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Sozialwahlen 2011 - DHV-Deutscher Handels- und ...

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Nr. 4 - <strong>2011</strong> · 10. August <strong>2011</strong><br />

<strong>DHV</strong> – Die Berufsgewerkschaft C 2223 F<br />

Die politische Diskussion ist seit<br />

Jahren davon geprägt, wer den Menschen<br />

in unserem Land die besseren<br />

Geschenke machen kann. Die Meinungsumfragen<br />

orientieren sich daran<br />

<strong>und</strong> die politischen Parteien stricken<br />

ihre Wahlprogramme danach in der<br />

Hoffnung, dass die Wählergunst sie<br />

damit an die Spitze spült. Die Folge<br />

sind Erdrutsche in Meinungsumfragen,<br />

wie sie in den vergangenen zwei<br />

Jahren am deutlichsten an der FDP<br />

auszumachen waren.<br />

ie Folge eines solchen Handelns<br />

Dwird oftmals nicht mehr wahrgenommen.<br />

Welche gesellschaftspolitischen<br />

Gr<strong>und</strong>werte <strong>und</strong> welches Menschenbild<br />

vertreten die politischen<br />

Parteien heute noch? Viele Bürger beantworten<br />

diese Frage nur noch mit einem<br />

Schulterzucken, die meisten Mitglieder<br />

der politischen Parteien im<br />

Übrigen auch.<br />

Was für politische Parteien gilt, das gilt<br />

für die Gewerkschaften genauso. Das<br />

gewerkschaftliche Handeln ist geprägt<br />

von Gr<strong>und</strong>werten <strong>und</strong> von Überzeugungen,<br />

die sich nicht so ohne weiteres<br />

umstoßen lassen. Und auch hier gibt es<br />

nach wie vor große Unterschiede.<br />

ie <strong>DHV</strong> bekennt sich zur christ-<br />

Dlichen Soziallehre. Diese fußt auf<br />

drei Gr<strong>und</strong>werten, auf denen eine<br />

Gesellschaftsordnung aufgebaut sein<br />

soll, dem Gr<strong>und</strong>wert der Solidarität,<br />

dem Gr<strong>und</strong>wert der Subsidiarität <strong>und</strong><br />

dem Gr<strong>und</strong>wert der Personalität. Mit<br />

diesen Gr<strong>und</strong>werten unterscheiden wir<br />

uns elementar von den sogenannten<br />

Einheitsgewerkschaften.<br />

Der Gr<strong>und</strong>wert der Solidarität verbindet<br />

alle Gewerkschaften. Ziel ist es,<br />

dass sich die Beschäftigten <strong>und</strong> die<br />

Belegschaften nicht gegeneinander ausspielen<br />

lassen. Auftrag bleibt es des-<br />

Der Mensch steht im Mittelpunkt<br />

halb, dass beim Aushandeln von Arbeitsbedingungen,<br />

z. B. über Tarifverträge,<br />

ein Ausgleich von Interessen der<br />

Arbeitnehmer innerhalb der Gewerkschaften<br />

erfolgt <strong>und</strong> nicht Partikularinteressen<br />

gegeneinander ausgespielt<br />

werden.<br />

er Gr<strong>und</strong>wert der Subsidiarität fin-<br />

Ddet sich in der Gewerkschaftsbewegung<br />

schon nicht mehr geschlossen<br />

wieder. Das gewerkschaftliche<br />

Handeln nach dem Subsidiaritätsprinzip<br />

bedeutet eine Stärkung der<br />

Gestaltungsmöglichkeiten der kleinen<br />

Einheiten. Die Bevorm<strong>und</strong>ung von<br />

oben lehnen wir ab.<br />

In unserem Handeln kommt dieser<br />

Gr<strong>und</strong>wert zum Beispiel in unserer<br />

Tarifarbeit zum Ausdruck. Maßgeblich<br />

für die gewerkschaftliche Willensbildung<br />

bei Tarifverhandlungen sind die<br />

Tarifkommissionen, die durch Mitarbeiter<br />

der Betriebe gebildet werden. Bei<br />

der gewerkschaftlichen Konkurrenz bestimmen<br />

oftmals externe Funktionäre<br />

über die Inhalte von Tarifverhandlungen,<br />

<strong>und</strong> überstimmen somit die<br />

Meinung der eigentlich Betroffenen.<br />

s kommt auch bei Kandidaturen<br />

Efür betriebliche Aufsichtsratswahlen<br />

zum Ausdruck. Nicht der hauptberufliche<br />

Gewerkschaftsfunktionär kandidiert<br />

auf der Gewerkschaftsliste, sondern<br />

wir lassen betriebsangehörige<br />

Mitarbeiter kandidieren.<br />

Auch bei dem Gr<strong>und</strong>wert der Personalität<br />

unterscheidet sich unser Gesellschaftsbild<br />

f<strong>und</strong>amental von denen, die<br />

einer Klassengesellschaft nachrennen.<br />

Aus unserem Selbstverständnis hat<br />

jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit.<br />

Er bestimmt damit auch sein eigenes<br />

Handeln selbst <strong>und</strong> wird nicht<br />

fremdbestimmt. Er ist für sein Handeln<br />

selbst verantwortlich. Die Verantwor-<br />

tung kann nicht auf andere abgeschoben<br />

werden.<br />

nser Bekenntnis für eine leistungs-<br />

Ugerechte Entlohnung ist Ergebnis<br />

dieses Gr<strong>und</strong>wertes. Jeder Mensch<br />

muss aufgr<strong>und</strong> seiner individuellen<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten beurteilt<br />

werden, nicht aufgr<strong>und</strong> einer Funktionsgruppenzugehörigkeit.<br />

Unsere gewerkschaftliche Konkurrenz<br />

setzt hier oftmals einen anderen<br />

Schwerpunkt. In tarifpolitischen Auseinandersetzungen<br />

finden sich oftmals<br />

Forderungen, die bestimmte Gruppenzugehörigkeiten<br />

bevorzugen <strong>und</strong> die<br />

Elemente der Umverteilung zum Ziel<br />

haben. Der Bezug auf eine Leistungsgerechtigkeit<br />

tritt in den Hintergr<strong>und</strong>.<br />

ür die <strong>DHV</strong> bleibt es deshalb wich-<br />

Ftig, sich in ihrem Handeln durch<br />

Gr<strong>und</strong>werte leiten zu lassen, auch wenn<br />

das nicht immer populär ist. Nur so<br />

werden wir unserem Anspruch gerecht:<br />

„Der Mensch steht im Mittelpunkt!“<br />

Aus dem Inhalt:<br />

Gunter Smits ■<br />

8 Arbeitswelt<br />

Arbeitszufriedenheit hoch<br />

9 Bildung<br />

Tod der Hauptschule?<br />

13 medsonet<br />

Mitarbeiterfeindliche Querelen<br />

14 contterm<br />

Sammelklage gegen den GHBV<br />

1


Baden-Württemberg machte den Anfang,<br />

nun sind die Tarifverhandlungen<br />

im deutschen Einzelhandel fast vollständig<br />

abgeschlossen. Lediglich die<br />

Nordb<strong>und</strong>esländer Bremen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Niedersachen <strong>und</strong><br />

Schleswig-Holstein haben die Tarifverhandlungen<br />

noch nicht beendet.<br />

Die Ergebnisse der verschiedenen regionalen<br />

Entgeltabschlüsse haben sich<br />

am Pilotabschluss orientiert. Dieser<br />

beinhaltet eine lineare Lohnerhöhung<br />

von 3,0 Prozent zum Juni <strong>2011</strong>. Einige<br />

B<strong>und</strong>esländer haben diese Lohnerhöhung<br />

erst zum 1. Juli oder 1. August<br />

<strong>2011</strong> in Kraft gesetzt.<br />

Im Sommer 2012 erhöhen sich Löhne<br />

<strong>und</strong> Gehälter um weitere 2,0 Prozent.<br />

Das Inkrafttreten der unterschiedlichen<br />

Zeitpunkte für die Entgelttarifverträge<br />

wird durch Einmalzahlungen ausgeglichen.<br />

Die Laufzeit der Entgelttarifverträge<br />

beträgt 24 Monate. Damit ist<br />

auf der Entgeltfront im Einzelhandel eine<br />

relativ kurze Verhandlungsr<strong>und</strong>e zu<br />

Ende gegangen, die für die Beschäftigten<br />

deutliche Entgeltverbesserungen<br />

bedeuten.<br />

2<br />

Tarifarbeit<br />

Entgeltr<strong>und</strong>e Einzelhandel <strong>2011</strong> weitgehend abgeschlossen<br />

Auch im Groß- <strong>und</strong> Außenhandel hat<br />

Baden-Württemberg einen Pilotabschluss<br />

erzielt, der mittlerweile für alle Tarifbezirke<br />

umgesetzt worden ist. Die Tarifabschlüsse<br />

bringen deutlich mehr Geld in den<br />

Geldbeutel der Beschäftigten. 3,0 Prozent<br />

Lohnerhöhung gibt es rückwirkend zum<br />

Vergleicht man diesen Entgeltabschluss<br />

mit anderen Branchen, so ist es für die<br />

Beschäftigten ein ordentlicher Abschluss.<br />

In der Druckindustrie müssen<br />

sich die Beschäftigten für das Jahr <strong>2011</strong><br />

mit einer Einmalzahlung von 280,–<br />

Euro begnügen <strong>und</strong> mit einer weiteren<br />

Entgelterhöhung von lediglich 2,0 Prozent<br />

zum 1. August 2012. Und auch in<br />

der privaten Versicherungswirtschaft<br />

übersteigt das Gesamtpaket von 5,2<br />

Prozent auf zwei Jahre die Einzelhandelsabschlüsse<br />

nur unwesentlich.<br />

In einigen Regionen ist zu vernehmen<br />

gewesen, dass die neuen Entgeltabschlüsse<br />

für allgemeinverbindlich erklärt<br />

werden sollen. Die <strong>DHV</strong> unterstützt<br />

diese Bestrebungen ausdrücklich.<br />

Dies ist ein Weg, um faire Wettbewerbsbedingungen<br />

nicht zu Lasten<br />

der Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

sicherzustellen. Da sich im<br />

Einzelhandel auch eine hohe Zahl von<br />

Teilzeitbeschäftigten <strong>und</strong> geringfügig<br />

Beschäftigten findet, können über die<br />

Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />

der Entgelttarifverträge soziale Mindeststandards<br />

auch gegenüber den tarif-<br />

1. Juni <strong>2011</strong>. Zum 1. Juni 2012 steigen die<br />

Löhne um weitere 2,4 Prozent. Die Entgelttarifverträge<br />

haben eine Laufzeit von<br />

24 Monaten. Damit liegt der Abschluss für<br />

das Jahr <strong>2011</strong> gut über der prognostizierten<br />

Preissteigerungsrate. Dies sichert den Beschäftigten<br />

der Branche eine, wenn auch<br />

ungeb<strong>und</strong>enen Einzelhandelsbetrieben<br />

sichergestellt werden. Dabei ist nicht zu<br />

befürchten, dass es zu Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

der Geltungsbereiche<br />

der Entgelttarifverträge gegenüber anderen<br />

Branchen kommen wird.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Rechtsprechung sind<br />

auch Änderungen in den Manteltarifverträgen<br />

vorgenommen worden. Diese<br />

betreffen vor allem die Urlaubsregelungen<br />

<strong>und</strong> Anpassungen bei Gehaltsstaffeln<br />

aufgr<strong>und</strong> des Lebensalters. Nun<br />

gilt, dass für alle Beschäftigten ein<br />

Urlaubsanspruch von 36 Werktagen<br />

festgeschrieben ist, unabhängig davon,<br />

wie alt die Mitarbeiter sind. Hinsichtlich<br />

der Altersstaffelung bei Entlohnungszuschlägen<br />

sind kleine Veränderungen<br />

vorgenommen worden. Die<br />

Substanz ist indess nicht in Frage gestellt<br />

worden. Mit den Änderungen<br />

wird auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satz<br />

reagiert, der eine<br />

Ungleichbehandlung erkennt, wenn<br />

aufgr<strong>und</strong> des Lebensalters unterschiedliche<br />

Leistungen seitens des Arbeitgebers<br />

gewährt werden.<br />

gs ■<br />

Tarifabschlüsse im Großhandel, Außenhandel <strong>und</strong> gewerbliche<br />

Verb<strong>und</strong>gruppen (genossenschaftlicher Großhandel)<br />

Tarifabschluss für die Textilreinigung<br />

Als Abschluss mehrerer Verhandlungsr<strong>und</strong>en<br />

haben sich der Arbeitgeberverband<br />

TATEX (Tarifpolitische Arbeitsgemeinschaft<br />

Textilreinigung) <strong>und</strong> die<br />

Berufsgewerkschaft <strong>DHV</strong> auf ein Tarifergebnis<br />

verständigt. Es wurden Entgelterhöhungen,<br />

eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen,<br />

eine gemeinsame Urlaubsstaffel<br />

<strong>und</strong> Verbesserungen bei der<br />

Jahressonderzahlung erreicht.<br />

Fast 6 St<strong>und</strong>en dauerte die entscheidende<br />

Verhandlungsr<strong>und</strong>e am 7. Juni in Duisburg,<br />

bis das Ergebnis fest stand: Erhöhung<br />

der Entgelte in 2 Stufen bei einer<br />

Laufzeit von 18 Monaten:<br />

Westliche B<strong>und</strong>esländer<br />

Entgeltanhebungen<br />

ab 01.07.<strong>2011</strong> bis 30.3.2012 2,0%<br />

<strong>und</strong><br />

ab 01.04.2012 bis 31.12.2012 1,0 %<br />

Östliche B<strong>und</strong>esländer<br />

Entgeltanhebungen<br />

ab 1.7.<strong>2011</strong> bis 31.03.2012 2,0 %<br />

<strong>und</strong><br />

ab 1.4.2012 bis 31.12.2012 1,2 %.<br />

Die Ausbildungsvergütungen erhöhen<br />

sich ab 1.8.<strong>2011</strong> in allen Gruppen um 20<br />

Euro, im Osten in der untersten Gruppe<br />

um 70 Euro. Ab dem 1.8.2012 steigen alle<br />

Stufen noch einmal um 20 Euro.<br />

Ab dem Urlaubsjahr 2012 gibt es eine gemeinsame<br />

Urlaubsstaffel für alle<br />

Tarifregionen in Deutschland mit 29<br />

Arbeitstagen Urlaub pro Jahr in der<br />

Endstufe.<br />

kleine, Reallohnsteigerung. Die Ausbildungsvergütungen<br />

werden ab dem 1. September<br />

<strong>2011</strong> um 3,0 Prozent <strong>und</strong> ab dem<br />

01. September 2012 um weitere 2,4 Prozent<br />

erhöht.<br />

■<br />

Der Fixanteil der Jahressonderzahlungen<br />

wird einheitlich für alle Tarifregionen auf<br />

150 Euro angeglichen.<br />

<strong>DHV</strong>-Mitglieder erhalten 50,– n zusätzlich.<br />

Angemessenes Ergebnis<br />

„Wir haben unser Ziel erreicht, die<br />

Einkommen der Beschäftigten in der<br />

Textilreinigung zu sichern, trotz der nach<br />

wie vor vorhandenen wirtschaftlichen<br />

Schwierigkeiten in der Branche“, so Hans-<br />

Joachim Bondzio, Tarifbeauftragter <strong>und</strong><br />

Hauptvorstandsmitglied der <strong>DHV</strong>.<br />

■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Tarifabschluss BARMER GEK<br />

<strong>DHV</strong> <strong>und</strong> BARMER GEK haben am<br />

7.7.<strong>2011</strong> einen Gehaltstarifvertrag <strong>und</strong><br />

einen neuen Manteltarifvertrag abgeschlossen.<br />

Der Gehaltstarifvertrag sieht<br />

➤ eine Einmalzahlung für Beschäftigte<br />

in Höhe von 600 j für September<br />

<strong>2011</strong> vor,<br />

➤ Auszubildende erhalten eine Einmalzahlung<br />

von 250 j,<br />

➤ ab 1.4.2012 erfolgt eine erste lineare<br />

Gehaltserhöhung von 1,4 %,<br />

➤ weitere 1,6 % folgen ab 1.3.2013.<br />

Der Gehaltstarifvertrag hat eine<br />

Laufzeit bis 31.12.2013.<br />

ngesichts des guten Geschäftsver-<br />

Alaufs in 2010 wäre eine lineare<br />

Gehaltserhöhung bereits in <strong>2011</strong> zu begrüßen<br />

gewesen. Auch hätte die <strong>DHV</strong>-<br />

Tarifkommission eine kürzere Laufzeit<br />

gewünscht. Letztendlich ist der Gehaltskompromiss<br />

aber vertretbar, weil<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Tarifarbeit<br />

das Volumen der Einmalzahlung in<br />

<strong>2011</strong> zumindest in den unteren Gehaltsgruppen<br />

an die Höhe der <strong>DHV</strong>-<br />

Forderung von 2,5 % für <strong>2011</strong> herankommt<br />

<strong>und</strong> die Gehaltserhöhungen in<br />

2012 <strong>und</strong> 2013 im Lichte der Arbeitgeberzugeständnisse<br />

beim Manteltarifvertrag<br />

akzeptabel sind.<br />

Die <strong>DHV</strong>-Tarifkommission konnte<br />

durchsetzen, dass sich die Gehaltserhöhungen<br />

auch auf die Aufrückungszulagen<br />

angerechnet erstrecken.<br />

ereinbart wurde eine neue Gehalts-<br />

Vtabelle zum 1.1.2012. Die Vergütung<br />

orientiert sich nicht mehr anhand des<br />

Lebensalters, sondern anhand von Erfahrungsstufen.<br />

Ein besonderer Erfolg<br />

ist, dass 12 Monate Elternzeit auf die<br />

Erfahrungsstufen angerechnet werden.<br />

Die <strong>DHV</strong>-Verhandlungskommission<br />

hatte diese Forderung in die Verhandlungen<br />

eingebracht. Sie erreichte auch,<br />

JobB GmbH: Tarifabschluss in letzter Minute<br />

Vor dem Eindruck eines drohenden<br />

Streiks (siehe DAZ 2/11) hatte der<br />

Arbeitgeber quasi in letzter Minute<br />

ein verbessertes Angebot vorgelegt.<br />

Nach einer weiteren Tarifr<strong>und</strong>e am<br />

27.5.<strong>2011</strong> in Oldenburg/Holstein hatten<br />

sich die Tarifkommission der<br />

<strong>DHV</strong> <strong>und</strong> der Arbeitgeber auf eine<br />

rückwirkende Erhöhung der Vergütungen<br />

ab dem 1.1.2010 von 1,75 %<br />

sowie weitere 1,75 % ab dem 1.1.12<br />

verständigt. Darüber hinaus wird die<br />

Kinderzulage rückwirkend ab dem<br />

1.1.2010 auf 80,– Euro pro Kind erhöht.<br />

In einer zweiten Urabstimmung<br />

waren die Mitglieder der <strong>DHV</strong> bei der<br />

JobB GmbH aufgerufen über das<br />

Verhandlungsergebnis zu entscheiden.<br />

92 % der Mitglieder sprachen sich für<br />

die Annahme des Ergebnisses aus.<br />

Abschluss im privaten Versicherungsgewerbe:<br />

<strong>DHV</strong>-Forderungen weitgehend erfüllt<br />

Nach einer langen <strong>und</strong> zähen Tarifauseinandersetzung<br />

konnte in der Nacht zum<br />

22. Juli <strong>2011</strong> im Versicherungsinnendienst<br />

ein Tarifabschluss erzielt werden:<br />

Gehaltserhöhungen: 3,0 % ab dem<br />

1.9.<strong>2011</strong> <strong>und</strong> 2,2 % ab dem 1.10.2012<br />

Einmalzahlungen im August <strong>2011</strong>: 450 n<br />

für Beschäftigte der unteren<br />

Tarifgruppen <strong>und</strong> 350 n Einmalzahlung<br />

für Beschäftigte ab Tarifgruppe<br />

III<br />

Erhöhung der Auszubildendenvergütungen<br />

um jeweils 25 n ab dem<br />

1.9.<strong>2011</strong> <strong>und</strong> ab dem 1.10.2012<br />

Laufzeit des Gehaltstarifvertrages bis<br />

zum 31.3.2013<br />

Verlängerung des Altersteilzeitabkommens<br />

bis zum 31.12.2013<br />

Verpflichtung, im Jahr 2012 Verhandlungen<br />

über die Zukunftsfähigkeit der<br />

Tarifverträge in der Versicherungsbranche<br />

aufzunehmen.<br />

Der Abschluss ist ein guter Kompromiss.<br />

Der <strong>DHV</strong>-Tarifkommission ging es vor allem<br />

darum, die Beschäftigten des privaten<br />

Versicherungsgewerbes angemessen an den<br />

guten Ergebnissen der vergangenen beiden<br />

Jahre zu beteiligen. Dieses Ziel wurde erreicht.<br />

Besonders erfreulich ist die<br />

Tatsache, dass die <strong>DHV</strong>-Verhandlungskommission<br />

in der ersten Gehaltserhöhungsstufe<br />

eine 3 vor dem Komma erreichen<br />

konnte. Damit haben die<br />

Beschäftigten des privaten Versicherungsgewerbes<br />

einen Zuwachs über der<br />

Inflationsrate <strong>und</strong> einen realen Nettolohngewinn!<br />

dass angeordnete Mehrarbeitsst<strong>und</strong>en<br />

an tariflich arbeitsfreien Tagen weiter<br />

als Überst<strong>und</strong>en gelten <strong>und</strong> entsprechend<br />

mit Zuschlägen berücksichtigt<br />

werden. In dem von der Arbeitgeberseite<br />

vorgelegten, bereits mit verdi vereinbarten<br />

Manteltarifvertragstext war<br />

diese Bestimmung nicht enthalten.<br />

Im Ersatzkassentarifvertrag war geregelt,<br />

dass die Beschäftigten erst nach einer<br />

bestimmten Anzahl von Beschäftigungsjahren<br />

Anspruch auf Urlaubsgeld<br />

bzw. alternativ auf arbeitsfreie<br />

Tage <strong>und</strong> auf Weihnachtsgeld hatten.<br />

Diese Wartezeitregelung ist nun entfallen.<br />

Es ist ein großer Erfolg, dass die<br />

Beschäftigten nun bereits im ersten<br />

Beschäftigungsjahr die vollen Ansprüche<br />

haben <strong>und</strong> nicht erst nach<br />

9 Jahren beim Weihnachtsgeld <strong>und</strong><br />

nach 10 Jahren beim Urlaubsgeld bzw.<br />

arbeitsfreien Tagen.<br />

rö ■<br />

Das Ergebnis, insbesondere die prozentuale<br />

Erhöhung, konnte nicht voll<br />

zufrieden stellen. Angesichts der politisch<br />

verursachten wirtschaftlichen<br />

Situation der Bildungsbranche im<br />

Allgemeinen <strong>und</strong> der JobB GmbH im<br />

Besonderen war in der jetzigen<br />

Situation nicht mehr drin.<br />

Michael Schulz ■<br />

Gut für die Beschäftigten ist auch die<br />

Verlängerung des Altersteilzeitabkommens<br />

bis zum 31.12.2013. Die Altersteilzeit ist<br />

eine gute Maßnahme, um den<br />

Beschäftigten einen sozialverträglichen<br />

Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen.<br />

Auch die Forderung der <strong>DHV</strong>, Verhandlungen<br />

über die Zukunftsfähigkeit der<br />

Tarifverträge im privaten Versicherungsgewerbe<br />

aufzunehmen, haben die<br />

Arbeitgeber aufgenommen. Die <strong>DHV</strong>-<br />

Tarifkommission wird in diesen Verhandlungsprozess<br />

ihre Forderungen zu einer<br />

attraktiven Gestaltung der Tarifverträge<br />

im Sinne der Beschäftigten des privaten<br />

Versicherungsgewerbes einbringen.<br />

rö ■<br />

3


Lohnentwicklung rückläufig<br />

Die aktuellen Tarifabschlüsse lassen es<br />

nicht vermuten, aber die Nettolohnentwicklung<br />

war auch im Jahr 2010<br />

rückläufig. Das Deutsche Institut für<br />

Wirtschaftsforschung (DIW) befragt<br />

für eine Studie jährlich tausende B<strong>und</strong>esbürger<br />

nach ihren Lebensumständen.<br />

Vorab veröffentlichte Ergebnisse<br />

dieser Studie bestätigen, dass der rückläufige<br />

Trend der Nettolohnentwicklung<br />

nicht gestoppt ist. Die ersten<br />

Auswertungen für das Jahr 2010 zeigen,<br />

dass die Nettolöhne zwischen dem<br />

Jahr 2000 <strong>und</strong> dem Jahr 2010 preisbereinigt<br />

im Durchschnitt<br />

über alle<br />

Beschäftigten um<br />

2,5 Prozent gesunken<br />

sind. Die<br />

Gründe dafür sind<br />

vielfältig.<br />

Besonders deutlich<br />

fiel der Rückgang<br />

der Nettolöhne<br />

bei den unterenEinkommensgruppen<br />

aus. In<br />

diesen Verdienstgruppen<br />

sanken<br />

die Löhne sogar<br />

zwischen 16 <strong>und</strong><br />

22 Prozent. Dazu<br />

trägt vor allem bei,<br />

dass unter den sozialversicherungspflichtigenBeschäftigungsverhältnissenMinijobs,Teilzeitbeschäftigung<br />

