ZT - Interdisziplinäres Zentrum für Materialwissenschaften - Martin ...
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Innovationsforum „Neue thermoelektrische Werkstoffe, Technologien und Bauelemente”<br />
Anwendung der Thermoelektrik im Maschinenbau, Chemnitz 2008-03-13<br />
Thermoelektrische Materialien<br />
Hartmut S. Leipner<br />
<strong>Interdisziplinäres</strong> <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Materialwissenschaften</strong><br />
– Nanotechnikum Weinberg –<br />
<strong>Martin</strong>-Luther-Universität Halle–Wittenberg
hsl Chemnitz 2008<br />
T1<br />
U<br />
Thermogenerator<br />
T2<br />
Metall A<br />
Metall B<br />
Thomas J. Seebeck<br />
(1770–1831)<br />
Seebeckeffekt<br />
U =<br />
�T2<br />
T1<br />
S dT
hsl Chemnitz 2008<br />
Thermokühler<br />
Metall A<br />
Metall B<br />
Jean C. A. Peltier<br />
(1785–1845)<br />
Peltiereffekt<br />
jQ = Πj<br />
Verknüpfung von Seebeckkoeffizient S<br />
und Peltierkoeffizient Π:<br />
Π = ST
hsl Chemnitz 2008<br />
Thermoelemente<br />
Thermospannung<br />
U<br />
U = (KA – KB)ΔT, mit ΔT = (T2 – T1)<br />
Anschluss-Stelle Mess-Stelle<br />
Vergleichstemperatur<br />
T1<br />
Mess-<br />
temperatur T2<br />
verschweißte<br />
Metalle A und B
Halbleiter <strong>für</strong> thermoelektrische Anwendungen<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Effizienz lässt sich gegenüber Thermoelementen aus Metall<br />
durch Halbleitermaterialien wesentlich steigern<br />
typischer Seebeckkoeffizient:<br />
Metalle Halbleiter<br />
1 μV/K 400 μV/K<br />
gebräuchliche Materialien: Bi2Te3, PbTe, SiGe, BiSb, FeSi2
hsl Chemnitz 2008<br />
p-Element<br />
Thermopaar<br />
Wärmeaufnahme<br />
+<br />
+<br />
+ –<br />
+<br />
Wärmeabgabe<br />
– +<br />
–<br />
–<br />
–<br />
n-Element
hsl Chemnitz 2008<br />
Thermoelektrisches Modul<br />
n-Typ<br />
p-Typ<br />
Keramikplatte<br />
Kontaktierung<br />
Thermoelektrische Module enthalten eine Vielzahl von Thermopaaren,<br />
deren Schenkel elektrisch in Serie und thermisch parallel geschaltet sind.
hsl Chemnitz 2008<br />
Wandlungseffizienz<br />
durch Gütefaktor (Figure of Merit) bestimmt<br />
<strong>ZT</strong> = Sσ 2 T<br />
Λ<br />
(Sσ 2 Power factor, σ elektrische Leitfähigkeit, Λ Wärmeleitfähigkeit)<br />
Hohes <strong>ZT</strong> bedeutet Sσ 2 ↑ und Λ ↓<br />
Problem: Kopplung zwischen elektrischer und Wärmeleitung<br />
gegenwärtige Materialien <strong>ZT</strong> < 1
hsl Chemnitz 2008<br />
Wärmekraftmaschine<br />
Wirkungsgrad eines thermoelektrischen Moduls als Wärmekraftmaschine<br />
η = W<br />
Q<br />
η = TH − TC<br />
TH<br />
}<br />
Carnotlimit ηC<br />
(1 + <strong>ZT</strong> ) 1/2 − 1<br />
(1 + <strong>ZT</strong> ) 1/2 + TC/TH<br />
T = 1<br />
2 (TH + TC)
hsl Chemnitz 2008<br />
Vergleich zum Carnotwirkungsgrad<br />
!/! C<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
!T<br />
200 K<br />
100 K<br />
10 K<br />
Carnot limit ! C<br />
0<br />
0 1 2 3 4 5<br />
<strong>ZT</strong><br />
T c = 300 K
hsl Chemnitz 2008<br />
Grundlagen<br />
mit bisherigen thermoelektrischen Materialien<br />
gerade mal 20 % des Carnotwirkungsgrades erreicht<br />
keine theoretische Begründung da<strong>für</strong>,<br />
