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Marktorientiertes Management technologischer Innovationen im ...

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<strong>Marktorientiertes</strong> <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

DISSERTATION<br />

der Universität St. Gallen,<br />

Hochschule für Wirtschafts-,<br />

Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)<br />

zur Erlangung der Würde eines<br />

Doktors der Wirtschaftswissenschaften<br />

vorgelegt von<br />

Max-Georg Büchner<br />

aus<br />

Deutschland<br />

Genehmigt auf Antrag der Herren<br />

Prof. Dr. Christian Belz<br />

und<br />

Prof. Dr. Thomas Rudolph<br />

Dissertation Nr. 2217<br />

Difo-Druck Bamberg


Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und<br />

Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden<br />

Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu<br />

nehmen.<br />

St. Gallen, den 25. Januar 1999<br />

Der Rektor:<br />

Prof. Dr. Georges Fischer


meiner Mutter


Vorwort<br />

Durch meine Tätigkeit am Forschungsinstitut für Absatz und Handel (FAH) sowie die<br />

damit verbundenen Schulungs- und Beratungsprojekte <strong>im</strong> Einzelhandel, wurde mir<br />

die Bedeutung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> für den Handel der Zukunft bewusst.<br />

Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre und Gegenwart führen dazu,<br />

dass technologische <strong>Innovationen</strong> eine neue Herausforderung für den Handel<br />

darstellen. Die Marktorientierung der <strong>Innovationen</strong> und die „emotionale“ Realisierung<br />

sind dabei Schwerpunkte, in denen der Handel noch Defizite aufweist. Da das<br />

Innovationsmanagement für den Handel noch ein wenig erschlossenes<br />

Forschungsfeld ist, entschloss ich mich, zu diesem Thema eine empirische<br />

Untersuchung durchzuführen und darauf aufbauend meine Dissertation zu verfassen.<br />

Die konkrete Themenstellung und der Fokus der Arbeit waren bei weitem nicht so<br />

schnell gefunden wie sich das <strong>im</strong> vorangegangenen Absatz darstellt. Deswegen<br />

möchte ich insbesondere meinem Doktorvater Prof. Dr. Christian Belz und Prof. Dr.<br />

Thomas Rudolph für ihre kritische und konstruktive inhaltliche Unterstützung danken.<br />

Auch danke ich für das Vertrauen in meine Arbeit und die Möglichkeiten, am FAH <strong>im</strong><br />

Rahmen von Forschung, Beratung und Schulungen viel Neues, Interessantes und<br />

Inspirierendes erleben und erfahren zu dürfen.<br />

Weiterhin danke ich<br />

• der KPMG Fides und dem Gottlieb Duttweiler Institut für die finanzielle<br />

Unterstützung der empirischen Untersuchung<br />

• allen Gesprächspartnern und den Handelsmanagern, die an der Befragung<br />

teilgenommen haben, für den reichlichen inhaltlichen Input<br />

• dem Team am FAH für drei Jahre interessanter und kollegialer Zusammenarbeit<br />

• meinen Kollegen Anina Busch und Marc Schmickler für die Entlastung während<br />

ich an meiner Dissertation arbeitete<br />

Ganz besonders danke ich meinem Vater dafür, dass er mir meine Ausbildung<br />

ermöglicht hat und meine Dissertation in jeder Hinsicht motivierend förderte.<br />

St. Gallen, <strong>im</strong> Januar 1999 Max-Georg Büchner


Inhalt<br />

Inhaltsübersicht<br />

INHALTSÜBERSICHT I<br />

INHALTSVERZEICHNIS III<br />

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN IX<br />

VERZEICHNIS DER SCHAUKÄSTEN XIV<br />

ABKÜRZUNGEN XVI<br />

1 EINLEITUNG UND GRUNDLAGEN 1<br />

1.1 BEDEUTUNG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN UND PROBLEMSTELLUNG 2<br />

1.2 ZIELSETZUNG UND FORSCHUNGSFRAGEN 9<br />

1.3 RAHMENMODELL UND VORGEHEN 10<br />

1.4 FORSCHUNGSANSATZ UND FORSCHUNGSMETHODE 13<br />

1.5 INNOVATIONSMANAGEMENT IN FORSCHUNG UND PRAXIS 32<br />

2 FALLBEISPIEL MIGROS 59<br />

2.1 DAS UNTERNEHMEN 59<br />

2.2 AUSGANGSLAGE: VON DER BELIEFERUNGSMENTALITÄT ZUR<br />

MARKTORIENTIERUNG IN DER MIGROS 61<br />

2.3 DAS INNOVATIONSPAKET DER GMSG ZUR REALISIERUNG VON KUNDENNÄHE UND<br />

MARKTORIENTIERUNG 63<br />

2.4 INNOVATIONSMANAGEMENT – ERFOLGSFAKTOREN UND HEMMNISSE 75<br />

2.5 FAZIT 78<br />

3 ERFOLG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 81<br />

3.1 AKZEPTANZ DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATION BEI DEN ANWENDERN ALS<br />

VORAUSSETZUNG FÜR DEN ERFOLG 81<br />

3.2 BEURTEILUNG DES ERFOLGES TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN 88<br />

4 KERNHERAUSFORDERUNGEN UND VORGEHENSKONZEPT ZUM<br />

MARKTORIENTIERTEN MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 105<br />

4.1 DREI KERNHERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 105<br />

4.2 VORGEHENSKONZEPT ZUM MARKTORIENTIERTEN MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 107<br />

4.3 KRITISCHE WÜRDIGUNG DES VORGEHENSKONZEPTES ZUM MARKTORIENTIERTEN<br />

MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 186<br />

I


II<br />

5 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG ZUM MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL UND<br />

GESTALTUNGSHINWEISE FÜR DIE SECHS KRÄFTEFELDER 187<br />

5.1 ALLGEMEINE ERGEBNISSE AUS DER BEFRAGUNG ZUM MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 189<br />

5.2 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM ORGANISATORISCHEN<br />

KRÄFTEFELD 208<br />

5.3 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM PERSONELLEN<br />

KRÄFTEFELD 228<br />

5.4 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM KULTURELLEN<br />

KRÄFTEFELD 256<br />

5.5 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM KONZEPTIONELLEN<br />

KRÄFTEFELD 282<br />

5.6 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM TECHNOLOGISCHEN<br />

KRÄFTEFELD 293<br />

5.7 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM WIRTSCHAFTLICHEN<br />