<strong>und</strong> Zeitarbeitsverhältnisse<br />

überproportional zugenommen haben.<br />

iese von der Politik gewollten ar-<br />

Dbeitsmarktpolitischen Maßnahmen<br />

existierten im Jahre 2000 nicht in der<br />

heutigen Form. Folglich sind die Datenvergleiche<br />

für diese Beschäftigtengruppen<br />

nur bedingt möglich. Die Zahl der<br />

sogenannten Minijobber oder 400,–<br />

Euro Kräfte fließt in die Gruppe der unteren<br />

Einkommensgruppen, ist aber in<br />

der Studie nicht explizit ausgewiesen.<br />

Insgesamt waren nach Auskunft der<br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit Ende 2009<br />

gut 4,9 Mio. geringfügig beschäftigt.<br />

Auch in den höheren Entgeltgruppen<br />

sind Nettolohneinbußen festzustellen.<br />

Genaue Daten sind hierzu noch nicht<br />

veröffentlicht. Es ist anzunehmen, dass<br />

für das Jahr 2010 besondere Effekte zu<br />

4<br />

Tarifarbeit<br />

Nettolohnsenkungen geführt haben.<br />

Aufzuführen wäre hier das Kurzarbeitergeld,<br />

von dem vor allem im produzierenden<br />

Gewerbe im Jahre 2010 noch<br />

Gebrauch gemacht wurde.<br />

Für die Politik <strong>und</strong> die Tarifvertragsparteien<br />

ergeben sich klare Konsequenzen<br />

aus den vorab veröffentlichten Zahlen.<br />

rstens sind sämtliche Beschäfti-<br />

Egungsverhältnisse steuerlich zu entlasten.<br />

Die sogenannte kalte Progression<br />

trifft insbesondere die mittleren<br />

Einkommen. Sie wird hinsichtlich der<br />

Reallohnentwicklung einen Beitrag zu<br />

diesem ernüchternden Ergebnis beitragen.<br />

Die Politik kommt nicht daran vorbei,<br />

hierzu alsbald ein vernünftiges<br />

Konzept anzubieten. Diese Forderung<br />

bleibt aktuell.<br />

um zweiten muss die Politik dafür<br />

ZSorge tragen, dass die Sozialversicherungsabgaben<br />

auf die Löhne nicht<br />

willkürlich steigen. Aktuell sind die<br />

Löhne mit gut 40 Prozent an Sozialversicherungsbeiträgen<br />

belastet. Wird<br />

akzeptiert, dass die Sozialversicherungsbeiträge<br />

steigen statt sinken, dann<br />

trifft diese Entwicklung insbesondere<br />

die Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

überproportional, die einer<br />

Vollzeitbeschäftigung mit einem vergleichsweise<br />

bescheidenen Bruttomonatslohn<br />

nachgehen. Die knapp<br />

5 Mio. geringfügig Beschäftigten sind<br />

hingegen von Beitragsentwicklungen in<br />

der Sozialversicherung <strong>und</strong> auch nicht<br />

von der kalten Progression betroffen.<br />

Denn die Arbeitgeber führen für diese<br />

Beschäftigtengruppe einen Pauschalbeitrag<br />

von 30 Prozent des Lohnes ab,<br />

mit dem auch die Lohnsteuer pauschalisiert<br />

wird.<br />

uch von den Tarifvertragsparteien<br />

Asind Anstrengungen zu unternehmen.<br />

Dass für 400,– Euro-Kräfte keine<br />

tariflichen Lohnerhöhungen vorgenommen<br />

werden, ist<br />

nicht länger zu akzeptieren,<br />

<strong>und</strong> sei<br />

es, dass die 400,–<br />

Euro Kräfte dann<br />

weniger arbeiten.<br />

Verweigert man<br />

Lohnerhöhungen<br />

für 400,– Euro<br />

Kräfte, so spielt<br />

man sie gegen niedrig<br />

entlohnte<br />

Vollzeitkräfte aus.<br />

Zudem sind tarifpolitischeMechanismen<br />

zu entwickeln,<br />

die eine<br />

Zunahme von Teilzeitbeschäftigungsverhältnisseneindämmen,<br />

sowie das<br />

sogenannte Outsourcingerschweren.<br />

Hierzu gehören<br />

zum Beispiel<br />

Modelle, mit denen sachgr<strong>und</strong>lose<br />

Befristungen nach dem Teilzeit- <strong>und</strong><br />

Befristungsgesetz stärker reguliert werden,<br />

oder Quotenregelungen für die<br />

Fremdvergabe von Dienstleistungen in<br />

Tarifverträgen.<br />

amit die Nettolohnentwicklung zu-<br />

Dkünftig wieder steigt, ist ein Zusammenspiel<br />

von verschiedenen Mechanismen<br />

gefragt. Die Tarifvertragsparteien<br />

können alleine schon lange<br />

nicht mehr die Nettolohnentwicklung<br />

positiv beeinflussen. Denn selbst die<br />

schönste tarifliche Lohnerhöhung ist<br />

nicht viel wert, wenn dem Arbeitnehmer<br />

davon nichts bleibt.<br />

Gunter Smits ■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Der CGB begrüßt die von der B<strong>und</strong>esregierung<br />

angekündigte Steuerentlastung.<br />

Sie vermindert die überproportionale<br />

Steuerbelastung der Geringverdiener,<br />

vor allem aber die der Arbeitnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmer mit mittlerem<br />

Einkommen, den so genannten Mittelstandsbauch.<br />

Die Steuerentlastung kann zwar nur im<br />

Rahmen der haushaltspolitischen Möglichkeiten<br />

liegen, womit die Entlastung pro<br />

Kopf eher dürftig ist. Entscheidend ist<br />

jedoch die Signalwirkung auf die betroffenen<br />

Beschäftigten, die trotz der Tariferhöhungen<br />

der zurückliegenden Jahre keine<br />

Kaufkraftsteigerung erleben konnten,<br />

sondern einen realen Kaufkraftverlust.<br />

Es ist aus Sicht der B<strong>und</strong>esregierung<br />

sicher erfreulich, dass die Steuerein-<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Steuern<br />

Im Zuge von verschiedenen Politikern gemachte Steuersenkungsvorschlägen veröffentlichte der CGB dazu eine Stellungnahme,<br />

die aus Sicht der <strong>DHV</strong> die Handlungsnotwendigkeit treffend beschreibt <strong>und</strong> daher auch von der <strong>DHV</strong> unterstützt<br />

wird. <strong>DHV</strong>-Hauptvorstand<br />

Steuerentlastung der Gering- <strong>und</strong> Mittelverdiener<br />

ist ein Mehr an Gerechtigkeit!<br />

„Soli“ bleibt<br />

Der B<strong>und</strong>esfinanzhof hat eine Klage gegen<br />

den Solidarzuschlag auf die Einkommenssteuer<br />

in Höhe von 5,5 Prozent abgewiesen.<br />

Die Sondersteuer sei angemessen<br />

<strong>und</strong> habe auch im beklagten 2007 noch zur<br />

Deckung der Vereinigungskosten gedient.<br />

Die Kläger wollen jetzt das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

anrufen.<br />

Ihnen ist viel Erfolg zu wünschen. Denn<br />

der Solidarzuschlag ist ein Etikettenschwindel,<br />

mit dem endlich Schluss gemacht<br />

werden muss. Steuern werden nicht<br />

zweckgeb<strong>und</strong>en erhoben, sondern fließen<br />

in die Haushalte zur allgemeinen Finanzierung<br />

der öffentlichen Aufgaben. So ist<br />

Nicht nur Politiker fordern seit Jahren die<br />

Glättung des „Mittelstandsbauchs”. Der<br />

entsteht, weil der progressive Steuertarif<br />

zwischen 14 <strong>und</strong> 42 % nicht gleichmäßig<br />

wächst, sondern bis zu einem Einkommen<br />

von 13.469 Euro (im Jahr!) von<br />

14 auf 24 % sehr steil steigt. Ab 13.470<br />

Euro verlangt das Finanzamt dann r<strong>und</strong><br />

24 Prozent. Nach diesem „Knick“ verläuft<br />

die Kurve flacher, bis bei 52.882<br />

Euro 42 % als Höchstsatz gelten. Damit<br />

werden die kleinen Einkommen im<br />

Verhältnis viel zu stark besteuert, oder<br />

umgekehrt die „Reichen“ zu gering.<br />

Unangenehme Folge dieses Tarifs für<br />

die Steuerzahler ist, dass z. B. Tarif-<br />

nahmen im 1. Quartal <strong>2011</strong> stark gestiegen<br />

sind. Im Mai stiegen die Lohnsteuereinnahmen<br />

sprunghaft um 16 Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahr, weit mehr als bei<br />

allen anderen Steuereinnahmen. Dabei<br />

stieg die gesamtwirtschaftliche Lohnsumme<br />

gegenüber dem Vorjahr aber<br />

„nur“ um 4,4 Prozent! Diese Differenz<br />

zwischen Steigerung des Lohnsteueraufkommens<br />

<strong>und</strong> der Lohnsumme ist die<br />

„kalte Progression“, die vor allem bei<br />

den mittleren Einkommen erbarmungslos<br />

zuschlägt <strong>und</strong> den volkswirtschaftlich<br />

möglichen <strong>und</strong> notwendigen Kaufkraftzuwachs<br />

vernichtet. Die Verringerung<br />

dieser Progression ist daher volkswirtschaftlich<br />

zwingend geboten.<br />

Diese Entwicklung des Steueraufkommens<br />

führt in der Praxis dazu, dass vor<br />

es auch beim Solidarzuschlag: Das<br />

Aufkommen wird nur teilweise für den<br />

Aufbau Ost verwendet, sondern vielmehr<br />

für das Stopfen von Löchern im B<strong>und</strong>eshaushalt.<br />

Seit 2006 liegen die Einnahmen<br />

aus dem Solidaritätszuschlag über den benötigten<br />

Ausgaben. Allein für das Jahr<br />

<strong>2011</strong> wird der B<strong>und</strong> geschätzte 11,4<br />

Mrd. j aus dem Solidaritätszuschlag einnehmen,<br />

gibt aber für den Solidarpakt II lediglich<br />

8,027 Mrd. j aus. Unter dem<br />

Deckmantel der besonderen Solidarität für<br />

den Osten Deutschlands sind die<br />

Arbeitnehmer willkommene Melkkühe zur<br />

Sanierung des B<strong>und</strong>eshaushalts.<br />

Weg mit dem Mittelstandsbauch <strong>und</strong> runter<br />

von der kalten Progression<br />

erhöhungen bei den kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Einkommen zu progressiv steigenden<br />

Lohnsteuerbelastungen führen –<br />

die kalte Progression. Die schlägt auch<br />

zu, wenn durch Tariferhöhungen nur die<br />

Inflation ausgeglichen wird: trotz tariflichem<br />

Inflationsausgleich sinkt die<br />

Kaufkraft.<br />

Natürlich hat der Tarif angenehme<br />

Folgen für den Fiskus: Schätzungen<br />

der Forschungsinstitute zufolge spielt<br />

dieser Effekt dem Staat in diesem Jahr<br />

allein 3,9 Mrd. Euro bei der<br />

Lohnsteuer zusätzlich in die Kasse;<br />

2012 werden es r<strong>und</strong> 8,7 Mrd. Euro<br />

sein – wenn die Löhne je Be-<br />

allem die Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

zur Kasse gebeten werden, um<br />

die Schulden zu tilgen, neue Ausgaben<br />

zu finanzieren <strong>und</strong> letztlich vor allem<br />

auch die Risiken der finanzwirtschaftlichen<br />

Transaktionen <strong>und</strong> Misswirtschaft<br />

zu tragen. Das ist nicht gerecht!<br />

Ein Stück mehr an Gerechtigkeit <strong>und</strong> die<br />

Stärkung der Kaufkraft sind ebenso<br />

wichtig wie die Rückführung der Schulden<br />

des Staatshaushalts. Wollte man<br />

zuerst alle Schulden tilgen, wäre die<br />

Verringerung der kalten Progression auf<br />

den St. Nimmerleinstag verschoben. Der<br />

CGB fordert deswegen von der B<strong>und</strong>esregierung,<br />

ihre politischen Absichtserklärungen<br />

umgehend in die Tat umzusetzen!<br />

■<br />

Der B<strong>und</strong>esfinanzhof hat in seiner Entscheidung<br />

einschränkend festgestellt, dass<br />

der Solidarzuschlag nicht zu einem dauerhaften<br />

Instrument der Steuerumverteilung werden<br />

darf. Die Richter erinnern daran, dass der<br />

Solidarpakt II zur Finanzierung der einigungsbedingten<br />

Lasten im Jahr 2019 ausläuft.<br />

Das ist ein deutlicher Hinweis darauf,<br />

dass dem Fahrplan zum Ausstieg aus dem<br />

Aufbau Ost auch ein Fahrplan zur<br />

Abschaffung des Solidarzuschlages folgen<br />

muss.<br />

rö ■<br />

schäftigten wie erhofft um 2,6 <strong>und</strong><br />

3,0 % steigen.<br />

Eine vollständige Begradigung der<br />

Tarifkurve würde nach früheren Berechnungen<br />

zu Steuermindereinnahmen<br />

für den Staat von 25 Milliarden<br />

Euro führen. Das wird haushaltsbedingt<br />

nicht möglich sein. Eine „Glättung“<br />

<strong>und</strong> Abflachung der Kurve würde den<br />

Bürgern zwar ein geringere Steuerersparnis<br />

bringen. Es wäre aber wenigstens<br />

ein Anfang beim Abbau des Mittelstandsbauchs<br />

gemacht. Ein Gebot<br />

der Steuergerechtigkeit.<br />

he ■<br />

5


6<br />

Verbandsarbeit<br />

Landesfachgruppen Sparkassen <strong>und</strong> Genossenschaftsbanken<br />

tagten gemeinsam<br />

Bereits zum dritten Mal fanden im<br />

Landesverband Baden-Württemberg die<br />

Landesfachgruppen Sparkassen <strong>und</strong><br />

Genossenschaftsbanken am 9.6.<strong>2011</strong><br />

zu einer gemeinsamen Tagung zusammen.<br />

Tagungsstätte <strong>und</strong> -ort war dieses<br />

Mal das Hotel „Gasthof zum Rößle“ in<br />

Fürstenberg bei Donaueschingen. Im<br />

Mittelpunkt der Tagung stand ein<br />

Vergleich der Arbeitsbedingungen bei<br />

diesen Kreditinstituten. Dabei wurden<br />

neben Arbeitszeiten, Vergütung <strong>und</strong><br />

deren Struktur alle sozialen Leistungen<br />

auf den Prüfstand gestellt. Sparkassen<br />

<strong>und</strong> Genossenschaftsbanken unterliegen<br />

verschiedenen tariflichen Regelungen.<br />

Während für die Sparkassen der<br />

TVöD der Kommunalen Arbeitgeberverbände<br />

in Verbindung mit dem SSZ<br />

(TV Sparkassensonderzahlung) gilt,<br />

sind für die Genossenschaftsbanken die<br />

Tarifwerke mit dem AVR (Arbeitgeberverband<br />

der Volks- <strong>und</strong> Raiffeisenbanken)<br />

maßgebend. Größere Unterschiede<br />

ergeben sich bei der Eingruppierung<br />

<strong>und</strong> den Berufsjahresstaffelungen. Bezogen<br />

auf ein durchschnittliches, längeres<br />

Berufsleben ergeben sich annähernde<br />

Werte, die es kaum zulassen, eine<br />

Wertung zu Lasten oder zu Gunsten der<br />

Sparkassen oder Genossenschaftsbanken<br />

auszusprechen.<br />

Der offene Erfahrungsaustausch wurde<br />

von allen Teilnehmern geschätzt. Auch<br />

wenn im Herbst <strong>2011</strong> wieder getrennt<br />

getagt wird, so will man sich von Zeit<br />

zu Zeit wieder gemeinsam austauschen.<br />

Zertifiziertes Managementsystem für die Kaufm. Berufsbildungsstätte<br />

der <strong>DHV</strong> e.V.<br />

Um die Qualität der Bildungsarbeit zu<br />

sichern hat die Kaufmännische Berufsbildungsstätte<br />

der <strong>DHV</strong> e.V., Bezirk<br />

Südbaden bereits 2007 ein Qualitätsmanagementsystem<br />

nach ISO 9001 eingeführt.<br />

Die Umsetzung des umfangreichen<br />

Systems hatte damals viel Zeit<br />

(<strong>und</strong> Kosten) in Anspruch genommen.<br />

Im Sommer 2007 erhielt die <strong>DHV</strong>-<br />

Bildungsstätte das Zertifikat über die<br />

erfolgreiche Einführung des Qualitätsmanagements<br />

sowie die Zulassung zum<br />

Träger für Förderung der beruflichen<br />

Weiterbildung nach dem Recht der<br />

Arbeitsförderung gemäß § 84 SGB III<br />

<strong>und</strong> §§ 7,8 AZWV (Anerkenungs- <strong>und</strong><br />

Zulassungsverordnung Weiterbildung).<br />

Damit wurde amtlich bestätigt, dass die<br />

Kaufmännische Berufsbildungsstätte<br />

mit ihren verschiedenen Einrichtungen<br />

(z. B. die Lernbüros in Bad Säckingen,<br />

Lahr <strong>und</strong> Lörrach) eine nach dem SGB<br />

III zugelassene Bildungseinrichtung ist<br />

<strong>und</strong> von den Förderstellen (Agentur für<br />

Die Absolventen des ersten Lehrgangs<br />

Fachwirt Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Arbeit oder Jobcenter) ausgestellte Bildungsgutscheine<br />

von Lehrgangsteilnehmern<br />

einlösen kann.<br />

Im Mai <strong>2011</strong> stand jetzt wiederum das<br />

Überwachungsaudit an, das ohne jeg-<br />

Tagung der Landesfachgruppen<br />

in Fürstenberg<br />

liche Abweichungen erfolgreich überstanden<br />

wurde. Die QM-Beauftragte ist<br />

die Kollegin Angelika Hebeisen, die somit<br />

auch zur Geschäftsleitung zählt.<br />

■<br />

■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


<strong>DHV</strong> im Nürnberger Hafen<br />

Am einem Freitag besuchte die <strong>DHV</strong>-<br />

Ortsgruppe Nürnberg den Nürnberger<br />

Hafen mit seinem Güterverkehrszentrum.<br />

Der CSU-Stadtrat <strong>und</strong> <strong>DHV</strong>-Mitglied<br />

Andreas Krieglstein erklärte fachk<strong>und</strong>ig<br />

das größte Güterverkehrszentrum<br />

Süddeutschlands.<br />

Nur 4 % der Güter<br />

werden über den Wasserweg<br />

umgeschlagen,<br />

während 26 % über die<br />

Schiene <strong>und</strong> 70 % über<br />

die Straße abgewickelt<br />

werden. Die <strong>DHV</strong>-Mitglieder<br />

waren restlos<br />

erstaunt über tausende<br />

von Frachtcontainern<br />

<strong>und</strong> der logistischen<br />

Meisterleistung, die<br />

Container entsprechend<br />

zu ordnen, zu<br />

schichten <strong>und</strong> zu verladen.<br />

Das Güterverkehrszentrum<br />

bietet<br />

5000 Arbeitsplätze <strong>und</strong><br />

ist jetzt schon bis Ende<br />

2018 ausgelastet.<br />

<strong>DHV</strong>-Tarifabschlüsse<br />

Branchen-/Flächentarifverträge:<br />

Groß- <strong>und</strong> Außenhandel<br />

Baden-Württemberg<br />

Gehaltstarifvertrag, Tarifvertrag für<br />

Auszubildende<br />

Raiffeisen-Warengenossenschaften /<br />

AGRAVIS Raiffeisen AG Niedersachsen<br />

<strong>und</strong> Bremen sowie Sachsen-Anhalt,<br />

Thüringen, Berlin, Brandenburg <strong>und</strong><br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Gehalts-/ Lohntarifverträge einschl.<br />

Ausbildungsvergütungen<br />

Süßwaren-Industrie<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Entgelttarifvertrag einschl.<br />

Ausbildungsvergütungen<br />

Haus-/Firmen- u.Verbandstarifverträge<br />

(alphabetisch):<br />

Biodesign GmbH, Frankfurt<br />

Entgelttarifvertrag einschl.<br />

Ausbildungsvergütungen<br />

Petermann Verwaltungs GmbH,<br />

Bensheim<br />

Manteltarifvertrag, Entgelt- <strong>und</strong><br />

Entgeltrahmentarifvertrag<br />

Simeonsbetriebe Nord GmbH,<br />

Klinik Textilien Eppendorf GmbH<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Verbandsarbeit<br />

