Geht das denn?“<br />
Dazu folgendes Beispiel: Im Offenen Unterricht planen die SchülerInnen ihren Unterricht<br />
weitgehend selbst. Zu Beg<strong>in</strong>n je<strong>der</strong> Woche erstellen sie ihren <strong>in</strong>dividuellen Wochenplan<br />
5
Dies geschieht <strong>in</strong> Absprache mit den LehrerInnen. Im Wochenplan schreiben die SchülerInnen<br />
auf, <strong>in</strong> welchem Lerngebiet sie wie viel bis zum Ende <strong>der</strong> Woche erledigen wollen. Dies<br />
kann für jeden Schüler bzw. jede Schüler<strong>in</strong> - entsprechend den eigenen Fähigkeiten, Neigungen<br />
und Notwendigkeiten - an<strong>der</strong>s aussehen.<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> Woche sollen die SchülerInnen selbst entscheiden, wann sie was aus dem Wochenplan<br />
erledigen wollen. So können die e<strong>in</strong>en über Hamburg forschen und die an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e<br />
Geschichte schreiben. Sie können es alle<strong>in</strong>, mit an<strong>der</strong>en, mit Hilfe von „HelferInnen“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
LehrerIn bearbeiten. Sie können es an ihrem Platz o<strong>der</strong> <strong>in</strong> verschiedenen Arbeitsecken (Forscherecke,<br />
Leseecke, Matheecke u.Ä.) tun. Wenn sie mit e<strong>in</strong>em Punkt des Wochenplans fertig<br />
s<strong>in</strong>d, tragen sie dies dort e<strong>in</strong> (Selbstkontrolle).<br />
Wenn SchülerInnen früher mit dem Wochenplan fertig s<strong>in</strong>d, können sie sich mit an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>gen<br />
beschäftigen. Wenn sie mit dem Wochenplan nicht fertig werden (weil sie sich mit an<strong>der</strong>en<br />
D<strong>in</strong>gen beschäftigt o<strong>der</strong> weil sie sich verplant haben), gibt es drei Möglichkeiten:<br />
� Sie arbeiten daran zu Hause am Nachmittag weiter. Hausaufgaben an sich gibt es nicht,<br />
was gut ist für Familien.<br />
� Sie versuchen es am Wochenende zu erledigen.<br />
� Sie berücksichtigen dies beim nächsten Wochenplan.<br />
Die LehrerInnen besprechen mit den SchülerInnen, warum sie den Wochenplan nicht geschafft<br />
haben.<br />
Neben <strong>der</strong> Wochenplanarbeit gibt es im Offenen Unterricht auch die geme<strong>in</strong>same Arbeit (wie<br />
Klassenrat, Turnen, Vor- und Nachbereiten von Projekten, Ausflüge u.Ä.) und die freie Arbeit,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> die SchülerInnen frei entscheiden können, was sie machen wollen (z.B. e<strong>in</strong> Spiel spielen,<br />
etwas basteln o.Ä.).<br />
Auf viele an<strong>der</strong>e D<strong>in</strong>ge des Offenen Unterrichts, wie Projekte, Arbeit mit Arbeitskarteien,<br />
Sach- und belletristischen Büchern, Wandzeitungen etc. soll hier nicht weiter e<strong>in</strong>gegangen<br />
werden. Deutlich dürfte jedoch geworden se<strong>in</strong>, dass die SchülerInnen hier viel selbst planen,<br />
viel selbst entscheiden, sich <strong>in</strong> starkem Maße selbst kontrollieren, viel - ohne Umwege über<br />
die Lehrkraft - mit an<strong>der</strong>en SchülerInnen kommunizieren und kooperieren.<br />
Der Offene Unterricht ist für alle Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler besser. Alle lernen nach ihrem<br />
Tempo. Ke<strong>in</strong>e und ke<strong>in</strong>er wird durch Belehren <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Lernen beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Der Offene Unterricht<br />
ist dadurch auch für „bessere“ SchülerInnen besser.<br />
Der Offene Unterricht hat aber auch „Nachteile“. Der Offene Unterricht erfor<strong>der</strong>t erheblich<br />
kle<strong>in</strong>ere Klassen. Er ist für LehrerInnen anspruchsvoller. Und auch die SchülerInnen s<strong>in</strong>d mehr<br />
gefor<strong>der</strong>t. Sie können nicht mehr e<strong>in</strong>fach „schlafen“.<br />
(2) In <strong>der</strong> 6-jährigen <strong>Prima</strong>rschule wird <strong>der</strong> Fachunterricht ausgeweitet und mit ihm wesentlich<br />
früher begonnen. Durch die <strong>Prima</strong>rschule beg<strong>in</strong>nt die weiterführende <strong>Schule</strong> im Grunde<br />
genommen schon ab Klasse 4. Englisch wird bereits ab Klasse 1 angeboten, Naturwissenschaften<br />
und an<strong>der</strong>en Fachunterricht gibt es ab Klasse 4. Fachlehrkräfte aus den Gymnasien<br />
werden ab Klasse 4 <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule unterrichten. Außerdem wird es Wahlpflichtkurse ab<br />
Klasse 5 geben. Die <strong>Prima</strong>rschule wird also nicht nur von <strong>der</strong> Pädagogik, son<strong>der</strong>n auch von<br />
den Fach<strong>in</strong>halten her wesentlich anspruchsvoller se<strong>in</strong>.<br />
6
4 Viele gute Gründe für e<strong>in</strong> NEIN zur Initiative „Wir wollen lernen"<br />
4.1 E<strong>in</strong> mieser Grund für e<strong>in</strong> Ja zu „Wir wollen lernen“<br />
Es gibt e<strong>in</strong>en Grund, im Volksentscheid für die Initiative „Wir wollen lernen“ zu stimmen:<br />
Wenn nur 30 % <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> des Gymnasium erfolgreich beenden, fallen 70 % als Konkurrenz<br />
auf dem Arbeitsmarkt weg. Wenn man sich nach unten abgrenzen und von unten niemanden<br />
hochkommen lassen will, dann ist man bei <strong>der</strong> Initiative „Wir wollen lernen“ richtig.<br />
Man sollte aber bedenken,<br />
� dass e<strong>in</strong>e Gesellschaft um so besser ist, je höher die Qualifikation se<strong>in</strong>er Mitglie<strong>der</strong> ist,<br />
� dass alle davon profitieren, wenn es <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft gut geht,<br />
� ob man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft leben will, <strong>in</strong> <strong>der</strong> man von Zu-Verlierern-gemachten umgeben<br />
ist.<br />
4.2 10 schlechte Gründe für „Wir wollen lernen“<br />
Die Initiative „Wir wollen lernen“ hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Flyer „10 Gründe für Ihre Stimme ...“ aufgeführt.<br />