KRÄFTEFELD 300<br />

6 ERFOLGSFAKTOREN FÜR DAS MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 310<br />

6.1 EMPIRISCHE ANALYSE DER ERFOLGSFAKTOREN FÜR DAS MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 310<br />

6.2 INNOVATIONSMANAGEMENT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL –<br />

MANAGEMENT DER SECHS KRÄFTEFELDER 325<br />

7 VERHALTENSORIENTIERTE FÖRDERUNG VON INNOVATIONSERFOLGEN<br />

IM HANDEL 335<br />

7.1 EIGENSCHAFTEN INNOVATIONSFÖRDERNDER UNTERNEHMENSKULTUREN 336<br />

7.2 DIAGNOSE DER UNTERNEHMENSKULTUR 344<br />

7.3 VERHALTENSBEZOGENE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUR GESTALTUNG EINER<br />

INNOVATIONSFÖRDERNDEN UNTERNEHMENSKULTUR 351<br />

8 ZUSAMMENFASSUNG 364<br />

LITERATUR 369<br />

ANHANG A: LEITFÄDEN ZU DEN EXPERTENGESPRÄCHEN 403<br />

ANHANG B: VERZEICHNIS DER EXPERTENGESPRÄCHE 408<br />

ANHANG C: FRAGEBOGEN ZUR SCHRIFTLICHEN BEFRAGUNG 411


Inhalt<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

INHALTSÜBERSICHT I<br />

INHALTSVERZEICHNIS III<br />

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN IX<br />

VERZEICHNIS DER SCHAUKÄSTEN XIV<br />

ABKÜRZUNGEN XVI<br />

1 EINLEITUNG UND GRUNDLAGEN 1<br />

1.1 BEDEUTUNG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN UND PROBLEMSTELLUNG 2<br />

1.1.1 BEDEUTUNG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 2<br />

1.1.2 BESONDERHEIT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN 5<br />

1.1.3 PROBLEMSTELLUNG: TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN IM HANDEL –<br />

HERAUSFORDERUNG AN DAS INNOVATIONSMANAGEMENT 6<br />

1.2 ZIELSETZUNG UND FORSCHUNGSFRAGEN 9<br />

1.3 RAHMENMODELL UND VORGEHEN 10<br />

1.4 FORSCHUNGSANSATZ UND FORSCHUNGSMETHODE 13<br />

1.4.1 ANWENDUNGSORIENTIERTE UND REALITÄTSORIENTIERTE FORSCHUNG 13<br />

1.4.2 FORSCHUNGSMETHODE 14<br />

1.4.2.1 Quantitative Forschung 15<br />

1.4.2.1.1 Schriftliche Befragung zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 15<br />

1.4.2.1.2 Ziele und Inhalte der Befragung 16<br />

1.4.2.1.3 Die Stichprobe 18<br />

1.4.2.1.4 Der Stichprobenrücklauf 20<br />

1.4.2.1.5 Die Repräsentativität der Stichprobe 20<br />

1.4.2.1.6 Zusammensetzung der Ist-Stichprobe 22<br />

1.4.2.2 Qualitative Forschung 28<br />

1.4.2.2.1 Expertengespräche 28<br />

1.4.2.2.2 Fallforschung 30<br />

1.5 INNOVATIONSMANAGEMENT IN FORSCHUNG UND PRAXIS 32<br />

1.5.1 INNOVATIONSMANAGEMENT IN DER FORSCHUNG 32<br />

1.5.1.1 Der Begriff der Innovation und des Innovationsmanagements 33<br />

1.5.1.2 Der Begriff der Technologie 39<br />

III


IV<br />

1.5.1.3 Der Begriff der technologischen Innovation 40<br />

1.5.1.4 Unterschiede zwischen Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel und<br />

Innovationsmanagement in der Industrie 46<br />

1.5.1.5 Arten von <strong>Innovationen</strong> 48<br />

1.5.1.6 Phasen der Innovation 51<br />

1.5.1.7 Innovationshemmnisse und Erfolgsfaktoren – Kräftefelder <strong>im</strong><br />

Innovationsmanagement 52<br />

1.5.1.8 Sechs Kräftefelder – die Rahmenbedingungen für das<br />

Innovationsmanagement 54<br />

1.5.2 INNOVATIONSMANAGEMENT IN DER PRAXIS 57<br />

2 FALLBEISPIEL MIGROS 59<br />

2.1 DAS UNTERNEHMEN 59<br />

2.2 AUSGANGSLAGE: VON DER BELIEFERUNGSMENTALITÄT ZUR<br />

MARKTORIENTIERUNG IN DER MIGROS 61<br />

2.3 DAS INNOVATIONSPAKET DER GMSG ZUR REALISIERUNG VON KUNDENNÄHE UND<br />

MARKTORIENTIERUNG 63<br />

2.3.1 PROJEKTORGANISATION ZUR EINFÜHRUNG DES INNOVATIONSPAKETES 65<br />

2.3.2 DIE KERNSYSTEME DES INNOVATIONSPAKETES 67<br />

2.3.2.1 Bedarfsorientierte Sort<strong>im</strong>entsstruktur (BoSS) 67<br />

2.3.2.2 Scanning 70<br />

2.3.2.3 Zeiterfassung in den Filialen (Zefil) 71<br />

2.3.2.4 Data Warehouse (DWH)/<strong>Management</strong> Information System (MIS) 71<br />

2.3.3 ERFOLG DES INNOVATIONSPAKETES 74<br />

2.4 INNOVATIONSMANAGEMENT – ERFOLGSFAKTOREN UND HEMMNISSE 75<br />

2.4.1 MARKTORIENTIERUNG DES INNOVATIONSPAKETES 75<br />

2.4.2 TECHNOLOGIEAUSWAHL 76<br />

2.4.3 ERFOLGSFAKTOREN IM INNOVATIONSPROZESS 76<br />

2.4.4 HEMMNISSE IM INNOVATIONSPROZESS 77<br />

2.5 FAZIT 78<br />

3 ERFOLG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 81<br />

3.1 AKZEPTANZ DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATION BEI DEN ANWENDERN ALS<br />

VORAUSSETZUNG FÜR DEN ERFOLG 81<br />

3.1.1 EINFLUSSGRÖSSEN AUF DIE AKZEPTANZ DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATION 82<br />

3.1.2 AKZEPTANZMESSUNG 87<br />

3.2 BEURTEILUNG DES ERFOLGES TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN 88<br />

3.2.1 ZEITPUNKT DER BEURTEILUNG 89<br />

3.2.2 BEURTEILUNGSPERSON 90


Inhalt<br />

3.2.3 BEURTEILUNGSKRITERIEN 91<br />

3.2.3.1 Qualitative und quantitative Erfolgskriterien 93<br />

3.2.3.1.1 Qualitative Erfolgskriterien 95<br />

3.2.3.1.2 Quantitative Erfolgskriterien 100<br />

3.2.3.2 Zielerreichungs-Index zur Erfolgsbeurteilung 102<br />

3.2.4 REFERENZGRÖSSEN DER BEURTEILUNG 103<br />

4 KERNHERAUSFORDERUNGEN UND VORGEHENSKONZEPT ZUM<br />

MARKTORIENTIERTEN MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 105<br />

4.1 DREI KERNHERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 105<br />

4.2 VORGEHENSKONZEPT ZUM MARKTORIENTIERTEN MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 107<br />

4.2.1 SITUATIONSANALYSE UND VORGABEN DER UNTERNEHMENS- UND<br />

MARKETINGSTRATEGIE 109<br />

4.2.2 TRENDS UND BEDÜRFNISSE ANALYSIEREN ⎯ MARKTFIT 113<br />

4.2.2.1 Ein Modell zur Erklärung von Trendveränderungen <strong>im</strong><br />

Kundenverhalten 118<br />

4.2.2.2 Identifikation von relevanten Kundenbedürfnissen 121<br />

4.2.2.3 Kritische Würdigung des Trendmodells und der Bedürfnisanalyse 123<br />

4.2.3 TECHNOLOGIE UND INNOVATION ANALYSIEREN ⎯ TECHNOLOGIEFIT 125<br />

4.2.3.1 Beobachtung und Auswahl relevanter Technologien 125<br />

4.2.3.2 Bedürfnisorientierte Portfolioanalyse zur Technologiebewertung 132<br />

4.2.3.2.1 Portfolio zur Bewertung der marketingbezogenen Attraktivität von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 132<br />

4.2.3.2.2 Portfolio zur Bewertung der technologischen Attraktivität von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 144<br />

4.2.3.2.3 Technologiepotentialportfolio für technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel 150<br />

4.2.3.2.4 Kritische Würdigung des Technologiepotentialportfolios für<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 153<br />

4.2.3.3 Berücksichtigung der Eigenschaften <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> 155<br />

4.2.4 INNOVATIONSENTSCHEID 156<br />

4.2.4.1 Selektion <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> 157<br />

4.2.4.2 Die Nutzwertanalyse 158<br />

4.2.4.3 Kritische Würdigung der Nutzwertanalyse für die Evaluation<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 165<br />

4.2.5 DEFINITION DER INNOVATIONSZIELE 166<br />

4.2.5.1 Anforderungen an die zu definierenden Ziele 166<br />

4.2.5.2 Zielbildung 170<br />

4.2.6 REALISIERUNG DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATION ⎯ UMFELDFIT 174<br />

4.2.7 INNOVATIONSCONTROLLING 176<br />

V


VI<br />

4.2.7.1 Quantifizierung der Ziele 178<br />

4.2.7.2 Termine und Meilensteine 181<br />

4.2.7.3 Verantwortlichkeit für das Innovationscontrolling 182<br />

4.3 KRITISCHE WÜRDIGUNG DES VORGEHENSKONZEPTES ZUM MARKTORIENTIERTEN<br />

MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 186<br />

5 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG ZUM MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL UND<br />

GESTALTUNGSHINWEISE FÜR DIE SECHS KRÄFTEFELDER 187<br />

5.1 ALLGEMEINE ERGEBNISSE AUS DER BEFRAGUNG ZUM MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 189<br />

5.1.1 AKTUELLE TECHNOLOGISCHE INNOVATIONSPROJEKTE IM HANDEL 189<br />

5.1.2 EIGENSCHAFTEN DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN IM HANDEL 193<br />

5.1.3 ANZAHL DER AN DER INNOVATION BETEILIGTEN PERSONEN UND DAUER DER<br />

TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONSPROJEKTE 197<br />

5.1.4 ERFOLG DER BEURTEILTEN TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN 200<br />

5.1.5 INNOVATIONSHEMMNISSE IM INNOVATIONSPROZESS 202<br />

5.1.6 ALLGEMEINE ANSATZPUNKTE ZUR STEIGERUNG DES INNOVATIONSERFOLGES 205<br />

5.2 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM ORGANISATORISCHEN<br />