Der weitere Verlauf der Führung ging<br />

dann in den Bereich der Personenschifffahrt.<br />

Hotelschiffe, die den Main-<br />

Donau-Kanal befahren, legen hier in<br />

Nürnberg an, damit die Gäste die Stadt<br />

oder das fränkische Umland mit seinen<br />

Manteltarifvertrag, Entgeltrahmen- <strong>und</strong><br />

Entgelttarifvertrag<br />

SITEX – Textile Dienstleistungen<br />

Simeonsbetriebe Lübben GmbH, Lübben<br />

Vereinbarung zur Zahlung einer Einmalzahlung<br />

in 06/<strong>2011</strong> <strong>und</strong> Aufnahme von<br />

weitern Tarifverhandlungen über einen<br />

Haustarifvertrag<br />

Tarifgemeinschaft Christlicher<br />

Gewerkschaften für Zeitarbeit <strong>und</strong> PSA<br />

AMP – Arbeitgeberverband Mittelständischer<br />

Personaldienstleister e.V., Berlin<br />

Tarifvertrag über Mindestentgelt<br />

Der Umfang <strong>und</strong> der organisatorische<br />

Ablauf unserer Tarifarbeit führen dazu,<br />

Nachruf<br />

Am 17. Juni <strong>2011</strong> verstarb im Alter<br />

von 77 Jahren der ehemalige Rechner<br />

des Landesverbandes Hessen<br />

Paul Weith<br />

Am 1. Juni 1964 trat Kollege Weith<br />

dem <strong>DHV</strong> bei. Innerhalb des <strong>DHV</strong><br />

war er als Rechner über 40 Jahre für<br />

die Finanzen des Landesverbandes<br />

Hessen <strong>und</strong> der Ortsgruppe Frankfurt<br />

Sehenswürdigkeiten bestaunen können.<br />

Auch in das benachbarte Tschechien<br />

mit seiner Hauptstadt Prag starten von<br />

Nürnberg aus die Reisen der Urlauber.<br />

„Der Nürnberger Hafen ist wirklich beeindruckend“<br />

sagte Horst Mailer, der<br />

Bezirksvorsitzende der<br />

<strong>DHV</strong> in Mittelfranken,<br />

„als Nürnberger fährt<br />

man zwar immer vorbei,<br />

aber vom Ausmaß<br />

des Nürnberger Hafens<br />

bekommt man erst eine<br />

Vorstellung, wenn man<br />

ihn zu Fuß erk<strong>und</strong>et.“<br />

So endete der R<strong>und</strong>gang<br />

nach mehr als<br />

zwei St<strong>und</strong>en mit einer<br />

kleinen Erfrischung.<br />

■<br />

Hafenbesucher<br />

in Nürnberg<br />

dass die abgeschlossenen Tarifverträge nur<br />

mit einer zeitlichen Verzögerung <strong>und</strong> auch<br />

nicht immer vollständig veröffentlicht<br />

werden können. Dafür bitten wir um<br />

Verständnis.<br />

<strong>DHV</strong>- <strong>und</strong> Medsonet-Mitglieder können die<br />

Tarifverträge bei ihrer zuständigen Landesgeschäftsstelle,<br />

bzw. bei unserer Hauptgeschäftsstelle<br />

in Hamburg anfordern.<br />

Alle Mitglieder, die ihren Arbeitgeber<br />

gewechselt haben, bitten wir, uns dies<br />

unverzüglich mitzuteilen. Nur dann sind wir<br />

in der Lage, ihnen die richtigen Tarifverträge<br />

bzw. Tarifinformationen zuzustellen.<br />

Abt. Tarifpolitik ■<br />

zuständig. Von 1971 bis 1994 gehörte<br />

er dem <strong>DHV</strong> Aufsichtsrat an.<br />

Auf Vorschlag des CGB war er von<br />

1980 bis 1984 ehrenamtlicher Richter<br />

am Arbeitsgericht Frankfurt <strong>und</strong> von<br />

1984 bis 1998 ehrenamtlicher Richter<br />

am Landesarbeitsgericht Hessen.<br />

Mit Paul Weith haben wir einen wertvollen<br />

Menschen <strong>und</strong> engagierten<br />

Kollegen verloren. Wir werden sein<br />

Andenken stets in Ehren halten.<br />

<strong>DHV</strong> – Hauptvorstand <strong>und</strong><br />

Landesverband Hessen<br />

7


8<br />

Arbeitswelt<br />

Arbeitszufriedenheit hoch – Burn-out-Gefahr sinkt<br />

Was die Situation am Arbeitsplatz angeht,<br />

gibt es gute Nachrichten:<br />

ine Studie der JOB AG über den Ar-<br />

Ebeitsklima-Index kommt zum<br />

Ergebnis, dass die Zufriedenheit der<br />

Deutschen mit ihrem Arbeitsplatz bemerkenswert<br />

hoch ist; einen Einbruch<br />

infolge der Weltwirtschaftskrise hat es<br />

nicht gegeben.<br />

An der Umfrage nahmen über 1.100<br />

ausgewählte berufstätige Frauen <strong>und</strong><br />

Männer aus allen Regionen, Altersgruppen<br />

<strong>und</strong> Bildungsschichten in<br />

Deutschland teil. Auf einer Skala von<br />

1 (= sehr schlecht) bis 10 (= sehr gut)<br />

bewerteten die Berufstätigen ihre<br />

Stimmungslage. Der Wert der Zufriedenheit<br />

lag vom ersten Quartal 2008 bis<br />

einschließlich des vierten Quartals<br />

2010 im Schnitt bei 7,5. Der niedrigste,<br />

in diesem Zeitraum gemessene Quartalseinzelwert<br />

war 7,4, der höchste Einzelwert<br />

7,7.<br />

ei den für die Befragten wichtigsten<br />

BFaktoren für ihre Arbeitszufriedenheit<br />

steht an erster Stelle das<br />

Arbeitsklima (West: 54 %; Ost: 57 %).<br />

An zweiter Stelle folgen die beruflichen<br />

Aufgaben (West: 42 %; Ost: 47 %).<br />

Dicht dahinter steht das Gehalt (West:<br />

40 %; Ost: 46 %). In weitem Abstand<br />

nennen die Beteiligten die Sicherheit<br />

ihres Arbeitsplatzes (West: 29 %; Ost:<br />

32 %).<br />

as positive Ergebnis der Umfrage<br />

Duntermauert eine Umfrage der Step-<br />

Stone Deutschland GmbH zur Gefahr<br />

des Burn-outs am Arbeitsplatz. An dieser<br />

nahmen r<strong>und</strong> 3.000 Fach- <strong>und</strong><br />

Führungskräfte teil. Der Ergebnisvergleich<br />

mit der letzten Umfrage in 2007<br />

zeigt: Zwar ist die Arbeit für viele<br />

Deutsche immer noch ein Stressfaktor,<br />

die Lage hat sich allerdings entspannt.<br />

Mehr als die Hälfte der deutschen Fach<strong>und</strong><br />

Führungskräfte (54 %) kommt sehr<br />

gut mit dem eigenen Arbeitspensum zurecht<br />

– ein Zehntel mehr als noch 2007.<br />

Ebenfalls erfreulich ist, dass der Anteil<br />

der Befragten, die sich akut vom Burnout<br />

bedroht sieht, von 24 % auf 16 %<br />

gesunken ist. Auch die Zahl derjenigen,<br />

die zunehmend unter ihrem Arbeitspensum<br />

leiden, hat sich geringfügig<br />

verringert – von 32 % (2007) auf 30 %<br />

(<strong>2011</strong>).<br />

Die positiven Ergebnisse dieser beiden<br />

Umfragen sind ein gutes Zeichen für<br />

den Arbeitsstandort Deutschland. Die<br />

Zahl der Arbeitsunfälle stark gestiegen<br />

Die Deutsche gesetzliche Unfallversicherung<br />

veröffentlichte die Statistik der Arbeitsunfälle<br />

für das Jahr 2010. Mehr<br />

Unternehmen, mehr Beschäftigte, mehr<br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en, aber auch mehr Arbeitsunfälle:<br />

Die Eckdaten der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung für 2010 spiegeln<br />

die sich erholende deutsche Wirtschaftsleistung<br />

wider. Parallel zu dieser Entwicklung<br />

ist das Risiko, einen Arbeitsunfall<br />

zu erleiden, leicht gestiegen. Das<br />

Risiko von 24,3 Unfällen je 1.000<br />

Vollzeitbeschäftigten hat sich auf 25,8<br />

Unfälle erhöht. Trotz dieser Erhöhung<br />

liegen die Unfallzahlen aber immer<br />

noch unter dem Niveau des Jahres 2008.<br />

Die gesetzliche Unfallversicherung bot<br />

2010 75,5 Millionen Menschen Versicherungsschutz<br />

– darunter Schüler,<br />

ehrenamtlich Tätige <strong>und</strong> Arbeitnehmer.<br />

Das sind 0,7 Prozent mehr als im<br />

Vorjahr. Im gleichen Zuge hat sich die<br />

Zahl der geleisteten Arbeitsst<strong>und</strong>en um<br />

3,2 Prozent auf 59,106 Milliarden<br />

St<strong>und</strong>en erhöht. Die Zahl der meldepflichtigen<br />

Arbeitsunfälle ist 2010 um<br />

7,7 Prozent auf 954.459 gestiegen. 519<br />

Arbeitsunfälle endeten tödlich, das<br />

sind 63 mehr als im Vorjahr.<br />

Mitverantwortlich für den starken<br />

Anstieg der Unfallzahlen war das Wetter.<br />

Alleine die Zahl der Wegeunfälle<br />

von <strong>und</strong> zur Arbeit stieg um ein Viertel<br />

auf 223.973. Ursache war der schnee<strong>und</strong><br />

eisglatte Winter zu Beginn <strong>und</strong><br />

Ende des vergangenen Jahres. Auch<br />

Branchen wie die Logistik <strong>und</strong> Verkehrswirtschaft,<br />

aber auch Postboten<br />

oder Zeitungsträger waren stark betroffen.<br />

Die gesetzliche Unfallversicherung hat<br />

2010 3,676 Milliarden Euro für die<br />

Heilbehandlung <strong>und</strong> Rehabilitation<br />

ihrer Versicherten ausgegeben. Das<br />

sind 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr.<br />

Deutschen sind mehrheitlich zufrieden<br />

mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> scheinen Vertrauen<br />

in die Verlässlichkeit ihres Arbeitgebers<br />

zu sehen. Der Job macht weniger krank<br />

als noch vor ein paar Jahren – <strong>und</strong> das<br />

trotz der größten Rezession der Nachkriegszeit.<br />

Das Festhalten vieler Unternehmen<br />

an ihrem Mitarbeiterstamm<br />

auch in der Krise <strong>und</strong> die großzügige<br />

Kurzarbeiterregelung haben wohl entscheidend<br />

zu dieser hohen Arbeitszufriedenheit<br />

beigetragen <strong>und</strong> das Vertrauen<br />

der Arbeitnehmer in die Sicherheit<br />

ihres Arbeitsplatzes gestärkt.<br />

ass das Gehalt erst an dritter Stelle als<br />

DFaktor für Arbeitszufriedenheit genannt<br />

wird, ist kein Zeichen dafür, dass<br />

den Arbeitnehmern die Höhe ihres<br />

Gehaltes weniger wichtig erscheint.<br />

Ebenso gut hätte die Gehaltsfrage angesichts<br />

des knappen Abstands zu den<br />

Aufgaben des Arbeitsplatzes auch an<br />

zweiter Stelle stehen können. Den Arbeitnehmern<br />

ist es wichtig, für ihre<br />

Arbeit auch gut bezahlt zu werden. Dafür<br />

kämpft die <strong>DHV</strong> in den Tarifr<strong>und</strong>en <strong>2011</strong>.<br />

rö ■<br />

Quelle: Pressemitteilungen der<br />

StepStone Deutschland GmbH <strong>und</strong> der<br />

JOB AG vom 13.07.<strong>2011</strong><br />

Die Aufwendungen für finanzielle<br />

Entschädigungen stiegen um ein Prozent<br />

auf 5,628 Milliarden Euro. Für<br />

Prävention wendete die gesetzliche<br />

Unfallversicherung r<strong>und</strong> 911 Mio.<br />

Euro auf.<br />

9,8 Milliarden Euro sind an Beiträgen<br />

aus der gewerblichen Wirtschaft eingenommen<br />

worden. Das sind 352 Mio.<br />

Euro (3,7 Prozent) mehr als im Vorjahr.<br />

Der durchschnittliche Beitragssatz<br />

stieg leicht von 1,31 auf 1,32 Prozent.<br />

Auch der Umlagebeitrag der Unfallversicherungsträger<br />

der öffentlichen<br />

Hand ist leicht um 1,3 Prozent gestiegen<br />

<strong>und</strong> liegt bei 1,238 Milliarden<br />

Euro.<br />

■<br />

Quelle:<br />

Pressemeldung der DGUV vom 26.<br />

Juli <strong>2011</strong><br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Tod der Hauptschule?<br />

Jetzt ist auch die CDU umgefallen: auf<br />

ihrem Parteitag im November <strong>2011</strong> hat<br />

ihr B<strong>und</strong>esvorstand einen Antrag eingebracht,<br />

der die Abschaffung der Hauptschule<br />

zum Ziel hat. Sie soll mit den<br />

Realschulen zusammengelegt werden<br />

<strong>und</strong> künftig Oberschule heißen. Diese<br />

neuen Oberschulen sollen so anspruchsvoll<br />

werden, dass nur noch die<br />

„Besten“ auf das Gymnasium gehen.<br />

Ist das der Todesstoß der ins Gerede gekommenen<br />

Hauptschule? Vielleicht<br />

geht der Name verloren. Aber wenn<br />

auch „Haupt“ durch „Ober“ ersetzt<br />

wird: Die offenk<strong>und</strong>igen Probleme vieler<br />

Hauptschüler bleiben. Ob sie keinen<br />

Hauptschulabschluss schaffen oder keinen<br />

Oberschulabschluss, ist für ihre<br />

persönliche Zukunft nebensächlich.<br />

Wer diesen Jugendlichen ernsthaft helfen<br />

will, braucht kein neues Etikett,<br />

sondern eine interne Schulreform, in<br />

der es um Inhalte <strong>und</strong> Schwerpunktsetzungen<br />

geht, <strong>und</strong> man braucht Lehrkräfte,<br />

die pädagogisch darauf trainiert<br />

sind, Wissen an Kinder zu vermitteln,<br />

deren Begabungen <strong>und</strong> Fähigkeiten nicht<br />

intellektueller Art <strong>und</strong> die zu einem wesentlichen<br />

Teil gar nicht bildungsinteressiert<br />

sind. Das Aushängeschild „Oberschule“<br />

reicht nicht zur Verbesserung unseres<br />

Bildungssystems.<br />

Die Kulturhoheit liegt bei den B<strong>und</strong>esländern.<br />

Die CDU hätte in vielen<br />

Ländern unendlich Zeit gehabt, überall<br />

die „gute alte“ Hauptschule auf die<br />

Erfordernisse der Zukunft weiterzuent-<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Bildung<br />

wickeln. Manche haben das auch getan.<br />

Es darf daher nicht w<strong>und</strong>ern, wenn sich<br />

einige CDU-Landesverbände gegen die<br />

Abschaffung der Hauptschule wehren.<br />

Die neue „Oberschule“ soll so anspruchsvoll<br />

werden, dass mancher potentielle<br />

Gymnasiast statt auf ein<br />

Gymnasium auf eine Oberschule gehen<br />

soll. Auf welchem schulischen Niveau<br />

soll der Unterricht stattfinden? Die<br />

CDU scheint die Fehler früherer Reformen<br />

zu wiederholen <strong>und</strong> aus jedem<br />

„Oberschüler“ einen kleinen Gymnasiasten<br />

machen zu wollen. Das ist schon<br />

jetzt zum Scheitern verurteilt. Denn<br />

entweder wird die neue Oberschule den<br />

derzeitigen Realschülern (nur den guten,<br />

fast gymnasiumsreifen?) eine neue Heimat<br />

sein, oder aber den Hauptschülern,<br />

die bisher nicht einmal den derzeitigen<br />

Hauptabschluss schaffen.<br />

Vielleicht will die CDU aber auch nur<br />

ein b<strong>und</strong>esweites Thema aus parteipolitischen<br />

Gründen an ihre Fahnen heften?<br />

Davor kann man nur warnen. Bildungspolitik<br />

hat die Zukunft künftiger Generationen<br />

zum Ziel. Die Verantwortung<br />

dafür müsste eigentlich verhindern,<br />

dass Bildungspolitik zum Spielball <strong>und</strong><br />

Kinder zu Versuchsobjekten gemacht<br />

werden. Die CDU sollte ihren Parteitagsantrag<br />

zurückziehen.<br />

Denn ihre Rechnung muss nicht<br />

zwangsläufig aufgehen. Das Scheitern<br />

der Hamburger Bildungsreform unter<br />

dem damaligen schwarz-grünen Regierungsbündnis<br />

am Wählerwillen ist noch<br />

PISA-Studie: Deutsche Schüler sind nur Mittelmaß<br />

Bei der Berufsausbildung gehört<br />

Deutschland zur Weltspitze. Es gibt<br />

hierzulande mehr als 340 verschiedene<br />

Ausbildungsberufe. Nach zwei bis maximal<br />

dreieinhalb Jahren ist der<br />

Nachwuchs fit für eine gewerbliche<br />

oder kaufmännische Tätigkeit. Der<br />

Gr<strong>und</strong>stein aber wird in den allgemeinbildenden<br />

Schulen gelegt, <strong>und</strong> da gibt<br />

es erhebliche Defizite.<br />

Vergleichsweise gut stehen die Gr<strong>und</strong>schulen<br />

da. Bei den IGLU-Studien rangieren<br />

sie unter 42 Ländern auf Platz<br />

elf, also knapp hinter den Top Ten.<br />

Geprüft wird, wie gut Viertklässler lesen<br />

können <strong>und</strong> wie gut sie Texte verstehen.<br />

Thüringens Schüler schneiden am besten<br />

ab. Sie gehören mit den Kindern<br />

aus Hongkong zur internationalen<br />

Spitzengruppe. Dahinter folgen die<br />

Schüler aus Bayern <strong>und</strong> Sachsen. Das<br />

deutsche Schlusslicht bilden die Stadtstaaten<br />

Berlin, Hamburg <strong>und</strong> Bremen.<br />

Der Leistungsabfall kommt später: Die<br />

PISA-Studie vergleicht die Kompetenzen<br />

von 15-Jährigen in den drei<br />

Bereichen Lesekompetenz, Mathematik<br />

<strong>und</strong> Naturwissenschaften. Unter<br />

den 57 teilnehmenden Ländern belegen<br />

die deutschen Schüler beim Lesen Platz<br />

18. Deutliche Schwächen haben sie in<br />

Mathematik, wo sie nur auf Rang 20<br />

landen.<br />

Bei den Naturwissenschaften kommen<br />

die deutschen Schüler immerhin auf<br />

den 13. Platz. Sie können wissenschaftliche<br />

Phänomene wie den Treibhauseffekt<br />

gut erklären <strong>und</strong> kennen sich<br />

mit dem menschlichen Körper <strong>und</strong> dem<br />

Ökosystem aus. Innerhalb Deutschlands<br />

haben die jungen Sachsen in allen<br />

Disziplinen die Nase vorn.<br />

PISA wird von der Organisation für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />

Entwicklung (OECD) durchgeführt.<br />

Die Studien sollen herausfinden, wie<br />

in guter Erinnerung. Diese Niederlage<br />

hat den Absturz der CDU beschleunigt<br />

<strong>und</strong> nicht unerheblich zum Scheitern<br />

der Koalition beigetragen. Am<br />

Schlimmsten aber war, dass die bürgerlichen<br />

Mitglieder der CDU den<br />

anschließenden Wahlkampf nicht oder<br />

nur halbherzig mitgetragen haben, das<br />

Ergebnis ist bekannt. Mit dem angestrebten<br />

Parteitagsbeschluss kann die<br />

CDU nichts gewinnen, aber einen<br />

wesentlichen Teil ihrer Anhängerschaft<br />

<strong>und</strong> deren Unterstützung verlieren.<br />

he ■<br />

Gescheitert<br />

Die B<strong>und</strong>esbildungsministerin Annette<br />

Schwan erklärte am 8.5.2006:<br />

„Die Abschaffung von Schulformen<br />

ist keine Lösung. Gerade die<br />

Hauptschule muss von der Bildungspolitik<br />

besser beachtet werden“.<br />

Das war’s! Jetzt will sie die Hauptschule<br />

abschaffen. Offensichtlich<br />

ist sie mit ihrer Politik gescheitert,<br />

mögliche Schwächen der Hauptschule<br />

zu beseitigen <strong>und</strong> diesen<br />

Schultyp aufzuwerten: eine gescheiterte<br />

Bildungsministerin.<br />

■<br />

gut die Schüler auf die Herausforderungen<br />

der Zukunft vorbereitet<br />

sind. Deutschland hat großen Nachholbedarf.<br />

Bildungspolitiker empfehlen<br />

daher gr<strong>und</strong>legende Reformen:<br />

➤ Standards setzen durch Zentralprüfungen<br />

➤ Mehr Freiheit für Schulen<br />

➤ Lernen schon im Kindergarten<br />

➤ Hilfe für Migrantenkinder beim Lernen<br />

der deutschen Sprache<br />

➤ Ganztagsschulen<br />

➤ Praxisnahe Lehrausbildung<br />

Die Kulturhoheit der B<strong>und</strong>esländer<br />

führt dazu, dass diese auf die Ergebnisse<br />

unterschiedlich reagieren.<br />

Wohl dem Kind das in Sachsen aufwächst.<br />

Das ist eigentlich ein unhaltbarer<br />

Zustand.<br />

he ■<br />

9


CGB zufrieden<br />

Im Juni hat die Deutsche Rentenversicherung<br />

B<strong>und</strong> (DRV) das Wahlergebnis<br />

der diesjährigen <strong>Sozialwahlen</strong><br />

bekannt gegeben. Mit den alle<br />

sechs Jahre stattfindenden <strong>Sozialwahlen</strong><br />

haben die Versicherten die<br />

Möglichkeit, die Selbstverwaltung<br />

der gesetzlichen Sozialversicherungsträger<br />

zu wählen.<br />

Neben zwölf anderen Listen von<br />

Gewerkschaften <strong>und</strong> Versichertenverbänden<br />

hat auch der CGB im Jahr<br />

<strong>2011</strong> wieder bei der DRV B<strong>und</strong> kandidiert.<br />

Der CGB erreichte in einer<br />

Listenverbindung mit dem Deutschen<br />

Beamtenb<strong>und</strong> <strong>und</strong> der Gewerkschaft<br />

der Sozialversicherung<br />

5,29 Prozent <strong>und</strong> überwand damit die<br />

Fünf-Prozent-Hürde. „Das ist ein gutes<br />

Ergebnis“, so Christian Hertzog,<br />

Generalsekretär des CGB. „Das gute<br />

Ergebnis ermöglicht es dem CGB,<br />

sich in der kommenden Amtsperiode<br />

bei der Benennung der 2.600 ehrenamtlichen<br />

Versichertenberater <strong>und</strong><br />

der Besetzung der Widerspruchsausschüsse<br />

mit eigenen Vorschlägen<br />

zu beteiligen“.<br />

„Der CGB kann aufgr<strong>und</strong> des Verteilungsmodus<br />

<strong>und</strong> der Abgeordnetenzahl<br />

trotz des erfolgreichen<br />

Ergebnisses keinen Abgeordneten in<br />

die Vertreterversammlung der DRV<br />

B<strong>und</strong> entsenden. Es sollte daher über<br />

die Größe der Vertreterversammlung<br />

diskutiert werden, so dass das Überschreiten<br />

der Fünf-Prozent-Hürde<br />

auch tatsächlich die Entsendung eines<br />

Abgeordneten ermöglicht“, erklärt<br />

Gunter Smits, Listenführer der<br />

CGB-Liste in Berlin.<br />

Die Vertreterversammlung bei der<br />

DRV B<strong>und</strong> zählt derzeit lediglich 15<br />

Abgeordnete. Somit sind rechnerisch<br />

6,5 Prozent nötig, um einen Abgeordneten<br />

zu entsenden. Diese Diskrepanz<br />

im Wahlmodus in Bezug auf die<br />

Fünf-Prozent-Hürde sollte durch<br />

Vergrößerung der Vertreterversammlung<br />

ausgeräumt werden.<br />

■<br />

Sozialwahl <strong>2011</strong><br />

Zukunft wählen.<br />

10<br />

Sozialwahl<br />

<strong>Sozialwahlen</strong> <strong>2011</strong>: Tendenzwende<br />

Nach Auffassung des B<strong>und</strong>eswahlbeauftragten<br />

Gerald Weiss sind die<br />

<strong>Sozialwahlen</strong> <strong>2011</strong> erfolgreich verlaufen.<br />

So gibt es einen neuen Rekord bei<br />

der Anzahl der Wahlberechtigten. In der<br />

gesamten Nachkriegszeit war die<br />

Anzahl der Wahlberechtigten nie höher<br />

als <strong>2011</strong>. Der bisherige Rekord aus dem<br />

Jahr 1999 verzeichnete 46,9 Millionen<br />

Wahlberechtigte. <strong>2011</strong> sind es 51,5<br />

Millionen.<br />

➤ <strong>2011</strong> wurden mehr Stimmen als<br />

2005 abgeben. Im Vergleich zu der<br />

vorangegangenen Sozialwahl wurden<br />

bislang über eine halbe Million<br />

Stimmen mehr abgegeben, exakt<br />

sind dies 547.054 Stimmen. Diese<br />

Zahl wird noch ansteigen, weil<br />

Stimmen aus den Reihen der Versicherten<br />

der Berufsgenossenschaft<br />

Holz <strong>und</strong> Metall hinzukommen, deren<br />

Sozialwahl noch bis zum<br />

5.10.<strong>2011</strong> läuft.<br />

➤ Es gibt wieder mehr Versicherungsträger<br />

mit echten Wahlhandlungen.<br />

Die Tendenz der vergangenen<br />

Wahlen lautete: Immer weniger Versicherungsträger<br />

führen eine Urwahl<br />

durch. 2005 wurde mit acht urwählenden<br />

Versicherungsträgern der<br />

vorläufige Tiefpunkt erreicht. Die<br />

Tendenzwende hat stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Diesmal wurde bzw. wird bei 10<br />