Sie werden im Folgenden farblich blau dargestellt. Anschließend werden diese Halbwahrheiten<br />
und Unwahrheiten wi<strong>der</strong>legt.<br />
4.2.1 Der Trick mit dem Elternwahlrecht<br />
WWL behauptet:<br />
Nachgebessertes Elternwahlrecht funktioniert nicht<br />
Das Elternwahlrecht nach Klasse 6 mit dem Probejahr ausgerechnet im verflixten 7. Schuljahr<br />
auf dem Gymnasium halten wir für völlig falsch (mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pubertät).<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
"Wir wollen lernen“ behauptet, <strong>der</strong> Übergang auf e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e <strong>Schule</strong> nach Klasse 4 sei unproblematisch,<br />
nach Klasse 6 aber schlimm, weil dann ausgerechnet im „verflixten 7. Jahr“<br />
die Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pubertät seien. Dazu ist Folgendes zu sagen:<br />
� Zunächst e<strong>in</strong>mal: „Wir wollen lernen“ redet zwar viel vom Elternwahlrecht, um damit Eltern<br />
zu kö<strong>der</strong>n. Tatsächlich ist WWL aber gegen e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht, „weil dadurch<br />
die Gymnasien überlaufen würden“ (siehe <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> ist für e<strong>in</strong> echtes Elternwahlrecht<br />
und E<strong>in</strong> Elternwahlrecht <strong>in</strong> Klasse 6 ist besser).<br />
� Es ist zynisch, wenn „Wir wollen lernen“ so tut, als gäbe es beim Übergang nach Klasse 4<br />
für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Probleme. 40 % <strong>der</strong> Gymnasialempfehlungen s<strong>in</strong>d fehlerhaft. Nur 44 %<br />
<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> erhalten e<strong>in</strong>e Gymnasialempfehlung. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die nicht aufs Gymnasium kommen,<br />
empf<strong>in</strong>den dies häufig als demütigend.<br />
� In Berl<strong>in</strong>, Brandenburg und <strong>in</strong> fast allen Kantonen <strong>der</strong> Schweiz gibt es die sechsjährige<br />
<strong>Prima</strong>rschule. Dort ist nicht bekannt, dass die <strong>Prima</strong>rschule zu Pubertätsproblemen führt.<br />
� „Wir wollen lernen“ hat überkommene Pubertätsphantasien. Früher me<strong>in</strong>te man, erst <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Pubertät würde sich die Sexualität regen, wohl weil sich <strong>in</strong> dieser Zeit die sekundären<br />
Geschlechtsmerkmale ausbilden. Tatsächlich hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft die E<strong>in</strong>sicht<br />
durchgesetzt, dass sich die k<strong>in</strong>dliche Sexualität viel früher entwickelt.<br />
� E<strong>in</strong> Grund für die auftretenden Probleme zwischen K<strong>in</strong>d und Eltern kann die verbesserte<br />
Urteilsfähigkeit des K<strong>in</strong>des se<strong>in</strong>, wodurch das Handeln <strong>der</strong> Eltern eher <strong>in</strong> Frage gestellt<br />
7
und kritisiert wird. Zusätzlich verän<strong>der</strong>n sich mit <strong>der</strong> körperlichen Reifung auch die Rollen<br />
<strong>der</strong> Jugendlichen und sie wollen dementsprechend als Erwachsene behandelt werden. Insofern<br />
kann man es nur begrüßen, wenn e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wichtigsten Entscheidungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
SchülerInnenleben, <strong>der</strong> Übergang aufs Gymnasium o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Schulform, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Alter getroffen wird, <strong>in</strong> dem die Jugendlichen über e<strong>in</strong>e größere Reife und Urteilsfähigkeit<br />
verfügen. Es drängt sich <strong>der</strong> Verdacht auf, dass „Wir wollen lernen“ die Schulformentscheidung<br />
möglichst früh ansetzen will, damit die SchülerInnen nicht mitentscheiden und<br />
sich ggf. nicht wehren können.<br />
4.2.2 WWL ignoriert unwillkommene wissenschaftliche Ergebnisse<br />
WWL behauptet:<br />
Ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Studie belegt, dass 6-jährige <strong>Prima</strong>rschule besser ist<br />
KEINE e<strong>in</strong>zige Studie belegt, dass e<strong>in</strong>e Verlängerung <strong>der</strong> Grundschulzeit auf sechs Jahre positiv<br />
für Lerneffekte <strong>der</strong> Hamburger Schüler wäre.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
WWL „ignoriert unwillkommene Ergebnisse“ (so <strong>der</strong> Bildungsforscher Professor Matthias von<br />
Sal<strong>der</strong>n):<br />
� Der Fachbereich Erziehungswissenschaften <strong>der</strong> Universität Hamburg mit über 80 ProfessorInnen<br />
hat im April 2010 e<strong>in</strong>e öffentliche Fachtagung unter dem Titel „Längeres geme<strong>in</strong>sames<br />
Lernen <strong>in</strong> <strong>der</strong> sechsjährigen <strong>Prima</strong>rschule <strong>–</strong> Argumente <strong>der</strong> Erziehungswissenschaft“<br />
veranstaltet, zu <strong>der</strong> an die 400 TeilnehmerInnen gekommen waren (siehe<br />
http://www.epb.uni-hamburg.de/de/fakultaet/fachbereiche/erziehungswissenschaft).<br />
Die Zeitung „Die Welt“ berichtete darüber unter <strong>der</strong> Überschrift „Bildungsforscher sprechen<br />
sich für die <strong>Prima</strong>rschule aus“. Die Welt kommt zu dem Ergebnis: „Die Bewertung<br />
<strong>der</strong> Bildungsforscher fiel recht e<strong>in</strong>hellig aus: Sie glauben, dass das längere geme<strong>in</strong>same<br />
Lernen positive Auswirkungen haben dürfte <strong>–</strong> wenn es richtig umgesetzt wird“. Zum richtigen<br />
Umsetzen zählen sie vor allem kle<strong>in</strong>ere Klassen und e<strong>in</strong>e Fortbildung <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />
<strong>–</strong> alles Maßnahmen, die zur <strong>Prima</strong>rschule<strong>in</strong>führung gehören. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> geht davon aus,<br />
dass die 80 ProfessorInnen des Fachbereichs Erziehungswissenschaften die wissenschaftlichen<br />
