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August 2008 Zunft der Lahnsteiner Rollenspieler e.V. ... - Zunftblatt

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Robin Hood – Heldenmut und Revolution<br />

Zu unserem Bild von Heldentum und Ehre, aber auch natürlich zu<br />

unserer Vorstellung vom Mittelalter, gehört eine Figur untrennbar<br />

dazu. Wer ist nicht als Kind mit Pfeil und Bogen bewaffnet gegen<br />

die Schergen des Sheriffs gezogen? Wer hat nicht die Reichen beraubt<br />

um es den Armen zu geben? Ja, wer hat ihn nicht geliebt, den<br />

grünen Bogenschützen, den Rächer <strong>der</strong> Entmachteten, den König<br />

<strong>der</strong> Vagabunden: Robin Hood!<br />

Über den historischen Robin Hood gibt es viele Theorien und viele<br />

Legenden. Die weitest verbeitete ist wohl die von Robin von Locksley<br />

und König Richard Löwenherz, aber sowohl mit <strong>der</strong> zeitlichen<br />

Einordnung als auch mit <strong>der</strong> wahren Identität des Herren <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong><br />

tun sich die Wissenschaftler schwer. Es würde ganze Abhandlungen<br />

füllen, <strong>der</strong> Frage nachzugehen, wer er war. Daher stelle ich mich lieber <strong>der</strong> Frage: Wer ist Robin<br />

Hood für Film und Fernsehen?<br />

Ich müsste eigentlich mit Douglas Fairbanks und seiner berühmten Interpretation unseres Helden beginnen,<br />

aber ich muss gestehen, dass dieser Film meine Schmerzgrenze echt überstiegen hat. Für seine<br />

Zeit sicher bahnbrechend und ein Meisterwerk <strong>der</strong> Filmkunst, entlockt er uns mit seinen strahlenden<br />

Gesichtern und vor allem atemberaubenden Artistikeinlagen heute eigentlich nur noch ein müdes<br />

Schmunzeln. Ich will deshalb hier den Mantel des Schweigens über diesen Film breiten und einfach<br />

festhalten, dass das Medium Film sich zu dieser Zeit noch selbst erproben musste und dass <strong>der</strong> Film<br />

schlichtweg im Rahmen seiner Entstehungszeit als Meisterwerk gelten darf.<br />

Und so ist <strong>der</strong> erste Film, dem ich mich ernsthaft zuwende „Die Abenteuer<br />

des Robin Hood“, die wohl folgenreichste Verfilmung des Stoffes<br />

schlechthin. Ich wage zu behaupten, dass Flynn das Bild des Robin<br />

Hood für immer geprägt hat. Dieser Film hat den Geist seiner Zeit voll<br />

getroffen und war ihr doch um Meilen voraus. Er hat sich seinen Platz<br />

unter den ewigen Klassikern verdient. Mit unglaublicher Ausstattung,<br />

gewaltiger Farbenpracht und einem herrlichen Charme. Dabei mag<br />

manche Szene heute naiv und unbeholfen wirken, doch 1938 erhielt<br />

<strong>der</strong> Film drei Oscars und war für einen weiteren nominiert. Gezeigt<br />

wird die klassische Version um König Richard, die sich weitestgehend<br />

an die Erzählungen von Howard Pyles hält, komplett mit Lösegeld für<br />

Richard, Stockkampf und allem. Den Charme des Films macht aber<br />

sicherlich seine einzigartige Besetzung aus.<br />

Niemand wird je das Markenzeichen Flynns<br />

vergessen, wenn er die Hände in die Hüften<br />

stemmt und sein jungenhaftes, schallendes<br />

Lachen seinen Gegnern zum Hohn nachklingen lässt. Claude Rains ist ein<br />

Prinz John, wie er arroganter und schurkischer kaum sein könnte, und Basil<br />

Rathbone, <strong>der</strong> später als Sherlock Holmes weiteren Weltruhm erlangen sollte,<br />

ist eine geniale Besetzung für den finsteren und intriganten Sheriff. Wer<br />

diesen Film nicht gesehen hat, kennt Robin Hood nicht!<br />

Kein Robin Hood Film an sich, aber eine interessante Variante, bietet „Ivanhoe<br />

– Der Schwarze Ritter“. Dieser Film wird sicher an an<strong>der</strong>er Stelle ausführlich<br />

besprochen und so will ich hier nur das Robin-Hood-Element herausheben.<br />

Auch in diesem Film geht es um Angelsachsen und Normannen<br />

und das Lösegeld für den König. Doch wird Robin Hood hier nur als Ne-<br />

benfigur geboten, die marginal in die Lösegeld-Affäre verstrickt ist und dem edlen Sir Ivanhoe zur Seite<br />

steht. Dargestellt wird Robin hier als bärengleicher, bärtiger und ungepflegter Waldmann von Harold<br />