Versicherungsträgern gewählt. Die<br />

Dimension dieser Tendenzwende<br />

vergrößert sich, wenn man berücksichtigt,<br />

dass sich die Anzahl der<br />

Versicherungsträger mit der Möglichkeit<br />

zur Durchführung von <strong>Sozialwahlen</strong><br />

von 340 auf 206 verringert<br />

hat.<br />

➤ In den neun bisher stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Wahlgängen wurden 14,16 Millionen<br />

Stimmen abgegeben. Wobei jede<br />

Wählerin <strong>und</strong> jeder Wähler pro Wahl<br />

nur eine Stimme vergeben konnte.<br />

Das ist nach Auffassung von Weiss<br />

wirklich eine gewaltige Volksinitiative!<br />

„Ich freue mich sehr, dass eine<br />

lebendige Selbstverwaltung so<br />

vielen Menschen am Herzen liegt.“<br />

Aus vielen Gesprächen <strong>und</strong> aus den<br />

Erfahrungen der Telefonhotlines weiß<br />

er, dass die Menschen den Gedanken<br />

der Selbstverwaltung schätzen.<br />

➤ Die Spannbreite der Wahlbeteiligungen<br />

reicht von 25,5 % bis 63 %.<br />

Der Durchschnitt liegt bei der 30-<br />

Prozent-Marke. Deshalb kann man<br />

sagen, dass etwa jeder dritte<br />

Wahlberechtigte an den Abstimmungen<br />

teilgenommen hat.<br />

Der B<strong>und</strong>eswahlbeauftragte Weiss:<br />

„Mich hat besonders gefreut, dass es<br />

den Ersatzkassen gelungen ist, ihre<br />

Kultur des Wählens auf die vielen neuen<br />

Kassenmitglieder zu übertragen. So<br />

hat die Techniker Krankenkasse eine<br />

um etwa 1,6 Millionen erhöhte Anzahl<br />

von Wahlberechtigten. Das ist eine<br />

Steigerung um über 40 % im Vergleich<br />

zu 2005. Die BARMER GEK erhöhte<br />

den Anteil ihrer Wahlberechtigten<br />

durch Fusion mit der GEK um fast 1,2<br />

Millionen neue Mitglieder. Es ist eine<br />

großartige Leistung, diese traditionelle<br />

Urwählerkultur auf die neuen Mitglieder<br />

zu übertragen. Hierfür meine<br />

herzlichsten Glückwünsche!“<br />

Die innere Demokratie in der Sozialversicherung<br />

lebt! Diese Wahl bedeutet<br />

eine Revitalisierung der Selbstverwaltung!<br />

■<br />

Quelle: Pressekonferenz des B<strong>und</strong>eswahlbeauftragten<br />

Gerald Weiss am<br />

20.6.<strong>2011</strong><br />

Redaktionsschluss<br />

für die Ausgabe<br />

5/<strong>2011</strong>:<br />

31. August <strong>2011</strong><br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Der Generationenvertrag<br />

Unsere gesetzliche Rentenversicherung<br />

(GRV) wird häufig als Generationenvertrag<br />

bezeichnet. Diese Form der<br />

Altersvorsorge gehört gewissermaßen<br />

zum anthropologischen Erbe. In allen<br />

Kulturen <strong>und</strong> Religionen zählt das<br />

Aufziehen der Kinder genauso zur natürlichen<br />

Verpflichtung der aktiven Generation<br />

wie die Betreuung der Eltern.<br />

Dieser traditionelle Generationenvertrag<br />

zeichnet sich durch einige wichtige<br />

Charakteristika aus:<br />

➤ In ihm steckt ein kräftiger Schuss<br />

Sparen für das eigene Alter, also das,<br />

was die Ökonomen als Kapitaldeckungsverfahren<br />

bezeichnen. Die<br />

Eltern z. B. haben den Hof unterhalten<br />

oder sogar ausgebaut <strong>und</strong> übergeben<br />

ihn am Ende des aktiven<br />

Lebens dem Sohn.<br />

➤ In der „guten alten Zeit“ dauerte die<br />

aktive Phase des Lebens unvergleichlich<br />

länger als das „Rentnerdasein“,<br />

<strong>und</strong> die Mithilfe im Hof ist<br />

fast bis zum Lebensende selbstverständlich.<br />

Auch die Kinder tragen<br />

parallel zur Schule zur Wertschöpfung<br />

der Familie bei.<br />

➤ Die Unterstützung der Eltern ist<br />

zwar in einem Moralkodex verankert,<br />

aber nicht gesetzlich erzwun-<br />

Renten steigen um ein Prozent – Schutzklausel für das<br />

Altersruhegeld zeigt nun ihre Schattenseite<br />

Obwohl die Löhne der Erwerbstätigen<br />

im vergangenen Jahr mit 3,10 Prozent in<br />

den alten <strong>und</strong> 2,55 Prozent in den neuen<br />

Ländern deutlich gestiegen sind, erhalten<br />

die 20 Millionen Rentner zum 1. Juli nur<br />

eine Rentenerhöhung von 0,99 Prozent.<br />

Hauptgr<strong>und</strong> des geringen Zuwachses ist<br />

die Rentengarantie. Diese Schutzklausel<br />

wurde eingeführt, um Rentenkürzungen<br />

zu verhindern. Eine solche wäre nach der<br />

Rentenformel unvermeidbar, wenn die<br />

Arbeitseinkommen, z. B. durch die Wirtschaftskrise<br />

sinken.<br />

Schattenseite der Klausel „Rentengarantie“<br />

ist, dass unterbliebene Rentenkürzun-<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Rente<br />

gen, weder im Gr<strong>und</strong>satz noch im<br />

Umfang.<br />

➤ Am wichtigsten aber ist wohl, dass<br />

es sich um einen „Generationenvertrag“<br />

innerhalb einer Kleingruppe<br />

handelt, dass sich die „Vertragspartner“<br />

also kennen.<br />

Das ist die<br />

sicherste Absicherunggegenüber<br />

der<br />

Ausbeutung der<br />

Kinder durch<br />

ihre Eltern oder<br />

umgekehrt der<br />

Eltern durch ihre<br />

Kinder. In<br />

einer solchen<br />

Kleingruppe sind Leistung <strong>und</strong><br />

Gegenleistung eher erkennbar <strong>und</strong><br />

werden als Selbstverständlichkeit<br />

wahrgenommen – gelebte Solidarität.<br />

Der viel zitierte Generationenvertrag<br />

unserer GVR ist vom „natürlichen“<br />

Gr<strong>und</strong>modell meilenweit entfernt; die<br />

soziale Altersvorsorge wird nicht als<br />

Solidarität, sondern als gesetzliche<br />

Zwangsabgabe empf<strong>und</strong>en. Die Kombination<br />

von demokratischen Entscheidungsmechanismen,<br />

die es Mehrheiten<br />

erlauben, Leistungen <strong>und</strong> Beiträge nach<br />

gen in späteren Jahren nachgeholt werden<br />

müssen. Dies führt nun dazu, dass die<br />

Rentenerhöhungen solange jedes Jahr<br />

halbiert werden, bis die Rentner die unterbliebenen<br />

Rentenkürzungen von 3,81<br />

Prozent in den alten <strong>und</strong> 1,83 Prozent in<br />

den neuen Ländern abgetragen haben.<br />

Auch ohne diese Halbierung wären die<br />

Renten mit 1,99 Prozent <strong>und</strong> 1,41 Prozent<br />

(neue Länder) deutlich weniger gestiegen<br />

als die Löhne. Gr<strong>und</strong> dafür sind<br />

Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel.<br />

So müssen sich die Rentner über den<br />

„Riester Faktor“ an den steigenden Kosten<br />

der Erwerbstätigen für ergänzende<br />

Rentenanspruch für Berufsanfänger:<br />

Große Sicherheit – kleiner Beitrag<br />

Ein wichtiger Hinweis für alle jungen Leute,<br />

die jetzt ins Berufsleben starten: Bereits<br />

vom ersten Ausbildungstag an sind Berufsanfänger<br />

in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

umfangreich abgesichert.<br />

Was viele nicht wissen: Berufsanfänger<br />

sind besonders geschützt, wenn sie einen<br />

Arbeitsunfall, einen Wegeunfall<br />

oder eine Berufskrankheit erleiden. In<br />

diesem Fall haben junge Versicherte<br />

tages- oder parteipolitischen Gegebenheiten<br />

zu verändern <strong>und</strong> Lasten von einer<br />

zu anderen Versichertengruppe zu<br />

verschieben, schaffen Unsicherheit. Immer<br />

neue Lasten werden vom Staat <strong>und</strong><br />

seinen Haushalten auf die als Solidargemeinschaft<br />

bezeichneten Beitragszahler<br />

verlagert. Politiker betrachten<br />

Simone Hainz/pixelio.de<br />

die für die Altersvorsorgebestimmten<br />

Beitragsgelder<br />

als Verfügungsmasse<br />

des Staates.<br />

Dieses politische<br />

Verständnis führt<br />

fast zwangsläufig<br />

in eine Rentenpolitik<br />

ohne Generationengerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> immer<br />

weiter sinkende Akzeptanz bei den<br />

Betroffenen.<br />

Wollte man Generationengerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Akzeptanz bei allen Betroffenen,<br />

Jugend <strong>und</strong> Alter, Beitragszahler <strong>und</strong><br />

Rentnern wieder herstellen, müsste<br />

man dagegen die vier ideellen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

des traditionellen Generationenvertrages<br />

wieder in den Vordergr<strong>und</strong><br />

der Rentenpolitik rücken <strong>und</strong> das derzeit<br />

ausgeübte „Primat der Politik“ zurückführen.<br />

Jörg Hebsacker ■<br />

Vorsorge (Riesterrente) beteiligen. Der<br />

Nachhaltigkeitsfaktor dämpft die<br />

Rentenerhöhung zudem immer dann,<br />

wenn die Zahl der Rentner stärker wächst<br />

als die der Beitragszahler. Beide Faktoren<br />

mindern den Rentenanstieg dieses Jahr um<br />

1,1 Prozentpunkte.<br />

Für die ostdeutschen Rentner dürfte es<br />

dieses Jahr nach den Anpassungsregeln<br />

eigentlich nur ein Plus von 0,71 Prozent<br />

geben. Doch hier greift eine weitere<br />

Schutzklausel. Danach dürfen die<br />

Renten im Osten nicht weniger stark erhöht<br />

werden als die Westrenten.<br />

■<br />

von Anfang an – <strong>und</strong> zwar ohne zusätzliche<br />

Kosten oder Ges<strong>und</strong>heitsprüfungen<br />

– Anspruch auf das komplette<br />

Leistungspaket der gesetzlichen Ren-<br />

Fortsetzung auf Seite 12<br />

11


Fortsetzung von Seite 11<br />

tenversicherung: Rehabilitation, Rente<br />

wegen Erwerbsminderung <strong>und</strong> im Todesfall<br />

auch Hinterbliebenenrente für<br />

die Angehörigen, sofern bereits eine eigene<br />

Familie gegründet wurde.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich entsteht ein Anspruch auf<br />

die Rente zwar erst, wenn eine bestimmte<br />

Anzahl von Beiträgen entrichtet wurde –<br />

für Berufsanfänger kann jedoch ein einziger<br />

Beitrag für einen Anspruch auf Rente<br />

wegen Erwerbsminderung genügen.<br />

Rentendiskussion ohne Ende<br />

Ab 2012 beginnt das schrittweise Heraufsetzen<br />

des Renteneintritts von 65<br />

auf 67 Jahre. Der bis 2029 angesetzte<br />

Übergangsprozess hat noch nicht einmal<br />

begonnen, da werden eifrige Diskussionen<br />

um eine weitere Heraufsetzung<br />

des Renteneintrittsalters geführt<br />

<strong>und</strong> als Begründung für eine solche<br />

Maßnahme gerne Horrorszenarien an<br />

die Wand gemalt.<br />

Die EU-Kommission ist bereits mit ihrem<br />

Vorschlag zu einer Rente ab 70<br />

Jahren vorgeprescht, dem ist der Sachverständigenrat<br />

der B<strong>und</strong>esregierung<br />

mit seiner Empfehlung für eine Rente<br />

mit 69 Jahren gefolgt. Das gesetzliche<br />

Rentenalter müsse bis 2045 auf 68<br />

Jahre <strong>und</strong> bis 2060 auf 69 Jahre heraufgesetzt<br />

werden. Sollte diese Empfehlung<br />

nicht umgesetzt werden, drohe eine<br />

Finanzierungslücke der Sozialversicherung<br />

von 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung,<br />

<strong>und</strong> die Schuldenstandsquote<br />

des Staates würde bis 2060<br />

auf etwa 270 Prozent der Wirtschaftsleistung<br />

steigen. Derzeit liegt die Quote<br />

bei gut 80 Prozent.<br />

12<br />

Rente<br />

Ein Beispiel:<br />

Jan B. aus Frankfurt, geboren am 4. Oktober<br />

1992, hatte im September 2010<br />

seine Ausbildung begonnen. Er erhielt<br />

510 Euro an Ausbildungsvergütung<br />

monatlich. Im Mai <strong>2011</strong> wurde er bei<br />

einem Arbeitsunfall schwer verletzt.<br />

Seitdem ist er dauerhaft voll erwerbsgemindert.<br />

Bis zu seinem Unfall hatte Jan<br />

neun Beitragsmonate zurückgelegt,<br />

denn auch der Mai zählt voll mit. Da er<br />

wegen eines Arbeitsunfalls erwerbsge-<br />

Die Diskussionen um die Heraufsetzung<br />

des Renteneintrittsalters sind bedenklich.<br />

Anstatt erst einmal den Übergangsprozess<br />

des Renteneintrittsalters<br />

von 65 auf 67 Jahre geschehen zu lassen<br />

<strong>und</strong> eine Analyse dieses Prozesses<br />

vorzunehmen, malen die Protagonisten<br />

eines noch späteren Renteneintritts weitere<br />

Schreckgespenster an die Wand,<br />

die vielleicht in 40 Jahren eintreten<br />

könnten, wenn nicht bald gehandelt<br />

wird <strong>und</strong> „endlich“ Maßnahmen geplant<br />

werden, die in 20 Jahren umzusetzen<br />

sind.<br />

Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters<br />

war ein Kraftakt der großen Koalition<br />

<strong>und</strong> ist bis heute noch hoch umstritten.<br />

Deshalb sollten weiter gehende<br />

Diskussionen nicht leichtfertig vom<br />

Zaun gebrochen werden. Erst einmal gibt<br />

es noch genug zu tun, um die Akzeptanz<br />

der Bevölkerung zur Rente mit 67 zu<br />

steigern. Denn diese lässt noch zu wünschen<br />

übrig: R<strong>und</strong> 71 Prozent lehnen die<br />

Rente mit 67 Jahre ab, wie ein<br />

Ruhestands-Barometer der Versicherungsgesellschaft<br />

Axa ergab. Außerdem<br />

Inflation führt zu realer Rentenkürzung<br />

Die Inflation frisst die Rentenerhöhungen<br />

auf. Rentner haben daher heute real<br />

weniger als vor zehn Jahren. Doch auch<br />

die Arbeitnehmer trafen die unsozialen<br />

Wirkungen der Geldentwertung. Im<br />

Jahr 2009 sanken die Löhne, während<br />

die Preise weiter stiegen, erklärte das<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit (BMA)<br />

auf eine Anfrage aus dem B<strong>und</strong>estag.<br />

Danach stiegen die Renten von 2001<br />

bis 2010 jahresdurchschnittlich um<br />

r<strong>und</strong> 0,82 Prozent, die durchschnittliche<br />

Preissteigerung betrug dagegen<br />

r<strong>und</strong> 1,36 Prozent im Jahr. Unter<br />

Berücksichtigung der von den Rentnern<br />

zu zahlenden Beiträge zur Kranken<strong>und</strong><br />

Pflegeversicherung stiegen die<br />

Altersbezüge nach Angaben des BMA<br />

sogar nur um r<strong>und</strong> 0,56 Prozent im Jahr.<br />

Die Rentenanpassung orientiert sich an<br />

der Entwicklung der Löhne <strong>und</strong> nicht<br />

an der Preisentwicklung. Auch die<br />

Löhne der Beschäftigten genießen keinen<br />

Schutz vor Inflation, hebt das BMA<br />

hervor. Anders als die Arbeitnehmer<br />

sind die Rentner jedoch gegen<br />

Kürzungen ihrer Bezüge abgesichert,<br />

so dass den Rentnern die<br />

Kaufkraftverluste entstanden, wie sie<br />

die Beschäftigten trafen. Zum<br />

Ausgleich werden von diesem Jahr an<br />

positive Rentenanpassungen halbiert.<br />

■<br />

mindert ist, reicht diese Versicherungszeit<br />

für den Rentenanspruch aus.<br />

Für die Rentenberechnung zählen aber<br />

nicht nur die bisherigen neun Beitragsmonate,<br />

sondern weitere 497 Monate<br />

(1. Juni <strong>2011</strong> bis 3. Oktober 2052) bis<br />

zu seinem 60. Geburtstag. Das ist die<br />

sogenannte Zurechnungszeit. Insgesamt<br />

erhält Jan deswegen eine Monatsrente<br />

von r<strong>und</strong> 1.000 Euro.<br />

DRV ■<br />

ist das tatsächliche Renteneintrittsalter<br />

noch weit vom „Rentenalter 67“ entfernt.<br />

Die berechtigte Sorge der Bevölkerung<br />

ist, dass Wirtschaft <strong>und</strong> Politik es nicht<br />

schaffen, die richtigen Rahmenbedingungen<br />

dafür zu setzen, dass die<br />

Menschen auch bis 67 Jahre arbeiten<br />

können. Diese Sorgen müssen ernst genommen<br />

werden. Deshalb sollten sich<br />

Politik <strong>und</strong> Wirtschaft darauf konzentrieren,<br />

in den nächsten Jahren den<br />

Anteil der arbeitenden älteren Bevölkerung<br />

zu steigern <strong>und</strong> die Gefahr eines<br />

unfreiwilligen früheren Eintritts in den<br />

Ruhestand zu mindern. Diskussionen<br />

um eine weitere Heraufsetzung des<br />

Renteneintrittsalters sind dabei kontraproduktiv,<br />

zumal wenn sie mit Horrorszenarien<br />

als Begründung geschmückt<br />

sind. Denn sie produzieren eher Ablehnung<br />

als Akzeptanz.<br />

Es kann ja durchaus sein, dass bis 2060<br />

eine drohende Finanzierungslücke bei<br />

der Sozialversicherung entsteht <strong>und</strong> die<br />

Schuldenstandsquote auf 270 Prozent<br />

der Wirtschaftsleistung steigt. Wer kann<br />

dies aber mit absoluter Sicherheit sagen?<br />

Es ist ja angesichts der derzeitigen<br />

Stabilitätskrise des Euro <strong>und</strong> des Dollar<br />

schon schwierig zu prognostizieren,<br />

wohin die Reise in den nächsten Jahren<br />

gehen wird. Da sollte man mit Prognosen<br />

über so lange Zeiträume sehr<br />

vorsichtig sein; am Ende kann alles<br />

noch anders kommen, als man es sich<br />

vorgestellt hat.<br />

Es geht nicht darum, die Augen vor den<br />

Risiken des demographischen Wandels<br />

zu verschließen nach dem Motto „Die<br />

Party auf der Titanic geht weiter“. Die<br />

Diskussion um das richtige Renteneintrittsalter<br />

muss mit Augenmaß geführt<br />

werden. Da gilt es vor allem, die<br />

beschlossene Heraufsetzung des Renteneintrittsalters<br />

erst einmal wirken zu<br />

lassen <strong>und</strong> zu analysieren, ob diese<br />

Maßnahme ausreicht oder was noch getan<br />

werden muss. Bis 2029 ist noch ein<br />

wenig Zeit.<br />

rö ■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Von außen betrachtet, muss man schon<br />

den Kopfschütteln. Da soll im Landkreis<br />

Elbe-Elster der Rettungsdienst nach erfolgter<br />

Neuausschreibung nun von einem<br />

Kreisverband des Deutschen Roten<br />

Kreuzes (DRK) zu einer GmbH des<br />

DRK gehen <strong>und</strong> alle Rettungsdienstmitarbeiter<br />

werden zunächst mal auf die<br />

Straße gesetzt, ohne Information, wie es<br />

nun weitergeht! .… Liebe zum Menschen<br />

sieht anders aus.<br />

In Brandenburg ist ein Wechsel des<br />

Rettungsdienstbetreibers kein Einzelfall,<br />

da die Landkreise zur Erfüllung ihrer<br />

Aufgabe aus Kostengründen den<br />

Rettungsdienst lieber an Dritte vergeben,<br />

statt selbst zu unterhalten. Bleibt<br />

die Frage einer sauberen, arbeitnehmergerechten<br />

Umsetzung.<br />

Auch wenn Streit besteht in der Frage,<br />

ob der Betreiberwechsel ein Betriebsübergang<br />

im Sinne des § 613a BGB ist<br />

mit der Folge, dass ohnehin alle Arbeitsverhältnisse<br />

zu unveränderten Bedingungen<br />

auf den neuen Betreiber<br />

übergehen: Eine solche Rechtsfolge<br />

lässt sich auch durch vertragliche<br />

Absprache herbeiführen. So wird es –<br />

zur Rechtssicherheit aller Beteiligten –<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

in der Praxis auch oftmals gehandhabt.<br />

Doch eine solche Vereinbarung bekommen<br />

die beiden Arbeitgeber nicht zustande,<br />

<strong>und</strong> der Landkreis hat offenbar<br />

versäumt, die Umsetzung der Ausschreibung<br />

ausreichend zu regeln:<br />

Außer Apellen <strong>und</strong> einer Zusicherung,<br />

alle Mitarbeiter würden übernommen<br />

(die der Landkreis gar nicht geben<br />

kann), passiert von dessen Seite offenbar<br />

auch nichts.<br />

Und so haben die Mitarbeiter zwar im<br />

Mai eine Kündigung erhalten, wissen<br />

aber bis heute nicht, was ab dem<br />

01.01.2012 nun passiert. Aus Sicht der<br />

medsonet liegt klar ein Betriebsübergang<br />

vor <strong>und</strong> damit auch ein Kündigungsverbot.<br />

Die Arbeitgeber könnten<br />

ihrer Pflicht, die Mitarbeiter darüber<br />

(<strong>und</strong> die wirtschaftlichen <strong>und</strong> personellen<br />

