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Der Kirchenerweiterungsbau in Krefeld-Traar 1929 – 1930; Architekt ...

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<strong>Der</strong> <strong>Kirchenerweiterungsbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Krefeld</strong>-<strong>Traar</strong><br />

<strong>1929</strong> <strong>–</strong> <strong>1930</strong>; <strong>Architekt</strong> Bernhard Rotterdam<br />

von Edgar Thiesbürger<br />

<strong>Der</strong> rhe<strong>in</strong>ische <strong>Architekt</strong> und Kirchenbaumeister<br />

Bernhard Rotterdam wurde am 8. Februar<br />

1893 <strong>in</strong> Langenfeld-Immigrath als Sohn e<strong>in</strong>es<br />

Bauunternehmers geboren und verstarb am<br />

7. Oktober 1974 <strong>in</strong> Bergisch Gladbach-Bensberg.<br />

Nach se<strong>in</strong>er bauhandwerklichen Ausbildung<br />

im väterlichen Unternehmen absolvierte<br />

er zunächst die Staatsbauschule <strong>in</strong> Köln. Es<br />

folgte e<strong>in</strong> <strong>Architekt</strong>urstudium bei Professor<br />

Emil Fahrenkamp an der staatlichen Kunstakademie<br />

<strong>in</strong> Düsseldorf. Bernhard Rotterdam<br />

zählt mit se<strong>in</strong>em umfangreichen Werk zu den<br />

bedeutenden Vertretern des neuen katholischen<br />

Kirchenbaus im Rhe<strong>in</strong>land. Die Hauptstätten<br />

se<strong>in</strong>es Wirkens waren das Bergische<br />

Land und Köln. Zu se<strong>in</strong>en frühen Bauschöpfungen<br />

zählen das ehemalige Priestersem<strong>in</strong>ar<br />

<strong>in</strong> Bergisch Gladbach-Bensberg, die St.-<br />

Engelbert-Kirche <strong>in</strong> Leverkusen-Pattscheid<br />

und die Herz-Jesu-Kirche <strong>in</strong> Leverkusen-<br />

Wiesdorf.<br />

Für die Erweiterung der katholischen Pfarrkirche<br />

St. Josef im <strong>Krefeld</strong>er Ortsteil <strong>Traar</strong> war <strong>in</strong><br />

den Jahren 1982/29 e<strong>in</strong> Wettbewerb ausgeschrieben<br />

worden, bei dem Bernhard Rotterdam<br />

den 1. Preis erhielt. Die orig<strong>in</strong>elle Lösung<br />

mit dem organisch e<strong>in</strong>gefügten runden Chorturm,<br />

dem breit herabgezogenen Satteldach<br />

und der halbrund angefügten Sakristei ist als<br />

ideal zu bezeichnen. <strong>Der</strong> frontseitig von wabenartig<br />

durchbrochenen Schallöffnungen<br />

belebte Glockenturm ist den zyl<strong>in</strong>drischen<br />

Turmw<strong>in</strong>dmühlen am Niederrhe<strong>in</strong> nachempfunden.<br />

Den oberen Turmabschluss bildet<br />

e<strong>in</strong> flach geneigtes Kegeldach aus Kupferblech<br />

mit Kreuzbekrönung. Das Motiv des<br />

von Ste<strong>in</strong>lage zu Ste<strong>in</strong>lage mehrfach vorgekragten<br />

Dachansatzes an der alten Kirche<br />

ist ebenfalls <strong>in</strong> dem neuen Bau fortgeführt<br />

und kehrt am oberen Turmrand wieder. Im<br />

Halbrund legt sich außen um den Chorturm<br />

e<strong>in</strong>e niedrige pultdachgedeckte Sakristei mit<br />

<strong>in</strong> ganzer Breite umlaufendem Fensterband,<br />

das horizontal umzogene Eisengitter sichern.<br />

Das tief herabgezogene Dach des Querschiffs<br />

mit se<strong>in</strong>em zweifachen Knick lässt e<strong>in</strong><br />

Motiv bäuerlicher Bauweise ankl<strong>in</strong>gen: das<br />

Schleppdach alter Kotten. Die beiden Seitenschiffe<br />

erhalten ihr Licht durch je sieben dicht<br />

nebene<strong>in</strong>ander stehende Rundbogenfenster.<br />

Im Innenraum kontrastiert das Weiß der<br />

Wände zu dem Dunkelgrau des Fußbodens <strong>in</strong><br />

Aachener Blauste<strong>in</strong>. In markanter L<strong>in</strong>ie wölbt<br />

Abb. 1. Pfarrkirche St. Josef von Südosten<br />

Abb. 2. Die Turmseite mit den Erweiterungen; Ansichtskarte kurz nach der Erweiterung<br />

die Heimat 80/2009 219


Abb. 3. Seitenansicht von Süden; Zustand kurz nach<br />

der Erbauung<br />

Abb. 4. <strong>Der</strong> Chorturm von Osten Abb. 5. Die Chorfenster <strong>in</strong> der Turmrückwand<br />

220 die Heimat 80/2009


Abb. 6. <strong>Architekt</strong> B.D.A. Bernhard Rotterdam<br />

sich der den Vorderteil des Turmes stützende<br />

Bogen <strong>in</strong> den Raum und konzentriert die Aufmerksamkeit<br />

auf den sakralen Mittelpunkt.<br />

<strong>Der</strong> neue liturgische Gedanke e<strong>in</strong>er räumlichen<br />