KRÄFTEFELD 208<br />

5.2.1 ORGANISATORISCHE VERANKERUNG DES INNOVATIONSMANAGEMENTS 211<br />

5.2.2 AUSPRÄGUNGEN DES ORGANISATORISCHEN KRÄFTEFELDES 213<br />

5.2.3 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

ORGANISATORISCHEN KRÄFTEFELDES 216<br />

5.2.3.1 Organisatorische Verankerung 216<br />

5.2.3.2 Outsourcing 220<br />

5.2.3.3 Fach- und Machtpromotoren 221<br />

5.2.3.4 Flache Strukturen 223<br />

5.2.3.5 Kurze und direkte Entscheidungswege 224<br />

5.2.3.6 Informationsfluss 224<br />

5.2.3.7 Flexibilität 226<br />

5.2.3.8 Bereichsübergreifendes Denken fördern 227<br />

5.3 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM PERSONELLEN<br />

KRÄFTEFELD 228<br />

5.3.1 AUSPRÄGUNGEN DES PERSONELLEN KRÄFTEFELDES 228<br />

5.3.2 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

PERSONELLEN KRÄFTEFELDES 231<br />

5.3.2.1 Heterogene Teams 231<br />

5.3.2.2 Konfliktfähigkeit 233<br />

5.3.2.3 Veränderungsbereitschaft 236<br />

5.3.2.4 Anreizsysteme 239


Inhalt<br />

5.3.2.5 Kreativität 244<br />

5.3.2.6 Personalauswahl 248<br />

5.3.2.7 Personalentwicklung 250<br />

5.4 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM KULTURELLEN<br />

KRÄFTEFELD 256<br />

5.4.1 AUSPRÄGUNGEN DES KULTURELLEN KRÄFTEFELDES 256<br />

5.4.2 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

KULTURELLEN KRÄFTEFELDES 258<br />

5.4.2.1 Die Bedeutung der Führung für das kulturelle Kräftefeld 258<br />

5.4.2.2 Eigenschaften einer innovationsfördernden Führung 260<br />

5.4.2.2.1 Situativer Führungsstil 261<br />

5.4.2.2.2 Akzeptanz von Fehlern 262<br />

5.4.2.2.3 Honorierung von Erfolgen 264<br />

5.4.2.2.4 Risikobereitschaft steigern 267<br />

5.4.2.2.5 Durch Empowerment motivieren 273<br />

5.4.2.2.6 Sinngebung anstelle von politischem Verhalten 277<br />

5.4.2.2.7 Förderung der Innovationskultur durch innovationsförderndes<br />

Handeln 279<br />

5.4.2.2.8 Kommunikation und Verpflichtung zu innovationsfördernder<br />

Führung 280<br />

5.5 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM KONZEPTIONELLEN<br />

KRÄFTEFELD 282<br />

5.5.1 AUSPRÄGUNGEN DES KONZEPTIONELLEN KRÄFTEFELDES 282<br />

5.5.2 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

KONZEPTIONELLEN KRÄFTEFELDES 284<br />

5.5.2.1 Marktorientierung der Innovationskonzepte 284<br />

5.5.2.2 <strong>Innovationen</strong> als Vision und Ziel 288<br />

5.5.2.3 Kommunikation der Innovationskonzepte zum richtigen Zeitpunkt 290<br />

5.6 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM TECHNOLOGISCHEN<br />

KRÄFTEFELD 293<br />

5.6.1 AUSPRÄGUNGEN DES TECHNOLOGISCHEN KRÄFTEFELDES 293<br />

5.6.2 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

TECHNOLOGISCHEN KRÄFTEFELDES 295<br />

5.6.2.1 Förderung von technologischem Know-how 295<br />

5.6.2.2 Mitarbeiter auf Technologien vorbereiten 296<br />

5.7 EMPIRISCHE ERGEBNISSE UND GESTALTUNGSHINWEISE ZUM WIRTSCHAFTLICHEN<br />

KRÄFTEFELD 300<br />

5.7.1 AUSPRÄGUNGEN DES WIRTSCHAFTLICHEN KRÄFTEFELDES 300<br />

5.7.2 ANSATZPUNKTE FÜR DIE INNOVATIONSFÖRDERNDE GESTALTUNG DES<br />

WIRTSCHAFTLICHEN KRÄFTEFELDES 304<br />

5.7.2.1 Wirtschaftlichkeit der technologischen Innovation 304<br />

5.7.2.2 Förderung von <strong>Innovationen</strong> durch den Finanzbereich 307<br />

VII


VIII<br />

6 ERFOLGSFAKTOREN FÜR DAS MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 310<br />

6.1 EMPIRISCHE ANALYSE DER ERFOLGSFAKTOREN FÜR DAS MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL 310<br />

6.1.1 AUSGANGSHYPOTHESEN FÜR DIE KAUSALANALYSE 310<br />

6.1.2 GRUNDLAGEN ZUM LISREL-ANSATZ 311<br />

6.1.3 KAUSALMODELL ZUR ERKLÄRUNG DES ERFOLGES TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL 313<br />

6.1.3.1 Aufbau des Kausalmodells 313<br />

6.1.3.2 Güte des Kausalmodells 315<br />

6.1.4 INTERPRETATION DER ERGEBNISSE DES KAUSALMODELLS 319<br />

6.2 INNOVATIONSMANAGEMENT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL –<br />

MANAGEMENT DER SECHS KRÄFTEFELDER 325<br />

7 VERHALTENSORIENTIERTE FÖRDERUNG VON INNOVATIONSERFOLGEN<br />

IM HANDEL 335<br />

7.1 EIGENSCHAFTEN INNOVATIONSFÖRDERNDER UNTERNEHMENSKULTUREN 336<br />

7.1.1 EIGENSCHAFTEN VON INNOVATOREN IN DER KONSUMENTENFORSCHUNG 338<br />

7.1.2 EIGENSCHAFTEN VON INNOVATIONSFÖRDERNDEN UNTERNEHMENSKULTUREN<br />

– DREI INNOVATIONSFÖRDERNDE KULTURKOMPETENZEN 340<br />

7.1.3 KRITISCHE WÜRDIGUNG DER INNOVATIONSFÖRDERNDEN<br />

KULTURKOMPETENZEN 344<br />

7.2 DIAGNOSE DER UNTERNEHMENSKULTUR 344<br />

7.2.1 GRUNDSÄTZLICHES ZUR DIAGNOSE DER UNTERNEHMENSKULTUR 344<br />

7.2.2 CHECKLISTE ZUR DIAGNOSE DER INNOVATIONSFÖRDERNDEN<br />

KULTURKOMPETENZEN 349<br />

7.2.3 KRITISCHE WÜRDIGUNG DER CHECKLISTE ZUR DIAGNOSE DER<br />

INNOVATIONSFÖRDERNDEN KULTURKOMPETENZEN 351<br />

7.3 VERHALTENSBEZOGENE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUR GESTALTUNG EINER<br />

INNOVATIONSFÖRDERNDEN UNTERNEHMENSKULTUR 351<br />

8 ZUSAMMENFASSUNG 364<br />

LITERATUR 369<br />

ANHANG A: LEITFÄDEN ZU DEN EXPERTENGESPRÄCHEN 403<br />

ANHANG B: VERZEICHNIS DER EXPERTENGESPRÄCHE 408<br />

ANHANG C: FRAGEBOGEN ZUR SCHRIFTLICHEN BEFRAGUNG 411


Abbildungen und Schaukästen<br />

Verzeichnis der Abbildungen<br />

ABBILDUNG 1: EINFLUSSFAKTOREN, DIE INNOVATIONSCHANCEN UND<br />

INNOVATIONSDRUCK IM HANDEL ERZEUGEN............................................ 2<br />

ABBILDUNG 2: TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN IM HANDEL ALS „ENABLER“ FÜR<br />

KUNDENORIENTIERTE SERVICESTRATEGIEN............................................ 4<br />

ABBILDUNG 3: GEFAHREN NEUER TECHNOLOGIEN FÜR DEN HANDEL ............................. 5<br />

ABBILDUNG 4: BEDEUTUNG DES INNOVATIONSMANAGEMENTS IM HANDEL AUS SICHT<br />

DER BEFRAGTEN HANDELSEXPERTEN..................................................... 8<br />

ABBILDUNG 5: FORSCHUNGSFRAGEN DER ARBEIT...................................................... 10<br />

ABBILDUNG 6: RAHMENMODELL UND AUFBAU DER ARBEIT .......................................... 12<br />

ABBILDUNG 7: VIER EBENEN DER BEFRAGUNG........................................................... 17<br />

ABBILDUNG 8: ANALYSE DER KRÄFTEFELDER DURCH DIE BEFRAGUNG......................... 19<br />

ABBILDUNG 9: VERTEILUNG DER BRANCHEN IN DER STICHPROBE................................ 24<br />

ABBILDUNG 10: VERTEILUNG DER UMSATZKLASSEN (UMSATZ 1997) IN DER<br />

STICHPROBE...................................................................................... 25<br />

ABBILDUNG 11: VERTEILUNG DER ENTWICKLUNG DES UNTERNEHMENSERFOLGES<br />

(DURCHSCHNITTLICHER GEWINN DER LETZTEN FÜNF JAHRE) IN DER<br />

STICHPROBE...................................................................................... 26<br />

ABBILDUNG 12: FUNKTIONEN DER BEFRAGTEN HANDELSMANAGER................................ 27<br />

ABBILDUNG 13: DER METHODENMIX IM FORSCHUNGSPROZESS..................................... 31<br />

ABBILDUNG 14: GESETZ DER PROFILIERUNGSDYNAMIK IM HANDEL................................ 34<br />

ABBILDUNG 15: VIER DOMINANTE MERKMALE VON INNOVATIONEN................................. 37<br />

ABBILDUNG 16: INNOVATIONSFELDER.......................................................................... 38<br />

ABBILDUNG 17: TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN IM HANDEL ...................................... 45<br />

ABBILDUNG 18: ARTEN VON INNOVATIONEN................................................................. 49<br />

ABBILDUNG 19: INNOVATIONSKATEGORIEN IM EINZELHANDEL........................................ 50<br />

ABBILDUNG 20: DER INNOVATIONSPROZESS IM HANDEL ............................................... 52<br />

ABBILDUNG 21: INTEGRIERTE PROJEKTABLAUFPLANUNG FÜR EIN FALLBEISPIEL.............. 56<br />

ABBILDUNG 22: DIE SECHS KRÄFTEFELDER UND DIE INTEGRIERTEN<br />

MANAGEMENTEBENEN........................................................................ 58<br />

ABBILDUNG 23: UMSATZENTWICKLUNG DER GENOSSENSCHAFT MIGROS ST. GALLEN .... 62<br />

ABBILDUNG 24: VON DER BESCHAFFUNGSORIENTIERUNG ZUR MARKTORIENTIERUNG ..... 63<br />

ABBILDUNG 25: INNOVATIONSPAKET – BOSS UND DIE SYSTEME................................... 64<br />

IX


X<br />

ABBILDUNG 26: ORGANISATION FÜR DAS INNOVATIONSPROJEKT BOSS ......................... 66<br />

ABBILDUNG 27: WARENSTRUKTUR NACH BOSS........................................................... 68<br />

ABBILDUNG 28: ZIELSYSTEM DER BOSS-WARENSTRUKTUR UND DES<br />

INNOVATIONSPAKETES........................................................................ 69<br />

ABBILDUNG 29: BETROFFENHEIT DES UNTERNEHMENS (GMSG) DURCH BOSS ............. 70<br />

ABBILDUNG 30: ENTWICKLUNG UND EINFÜHRUNG DES MIS UND WEITERER<br />

INFORMATIONS-TECHNOLOGISCHER KOMPONENTEN DES<br />

INNOVATIONSPAKETES........................................................................ 72<br />

ABBILDUNG 31: AUFBAU UND KOMPONENTEN DES MIS ................................................ 74<br />

ABBILDUNG 32: ERFOLGSFAKTOREN UND -HEMMNISSE BEI DER GENOSSENSCHAFT<br />

MIGROS ST. GALLEN.......................................................................... 79<br />

ABBILDUNG 33: AKZEPTANZ IN ABHÄNGIGKEIT VON DEN INNOVATIONSHEMMNISSEN........ 83<br />

ABBILDUNG 34: EINFLUSSGRÖSSEN AUF DIE AKZEPTANZ VON TECHNOLOGISCHEN<br />

INNOVATIONEN BEI VERSCHIEDENEN ZIELGRUPPEN ............................... 84<br />

ABBILDUNG 35: EINFLUSSGRÖSSEN AUF DIE ERMITTLUNG DES<br />

INNOVATIONSERFOLGES ..................................................................... 89<br />

ABBILDUNG 36: EIGENSCHAFTEN DES INNOVATIONSERFOLGES ..................................... 92<br />

ABBILDUNG 37: ZIELSYSTEM DES HANDELSUNTERNEHMENS ......................................... 93<br />

ABBILDUNG 38: AUSSCHNITT DER WIRKUNGSKETTE FÜR DEN INNOVATIONSERFOLG<br />

BEI MIGROS ....................................................................................... 95<br />

ABBILDUNG 39: MITTELWERTVERGLEICH DER ZIELVERFOLGUNG FÜR VERSCHIEDENE<br />

TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN (TEIL I) ............................................ 98<br />

ABBILDUNG 40: MITTELWERTVERGLEICH DER ZIELVERFOLGUNG FÜR VERSCHIEDENE<br />

TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN (TEIL II) ........................................... 99<br />

ABBILDUNG 41: KERNHERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL................................... 106<br />

ABBILDUNG 42: VORGEHENSKONZEPT ZUM MARKTORIENTIERTEN MANAGEMENT<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL................................... 108<br />