Folgen) zu informieren, ohne weiteres<br />

nachkommen. Wir führen daher<br />

Kündigungsschutzklagen für unsere<br />

Mitglieder. Der Betriebsrat setzt sich<br />

engagiert für eine Klärung im Sinne der<br />

Mitarbeiter ein – die medsonet wird ihn<br />

nach Kräften unterstützen.<br />

Klaas Kuhlman ■<br />

Droopweg 31 | 20537 Hamburg<br />

Postfach 26 13 51 | 20503 Hamburg<br />

Tel.: 040 / 63280227<br />

E-Mail: info@medsonet.de<br />

www.medsonet.de<br />

Mitarbeiterfeindliche Querelen im Zusätzliches Seminar<br />

Rettungsdienst Elbe-Elster-Nord Arbeitsrecht <strong>und</strong> Betriebsverfassung<br />

Unter dem Thema „Gr<strong>und</strong>lagen des<br />

Arbeitsrechts <strong>und</strong> der Betriebsverfassung<br />

nach § 37 Abs. 6“ bietet die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsgewerkschaft medsonet ein<br />

weiteres Gr<strong>und</strong>lagenseminar für Betriebsräte<br />

im Ges<strong>und</strong>heitswesen an.<br />

Dieses Seminar ist eine Ergänzung zum<br />

Jahresprogramm der medsonet-Bildungsarbeit.<br />

Im Seminar werden gr<strong>und</strong>legende<br />

Aspekte des Betriebsverfassungs-<br />

<strong>und</strong> des Arbeitsrechts angesprochen.<br />

Im besonderen sollen aber auch<br />

Betriebsräte sensibilisiert werden, andere<br />

Betriebsräte zur Wahrnehmung der<br />

gesetzlich garantierten Betriebsratsschulungen<br />

anzuhalten.<br />

Teilnehmen können alle Mitglieder der<br />

Arbeitnehmervertretungen, unabhängig<br />

davon, ob <strong>und</strong> wo sie gewerkschaftlich<br />

organisiert sind, oder auch nicht.<br />

Das Seminar findet vom 21. bis 23.<br />

November <strong>2011</strong> in Barnstorf/Niedersachsen<br />

statt.<br />

Es wird in bewährter Weise von der<br />

kooperierenden <strong>DHV</strong>-Bildungsstätte<br />

Nordwest in Bremen durchgeführt, das<br />

unter den nebenstehenden Kontaktdaten<br />

gerne nähere Auskünfte erteilt<br />

<strong>und</strong> Anmeldungen entgegen nimmt.<br />

■<br />

Tarifabschlüsse medsonet Seminare <strong>2011</strong><br />

Kliniken der Lielje-Gruppe<br />

Änderungstarifvertrag zum Entgelttarifvertrag differenziert<br />

nach:<br />

Berolina Klinik GmbH & Co. KG,<br />

Salze Klinik GmbH & Co.<br />

2. Betriebs-KG,<br />

Abschlüsse gemeinsam mit <strong>DHV</strong><br />

DRK Kreisverband Östliche Altmark, Stendal<br />

(Haustarifvertrag)<br />

Ergänzung zum Entgelttarifvertrag<br />

(Lohn- <strong>und</strong> Gehaltstarifvertrag)<br />

einschl. Ausbildungsvergütungen<br />

Nr. 03/<strong>2011</strong> Betriebsverfassungsgesetz II<br />

Aufbauseminar Betriebsverfassung<br />

Termin: 08.11.–10.11.<strong>2011</strong><br />

Ort: Waren/Müritz<br />

Anmeldeschluss: 14.09.<strong>2011</strong><br />

Nr. 06/<strong>2011</strong> Dienstplangestaltung <strong>und</strong> -mitbestimmung<br />

Termin: 18.10.–20.10.<strong>2011</strong><br />

Ort: Würzburg<br />

Anmeldeschluss: 16.09.<strong>2011</strong><br />

Nr. 08/<strong>2011</strong> Seminar für Mitarbeiter im Rettungsdienst<br />

Termin: 29.11.–01.12.<strong>2011</strong><br />

Ort: Bad Zwischenahn, Landkreis Ammerland<br />

Anmeldeschluss: 30.09.<strong>2011</strong><br />

Informationen <strong>und</strong> Anmeldungen beim<br />

<strong>DHV</strong>-Bildungswerk Nordwest<br />

Birkenstraße 16/17, 28195 Bremen<br />

Tel: 0421. 32 33 31, Fax 0421. 32 33 21<br />

E-Mail: dhv.bremen@dhv-cgb.de<br />

13


contterm – Rechtsschutz<br />

Schon im Januar <strong>2011</strong> hatten wir über<br />

ein Gerichtsverfahren berichtet, das<br />

contterm für ein Mitglied gegen dessen<br />

Arbeitgeber führte. Das Landes arbeits -<br />

gericht Bremen hatte unserem Mitglied<br />

nicht nur eine Nachzahlung von<br />

2.000 j zugesprochen, sondern gleichzeitig<br />

das Arbeitsverhältnis für unbefristet<br />

erklärt.<br />

Unsere Rechtsschutztätigkeit nimmt zu.<br />

Wir nehmen das zum Anlass, ausführlich<br />

darüber zu berichten. Der Rechts -<br />

schutz ist eine der Kernaufgaben jeder<br />

Gewerkschaft: Die Rechte des Mit -<br />

glieds gegenüber dem Arbeitgeber<br />

<strong>und</strong> – im Bereich des Sozialrechtes –<br />

auch gegen die Träger der gesetzlichen<br />

So zial versicherung durchzusetzen.<br />

Rechts gr<strong>und</strong>lage des contterm-<br />

Rechtsschutzes sind die Satzung sowie<br />

die Rechtsschutzordnung.<br />

Dies geschieht zum einen durch die<br />

Rechts beratung. Vor Abschluss eines<br />

Arbeitsvertrages, oder einer vom<br />

Arbeit geber gewünschten oder geforderten<br />

Vertragsänderung sollte contterm<br />

konsultiert werden. Es erfolgt<br />

dann eine Beratung des Mitglieds, entweder<br />

durch sachk<strong>und</strong>ige Gewerk -<br />

schafts kollegen/Vorstandsmitglieder<br />

oder bei schwierigen Fällen durch einen<br />

Rechtsanwalt. Wie wichtig Rechts bera -<br />

tung sein kann, zeigt der nebenstehende<br />

Beitrag „Sammelklage“.<br />

Bei Streitigkeiten zwischen einem Mit -<br />

glied <strong>und</strong> seinem Arbeitgeber gewährt<br />

contterm Rechtsschutz, d. h. das Mit -<br />

glied wird vor dem Arbeitsgericht kostenlos<br />

durch contterm vertreten. Dies<br />

geschieht in der Regel durch einen<br />

Rechts anwalt, oder aber durch einen<br />

sachk<strong>und</strong>igen Rechtsvertreter unserer<br />

Partnergewerkschaft <strong>DHV</strong>. Derzeit sind<br />

die Rechtsvertretungskosten für die laufenden<br />

Gerichtsverfahren für unsere<br />

Mitglieder der größte Kostenfaktor unserer<br />

jungen Gewerkschaft, denn schon<br />

bei einfachen Verfahren kommen<br />

schnell mal ein- bis zweitausend Euro<br />

zusammen, weil Rechtsanwälte nach<br />

einer Gebührenordnung abrechnen.<br />

Diese Kosten werden auch dann nicht<br />

erstattet, wenn man das Verfahren ge-<br />

14<br />

Contterm<br />

Fachgewerkschaft<br />

Deutsche Seehäfen<br />

wonnen hat. Denn abweichend vom<br />

„normalen“ Zivilverfahren tragen vor<br />

den Arbeitsgerichten in der 1. Instanz<br />

die Beteiligten ihre Kosten gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

selbst.<br />

Die Arbeitgeber sind die wirtschaftlich<br />

mächtigeren Vertragspartner eines Ar -<br />

beits verhältnisses. Durch ihre Mitglied -<br />

schaft in contterm können sich Hafen -<br />

arbeiter für Streitfälle mit dem Arbeit -<br />

geber eines sachk<strong>und</strong>igen Beistandes<br />

versichern.<br />

Also: Rein in die contterm!<br />

Vorstand der contterm ■<br />

Beitrittserklärungen gibt es unter<br />

info@contterm.com oder in unserer<br />

Geschäftsstelle:<br />

Droopweg 31, 20537 Hamburg,<br />

Telefon 040-632802-50<br />

Telefax 040-632802-25<br />

contterm-Rechtsschutz –<br />

Auszug aus der<br />

contterm-Satzung<br />

§ 2 – Aufgaben <strong>und</strong> Ziele<br />

Absatz 2: Die Gewerkschaft vertritt<br />

die Interessen der Mitglieder<br />

[..]<br />

Absatz 3 c: Beratung <strong>und</strong> Betreu -<br />

ung der Mitglieder in allen ihr<br />

Arbeitsverhältnis betreffenden<br />

recht lichen, sozialen <strong>und</strong> beruflichen<br />

Fragen<br />

§ 8 – Rechtschutz<br />

Die Gewerkschaft gewährt ihren<br />

Mitgliedern nach sechsmonatiger<br />

Mitgliedschaft Rechtsschutz nach<br />

Maßgabe der Rechtsschutz ord -<br />

nung, die vom Gewerkschaftsrat<br />

auf Antrag des Vorstandes beschlossen<br />

wird.<br />

■<br />

Contterm<br />

Fachgewerkschaft Deutsche Seehäfen<br />

Droopweg 31, 20537 Hamburg<br />

Postfach 26 13 51, 20503 Hamburg<br />

Telefon: 040-63 28 02 50<br />

E-Mail: info@contterm.com<br />

Sammelklage gegen<br />

den GHBV Bremen<br />

Nicht immer loyal verhalten sich Ar -<br />

beitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern,<br />

das gilt in besonderem Maße derzeit für<br />

den Gesamthafenbetriebsverein Bre -<br />

men (GHBV). Nachdem contterm bereits<br />

im vergangenen Herbst die ersten<br />

Verfahren gegen den GHBV führen<br />

musste, kommt jetzt die nächste Pro -<br />

zesswelle in Form einer Sammelklage:<br />

Zahlreiche Mitarbeiter wurden (mit<br />

mehr oder wenige Druck?) davon überzeugt,<br />

eine Vereinbarung zu unterschreiben,<br />

die einen Wechsel in neue –<br />

natürlich schlechtere – Tarifverträge<br />

zum Ziel hat. 15 contterm-Mitglieder<br />

haben nach rechtlicher Beratung den<br />

GHBV Bremen folgendermaßen angeschrieben:<br />

„Hiermit fechte ich die mit Ihnen getroffene<br />

Vereinbarung über den Wechsel<br />

in die neuen Tarifverträge zum<br />

Autoumschlag wegen Irrtums <strong>und</strong> vorsätzlicher<br />

<strong>und</strong> arglistiger Täuschung<br />

an. Bei meiner Unterschrift wurde ich<br />

über die Bedeutung <strong>und</strong> den Inhalt der<br />

Regelung getäuscht. Mir war erklärt<br />

worden, ich „müsse“ die Vereinbarung<br />

unterzeichnen. Andernfalls könnte ich<br />

gar nicht weiterarbeiten. Tatsächlich<br />

aber habe ich von der so genannten<br />

Besitzstandsregelung für Beschäftigte<br />

im Automobilumschlag erst vor […]<br />

Tagen erfahren. Ich fühle mich daher<br />

arglistig <strong>und</strong> vorsätzlich getäuscht <strong>und</strong><br />

verlange meine Beschäftigung zu den<br />

Konditionen des alten Tarifvertrages,<br />

da ich vor dem 1.4.2010 eingestellt<br />

wurde <strong>und</strong> zuletzt ausschließlich mit<br />

Fahrertätigkeiten im Automobilum -<br />

schlag beschäftigt war. Weitere diesbezügliche<br />

Erklärungen gehen Ihnen von<br />

Seiten des von mir mit der Wahr neh -<br />

mung meiner Interessen beauftragten<br />

Rechtsanwaltes […] zu.“<br />

Die Kosten für den Anwalt übernimmt<br />

die contterm.<br />

■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


<strong>DHV</strong> – Die Berufsgewerkschaft Nr. 4 · August <strong>2011</strong><br />

Jugendarbeitslosigkeit in Europa<br />

In Deutschland beträgt die Jugend arbeits -<br />

losigkeit zur Zeit 7,7 Prozent. Nach den<br />

Niederlanden (6,9 Prozent) ist dies der<br />

zweit beste Wert unter den 27 EU-Staaten.<br />

Düster sieht es dagegen in anderen EU-<br />

Staaten aus. Trauriger Spitzenreiter ist<br />

Spanien mit einer Jugend arbeits losenquote<br />

von 44,4 Prozent! Die 16 bis 24-jährigen<br />

Spanier gelten als verlorene Generation.<br />

Beunruhigend ist der rasante Anstieg: Nach<br />

der letzten Erhebung der OECD im Jahr<br />

2009 betrug die Quote erst 15,3 Prozent.<br />

Soziale Unruhe oder Spannungen treten –<br />

mit Ausnahme der jüngsten Proteste gegen<br />

die Regierung Zapatero – dennoch nicht<br />

auf. Die meisten Betroffenen bleiben einfach<br />

weiter bei ihren Eltern wohnen, lassen<br />

sich versorgen <strong>und</strong> erhalten weiter ein<br />

Taschengeld. Es gab in der Krise bislang<br />

auch keinen Ansturm auf Schulen oder<br />

Fortbildungskurse. Vielmehr stieg in<br />

Spanien die Zahl der Schulabbrecher mit<br />

inzwischen 35,6 Prozent auf mehr als das<br />

doppelte des EU-Durchschnitts.<br />

Hinter Spanien folgt Griechenland mit einer<br />

Jugendarbeitslosenquote von 38,5 Pro -<br />

zent! In Griechenland war die Jugend -<br />

arbeitslosigkeit bereits vor der Schul den -<br />

krise hoch. Kurz vor Aus bruch der Krise<br />

hatte die Zahl im September 2009 bei 25<br />

Prozent gelegen <strong>und</strong> im Jahr davor bei 21<br />

Prozent. Der Sparkurs der Regierung <strong>und</strong><br />

die tiefe Rezession haben die Zahlen dramatisch<br />

weiter ansteigen lassen. Die OECD<br />

hat ermittelt, dass ein junger Grieche eine<br />

doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit hat wie<br />

Gleichaltrige in OECD-Staaten, langfristig<br />

arbeitslos zu sein. Insbe son dere die Jung -<br />

akademiker haben dies erkannt <strong>und</strong> sehen<br />

ihre Zukunft nicht im Krawall, sondern in<br />

der Auswanderung, vor allem nach Nord -<br />

amerika <strong>und</strong> Australien. Die griechische<br />

Regierung hofft, mit einer Reform des<br />

Arbeits marktes Hürden zur Einstellung von<br />

Jugendlichen zu beseitigen <strong>und</strong> Anreize zu<br />

ihrer Einstellung zu schaffen.<br />

Die noch im wirtschaftlichen Umbruch sich<br />

befindenden osteuropäischen Staaten gehören<br />

ebenfalls zu den Spitzenreitern: Slo -<br />

wakische Republik (33,7 Prozent), Li -<br />

tauen (32,9 Pro zent) <strong>und</strong> Lettland (29,8<br />

Prozent). Allein Slowenien (16,9 Prozent)<br />

<strong>und</strong> die Tschechische Republik (17,0 %)<br />

liegen unter dem EU-Durchschnitt von 20,4<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

B<strong>und</strong> der Kaufmannsjugend im <strong>DHV</strong><br />

BLÄTTER FÜR<br />

JUNGE KAUFLEUTE<br />

Prozent. Estland (20,4 Prozent) liegt im<br />

EU-Durchschnitt.<br />

Italien verzeichnet mit 28,9 Prozent ebenfalls<br />

eine problematische Jugend arbeits -<br />

losigkeit. Regional gesehen fällt sie sogar<br />

noch höher aus: Sardinien mit 44,7 Prozent,<br />

38,5 Prozent in Sizilien <strong>und</strong> 38,1 Prozent in<br />

Kampanien. Zu den Gründen für die hohe<br />

Jugend arbeits losigkeit gehören die schlechte<br />

Schul ausbildung <strong>und</strong> die nur rudimentär<br />

vorhandene Berufs ausbildung. Ex per ten sehen<br />

aber auch eine falsche Orien tierung: In<br />

Industrie, Hand werk, Bau oder Land wirt -<br />

schaft wollen die Jugend lichen nicht arbeiten.<br />

Sie streben entweder in Richtung öffentlicher<br />

Verwal tung, die ohnehin überbesetzt<br />

ist, oder in Richtung der freien Berufe<br />

wie Rechtsanwalt oder Steuerberater. Zu -<br />

dem arbeiten viele<br />

Jüngere mit Zeit -<br />

verträgen <strong>und</strong> verlieren<br />

ihre Arbeits -<br />

plätze in jeder Krise.<br />

Auch Irland (26,5<br />

Prozent) ist be-<br />

Duales Ausbildungssystem<br />

bewahrt Jugendliche vor<br />

Arbeitslosigkeit<br />

sonders gebeutelt von der Krise. Je jünger,<br />

desto schlimmer: R<strong>und</strong> 36 Prozent der 15<br />

bis 19-jährigen, die nicht mehr in<br />

Ausbildung sind, haben keinen Job. In der<br />

Altersgruppe zwischen 20 <strong>und</strong> 24 Jahren ist<br />

jeder vierte arbeitslos. Wenn es nicht bald<br />

besser wird, droht Irland Zehntausende junge<br />

Menschen zu verlieren. Bei einer<br />

Umfrage gaben r<strong>und</strong> 70 Prozent der jungen<br />

Arbeits suchenden an, binnen zwölf<br />

Monaten das Land zu verlassen, sollte sich<br />

an der wirtschaftlichen Situation nichts ändern.<br />

Frankreich hat eine Jugendarbeits -<br />

losenquote von 22,7 Prozent. Der große<br />

Anteil von jungen Menschen, die auf die<br />

Schule oder die Universität gehen, ist dabei<br />

jedoch nicht berücksichtigt. Wenn man die<br />

r<strong>und</strong> 630.000 arbeits losen jungen Personen<br />

auf ihre gesamte Altersklasse bezieht, gelangt<br />

man in Frankreich zu einer Arbeits -<br />

losenquote von r<strong>und</strong> 8 Prozent. Dennoch<br />

hat Frank reich erhebliche Probleme. In den<br />

unter sozialen Spannungen stehenden Vor -<br />

städten kann die Arbeitslosenquote bis zu<br />

40 Prozent erreichen. Auch ist die Schul -<br />

abgängerquote ohne Ab schluss sehr hoch.<br />

Jedes Jahr steigen r<strong>und</strong> 160.000 Personen<br />

ohne jeden Ab schluss aus. Auch das Uni -<br />

ver si täts studium brechen viele ab. Ein duales<br />

Ausbildungssystem ist unterentwickelt.<br />

Das soll sich ändern: Premierminister<br />

Francois Fillion hat das Ziel ausgegeben,<br />

die Zahl der Lehrstellen von derzeit<br />

425.000 bis 2015 auf 800.000 zu erhöhen.<br />

Doch die Ausbildungskultur in vielen<br />

Unter nehmen ist nicht sehr weit entwickelt.<br />

Es herrscht oft noch die Er wartung, Aus -<br />

bildung sei vor allem Aufgabe des Staates.<br />

Angesichts dieser teilweise erschreckenden<br />

Zahlen steht Deutschland hervorragend da.<br />

Der Gr<strong>und</strong> hierfür liegt vor allem in dem<br />

gut funktionierenden dualen Ausbil dungs -<br />

system. Während die OECD regelmäßig<br />

den aus ihrer Sicht zu niedrigen Aka -<br />

demikeranteil in Deutschland geißelt, ohne<br />

zu berücksichtigen, dass in Deutschland ein<br />

Facharbeiter oft das-<br />

selbe tut wie in<br />

Südeuropa ein Uni -<br />

versitäts absol vent,<br />

wird in China das<br />

deutsche Aus bil -<br />

dungssystem kopiert.<br />

„In Deutschland bewahrt das duale<br />

Ausbildungssystem viele Jugendliche vor<br />

Arbeitslosigkeit“, urteilt auch die Inter na -<br />

tionale Ar beitsorganisation. Hinzu kommen<br />

der demographische Wandel <strong>und</strong> das beginnende<br />

Ausscheiden der geburtenstarken<br />

Jahrgänge aus dem Berufsleben, die den<br />

Einstieg junger Menschen in das Be -<br />

rufsleben erleichtert.<br />

Quelle:<br />

Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zei -<br />

tung vom 28. Januar <strong>2011</strong> mit Er gän zungen<br />

von rö.<br />

■<br />

Impressum:<br />

Blätter für junge Kaufleute-<br />

Stimme der <strong>DHV</strong>-Jugend<br />

Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong> der Kaufmannsjugend im <strong>DHV</strong><br />

