Aufsichtspflicht bei der Kinder- und Jugendbetreuung
Aufsichtspflicht bei der Kinder- und Jugendbetreuung
Aufsichtspflicht bei der Kinder- und Jugendbetreuung
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<strong>Aufsichtspflicht</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendbetreuung</strong><br />
Marco Marco Nademleinsky<br />
Nademleinsky<br />
Rechtswissenschaftliche Fakultät Fakult t <strong>der</strong> Universität Universit t Wien
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen I<br />
§§ 1293 ff ABGB: wer einen Schaden<br />
rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft verursacht, muss ihn<br />
ersetzen.<br />
§ 1309 ABGB: ein Geschädigter Gesch digter kann Ersatz<br />
von <strong>der</strong>jenigen Person verlangen, welcher <strong>der</strong><br />
Schaden wegen einer Vernachlässigung Vernachl ssigung <strong>der</strong> ihr<br />
über ber ein Kind anvertrauten Obsorge<br />
<strong>bei</strong>gemessen werden kann.
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen II<br />
Verkehrssicherungspflicht: je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> einen<br />
„Verkehr Verkehr“ eröffnet er ffnet o<strong>der</strong> eine<br />
„Gefahrenquelle<br />
Gefahrenquelle“ schafft, hat im Rahmen<br />
des Zumutbaren die Verkehrsteilnehmer<br />
vor Gefahren zu schützen sch tzen o<strong>der</strong> zumindest<br />
zu warnen, damit niemand durch den<br />
bestimmungsgemäß<br />
bestimmungsgemäßen<br />
en o<strong>der</strong> nicht ganz<br />
fernliegenden Kontakt mit <strong>der</strong><br />
Gefahrenquelle einen Schaden nimmt.
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen III<br />
Wer tatsächlich tats chlich (faktisch) die Aufsicht über ber<br />
ein Kind führt, f hrt, hat eine „Garantenstellung<br />
Garantenstellung“.<br />
Mögliche gliche Strafbarkeit wegen fahrlässiger<br />
fahrl ssiger<br />
Körperverletzung rperverletzung o<strong>der</strong> fahrlässiger fahrl ssiger Tötung T tung<br />
(§§ §§ 88 bzw 80 StGB)<br />
Mögliche gliche Strafbarkeit wegen<br />
„Beitragst Beitragstäterschaft terschaft durch Unterlassen“<br />
Unterlassen<br />
(§§ §§ 2 <strong>und</strong> 12 StGB + Delikt des<br />
Jugendlichen)
Entstehen <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong><br />
Kraft Gesetz (Obsorgeberechtigte, Lehrer<br />
während hrend <strong>der</strong> Schulzeit)<br />
Vertrag (stillschweigende Übernahme) bernahme)<br />
„Einlassung Einlassung“ (zB aus Gefälligkeit;<br />
Gef lligkeit;<br />
Ingerenz, kraft Gesetz)
Inhalt <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong> -<br />
Gr<strong>und</strong>satz<br />
<strong>Aufsichtspflicht</strong>ige Personen haben dafür<br />
zu sorgen, dass die ihnen zur Aufsicht<br />
anvertrauten Kin<strong>der</strong> selbst nicht zu<br />
Schaden kommen <strong>und</strong> auch keinen<br />
an<strong>der</strong>en Personen Schaden zufügen.
Maß Ma <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong><br />
Das Maß <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong> bestimmt<br />
sich danach, welche Schädigung<br />
angesichts des Alters, <strong>der</strong> Eigenschaft <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Entwicklung des Kindes vorhersehbar<br />
ist <strong>und</strong> vom Aufsichtsführenden<br />
vernünftigerweise verhin<strong>der</strong>t werden kann.
Grenzen <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong><br />
Liegen darin, was angesichts des Alters,<br />
<strong>der</strong> Eigenschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung des<br />
Kindes vorhersehbar ist.<br />
Liegen darin, was vom Aufsichtsführenden<br />
Aufsichtsf hrenden<br />
vernünftigerweise<br />
vern nftigerweise verlangt werden kann.<br />
es geht also um …
… die richtige Abwägung Abw gung zwischen<br />
Sicherheitserfor<strong>der</strong>nissen des Kindes <strong>und</strong> seiner<br />
Erziehung zu einem verantwortungsbewussten<br />
Umgang mit Gefahren.<br />
„Nicht Nicht unbedingt das Fernhalten von jedem<br />
Gegenstand, <strong>der</strong> <strong>bei</strong> unsachgemäß<br />
unsachgemäßem<br />
em Umgang<br />
gefährlich gef hrlich werden kann, son<strong>der</strong>n gerade die<br />
Erziehung des Kindes zu<br />
verantwortungsbewusstem Hantieren mit einem<br />
solchen Gegenstand wird oft <strong>der</strong> bessere Weg<br />
sein, das Kind <strong>und</strong> Dritte vor Schäden Sch den zu<br />
bewahren. Hinzu kommt die Notwendigkeit<br />
frühzeitiger fr hzeitiger praktischer Schulung des Kindes,<br />
das seinen Erfahrungsbereich möglichst m glichst<br />
ausschöpfen aussch pfen soll.“<br />
soll.