„nur” materialwissenschaftliches Problem<br />
weltweit Bemühungen, diese Grenze zu knacken<br />
Suche nach neuen Materialien
hsl Chemnitz 2008<br />
Materialanforderungen<br />
Phonon glass–electron crystal [Slack 1995]<br />
minimale thermische Leitfähigkeit:<br />
hochdotierte Halbleiter<br />
geringe Bandlücke und hohe Ladungsträgerbeweglichkeit<br />
typischerweise Eg bei 0,1 – 0,3 eV, μ bei 2000 cm 2 V –1 s –1<br />
große/kleine effektive Masse m* ?<br />
Λmin = 0,25…0,5 Wm –1 K –1
hsl Chemnitz 2008<br />
Optimale Werte<br />
Wiedemann–Franz-Gesetz Λe = LTσ<br />
Gütefaktor <strong>ZT</strong> = S 2 /L<br />
damit Mindestwerte <strong>für</strong> Seebeckkoeffizient erforderlich:<br />
<strong>für</strong> <strong>ZT</strong> = 1: S = 157 μV/K,<br />
<strong>für</strong> <strong>ZT</strong> = 2: S = 225 μV/K, etc.
hsl Chemnitz 2008<br />
<strong>ZT</strong><br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0,01% 0,03%0,055%<br />
Materialdesign<br />
0,1%<br />
PbTe: x PbI 2<br />
100 200 300 400 500 600<br />
Temperatur (°C)<br />
Dotieren → Kontrolle der Ladungsträgerkonzentration<br />
Legieren → traditioneller Weg<br />
Änderung der Dotierkonzentration x<br />
steigert und verschiebt <strong>ZT</strong><br />
[Snyder, Toberer 2008]
Elementarzelle von Bi2Te3<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Legierungen<br />
konventionelle Halbleiter mit einfacher Gitterstruktur<br />
ungeeignet<br />
niedrige Wärmeleitfähigkeit in intermetallischen Verbindungen<br />
von Hg, Pb, Bi, Tl, Sb, S, Se, Te<br />
starke Anisotropie der Transporteigenschaften<br />
Einstellung der Ladungsträgerkonzentration und Minimierung<br />
der Wärmeleitung durch Mischkristalle von Bi2Te3/Sb2Te3<br />
optimal <strong>für</strong> p-Typ: (Sb0,8Bi0,2)2Te3 n-Typ: Bi2(Te0,8Se0,2)3
<strong>ZT</strong><br />
hsl Chemnitz 2008<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
State of the art-Thermoelektrika<br />
n-Typ p-Typ<br />
1,4<br />
Bi Te<br />
2 3<br />
PbTe<br />
CoSb<br />
3<br />
SiGe 1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
Sb Te<br />
2 3<br />
TAGS Yb MnSb<br />
14 11<br />
CeFe Sb<br />
4 12<br />
PbTe SiGe<br />
200 400 600 800<br />
0<br />
200 400 600 800<br />
Temperatur (°C)<br />
unterhalb Raumtemperatur: BiSb-Legierungen<br />
300 – 700 °C: PbTe, GaTe, SnTe und deren Mischkristalle<br />
TAGS-Verbindung (GeTe)0,85(AgSbTe2)0,15 mit <strong>ZT</strong> = 1,2<br />
LAST-Verbindungen Ag1 – xPbySbTe2 + y<br />
Temperatur (°C)<br />
hohe Temperaturen: SixGe1 – x-Legierungen (Optimum x = 0,7)<br />
[Snyder, Toberer 2008]
hsl Chemnitz 2008<br />
Komplexe Strukturen<br />
komplexe Strukturen (Phonon engineering) → neue Volumenmaterialien<br />
Electron structure engineering → niederdimensionale Systeme,<br />
Modulationsstrukturen<br />
ternäre, quaternäre Schwermetallchalkogenide mit großer effektiver Masse<br />
und geringer Wärmeleitung<br />
[Tritt, Subramanian 2006]
hsl Chemnitz 2008<br />
Phononenstreuer<br />
Lokale Entmischung in AgPbxSbTex + 2 (LAST)<br />
[Quarez et al. 2005]<br />
Kompositmaterial mit eingebetteten<br />
Nanopartikeln als Phononenstreuer,<br />
z. B. Si-Partikel in einer Ge-Matrix.