B<strong>und</strong>esjugendführung<br />

20537 Hamburg<br />

kaufmannsjugend@dhv-cgb.de<br />

Für den Inhalt<br />

verantwortlich:<br />

Henning Röders<br />

15


16<br />

Aktuelle Rechtsprechung<br />

Abmeldepflicht von Betriebsratsmitgliedern<br />

Ein Betriebsratsmitglied, das an seinem<br />

Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit<br />

Betriebsratsaufgaben erledigt, ist<br />

gr<strong>und</strong> sätzlich verpflichtet, sich beim<br />

Arbeitgeber abzumelden <strong>und</strong> die voraussichtliche<br />

Dauer der Betriebs rats -<br />

tätig keit mitzuteilen.<br />

Zweck der Meldepflicht ist es, dem<br />

Arbeitgeber die Überbrückung des<br />

Arbeits ausfalls zu ermöglichen. Daher<br />

besteht keine vorherige Meldepflicht in<br />

Fällen, in denen eine vorübergehende<br />

Umorganisation der Arbeitseinteilung<br />

nicht ernsthaft in Betracht kommt.<br />

Maßgeblich sind die Umstände des<br />

Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere<br />

die Art der Arbeitsaufgabe des Be -<br />

triebs ratsmitglieds <strong>und</strong> die voraussichtliche<br />

Dauer der Arbeitsunterbrechung.<br />

In Fällen, in denen sich das Be triebs -<br />

ratsmitglied nicht vorher abmeldet, ist<br />

es verpflichtet, dem Arbeitgeber auf<br />

dessen Verlangen nachträglich die<br />

Gesamtdauer der in einem bestimmten<br />

Zeitraum geleisteten Betriebsrats tätig -<br />

keit mitzuteilen.<br />

Der neunköpfige Betriebsrat eines Un -<br />

ter nehmens für automobile Markt -<br />

forschung mit ca. 220 Arbeitnehmern<br />

wollte gerichtlich festgestellt wissen,<br />

dass seine Mitglieder nicht verpflichtet<br />

sind, sich bei Ausführung von Betriebs -<br />

ratstätigkeit, die sie am Arbeitsplatz erbringen,<br />

zuvor beim Arbeitgeber abzu-<br />

Ersatz des Unfallschadens an einem<br />

Privatfahrzeug<br />

Ein Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner<br />

Rufbereitschaft bei der Fahrt von<br />

seinem Wohnort zur Arbeitsstätte mit<br />

seinem Privatwagen verunglückt, hat<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich Anspruch gegen seinen<br />

Arbeitgeber auf Ersatz des an seinem<br />

Pkw entstandenen Schadens. Die Höhe<br />

dieses Ersatzanspruchs bemisst sich<br />

nach den Regeln des innerbetrieblichen<br />

Schadensausgleichs.<br />

Der Kläger war als Oberarzt im Klini -<br />

kum in L. beschäftigt. Er wohnte einige<br />

Kilometer von seinem Arbeitsort entfernt<br />

in der Gemeinde A. An einem Sonn tag<br />

war er zum Ruf bereit schafts dienst eingeteilt<br />

<strong>und</strong> hielt sich in seiner Wohnung auf.<br />

Als er gegen 09:00 Uhr zur Dienst -<br />

aufnahme ins Klinikum gerufen wurde,<br />

fuhr er mit seinem Pri vatfahrzeug von<br />

seinem Wohnort nach L. Bei Straßen -<br />

glätte kam er dabei von der Straße ab <strong>und</strong><br />

rutschte in den Straßengraben. Die Er -<br />

stattung des durch diesen Unfall an seinem<br />

Pkw entstandenen Schadens in<br />

Höhe von 5.727,52 Euro verlangt er von<br />

seinem Arbeitgeber.<br />

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.<br />

Die Revision des Klägers hatte<br />

vor dem Achten Senat des Bun des -<br />

arbeitsgerichts Erfolg. Gr<strong>und</strong>sätz lich hat<br />

jeder Arbeitnehmer – soweit keine abweichenden<br />

Vereinbarungen vorliegen – seine<br />

Aufwendungen für Fahrten zwischen<br />

seiner Wohnung <strong>und</strong> seiner Arbeitsstätte<br />

selbst zu tragen. Dazu gehören auch<br />

Schäden an seinem Fahrzeug.<br />

Eine Ausnahme davon ist dann zu machen,<br />

wenn der Arbeitnehmer während<br />

melden. Der Antrag hatte vor dem<br />

Siebten Senat – wie bereits in den Vor -<br />

instanzen – keinen Erfolg. Der uneingeschränkt<br />

gestellte Antrag erfasst auch<br />

Fallgestaltungen, in denen er unbegründet<br />

ist. Die umstrittene Pflicht lässt sich<br />

weder generell verneinen noch bejahen.<br />

Sie hängt von den Umständen des Ein -<br />

zelfalls ab.<br />

BAG, 29.6.<strong>2011</strong> – 7 ABR 135/09 ■<br />

seiner Rufbereitschaft vom Arbeitgeber<br />

aufgefordert wird, seine Arbeit anzutreten<br />

<strong>und</strong> er die Benutzung seines<br />

Privatfahrzeugs für erforderlich halten<br />

durfte, um rechtzeitig am Arbeitsort zu<br />

erscheinen.<br />

BAG, 22.6.<strong>2011</strong> – 8 AZR 102/10 ■<br />

Abgelehnte Sprachkursteilnahme – Entschädigung wegen Diskriminierung?<br />

Die Aufforderung durch den Arbeitgeber,<br />

an einem Deutschkurs teilzunehmen, um<br />

arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse zu<br />

erwerben, stellt als solche keinen Verstoß<br />

gegen das Allgemeine Gleich behand -<br />

lungs gesetz dar.<br />

Die Klägerin ist seit Juni 1985 in dem<br />

von der Beklagten bewirtschafteten<br />

Schwimm bad beschäftigt. Ihre Mut ter -<br />

sprache ist kroatisch. Sie wurde zunäch st<br />

als Reinigungskraft eingesetzt. Vor über<br />

14 Jahren wurde ihr zusätzlich Kassen -<br />

befugnis erteilt <strong>und</strong> sie arbeitete ab da<br />

auch als Vertretung der Kassenkräfte im<br />

Schwimmbad. Im Frühjahr 2006 forderte<br />

der Betriebsleiter der beklagten Arbeit -<br />

geberin die Klägerin auf, zur Verbes se -<br />

rung ihrer Deutschkenntnisse auf eigene<br />

Kosten <strong>und</strong> außerhalb der Arbeitszeit einen<br />

Deutschkurs zu absolvieren. Die von<br />

der Klägerin verlangte Kostenübernahme<br />

lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin nahm<br />

nicht an einem Deutschkurs teil, was nach<br />

zwischenzeitlichen Phasen der Arbeits -<br />

unfähigkeit schließlich im Oktober 2007<br />

zu einer Abmahnung durch die Beklagte<br />

führte. Die Klägerin verlangte daraufhin<br />

wegen Diskriminierung aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

ethnischen Herkunft eine Entschädigung<br />

in Höhe von 15.000,00 Euro.<br />

Wie schon in den Vorinstanzen blieb die<br />

Klage vor dem Achten Senat des Bun des -<br />

arbeitsgerichts ohne Erfolg. Der Arbeit -<br />

geber kann das Absolvieren von Sprach -<br />

kursen verlangen, wenn die Arbeits -<br />

aufgabe die Beherrschung der deutschen<br />

(oder einer fremden) Sprache erfordert.<br />

Die Auf for derung, dies auf eigene Kosten<br />

<strong>und</strong> außerhalb der Arbeitszeit zu tun, kann<br />

im Einzelfall gegen den Arbeitsvertrag<br />

oder Regeln eines Tarifvertrages verstoßen.<br />

Ein solcher Verstoß stellt aber keine<br />

unzulässige Diskriminierung wegen der<br />

ethnischen Herkunft dar, der Ent schädi -<br />

gungs an sprüche auslöst.<br />

BAG, 22.6.<strong>2011</strong> - 8 AZR 48/10 ■<br />

Carlo Schrodt/pixelio.de<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Der Betriebsübergang<br />

Wenn Betriebe übernommen werden,<br />

oder Fusionen, Ausgliederungen oder<br />

Outsourcing stattfinden, handelt es sich<br />

in aller Regel um einen Betriebs über -<br />

gang, der unter § 613 a BGB fällt. Das<br />

bedeutet, dass der neue Arbeit geber in<br />

alle Rechte <strong>und</strong> Pflichten eintritt. Je doch<br />

sind in Folge Ver schlech terungen für<br />

Arbeitnehmer nicht ausgeschlossen.<br />

Welche Rechtsfolgen hat ein<br />

Betriebsübergang?<br />

Arbeitsverträge:<br />

Da die Übertragung der Arbeits verhält -<br />

nisse durch § 613 a BGB erfolgt, ist<br />

ein neuer Arbeitsvertrag weder notwendig<br />

noch sinnvoll. Änderungen des<br />

Ar beits vertrages (Änderungskündigungen)<br />

dür fen erst nach einem Jahr<br />

erfolgen (Bestandsschutz).<br />

Also: Neuer Arbeitsvertrag – Nein!<br />

Betriebsvereinbarungen (BV):<br />

Betriebsvereinbarungen gem. § 77<br />

BetrVG gehen über, können aber ebenfalls<br />

nach einem Jahr gekündigt werden.<br />

Hier ist zu beachten, ob im übernehmenden<br />

Betrieb bereits Betriebs -<br />

vereinbarungen existieren. Weiter ist<br />

bei Kündigung die Nachwirkung der<br />

BV zu beachten.<br />

Betriebsvereinbarungen gem. § 88<br />

BetrVG können mit einer Frist von drei<br />

Monaten gekündigt werden.<br />

Mit dieser Entscheidung aus April <strong>2011</strong><br />

hat das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht (BAG) eine<br />

gravierende Änderung für befristete<br />

Arbeitsverträge herbeigeführt.<br />

Gem. § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine kalendermäßige<br />

Befristung ohne Vorliegen<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Arbeitsrecht<br />

Tarifverträge:<br />

Sofern der bisherige <strong>und</strong> der neue Ar -<br />

beit geber demselben Tarifvertrag<br />

unter liegen, ändert sich nichts. Unter -<br />

liegt der neue Arbeitgeber einem anderen<br />

Ta rifvertrag, so gilt der neue Tarif -<br />

vertrag für diejenigen Arbeitnehmer,<br />

die Mitglied der Ge werkschaft sind, die<br />

diesen Tarif ver trag abgeschlos sen hat.<br />

Ist der Arbeit neh mer nicht tarifgeb<strong>und</strong>en<br />

oder/<strong>und</strong> der neue Arbeitgeber<br />

nicht in einem tarifschliessenden Ar -<br />

Konstantin Gastmann/pixelio.de<br />

beit geberverband, so gilt der bisherige<br />

Tarifvertrag während der Schutzfrist<br />

von einem Jahr weiter.<br />

Informationsrecht:<br />

Am 1. April 2002 trat eine Neu rege -<br />

lung zum Betriebsübergang in Kraft.<br />

eines sachlichen Gr<strong>und</strong>es bis zur Dauer<br />

von zwei Jahren zulässig, wenn mit<br />

demselben Arbeitgeber zuvor kein befristetes<br />

oder unbefristetes Arbeits -<br />

verhältnis bestanden hat.<br />

Dies wurde bisher so ausgelegt, dass<br />

bei einer – auch über viele Jahre zurückliegenden<br />

– früheren Beschäfti -<br />

gung beim selben Arbeitgeber eine<br />

wirksame, sachgr<strong>und</strong>lose, kalendermäßige<br />

Befristung nicht mehr möglich ist.<br />

Entsprechende befristete Arbeits ver -<br />

träge wurden damit als unbefristet bewertet.<br />

Nach der Entscheidung des B<strong>und</strong>es -<br />

arbeits gerichts vom 4. April <strong>2011</strong> ( Az:<br />

7 AZR 716/09) ist nun auch eine sach-<br />

Danach sind bei einem Betriebs -<br />

übergang nach § 613 a BGB sowohl<br />

der bisherige Ar beitgeber als auch der<br />

neue Betriebs inhaber verpflichtet,<br />

sämtliche Arbeit nehmer über die<br />

Einzelheiten des Betriebsübergangs<br />

schriftlich zu unterrichten.<br />

Widerspruchsrecht:<br />

In § 613 a, Absatz 6 wird das Wider -<br />

spruchsrecht des Arbeitnehmers gegen<br />

den Übergang geregelt: Der Wider -<br />

spruch muss innerhalb eines Monats<br />

nach Zugang der Mitteilung schriftlich<br />

erfolgen. Der Widerspruch kann<br />

gegenüber dem bisherigen oder dem<br />

neuen Betriebsinhaber erklärt werden.<br />

Sofern der Arbeitnehmer widerspricht,<br />

so geht sein Arbeitsverhältnis nicht auf<br />

den neuen Betriebsinhaber über. Der<br />

Arbeitnehmer verbleibt im bisherigen<br />

Betrieb. Aber Achtung: Sofern kein<br />

adäquater Arbeitsplatz vorhanden ist<br />

<strong>und</strong> kein besonderer Schutz besteht,<br />

kann eine betriebsbedingte Kündigung<br />

drohen!<br />

Betriebs-/Personalrat:<br />

Mit dem Betriebsübergang endet i.d.R.<br />

die Amtszeit des Betriebs- bzw. Per so -<br />

nal rates.<br />

■<br />

BAG ermöglicht sachgr<strong>und</strong>lose Befristung bei mehr als drei<br />

Jahren zurückliegender Zuvor-Beschäftigung!<br />

Gerd Altmann pixelio/de<br />

gr<strong>und</strong>lose Befristung bis zu zwei Jahren<br />

möglich, wenn eine frühere Beschäf -<br />

tigung des Arbeitnehmers beim selben<br />

Arbeitgeber mehr als drei Jahre zurückliegt.<br />

Dadurch soll nach Ansicht des 7.<br />

Senats verhindert werden, dass das dauerhafte<br />

Beschäftigungsverbot ein Ein -<br />

stellungshindernis darstellt. Die Re ge -<br />

lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG soll<br />

den Arbeitgebern ermöglichen, auf<br />

schwankende Auftragslagen <strong>und</strong> wechselnde<br />

Marktbedingungen flexibel zu<br />

reagieren. Daneben soll für Ar beit -<br />

nehmer die Möglichkeit einer Dauer -<br />

beschäftigung geschaffen werden.<br />

Raym<strong>und</strong> Kandler, GÖD ■<br />

B<strong>und</strong>esvorsitzender<br />

17


Das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht hat sich mit<br />

der Frage befasst, in welchen Fällen<br />

Arbeitnehmer Rechtsansprüche aus einem<br />

nachbindenden Tarifvertrag geltend<br />

machen können. Der 4. Senat hat<br />

hierzu eine neue Gr<strong>und</strong> satz ent schei -<br />

dung getroffen. Danach ist es unmaßgeblich,<br />

wann eine Gewerkschafts mit -<br />

gliedschaft begründet werden muss, um<br />

sich auf einen nachbindenden Tarif -<br />

vertrag berufen zu können.<br />

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer in<br />

Baden-Württemberg, der bei einem<br />

Unternehmen der Metallindustrie beschäftigt<br />

war. Der Arbeitgeber trat zum<br />

31. Dezember 2005 aus dem Metall -<br />

arbeit geberverband aus. Die regelmäßige<br />

wöchentliche Arbeitszeit des zuvor<br />

geltenden Tarifvertrages betrug<br />

35 Stun den in der Woche. In einem<br />

neuen Arbeitsvertrag des Klägers wurde<br />

zum 1. Januar 2006 eine 40 St<strong>und</strong>en<br />

Woche festgeschrieben. Außerdem<br />

wurde Ende 2005 eine Betriebs ver -<br />

einbarung abgeschlossen, mit der das<br />

Führen von Arbeitszeitkonten auf der<br />

Basis einer 40-St<strong>und</strong>en-Woche eingeführt<br />

worden ist. Der Kläger hat tatsächlich<br />

die 40 Wochenst<strong>und</strong>en Ar -<br />

beits zeit erbracht.<br />

Der Kläger ist zum 1. Juli 2007 in die<br />

IG-Metall eingetreten <strong>und</strong> machte im<br />

Herbst 2007 gerichtlich geltend, dass<br />

insgesamt 13 Tarifverträge der Metall -<br />

industrie auf sein Arbeitsverhältnis An -<br />

wendung fänden. Daraus ergebe sich<br />

u. a. eine Gutschrift von 189,5 St<strong>und</strong>en<br />

auf seinem Arbeitszeitkonto. Einige<br />

Monate nach der Entscheidung des<br />

Lan desarbeitsgerichtes Baden-Würt -<br />

tem berg schloss die IG-Metall mit dem<br />

Arbeitgeber einen Haustarifvertrag ab,<br />

18<br />

Arbeitsrecht<br />

Gewerkschaftsmitglieder haben Rechtsanspruch auf<br />

Leistungen aus nachbindendem Tarifvertrag<br />

in dem eine regelmäßige Arbeitszeit<br />

von 40 Wochenst<strong>und</strong>en geregelt ist.<br />

Das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht gewährte<br />

dem Kläger die Gutschrift aus dem<br />

Arbeitszeitkonto zwar nicht, weil die<br />

Betriebsvereinbarung zum Arbeits zeit -<br />

konto eine Regelarbeitszeit von<br />

40 Wochen st<strong>und</strong>en vorsah. Insofern habe<br />

er alleine auf die tatsächlich geleisteten<br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en einen Vergütungs -<br />

anspruch, die zuvor nicht mit dem<br />

Gehalt abgegolten worden seien. Eine<br />

zusätzliche Gutschrift in das Ar beits -<br />

zeitkonto könne nicht erfolgen.<br />

Dennoch stellte das B<strong>und</strong>es arbeits -<br />

gericht klar, dass nicht der Zeitpunkt<br />

des Beitritts zur Gewerkschaft maßgeblich<br />

für die Tarifbindung ist. In seiner<br />

Pressemitteilung lässt der 4. Senat verlautbaren,<br />

dass der Beitritt des Klägers<br />

zur Gewerkschaft bereits eine beiderseitige<br />

Tarifgeb<strong>und</strong>enheit im Sinne von<br />

TVG § 4 Abs. 1 herbeigeführt hat. Da -<br />

für genüge es, dass die beklagte Arbeit -<br />

geberin zum Zeitpunkt des Gewerk -<br />

schaftsbeitritts im Wege der Nach -<br />

bindung nach § 3 Abs. 3 TVG an den<br />

Tarifvertrag geb<strong>und</strong>en war.<br />

Das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht unterscheidet<br />

demnach zwischen Nachbindung <strong>und</strong><br />

Nachwirkung nach dem Tarif vertrags -<br />

gesetz. Der Austritt aus dem Arbeit -<br />

geber verband beendet die Nachbindung<br />

nicht. Dafür müsste der Tarifvertrag gekündigt<br />

werden. Ein Kündigungsrecht<br />

besteht bei Verbandstarifverträgen aber<br />

nur zwischen den beiden Verbänden.<br />

Einzelnen Mitgliedsunternehmen von<br />

Arbeitgeberverbänden ist ein solches<br />

Kündigungsrecht ausdrücklich verwehrt.<br />

Die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG<br />

setzt eine aktive Kündigung eines Tarif -<br />

Gewichtung bei Sozialauswahl –<br />

Schutz älterer Arbeitnehmer gestärkt<br />

Nach dem Kündigungsschutzgesetz<br />

(1 Abs. 3 KSchG) hat bei einer betriebsbedingten<br />

Kündigung eine soziale Aus -<br />

wahl zu erfolgen, die u. a. Lebens alter<br />

<strong>und</strong> Betriebszugehörig keit berücksichtigt.<br />

Zu vergleichen sind Arbeitnehmer<br />

mit vergleichbaren Tätigkeiten. In der<br />

Rechtsprechung ist bisher weitgehend<br />

ungeklärt, wie diese Kriterien untereinander<br />

zu gewichten sind.<br />

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte<br />

unter Berücksichtigung der Gewich -<br />

tung der sozialen Aspekte zu entscheiden,<br />

welchem von zwei vergleichbaren<br />

Arbeitnehmern bei Wegfall eines<br />

Arbeitsplatzes gekündigt werden<br />

kann. Der zu entscheidende Sach -<br />

verhalt betraf zwei Arbeitnehmer in<br />

der Metallverarbeitung mit etwa gleichen<br />

betrieblichen Voraussetzungen.<br />

vertrages voraus. Die Nachwirkung erstreckt<br />

sich auf den Zeitraum bis es<br />

zwischen den Vertragsparteien zu einer<br />

Abmachung kommt, die die alte ersetzt.<br />

Im vorliegenden Fall ist es aber nicht zu<br />

einer Nachwirkung gekommen, weil<br />

ein Austritt aus dem Arbeit geber ver -<br />

band den Tarifvertrag als solchen nicht<br />

unmittelbar beendet.<br />

Dennoch führt die Entscheidung zu<br />

Konsequenzen. Rechtsansprüche aus<br />

einem Tarifvertrag ergeben sich aus der<br />

Tatsache, dass ein Tarifvertrag nicht endet.<br />

Sofern Arbeitgeber zukünftig aus<br />

dem Arbeitgeberverband austreten, besteht<br />

auch für nach Austritt erworbene<br />

<strong>DHV</strong>-Mitgliedschaften ein Rechts an -<br />

spruch auf die tarifvertraglichen Leis -<br />

tungen. Außerdem ist genau darauf zu<br />

achten, ob im Falle von Tarifverträgen,<br />

die von der <strong>DHV</strong> lediglich nachgezeichnet<br />

werden, oder im Falle von<br />

mehrgliederigen Tarifverträgen tatsächlich<br />

gegenüber der <strong>DHV</strong> eine Kün -<br />

digung ausgesprochen worden ist.<br />

gs ■<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esarbeitsgericht Urteil<br />

vom 6. Juli <strong>2011</strong> – 4 AZR 424/09)<br />

Jetzt Mitglied werden!<br />

Der Unterschied bestand in Alter <strong>und</strong><br />

Familienstand, der eine 35 Jahre mit<br />

zwei Kindern, der andere 53 <strong>und</strong> kinderlos.<br />

Das LAG Köln entschied hier,<br />

dass die Kündigung des älteren<br />

Arbeitnehmers unwirksam war, da der<br />

jüngere Arbeitnehmer viel bessere<br />

Chancen hätte, schnell eine neue<br />

Arbeit zu finden. Dadurch bestehe eine<br />

hohe Wahrscheinlichkeit, dass<br />

Unterhalts pflichten für die Kinder gar<br />

nicht beeinträchtigt werden.<br />

ak ■<br />

LAG Köln 4 Sa 1122/1<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Zur Schuldenkrise<br />