ABBILDUNG 43: PROZESSDARSTELLUNG DES VORGEHENSKONZEPTES ........................ 109<br />

ABBILDUNG 44: UMWELT- UND BRANCHENBEZOGENE EINFLUSSFAKTOREN ZUR<br />

SITUATIONSANALYSE........................................................................ 110<br />

ABBILDUNG 45: POSITIONIERUNGSPYRAMIDE IM EINZELHANDEL .................................. 112<br />

ABBILDUNG 46: INNOVATIONSTRICHTER FÜR EINE MARKTORIENTIERTE<br />

INNOVATIONSENTWICKLUNG.............................................................. 115


Abbildungen und Schaukästen<br />

ABBILDUNG 47: VON DER TECHNOLOGIEGETRIEBENEN ZUR MARKTORIENTIERTEN<br />

INNOVATIONSENTWICKLUNG.............................................................. 116<br />

ABBILDUNG 48: AUSGEWÄHLTE AKZELERATOREN IM HANDEL NACH RUDOLPH.............. 119<br />

ABBILDUNG 49: TRENDS IM KAUFVERHALTEN............................................................. 120<br />

ABBILDUNG 50: AUSZUG AUS DER BEDÜRFNISANALYSE FÜR DAS BEISPIEL DER ART<br />

COLLECTION.................................................................................... 124<br />

ABBILDUNG 51: ÜBERBLICK ÜBER NEUE TECHNOLOGIEN IM HANDEL ............................ 127<br />

ABBILDUNG 52: TECHNOLOGIEN IM HANDEL DEM MODELL DER WERTKETTE<br />

ZUGEORDNET................................................................................... 130<br />

ABBILDUNG 53: NUTZEN DES SELF SCANNINGS ......................................................... 137<br />

ABBILDUNG 54: PROFILIERUNGSINSTRUMENTE IM HANDEL NACH RUDOLPH.................. 141<br />

ABBILDUNG 55: PORTFOLIO ZUR BEWERTUNG DER MARKETINGBEZOGENEN<br />

ATTRAKTIVITÄT VON TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN IM HANDEL<br />

(BEISPIELE: AC, GMSG UND IV) ...................................................... 143<br />

ABBILDUNG 56: PORTFOLIO ZUR BEWERTUNG DER TECHNOLOGISCHEN<br />

ATTRAKTIVITÄT VON TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN IM HANDEL<br />

(BEISPIELE: AC, GMSG UND IV) ...................................................... 150<br />

ABBILDUNG 57: TECHNOLOGIEPOTENTIALPORTFOLIO FÜR TECHNOLOGISCHE<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL (BEISPIELE: AC, GMSG UND IV)............... 152<br />

ABBILDUNG 58: ÜBERSICHT ÜBER DAS VORGEHEN BEI EINER KUNDENORIENTIERTEN<br />

ENTWICKLUNG TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL ............ 154<br />

ABBILDUNG 59: EIGENSCHAFTSPROFIL TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN.................. 156<br />

ABBILDUNG 60: ÜBERSICHT ÜBER PROJEKTBEURTEILUNGSVERFAHREN ZUR<br />

SELEKTION VON PROJEKTEN............................................................. 157<br />

ABBILDUNG 61: NUTZWERTANALYSE ZUR BEWERTUNG UND SELEKTION<br />

TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL FÜR DAS BEISPIEL<br />

ART COLLECTION............................................................................. 164<br />

ABBILDUNG 62: VERBINDUNG VON ZIELBILDUNGS- UND CONTROLLINGPROZESS........... 171<br />

ABBILDUNG 63: AUSZUG AUS DER ZIELPLANUNGSTABELLE FÜR DAS BEISPIEL<br />

MANAGEMENT INFORMATION SYSTEM DER GMSG.............................. 173<br />

ABBILDUNG 64: REALISIERUNGSPHASEN DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN IM<br />

HANDEL .......................................................................................... 174<br />

ABBILDUNG 65: AUSZUG AUS DER ZIELPLANUNGS- UND CONTROLLINGTABELLE FÜR<br />

DAS BEISPIEL MANAGEMENT INFORMATION SYSTEM DER GMSG......... 185<br />

ABBILDUNG 66: KRÄFTEFELDER DES INNOVATIONSPROZESSES ................................... 188<br />

XI


XII<br />

ABBILDUNG 67: BEDEUTUNG AKTUELLER TECHNOLOGISCHER INNOVATIONSPROJEKTE<br />

IM HANDEL....................................................................................... 190<br />

ABBILDUNG 68: VON DEN BEFRAGTEN AUSGEWÄHLTE UND DETAILLIERT BEURTEILTE<br />

TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN ..................................................... 192<br />

ABBILDUNG 69: EIGENSCHAFTEN DER BEURTEILTEN TECHNOLOGISCHEN<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL ................................................................ 195<br />

ABBILDUNG 70: VERGLEICH DER EIGENSCHAFTEN FÜR VERSCHIEDENE<br />

TECHNOLOGISCHE INNOVATIONEN IM HANDEL..................................... 196<br />

ABBILDUNG 71: ANZAHL DER AN DER ENTWICKLUNG DER INNOVATION BETEILIGTEN<br />

PERSONEN ...................................................................................... 198<br />

ABBILDUNG 72: DAUER DER TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONSPROJEKTE (VON DER<br />

PROJEKTBESTIMMUNG BIS ZUR ABGESCHLOSSENEN UMSETZUNG) ....... 199<br />

ABBILDUNG 73: ERFOLG DER BEURTEILTEN INNOVATIONEN......................................... 201<br />

ABBILDUNG 74: INNOVATIONSHEMMNISSE TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM<br />

HANDEL .......................................................................................... 203<br />

ABBILDUNG 75: INNOVATIONSHEMMNISSE NACH INNOVATIONSPHASEN......................... 204<br />

ABBILDUNG 76: ANSATZPUNKTE ZUR STEIGERUNG DES INNOVATIONSERFOLGES<br />

(TEIL I)............................................................................................ 206<br />

ABBILDUNG 77: ANSATZPUNKTE ZUR STEIGERUNG DES INNOVATIONSERFOLGES<br />

(TEIL II)........................................................................................... 207<br />

ABBILDUNG 78: ERFOLGSFAKTOREN FÜR DIE UMSETZUNG TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL ................................................................ 210<br />

ABBILDUNG 79: ORGANISATORISCHE VERANKERUNG DES<br />

INNOVATIONSMANAGEMENTS IM HANDEL............................................ 212<br />

ABBILDUNG 80: MITTELWERTVERGLEICH ORGANISATORISCHES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 215<br />

ABBILDUNG 81: MITTELWERTVERGLEICH PERSONELLES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 230<br />

ABBILDUNG 82: „VERHALTENSDREIECKSFRAGEN“ ZUR ERMITTLUNG VON KONKRETEM<br />

FRÜHEREM VERHALTEN .................................................................... 249<br />

ABBILDUNG 83: FÜHRUNGSINSTRUMENTE MIT PERSONALENTWICKLUNGSFUNKTION...... 253<br />

ABBILDUNG 84: MITTELWERTVERGLEICH KULTURELLES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 257


Abbildungen und Schaukästen<br />

ABBILDUNG 85: GEFÄHRDUNGSBAUM-ANALYSE FÜR DAS BEISPIEL MIS DER GMSG<br />

ALS FRÜHERKENNUNGSMETHODE FÜR RISIKEN IM<br />

INNOVATIONSPROZESS ..................................................................... 274<br />

ABBILDUNG 86: MITTELWERTVERGLEICH KONZEPTIONELLES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 283<br />

ABBILDUNG 87: ANSATZPUNKTE, UM INNOVATIONEN UND IDEEN ZU FINDEN.................. 285<br />

ABBILDUNG 88: MITTELWERTVERGLEICH TECHNOLOGISCHES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 294<br />

ABBILDUNG 89: MITTELWERTVERGLEICH WIRTSCHAFTLICHES KRÄFTEFELD<br />

(NICHT ERFOLGREICHE VS. ERFOLGREICHE INNOVATIONEN)................. 303<br />

ABBILDUNG 90: STRUKTURGLEICHUNGSMODELL ZWEITER ORDNUNG ZUR ERKLÄRUNG<br />

DES ERFOLGES TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL ........... 314<br />

ABBILDUNG 91: LISREL-MODELL ZUM MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER<br />

INNOVATIONEN IM HANDEL ................................................................ 320<br />

ABBILDUNG 92: GANZHEITLICHES MANAGEMENT DER SECHS KRÄFTEFELDER............... 329<br />

ABBILDUNG 93: CHECKLISTEN KRITISCHER FRAGEN FÜR EINE GANZHEITLICHE<br />

VORGEHENSWEISE IM INNOVATIONSPROZESS..................................... 334<br />

ABBILDUNG 94: ÜBERSICHT ÜBER DIAGNOSEINSTRUMENTE ZUR ANALYSE DER<br />

UNTERNEHMENSKULTUR................................................................... 345<br />

ABBILDUNG 95: DER KULTURDIAGNOSEPROZESS....................................................... 348<br />

ABBILDUNG 96: CHECKLISTE ZUR DIAGNOSE DER INNOVATIONSFÖRDERNDEN<br />

KULTURKOMPETENZEN ..................................................................... 350<br />

ABBILDUNG 97: ANSATZPUNKTE ZUR STEIGERUNG DER KULTURKOMPETENZEN FÜR<br />

EINE INNOVATIONSFÖRDERNDE UNTERNEHMENSKULTUR ..................... 352<br />

ABBILDUNG 98: ELEMENTE EINER DEM INTERNEN UNTERNEHMERTUM FÖRDERLICHEN<br />

KULTUR........................................................................................... 360<br />