hsl Chemnitz 2008<br />
Phononenrasseln<br />
Käfigstruktur von Clathraten oder Skutteruditen. Die Hohlräumen werden<br />
mit Atomen gefüllt, die in diesen Käfigen “rasseln”.<br />
[Nolas et al. 2006]
hsl Chemnitz 2008<br />
Nanobaukasten<br />
Nanoblock Hybridkristall<br />
niedrige Wärmeleitung<br />
hohe Thermokraft<br />
Konzept eines neuen Oxidmaterials nach dem Konzept der Nanoblöcke<br />
[Koumoto et al. 2006]
quantenmechanisch:<br />
klassisch:<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Dimensionsreduzierte Systeme<br />
in dimensionsreduzierten Systemen werden Bänder schmaler<br />
und effektive Massen höher<br />
damit Steigerung des Seebeckkoeffizienten<br />
Veränderung der Transporteigenschaften<br />
Reduktion der Wärmeleitfähigkeit durch Phononenstreuung an Grenzflächen<br />
oder Nanostreuern<br />
t ∝<br />
1<br />
√ m ∗ ∆E
Realisierung von Vielfachschichten mit hohem <strong>ZT</strong><br />
20 nm<br />
Gütefaktor <strong>für</strong> Bi2Te3/Sb2Te3-<br />
Supergitter (SL) und PbSeTe/PbTe-<br />
bzw. PbSnSeTe/PbTe-<br />
Quantenpunktsupergitter (QDSL).<br />
[Venkatasubramanian et al. 2001]<br />
[Harman et al. 2000, 2002]<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Bi 2 Te 3<br />
Sb 2 Te 3<br />
<strong>ZT</strong><br />
TEM einer Schichtstruktur von<br />
1 nm Bi2Te3/5 nm Sb2Te3<br />
[Venkatasubramanian et al. 2001]<br />
Bi2Te3/Sb2Te3 SL<br />
PbSnSeTe/PbTe QDSL<br />
PbSe0,98Te0,02/PbTe QDSL<br />
Temperatur (K)
hsl Chemnitz 2008<br />
<strong>ZT</strong><br />
2D<br />
Nanodrähte<br />
1D<br />
300 K<br />
trigonale Richtung<br />
t (Å)<br />
Abhängigkeit des Gütefaktors einer n-dotierten Bi-<br />
Dünnschicht (2D) bzw. eines Drahtes (1D) von der Dicke t<br />
[Dresselhaus et al. 2007]
100 nm<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Katalytisch geätzte Si-Nanodrähte<br />
(a) (b)<br />
NW<br />
po-Si<br />
Si-Substrat<br />
Silicium-Nanodrähte (NW), die durch katalytisches Ätzen<br />
hergestellt wurden. (a) SEM-Querschnittsaufnahme. (b) TEM<br />
eines Drahtes von 70 nm Durchmesser.<br />
[Geyer 2008]<br />
Ag
2 μm<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Wärmeleitfähigkeit von Si-Nanodrähten<br />
! (W m –1 K –1 )<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0 0<br />
100 200<br />
Temperatur (K)<br />
115 nm<br />
56 nm<br />
37 nm<br />
115 nm<br />
98 nm<br />
50 nm<br />
Messung der Wärmeleitfähigkeit an einzelnen Silicium-Nanodrähten, die<br />
über einen VLS-Prozess gewachsen sind, bzw. katalytisch geätzt wurden.<br />
[Hochbaum et al. 2008]<br />
VLS<br />
katalytisches Ätzen<br />
300
Ergebnisse:<br />
Diskussion<br />
hsl Chemnitz 2008<br />
Thermoelektrik von Si-Nanodrähten<br />
Si-Volumenmaterial: <strong>ZT</strong> = 0,01 (bei Raumtemperatur)<br />
Si-Nanodrähte: <strong>ZT</strong> = 0,6 (bei Raumtemperatur)<br />
Λ um Faktor 100 kleiner in Nanodrähten gegenüber Volumenmaterial<br />
keine Quanteneffekte<br />
Λ < Λmin ??<br />
Phononenstreuung, extrem kurze freie Weglänge<br />
Rolle der Oberflächenrauigkeit, Dotierung, Länge und Form der Drähte?