Die griechische Schuldenproblematik<br />

wächst zu einem unlösbaren Problem<br />

heran; ob die Beschlüsse der EU-<br />

Finanzminister diese Volkswirtschaft<br />

nachhaltig stabilisieren, ist unter<br />

Fachleuten umstritten. Die offiziellen<br />

Verlautbarungen der letzten Monate<br />

wecken beim Bürger jedoch kein<br />

Vertrauen auf Weisheit <strong>und</strong> Sach -<br />

verstand in der Politik. Da kommt eine<br />

kleine Geschichte gerade recht, die<br />

zumindest über die Verteilungs -<br />

gerechtigkeit etwas zur Lösung beitragen<br />

könnte.<br />

Ein Urlauber auf der Insel Rhodos hält<br />

an einem kleinen Hotel. Er sagt dem<br />

Eigentümer, dass er gerne die Zimmer<br />

anschauen möchte, um vielleicht eines<br />

zu mieten. Als Kaution legt er einen<br />

100 Euro-Schein auf den Tresen.<br />

Der Eigentümer gibt ihm einige<br />

Schlüssel. Als der mögliche Gast die<br />

Treppe hinaufgeht, nimmt der Hotelier<br />

den Geldschein, rennt zu seinem<br />

Nachbarn, dem Metzger, <strong>und</strong> bezahlt<br />

seine Schulden. Der Metzger wiederum<br />

nimmt die 100 Euro, läuft die Straße<br />

hinunter <strong>und</strong> bezahlt den Bauern. Der<br />

Bauer nimmt die 100 Euro <strong>und</strong> bezahlt<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Kommentare<br />

seine Rechnung bei seiner Stamm -<br />

kneipe. Der Wirt schiebt den Schein zu<br />

einer an der Theke sitzenden Prosti -<br />

tuierten, welcher der Wirt einige Nächte<br />

auf Kredit gewährt hat. Die Dame des<br />

horizontalen Gewerbes wiederum eilt<br />

zum Hotel <strong>und</strong> bezahlt ihre ausstehenden<br />

Zimmerrechnungen mit den 100<br />

Euro.<br />

Der Hotelier legt den Schein wieder<br />

zurück auf den Tresen. In diesem<br />

Moment kommt der Reisende die<br />

Treppe herunter, nimmt seinen<br />

Geldschein zurück, da ihm keines der<br />

Zimmer gefallen hat <strong>und</strong> geht. In dieser<br />

Geschichte werden mit dem minimalen<br />

Einsatz von 100 j, einer Bürgschaft<br />

vergleichbar, in kürzester Zeit 500 j<br />

Schulden getilgt. Könnte sich das<br />

Schuldenproblem auf diese Weise lösen<br />

lassen? Theoretisch schon, aber nur<br />

dann, wenn viele Schuldner gleichzeitig<br />

auch Gläubiger sind. Das ist in der<br />

Schuldenkrise jedoch nur in der<br />

Realwirtschaft der Fall, nicht an den<br />

Kapitalmärkten.<br />

Das Kapital häuft sich aber immer mehr<br />

bei immer weniger Superreichen, während<br />

die Armen immer ärmer werden.<br />

Ein Beispiel aus der aktuellen<br />

Goldstudie der Erste Bank Research:<br />

Verdiente ein Vorstandschef 1980 noch<br />

24-mal so viel wie ein Arbeiter, so liegt<br />

das Chef-Einkommen aktuell beim<br />

425-fachen des durchschnittlichen Loh -<br />

nes. Was aber macht der Vorstandschef<br />

mit den Einnahmen, die er als Mensch<br />

nicht verbrauchen kann? Richtig – er<br />

legt sie mit höchstem (=spekulativem)<br />

Ertrag an <strong>und</strong> stärkt damit die weltweite<br />

Spekulation, auch die Spekulationen<br />

gegen die gutgemeinten EU-Hilfs aktio -<br />

nen für Griechenland.<br />

Ein Mehr an Verteilungsgerechtigkeit<br />

des real Erwirtschafteten würde die<br />

Spekulation eingrenzen. In der Volks -<br />

wirtschaft Griechenland fehlt es z. B.<br />

auch an einem Steuersystem, das die<br />

Großverdiener <strong>und</strong> -eigentümer angemessen<br />

an der Finanzierung des Staates<br />

beteiligt. Und sollte man das ernsthaft<br />

anstreben, würden sie ihr Geld ins<br />

Ausland verlagern <strong>und</strong> damit wieder<br />

die Spekulation anheizen. Die Spirale<br />

dreht sich weiter.<br />

Jörg Hebsacker ■<br />

Bündnis zur Tarifeinheit gescheitert. DGB gibt gesetzliche Regelung auf<br />

Der Deutsche Gewerkschaftsb<strong>und</strong><br />

(DGB) <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esvereinigung der<br />

deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)<br />

haben im Frühjahr 2010 eine gemeinsame<br />

Gesetzesinitiative be grün det, mit der<br />

auf die neue Recht sprechung des<br />

B<strong>und</strong>esarbeits gerichtes zur Tarifeinheit<br />

im Betrieb reagiert werden sollte. (siehe<br />

u.a. ausführlicher Bericht in der DAZ<br />

03/<strong>2011</strong>). Nachdem die Gewerkschaft<br />

verdi unmittelbar nach unserem letzten<br />

Redaktionsschluss in ihrem Gewerk -<br />

schaftsrat beschlossen hatte, dass dieses<br />

Aktionsbündnis von ihr nicht mehr<br />

unterstützt wird, hat sich ihr jetzt auch<br />

der DGB offiziell angeschlossen <strong>und</strong><br />

wird die gemeinsame Gesetzesinitiative<br />

mit den Arbeit gebern nicht weiter verfolgen.<br />

Für die <strong>DHV</strong> ist diese Nachricht eine<br />

gute Nachricht. Damit wird es deutlich<br />

unwahrscheinlicher, dass sich der<br />

Gesetzgeber mit dieser verfassungsrechtlich<br />

heiklen Frage noch länger<br />

ernsthaft befasst.<br />

Die <strong>DHV</strong> kann mit der bestehenden<br />

Rechtsprechung gut leben. Da wir die<br />

Tarifeinheit auf dem Verhandlungs wege,<br />

also auf freiwilliger Basis anstreben,<br />

ändert sich nichts für unsere Ver -<br />

handlungsstrategien. Wir müssen uns<br />

auch nicht mit möglichen Vor würfen<br />

auseinandersetzen, dass wir alleine<br />

Partikularinteressen von klei nen Berufs -<br />

gruppen in Tarifver hand lungen vertreten<br />

würden. Die <strong>DHV</strong> sieht sich in ihrer<br />

tarifpolitischen Zielsetzung durch die<br />

Aufgabe einer Gesetzes änderung durch<br />

die gewerkschaftliche Konkur renz<br />

bestätigt.<br />

gs ■<br />

Schullandschaft in Deutschland wird noch <strong>und</strong>urchsichtiger<br />

Es wird nicht einfacher für schulpflich -<br />

tige Kinder, wenn die Eltern in ein anderes<br />

B<strong>und</strong>esland umziehen. Die Schul -<br />

landschaft wird in Deutschland immer<br />

vielfältiger. Die Qualität der Abschlüsse<br />

hingegen sinkt weiter. Die nordrhein-west -<br />

fälische Landes regie rung hat sich nun mit<br />

der CDU-Opposition auf einen Schul -<br />

kompromiss geeinigt. In der Folge wird<br />

es fünf statt bislang vier weiterführende<br />

Schularten in diesem B<strong>und</strong>esland geben.<br />

In Baden-Württemberg hat erst vor<br />

einem Jahr die damalige Landes regie -<br />

rung unter CDU-Führung die Werk -<br />

realschule eingeführt. Die grün-rote<br />

Landesregierung hat nun angekündigt<br />

ein neues Schulkonzept durchzusetzen,<br />

bei dem Haupt- <strong>und</strong> Realschule zusam -<br />

mengelegt werden sollen.<br />

Wenn das so weitergeht, dann gibt es<br />

erstens keine Konstanz mehr in den<br />

Schulabschlüssen <strong>und</strong> die Vergleich -<br />

barkeit der Abschlüsse zwischen den<br />

B<strong>und</strong>esländern wird alsbald überhaupt<br />

nicht mehr gegeben sein. Bildungs -<br />

föderalismus ist schön. Wenn er, wie<br />

derzeit, aber dazu führt, dass keinerlei<br />

Koordinierung für eine b<strong>und</strong>esweite<br />

Vergleichbarkeit der Abschlüsse stattfindet,<br />

dann ist er nicht mehr wünschenswert.<br />

Gunter Smits ■<br />

19


Betriebsratsseminare<br />

Gr<strong>und</strong>lagenseminare für Betriebsräte<br />

Arbeitsrecht I<br />

Begründung, Ausfüllung <strong>und</strong><br />

Beendigung eines Arbeitsverhältnisses<br />

Termin: 14.09.11–16.09.11<br />

Ort: Hüfingen-Fürstenberg<br />

(bei Donaueschingen)<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Aufbauseminare für Betriebsräte<br />

JAV-Aufbauseminar<br />

Termin: 14.09.11–16.09.11<br />

Ort: Bamberg<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

JAV-Aufbauseminar<br />

Termin: 19.09.11–21.09.11<br />

Ort: Willingen<br />

Bildungsstätte NRW<br />

Betriebsverfassungsrecht <strong>und</strong><br />

Arbeitsrecht für Fortgeschrittene<br />

Termin: 19.09.11–23.09.11<br />

Ort: Willingen<br />

Bildungsstätte NRW<br />

Arbeitsrecht II<br />

Die wichtigsten Arbeitsgesetze im<br />

Überblick<br />

Termin: 23.09.11–25.09.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates<br />

Termin: 05.10.11 - 07.10.11<br />

Ort: Regensburg<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates<br />

Termin: 19.10.11–21.10.11<br />

Ort: Würzburg<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates<br />

Termin: 19.10.11–21.10.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

BR-Wissen für Profis<br />

Neue Arbeitsgesetze <strong>und</strong> aktuelle<br />

Rechtsprechung<br />

Termin: 17.10.11–20. 10.11<br />

Ort: Treis-Karden / Pfalz<br />

Bildungsstätte<br />

Rheinland-Pfalz/Saar<br />

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates<br />

Termin: 19.10. 11–21.10.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates<br />

Termin: 09.11.11–11.11.11<br />

Ort: Wensickendorf<br />

Bildungsstätte Berlin<br />

20<br />

Seminare<br />

Betriebs- <strong>und</strong> Personalrats-Seminare im 2. Halbjahr <strong>2011</strong><br />

Fachseminare für Betriebsräte<br />

Wirtschaftsausschuss<br />

Termin: 19.09.11–22.09.11<br />

Ort: Dahn / Pfalz<br />

Bildungsstätte<br />

Rheinland-Pfalz / Saar<br />

Betriebsvereinbarungen<br />

Termin: 26.10. 11–28.10.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Arbeitnehmerdatenschutz<br />

Termin: 23.11.11–25.11.11<br />

Ort: Würzburg<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

Arbeitsrecht II<br />

Die wichtigsten Arbeitsgesetze im<br />

Überblick<br />

Termin: 23.11. 11–25.11.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Termin: 31.10.11–04.11.11<br />

Ort: Bad Zwischenahn<br />

Bildungsstätte Nordwest<br />

(Bremen)<br />

BR-Wissen kompakt<br />

Termin: 30.11.11–02.12.11<br />

Ort: Nürnberg<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

Spezialseminare für Betriebsräte<br />

Betriebs-/Personalversammlung:<br />

Rhetorik, Kommunikation<br />

Termin: 28.09.11–30.09.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Handel im Wandel<br />

Neues im Arbeits- <strong>und</strong> Tarifrecht<br />

Termin: 05.10.11–06.10.11<br />

Ort: Willingen<br />

Bildungsstätte NRW<br />

Mobbing<br />

Termin: 12.10.11–14.10.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Geschäfts- <strong>und</strong> Schriftführung des<br />

Betriebsrates<br />

Termin: 09.11.11–11.11.11<br />

Ort: München<br />

Bildungsstätte Bayern<br />

Arbeitsrecht aktuell<br />

Neue Arbeitsgesetze <strong>und</strong> aktuelle<br />

Rechtsprechung<br />

Termin: 30.11.11–02.12.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Arbeitsrecht aktuell<br />

Neue Arbeitsgesetze <strong>und</strong> aktuelle<br />

Rechtsprechung<br />

Termin: 14.12.11–16.12.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Personalratsseminare<br />

Aufbauseminare für Personalräte<br />

Seminar nach dem LPVG Baden-<br />

Württemberg:<br />

Die Beteiligungsrechte als Personalrat<br />

Termin: 16.11.11–18.11.11<br />

Ort: Hüfingen-Fürstenberg<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Arbeitsrecht II<br />

Die wichtigsten Arbeitsgesetze im<br />

Überblick<br />

Termin: 23.11. 11–25.11.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Fachseminare für Personalräte<br />

TVöD Eingruppierungsrecht<br />

Termin: 05.10.11 – 07.10.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Arbeitsrecht aktuell<br />

Neue Arbeitsgesetze <strong>und</strong> aktuelle<br />

Rechtsprechung<br />

Termin: 30.11.11–02.12.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Arbeitsrecht aktuell<br />

Neue Arbeitsgesetze <strong>und</strong> aktuelle<br />

Rechtsprechung<br />

Termin: 14.12.11–16.12.11<br />

Ort: Elzach-Oberprechtal<br />

Bildungsstätte Südwest<br />

Deutsche<br />

Angestellten<br />

Zeitung<br />

Herausgeber:<br />

<strong>DHV</strong> – Die Berufsgewerkschaft im CGB (Sitz Hamburg)<br />

Droopweg 31, 20537 Hamburg<br />

Schriftleitung: Jörg Hebsacker (he)<br />

Mitarbeit: Lucas Breuckmann (LBr), Hening Röders (rö),<br />

Gunter Smits (gs), Klaas Kuhlmann, Anne Kiesow (ak),<br />

Michael Schulz<br />

Verlag <strong>und</strong> Anzeigenverwaltung:<br />

<strong>DHV</strong>-Dienstleistungs GmbH<br />

Telefon: (0 40 ) 63 28 020<br />

Telefax: (0 40 ) 63 28 0218<br />

eMail: GmbH@dhv-cgb.de<br />

Internet: www.dhv-cgb.de<br />

Satz: Copy-Druck GmbH, Hamburg<br />

Druck: WL-Druck, Seevetal<br />

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />

Bezugspreis:<br />

Für <strong>DHV</strong>-Mitglieder durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />

Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 6 vom 1. Juli 2003.<br />

■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Bonus für treue Aktionäre?<br />

Wenn Politiker sich zur Börse äußern,<br />

kommt selten etwas Gescheites heraus.<br />

So möchte die Regierungskoalition<br />

doch tatsächlich durchsetzen, dass<br />

langjährige Aktionäre eine höhere<br />

Dividende bekommen als eher kurzfristig<br />

agierende Anleger – ganz so, wie<br />

man es von klassischen Bank spar -<br />

plänen kennt: mit steigender Einzah -<br />

lungsdauer klettert hier die Verzinsung<br />

(bzw. Bonus). Die Folge: treue Prä -<br />

miensparer, keine habgierigen Speku -<br />

lanten. So etwas wünscht sich mancher<br />

Volksvertreter auch für den Aktien -<br />

markt. Über die praktische Um setz -<br />

barkeit oder die logischen Folgen hat<br />

man sich wohl keine Gedanken gemacht.<br />

Denn Dividenden sind etwas<br />

komplett anderes als Zinszahlungen!<br />

So ist es den Politikern entgangen, dass<br />

es an der Börse einen Dividen den ab -<br />

schlag gibt. Am Tag der Ausschüttung<br />

verringert sich der Aktienkurs in der<br />

Regel um den Betrag der Dividende.<br />

Das ist logisch: Zahlt ein Unternehmen<br />

wie Daimler für 2010 eine Dividende<br />

von 1,85 Euro je Aktie, bedeutet das einen<br />

Geldabfluss von r<strong>und</strong> 2 Mrd. Euro.<br />

Den Umgang mit Geld lernen<br />

Im Mittelpunkt der aktuellen Bil -<br />

dungspolitik stehen die Schulre for men,<br />

an die Bildungsinhalte scheint man wenig<br />

zu denken, obwohl sie das eigentliche<br />

Ziel jeglicher Bildungs aufgabe<br />

sind: Wie bereiten wir unsere Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugend lichen auf das wirkli che<br />

Leben vor? Ein Aspekt dazu sei hier angesprochen.<br />

Auch wenn man nicht dem Gr<strong>und</strong> satz<br />

huldigt, dass Geld die Welt regiert,<br />

kommt man nicht um die Feststellung<br />

herum, dass richtiger Umgang mit Geld<br />

Fünf Billionen Euro!<br />

Noch nie zuvor hatten die Deutschen so viel<br />

Geld auf der hohen Kante liegen wie heute:<br />

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung stiegen<br />

im vergangenen Jahr auch die<br />

Ersparnisse der Deut schen – <strong>und</strong> zwar auf<br />

Rekordniveau. Das Geldvermögen der privaten<br />

Haus halte summierte sich Ende 2010<br />

auf 4,93 Billionen Euro, ein Plus von 5 %<br />

gegenüber dem Vorjahr, wie der Bun -<br />

desverband <strong>Deutscher</strong> Banken mitteilte.<br />

Zwei Drittel (66 %) des Vermögens ruhten<br />

klassisch auf einem Bankkonto, waren<br />

Bargeld oder Geldanlagen bei<br />

Versicherungen. Nur 5 % der Erspar nisse<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Aktionärvereinigung<br />

Dieses Geld befindet sich nicht mehr<br />

auf den Konten von Daimler, sondern<br />

auf jenen der Aktionäre. Daimler ist<br />

2 Mrd. Euro weniger wert als vor der<br />

Dividendenzahlung. Genau dieser<br />

Sach verhalt kommt im Dividen den -<br />

abschlag zum Ausdruck.<br />

Was würde passieren, wenn Daimler<br />

die Dividende – wie vorgeschlagen –<br />

proportional zur Haltedauer verteilte?<br />

Wer den Titel zwei Jahre im Depot hat,<br />

kassiert 2 Euro je Aktie; Anleger, die<br />

bereits fünf Jahre investiert sind, erhalten<br />

2,30 Euro; wer erst sechs Monate<br />

dabei ist, bekommt nur 80 Cent; Neu -<br />

einsteiger vielleicht überhaupt nichts.<br />

Unterm Strich mag die Dividen den -<br />

summe immer noch bei 2 Mrd. Euro<br />

liegen. Folgerichtig müsste der<br />

Daimler-Konzern nach der Aus schüt -<br />

tung an der Börse um exakt diesen<br />

Betrag weniger wert sein; bei<br />

1,07 Milliarden existierenden Aktien<br />

bedeutet das einen Abschlag von 1,85<br />

Euro je Aktie. Das wäre ein schlechtes<br />

Geschäft für neue Daimler-Aktionäre:<br />

0,80 j Dividende, aber 1,85 j Dividen -<br />

denabschlag! Wer würde da noch<br />

eine Gr<strong>und</strong> voraussetzung des Lebens<br />

ist. Geld verdienen <strong>und</strong> maßvoll wieder<br />

auszugeben <strong>und</strong> die Kon trolle darüber<br />

zu behalten, ist praktische Lebens vor -<br />

bereitung. Wichtig ist, dass Abituri -<br />

enten nicht nur Integ ralrechnung oder<br />

Logarithmen beherrschen, sondern<br />

auch Drei satz <strong>und</strong> Zinses zinsrechnung.<br />

Das gilt auch für Haupt-, Real - <strong>und</strong><br />

Gesamtschüler.<br />

Zur Lebensvorbereitung gehört auch<br />

die Frage, was man mit dem Geld<br />

macht, dass man gerade nicht zur<br />

wurden in Aktien investiert – obwohl die<br />

Börsenkurse stiegen <strong>und</strong> das<br />

Aktienvermögen dadurch um 20 % zunahm.<br />

Vor 50 Jahren, zu Zeiten eines deutlich<br />

niedrigeren Wohlstandsniveaus als heute,<br />

lag der Aktienanteil am Geldvermögen<br />

laut Bankenverband noch bei über 20 %!<br />

Eine Studie der Bank of Scotland betätigt<br />

die Deutschen als Spar-Welt meister. Über<br />

ihr Anlageverhalten stellt sie ihnen aber ein<br />

schlechtes Zeugnis aus. Jeder Vierte weiß<br />

nicht, wie viele Zinsen er für seine<br />

Sparanlagen erhält. Und relativ viele Sparer<br />

Dividendentitel kaufen? Das kann nicht<br />

im Sinne des Erfinders sein <strong>und</strong> wäre<br />

eine weitere Beschädigung der<br />

Aktienkultur in Deutschland, die mit<br />

dem Vorschlag doch verbessert werden<br />

soll.<br />

Eigentlich will die B<strong>und</strong>esregierung<br />

das Spekulantentum bekämpfen <strong>und</strong><br />

langfristige Aktienanleger begünstigen.<br />

Das ist richtig! Sollte die B<strong>und</strong>es regie -<br />

rung ihre politische Absicht ernst nehmen,<br />

gäbe es einen ganz einfachen<br />

Weg, der garantiert zum Erfolg führt:<br />

➤ Abschaffung der Abgeltungssteuer<br />

<strong>und</strong><br />

➤ Verzicht auf die Versteuerung<br />

langfristiger Kursgewinne (das sind<br />

nämlich keine Spekulations -<br />

gewinne).<br />

Dies würde die langfristige Aktien -<br />

anlage garantiert mehr fördern, als das<br />

jetzt angedachte Durcheinander unterschiedlicher<br />

Dividenden.<br />

Jörg Hebsacker ■<br />

Vorsitzender der <strong>DHV</strong>-<br />

Aktionärvereinigung<br />

Deckung des unmittel baren Lebens -<br />

unterhalts benötigt – um die Geld -<br />

anlage. Die Deutschen sparen demnach<br />

wie die Weltmeister, vom Geld anlegen<br />

verstehen sie in der Mehrheit aber<br />

nichts.<br />

Ich wünsche mir Anleger, die Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteile abwägen, ihre Entschei dun -<br />

gen treffen <strong>und</strong> damit hoffent lich eine<br />

ordentliche Rendite er zielen können.<br />

Jörg Hebsacker ■<br />

kennen nicht einmal die gesetzliche<br />

Einlagen siche rung. Das beliebteste Produkt<br />

ist <strong>und</strong> bleibt wie zu Omas Zeiten das Spar -<br />

buch, auch wenn es dafür nur mickrige<br />

Renditen von 0,2 bis 0,5 % gibt. Aus<br />

Unsicherheit <strong>und</strong>/oder Unwissenheit verschenken<br />

die Bürger jedes Jahr viel Geld.<br />

Der Fondsverwalter Fidelity hat einmal berechnet,<br />

dass die Deutschen bei einer besseren<br />

Geldanlage 27 Mrd. Euro mehr Rendite<br />

erzielen könnten!<br />

he ■<br />

21


In der Bevölkerung rumort es, da die<br />

Erwartungen von der Politik in vielen<br />

Bereichen nicht erfüllt werden. Der<br />

schwarz-gelbe Wahlerfolg 2009 war<br />

von Versprechungen, wie Steuer reform<br />

(Abbau der „kalten Pro gres sion”) oder<br />

Abbau der Bürokratie beflügelt.<br />

Stattdessen folgt die Fortsetzung des<br />

Marsches in den Regulierungsstaat,<br />

Energiewende, Rente mit 67, eine verkorkste<br />

Ges<strong>und</strong>heitsreform, nach der<br />

künftige Beitragserhöhungen nur<br />

noch von Arbeitnehmern geschultert<br />

werden müssen. Die Verunsicherung<br />

um den Euro, die Risiken der<br />

Griechenland-Hilfe, der Wegfall des<br />

Zivildienstes wegen der B<strong>und</strong>es -<br />

wehrreform <strong>und</strong> dessen Ersetzung<br />

22<br />

CGB<br />

CGB-B<strong>und</strong>esvorsitzender Matthäus Strebl:<br />

Politik darf nicht nur vom Zeitgeist bestimmt werden<br />

CGB zu Gast bei der CDA<br />

Neben vielen prominenten Gästen aus<br />

Politik, Gewerkschaften <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

wurden auch die B<strong>und</strong>es geschäfts -<br />

führerin des CGB, Anne Kiesow, <strong>und</strong><br />

der CGB-Generalsekretär Christian<br />

Hertzog als offizielle Vertreter des<br />

CGB auf der 34. CDA-B<strong>und</strong>estagung<br />

Ende Mai <strong>2011</strong> in Berlin begrüßt.<br />

Das Motto der B<strong>und</strong>estagung „sozial.gerecht.<br />

Arbeit in Würde – Alter in<br />

Würde“ war zugleich Titel des Leit -<br />

antrags, der von den Delegierten diskutiert<br />

<strong>und</strong> verabschiedet wurde. Kern -<br />

punkt der Diskussion war die Frage,<br />

wie Arbeit <strong>und</strong> Arbeitsleben menschenwürdig<br />

gestaltet werden können <strong>und</strong><br />

wie sich daraus ein würdevoller Ruhe -<br />

stand gestalten <strong>und</strong> finanzieren lässt.<br />

Die zahlreichen aktiven Dele gierten aus<br />

den Reihen des CGB beteiligten sich<br />

durch einen gutgemeinten Frei wil -<br />

ligendienst, dem jedoch die Frei -<br />

willigen fehlen: Die negativ bewerteten<br />

Politikfelder überlagern, dass die<br />

große Wirtschaftskrise relativ gut gemeistert<br />

wurde <strong>und</strong> Deutschland wieder<br />

zur Wirtschaftslokomotive Euro -<br />

pas wurde.<br />

Der Unmut der Menschen wird durch<br />

eine demoskopiegesteuerte Regie -<br />

rungs weise verstärkt. Eine Politik, die<br />

stark auf Umfragen schielt, die ihr<br />

Handeln an der öffentlichen bzw. der<br />

veröffentlichen Meinung ausrichtet,<br />

kann nur scheitern, weil sie die vorhandenen<br />

Probleme nicht in der Sache<br />

löst, von einer ordnungspolitischen<br />

Linie ganz zu schweigen.<br />

lebhaft an dieser Diskussion, denn auch<br />

im CGB beobachtet man die Zunahme<br />

der Altersarmut mit Sorge. Konsequen -<br />

terweise vertraten die CGB-Vertreter<br />

die Meinung, dass Arbeitnehmer nach<br />

45 Beitragsjahren abschlagsfrei in<br />

Rente gehen können – auch <strong>und</strong> gerade<br />

schon vor dem 65. Lebensjahr. Es ist erfreulich,<br />

dass CGB <strong>und</strong> CDA in dieser<br />

Frage einer Meinung sind.<br />

Auf der B<strong>und</strong>estagung wurde auch der<br />

CDA-B<strong>und</strong>esvorstand neu gewählt.<br />

Alter <strong>und</strong> neuer B<strong>und</strong>esvorsitzender ist<br />

Karl-Josef Laumann, derzeitig CDU-<br />

Fraktionsvorsitzender im Landtag von<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Zum 1. Stellvertreter wurde Christian<br />