… daraus folgt aber auch:<br />
ist konkret absehbar, dass ein Kind einen<br />
Schaden erleidet o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Schaden<br />
zufügt, zuf gt, müssen m ssen abstrakte<br />
Erziehungsaufgaben in den Hintergr<strong>und</strong><br />
treten <strong>und</strong> ist <strong>der</strong> Schadenseintritt nach<br />
aller Möglichkeit M glichkeit zu verhin<strong>der</strong>n.
Zwischenergebnis<br />
Sie erfüllen erf llen Ihre <strong>Aufsichtspflicht</strong>, wenn Sie<br />
die Gefahren für f r das Ihnen anvertraute<br />
Kind sowie die vom Kind möglicherweise<br />
m glicherweise<br />
ausgehenden Gefahren richtig<br />
einschätzen einsch tzen <strong>und</strong> in dieser Kenntnis eine<br />
pädagogisch dagogisch verantwortbare Entscheidung<br />
treffen.<br />
Das zu tun, erfor<strong>der</strong>t…<br />
erfor<strong>der</strong>t
Inhalt <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong> - Details<br />
1) Erk<strong>und</strong>igung über ber Gefahren<br />
2) Ausschalten von Gefahren; o<strong>der</strong><br />
Hinweise auf Gefahren; o<strong>der</strong> Anleitung<br />
zum richtigen Umgang mit Gefahren<br />
3) Kontrollen, Kontrollen,<br />
ob Hinweise <strong>und</strong><br />
Warnungen beachtet werden<br />
4) Eingreifen, wenn Hinweise <strong>und</strong><br />
Gefahren missachtet werden <strong>und</strong> Schaden<br />
droht
Erk<strong>und</strong>igungspflicht<br />
Umstände Umst nde in <strong>der</strong> Person des Kindes /<br />
Jugendlichen:<br />
- Krankheiten, Allergien, Behin<strong>der</strong>ungen<br />
- sportliche Voraussetzungen (Schwimmer<br />
/ Nichtschwimmer, Trittsicher etc)<br />
- im Laufe <strong>der</strong> Zeit: Charakter<br />
Örtliche rtliche Gegebenheiten ?<br />
Gefährliche Gef hrliche Gegenstände<br />
Gegenst nde ?
Anleitungs- Anleitungs <strong>und</strong> Warnpflicht<br />
Ungewöhnliche Ungew hnliche Gefahren, die aus-<br />
geschaltet werden können, knnen,<br />
ausschalten.<br />
Verkehrssicherungspflichtigen Behebung auffor<strong>der</strong>n.<br />
zur<br />
Kind/Jugendlichen den richtigen Umgang<br />
mit <strong>der</strong> Gefahr vermitteln.<br />
Letztlich auch Verbote erteilen.
Kontrollpflicht<br />
Art <strong>und</strong> Intensität Intensit t hängt h ngt von spezifischer<br />
Gefahr <strong>und</strong> Eigenschaft des Kindes ab.<br />
Faktor: Alter des Kindes<br />
Faktor: Betreuungsschlüssel<br />
Betreuungsschl ssel
Eingreifpflicht I<br />
Sinnvolle Reaktionsmöglichkeiten:<br />
Reaktionsm glichkeiten:<br />
- Ermahnen<br />
- Gegenstand wegnehmen<br />
- Kind von Gruppenaktivität Gruppenaktivit t ausschließen<br />
ausschlie en<br />
- Gruppenaktivität Gruppenaktivit t abbrechen<br />
- „auf auf das Zimmer schicken“ schicken<br />
- „in in den Zug setzen“ setzen<br />
Eltern informieren
Eingreifpflicht II<br />
Wenig sinnvolle Reaktionen<br />
- Verpflichtung zum Gemeinschaftsdienst<br />
- Kollektivbestrafung<br />
- Übertragung bertragung <strong>der</strong> „Strafgewalt<br />
Strafgewalt“ an an<strong>der</strong>e<br />
Gruppenmitglie<strong>der</strong><br />
Unzulässige Unzul ssige Reaktionen<br />
- Strafen mit Risiko für f r Ges<strong>und</strong>heit<br />
- Strafen mit „Prangereffekt<br />
Prangereffekt“<br />
- körperliche rperliche Züchtigung Z chtigung
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle I<br />
Warnung vor strafbaren Handlungen<br />
regelmäß regelmäßige<br />
ige Hinweise auf Verbot <strong>der</strong><br />
Begehung strafbarer Handlungen (insb<br />
Sachbeschädigung)<br />
Sachbesch digung)<br />
durch Ausgehregeln dafür daf r sorgen, dass<br />
Hinweise in Erinnerung bleiben <strong>und</strong><br />
möglichst glichst eingehalten werden
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle II<br />
sexuelle Betätigung Bet tigung Jugendlicher I<br />
Erscheint es zur Erfüllung Erf llung <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong><br />
pädagogisch dagogisch notwendig, können k nnen <strong>und</strong> sollen<br />
Fragen r<strong>und</strong> um die Sexualität Sexualit t entsprechend<br />
den herrschenden Moralvorstellungen<br />
thematisiert werden.<br />
Werden Sie aktiv um Rat gesucht, können k nnen sie<br />
auch auf konkrete Probleme eingehen <strong>und</strong> mit<br />
Rat unterstützend unterst tzend zur Seite stehen.
