07.01.2013 Aufrufe

Der Arbeitsunfall und seine rechtlichen Konsequenzen

Der Arbeitsunfall und seine rechtlichen Konsequenzen

Der Arbeitsunfall und seine rechtlichen Konsequenzen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1.4. Präventivfachkräfte<br />

Wenn diese die im ASchG vorgesehenen Aufgaben nicht erfüllen,<br />

sind dafür verwaltungsstrafrechtlich die Arbeitgeber/-innen<br />

bzw. verantwortlichen Beauftragten zur Verantwortung<br />

zu ziehen <strong>und</strong> nicht die Präventivfachkräfte. Handelt<br />

es sich bei den Präventivfachkräften um Arbeitnehmer/innen,<br />

dann sind sie - so wie alle anderen Arbeitnehmer/innen<br />

- verantwortlich, wenn sie die für alle Arbeitnehmer/innen<br />

geltenden Pflichten verletzen (s. 1.3.). Sie können<br />

nicht als verantwortliche Beauftragte bestellt werden.<br />

2. Strafrecht<br />

Werden Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingehalten,<br />

so kann dies einen <strong>Arbeitsunfall</strong> zur Folge haben. Auf<br />

Gr<strong>und</strong> dessen kann es zu einem gerichtlichen Strafverfahren<br />

kommen, z. B. wegen fahrlässiger Körperverletzung<br />

oder wegen fahrlässiger Tötung. Die verwaltungsstrafrechtliche<br />

Verantwortlichkeit ist für das gerichtliche<br />

Strafverfahren nicht ausschlaggebend.<br />

HINWEIS: Verbot der Doppelbestrafung (Art. 4 des Protokolls<br />

Nr. 7 zur Europäischen Menschenrechtskonvention)<br />

- Nach rechtskräftigem Freispruch oder rechtskräftiger<br />

Verurteilung in einem gerichtlichen Strafverfahren<br />

darf keine Verwaltungsstrafe wegen derselben Tat verhängt<br />

werden. Dies gilt auch dann, wenn mittels Diversion<br />

vorgegangen wird. Bei Zurücklegung der Anklage ist<br />

hingegen eine Verwaltungsstrafe noch möglich. Das Doppelbestrafungsverbot<br />

gilt nur hinsichtlich ein- <strong>und</strong> derselben<br />

Person.<br />

Strafrechtlich kann eine Person (z. B. Arbeitgeber/-in, Präventivfachkraft,<br />

Arbeitnehmer/-in, Baustellenkoordinator/-in)<br />

wegen eines Tuns (Begehungsdelikt) oder wegen<br />

einer Unterlassung (Unterlassungsdelikt) zur Verantwortung<br />

gezogen werden.<br />

2.1. Begehungsdelikte<br />

Eine Bestrafung wegen eines Begehungsdeliktes kommt<br />

in Frage, wenn z. B. verbotenerweise eine Schutzeinrichtung<br />

außer Betrieb gesetzt oder verändert wird.<br />

2.2. Unterlassungsdelikte<br />

Eine Bestrafung wegen eines Unterlassungsdeliktes kommt<br />

in Frage, wenn die Verletzung von Arbeitnehmer/-innen<br />

durch Unterlassung einer Handlung herbeigeführt wird<br />

(z. B. fehlende Unterweisung, fehlende Schutzeinrichtung).<br />

Voraussetzung ist, dass der Täter auf Gr<strong>und</strong> einer ihn im<br />

Besonderen treffenden Verpflichtung zur Erfolgsabwendung,<br />

also zu einer Handlung, verpflichtet war (Garantenstellung,<br />

§ 2 des Strafgesetzbuches - StGB). Diese Garantenstellung<br />

kann sich z. B. aus einer Rechtsvorschrift ergeben<br />

(z. B. dem ASchG) oder aus freiwilliger Pflichtenübernahme,<br />

auf Gr<strong>und</strong> des Vertrages usw.<br />

Arbeitgeber/-innen haben in diesem Sinne eine besondere<br />

Verpflichtung, durch geeignete Maßnahmen Verletzungen<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschäden der Arbeitnehmer/-innen zu<br />

verhindern. Es kommt aber auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit<br />

der Präventivfachkräfte wegen Unterlassung<br />

in Betracht, wenn sie nach dem ASchG vorgesehene<br />

Pflichten verletzen (z. B. Pflicht zur Meldung von Missständen).<br />

Für die Durchführung von Schutzmaßnahmen<br />

bzw. die Beseitigung der Missstände sind aber nicht die<br />

Präventivfachkräfte verantwortlich. Die übrigen Arbeitnehmer/-innen<br />

können in der Regel nur in besonderen Fällen<br />

für Unterlassung zur Verantwortung gezogen werden<br />

(z. B. wenn ihnen eine Aufsichtsfunktion zukommt).<br />

Eine Bestrafung wegen eines Unterlassungsdeliktes kann<br />

nur dann erfolgen, wenn dem Täter die Erfolgsabwendung<br />

tatsächlich möglich war, der Erfolg (z. B. die Verletzung)<br />

bei Setzung der gebotenen Handlung mit an Sicherheit<br />

grenzender Wahrscheinlichkeit abgewendet worden wäre<br />

<strong>und</strong> wenn die Unterlassung einer Verwirklichung des<br />

Erfolges durch ein Tun gleichwertig ist.<br />

Im Strafrecht gilt der Gr<strong>und</strong>satz: Keine Strafe ohne<br />

Schuld. Gerichtliche Strafbarkeit setzt Verschulden vo -<br />

raus <strong>und</strong> zwar je nach Delikt Vorsatz oder Fahrlässigkeit.<br />

In Zusammenhang mit Arbeitnehmerschutzvorschriften<br />

geht es in der Regel um Fahrlässigkeitsdelikte.<br />

2.3. Verbandsverantwortlichkeitsgesetz<br />

Strafbar sind gr<strong>und</strong>sätzlich natürliche Personen. Auf<br />

Gr<strong>und</strong> des am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Verbandsverantwortlichkeitengesetz<br />

(VbVG) kann aber - unter<br />

bestimmten Voraussetzungen - auch ein so genannter<br />

Verband (z. B. GmbH, AG, Verein) für eine Straftat strafrechtlich<br />

verantwortlich sein.<br />

Eine Straftat ist dem Verband zurechenbar (§ 3 VbVG),<br />

wenn die Tat zu Gunsten des Verbandes begangen wurde<br />

(z. B. wenn sich Verband wirtschaftlichen Aufwand erspart)<br />

oder durch die Tat Pflichten verletzt wurden, die den<br />

Verband treffen (z. B. Pflichten im Arbeitnehmerschutz)<br />

<strong>und</strong><br />

�ein Entscheidungsträger (z. B. Geschäftsführer/-in,<br />

Vorstandsmitglied) die Tat rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft<br />

begangen hat oder<br />

�es sich um die Tat eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin<br />

handelt, wenn die Begehung der Tat durch ein Organisationsverschulden<br />

eines Entscheidungsträgers ermöglicht<br />

oder erleichtert wurde.<br />

Verband, Entscheidungsträger/-innen, Mitarbeiter/-innen<br />

sind nebeneinander verantwortlich <strong>und</strong> strafbar.<br />

Im Falle der Verantwortlichkeit wird eine Verbandsgeldbuße<br />

verhängt, die bedingt nachgesehen werden kann <strong>und</strong><br />

zwar gegebenenfalls unter Erteilung von Weisungen, die<br />

Schadenswiedergutmachung oder mit Zustimmung des<br />

135<br />

AARRBBEEIITTSSSSIICCHHEERRHHEEIITT

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!