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Gender, Sexualität und Identität in der Otaku-Kultur am ... - SSOAR

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Frauen im Allgeme<strong>in</strong> nach <strong>der</strong> Volkszählung. Während 48 Prozent <strong>der</strong> Frauen im<br />

Allgeme<strong>in</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Partnerschaft s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d nur 28 Prozent <strong>der</strong> „Pafu“-Leser<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Partnerschaft.<br />

Unter me<strong>in</strong>en Interviewten waren nur fünf von 19 Yaoi-Fans zum Zeitpunkt des Interviews <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Beziehung, also etwa <strong>der</strong> gleiche Anteil wie bei den „Pafu“-Leser<strong>in</strong>nen. Aber neun von<br />

19 Interviewten waren unter 20 Jahre alt, während das Zielalter <strong>der</strong> Statistik, die Morikawa<br />

verwendet hat, älter als 20 Jahre alt war. In Anbetracht <strong>der</strong> Tatsache ist <strong>der</strong> Prozentsatz nicht<br />

so ger<strong>in</strong>g, aber man könnte dennoch sagen, dass e<strong>in</strong>e gewisse Tendenz hier besteht, dass<br />

Yaoi-Fans Schwierigkeiten hätten, e<strong>in</strong>en Partner zu f<strong>in</strong>den. Viele me<strong>in</strong>er Interviewten waren<br />

sehr <strong>in</strong>telligent, sympathisch <strong>und</strong> attraktiv. Dennoch erzählten sie, dass die Partnersuche für<br />

sie schwierig ist. Yaoi-Fans tendieren dazu, Männer zu suchen, die nicht zum <strong>Gen<strong>der</strong></strong>-<br />

Stereotyp gehören, aber solche Männer s<strong>in</strong>d selten. Auch Maximilian erzählt, dass er sehr<br />

anspruchsvoll ist. So gesehen, bestätigt es die Behauptung von Morikawa.<br />

Yaoi ermöglicht also Fans, momentan aus dem Leiden wegen <strong>der</strong> Eifersucht bzw. dem<br />

Konkurrenzdenken mit an<strong>der</strong>en Frauen zu flüchten <strong>und</strong> ohne M<strong>in</strong><strong>der</strong>wertigkeitskomplexe<br />

e<strong>in</strong>e Liebesgeschichte zu genießen. Das bedeutet, aus <strong>der</strong> eigenen Befangenheit im <strong>Gen<strong>der</strong></strong>-<br />

Norm-Denken zu flüchten. Allerd<strong>in</strong>gs ist es nicht so, dass Yaoi-Fans sich völlig davon<br />

befreien können. Denn, Yaoi ist e<strong>in</strong>e Welt, wo es den Frauen nicht erlaubt ist, e<strong>in</strong>en großen<br />

Auftritt zu machen, <strong>und</strong> somit auch ke<strong>in</strong>e Welt ist, aus <strong>der</strong> <strong>Gen<strong>der</strong></strong>-Norm befreiende<br />

Frauenbil<strong>der</strong> zu bieten.<br />

6.5 Yaoi als <strong>Kultur</strong>eller Penisneid?<br />

Wie wir oben gesehen haben, hat die Fasz<strong>in</strong>ation für Yaoi stark mit <strong>der</strong> <strong>Gen<strong>der</strong></strong>-Thematik <strong>und</strong><br />

mit <strong>der</strong> Welt ohne Frauen zu tun. Man stellt sich nun e<strong>in</strong>e unvermeidliche Frage: Ist Yaoi e<strong>in</strong>e<br />

Art Penisneid? Die japanische Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong> <strong>und</strong> Soziolog<strong>in</strong> Ueno Chizuko behauptet, dass die<br />

Annahme mit dem Penisneid von Psychoanalytikern nicht zutreffend sei. Für sie ist Yaoi e<strong>in</strong>e<br />

gen<strong>der</strong>freie Welt <strong>und</strong> männliche homosexuelle Protagonisten stellen das ideale dritte<br />

Geschlecht dar, welches mit <strong>Gen<strong>der</strong></strong>-Problemen nicht belastet ist (Ueno 1998, S. 127/ 131).<br />

Diese Interpretation über Yaoi <strong>und</strong> Yaoi-Männern kann wohl stimmen, aber sie prüft dabei<br />

nicht, warum das ideale dritte Geschlecht gerade e<strong>in</strong>e männliche Gestalt e<strong>in</strong>nehmen soll. Ihre<br />

Argumentation gegen die Annahme mit dem Penis-Neid ist deshalb nicht überzeugend.<br />

Die Theorie über den Penisneid wurde bekannterweise von Sigm<strong>und</strong> Freud zum ersten Mal<br />

erörtert. Freud deutete diesen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Abhandlung „Über <strong>in</strong>fantile Sexualtheorien“ im Jahr<br />

1908 erst an. Später wurde sie <strong>in</strong> „Die <strong>in</strong>fantile Genitalorganisation“ (Freud 1923) sowie<br />

„E<strong>in</strong>ige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds“ (Freud 1925) weiter<br />

diskutiert. Freud schil<strong>der</strong>t den Penisneid e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Mädchens folgen<strong>der</strong>maßen: „Sie hat es<br />

(Penis) gesehen, weiß, dass sie es nicht hat, <strong>und</strong> will es haben. An dieser Stelle zweigt <strong>der</strong><br />

sogenannte Männlichkeitskomplex des Weibes ab, welcher <strong>der</strong> vorgezeichneten Entwicklung<br />

zur Weiblichkeit eventuell große Schwierigkeiten bereiten wird, wenn es nicht gel<strong>in</strong>gt, ihn<br />

bald zu überw<strong>in</strong>den“ (Freud 1925: 261). Weiters verb<strong>in</strong>det Freud den Penisneid mit <strong>der</strong><br />

Charaktereigenschaft <strong>der</strong> Frauen: „Auch wenn <strong>der</strong> Penisneid auf se<strong>in</strong> eigentliches Objekt<br />

verzichtet hat, hört er nicht auf zu existieren, er lebt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Charaktereigenschaft <strong>der</strong><br />

Eifersucht mit leichter Verschiebung fort“ (Freud 1925: 262). Das heißt: ke<strong>in</strong> Penis =<br />

kommunikation@gesellschaft, Jg. 13, Beitrag 8<br />

http://nbn-resolv<strong>in</strong>g.de/urn:nbn:de:0228-201213101<br />

12

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