KUGelschreiber - Ausgabe vom Juni 2009 (pdf) - Universität für ...
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Foto: Privat<br />
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in Europa oder Amerika gab. Ich war neugierig, MusikerInnen<br />
aus anderen Ländern kennen zu lernen.“<br />
Es folgten Erfolge bei verschiedenen Musikwett bewerben;<br />
1994 wurde Milana Chernyavska <strong>für</strong> ihre künstlerischen<br />
Verdienste <strong>vom</strong> ukrainischen Präsidenten<br />
ausgezeichnet und als Jüngste in der Geschichte des<br />
Landes zur „Verdienten Künstlerin der Ukraine“ ernannt.<br />
Der Weg fort aus Kiev war dennoch nicht vorgezeichnet,<br />
denn bereits mit 23 Jahren, direkt nach<br />
ihrem Abschluss am Tschaikowsky Konservatorium bei<br />
Prof. W. Sagaidachny, bekam sie die Gelegenheit, die<br />
Klasse ihres Lehrers zu übernehmen. Sie selbst sieht<br />
das als Grundstein ihrer Begeisterung <strong>für</strong> die Pädagogik.<br />
Auch selbst blieb sie in weiterer Ausbildung,<br />
absolvierte die Internationale Mozart Kammermusikakademie<br />
sowie diverse Meisterkurse in Moskau und<br />
Salzburg und entschloss sich nach einer Konzertreise<br />
in Deutschland, ein dreijähriges Meisterklassenstudium<br />
im Konzertfach Klavier in München zu absolvieren.<br />
Dass sie danach blieb, „hat sich so ergeben“, sie bekam<br />
einen Lehrauft rag an der Hochschule, arbeitete eine<br />
Zeit lang auch mit Kindern und konnte schließlich als<br />
Professorin am Konservatorium Feldkirch „das weitermachen,<br />
was ich in Kiev angefangen habe.“<br />
Bereits in München lernte sie eine neue Art, mit dem<br />
Unterricht umzugehen. Zunächst war sie überrascht von<br />
der Internationalität der Studierenden, die „wirklich von<br />
überallher“ kamen und daher auch eine in ihrer Heimat<br />
so nicht gekannte Vielfalt an Meinungen und Stilen verkörperten.<br />
Durch die Geschlossenheit Russlands hatt en<br />
sich dort gewisse Traditionen entwickelt, die bei aller<br />
Verschiedenheit in einzelnen Meinungen eine gewisse<br />
Richtung vorgaben. In Deutschland lernte sie viel dazu,<br />
weil diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten in Frage<br />
gestellt waren. Der Strukturiertheit und Vielfalt des deutschen<br />
Unterrichts, ein Stück intellektuell zu erarbeiten<br />
und mehr an Technik und genauer Stilistik zu feilen, standen<br />
die Gestaltung und die Beschäft igung mit dem künstlerischen<br />
Bild an sich in Russland (Ukraine) gegenüber.<br />
Ihr pädagogisches Credo zeigt die Verbindung von<br />
beidem. Die Studierenden in Graz seien nett und ehrgeizig,<br />
das gefalle ihr sehr. „Ich erwarte von meinen<br />
Studierenden einerseits viel Disziplin und andererseits<br />
Kreativität und Fantasie. Mein Ziel ist es, meine Schüler<br />
und Schülerinnen zur Selbständigkeit zu erziehen<br />
- in ihnen die Eigenschaft en zu wecken und zu vervollständigen,<br />
die sie als Künstler und Künstlerinnen <strong>für</strong> ihren<br />
Beruf, oder besser <strong>für</strong> ihre Berufung benötigen. Ich<br />
möchte ihnen nicht meine eigenen Interpretationen<br />
eintrichtern, sondern sie zum selbständigen Denken<br />
animieren. Selbstverständlich sehe ich es als meine<br />
Aufgabe, ihnen das nötige Handwerkszeug - technisches<br />
Können, Stilempfi nden etc. - mitzugeben.“<br />
Ihre Doktorarbeit schrieb sie über den axiologischen<br />
und pädagogischen Aspekt der Interpretationstheorie<br />
und untermauerte ihre praktische Tätigkeit so auch<br />
wissenschaft lich.<br />
Chernyavskas Unterrichtstätigkeit steht in engem Zusammenhang<br />
mit ihrer eigenen Konzertt ätigkeit. Weil<br />
diese beiden Bereiche einander befruchten, sie lernen<br />
lassen und ihr selbst helfen, sich zu entwickeln, könnte<br />
sie auch nicht sagen, sie mache das eine lieber als das<br />
andere. „Für mich gehen meine Konzert- und meine pädagogische<br />
Tätigkeit Hand in Hand. Sie bereichern sich<br />
gegenseitig und helfen mir, stets in einem Lernprozess<br />
zu sein.“ Milana Chernyavska ist froh, in Deutschland<br />
und Österreich so viele Menschen getroff en zu haben,<br />
mit denen sie sich künstlerisch verwandt fühlt. Als<br />
Kammermusikpartnerin von Julia Fischer, Lisa Batiashvili,<br />
Daniel Müller–Schott , Arabella Steinbacher und<br />
<strong>vom</strong> Vogler Quartett u.a. hat sie bereits CD-Einspielungen<br />
vorliegen, die mit renommierten Preisen ausgezeichnet<br />
sind. Zudem konzertiert sie als Solistin und<br />
hat mit dem Milander Quartett ein eigenes Ensemble<br />
gegründet, das europaweit auft ritt .<br />
Als Gastprofessorin <strong>für</strong> das künstlerische Fach Klavier<br />
unterrichtet sie zurzeit an der KUG zehn Studierende.<br />
Eines ihrer wichtigsten Ziele ist es, „dass die Studierenden<br />
mich irgendwann nicht mehr brauchen, da<strong>für</strong><br />
auf ihre eigene Selbstkritik vertrauen können und<br />
selbständig an ihrem künstlerischen Bild ein Leben<br />
lang weiterarbeiten.“ Jetzt will sie erst mal die Klasse<br />
genauer kennen lernen. Dabei ist sie, wie sie sagt, im<br />
Lernprozess und <strong>für</strong> alles off en.<br />
Kurz vor dem Gespräch hat sie noch einen Studierenden<br />
auf Russisch unterrichtet. Ihre Mutt ersprache ist<br />
Russisch, seine Ukrainisch, nun hat er sich gewünscht,<br />
auf Russisch Unterricht zu bekommen, um seine<br />
Sprachkenntnisse zu verbessern. Mühelos wechselt<br />
Milana Chernyavska zwischen den Sprachen. Und hat<br />
in jedem Fall als Grundlage die „internationale Sprache<br />
der Musik“.<br />
Sieglinde Roth