Hanteltraining im Seniorenheim - AOK-Gesundheitspartner
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Foto: Werner Krüper/Blickweise<br />
Wenn Senioren Kraft und Balance trainieren,<br />
sinkt die Gefahr, dass sie stürzen und sich<br />
dabei schwerwiegende Verletzungen zuziehen.<br />
Ulmer Wissenschaftler entwickelten deshalb<br />
ein Sturzprophylaxe-Programm, das<br />
inzwischen zahlreiche Pflegehe<strong>im</strong>e umsetzen.<br />
Von Kilian Rapp und Clemens Becker*<br />
S<br />
tolpern, Stürzen, Knochenbruch: Fast jeder hat einen<br />
älteren Verwandten oder Bekannten, dem dieses<br />
Schicksal schon einmal widerfahren ist. Viele Senioren<br />
brauchen nach solch einem Unfall <strong>im</strong> Alltag langfristig<br />
Hilfe. Denn nach einem Klinikaufenthalt und dem Einsatz<br />
eines künstlichen Gelenks kommt manch ein Hochbetagter<br />
nicht mehr richtig auf die Beine. Etwa ein Drittel der über<br />
65-Jährigen stürzt mindestens einmal pro Jahr. In Risikogruppen<br />
wie den Bewohnern von Alten- und Pflegehe<strong>im</strong>en<br />
liegt die jährliche Sturzrate sogar bei mehr als 50 Prozent.<br />
Dennoch sind die Gefahren und Probleme, die mit Stürzen<br />
verbunden sind, in ihrem Ausmaß nur wenigen bewusst.<br />
Zum einen sind davon überwiegend alte und sehr alte<br />
Menschen betroffen, die nicht gewohnt oder nicht mehr in<br />
der Lage sind, ihre Interessen zum Ausdruck zu bringen. Zum<br />
anderen sprechen die Betroffenen nicht gern über Stürze und<br />
ihre Angst, erneut zu stürzen. Der damit verbundene Kontrollverlust<br />
wird als ein tiefgreifender Einschnitt in die Autonomie<br />
erlebt. Hinzu kommt, dass noch <strong>im</strong>mer zu wenige Ärzte ihre<br />
älteren Patienten auf mögliche Stürze ansprechen.<br />
Folgekosten in Milliardenhöhe. Besonders problematisch und für<br />
die Kranken- und Pflegeversicherung relevant sind die weitreichenden<br />
Folgen von Stürzen: Jeder zehnte führt zu behandlungsbedürftigen<br />
Verletzungen. Die Hälfte davon sind Knochenbrüche,<br />
typischerweise an Oberarm, Unterarm und Becken.<br />
Die von der Häufigkeit und ihren Folgen her wichtigsten Verletzungen<br />
sind Hüftfrakturen (hüftnahe Knochenbrüche des<br />
Oberschenkels). Ein Beispiel hierfür ist der Bruch des Oberschenkelhalses.<br />
Hüftfrakturen treten jährlich bei mehr als<br />
100.000 Bundesbürgern auf und sind häufig mit dem Verlust<br />
der Selbstständigkeit verbunden.<br />
Die Kosten, die in Deutschland allein für die medizinische<br />
Behandlung von Verletzungen der Hüfte anfallen, betragen<br />
* Co-Autoren: Luzia Erhardt-Beer (<strong>AOK</strong> Baden-Württemberg), Regina Merk-Bäuml,<br />
Ralf Brum, Johannes Laws-Hofmann und Otto Gieseke (alle <strong>AOK</strong> Bayern)<br />
nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bis zu zwei Milliarden<br />
Euro pro Jahr. Da sturzbedingte Verletzungen vor allem<br />
bei sehr alten Menschen auftreten und die Zahl der Hochbetagten<br />
deutlich zunehmen wird, könnten die Kosten allein<br />
für Hüftfrakturen bis ins Jahr 2050 auf sieben Milliarden<br />
Euro ansteigen – so eine Hochrechnung von Leipziger Gesundheitsökonomen<br />
aus dem Jahr 2007 (siehe Kasten Lesetipps).<br />
Vielfalt der Ursachen berücksichtigen. Das Risiko, zu fallen<br />
und dabei eine Hüftfraktur zu erleiden, steigt mit dem Alter.<br />
Zudem ist bei Bewohnerinnen von Pflegehe<strong>im</strong>en das Sturzund<br />
Bruchrisiko deutlich höher, als in der weiblichen Gesamtbevölkerung<br />
der gleichen Altersgruppe. Das zeigt eine aktuelle<br />
Auswertung von Daten der <strong>AOK</strong> Baden-Württemberg (siehe<br />
Abbildung „Hüftfrakturen: Häufiger <strong>im</strong> He<strong>im</strong>“). Bei Männern<br />
ist der beobachtete Unterschied sogar noch größer. Folglich<br />
sind sowohl weibliche als auch männliche Bewohner von Pflegehe<strong>im</strong>en<br />
als die Hochrisikopopulation schlechthin für Stürze<br />
und sturzbedingte Verletzungen anzusehen.<br />
Hüftfrakturen: Häufiger <strong>im</strong> He<strong>im</strong><br />
Ausgabe 6/09, 12. Jahrgang 25<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Hüftfrakturen pro<br />
1.000 Personenjahre<br />
65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95+<br />
Alter<br />
deutsche Bevölkerung (Frauen)<br />
in Baden-Württemberg neu ins Pflegehe<strong>im</strong><br />
aufgenommene Bewohnerinnen<br />
Personenjahre: Wert<br />
aus Zahl der beobachteten<br />
Personen und<br />
dem Beobachtungszeitraum<br />
(Bsp.: Wenn<br />
2.000 Personen jeweils<br />
über ein halbes Jahr<br />
beobachtet werden,<br />
entspricht dies 1.000<br />
Personenjahren)<br />
Bewohnerinnen von Pflegehe<strong>im</strong>en tragen ein deutlich höheres Risiko, sich<br />
die Hüfte zu brechen (gelbe Balken) als Frauen der selben Altersgruppe in<br />
der Gesamtbevölkerung (blaue Balken).<br />
Quelle: Rapp, Daten der <strong>AOK</strong> Baden-Württemberg