Rede von Aline Dujardin - Mein Eupen - Stadt Eupen
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Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
Die Goldene Feder wird in diesem Jahr nicht einer einzelnen Person verliehen, sondern ist,<br />
zum ersten Mal in seiner Geschichte, eine Hommage an <strong>Eupen</strong> und somit an alles, was<br />
<strong>Eupen</strong> ausmacht.<br />
Das dürfte wohl jeden <strong>Eupen</strong>er, mich eingeschlossen, sehr freuen. Wie die meisten <strong>Eupen</strong>er<br />
hänge ich mit viel Herzblut an „meiner“ <strong>Stadt</strong>, in der auch schon Generationen meiner<br />
Vorfahren geboren und groß geworden sind.<br />
<strong>Eupen</strong> – das bedeutet für jeden einzelnen unter uns eine ganz eigene, persönliche<br />
Geschichte. Genauso wie der Gedanke an <strong>Eupen</strong> für jeden ganz unterschiedliche<br />
Assoziationen, Gefühle und <strong>Mein</strong>ungen wachruft.<br />
Aus diesem Grund kann ich natürlich hier auch nur meine ganz persönliche Sicht auf <strong>Eupen</strong><br />
darlegen – eine kleine Ode als Dank an meine Heimatstadt und deren Bewohner.<br />
Aus der Sicht eines Großstädters mag <strong>Eupen</strong> bestenfalls als ein ländliches Provinznest mit<br />
großem Charme durchgehen, doch für mich macht gerade <strong>Eupen</strong>s Überschaubarkeit den<br />
Reiz der <strong>Stadt</strong> aus. Alles immer wieder so vorfinden, wie man es verlassen hat, macht aus<br />
<strong>Eupen</strong> eine <strong>Stadt</strong> der Stabilität und der Sicherheit – meine Heimat.<br />
Oder wie es schon der deutsche Volkskundler Hermann Bausinger mit dem Begriff „Heimat“<br />
treffend auf den Punkt brachte: Heimat ist „räumlich-soziale Einheit mittlerer Reichweite, in<br />
welcher der Mensch eine Sicherheit und Verlässlichkeit seines Daseins erfahren kann sowie<br />
ein Ort tieferen Vertrauens: „Heimat als Nahwelt, die verständlich und durchschaubar ist, als<br />
Rahmen, in dem sich Verhaltenserwartungen stabilisieren, in dem sinnvolles, abschätzbares<br />
Handeln möglich ist - Heimat also als Gegensatz zu Fremdheit und Entfremdung, als Bereich<br />
der Aneignung, der aktiven Durchdringung, der Verlässlichkeit“.<br />
Natürlich kann sich auch <strong>Eupen</strong> nicht dem Wandel der Zeit entziehen und gibt es hier auch<br />
immer wieder Veränderungen, vor allem aus architektonischer Sicht, doch sind diese immer<br />
so überschaubar, dass sie <strong>Eupen</strong>s Seele nicht verändern.<br />
So habe ich als Kind denselben Kindergarten und dieselbe Schule in der Unterstadt besucht,<br />
die schon meine Mutter als Kind besuchte. In einer Großstadt wäre das sicher seltener der<br />
Fall gewesen.<br />
Auch mit der Definition <strong>von</strong> Heimat aus der Sicht der deutschen Volkskundlerin Ina-Maria<br />
Greverus kann ich <strong>Eupen</strong> in Verbindung bringen, für die Heimat eine „heile Welt“ und nur in<br />
der Dreiheit <strong>von</strong> Gemeinschaft, Raum und Tradition zu finden ist, denn nur hier werden die<br />
menschlichen Bedürfnisse nach Identität, Sicherheit und aktiver Lebensgestaltung in einem<br />
kulturell gegliederten Territorium befriedigt.<br />
Über Traditionen und Bräuche kann <strong>Eupen</strong> sich sicherlich nicht beklagen. Durch <strong>Eupen</strong>s<br />
Grenznähe, haben die feierfreudigen <strong>Eupen</strong>er gerne alle Bräuche und Feste aus der Gegend<br />
mitgenommen und dem Ausdruck „Man soll die Feste feiern, wie sie fallen“ ihre eigene<br />
Bedeutung gegeben.<br />
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So feiert der <strong>Eupen</strong>er leidenschaftlich gerne den rheinischen Karneval; an Ostern werden die<br />
Ostereier vom Osterhasen gebracht und nicht, wie im Rest <strong>von</strong> Belgien <strong>von</strong> einer Glocke;<br />
das Christkind läuft bei uns dem Nikolaus immer noch den Rang ab; wochenlang bastelt man<br />
an Laternen für den Martinszug und lässt im Sommer, ganz nach belgischer Tradition, die<br />