Annäherung und Ausrichtung von Altar<br />

und Geme<strong>in</strong>de f<strong>in</strong>det hier se<strong>in</strong>en architektonischen<br />

Ausdruck. Die zwei hohen, schmalen<br />

Chorfenster <strong>in</strong> mehrfach nuancierten<br />

Blau- und Violett-Tönen mit den frühchristlichen<br />

Glaubenssymbolen Fisch und Pelikan,<br />

Late<strong>in</strong>isches Kreuz und Christusmonogramm<br />

<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiv leuchtendem Rot entwarf Wilhelm<br />

<strong>Der</strong>ix, e<strong>in</strong> Schüler Professor Johan Thorn<br />

Prikkers an den Kölner Werkschulen für Kunst<br />

und Gestaltung. Sie wurden <strong>1929</strong> <strong>in</strong> den<br />

Werkstätten für Glasmalerei und Mosaik Kevelaer<br />

und Goch ausgeführt. Auf diese Weise<br />

hat die St.-Josefs-Kirche <strong>in</strong> <strong>Krefeld</strong>-<strong>Traar</strong> e<strong>in</strong>e<br />

moderne Bauform erhalten, die sich von allen<br />

Seiten <strong>in</strong> schöner Geschlossenheit präsentiert.<br />

Am 19. März <strong>1930</strong> erfolgte die feierliche<br />

Konsekration des erweiterten Gotteshauses<br />

durch den damaligen Weihbischof von Köln,<br />

Dr. Sträter. Das Kölner Institut für religiöse<br />

Kunst hatte an dem wohlgelungenen Werk<br />

beratend mitgewirkt. Interessant ist, diese<br />

Kirche mit den beiden Kirchen-Neubauten,<br />

Herz-Jesu <strong>in</strong> <strong>Krefeld</strong>-Bockum und St. Mart<strong>in</strong><br />

Abb. 7. Beilage zum preisgekrönten Wettbewerbsentwurf; Motto „Alt und neu“; Kreidezeichnung<br />

zu vergleichen, da sie um dieselbe Zeit entstanden<br />

und gleichfalls e<strong>in</strong>er modernen Bauidee<br />

verpflichtet s<strong>in</strong>d. Alle drei Bauten stehen<br />

unter Denkmalschutz.<br />

Das Rhe<strong>in</strong>land war <strong>in</strong> der Zeit nach dem Ersten<br />

Weltkrieg e<strong>in</strong> Zentrum kirchlichen Bauschaffens.<br />

Hier arbeiteten berühmte <strong>Architekt</strong>en,<br />

deren Entwürfe vorbildhaft für ganz<br />

Deutschland wurden, so vor allem Professor<br />

Dom<strong>in</strong>ikus Böhm, der 1926 als Leiter der<br />

Abteilung für kirchliche Kunst an die Kölner<br />

Werkschulen berufen wurde. Se<strong>in</strong> enger Kontakt<br />

zu dem Theologen Johannes van Acken,<br />

der als Rektor am Krankenhaus <strong>in</strong> Gladbeck/<br />

Westfalen wirkte, führte dazu, dass besonders<br />

am Niederrhe<strong>in</strong> zahlreiche wegweisende<br />

katholische Kirchenneubauten möglich<br />

wurden. In van Ackens Broschüre „Christozentrische<br />

Kirchenkunst. E<strong>in</strong> Entwurf zum<br />

liturgischen Gesamtkunstwerk“ wurden 1923<br />

zwei Projekte von Dom<strong>in</strong>ikus Böhm, „Lumen<br />

Christi“ und „Circumstantes“, als Beispiele<br />

christozentrischer Sakralbauten zum ersten<br />

Mal veröffentlicht. Se<strong>in</strong>e auf Dramatik und<br />

Mystik angelegten Kirchenräume mit effektvollen<br />

Lichtführungen s<strong>in</strong>d geprägt „aus der<br />

Stimmung, <strong>in</strong> der sie entstehen“, als Äuße-<br />

rungen der Seele. Erich Mendelsohn sagte<br />

e<strong>in</strong>mal von Böhm, er kenne unter den lebenden<br />

<strong>Architekt</strong>en se<strong>in</strong>er Generation ke<strong>in</strong>en,<br />

der e<strong>in</strong> solches Gefühl für die sakrale Wirkung<br />

e<strong>in</strong>es Raumes habe. Die expressionistische<br />

Kirchenbaukunst bevorzugte scharfkantig<br />

gefaltete vom Fußboden aufsteigende Spitzbogengewölbe<br />

<strong>in</strong> Stahlbeton. Ihre wichtigste<br />

ästhetische Aufgabe war es, das Licht zu<br />

leiten und prismatisch gebrochene Flächen<br />

von unterschiedlicher Helligkeits<strong>in</strong>tensität zu<br />

erzeugen. Erwähnt seien weitere namhafte <strong>in</strong><br />

den rhe<strong>in</strong>isch-westfälischen Bistümern tätige<br />

Kirchenbaumeister: Rudolf Schwarz, Hans<br />

Herkommer, Edmund Körner, Josef Franke,<br />

ferner Clemens Holzmeister und Emil Fahrenkamp,<br />

der Lehrer Rotterdams, die beide<br />

an der Staatlichen Kunstakademie <strong>in</strong> Düsseldorf<br />

lehrten.<br />

Literatur<br />

Bernhard Rotterdam. Mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>leitung von Dr. Johannes<br />

Schumacher, Berl<strong>in</strong>-Leipzig, 1931. Monographienreihe<br />

Neue Werkkunst.<br />

die Heimat 80/2009 221

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