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Handeln in Hungerkrisen

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Daniel Krämer<br />

größerer Bevölkerungssegmente erlaubte (Vernon 2007, S. 5; Millman u. Kates<br />

1990, S. 10).<br />

Die Vulnerabilität e<strong>in</strong>er Gesellschaft h<strong>in</strong>g nicht nur von naturräumlichen, wirtschaftlichen<br />

und demographischen Faktoren, sondern auch von den politischen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ab. Die Lebensgrundlagen von marg<strong>in</strong>alisierten Personen<br />

ruhten häufig auf tönernen Füssen, die bei den ger<strong>in</strong>gsten Erschütterungen e<strong>in</strong>zuknicken<br />

drohten, und die Regierungen breiteten <strong>in</strong> Krisenphasen ihre schützenden<br />

Hände seltener und zögerlicher über ihnen aus (Wisner et al. 2004, S. 52-53). Das<br />

zeigte sich sowohl während der „Grossen Transformation“ (Karl Polanyi) als auch<br />

während des Kolonialismus und des Imperialismus mit ihren kapitalistischen Experimenten,<br />

die enorme soziale Kosten verursachten (Vernon 2007, S. 6; Arnold<br />

1988, S. 48-50 und 115-118).<br />

Während die Dauer und die Intensität von Kriegen und Unruhen e<strong>in</strong>e Hungerkrise<br />

sowohl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er langfristigen als auch kurzfristen Perspektive begünstigen<br />

konnten, wurden Epidemien und Krankheiten e<strong>in</strong>deutig den auslösenden Prozessen<br />

zugeordnet. Sie beschränken Aufnahme wie Absorption von Nahrung und<br />

tragen dadurch zu Unterernährung bei (Millman u. Kates 1990, S. 10-11). In die<br />

gleiche Kategorie der Störungen fielen Naturkatastrophen, Missernten, Konjunkture<strong>in</strong>brüche,<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung und adm<strong>in</strong>istratives Versagen, die alle zum Verlust<br />

von Anrechten führen und die Vulnerabilität erhöhen konnten (Alamgir 1980, S.<br />

36-38; von Braun et al. 1998, S. 11; Millman u. Kates 1990, S. 10).<br />

3.2 Exponierte E<strong>in</strong>heiten des Systems: Die Untersuchungsebenen<br />

Nahrungsmittelknappheit hatte nicht <strong>in</strong> allen Untersuchungse<strong>in</strong>heiten die gleichen<br />

Auswirkungen. Im Modell wird daher zwischen den Untersuchungsebenen Region,<br />

Haushalt und Individuum unterschieden. Selbst wenn sich das Angebot nicht veränderte,<br />

konnte der Zugang zu Nahrungsmitteln auf allen Ebenen durch e<strong>in</strong>e ganze<br />

Reihe von Faktoren erschwert werden. Rivalitäten zwischen und Konkurrenzkämpfe<br />

<strong>in</strong>nerhalb (ethnischer) Gruppen konnten genauso zu Knappheit führen<br />

wie fehlende Anrechte. Im e<strong>in</strong>en wie im anderen Fall konnten nicht alle Individuen<br />

ihre Bedürfnisse vollständig befriedigen – die horizontale und vertikale Verteilung<br />

der Anrechte entschied letztlich darüber, wer auf der <strong>in</strong>dividuellen Ebene unter<br />

Hunger zu leiden hatte und wer nicht (Millman u. Kates 1990, S. 11).

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