XIII


XIV<br />

Verzeichnis der Schaukästen<br />

SCHAUKASTEN 1: METHODENMIX AUS QUANTITATIVER UND QUALITATIVER<br />

FORSCHUNG................................................................................. 14<br />

SCHAUKASTEN 2: FRAGEBOGENVERSAND UND RESPONSEWERTE ............................... 18<br />

SCHAUKASTEN 3: STICHPROBENVERTEILUNG DER BEFRAGUNG IM VERHÄLTNIS ZUR<br />

GRUNDGESAMTHEIT ...................................................................... 21<br />

SCHAUKASTEN 4: EIGENSCHAFTEN DER GEFÜHRTEN EXPERTENGESPRÄCHE ............... 29<br />

SCHAUKASTEN 5: DEFINITIONEN ZUM INNOVATIONSMANAGEMENT ............................... 35<br />

SCHAUKASTEN 6: DEFINITION VON INNOVATION ......................................................... 36<br />

SCHAUKASTEN 7: DEFINITION VON INNOVATIONSMANAGEMENT ................................... 39<br />

SCHAUKASTEN 8: DEFINITION EINER TECHNOLOGISCHEN INNOVATION ......................... 46<br />

SCHAUKASTEN 9: AUSSAGEN DER BEFRAGTEN HANDELSMANAGER ZUM<br />

UNTERSCHIED ZWISCHEN INNOVATIONSMANAGEMENT IM HANDEL<br />

UND IN DER INDUSTRIE................................................................... 47<br />

SCHAUKASTEN 10: GEGENSTAND VON INNOVATIONEN NACH PLESCHAK/SABISCH........... 49<br />

SCHAUKASTEN 11: DEFINITION VON INNOVATIONSHEMMNISSEN .................................... 53<br />

SCHAUKASTEN 12: DEFINITION VON ERFOLGSFAKTOREN.............................................. 53<br />

SCHAUKASTEN 13: DEFINITION VON KRÄFTEFELDERN .................................................. 54<br />

SCHAUKASTEN 14: AUSWAHL QUALITATIVER ZIELE UND BEURTEILUNGSKRITERIEN ......... 96<br />

SCHAUKASTEN 15: AUSWAHL QUANTITATIVER ZIELE UND BEURTEILUNGSKRITERIEN ..... 100<br />

SCHAUKASTEN 16: ZIELERREICHUNGS-INDEX ............................................................ 102<br />

SCHAUKASTEN 17: AUSWAHL VON METHODEN ZUR ANTIZIPATION MÖGLICHER<br />

TECHNOLOGISCHER ENTWICKLUNGEN........................................... 129<br />

SCHAUKASTEN 18: KLASSIFIKATION NUTZWERTANALYTISCHER METHODEN IM<br />

WEITEREN SINNE NACH DEM SKALENNIVEAU.................................. 159<br />

SCHAUKASTEN 19: EFFIZIENZKRITERIEN FÜR INNOVATIONSPROZESSE ......................... 179<br />

SCHAUKASTEN 20: AUSWAHL DER SONSTIGEN AKTUELL WICHTIGEN<br />

TECHNOLOGISCHEN INNOVATIONEN .............................................. 191<br />

SCHAUKASTEN 21: AUSWAHL DER SONSTIGEN AUSGEWÄHLTEN INNOVATIONEN............ 191<br />

SCHAUKASTEN 22: PERSONELLE WIDERSTÄNDE GEGEN NEUERUNGEN ....................... 228<br />

SCHAUKASTEN 23: VOR- UND NACHTEILE VON GRUPPENKONZEPTEN.......................... 231<br />

SCHAUKASTEN 24: FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM KONFLIKTLÖSUNGSTREFFEN.......... 235<br />

SCHAUKASTEN 25: ABLAUF DES BETRIEBLICHEN VORSCHLAGSWESENS....................... 238


Abbildungen und Schaukästen<br />

SCHAUKASTEN 26: GESTALTUNGSELEMENTE EINES INNOVATIONSFÖRDERNDEN<br />

ANREIZSYSTEMS FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE ...................................... 241<br />

SCHAUKASTEN 27: KLASSIFIZIERUNG VON KREATIVITÄTSTECHNIKEN ........................... 245<br />

SCHAUKASTEN 28: VORGEHEN AUSGEWÄHLTER KREATIVITÄTSTECHNIKEN .................. 247<br />

SCHAUKASTEN 29: ZEHN REGELN ZUR BLOCKIERUNG VON INNOVATIONEN NACH<br />

KANTER ..................................................................................... 258<br />

SCHAUKASTEN 30: EMPIRISCHE ERGEBNISSE DER MOTIVATIONSFORSCHUNG.............. 267<br />

SCHAUKASTEN 31: BEISPIEL FÜR EIN INNOVATIONSFÖRDERNDES FÜHRUNGSLEITBILD... 281<br />

SCHAUKASTEN 32: MÖGLICHE GRÜNDE FÜR WIDERSTÄNDE ....................................... 298<br />

SCHAUKASTEN 33: ANPASSUNGSMASSE DER LISREL-ANALYSE................................. 316<br />

SCHAUKASTEN 34: AUSPRÄGUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE ANPASSUNGSMASSE ZUR<br />

ANNAHME ODER ABLEHNUNG EINES<br />

STRUKTURGLEICHUNGSMODELLS ................................................. 317<br />

SCHAUKASTEN 35: KRITERIEN ZUR BEURTEILUNG DES KAUSALMODELLS ZUR<br />

ERKLÄRUNG DES ERFOLGES TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN<br />

IM HANDEL ................................................................................. 318<br />

SCHAUKASTEN 36: DIE BEDEUTUNG DER BEOBACHTBAREN (MANIFESTEN) UND<br />

KONSTRUIERTEN (LATENTEN) VARIABLEN IM KAUSALMODELL ZUM<br />

MANAGEMENT TECHNOLOGISCHER INNOVATIONEN IM HANDEL........ 324<br />

SCHAUKASTEN 37: EXKURS ZUR CHAOSTHEORIE....................................................... 327<br />

SCHAUKASTEN 38: DREI INNOVATIONSFÖRDERNDE KULTURKOMPETENZEN.................. 343<br />

SCHAUKASTEN 39: DIE ZEHN GEBOTE FÜR INTRAPRENEURE....................................... 361<br />

SCHAUKASTEN 40: CHECKLISTE FÜR DAS INTRAPRENEURING IM EIGENEN<br />

UNTERNEHMEN........................................................................... 362<br />

XV


XVI<br />

Abkürzungen<br />

AC Art Collection<br />

AFB Automatisches Filialbestellwesen<br />

AGFI Adjusted Goodness-of-Fit-Index<br />

ANOVA Analysis of variances<br />

BO Back-Office-Rechner<br />

BoSS Bedarfsorientierte Sort<strong>im</strong>entsstruktur<br />

BVW Betriebliches Vorschlagswesen<br />

BWL Betriebswirtschaftslehre<br />

BWS Bewirtschaftungssystem<br />

bzgl. bezüglich<br />

ca. circa<br />

CAD Computer Aided Design<br />

CD Compact Disc<br />

CDi Compact Disc interactive<br />

CEO Chief executive officer<br />

CH Schweiz<br />

CIT Computer Integrated Trading<br />

CM Category <strong>Management</strong><br />

D Deutschland<br />

DB Deckungsbeitrag<br />

d. h. das heisst<br />

Diss. Dissertation<br />

DL Dienstleistungen<br />

DM Deutsche Mark<br />

DTP Desk Top Publishing<br />

DVD Digitale Video Disk<br />

DWH Data Warehouse<br />

EAN Elektronische Artikelnummer<br />

EAS Elektronische Artikelsicherung<br />

ECR Efficient Consumer Response<br />

EDI Electronic Data Interchange<br />

EDIFACT Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and<br />

Transport<br />

EFTPOS Electronic Funds Transfer at the POS<br />

EIS Executive Information System<br />

et al. et alii<br />

EU Europäische Union<br />

evtl. eventuell<br />

F&E Forschung und Entwicklung


Abkürzungen<br />

GDI Gottlieb Duttweiler Institut<br />

GfK Gesellschaft für Konsumforschung<br />

GMOS Genossenschaft Migros Ostschweiz<br />

GMSG Genossenschaft Migros St. Gallen<br />

GFI Goodness-of-Fit-Index<br />

Hrsg. Herausgeber<br />

i. d. R. in der Regel<br />

i. e. in example<br />

IV Innovativ Versand<br />

Jg. Jahrgang<br />

KMU Kleine und mittlere Unternehmen<br />

LCD Liquid Crystal Display<br />

LISREL Linear Structural Relationship<br />

MA Mitarbeiter<br />

MDD Migros Data Discovery<br />

MDE Mobile Datenerfassungseinheiten<br />

MGB Migros-Genossenschafts-Bund<br />

Mio. Millionen<br />

MIS <strong>Management</strong> Information System<br />

Mrd. Milliarden<br />

MMM Grösseneinteilung der Betriebstypen bei der Migros in M, MM<br />

und MMM<br />

n Bezugsgrösse für die Berechnung der prozentualen Angaben in<br />

den Abbildungen. Entweder Anzahl der Nennungen oder Anzahl<br />

der befragten Handelsmanager<br />

Nr. Nummer<br />

o. V. ohne Verfasser<br />

PIS Personal Information System<br />

POS Point of Sale<br />

RMR Root-Mean-Square-Residuals-Index<br />

ROI Return on Investment<br />

S. Seite<br />

SB Selbstbedienung<br />

SEER System for Event Evaluation and Review<br />

Sfr. Schweizer Franken<br />

Sp. Spalte<br />

TARDIZ Technical Infrastructure Advanced Research Development and<br />

Innovation Zone<br />

u. a. und andere<br />

ULS Unweighted-Least-Squares-Verfahren<br />

usw. und so weiter<br />

u. U. unter Umständen<br />

XVII


XVIII<br />

vgl. vergleiche<br />

Vol. Volume<br />

vs. versus<br />

WWS Warenwirtschaftssystem<br />

WWW World Wide Web<br />

z. B. zum Beispiel<br />

Zefil Zeiterfassung in den Filialen<br />

ZG Zielgruppe


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

1 Einleitung und Grundlagen<br />

Die Austauschbarkeit von Produkten, Sort<strong>im</strong>enten und Betriebstypen <strong>im</strong> Einzelhandel<br />

sowie die Veränderungen <strong>im</strong> Kundenverhalten und in den Ansprüchen des Kunden<br />

(abnehmende Verkaufsstellentreue, Bedürfnis nach Bequemlichkeit und Zeitersparnis,<br />

bessere Service- und Dienstleistungen, 1 längere Öffnungszeiten, mehr Übersichtlichkeit<br />

und Transparenz usw.) 2 führen dazu, dass <strong>Innovationen</strong> massgeblich<br />

das vom Kunden wahrgenommene Profil eines Handelsunternehmens gestalten. 3<br />

„Einzelhändler in Deutschland räumen die Ware einfach in die Regale und denken,<br />

das reicht. Aspekte wie z. B. Service und Dienstleistungen, Technologien, Sauberkeit<br />

usw. sind unterentwickelt. Es wird pr<strong>im</strong>är mit dem Preis gearbeitet, weil das sehr<br />

einfach ist. Keine Kreativität und keine <strong>Innovationen</strong> sind dafür notwendig.“ 4 Einseitige<br />

Preisstrategien als Antwort auf die Profillosigkeit 5 führen selten zum Erfolg 6 , da<br />

dabei nur einer gewinnen kann, nämlich allein der Kostenführer. 7 Die Preisschlachten<br />

<strong>im</strong> deutschen Lebensmitteleinzelhandel zeigen, dass Preisaktionen vielleicht kurzfristige<br />

Erfolge bringen (Spontankäufer, Schnäppchenjäger), jedoch längerfristig kein<br />

Profil und keine Kundenbindung aufbauen können. „Jetzt wird vielen Unternehmen<br />

klar: Abspecken und Fitmachen allein führt nicht nur zu Wettbewerbsfähigkeit, sondern<br />

auch zur Auszehrung.“ 8 Der Handel ist herausgefordert, sein Profil durch <strong>Innovationen</strong><br />

zu stärken. „Die Steigerung der Innovationskraft ist zu einem unumstrittenen<br />

kritischen Wettbewerbsfaktor geworden.“ 9 <strong>Innovationen</strong> entstehen in allen Instrumentalbereichen<br />