Studien (wie PISA, TIMSS, IGLU, KESS und LAU) besser lesen können als WWL.<br />
� Auf <strong>der</strong> zuvor genannten Fachtagung setzte sich Professor Matthias von Sal<strong>der</strong>n mit den<br />
Argumenten von WWL ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die sich aus se<strong>in</strong>er Sicht „sehr leicht entkräften lassen“.<br />
Zum e<strong>in</strong>en griffen sie auf veraltete o<strong>der</strong> methodisch fehlerhafte Untersuchungen zurück,<br />
zum an<strong>der</strong>en würden aus Studien falsche Schlüsse gezogen o<strong>der</strong> unwillkommene<br />
Ergebnisse e<strong>in</strong>fach ignoriert.<br />
� Prof. Tillmann führte aus, dass die Befürchtung wissenschaftlich wi<strong>der</strong>legt sei, dass die<br />
<strong>Prima</strong>rschule die leistungsstärkeren Schüler bremse. Er bezog sich dabei auf die ELE-<br />
MENT-Studie von 2009 aus Berl<strong>in</strong>. Auf diese Studie soll im Folgenden näher e<strong>in</strong>gegangen<br />
werden.<br />
� ELEMENT ist die Abkürzung für „Erhebung zum Lese- und Mathematikverständnis Entwicklungen<br />
<strong>in</strong> den Jahrgangsstufen 4 bis 6 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>“. In Berl<strong>in</strong> gibt es <strong>–</strong> wie <strong>in</strong> Brandenburg<br />
und auch <strong>in</strong> Hamburg bis <strong>in</strong> die Mitte <strong>der</strong> 1950-er Jahre <strong>–</strong> die 6-jährige Grundschule.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs gibt es auch sogenannte grundständige Gymnasien, die bereits ab Klasse 4 beg<strong>in</strong>nen.<br />
93 % <strong>der</strong> SchülerInnen gehen auf die 6-jährige Grundschule, 7 % auf grundständige<br />
Gymnasien. Unbestritten ist: Die Lernzuwächse <strong>in</strong> <strong>der</strong> 6-jährigen Grundschule s<strong>in</strong>d<br />
größer als <strong>in</strong> den grundständigen Gymnasien ab Klasse 5 (siehe Tabelle 1).<br />
8
Tabelle 1 Leistungspunkte im Leseverständnis nach Schulklasse und Schulform <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
(S. 25)<br />
Ende Klasse 4 Ende Klasse 6 Lernzuwachs<br />
Grundschule 97,4 104,6 12,4<br />
grundständiges Gymnasium 113,8 119,4 9,6<br />
Ähnliches gilt für Mathe.<br />
Umstritten ist, ob die angeblich Leistungsstarken <strong>in</strong> den grundständigen Gymnasien mehr<br />
lernen. Dazu haben Prof. Jürgen Baumert, Direktor des Max-Plank-Instituts für Bildungsforschung<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Leiter <strong>der</strong> PISA-Studien, und se<strong>in</strong> Team e<strong>in</strong>e Reanalyse <strong>der</strong> gleichen<br />
Daten mit ca. 1.700 statistischen Zwill<strong>in</strong>gen durchgeführt. Die Studie hat den Titel:<br />
„Frühübergang an e<strong>in</strong> grundständiges Gymnasium - Übergang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e privilegiertes Entwicklungsmilieus?“<br />
Die Antwort lautet: Ne<strong>in</strong>:<br />
Danach ist <strong>der</strong> Lernzuwachs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grundschule mit 4,13 Leistungspunkten sogar etwas<br />
größer als <strong>in</strong> den grundständigen Gymnasien mit 3,96 (und <strong>in</strong> Mathe 10,13 bzw. 9,63; siehe<br />
Tabelle 2).<br />
Tabelle 2 Leistungspunkte im Leseverständnis nach Schulklasse und Schulform bei „statistischen<br />
Zwill<strong>in</strong>gen“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
Ende Klasse 5 Ende Klasse 6 Lernzuwachs<br />
Grundschule 119,03 123,16 4,13<br />
grundständiges Gymnasium 119,29 123,25 3,96<br />
4.2.3 WWL br<strong>in</strong>gt Klassenverbände und Schuljahrgänge durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
und kann nicht rechnen<br />
WWL behauptet:<br />
Hickhack um Noten und Klassenverbände<br />
Zunächst sollte beides abgeschafft werden, dann wie<strong>der</strong> doch nicht. Im März wurde dann e<strong>in</strong><br />
völlig unverständliches 90-Punkte-System angekündigt, welches im April nach heftigen Protesten<br />
„zur Beratung zurückgestellt“ wurde. Dieses H<strong>in</strong> und Her versteht ke<strong>in</strong> Bürger mehr<br />
und es zerstört unser Vertrauen <strong>in</strong> die Politik.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
„Wir wollen lernen“ br<strong>in</strong>gt hier Klassenverbände und Schuljahrgänge durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Die Klassenverbände<br />
sollten nie abgeschafft werden. Allerd<strong>in</strong>gs soll es nach Möglichkeit jahrgangsübergreifende<br />
Klassen geben. So s<strong>in</strong>d beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> Rell<strong>in</strong>ger Straße bei den<br />
„Delph<strong>in</strong>en“ Erst-, Zweit- und Drittklässler. Das funktioniert sehr gut.<br />
Das 90-Punkte-Notensystem ist nichts weiter als das 9-Noten-System aus den Gesamtschulen,<br />
dass alle Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen von Gesamtschulen kennen. Der Unterschied<br />
ist nur, dass e<strong>in</strong>e 2,1 e<strong>in</strong>e 21 wäre. Das Komma ist nach rechts versetzt, was für „Wir<br />
wollen lernen“ wohl schwer zu lernen ist.<br />
9
4.2.4 WWL ist gegen Europäische Standards<br />
WWL behauptet:<br />
„Europäische Standard“ ist ke<strong>in</strong> Argument<br />
In vielen Län<strong>der</strong>n mit „längerem geme<strong>in</strong>samen Lernen ist entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Privatschulanteil sehr<br />
hoch (z.B. Holland) o<strong>der</strong> die Ausstattung <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>n sehr viel besser (z.B. F<strong>in</strong>nland) o<strong>der</strong> die<br />
PISA-Werte s<strong>in</strong>d schlechter (z.B. Dänemark, Norwegen, Frankreich, Luxemburg, Spanien).<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Die Privat- bzw. Bezahlschulen haben bei PISA <strong>in</strong> Deutschland<strong>–</strong> entgegen weitverbreiteten<br />
Vorurteilen <strong>–</strong> nicht besser abgeschnitten als die Staatsschulen. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> will für das deutsche<br />