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle II<br />
sexuelle Betätigung Bet tigung Jugendlicher II<br />
Grenze 1: Sexualstrafrecht<br />
- Jugendleiter hat als „Garant Garant“ dafür daf r zu sorgen,<br />
dass die ihm anvertrauten Jugendlichen in ihrer<br />
sexuellen Selbstbestimmung nicht verletzt<br />
werden.<br />
- Bei vorsätzlicher vors tzlicher Untätigkeit Unt tigkeit (zB Ermöglichen<br />
Erm glichen<br />
o<strong>der</strong> wissentliches Nichteingreifen): Strafbarkeit<br />
wegen Beitragstäterschaft Beitragst terschaft durch Unterlassen.<br />
- Da<strong>bei</strong> unbeachtlich: ob jugendlichem Täter Tter<br />
selbst ein Schuldvorwurf gemacht werden kann<br />
(was zB nicht <strong>der</strong> Fall ist <strong>bei</strong> unter 14-jährigen).<br />
14 hrigen).
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle II<br />
sexuelle Betätigung Bet tigung Jugendlicher III<br />
sexuelle Selbstbestimmung im strafrechtlichen<br />
Sinn beginnt gr<strong>und</strong>sätzlich gr<strong>und</strong>s tzlich mit 14 Jahren<br />
(Mündigkeit). (M ndigkeit). Daher jedenfalls geschlechtliche<br />
Handlungen an Unmündigen Unm ndigen verboten<br />
Strafbar wird nach § 213 StGB wegen Kuppelei,<br />
wer eine min<strong>der</strong>jährige min<strong>der</strong>j hrige Person (alle unter 18<br />
Jahren!), die seiner Erziehung bzw Aufsicht<br />
untersteht, zu einer geschlechtlichen Handlung<br />
mit einer an<strong>der</strong>en Person verleitet o<strong>der</strong> einer<br />
solchen zuführt. zuf hrt.
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle II<br />
sexuelle Betätigung Bet tigung Jugendlicher IV<br />
Grenze 2: Erziehungsrecht <strong>der</strong> Eltern<br />
Stillschweigendes Einverständnis Einverst ndnis mit<br />
pädagogischem dagogischem Konzept des<br />
Veranstalters:<br />
Wallfahrt nach Mariazell o<strong>der</strong> Tenniskurs<br />
auf Ibiza?
Beson<strong>der</strong>e Fälle F lle II<br />
sexuelle Betätigung Bet tigung Jugendlicher V<br />
Zusammenfassung<br />
Jugendleiter sollten, um „auf auf <strong>der</strong> sicheren Seite zu<br />
stehen“ stehen<br />
Sexuellen Kontakten zwischen Jugendlichen<br />
vorbeugen, auch wenn die Betreffenden<br />
„au außerhalb erhalb“ ein Paar sind. Daher<br />
kein gemeinsames Übernachten<br />
bernachten<br />
<strong>bei</strong> konkreten Anhaltspunkten für f r sexuelle<br />
Handlungen einschreiten
Voraussetzungen <strong>der</strong> Haftung I<br />
Schaden (materiell o<strong>der</strong> immateriell)<br />
Schaden ist aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Aufsichtspflicht</strong>-<br />
verletzung entstanden <strong>und</strong> hätte h tte vom<br />
Aufsichtsführenden Aufsichtsf hrenden verhin<strong>der</strong>t werden<br />
können nnen. .<br />
Schaden hätte h tte vom Aufsichtsführenden<br />
Aufsichtsf hrenden<br />
verhin<strong>der</strong>t werden müssen ssen. .<br />
Aufsichtsführende Aufsichtsf hrende hat Schaden schuldhaft<br />
(persönlich (pers nlich vorwerfbar) nicht verhin<strong>der</strong>t.
Wer haftet?<br />
Verantwortung <strong>der</strong> Eltern: Auswahl<br />
Verantwortung des Trägers: Tr gers: § 1313a<br />
ABGB sinngemäß sinngemäß:<br />
: „Wer Wer sich zur Erfüllung Erf llung<br />
seiner vertraglichen o<strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Verpflichtungen einer an<strong>der</strong>en Person<br />
bedient, <strong>der</strong> haftet für f r <strong>der</strong>en Verschulden.“<br />
Verschulden.<br />
Verantwortung des Mitar<strong>bei</strong>ters (DHG)<br />
Verantwortung des Kindes/Jugendlichen
Strafrechtliche Folgen<br />
Fall 1: Holzpantoffel<br />
Fall 2: Mutprobe<br />
Fall 3: Jason