(nach Rudolph 10 : Preis, Standort, Service und Dienstleistungen,<br />

Sort<strong>im</strong>ent, Marktbearbeitung, Personal und neue Technologien) und führten in der<br />

Vergangenheit auch zu neuen Betriebstypen (z. B. Fachmärkte, Convenience-<br />

Shops 11 und Factory-Outlets). Abbildung 1 zeigt die Einflussfaktoren, die Innovationschancen,<br />

aber auch Innovationsdruck <strong>im</strong> Handel erzeugen.<br />

1<br />

Auer, 1997, S. 14 ff.<br />

2<br />

Rudolph, 1996 (a), S. 7 ff., 20 und 59 ff.<br />

3<br />

Vgl. dazu Belz, 1996, S. 24 ff.; Belz, 1991, S. 20 ff.; Rudolph, 1999, S. 127 ff.; Rudolph, 1993, S. 1 f.;<br />

Weinberg, 1986, S. 97 f.; Naef, 1997, S. 18 f.; Morrison, 1996, S. 146 ff. und o. V., 1997 (k), S. 46.<br />

Tomczak et al. stellen in einer empirischen Untersuchung die zunehmende Bedeutung der<br />

Leistungsinnovationen <strong>im</strong> Handel fest (vgl. Tomczak et al., 1998, S. 86). Gross spricht von der<br />

Multioptionsgesellschaft, in der <strong>im</strong>mer mehr Optionen zur Verfügung stehen, aber auch in Form von<br />

<strong>Innovationen</strong> von den Kunden gefordert werden. Vgl. Gross, 1994, S. 44 ff.<br />

4<br />

Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

5<br />

Zur Profillosigkeit und Profilierung <strong>im</strong> Handel vgl. Rudolph, 1993, S. 269 ff.<br />

6<br />

Vgl. Nel, 1993, S. 37; Dawson, 1996, S. 36 f.; Trommsdorff, 1998, S. VI f.; Belz/Senn, 1997, S. 43<br />

und 44 und o. V., 1997 (j), S. 35 f.<br />

7<br />

In Deutschland hat Aldi diese Kostenführerschaft übernommen und konnte sich als „der“ Discounter<br />

profilieren; vgl. auch Rudolph, 1993, S. 12 f.<br />

8 Trommsdorff, 1998, S. V.<br />

9 Trommsdorff, 1998, S. V.<br />

10 Vgl. Rudolph, 1993, S. 273 ff.<br />

11 Vgl. Vongehr, 1997, S. 40 f.<br />

1


2<br />

Verdrängungswettbewerb<br />

Trends <strong>im</strong><br />

Kaufverhalten<br />

Innovationschancen<br />

und Innovationsdruck<br />

Neue Technologien<br />

Kostendruck<br />

Abbildung 1: Einflussfaktoren, die Innovationschancen und Innovationsdruck<br />

<strong>im</strong> Handel erzeugen<br />

1.1 Bedeutung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> und<br />

Problemstellung<br />

1.1.1 Bedeutung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel. Die Arbeit beschränkt sich nicht auf eine einzelne Technologie<br />

wie z. B. das Internet, weil die Entwicklung der Technologien sehr schnellebig ist.<br />

„Ein Internetjahr hat drei Monate.“ 12 Ist heute das Internet sehr „trendy“, ist es morgen<br />

vielleicht schon das interaktive TV. Es gibt ausser dem Internet viele Technologien,<br />

die heute eine wichtige Rolle <strong>im</strong> Handel spielen (vgl. Abbildung 17; S. 45).<br />

Diese Arbeit beschäftigt sich nicht mit den Inhalten und Anwendungsmöglichkeiten<br />

der Technologien, sondern mit deren Einführung und <strong>Management</strong> in Handelsunternehmen,<br />

da sich aus der qualitativen und quantitativen Forschung gezeigt hat, dass<br />

in der erfolgreichen Realisierung Reserven liegen.<br />

12 Aussage aus einem Expertengespräch.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Betrachtet man die von Belz entwickelten Suchfelder für Marketinginnovationen 13 , so<br />

zeigt sich, dass Technologien heute vielfach die Grundlage und Voraussetzung für<br />

innovatives Marketing und Handelsmanagement sind. Beispiele <strong>im</strong> Suchfeld „innovative<br />

Marketinginstrumente“ sind: Database Marketing, Telefonmarketing, interaktive<br />

elektronische Kommunikation (Mult<strong>im</strong>edia, Internet) und Direct Marketing. 14 Die Entwicklung<br />

neuer Technologien hat dazu geführt, dass der Handel zunehmend mit deren<br />

Einsatz konfrontiert ist. 15 Neue Technologien bedeuten Gefahren und Chancen<br />

für den Handel. 16 Grundsätzlich können sie in allen Instrumentalbereichen als „Enabler“<br />

17 wirken und somit zur Profilierung und Rationalisierung des Handels beitragen.<br />

Beispielsweise lässt sich mit Automated Replenishment eine beachtliche Effizienzsteigerung<br />

<strong>im</strong> Bestellprozess zwischen Handel und Lieferanten realisieren. Scanning<br />

hat in Verbindung mit Regalpreisauszeichnungen dazu geführt, dass Personalstunden<br />

in den Filialen gespart oder anderweitig eingesetzt werden konnten, da die<br />

Preisauszeichnung jedes einzelnen Artikels entfällt. Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens<br />

ist die schnellere Umsetzung von Aktionsangeboten.<br />

Ein Beispiel für eine verstärkte Profilierung ist heute die Realisierung von marktorientierten<br />

Service- und Dienstleistungsstrategien mit Hilfe neuer Technologien, die den<br />

Kundennutzen deutlich erhöhen. 18 Abbildung 2 zeigt, wie z. B. Faxshopping, Onlineshopping<br />

und Teleshopping (konventionell oder interaktiv) als Transportmittel<br />

dienen und die aktuell sehr bedeutende Servicestrategie „Homeshopping“ realisierbar<br />

machen. 19<br />

Natürlich gab es auch vor den Zeiten des Internets ein Homeshopping, den Versandhandel.<br />

Der Versandhandel begann mit der Bestellung und Auslieferung via<br />

Briefpost und nutzte dann die Technologien Telefon und Fax. Diese drei „Bestellmedien“<br />

best<strong>im</strong>mten das Geschäft des Versandhandels in der Vergangenheit massgeblich<br />

und für lange Zeit (in vielen Bereichen auch heute noch). Durch technologische<br />

Entwicklungen werden heute andere Medien aktuell. Dabei geht es nicht nur um eine<br />

blosse Substitution; die neuen Technologien bieten dem Handel vielmehr die Möglichkeit,<br />

die Kundenbedürfnisse noch besser erfüllen zu können. Das Homeshopping<br />

via Teleshopping oder Internet kommt dem Bedürfnis der Kunden nach Bequemlichkeit<br />

entgegen, indem es schnellere, einfachere und von den Öffnungszeiten unab-<br />

13<br />

Vgl. Belz, 1998, S. 40 ff.<br />

14<br />

Vgl. Belz, 1998, S. 45 und Belz, 1989, S. 294 ff.<br />

15<br />

Vgl. Flachsmann, 1997, S. 49 ff.; o. V., 1997 (k), S. 46.<br />

16<br />

Vgl. Rudolph, 1996 (a), S. 14.<br />

17<br />

Der Begriff „Enabler“ ist abgeleitet vom englischen Verb to enable = befähigen, ermöglichen.<br />

18<br />

Magyar/Magyar, 1997, S. 95. Vgl. auch o. V., 1997 (b), S. 8 zur Innovation von Dienstleistungen in<br />

der Dienstleistungsbranche.<br />

19<br />

Vgl. o. V., 1997/98 (a), S. 52 f.; o. V., 1997 (g), S. 54 f.<br />

3


4<br />

hängige Bestellungen ermöglicht. Es entspricht aber auch dem Bedürfnis nach<br />

Entertainment und Infotainment, indem es die Kunden aufgrund seiner Mult<strong>im</strong>edialität<br />

an<strong>im</strong>iert.<br />

Handelsunternehmen<br />

Bedürfnis nach Bequemlichkeit<br />

Faxshopping Onlineshopping Teleshopping<br />

Technologien<br />

Servicestrategie "Homeshopping"<br />

Konsument<br />

Abbildung 2: Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel als „Enabler“ für<br />

kundenorientierte Servicestrategien<br />

Neue Technologien enthalten ein enormes Innovationspotential für den Handel, auch<br />

wenn die Bedeutung für den Kunden nicht <strong>im</strong>mer erkennbar und durch Marktforschung<br />

auch nur bedingt belegbar ist. Der Kunde kann gerade bei innovativen Technologien<br />

den Nutzen schwer einschätzen, da die Technologie häufig für ihn unsichtbar<br />

bleibt. Dies liegt daran, dass neue Technologien auch „abseits“ vom POS <strong>im</strong><br />

Handel eine wichtige Rolle spielen. <strong>Management</strong>informationssysteme, Data Warehouse<br />

und Database Marketing sind einige <strong>Innovationen</strong>, die starke Veränderungen<br />

und damit Herausforderungen für den Handel mit sich bringen, vom Kunden aber als<br />

Technologie nicht wahrgenommen werden. 20<br />

Chancen der neuen Technologien <strong>im</strong> Handel sind:<br />

• Mehr Transparenz und Effizienz <strong>im</strong> Warengeschäft (Scanning, Warenwirtschaftssysteme,<br />

Data Warehouse, <strong>Management</strong> Information Systems)<br />

• Neuartige Ansprache der Kunden (Internet, TV-Shopping, interaktives TV) und<br />

dadurch bessere Befriedigung spezifischer Kundenbedürfnisse<br />

• Bessere Information und Produktpräsentation (CD-ROM-Kataloge, Kiosksysteme<br />

am POS)<br />

• Chance, sich verstärkt auf den Kunden auszurichten und ihn besser kennenzulernen,<br />

eine Fähigkeit, die dem Handel aufgrund seiner Grösse und Zentralisation<br />

verlorengegangen ist<br />

20 Vgl. Möhlenbruch/Nickel, 1995, S. 107 ff. Ausserdem gibt Trommsdorff, 1995/96 einen guten<br />

Überblick zum Informationsmanagement <strong>im</strong> Handel.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

• Effizienzsteigerung in den Geschäftsprozessen wie z. B. Warenbestellung, Preisauszeichnung,<br />

Logistik usw. (automatisches Bestellwesen, elektronische Preisetiketten)<br />

„Durch neue Technologien können in Zukunft pr<strong>im</strong>är die Bedürfnisse nach Bequemlichkeit,<br />