Schulwesen nicht nur e<strong>in</strong>e Orientierung an den „Europäische Standards“, son<strong>der</strong>n an<br />
den Standards <strong>der</strong> Spitzenlän<strong>der</strong>. Dazu s<strong>in</strong>d vor allem drei Standards wichtig: e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne<br />
räumliche Ausstattung, e<strong>in</strong>e optimale personelle Ausstattung und e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Schulstruktur<br />
mit Geme<strong>in</strong>schaftsschulen, <strong>in</strong> denn alle SchülerInnen bis Klasse 10 zusammen lernen. Diese<br />
drei Standards müssen zusammenkommen (siehe F<strong>in</strong>nland). Die <strong>Prima</strong>rschule ist e<strong>in</strong> Schritt<br />
<strong>in</strong> diese Richtung. WWL will dagegen alles beim Alten lassen, auf ke<strong>in</strong>en Fall soll etwas an <strong>der</strong><br />
überkommen Schulstruktur und Frühaufteilung <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler geän<strong>der</strong>t werden.<br />
4.2.5 WWL glaubt schon jetzt gewonnen zu haben<br />
WWL behauptet:<br />
Die vielen Unterschriften im Volksbegehren und die aktuellen Umfragen zeigen, dass e<strong>in</strong>e<br />
große Zahl <strong>der</strong> Hamburger die <strong>Prima</strong>rschule ablehnt.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Beim Volksbegehren von WWL hat <strong>der</strong> Landeswahlleiter nach 60.000 Unterschriften aufgehört<br />
zu zählen. Die Zahl 184.500 ist von WWL <strong>in</strong> den Raum gesetzt worden und nie von unabhängiger<br />
Seite überprüft worden.<br />
Ansonsten gilt, dass bei Wahlen nicht Umfragen entscheiden, die sich häufig als ungenau erwiesen<br />
haben, son<strong>der</strong>n die Wähler<strong>in</strong>nen und Wähler<strong>in</strong>nen. Der Wahlkampf hat erst begonnen.<br />
Viele s<strong>in</strong>d noch unentschieden. Abgerechnet wird am Schluss, nach dem 18. Juli.<br />
4.2.6 WWL will unfaire Tests<br />
WWL behauptet:<br />
Die Politik hat Test und freiwillige E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule abgelehnt.<br />
Wir haben dem Senat die Entrichtung von bis zu 50 freiwilligen <strong>Prima</strong>rschulen auch deshalb<br />
angeboten, weil wir daran glauben, dass Bildungsvielfalt für unser Bildungssystem wichtig ist.<br />
Der Senat hat sich e<strong>in</strong>em echten und unabhängigen Lernstands-Vergleichstest <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschulen<br />
wi<strong>der</strong>setzt. Warum?<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Die Initiative „Wir wollen lernen“ schlug <strong>in</strong> den Verhandlungen mit dem Senat vor, <strong>in</strong> Hamburg<br />
bis zu 50 <strong>Prima</strong>rschulen auf freiwilliger Basis e<strong>in</strong>zurichten und die an<strong>der</strong>en 4-jährigen Grundschulen<br />
zu erhalten. In solch e<strong>in</strong>em Schulversuch sollten dann immer wie<strong>der</strong> Lernstands-<br />
Vergleichstests durchgeführt werden. Die Zielsetzung war klar: Die 6. Klasse des Gymnasiums<br />
<strong>in</strong> Volksdorf wird verglichen mit <strong>der</strong> 6. Klasse <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule <strong>in</strong> Billstedt.<br />
Alles klar?!<br />
10
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> begrüßt, dass CDU und GAL sich nicht auf diesen Kuhhandel e<strong>in</strong>gelassen haben<br />
und am politischen Ziel e<strong>in</strong>er flächendeckenden und verb<strong>in</strong>dlichen E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule<br />
<strong>in</strong> Hamburg festgehalten haben.<br />
Außerdem hat die Bürgerschaft mit den Stimmen aller <strong>in</strong> ihr vertretenen Parteien am 3.3.10<br />
beschlossen, e<strong>in</strong>en ständigen Son<strong>der</strong>ausschuss e<strong>in</strong>zusetzen, <strong>der</strong> fortlaufend die materiellen<br />
und personellen sowie baulichen Voraussetzungen bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule überprüfen<br />
soll. Er kann auch unabhängige Gutachter heranziehen. Das gibt es sonst nirgends im<br />
ganzen Bundesgebiet.<br />
4.2.7 WWL will das deutsche Schulwesen nur mit „vorschulischer<br />
Sprachför<strong>der</strong>ung und guten Stadtteilschulen“ retten<br />
WWL behauptet:<br />
Vorschulische Sprachför<strong>der</strong>ung und gute Stadtteilschulen statt Experimente<br />
Statt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> teures <strong>Prima</strong>rschul-Experiment und teure Umbauten sollte das Geld lieber <strong>in</strong> die<br />
<strong>Schule</strong>n <strong>in</strong> sozialen Brennpunkten, <strong>in</strong> die vorschulischen Sprachbildung und die sorgfältige<br />
Umsetzung <strong>der</strong> Stadtteilschule <strong>in</strong>vestiert werden.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Falsch ist dieser Gegensatz. Richtig ist: Wir brauchen das alles: sowohl gute vorschulische<br />
Sprachför<strong>der</strong>ung wie beson<strong>der</strong>s gute <strong>Schule</strong>n <strong>in</strong> sozialen Brennpunkten, aber auch geme<strong>in</strong>sames<br />
längeres Lernen. Jetzt aber wird abgestimmt über die <strong>Prima</strong>rschule mit Klassenfrequenzen<br />
von 19 bzw. 23 SchülerInnen pro Klasse. Also: E<strong>in</strong> erster Schritt. Den aber muss<br />
man gehen, wenn man weiter will.<br />
4.2.8 WWL und „fehlende Lehrer“<br />
WWL behauptet:<br />
Fehlende Lehrer<br />
In Hamburg werden bis 2015 knapp 7.000 Lehrer <strong>in</strong> den Ruhestand gehen. Es wird unmöglich<br />
se<strong>in</strong>, diese zu ersetzen, weil <strong>in</strong> allen Bundeslän<strong>der</strong>n aus den gleichen Gründen Lehrer fehlen.<br />
Die kle<strong>in</strong>eren Klassen, die uns versprochen werden, werden also e<strong>in</strong> Wunschtraum bleiben.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Durch die Überalterung <strong>der</strong> Lehrerschaft müssen, wie e<strong>in</strong> Gutachten für die Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft ergeben hat, bis 2015 knapp 7.000 <strong>der</strong> über 15.000 LehrerInnen<br />