hsl Chemnitz 2008<br />
Mischkristall-Nanodrähte<br />
Elektrochemisch hergestellte Bi2Te3 – xSex-Nanodrähte. a) Querschnitt,<br />
b) Sicht von unten nach Entfernen der Pt-Elektrode.<br />
[Martín-González et al. 2003]
hsl Chemnitz 2008<br />
Perspektiven der Anwendung<br />
Überführung von Grundlagenforschung in Anwendungen<br />
kostengünstige Verbesserung der Materialeigenschaften: geeignete<br />
Materialbasis und Herstellungsverfahren<br />
Thermogeneratoren und Kühlbausteine in<br />
(i) Makro (z. B. Leistungsgeneratoren) und<br />
(ii) Mikro (z. B. autarke Energiequellen <strong>für</strong> Mikro- und Senosorsysteme)<br />
Materialbasis <strong>für</strong> diese beiden Anwendungsfelder unterschiedlich:<br />
(i) hocheffektive Volumenmaterialien<br />
(ii) Dünnfilme, Nanostrukturen
hsl Chemnitz 2008<br />
Neue Bauelementekonzepte<br />
genügt nicht Steigerung <strong>ZT</strong> an Laborproben zu demonstrieren<br />
kostengünstige thermoelektrische Module <strong>für</strong> Massenmarkt in<br />
unterschiedlichsten Anwendungsfeldern<br />
Widerspruch in Thermoelektrik als grüner Technologie ist<br />
Verwendung problematischer Schwermetalle<br />
Entwicklung thermoelektrischer Bauelemente auf Polymerbasis<br />
(beschränkte Effektivität aber sehr kostengünstig)<br />
Solarthermoelektrik
hsl Chemnitz 2008<br />
Ausblick<br />
keine theoretische Grenze <strong>für</strong> Steigerung <strong>ZT</strong><br />
bereits erreichter Stand der Thermoelektrik lässt Ausbau<br />
von großtechnischen Anwendungen zu<br />
optimiertes Material lässt Gütefaktor 4 erwarten<br />
Einsatz nanostrukturierter Materialien in der Thermoelektrik<br />
steht noch am Anfang<br />
weitere Fortschritte erfordern interdisziplinären Ansatz und<br />
Umsetzung in geeignete Bauelementestrukturen
hartmut.leipner@cmat.uni-halle.de<br />
http://www.cmat.uni-halle.de<br />
<strong>Interdisziplinäres</strong> <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Materialwissenschaften</strong><br />
– Nanotechnikum Weinberg –<br />
<strong>Martin</strong>-Luther-Universität Halle–Wittenberg
hsl Chemnitz 2008<br />
Literatur<br />
G. J. Snyder, E. S. Toberer: Nature Mater. 7 (2008) 105.<br />
T. M. Tritt, M. A. Subramanian: MRS Bull. 31 (2006). 188<br />
E. Quarez et al.: J. Am. Chem. Soc. 127 (2005) 9177.<br />
G. S. Nolas et al.: MRS Bull. 31 (2006) 199.<br />
K. Koumoto et al.: MRS Bull. 31 (2006) 206.<br />
L. D. Hicks, M. S. Dresselhaus: Phys. Rev. B 47 (1993) 12727.<br />
R. Venkatasubramanian et al.: Nature 413 (2001) 597.<br />
T. C. Harman et al.: J. Electron. Mater. 29 (2000) L1,<br />
Science 297 (2002) 2229.<br />
M. S. Dresselhaus et al.: Adv. Mater. 19 (2007) 1043.<br />
N. Geyer: Diplomarbeit <strong>Martin</strong>-Luther-Universität 2008.<br />
A. I. Hochbaum et al.: Nature 451 (2008) 163.<br />
M. Martín-González et al.: Nano Lett. 3 (2003) 973.