Bäumler aus Baden-Württemberg gewählt.<br />

Er löst Gerald Weiß ab, der zum<br />

Ehrenvorsitzenden gewählt wurde. Als<br />

52. ADM-B<strong>und</strong>esverbandstag in Brandenburg<br />

Vom 25. bis 28. Mai <strong>2011</strong> fand in Cott -<br />

bus der 52. B<strong>und</strong>esverbandstag des<br />

ADM (Arbeitnehmerverband deutscher<br />

Milchkontroll- <strong>und</strong> Tierzucht bediens -<br />

teter) statt. Der ADM-B<strong>und</strong>es vorsitzende<br />

Sönke Clasen konnte neben den Dele -<br />

gierten, auch zahlreiche Eh ren gäste aus<br />

Verbänden, Politik <strong>und</strong> Wirtschaft willkommen<br />

heißen, darunter auch die<br />

B<strong>und</strong>esvorsitzenden der christ lichen<br />

Schwestergewerkschaften <strong>DHV</strong>, Gunter<br />

Smits, sowie der CGPT, Ulrich Bösl.<br />

Vom CGB waren die B<strong>und</strong>es ge -<br />

schäftsführerin Anne Kiesow <strong>und</strong> Gene -<br />

ralsekretär Christian Hertzog gekom-<br />

men. In seinem Grußwort hob Hertzog<br />

die Bedeutung des ADM für den CGB<br />

hervor <strong>und</strong> würdigte ihre engagierte <strong>und</strong><br />

erfolgreiche gewerkschaftliche Arbeit.<br />

Der ADM-B<strong>und</strong>esvorsitzende Sönke<br />

Clasen wurde für eine weitere Amtszeit<br />

wie der gewählt, ebenso wie sein Stell -<br />

vertreter Jürgen Thiele <strong>und</strong> das Vor -<br />

standsmitglied Sabine Hopp. Das langjährige<br />

geschäftsführende Vorstands -<br />

mit glied Wolfgang Jazosch schied altershalber<br />

aus; als Nachfolger wurde<br />

Manfred Regele aus Baden-Würt -<br />

temberg in den Vorstand gewählt.<br />

■<br />

Es ist nicht zu fragen, was ankommt,<br />

sondern worauf es ankommt. Und wer<br />

dem Zeitgeist nachläuft, der wird in<br />

der Politik schnell Witwer sein. Wer<br />

glaubt, er sei „alternativlos”, der irrt<br />

gewaltig, Alternativen gibt es immer<br />

<strong>und</strong> für alles. Eine Partei <strong>und</strong> ihre<br />

Politiker müssen stattdessen einen<br />

„Markenkern“ haben.<br />

Der CGB fordert daher mehr Ver -<br />

lässlichkeit, Berechenbarkeit <strong>und</strong> Be -<br />

ständigkeit in der Politik, damit der<br />

Wählerauftrag im Sinne der Eides -<br />

formel – „zum Wohle des Volkes <strong>und</strong><br />

Schaden vom Deutschen Volk abwenden...“<br />

– ausgeführt wird.<br />

■<br />

weitere Stellvertreter sind Staats -<br />

sekretär Dr. Ralf Brauksiepe MdB, Elke<br />

Hannack, Alexander Krauß MdL, Dr.<br />

Max Matthiesen MdL, Ingrid Sehr -<br />

brock <strong>und</strong> Dr. Matthias Zimmer MdB<br />

gewählt worden. Der CGB freut sich<br />

besonders über die Wiederwahl des<br />

GÖD-Mitglieds Monika Sturm in den<br />

CDA B<strong>und</strong>esvorstand.<br />

Der CGB gratuliert allen gewählten<br />

CDA-Vorstandsmitgliedern zu ihrer<br />

Wahl <strong>und</strong> wünscht ihrer politischen<br />

Arbeit für die Arbeitnehmerschaft viel<br />

Erfolg.<br />

■<br />

Wahlerfolg bei der<br />

Telegate AG<br />

Bei den kürzlich stattgef<strong>und</strong>enen Auf -<br />

sichtsratswahlen bei der Telegate AG<br />

konnte die Christliche Gewerk schaft<br />

Post service <strong>und</strong> Telekom munikation<br />

(CGPT) beide Gewerk schafts sitze gewinnen.<br />

Auf der CGPT-Gewerkschaftsliste<br />

wurden Ilona Rosenberg <strong>und</strong> Silke Lich -<br />

ner in den Telegate-Aufsichtsrat gewählt.<br />

Mit der Wahl der Rostocker Be triebs -<br />

ratsvorsitzenden Anett Kaczo rak als<br />

Arbeit nehmervertreterin in den Auf -<br />

sichts rat der Telegate AG verbuchte die<br />

CGPT für ihr Mitglied einen weiteren<br />

Wahlerfolg. Damit gehört die Hälfte aller<br />

Arbeitneh mer vertreter in diesem Un -<br />

ternehmen der CGPT an.<br />

■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>


Seit 2005 sind Rentner nicht nur für die<br />

laufenden gesetzlichen Rentenbezüge<br />

sozialversicherungspflichtig, sondern<br />

über eine komplizierte Errechnungs -<br />

methode auch für Kapitalleistungen aus<br />

Direktversicherungen <strong>und</strong> Pensions kas -<br />

sen, <strong>und</strong> zwar unabhängig davon, ob eine<br />

Einmalzahlung oder eine monatliche<br />

Leistung vereinbart sind. Die anfallenden<br />

Sozialabgaben können dann in der<br />

Steuererklärung als Sonderausgaben<br />

ab gesetzt werden.<br />

Seit 2005 besteht für alle Einkünfte von<br />

Rentnern Einkommenssteuerpflicht.<br />

Das ist vielen Rentnern immer noch<br />

nicht bewusst (wir hatten schon mehrfach<br />

darauf hingewiesen). Zwar haben<br />

die Finanzämter bis 2009 <strong>und</strong> 2010 wenig<br />

unternommen, um die Rentner zu<br />

informieren oder gar an die fälligen<br />

Steuern heranzukommen. Das lag daran,<br />

dass sie dazu weder die technischen<br />

noch personellen Voraussetzungen hatten.<br />

Der Anspruch auf die Steuern<br />

bleibt jedoch bestehen. Und jetzt sind<br />

die Finanzämter <strong>und</strong> damit auch die betroffenen<br />

Rentner dran!<br />

Die Einführung der Steueridentifi ka -<br />

tionsnummer ermöglicht den gläsernen<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong><br />

Forum<br />

Rentenbesteuerung <strong>und</strong> Sozialabgaben für Kapitalleistungen<br />

Lohnsteuerkarte 2010<br />

gilt auch noch für <strong>2011</strong><br />

Die Lohnsteuerkarte 2010 behält für<br />

den Übergangszeitraum ab <strong>2011</strong> bis<br />

zur erstmaligen Anwendung der elek -<br />

tronischen Lohnsteuerabzugs merk -<br />

male (vor aus sichtlich zum 1.1. 2012)<br />

ihre Gül tigkeit. Nachdem nun auch<br />

das Projekt ELENA gestoppt wurde,<br />

bleibt sie vielleicht sogar noch länger<br />

gültig. Daraus ergeben sich Konse -<br />

quenzen für die Praxis:<br />

Arbeitgeber<br />

Die Lohnsteuerkarte 2010 darf nicht<br />

vernichtet werden. Die Eintragungen<br />

auf der Lohnsteuerkarte sind auch für<br />

den Lohnsteuerabzug <strong>2011</strong> zugr<strong>und</strong>e<br />

zu legen.<br />

Bei einem Wechsel des Arbeitgebers<br />

sollte der bisherige Arbeitgeber eine<br />

Fotokopie der an den Arbeitnehmer<br />

auszuhändigenden Lohnsteuerkarte<br />

2010 zu den Akten nehmen.<br />

Wird <strong>2011</strong> erstmalig eine LST-Karte<br />

benötigt, stellt das Finanzamt eine<br />

Ersatzbescheinigung aus, die die<br />

LST-Karte ersetzt. Eine Ausnahme<br />

besteht für ledige Arbeitnehmer, die<br />

Rentner. Über sie wird elektronisch zusammengetragen,<br />

was deutsche Ruhe -<br />

ständler an Altersbezügen aus verschiedensten<br />

Quellen <strong>und</strong> als Kapital leis -<br />

tungen seit 2005 erhalten haben. Alle<br />

Rentenversicherungsträger, Pensions -<br />

kassen, betriebliche Altersvorsorgeein -<br />

richtungen, Banken, Sparkassen, Le -<br />

bens versicherungen usw. melden an eine<br />

zentrale Stelle die von ihnen gegenüber<br />

Rentnern erbrachten Leistungen.<br />

Von dieser zentralen Stelle werden,<br />

wieder auf elektronischem Wege, die<br />

für die Rentner zuständigen Finanz -<br />

ämter informiert. Diese tragen jetzt alle<br />

Fakten zusammen <strong>und</strong> stellen fest, welche<br />

Rentner steuerpflichtig werden. Sie<br />

erhalten eine Art „blauen Brief“ mit der<br />

Aufforderung, eine Steuererklärung abzugeben,<br />

obwohl deutsche Bürger, also<br />

auch Rentner, eigenverantwortlich zur<br />

Abgabe einer persönlichen Einkom -<br />

menssteuererklärung verpflichtet sind.<br />

Ergibt sich aus der Einkommens -<br />

steuererklärung, dass auf Gr<strong>und</strong> dauerhafter<br />

Einkommensverhältnisse keine<br />

Steuerpflicht besteht, wird der Rentner<br />

von der Pflicht zur Abgabe einer<br />

Einkommenssteuererklärung befreit.<br />

ein Ausbildungsverhältnis beginnen.<br />

Hier soll eine Erklärung des<br />

Arbeitnehmers ausreichen, die zum<br />

Lohnkonto zu nehmen ist.<br />

Arbeitnehmer<br />

Änderungen der Lohnsteuerabzugs -<br />

merk male nehmen ausschließlich die<br />

zuständigen Finanzämter vor.<br />

Wird im Jahr <strong>2011</strong> erstmals eine<br />

Lohnsteuerkarte benötigt, wird vom<br />

zuständigen Finanzamt eine Ersatz -<br />

be scheinigung ausgestellt, die dem<br />

Ar beit geber zu übergeben ist.<br />

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre<br />

Lohnsteuerkarte 2010 ändern zu lassen,<br />

wenn die Eintragungen 2010 zu<br />

ihren Gunsten abweichen, z. B. bzgl.<br />

Steuerklasse nach Ehescheidung oder<br />

Wegfall von Kinderfreibeträgen.<br />

Verringern sich die eingetragenen<br />

Frei beträge, z. B. durch Wegfall von<br />

Werbungskosten gegenüber 2010,<br />

kann ebenfalls eine Korrektur beantragt<br />

werden, um Nachzahlungen zu<br />

vermeiden.<br />

■<br />

Ohne diese Befreiung muss er weiterhin<br />

eine jährliche Einkommens -<br />

steuererklärung abgeben, auch wenn<br />

gar keine Einkommenssteuer entstanden<br />

war.<br />

Die umfassende Steuerpflicht wurde<br />

2005 eingeführt, wenn auch bisher<br />

noch nicht überall umgesetzt. Wer nach<br />

den neuen Erkenntnissen der Finanz -<br />

ämter steuerpflichtig ist <strong>und</strong> bis jetzt<br />

noch keine Steuererklärung abgegeben<br />

hat, muss die Steuer in voller Höhe<br />

nachzahlen. Dazu kommen 6 % Zinsen,<br />

die für die Zeit ab dem 15. Monat nach<br />

dem Ende des Steuerjahres fällig werden:<br />

wer für das Jahr 2005 steuerpflichtig<br />

ist, muss ab März 2007 für die anfallenden<br />

Steuern Zinsen zahlen. Dazu<br />

kann das Finanzamt noch Versäum -<br />

niszuschläge wegen der verspäteten<br />

Steuer erklärungen verlangen. Teuer<br />

wird das allzumal.<br />

Strafverfahren oder eine Steuer fahn -<br />

dung haben Rentner üblicherweise<br />

nicht zu erwarten, es sei denn, ein<br />

Rentner hätte bewusst in größerem<br />

Umfang seine Steuerpflichten verletzt<br />

<strong>und</strong> Steuern hinterzogen. Ratschlag an<br />

alle Rentner: Unverzüglich eine<br />

Steuererklärung abgeben, soweit das<br />

zurück bis 2005 noch nicht geschehen<br />

ist. Steuerberater <strong>und</strong> Lohnsteuer -<br />

hilfevereine leisten dabei Hilfestellung.<br />

he ■<br />

Informationen zum<br />

Steuerrecht<br />

Die neuen Regelungen zur Besteue rung<br />

von Renten <strong>und</strong> steuerlichen Freistellung<br />

von Beiträgen zur Alters vor sorge gelten<br />

bereits seit 2005. Das Interesse an diesem<br />

Thema ist dennoch ungebrochen. Die<br />

Deutsche Ren ten versicherung hat daher<br />

weiterhin die Broschüre „Ver sicherte <strong>und</strong><br />

Rent ner: Informationen zum Steuer -<br />

recht” im Angebot. Sie bietet Rent nern,<br />

Ar beitnehmern <strong>und</strong> Selb stän di gen einen<br />

Überblick über das Thema.<br />

Die kostenlose Broschüre ist in der<br />

5. Auflage, Stand 9/2010 erschienen <strong>und</strong><br />

kann bei der DRB B<strong>und</strong> bezogen werden:<br />

E-Mail: redaktion-aktuell@drv-b<strong>und</strong>.de<br />

Telefon: 030-865-24536<br />

Fax: 030-865-27089<br />

Internet:<br />

www.deutsche-rentenversicherung-b<strong>und</strong>.de.<br />

■<br />

23


Deutsche Angestellten Zeitung<br />

Verlag: <strong>DHV</strong>-Dienstleistungs GmbH<br />

Postfach 261351, 20503 Hamburg<br />

Postvertriebsstück C 2223 F, Deutsche Post AG<br />

Entgelt bezahlt<br />

ISSN 0178-6717<br />

24<br />

Südafrika – Reise in ein faszinierendes Land<br />

Über kaum ein afrikanisches Land wurde in den vergangenen<br />

Jahrzehnten so viel geschrieben <strong>und</strong> berichtet wie Südafrika.<br />

Apartheid, Nelson Mandela, Fußball WM – wer kennt nicht<br />

diese Schlagwörter <strong>und</strong> den berühmten ersten schwarzen<br />

Präsidenten dieses Staates?<br />

Aber Südafrika kann man sich nicht erlesen oder im Fern -<br />

sehen sehen, man muss es bereisen. Nur so kann man einen<br />

Eindruck von diesem faszinierenden<br />

Land erhalten. Dieses<br />

Glück hatten wir während einer<br />

zweiwöchigen Familien r<strong>und</strong> -<br />

reise über Ostern dieses Jahres.<br />

Kapstadt die Perle am Atlan -<br />

tischen <strong>und</strong> Indischen Ozean<br />

Kapstadt ist eine Metropole, die<br />

w<strong>und</strong>erschön an zwei Ozeanen<br />

liegt <strong>und</strong> die eigentlich kaum<br />

dem Klischee einer afrikanischen<br />

Stadt entspricht. Kapstadt<br />

strahlt mit seiner Hafen pro -<br />

menade, dem Parlamentspark,<br />

den Einkaufs straßen <strong>und</strong> den<br />

Stränden eher ein europäisches,<br />

mediterranes Flair aus. Ein Muss<br />

ist der Besuch des Tafelbergs,<br />

der einen atemberaubenden<br />

Blick auf die Stadt, den At lan -<br />

tischen <strong>und</strong> den Indischen Ozean<br />

bietet. Dass Kapstadt eine der<br />

gefährlichsten Metropolen sein<br />

soll, ist – was zumindest die Hafenpromenade angeht – ein<br />

Gerücht. Jedenfalls war der Abendspaziergang auf der beliebten<br />

Flaniermeile mit den vielen Restaurants, dem Rie sen -<br />

rad <strong>und</strong> dem weltberühmten Aquarium nicht gefährlicher als<br />

in anderen europäischen Großstädten<br />

Verregnete Reise an Afrikas Südspitze<br />

Afrika, der Kontinent der Sonne, Wärme <strong>und</strong> der Trockenheit<br />

– diesem Ruf wurde unser Ausflug an das südliche Ende<br />

Afrikas nicht gerecht, im Gegenteil: Es regnete in Strömen,<br />

<strong>und</strong> die Temperatur betrug an diesem Tag nur r<strong>und</strong> 15 Grad.<br />

Es war halt ein Tag, der für den südafrikanischen Spätherbst<br />

durchaus als typisch gelten kann. Der guten Stimmung tat<br />

der Regen aber keinen Abbruch, zumal dieser nachließ, als<br />

wir am Kap der Guten Hoffnung die spektakuläre Aussicht<br />

auf die Ozeane genießen konnten.<br />

Wilde Tiere<br />

Ein Besuch einer der vielen Tierreservate ist Pflicht. Es muss<br />

nicht unbedingt der Krüger Nationalpark sein. Wir verbrachten<br />

drei herrliche Tage in einem kleinen, aber feinen Wild -<br />

reservat. Es ist ein großer Unterschied, Löwen, Nashörner,<br />

Leoparden <strong>und</strong> Elefanten im Zoo oder in der freien Natur zu<br />

erleben. Mit dem Jeep über Grasland zu fahren, einer<br />

Elefantenherde friedlich beim Grasen oder Löwen beim<br />

Jagen zuzusehen, das macht den Reiz Südafrikas aus. Dem<br />

kann sich keiner entziehen. In der Lodge arbeiteten Schwarze<br />

<strong>und</strong> Weiße gleichberechtigt zusammen. Die Leitungs funk -<br />

tion übte ein Schwarzer aus. Das ist ein gutes Beispiel für ein<br />

Zusammenarbeiten der beiden Rassen.<br />

Reise zwischen zwei Welten<br />

An einem Abend waren wir bei<br />

Bekannten zum Abendessen<br />

außer halb Kapstadts eingeladen.<br />

Auf dem Hinweg standen wir auf<br />

der Autobahn im Stau. Kilo me -<br />

terlang reihen sich die Elends -<br />

viertel außerhalb Kapstadts entlang<br />

der Autobahn. Die Kinder<br />

spielen neben der Straße Fußball.<br />

Welche Zukunft haben diese<br />

Kinder, die in solch armseligen<br />

Behausungen aufwachsen?<br />

Zu den Bekannten konnte unser<br />

Taxi nicht so einfach hinkommen.<br />

Die Siedlung kann nicht mit dem<br />

Navigationsgerät geortet werden.<br />

Am Eingang des mit hohen<br />

Mauern <strong>und</strong> Stacheldraht umgebenen<br />

Areals steht ein Wär terhaus<br />

mit Schlagbaum. Erst nach<br />

Aufnahme der Per so nalien, der<br />

Abfrage des Gr<strong>und</strong>es unseres Besuches <strong>und</strong> einem Telefonat<br />

mit unserem Gastgeber konnten wir den Schlagbaum pas -<br />

sieren – wie eine Grenzkontrolle in ein fremdes Land. Selbst<br />

innerhalb der Siedlung gibt es Häuser, die von Mauern<br />

umgeben sind. Viele Bewohner fühlen sich trotz Bewachung<br />

<strong>und</strong> Mauerumgrenzung der Siedlung nicht sicher. Da<br />

muss noch eine weitere Mauer um das Haus gebaut werden.<br />

Solche Siedlungen gibt es überall in Afrika. Es gibt kaum ein<br />

Haus, das nicht von einer hohen Mauer <strong>und</strong> Stacheldraht umgeben<br />

ist. Was für eine Zukunft hat das Land, wenn der<br />

Gegensatz zwischen arm <strong>und</strong> reich so groß <strong>und</strong> die Furcht<br />

vor Kriminalität allgegenwärtig ist?<br />

„Ich bin vorsichtig optimistisch“ – Das sagte unser Reise -<br />

führer am Ende der Reise als persönliche Einschätzung zur<br />

Zukunft des Landes. Hoffentlich behält er Recht. Diesem<br />

großartigen Land ist es wirklich zu wünschen. Afrika hat<br />

schon genug Krisenregionen. Südafrika muss sich in diese<br />

ungute Tradition nicht noch einreihen. Das Land ist zwar auf<br />

einem guten Weg, aus der Gefahrenzone ist es aber noch<br />

längst nicht heraus.<br />

Henning Röders ■<br />

DAZ 04/<strong>2011</strong>

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