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Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 04/2012

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Chirurg/-in und <strong>Chirurgie</strong><br />

Abschlusssysteme<br />

Der paradoxe Sphinkter und <strong>der</strong> allbekannte Sphinkter mit seinen Störungen.<br />

Über die Selbsthilfe des Organismus im Rahmen unserer Therapie am oberen<br />

und unteren Abschlusssystem<br />

Vortrag auf <strong>der</strong> Ehrensitzung in Berlin am 24. April <strong>2012</strong><br />

F. Stelzner, Bonn<br />

Heute wird uns die Medizin durch eine überwältigende Informationsflut<br />

<strong>für</strong> die Praxis nahegebracht. Sie umfasst 90% unserer<br />

<strong>Mitteilungen</strong>, diese werten und vergleichen. Nur 10% umfasst<br />

die kausale Erkenntnissuche (14). Forschung <strong>für</strong> die Praxis. Die<br />

Lebensbahn von Funktionen, die oft erst reifen und dann vergehen<br />

und die vom Organismus selbst versuchte Hilfe bei Störungen<br />

wird selten abgehandelt. Die informierende Praxis bleibt gerne<br />

beim Bewährten, obwohl gerade die chirurgische Tätigkeit bei<br />

Störungen am Erfolgsvorgang nicht immer befriedigt.<br />

Die leichte Verfügbarkeit einer alten Methode, die nie nachgeprüft<br />

o<strong>der</strong> irrig interpretiert, wird beibehalten, weil sie Gewohnheit geworden<br />

ist. Neues stört. Neben den Literaturangaben hier, können<br />

heute alle neuen Ansichten eines Autors über seinen Namen<br />

in seinen bebil<strong>der</strong>ten Arbeiten im Computer gefunden werden.<br />

Die Diskussion des Gewohnten geht weiter. Wie häufig und umfangreich<br />

Störungen sind, zeigt die sehr gründliche Untersuchung<br />

von Freys (4A) bei <strong>der</strong> weitverbreiteten Fundoplikatio.<br />

Der Sphinkter<br />

Als Grundmodell wird zu Beginn des Lebens ein verschlieûen<strong>der</strong><br />

Ringmuskel angelegt. Er wird zur Anpassung im Laufe <strong>der</strong> Entwicklung<br />

manchmal bis zur Unkenntlichkeit variiert. So kommen<br />

auch paradoxe Wirkungen, wie offen halten (Luftweg) o<strong>der</strong> auch<br />

Nahrung zu transportieren und entleeren (Ösophagus) o<strong>der</strong> die<br />

Entwicklung unserer Sprache zustande (4, 9).<br />

Die natürliche Spontanaktivität <strong>der</strong><br />

Abschluss- und Haltesysteme<br />

In dem neuronalen Netzwerk <strong>der</strong> Sphinkteren sind auch Organhaltesysteme<br />

mit <strong>der</strong> Abschluss- o<strong>der</strong> Öffnungsfunktion integriert.<br />

Heute wird die Sphinktermessung und das EMG durch das PET/<br />

CT (Positronenemissionstomografie) und durch das fMRI (funk-<br />

Gegründet 1872<br />

Sitz Berlin<br />

tionelles Magnetresonanzimaging) erweitert. Damit sind wir in<br />

<strong>der</strong> Lage, mit <strong>der</strong> Morphologie eines Organs auch die Funktion,<br />

eine Kette von Ereignissen und ihr Versagen zu erkennen (2, 3,<br />

9, 11, 12).<br />

Die Spontanaktivität <strong>der</strong> oberen Abschlussmuskulatur<br />

Auf einem sagittalen PET/CT des Kopfes und Halses fällt zuerst<br />

die hohe Aktivität (Falschfarbe grau-weiû) des sehr groûen Gehirnareals<br />

auf, das über 5 Nervenpaare lebenslang Tag und<br />

Nacht das oropharyngeale Sphinktersystem befeuert (11).<br />

Mit <strong>der</strong> variablen Aktivität <strong>der</strong> Sphinkteren am Mund und Auge<br />

verhält sich <strong>der</strong> Kehlkopf spontanaktiv paradox. Er schlieût sich<br />

nur gelegentlich und hält lebenslang Tag und Nacht den Luftweg<br />

offen. Wir haben mit dem PET/CT nachgewiesen, dass die lebenswichtige<br />

Leistung durch ein winziges Muskelpaar (Falschfarbe<br />

rot) aufrechterhalten wird (M. posticus) (11). Nur bei <strong>der</strong> zartgliedrigen<br />

Menschenrasse, die vor 100 000 Jahren auch nach Mitteleuropa<br />

eingewan<strong>der</strong>t ist, hat sich das gröûte Gehirn aller Lebewesen<br />

entwickelt. Nur bei diesen Cro-Magnon-Menschen ist nach<br />

38000 Jahren die Tiefstellung des Kehlkopfs in <strong>der</strong> Luftröhre abgeschlossen<br />

gewesen. Mit seiner Gehirnleistung und <strong>der</strong> Umordnung<br />

<strong>der</strong> Larynxmuskulatur war und blieb er das einzige Lebewesen<br />

das Nein sagen konnte. Er ist einer artikulierenden, einer<br />

wortbildenden Sprache fähig. So hatte er eine Schrift entwickelt,<br />

eine Vergangenheit und Zukunft, eine Geschichte, eine Kultur.<br />

Wir alle stammen von ihm ab. Das noch nicht sprechende Kind<br />

hat seinen Kehlkopf hoch am weichen Gaumen (9).<br />

In dieser durch spezialisierte Son<strong>der</strong>fächer betreuten Region hat<br />

sich neben Höchstleistungen auch ein übereifriges Operieren abgespielt,<br />

z.B. wurden einmal früher von 1000 Schulkin<strong>der</strong>n, fast<br />

alle tonsillektomiert. Nur 65 wurden in Frieden gelassen (1).<br />

Deutsche <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Chirurgie</strong> ± <strong>Mitteilungen</strong> 4/12 311

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