<strong>in</strong> Hamburg ersetzt werden. Dies ist altersbed<strong>in</strong>gt und hat mit <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschul-E<strong>in</strong>führung<br />
nichts zu tun. H<strong>in</strong>zu kommen knapp 1.000 LehrerInnen, die v.a. für kle<strong>in</strong>ere Klassen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Prima</strong>rschule bis 2016 gebraucht werden. Daraus ergibt sich e<strong>in</strong> hoher E<strong>in</strong>stellungsbedarf von<br />
<strong>in</strong>sgesamt etwa 8.000 LehrerInnen bis 2015. Trotzdem ist nicht zu befürchten, dass es nicht<br />
genügend LehrerInnen geben wird. Denn gegenwärtig kommt auf jede Lehrerstelle e<strong>in</strong> Überhang<br />
von fünf o<strong>der</strong> sechs BewerberInnen (so das Abendblatt vom 27.05.2010).<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> hat kritisiert, dass Hamburg se<strong>in</strong>en Lehrerbedarf auf Kosten an<strong>der</strong>er Bundeslän<strong>der</strong><br />
befriedigt. Sie hat deshalb gefor<strong>der</strong>t, dass Hamburg mehr LehrerInnen an <strong>der</strong> Uni und im Referendariat<br />
ausbilden muss. Zu begrüßen ist, dass nun <strong>der</strong> Hamburger Senat bis 2013 <strong>in</strong>sgesamt<br />
10 zusätzliche Hauptsem<strong>in</strong>are mit jeweils 45 Referendar<strong>in</strong>nen und Referendaren e<strong>in</strong>richten<br />
will, so dass <strong>in</strong>sgesamt zusätzlich 450 Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer ausgebildet werden.<br />
11
4.2.9 Die FDP hat die Gymnasien „geköpft“<br />
WWL behauptet:<br />
Ausbluten <strong>der</strong> Gymnasien<br />
Den Gymnasien werden (neben dem 13.) nun auch die Jahrgänge 5 und 6 weggenommen.<br />
Damit verlieren sie 1/3 ihrer Schüler und Lehrer. Manche Gymnasien sehen wir trotz an<strong>der</strong>s<br />
lauten<strong>der</strong> Aussagen gefährdet. Gymnasien mit Profilen und Zusatzangeboten wie Chören etc.<br />
werden dies mangels Masse nicht alle aufrecht erhalten können.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Die Axt an die Gymnasien hat e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigsten Verbündeten von WWL gelegt: die FDP. Im<br />
Jahr 2002 hat <strong>der</strong> damaligen Schulsenator Lange von <strong>der</strong> FDP den Gymnasien den Kopf (nämlich<br />
die Klasse 13) abgehauen und das 8-jährige Gymnasium Hals über Kopf e<strong>in</strong>geführt hat,<br />
ohne dass Kant<strong>in</strong>en für die SchülerInnen o<strong>der</strong> entsprechende Lehrpläne gesorgt war. Es wurde<br />
den SchülerInnen und ihren Eltern überlassen, wie sie mit dem Chaos fertig werden. Damals<br />
war von den konservativen Kreisen nichts zu hören. Noch heute haben es SchülerInnen<br />
und Eltern mit den chaotischen Folgen dieser verfehlten FDP-Schulpolitik zu tun. In diesem<br />
Jahr steht e<strong>in</strong> doppelter Abiturientenjahrgang vor <strong>der</strong> Tür. Und wie<strong>der</strong> stehen die SchülerInnen<br />
und ihre Eltern alle<strong>in</strong> da. Statt <strong>der</strong> versprochenen besseren Wettbewerbsfähigkeit haben<br />
sie es jetzt mit e<strong>in</strong>em erhöhten Wettbewerb um Studien- und Ausbildungsplätzen zu tun.<br />
4.2.10 WWL ist gegen die Sanierung <strong>der</strong> „verrotteten“ <strong>Schule</strong>n<br />
WWL behauptet:<br />
Mehr Geld für s<strong>in</strong>nvolle Maßnahmen<br />
Die m<strong>in</strong>destens 500 Millionen Euro <strong>–</strong> an<strong>der</strong>e Schätzungen sprechen von 1,2 Milliarden Euro <strong>–</strong><br />
für bauliche Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen für <strong>Prima</strong>rschulen können e<strong>in</strong>gespart und<br />
s<strong>in</strong>nvoll dort e<strong>in</strong>gesetzt werden, wo sie wirklich dr<strong>in</strong>gend nötig s<strong>in</strong>d.<br />
Dagegen sagt <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>:<br />
Falsch: Bis 2016 sollen <strong>in</strong>sgesamt 435 Mio. Euro für die Abschaffung des Büchergeldes, mehr<br />
LehrerInnen wg. kle<strong>in</strong>erer Klassen, LehrerInnenfortbildung, neue und mo<strong>der</strong>nisierte Schulräume,<br />
E<strong>in</strong>setzung e<strong>in</strong>es Son<strong>der</strong>ausschusses und wissenschaftliche Begleitung <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule<strong>in</strong>führung<br />
ausgegeben werden. Für Baumaßnahmen kommen noch e<strong>in</strong>mal 390 Mio. €<br />
h<strong>in</strong>zu. Letztere ergeben sich vor allem dadurch, dass die Klassen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschule auf 23<br />
bzw. 19 SchülerInnen verkle<strong>in</strong>ert werden. Deswegen müssen 288 neue Klassenräume gebaut<br />
werden.<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> begrüßt, dass die Klassen endlich verkle<strong>in</strong>ert werden. Das kostet Geld und ist <strong>–</strong> im<br />
Gegensatz zu Bankenrettung, Elbphilharmonie usw. - s<strong>in</strong>nvoll ausgegebenes Geld. Es ist<br />
schlimm, wenn „Wir wollen lernen“ beim Schulbau kürzen will. Vielmehr müsste erheblich<br />
mehr <strong>in</strong> den Schulbau <strong>in</strong>vestiert werden. Schon am 12.02.2003 titelte das Abendblatt: „Hamburgs<br />
<strong>Schule</strong>n verrotten: Baumängel, Schimmel, defekte Fenster, Wasserschäden - jede zweite<br />
<strong>Schule</strong> muss saniert werden. Doch das Geld fehlt“. Damals betrug <strong>der</strong> Sanierungsstau gut<br />
2 Mrd. €, mittlerweile hat er sich auf 3,4 Mrd. € aufsummiert. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> me<strong>in</strong>t: Es ist unverantwortlich,<br />
unserer K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen ich verrottete <strong>Schule</strong> gehen zu lassen. Wenn<br />
jetzt im Zuge <strong>der</strong> <strong>Prima</strong>rschul-E<strong>in</strong>führung etwas dagegen getan wird, ist das gut.<br />
