20 Jahre Galerie Rigassi: Georg Baselitz - Ensuite
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artensuite Schweizer Kunstmagazin November <strong>20</strong>11 | 10<br />
Vik Muniz, Clown<br />
Skull, 1989–1990,<br />
Plastique moulé,<br />
21 x 13 x 19,5 cm,<br />
Daros Latinamerica<br />
Collection, Zurich,<br />
Foto: Peter<br />
Schälchli, Zurich<br />
Verführerisches Lächeln<br />
Von Dominik Imhof<br />
■ Bei Umberto Ecos «Il nome della<br />
rosa» ist das nicht überlieferte aristotelische<br />
Buch über die Komödie Ausgang<br />
eines mittelalterlichen Krimis.<br />
Ein Abt versieht das Buch mit Gift,<br />
um zu verhindern, dass es gelesen<br />
wird, denn er glaubt, Lachen beraube<br />
den Menschen um die Furcht vor Tod<br />
und Teufel. Diese Furcht haben die<br />
Macher der Ausstellung «Incongrue.<br />
Quand l’art fait rire» im Lausanner<br />
Musée cantonal des Beaux-Arts ganz<br />
sicher nicht, denn sie breiten eine<br />
Vielzahl an Kunstwerken vom 17.<br />
Jahrhundert bis in die Gegenwart in<br />
ihren Ausstellungsräumen aus, die<br />
gerade das Lachen, den Humor und<br />
den Witz thematisieren. Unpassend,<br />
wie der Titel besagt, ist da manches<br />
– und soll es auch. Die überraschende<br />
Kombination, das Unpassende, ist ja<br />
schliesslich der Auslöser für Lachen<br />
und Humor.<br />
Über Jahrhunderte war das Lachen<br />
zwar menschlich, vielleicht<br />
auch lebensnotwendig, aber auch<br />
weit ausserhalb jeglichen Decorums.<br />
Gerade in der bildenden Kunst hatte<br />
Incongru. Quand l'art fait rire<br />
Musée cantonal des Beaux-Arts, Palais de Rumine, Place de la<br />
Riponne 6, 1014 Lausanne<br />
www.musees.vd.ch/fr/musee-des-beaux-arts<br />
Geöffnet Dienstag bis Mittwoch 11:00–18:00 h, Donnerstag<br />
11:00–<strong>20</strong>:00 h, Freitag bis Sonntag 11:00–17:00 h<br />
Bis 15. Januar <strong>20</strong>12. Mit Katalog<br />
das Lachen, genauso wie Humor und Komik überhaupt, keinen Platz. Die<br />
durch Lachen deformierten Visagen galten als wenig darstellungswürdig,<br />
im Gegenteil, man sah in ihnen wohl eher das Antlitz des Teufels, das Antlitz,<br />
vor dem sich Ecos Abt so fürchtet. Nur die Groteske und schliesslich<br />
die Karikatur durften es sich erlauben, mit Humor die Alltäglichkeiten zu<br />
umspielen. Und trotzdem war die Faszination für das Lachen auf Seiten der<br />
Kunstschaffenden doch immer da und zeigt sich im Rückblick in all seiner<br />
Vielfalt: vom Schmunzeln zum Schenkelkopfer, vom zärtlichen Anlächeln bis<br />
zum teuflisch-verführerischen Lachen, vom Sprachwitz bis zur Pointe, vom<br />
schwarzen Humor zur Ironie, dem Sarkasmus und dem Spott.<br />
Fast das ganze Panoptikum des Lachens breiten die Ausstellungsmacher<br />
in einer <strong>Galerie</strong> des Lachens aus. Hier finden sich Porträts lachender Personen,<br />
etwa <strong>Georg</strong>e Achille-Foulds «Madame Satan: séduction» aus dem beginnden<br />
<strong>20</strong>. Jahrhundert mit ihrem verführerischen Lachen. Mit Schmuck,<br />
Blumen, ihren körperlichen Reizen und nicht zuletzt ihrem Lachen will sie<br />
von der Schlange, die in ihrem Dekolleté verschwindet, und ihren Flügeln<br />
ablenken. Felix Vallottons «Jean-Adolphe Schmidt» von 1907 zeigt sich dagegen<br />
in einem einfühlsam-zurückhaltenden Lächeln, wie es bis anhin üblich<br />
war. Es ist das Lächeln, wie es das Zeitalter der Fotografie – des Passfotos<br />
– allgegenwärtig machte. Yue Min Jun bringt es auf den Punkt mit seinen 25<br />
Selbstporträts als lebensgrosse Figuren: 25 Mal dasselbe Grinsen, dasselbe<br />
verzerrte Gesicht.<br />
Die Karikatur darf hier nicht fehlen. Honoré Daumier – natürlich – oder<br />
Glen Baxter mit seinen Cowboy-Szenen im Kunstmilieu, wo beim Anblick<br />
eines Monet schon mal ein Pferd mit Reiter scheuen kann. Die vermeintliche<br />
Giacometti-Skulptur im selben Raum lässt dagegen den Betrachter scheuen:<br />
da stimmt was nicht. Die gertenschlanke Bronzefigur in Lebensgrösse<br />
schwingt gekonnt einen Golfschläger! Das Vertraute trifft auf das Unpassende.<br />
So wird Lachen erzeugt, was den Kunstschaffenden kein Geheimnis ist.<br />
Sie machen die Gesten und Mechanismen deutlich, etwa wenn Bas Jan Ader<br />
per Velo in die Amsterdamer Grachten stürzt, als wäre er einem Slapstickfilm<br />
entsprungen. Wir treffen bei Cecilia Edefalk auf Laurel und Hardy und Anna<br />
und (der erst kürzlich verstorbene) Bernhard Blume winden sich in artistischen<br />
Verrenkungen zwischen konstruktivistischen Formen. Olaf Breuning<br />
lässt auf einer Fotografie die Skulpturen der Osterinsel zu grinsenden Mickey<br />
Mäusen werden: «Easter Bunnies» von <strong>20</strong>05.<br />
Das Lachen, das Peter Land in «Joie de vivre» von 1998 auf Ewig schüttelt,