Schnelligkeit und Unterhaltung befriedigt werden. Heute steht der Preis noch<br />

stärker <strong>im</strong> Vordergrund. In 10-15 Jahren wird der Kunde seine Freizeit lieber nicht an<br />

der Kasse und den Bedienungstheken verbringen wollen.“ 21<br />

Neben den Chancen bringen die Technologien auch Gefahren für den Handel mit<br />

sich. 22 Abbildung 3 zeigt diese Gefahren der technologischen Entwicklungen für den<br />

Handel. Die meisten der hier aufgeführten Auswirkungen haben sich erst in den<br />

letzten 10-15 Jahren ergeben. Weitere Auswirkungen wird die Zukunft bringen. So<br />

steckt beispielsweise das Onlineshopping heute noch in den Kinderschuhen, so dass<br />

sich seine Diffusion und Akzeptanz erst in den nächsten Jahren herausstellen werden.<br />

• Bessere Informationsbasis durch<br />

Scanning und ECR<br />

• Direktvertrieb der Hersteller<br />

• Schnittstellen, z. B. durch<br />

automatisches Bestellwesen<br />

Verhandlungsmacht<br />

Lieferanten<br />

• Neue Teleshopping-Anbieter<br />

• Onlineshopping-Spezialisten<br />

• Bestellterminals, z. B. in<br />

Tankstellen und auf Flughäfen<br />

Neue Konkurrenten<br />

Konkurrenzsituation<br />

des Unternehmens<br />

Substitution<br />

Abbildung 3: Gefahren neuer Technologien für den Handel 23<br />

1.1.2 Besonderheit <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

• Hersteller beliefern direkt<br />

• Versender<br />

• Convenience-Shops als<br />

Verteilstationen<br />

• Logistikspezialisten mit Knowhow<br />

für He<strong>im</strong>lieferungen<br />

Verhandlungsmacht<br />

Kunden<br />

• Preisinformationen durch<br />

Vergleichsmöglichkeiten, z. B.<br />

<strong>im</strong> Internet<br />

• Markttransparenz durch<br />

internationale Angebote in den<br />

neuen Medien<br />

• Intensiver Wettbewerb<br />

Was unterscheidet technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel von anderen <strong>Innovationen</strong>,<br />

z. B. von Sort<strong>im</strong>entsinnovationen, Dienstleistungsinnovationen, <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Bereich der Marktbearbeitung oder Betriebstypeninnovationen? Technologische <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel haben <strong>im</strong> Vergleich zu den anderen, teilweise genannten <strong>Innovationen</strong><br />

einen höheren Freiheitsgrad. Zu den <strong>Management</strong>herausforderungen,<br />

21 Aussage aus einem Expertengespräch.<br />

22 Vgl. Rode, 1997 (b), S. 50; o. V., 1997 (o), S. 58 und o. V., 1997 (n), S. 54 f.<br />

5


6<br />

die alle Innovationsprojekte mit sich bringen, muss bei technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

zusätzlich die technologische D<strong>im</strong>ension beherrscht werden. Dies steigert die Komplexität<br />

bei technologischen <strong>Innovationen</strong>. Deutlich wird dieser Aspekt <strong>im</strong> Vorgehenskonzept,<br />

das in dieser Arbeit entwickelt wird (vgl. Kapitel 4). Der Schritt der<br />

Technologieanalyse ist ein spezieller Vorgehensschritt, der nur für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> notwendig ist. Handelsmanager werden in diesem Schritt mit einer<br />

Aufgabe konfrontiert, die bisher nicht zu ihren Tätigkeiten gehörte und eher in der<br />

Industrie üblich ist.<br />

Zusätzlich bergen technologische <strong>Innovationen</strong> beträchtliche Zukunftsrisiken in sich.<br />

Setzt ein Handelsunternehmen auf eine falsche Technologie, d. h. auf eine Techno-<br />

logie, die sich am Markt nicht durchsetzt (z. B. die Bildplatte in den 80er Jahren oder<br />

Standardsoftware von nicht überlebensfähigen Kleinanbietern), dann wird über kurz<br />

oder lang die Technologie nicht mehr weiterentwickelt. Der fehlende Support hat zur<br />

Folge, dass die Investitionen verlorengehen, sieht man einmal von den Lerneffekten<br />

ab, die vielleicht auf andere Technologien oder Projekte transferiert werden können.<br />

Auch andere <strong>Innovationen</strong> bergen Risiken in sich, jedoch ist die wirtschaftliche Tragweite<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> sehr gross. Im Fallbeispiel des zweiten Kapitels<br />

wurden über 45 Mio. Sfr. in technologische Systeme investiert. Karstadt stellte ein<br />

Budget von 65 Mio. DM für neue Medien (Internet und mult<strong>im</strong>ediale Systeme) zur<br />

Verfügung. 24 Bertelsmann und Metro engagieren sich stark <strong>im</strong> Internet und stellen<br />

noch mehr Kapital zur Verfügung, um das Medium zu beherrschen. 25 Bertelsmann<br />

investiert mindestens 250 Mio. DM in „Bertelsmann Online“, um Bücher <strong>im</strong> Internet<br />

zu verkaufen. 26 Diese Zahlen verdeutlichen einerseits die ständig zunehmende<br />

Bedeutung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel, andererseits die Notwendigkeit,<br />

sich mit diesen <strong>Innovationen</strong> verstärkt auseinanderzusetzen. Die Besonderheiten<br />

und die heutige und vor allem künftige Bedeutung neuer Technologien für den<br />

Handel rechtfertigen die Konzentration des Dissertationsprojektes auf die<br />

Untersuchung von technologischen <strong>Innovationen</strong>.<br />

1.1.3 Problemstellung: Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel –<br />

Herausforderung an das Innovationsmanagement<br />

Angesichts der Chancen, Gefahren und Besonderheiten neuer Technologien bekommt<br />

das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> eine besondere Bedeutung<br />

für den Handel. Auch die befragten Handelsmanager 27 sehen eine zunehmende<br />

Notwendigkeit für ein Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel (vgl. Abbildung 4). Leichte<br />

23<br />

In Anlehnung an Porter, 1983, S. 26.<br />

24<br />

Vgl. o. V., 1996 (i), S. 4.<br />

25<br />

Zu den Internetaktivitäten von Metro vgl. auch o. V., 1996 (h), S. 6.<br />

26<br />

Vgl. Boldt, 1998, S. 64.<br />

27<br />

Zu der Befragung vgl. Abschnitt 1.4.2.1.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Zust<strong>im</strong>mung finden auch die Aussagen, dass der Handel zu viel kopiert und zu wenig<br />

exper<strong>im</strong>entiert oder dass die technologischen <strong>Innovationen</strong> derzeit und künftig die<br />

wichtigsten <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind.<br />

Da sich der Einsatz von technologischen <strong>Innovationen</strong> gegenüber Kunden <strong>im</strong> Handel<br />

bisher auf ein Min<strong>im</strong>um beschränkte, ist der Handel heute herausgefordert, sich den<br />

neuen Gegebenheiten anzupassen. 28 Die traditionellen Konzepte, Strukturen, Prozesse,<br />

Kulturen und Verhaltensweisen der Handelsunternehmen sind den neuen<br />

Anforderungen <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> oft nicht gewachsen. „Unternehmensführer<br />

und bewährte Führungsmethoden versagen unter diesen Umständen, nicht<br />

weil sie schlechter geworden sind, sondern weil derartige Wandlungsprozesse andere<br />

Eigenschaften und Instrumente verlangen.“ 29 „Führung für den ‚Normalfall‘ des<br />

betrieblichen Geschehens, für den Routine-Alltag, schliesst Innovationsorientierung<br />

<strong>im</strong> Regelfall nicht – jedenfalls nicht systematisch – ein; <strong>im</strong> Gegenteil: Zum Teil erwachsen<br />

aus Führungstätigkeiten, die für das tägliche Geschäft konzipiert sind,<br />

Hemmnisse und Widerstände gegen die Denkhaltung, die eine Innovationsorientierung<br />

ausmacht bzw. begünstigt, und damit gegen die Generierung und Implementierung<br />

von Innovationsprojekten.“ 30 Innovationshemmnisse gibt es in allen Bereichen<br />

des Unternehmens (Organisation, Kultur, Strategie usw.). „Unternehmen müssen<br />

sich, [...] ausgehend von der Unternehmensspitze, als Ganzes in Frage stellen und<br />

unter Umständen ‚neu erfinden‘. Innovation wird hier zum Schlüssel der Zukunft.“ 31<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel werden häufig technologiegetrieben und<br />

nicht marktorientiert entwickelt (vgl. dazu auch Kapitel 2 und 4) 32 , ausserdem hindern<br />

Innovationshemmnisse Handelsunternehmen bei der erfolgreichen Entwicklung und<br />

Umsetzung von technologischen <strong>Innovationen</strong>. „Über alle <strong>Management</strong>ebenen hinweg<br />

erweist sich bei Innovationsprojekten die Umsetzungsphase als problematisch.<br />

Dies trifft insbesondere für die Verhaltensebene zu.“ 33 Handelsunternehmen sind<br />

heute gefordert, sich auf den künftigen Innovationswettbewerb <strong>im</strong> Bereich der neuen<br />

Technologien einzustellen und ein professionelles und systematisches Innovationsmanagement<br />

zu betreiben, um dadurch Innovationshemmnisse zu überwinden, ihr<br />

Profil zu schärfen, Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen und letztlich ihre<br />

Überlebensfähigkeit langfristig zu sichern. Die Arbeit liefert Hinweise für eine<br />

marktorientierte Vorgehensweise und die Gestaltung der Rahmenbedingungen für<br />

eine erfolgreiche Umsetzung.<br />

28 Vgl. o. V., 1997 (i), S. 17.<br />

29 Staudt, 1992, S. 12.<br />

30 Berthel, 1987, S. 6.<br />

31 Zahn/Weidler, 1992, S. 17.<br />

32 Einheitliche Aussage in allen geführten Expertengesprächen.<br />

33 Rudolph, 1999, S. 240. Vgl. auch S. 239.<br />

7


8<br />

7<br />

100%<br />

6<br />

30,1%<br />

st<strong>im</strong>me<br />

voll zu<br />

80%<br />

5,95<br />

49,1%<br />

5<br />

56,3% 57,5%<br />

4,54 4,50<br />

16,8%<br />

60%<br />

Mittelwert<br />

91,2%<br />

4,23<br />

4<br />

Anteil<br />

14,3%<br />

3,47<br />

40%<br />

3<br />

16,8%<br />

17,9%<br />

53,1%<br />

36,6%<br />

20%<br />

st<strong>im</strong>me<br />

gar nicht<br />

zu<br />

2<br />

4,4%<br />

25,7%<br />

25,8%<br />

4,4%<br />

1<br />

0%<br />

Notwendigkeit für Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel hat<br />

zugenommen (n = 113)<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong><br />

sind die wichtigsten<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel (n = 113)<br />

