Hanteltraining im Seniorenheim - AOK-Gesundheitspartner
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Fotos: Oliver Häußler<br />
Mobilität erhalten. Inzwischen werfen sich die Senioren kleine<br />
Stoffsäckchen zu. Sie müssen dabei den Namen des Partners<br />
nennen, der das Säckchen fängt. Diese Übung schult Koordination,<br />
Konzentration und Gedächtnis. Sie fördert auch die<br />
Kommunikation unter den Bewohnern.<br />
Langsam kommen die Senioren ins Schwitzen. Bei der<br />
Übung „Treppensteigen“ wird die Oberschenkelmuskulatur<br />
trainiert. Ute Conrad befestigt individuell angepasste Gewichtsmanschetten<br />
an den Unterschenkeln der Teilnehmer.<br />
Die Manschetten dürfen nicht zu leicht sein, damit ein Trainingseffekt<br />
eintritt, aber auch nicht zu schwer, damit die Teilnehmer<br />
die drei Einheiten mit je 20 Stufen pro Bein schaffen<br />
können. „Wir bieten zwar auch Gymnastikstunden an. Aber<br />
das Kraft- und Balancetraining stärkt gezielt die Muskulatur,<br />
die für die Mobilität wichtig ist. Dazu gehört die Muskulatur<br />
von Schulter, Arm, Gesäß, Unterschenkel, Oberschenkel und<br />
Waden“, sagt Ute Conrad. Die 47-jährige Motopädin und<br />
Entspannungspädagogin ließ sich von der <strong>AOK</strong> als Trainerin für<br />
Sturzprophylaxe ausbilden. Im Haus gibt es noch eine weitere<br />
Trainerin und mehrere Co-Trainer.<br />
„Wir sorgen in unserer Einrichtung schon seit neun Jahren<br />
für Sturzprophylaxe, seit zwei Jahren nach dem Modell der<br />
<strong>AOK</strong>“, sagt Gunnar Dabelstein, der die Pflegedienstleitung<br />
<strong>im</strong> Haus der Senioren inne hat. „Die Zahl der Stürze ist bei<br />
uns merklich zurückgegangen“, so Dabelstein. Das ist nicht<br />
nur auf das Krafttraining zurückzuführen, sondern auch auf<br />
weitere Ansätze des Programms. So werden die Senioren nach<br />
Einzug ins Haus <strong>im</strong> Rahmen der Sturzprävention gezielt an<br />
die neue Umgebung gewöhnt. Der Toilettengang wird ebenso<br />
geübt wie das Aufstehen vom höheren Bett und das Betätigen<br />
der Lichtschalter und Klingelknöpfe.<br />
Vom Rollstuhl zum Rollator. „Welche Übung wollt Ihr jetzt<br />
machen?“, fragt Ute Conrad. „Fensteröffnen“, wünscht sich<br />
Veronika Strohbel. Be<strong>im</strong> „Fensteröffnen“ nehmen die Senioren<br />
eine Hantel in die Hand und strecken sie mit angewinkeltem<br />
Ellenbogen von der Körpermitte her nach außen. Das stärkt<br />
die Oberarm- und Schultermuskulatur. Veronika Strohbel ist<br />
von Anfang an be<strong>im</strong> Training dabei. Die 88-Jährige hat sich<br />
dadurch vom Bett über den Rollstuhl bis hin zum Rollator<br />
vorgearbeitet. Mit dem Gehwagen konnte sie sich relativ selbstständig<br />
<strong>im</strong> Haus bewegen. Vor ein paar Tagen musste sie allerdings<br />
einen Rückschritt verbuchen. Be<strong>im</strong> Zuziehen der Vorhänge<br />
schaute sie nach oben. Ihr wurde schwindelig und sie<br />
fiel nach hinten. „Ohne das Training hätte sie sich sicher etwas<br />
gebrochen“, vermutet Ute Conrad.<br />
Zurzeit muss Veronika Strohbel zwar wieder <strong>im</strong> Rollstuhl<br />
sitzen, aber da will die Seniorin so schnell wie möglich wieder<br />
raus. Für die Oberstdorferin sind die zwei Trainingseinheiten<br />
nicht mehr aus ihrem Alltag wegzudenken. „Ich fühle mich<br />
gut. Ich bin dadurch <strong>im</strong>mer noch gelenkig. Ich fühle mich sicher.<br />
Im Laufen. Im Stehen. Überall“, sagt Veronika Strohbel.<br />
In der Gruppe Spaß haben. „Auslockern. Tasten, ob der Stuhl<br />
noch da ist. Dann könnt Ihr Euch hinsetzen.“ Mit der Übung<br />
„Schauen in Nachbars Garten“, bei der sich die Teilnehmer so<br />
hoch wie möglich auf ihre Zehenspitzen stellen, ist das Trai-<br />
Ausgabe 6/09, 12. Jahrgang<br />
Die Hantelübung heißt „Fensteröffnen“ (Foto linke Seite), mit den<br />
Fußmanschetten (Foto oben) bauen die He<strong>im</strong>bewohner in Oberstdorf<br />
ihre Beinmuskulatur auf. Das Kraft- und Balancetraining steigert<br />
nicht nur die Standfestigkeit, sondern auch die Lebensfreude.<br />
ning vorbei. Bei der abschließenden Reflexionsrunde soll jeder<br />
sagen, wie er die Übungen empfunden hat und ob es Probleme<br />
gab. Ute Conrad protokolliert die Angaben und ihre<br />
eigenen Beobachtungen, um diese gegebenenfalls an die Pflegekräfte<br />
weiterzugeben und um die individuellen Trainingspläne<br />
anzupassen.<br />
Bei der Abschlussrunde ist die St<strong>im</strong>mung ausgelassen. Für<br />
Ute Conrad ist das typisch. Das Trainieren von Kraft, Beweglichkeit<br />
und Gleichgewicht ist für sie zwar zentrales Ziel der<br />
Übungen. Ebenso wichtig ist ihr aber die psychische Komponente.<br />
„Die Leute werden aus ihrem Alltagstrott herausgeholt<br />
und haben hier in der Gruppe Spaß“, sagt Ute Conrad. Zudem<br />
erleben die Teilnehmer, wie sie durch das Training in ihrem<br />
Alltag mobiler und selbstständiger werden. „Das ist einfach ein<br />
Stück mehr Lebensqualität.“ √<br />
Oliver Häußler ist freier Journalist. Kontakt: info@textboarder.de<br />
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