4.3 „Wir wollen lernen“: „Viel Macht und viel List ...“<br />
Hamburg hat e<strong>in</strong>e Reihe von Volks<strong>in</strong>itiative erlebt. Ihnen allen war geme<strong>in</strong>, dass sie mit wenig<br />
Geld, dafür aber mit umso mehr Aktivist<strong>in</strong>nen und Aktivisten für e<strong>in</strong>e gute Sache angetreten<br />
12
s<strong>in</strong>d, um beim Volk von Hamburg für ihre Sache zu werben. Mit <strong>der</strong> Initiative „Wir wollen lernen“<br />
hat die Volksgesetzgesetzgebung e<strong>in</strong>e neue, unschöne Qualität erreicht. Dafür sollen im<br />
Folgenden e<strong>in</strong>ige Beispiel genannt werden.<br />
4.3.1 Mächtige Helfer und H<strong>in</strong>termänner<br />
Die Initiative „Wir wollen lernen“ verfügt über viel Geld. Sie hat alle<strong>in</strong> beim Volksbegehren im<br />
Herbst letzten Jahres nach eigenen Angaben über 180.000 € ausgegeben. Zum Vergleich: Der<br />
Volks<strong>in</strong>itiative „E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für Alle“ standen für ihr Volksbegehren nur 40.000 € zur Verfügung.<br />
Durch das viele Geld war es „Wir wollen lernen“ beispielsweise möglich, e<strong>in</strong>e Werbeagentur<br />
mit e<strong>in</strong>em hauptamtlichen Kampagnenleiter zu bezahlen, die Stadt von e<strong>in</strong>er Firma<br />
beschil<strong>der</strong>n und plakatieren zu lassen, halbseitige Anzeigen <strong>in</strong> großen Zeitungen zu schalten,<br />
ihre Unterschriftenliste den Zeitungen beizulegen, bezahlte Sammler e<strong>in</strong>zusetzen und e<strong>in</strong> teures<br />
Büro <strong>in</strong> bester Lage <strong>in</strong> <strong>der</strong> City anzumieten. Dies war e<strong>in</strong>malig.<br />
Interessant wäre es nun gewesen zu erfahren, woher „Wir wollen lernen“ dies viele Geld bekommen<br />
hat. Transparenz ist e<strong>in</strong>e Grundvoraussetzung bei Wahlen, um so e<strong>in</strong>e „gekaufte<br />
Demokratie“ zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. So hat <strong>der</strong> Regierende Bürgermeister von Berl<strong>in</strong>, Klaus Wowereit,<br />
nach schlechten Erfahrungen mit rechten, geldkräftigen Volks<strong>in</strong>itiativen wie Pro Reli o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Flughafen-Tempelhof-Initiative <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> „e<strong>in</strong> zu großes f<strong>in</strong>anzielles Ungleichgewicht zwischen<br />
beiden Seiten“ kritisiert und „Spendentransparenz“ gefor<strong>der</strong>t. „Wowereit nannte es ‚richtig<br />
und fair’, wenn die Träger e<strong>in</strong>es Volksbegehrens ihre Spenden stärker offenlegen müssten.<br />
‚Die Parteien müssen es ja auch - warum sollte es dann nicht genauso <strong>in</strong> diesem Bereich gelten?’“<br />
(taz vom 26.03.2009)<br />
Der schwarzgrüne Senat hat es <strong>–</strong> trotz wie<strong>der</strong>holter Anfragen <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ksfraktion <strong>–</strong> versäumt,<br />
dafür zu sorgen, dass das Volksabstimmungsgesetz so geän<strong>der</strong>t wird, dass Initiativen wie<br />
„Wir wollen lernen“ ihre f<strong>in</strong>anziellen Quellen offenlegen müssen. Die Wähler<strong>in</strong>nen und Wähler<br />
haben e<strong>in</strong> Recht darauf, dies zu erfahren. So bleibt es völlig im Dunkeln, woher Wwl so viel<br />
Geld bekommen hat. Mit Schreiben vom 26.03.2010 hat Wwl dem Landeswahlleiter mitgeteilt,<br />
sie hätten alle ihre Gel<strong>der</strong> von dem Vere<strong>in</strong> „'Initiative Wir wollen lernen <strong>–</strong> För<strong>der</strong>vere<strong>in</strong><br />
für bessere Bildung <strong>in</strong> Hamburg e.V.’ als Spende“ bekommen.<br />
Der Trick beruht darauf, dass alles Geld von e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong>, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Spen<strong>der</strong> nicht veröffentlichen<br />
muss, e<strong>in</strong>gesammelt wurde und dieser Vere<strong>in</strong> dann e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>maligen Betrag an Wwl<br />
spendete. So schreibt die MoPo vom 12.04.2010: „Moniert wird, dass Scheuerl die Spen<strong>der</strong><br />
nicht offenlegen muss, da die Spenden über e<strong>in</strong>en extra gegründeten Vere<strong>in</strong> gesammelt werden.<br />
Der Vere<strong>in</strong> h<strong>in</strong>gegen muss se<strong>in</strong>e Spen<strong>der</strong> gegenüber <strong>der</strong> Bürgerschaft nicht offenlegen.“<br />
(MoPo vom 12.04.2010, ähnlich die taz <strong>in</strong> ihrem Artikel vom 12.04.2010 „Transparenz umschifft:<br />
SCHULREFORM-GEGNER ‚Wir wollen lernen’ tarnt E<strong>in</strong>zelspenden: 240.000 Euro vom<br />
För<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>“). In <strong>der</strong> Parteienf<strong>in</strong>anzierung ist so etwas seit <strong>der</strong> Flick-Affäre und dem Parteispendenskandal<br />
<strong>der</strong> 1980-er Jahre verboten.<br />
H<strong>in</strong>zu kommt, dass die Spr<strong>in</strong>germedien (Hamburger Abendblatt, „Bild“ und Die Welt) völlig<br />
e<strong>in</strong>seitig und unfair e<strong>in</strong>en Kampagnenjournalismus für „Wir wollen lernen“ betreibt. Dabei ist<br />
das Hauptmittel das permanente Bequatschen und Befragen von WWL und das Beschweigen<br />
<strong>der</strong> Gegenseite. Das belegen folgende Zahlen: Als die Volks<strong>in</strong>itiative „E<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> für Alle“ im<br />
Spätsommer 2008 ihr Volksbegehren durchgeführt hat, hat das Abendblatt <strong>in</strong> den 21 Tagen<br />
zwei Artikel dazu gebracht, die auch noch mit negativen Untertönen gespickt waren. Als aber<br />
„Wir wollen lernen“ ihr Volksbegehren im Herbst 2009 veranstalte, hat das Abendblatt alle<strong>in</strong><br />
18-mal zumeist wohlwollende Artikel veröffentlicht. E<strong>in</strong>e bessere, kostenlose Werbung kann<br />
es für „Wir wollen lernen“ gar nicht geben. Noch schlimmer ist „Bild“, wobei <strong>in</strong> dem Blatt offen<br />