Warren<strong>der</strong>. An Charisma fehlt es <strong>der</strong> Figur jedoch auch hier nicht. Er bietet einen gelungenen Kontrast<br />

zur Welt <strong>der</strong> Ritter und Turniere, die von perfekt gestutzten Bärten und Föhnfrisuren bestimmt zu sein<br />

scheint. Auffällig ist, dass Kleidung und Bewaffnung <strong>der</strong> Figuren hier oft an heutige Mittelaltermärkte<br />

gemahnt und <strong>der</strong> Flynn-Version mit ihrem märchenhaften Charme eine dunklere, wil<strong>der</strong>e Variante entgegenstellt.<br />

Der Film ist ein Geniestück und sollte in keiner Sammlung fehlen!<br />

Eine ebenso spannende wie unterhaltsame Fassung des Stoffes bietet Walt Disney<br />

mit seiner Zeichentrick-Version. Unvergesslich hier <strong>der</strong> listige Robin als<br />

Fuchs, die bildschöne Füchsin Marian und natürlich <strong>der</strong> daumenlutschende<br />

Prinz John. Die Lie<strong>der</strong>, die Reinhard Mey (!) in <strong>der</strong> deutschen Fassung beigesteuert<br />

hat, sind Ohrwürmer, die man nicht mehr vergisst. Der Stoff ist hier<br />

natürlich kindgerecht präsentiert, allerdings herrscht hier oft auch eine Schärfe<br />

und Härte, wie man sie eigentlich kaum erwarten sollte. Der erwachsene<br />

Zuschauer kommt voll auf seine Kosten und <strong>der</strong> Film ist ein Disney-Klassiker,<br />

so, wie eigentlich alles, was sich „Robin Hood“ nennt, die Tendenz dazu hat,<br />

sich in Gold zu verwandeln. Schade ist an diesem Film lediglich, dass auf jegliche<br />

„Hintergrundgeschichte“ des Helden völlig verzichtet wird. So wirken die<br />

einzelnen Szenen oft wie sehr willkürlich herausgepickte Episoden. Heimlicher<br />

Held des Films ist übrigens <strong>der</strong> kleine Hase Skippy, <strong>der</strong> von Robin einen Bogen<br />

und Pfeile geschenkt bekommt und Kin<strong>der</strong>n eine tolle Identifikationsfigur bietet.<br />

In den 80er Jahren war das Robin Hood Thema reif für eine Neuinterpretation, und die kam diesmal<br />

nicht aus Hollywood. „Robin Hood“ o<strong>der</strong> „Robin of Sherwood“<br />

wurde zur meiner Meinung nach spannendsten und<br />

interessantesten Version, die man je auf dem Bildschirm<br />

verfolgen durfte. Der klassische Stoff wurde hier mit Mystik<br />

und Zauberei angereichert und es entstand eine Serie,<br />

die keinen, <strong>der</strong> sie gesehen hat, je wie<strong>der</strong> loslässt.<br />

Michael Praed war ein glaubwürdiger und unglaublich charismatischer<br />

Robin, Judi Trott als Marian hat damals mein<br />

Herz höher schlagen lassen, und die Gefährten Robins waren<br />

alle von unglaublicher Tiefe<br />

und Ausstrahlung. Manch einer<br />

erinnert sich sicher an den Sarazenen Nassir, <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>bar mit zwei Schwertern<br />

kämpfte. Auch die Besetzung <strong>der</strong> Schurken hat überzeugt. Robert Addie<br />

war als unfähiger Gisburne fast liebenswert, und <strong>der</strong> Sheriff Nickolas Grace<br />

sprühte vor unglaublichem Zynismus und Jähzorn.<br />

Später wurde dies von Alan Rickman wie<strong>der</strong> aufgegriffen.<br />

Erwähnenswert ist <strong>der</strong> satanistische Schwarzmagier<br />

Belleme (Anthony Valentine). Schaut man sich diese<br />

Figur an, weiß man, was Rickman als Vorlage für seine<br />

Snape-Interpretation gewählt hat (aber so richtig deutlich<br />

sieht man dies nur in <strong>der</strong> englischen Fassung). Am<br />

Ende <strong>der</strong> zweiten Staffel <strong>der</strong> Serie tritt Michael Praed<br />

lei<strong>der</strong> ab und Robin stirbt, um von einem neuen Robin<br />

ersetzt zu werden. Elegant gelöst und ein geschicktes Spiel um die Theorien<br />

<strong>der</strong> wahren Identität von Robin Hood, aber lei<strong>der</strong> hat die dritte Staffel mit Jason<br />

Connery, Sohn des Sean, nicht die gleiche Qualität wie <strong>der</strong> Rest. Einmal überzeugt<br />

Connery selbst nicht, zum an<strong>der</strong>en gerät die Figur des Sheriffs immer<br />

mehr in den Hintergrund und schließlich wird Gisburne nur noch zu einer Verballhornung<br />

seiner selbst. Ein unrühmliches Ende für eine geniale Serie.<br />

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