Kirmesleute ihre Buden aufbauen – dies alles begleitet <strong>von</strong> einem guten, belgischen Bier.<br />
Dieser Mix aus den Kulturen der angrenzenden Gebiete hat über Generationen hinweg den<br />
<strong>Eupen</strong>er Charakter geprägt.<br />
Doch die Geselligkeit der <strong>Eupen</strong>er äußert sich nicht alleine im Feiern ihrer Bräuche. Nein,<br />
der <strong>Eupen</strong>er kann auch Anpacken. Gerne engagiert er sich ehrenamtlich für die<br />
Gemeinschaft in einem oder oft sogar mehreren Vereinen, die die <strong>Stadt</strong> zu bieten hat.<br />
Sei es Sportverein, Pfadfinder, Chor, Schützenverein, Theater,… <strong>von</strong> allem hat <strong>Eupen</strong> zu<br />
bieten und wohl beinahe jeder <strong>Eupen</strong>er ist Mitglied in mindestens einem <strong>von</strong> ihnen.<br />
Das Vereinsleben fördert das Gemeinschaftsgefühl in <strong>Eupen</strong> und ist daher nicht mehr<br />
wegzudenken. Es hält <strong>Eupen</strong> lebendig!<br />
<strong>Eupen</strong>s <strong>Stadt</strong>bild ist eng mit seiner Geschichte verwoben. Zahlreiche Patrizier- und<br />
Herrenhäuser zeugen noch <strong>von</strong> seiner einstigen Blütezeit. Das <strong>Stadt</strong>bild ist geprägt <strong>von</strong><br />
vielen alten, liebevoll restaurierten Häusern, gepaart mit schicken Neubauten. Hochhäuser<br />
sind glücklicherweise eher selten anzutreffen. Touristen schätzen an <strong>Eupen</strong>, genau wie ich<br />
selbst, die malerischen Straßen und Gässchen der Innenstadt, das familiäre Flair und die<br />
Sauberkeit.<br />
Zum Charme der <strong>Eupen</strong>er Innenstadt tragen größtenteils die <strong>Eupen</strong>er Geschäftsleute bei,<br />
die mit ihren kleinen Boutiquen eine heimelige Shoppingatmosphäre schaffen, die im<br />
Gegensatz zur Hektik in großen Einkaufszentren steht. Auch das ist <strong>Eupen</strong>.<br />
Zu guter Letzt muss natürlich auch das <strong>Eupen</strong>er Platt Erwähnung finden. Auch wenn es<br />
leider aus dem täglichen Sprachgebrauch der jüngeren Generationen verschwunden ist,<br />
bleibt es doch ein wichtiger Bestandteil der <strong>Eupen</strong>er Mentalität.<br />
Für die betagteren <strong>Eupen</strong>er unter uns bleibt es die Muttersprache, die für alle anderen<br />
Generationen <strong>von</strong> <strong>Eupen</strong>ern unser „Hochdeutsch“ stark geprägt hat.<br />
Und auch, wenn das <strong>Eupen</strong>er Platt zwar immer weniger auf der Straße gesprochen wird,<br />
bemühen sich doch mehrere Vereine und Initiativen um seinen Erhalt. Von klein auf bin ich<br />
durch meinen Großvater, meine Mutter und die Theaterfreunde <strong>Eupen</strong> mit diesem<br />
Wesenszug <strong>von</strong> <strong>Eupen</strong> in Kontakt geraten und messe dem heute noch eine große<br />
Bedeutung bei.<br />
Ein <strong>Eupen</strong> ohne Platt ist kein <strong>Eupen</strong>.<br />
Sicherlich gibt es noch hunderte Dinge über <strong>Eupen</strong> und die <strong>Eupen</strong>er zu erwähnen, doch das<br />
würde sicherlich den Rahmen sprengen.<br />
2
Ich habe mich deshalb darauf beschränkt, was für MICH den wesentlichen Teil <strong>von</strong> <strong>Eupen</strong>s<br />
Charakter und Charme ausmacht. Seine Bewohner sind fest mit diesem Bild verwachsen,<br />
denn sie sind es, die das Leben in die <strong>Stadt</strong> bringen.<br />
Es freut mich, dass <strong>Eupen</strong> eine solche Auszeichnung verliehen wird und ich hoffe, dass wir<br />
alle gemeinsam darauf hinarbeiten, dass es ein Ort bleibt, den man „Heimat“ nennt.<br />
Wenn es uns gelingt, <strong>Eupen</strong>s familiären Charme zu bewahren, werden wir das sicherlich<br />
auch schaffen. Denn ich denke, alle oben genannten Vorzüge <strong>Eupen</strong>s zusammen sind es,<br />
die dazu führen, dass sich alte Menschen hier zuhause fühlen und junge Menschen <strong>von</strong><br />
überall auf der Welt wieder in die Heimat kommen, wenn sie eine Familie gründen wollen.<br />
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