gegen die Schulverbesserung Stimmung gemacht wird. So wurde von <strong>der</strong> Schüler-Demo<br />
als „Schulschwänzer-Demo“ verunglimpft o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Überschrift „Stadt pleite! Schulreform<br />
13
kostet 880 Millionen Euro“ so getan, als ob Hamburg wegen <strong>der</strong> Schulreform pleite wäre (und<br />
nicht wegen <strong>der</strong> HSH-Nordbank, <strong>der</strong> Elbphilharmonie und dem Verzicht auf Besteuerung von<br />
Vermögen, Erbschaften usw.).<br />
Schließlich sollen nicht die „fe<strong>in</strong>en Kreise“ <strong>der</strong> Hansestadt unerwähnt bleiben. Sie wählen<br />
gern die unauffällige Art und bleiben im H<strong>in</strong>tergrund. Die taz vom 11.11.09 berichtete während<br />
des Volksbegehrens von Wir wollen lernen“ unter <strong>der</strong> Überschrift „Schulkampf im<br />
Shopp<strong>in</strong>g-Center“: „Nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Medienaufmerksamkeit, auch bei ganz praktischen D<strong>in</strong>gen<br />
genießt die Volks<strong>in</strong>itiative ‚Wir wollen lernen’ (Wwl) Vorteile gegenüber an<strong>der</strong>en Initiativen.<br />
Sie dürfen zum Beispiel im Harburger Phönix-E<strong>in</strong>kaufscenter des Betreibers ECE Unterschriften<br />
sammeln.“ Die Schulverbesserer und <strong>Prima</strong>rschulanhänger mussten dagegen draußen<br />
vor <strong>der</strong> Tür bleiben. ECE gehört <strong>der</strong> Otto-Familie, <strong>der</strong> reichsten Familie Hamburgs. Genauso<br />
wie <strong>in</strong> Harburg wurde <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en drei E<strong>in</strong>kaufszentren von ECE <strong>in</strong> Hamburg verfahren,<br />
<strong>in</strong> großen Lebensmittelmärkten, Apotheken, Tankstellen und Arztpraxen.<br />
4.3.2 Drohungen, Verunglimpfungen und „handfeste“ Argumente<br />
Wer über schlechte Argumente, aber viel Geld und mächtige Freunde verfügt, <strong>der</strong> wird versuchen,<br />
se<strong>in</strong>e Gegner mit Drohungen und Abmahnungen e<strong>in</strong>zuschüchtern. Dafür e<strong>in</strong>ige Beispiele:<br />
� Auf <strong>der</strong> Sitzung des Schulausschusses <strong>der</strong> Bürgerschaft wurde unter <strong>der</strong> Regie von SPD-<br />
Schulpolitiker Ties Rabe Stimmung gegen die <strong>Prima</strong>rschule gemacht. Sie wurde als „totalitär“<br />
bezeichnet. „E<strong>in</strong>e ‚Entmündigung’ <strong>der</strong> Eltern bemängelte e<strong>in</strong>e 38-jährige Mutter aus<br />
Hamburg-W<strong>in</strong>terhude: ‚Es er<strong>in</strong>nert mich sehr an totalitäre Regime.’ (NDR 90,3 vom<br />
07.09.2009) Dies s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelfälle: „Walter Scheuerl, Sprecher <strong>der</strong> Volks<strong>in</strong>itiative<br />
‚Wir wollen lernen’, hat sich mit e<strong>in</strong>em NS-Vergleich völlig vergaloppiert. In e<strong>in</strong>er offenen<br />
Email behauptete Scheuerl, die <strong>Prima</strong>rschul-Pläne von Schulsenator<strong>in</strong> Christa Goetsch<br />
(GAL) hätten ‚e<strong>in</strong>e Tradition <strong>in</strong> <strong>der</strong> NS-Pädagogik des Erziehungswissenschaftlers Peter<br />
Petersen’. Nicht zum ersten Mal zieht Scheuerl e<strong>in</strong>en Vergleich mit dem Nationalsozialismus.<br />
Ende August warf er Goetsch vor, mit e<strong>in</strong>em Gesetzentwurf die "Gleichschaltung"<br />
<strong>der</strong> Privatschulen vorzubereiten - e<strong>in</strong> Begriff <strong>der</strong> Nazi-Ideologie.“ (Hamburger Abendblatt<br />
vom 8.10.09)<br />
� Rechtsanwalt Scheuerl beschimpfte e<strong>in</strong>e Schulleiter<strong>in</strong> als „fette Eule“, weil sie Unterschriften<br />
für die <strong>Prima</strong>rschule sammelte. (taz vom 19.09.2009)<br />
� Der Vorsitzende <strong>der</strong> Elternkammer <strong>in</strong> Hamburg, Peter Albrecht, klagte, die Initiative „Wir<br />
wollen lernen“ würde Methoden verwenden, „die an die Stasi er<strong>in</strong>nern“. Dazu schreibt die<br />
taz vom 19.09.2009 unter dem Titel „Big Scheuerl is watch<strong>in</strong>g you“: „H<strong>in</strong>tergrund ist<br />
e<strong>in</strong> Fest, dass die Initiative "Pro-Schulreform’ vergangenen Sonntag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Altonaer Fabrik<br />
feierte. ‘Anhänger von Scheuerl haben die Gäste fotografiert und die Bil<strong>der</strong> an Scheuerl<br />
gemailt’, berichtet Albrecht. Anschließend konfrontierte Scheuerl im Mailforum <strong>der</strong> Elternkammer<br />
Teilnehmer mit den visuellen Informationen. ‘Lassen Sie uns doch e<strong>in</strong>fach<br />
mal an ihren E<strong>in</strong>drücken vom kläglich besuchten Eulenfest teilhaben’, schrieb er beispielsweise<br />
an e<strong>in</strong>en Vater. ‘Nach den mir zugeleiteten Fotos waren Sie ja auch da.’ Und<br />
Forumsteilnehmer Alexan<strong>der</strong> Matthies ließ er wissen, er habe ihn vermisst. ‘Waren sie etwa<br />
wie<strong>der</strong> ,<strong>in</strong>kognito'?’ Und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dritten Mail fragt er, ob es die ‘m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>’<br />
von Initiativen-Sprecher<strong>in</strong> Stefanie von Berg waren, die auf dem Fest von ihrer <strong>Schule</strong> berichteten,<br />
und nennt dies ‘plumpe Goetsch-Propaganda, verpackt <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>stimmen’.“<br />
� „Scheuerl kämpft auch gegen ganz kle<strong>in</strong>e Gegner, wie die Initiative ‚Pro Schulreform’. Die<br />
wirbt mit e<strong>in</strong>er Eule im Superman-Kostüm für sich. Scheuerl schwärzt sie an. Folge: Abmahnung<br />
wegen Markenrechtsverletzung am Superman- Logo. Es drohen 150.000 Euro<br />
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Strafzahlung. E<strong>in</strong> hässliches Foul im Kampf gegen den politischen Gegner.<br />
Steffy von Berg, Initiative ‚Pro Schulreform’:<br />
‚Wir haben das Gefühl, das ist David gegen Goliath und auch jetzt s<strong>in</strong>d wir sehr, sehr vorsichtig<br />
mit dem, was wir tun, weil wir wissen, dass wir sehr mächtige Gegner haben.’<br />
Scheuerl erklärt auf Panorama-Nachfrage, es sei e<strong>in</strong> ‚völlig normaler Vorgang’ auf e<strong>in</strong>e solche<br />
Markenrechtsverletzung h<strong>in</strong>zuweisen.“ (Panorama vom 18. Februar 2010: „Kampf um<br />
Schulreform: Eliten wollen unter sich bleiben“)<br />
� Die Junge GEW bekam es ebenfalls mit e<strong>in</strong>er Abmahnung zu tun. Die JunglehrerInnen<br />
wollten am 28. Oktober 2010, dem Tag des Beg<strong>in</strong>ns des Volksbegehrens von „Wir wollen<br />
lernen“, e<strong>in</strong>en Flashmob zu <strong>der</strong>en Kampagnenbüro <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Mönckebergstraße<br />
veranstalten und dabei Masken von Sky-Du-Mont aufsetzen. Der Schauspieler ist <strong>der</strong><br />
Promi von Wwl. „Doch vom Flashmob bekamen auch die Reformgegner um den Blankeneser<br />
Anwalt Walter Scheuerl W<strong>in</strong>d. Die Anwaltskanzlei Graf von Westphalen - bei <strong>der</strong><br />
Scheuerl arbeitet - machte für Sky du Mont die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geltend.<br />
Streitwert: 50000 Euro.“ (MoPo vom 28.10.09) Die JunglehrerInnen haben deshalb<br />
ihre Demo mit weiß überp<strong>in</strong>selten Masken gemacht.<br />
� „Auch die Schulbehörde selbst nimmt Scheuerl <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Visier. Er lässt von mehreren Beamten<br />
Steckbriefe erstellen.<br />
Brigitte Köhnle<strong>in</strong>, Pressesprecher<strong>in</strong> Schulbehörde Hamburg:<br />
‚Fünf Mitarbeiter dieser Behörde, die damit beauftragt s<strong>in</strong>d, die Schulreform umzusetzen,<br />
haben Mails bekommen, <strong>in</strong> denen Angaben über ihren persönlichen Lebenslauf, über ihre<br />
berufliche, aber auch ihre politische Tätigkeit zum Beispiel aufgeführt wurden. Das ist sehr<br />
besorgniserregend, man muss das als e<strong>in</strong>e Art E<strong>in</strong>schüchterungsversuch werten.’<br />
Denn <strong>in</strong> den Schreiben stehen auch sehr persönliche Details, wie e<strong>in</strong>e ‚erfolglose Bewerbung’,<br />
o<strong>der</strong> ‚E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die deutsche kommunistische Partei’ <strong>in</strong> Jugendjahren. Unterschrieben:<br />
Walter Scheuerl. Er beruft sich darauf, es sei von öffentlichem Interesse, wer <strong>in</strong><br />
Hamburg die Schulreform durchsetze.<br />
Re<strong>in</strong> zufällig prangert die BILD- Zeitung kurz darauf den Ex-Kommunisten aus <strong>der</strong> Schulbehörde<br />
an. Im Text erwähnt: die Mitgliedschaft bei <strong>der</strong> DKP.“ (Panorama vom 18. Februar<br />
2010: „Kampf um Schulreform: Eliten wollen unter sich bleiben“)<br />
� Ole von Beust kritisierte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bürgerschaft die unfaire Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung im Rahmen<br />
des Volksentscheids. „’Mir hat <strong>der</strong> Chef von Budnikowsky erzählt, dass er E-Mails erhält,<br />
<strong>in</strong> denen Kunden mit e<strong>in</strong>em Boykott drohen, falls er se<strong>in</strong> Ja zur Schulreform nicht aufgibt’,<br />
sagte von Beust. ‚So geht man mit unterschiedlichen Me<strong>in</strong>ungen nicht um’, setzte er<br />
unter dem Beifall aller <strong>Fraktion</strong>en h<strong>in</strong>zu. (Hamburger Abendblatt vom 4. März 2010)<br />
� Die taz (vom 15.04.2010) berichtet unter dem Titel: „Oberschichts-Ausraster war nicht zu<br />
leugnen“: „Schulreformgegner muss nach e<strong>in</strong>em tätlichen Angriff auf e<strong>in</strong>en Gegendemonstranten<br />
Buß- und Schmerzensgeld zahlen. Verbündete versuchten vergeblich, den<br />
Angeklagten zu schützen: Mächtig hatte sich das hanseatische Kaufmanns-Ehepaar Magnus<br />
und Andrea von Z. aus den Hamburger Elbvororten für se<strong>in</strong>en Verbündeten gegen die<br />
Schulreform, Bundeswehroffizier Ulrich H., im Gerichtssaal <strong>in</strong>s Zeug gelegt. Am Ende<br />
stand dennoch e<strong>in</strong> Vergleich: H. zahlt dem Opfer e<strong>in</strong> Schmerzensgeld <strong>in</strong> Höhe von 250 Euro<br />
sowie 850 Euro Buße an e<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong> für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Denn für Richter<strong>in</strong> Meike<br />
Tetens gab es ke<strong>in</strong>en Zweifel, dass Ulrich H. aus dem fe<strong>in</strong>en Hamburger Stadtteil Othmarschen<br />
am 18. April vorigen Jahres den Gebäu<strong>der</strong>e<strong>in</strong>iger Thomas E. aus dem Arbeiterviertel<br />
Hamburg-Harburg angegriffen und zu Boden geschubst hat, um ihn e<strong>in</strong> Pappschild zu entreißen.<br />
H. hatte geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> befreundeten Familie von Z. und <strong>der</strong> Initiative ‚Wir<br />
wollen lernen’ für den Erhalt <strong>der</strong> Gymnasien nach dem vierten Schuljahr demonstriert. Die<br />
Demo war jedoch von Reform-Befürwortern auf dem Jungfernstieg gestoppt worden.<br />
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Thomas E. hatte sich dabei mit e<strong>in</strong>em Schild ‚Unterschicht grüßt Oberschicht - Eure <strong>Schule</strong><br />
wollen wir nicht’ vor den Reformgegnern postiert.“<br />
4.3.3 Woher kommen die UnterstützterInnen <strong>der</strong> Elbvororts<strong>in</strong>itiative?<br />
„Viele <strong>der</strong> Wortführer <strong>der</strong> Initiative s<strong>in</strong>d Rechtsanwälte. Geldgeber s<strong>in</strong>d Hamburger Unternehmer,<br />
die Unterstützer Grafen und an<strong>der</strong>e Adlige.“ (Panorama vom 18. Februar 2010:<br />
„Kampf um Schulreform: Eliten wollen unter sich bleiben“) Darauf deutet auch die regionale<br />
Herkunft <strong>der</strong> UnterstützerInnen h<strong>in</strong>.<br />
Abbildung 1 Woher kommen die UnterstützerInnen <strong>der</strong> Elbvororts<strong>in</strong>itiative?<br />
(Stand: September 2009)<br />
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