Der Handel<br />

kopiert zu viel<br />

(n = 112)<br />

Der Handel<br />

exper<strong>im</strong>entiert<br />

zu wenig<br />

(n = 112)<br />

Das Handelsangebot ist<br />

insgesamt langweilig und<br />

zu wenig innovativ<br />

(n = 113)<br />

Statements<br />

st<strong>im</strong>me nicht zu (1-3) neutral (4) st<strong>im</strong>me zu (5-7) Mittelwert<br />

Lesebeispiel: Der Mittelwert des Statements "Das Handelsangebot ist insgesamt langweilig und zu wenig innovativ" beträgt 3,47 [siehe verbindende Linie].<br />

53,1% von 113 Befragten st<strong>im</strong>men diesem Statement nicht zu (Note 1-3), 16,8% sind unentschieden (Note 4) und 30,1% st<strong>im</strong>men diesem<br />

Statement zu (Note 5-7) [siehe gestapeltes Säulendiagramm].<br />

Abbildung 4: Bedeutung des Innovationsmanagements <strong>im</strong> Handel aus Sicht<br />

der befragten Handelsexperten


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen<br />

Diese Arbeit soll dazu beitragen, das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel erfolgreicher zu gestalten. Dazu werden die Entstehung von technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel untersucht, Erfolgsfaktoren und Innovationshemmnisse für<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> in Handelsunternehmen identifiziert und Handlungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt, wie damit <strong>im</strong> Rahmen des Innovationsprozesses umgegangen<br />

werden kann. Im Folgenden sind die Ziele der Arbeit aufgeführt:<br />

Hauptziel der Arbeit ist es, Modelle und Konzepte zu entwickeln bzw. aufzuzeigen,<br />

durch die ein systematisches <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

ermöglicht wird, mit dem Ziel, den Innovationserfolg zu steigern.<br />

Aus dem Hauptziel lassen sich die folgenden Subziele ableiten:<br />

• Zusammenführung von technologiegetriebener und marktorientierter Innovationsentwicklung<br />

• Entwicklung eines Vorgehenskonzeptes für technologische <strong>Innovationen</strong><br />

• Identifikation von Erfolgsfaktoren und Innovationshemmnissen<br />

• Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Gestaltung innovationsfördernder<br />

Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

erfolgreich umzusetzen.<br />

Die Ziele lassen sich durch die in Abbildung 5 aufgeführten Forschungsfragen konkretisieren.<br />

Als Gliederung dient der Innovationsprozess mit seinen drei Phasen (Inventionsphase,<br />

Innovationsphase, Diffusionsphase [vgl. Abschnitt 1.5.1.6]). Der<br />

Schwerpunkt der Arbeit soll in der Inventionsphase und Innovationsphase liegen, da<br />

in diesen Phasen über den Erfolg der Innovation entschieden wird. Die<br />

Diffusionsphase beschäftigt sich mit der Verbreitung der Innovation, es geht um den<br />

Erfolg und die Durchsetzung am Markt (vgl. Abschnitt 1.5.1.6).<br />

Der oberste Leitgedanke und die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestehen darin,<br />

praxisrelevante und verwertbare Lösungskonzepte zu erarbeiten und nicht nur eine<br />

reine Systematisierung oder Typologisierung vorzunehmen.<br />

9


10<br />

Zentrale<br />

Fragestellung:<br />

Forschungsfragen:<br />

Inventionsphase<br />

Wie können Handelsunternehmen<br />

technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> marktorientiert<br />

entwickeln und dadurch<br />

eine erfolgreiche<br />

Bedürfnisbefriedigung für<br />

den Kunden erreichen?<br />

• Wie kann eine systematischeBedürfnisanalyse<br />

durchgeführt<br />

werden?<br />

• Wie kann eine systematischeTechnologieanalyse<br />

durchgeführt<br />

werden?<br />

• Wie können Kundenbedürfnisse<br />

und<br />

Technologiepotentialezusammengeführt<br />

werden?<br />

Abbildung 5: Forschungsfragen der Arbeit<br />

1.3 Rahmenmodell und Vorgehen<br />

Innovationsphase<br />

Wie werden<br />

technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

zielgruppengerecht<br />

(Mitarbeiter, Kunden) und<br />

erfolgreich umgesetzt?<br />

• Welche Erfolgsfaktoren<br />

und Hemmnisse beeinflussen<br />

die Umsetzung<br />

<strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong>?<br />

• Wie kann eine erfolgreiche<br />

Umsetzung<br />

erreicht werden?<br />

• Wie müssen die Rahmenbedingungen<br />

gestaltet<br />

werden?<br />

Diffusionsphase<br />

Wie kann der Erfolg<br />

einer technologischen<br />

Innovation <strong>im</strong> Handel<br />

beurteilt werden?<br />

• Wie kann der Erfolg<br />

einer technologischen<br />

Innovation gemessen<br />

werden?<br />

• Gibt es quantitative<br />

Messgrössen?<br />

Das Rahmenmodell in Abbildung 6 beschreibt die für das Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel relevanten Wirkungszusammenhänge und ermöglicht durch die Zuordnung<br />

der Kapitel einen Überblick über die Vorgehensweise dieser Arbeit.<br />

Kapitel 1 legt die Grundlagen der Arbeit, liefert die notwendigen Definitionen der verwendeten<br />

Begriffe und zeigt Gründe für Innovationschancen und Innovationsdruck <strong>im</strong><br />

Handel auf. Das Untersuchungsobjekt, die technologische Innovation <strong>im</strong> Handel, wird<br />

erklärt und an Beispielen erläutert.<br />

Kapitel 2 bringt ein umfassendes Fallbeispiel, um die theoretisch erläuterte Problemstellung<br />

zu illustrieren und erste Schlussfolgerungen für das Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel ziehen zu können. Das Fallbeispiel wird in verschiedenen Kapiteln als<br />

Referenz wieder aufgegriffen.<br />

Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Erfolgsmessung und Erfolgsdefinition <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel. Dabei zeigt sich, dass eine einheitliche Definition<br />

nicht existiert und qualitative Zielgrössen überwiegen, die in Form von Zielkatalogen<br />

zum Einsatz kommen.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

In Kapitel 4 wird ein Vorgehenskonzept zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel entwickelt, das sich an drei Kernherausforderungen zum <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel (die ebenfalls in diesem Kapitel erarbeitet<br />

werden) orientiert. Im Vordergrund stehen die Marktorientierung und Technologieanalyse.<br />

Kapitel 5 vertieft einen Schritt des Vorgehenskonzeptes, die Realisierung. Anhand<br />

der Ergebnisse zur schriftlichen Befragung der Handelsmanager werden Ansatzpunkte<br />

für die innovationsfördernde Gestaltung der sechs Kräftefelder (organisatorisches,<br />

konzeptionelles, kulturelles, personelles, wirtschaftliches und technologisches<br />

Kräftefeld) aufgezeigt.<br />

In Kapitel 6 wird eine Kausalanalyse durchgeführt, um herauszufinden, ob alle Erfolgsfaktoren<br />

einen gleichen Einfluss haben oder einzelne Erfolgsfaktoren besonders<br />

wirksam sind.<br />

In Kapitel 7 wird der Erfolgsfaktor „innovationsfördernde Unternehmenskultur“ vertieft<br />

behandelt, da dieser sich in Kapitel 6 als erfolgskritisch herausstellen wird.<br />

11


12<br />

Kapitel 2<br />

Fallbeispiel<br />

Handelsunternehmen<br />

Kapitel 1<br />

Problemstellung<br />

Grundlagen<br />

Organisatorisches<br />

Kräftefeld<br />

Kapitel 7<br />

Unternehmenskultur<br />

Konzeptionelles<br />

Kräftefeld<br />

Kulturelles<br />

Kräftefeld<br />

Kostendruck<br />

Wettbewerb<br />

Rationalisierung<br />

Erfolgsfaktoren<br />

oder<br />

Hemmnisse<br />

Kapitel 4<br />

Vorgehenskonzept<br />

Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel<br />

Technologische<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

Invention Innovation Diffusion<br />

Innovationsdruck und<br />

Innovationschancen<br />

<strong>im</strong> Handel<br />

Erfolgsfaktoren<br />

oder<br />

Hemmnisse<br />

Abbildung 6: Rahmenmodell und Aufbau der Arbeit<br />

Profilierung<br />

Technologisches<br />

Kräftefeld<br />

Wirtschaftliches<br />

Kräftefeld<br />

Trends <strong>im</strong><br />

Kaufverhalten<br />

Technologische<br />

Veränderungen<br />

Personelles<br />

Kräftefeld<br />

Kapitel 5+6<br />

6 Kräftefelder und<br />

Erfolgsfaktoren<br />

Kapitel 3<br />

Erfolgsbeurteilung<br />

Zeitdruck<br />

= Auslöser = Ziel = Kräftefeld = Kapitel der Arbeit


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

1.4 Forschungsansatz und Forschungsmethode<br />

1.4.1 Anwendungsorientierte und realitätsorientierte Forschung<br />

„Die Probleme, welche den angewandten Wissenschafter interessieren und von denen<br />

er ausgeht bei seinen Bemühungen um Erkenntnisgewinnung, sind aber durchaus<br />

andere als diejenigen des reinen Wissenschafters. Liegt dessen Ziel in der Erkenntnisgewinnung<br />

an sich, so strebt der angewandte Wissenschafter nach praktisch<br />

nützlichem Wissen.“ 34 Diese Aussage von H. Ulrich kann als Grundsatz dieser Arbeit<br />

gesehen werden. Ziel ist es, realitätsorientierte Marketingforschung zu betreiben.<br />

„Realitätsorientierte Marketingforschung versucht praktisch relevante Probleme und<br />

Phänomene auf dem Wege eines theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu<br />

erklären und zu lösen.“ 35 Im Vordergrund dieser Arbeit steht die Verwendbarkeit der<br />

Ergebnisse für die Handelspraxis.<br />

Da technologische <strong>Innovationen</strong> heute eine starke Profilierungswirkung <strong>im</strong> Handel<br />

entfalten können (vgl. Abbildung 6) und eine hohe Bedeutung für den Kunden haben,<br />

liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit in den Bereichen Handelsmanagement und<br />

Marketing. Dabei wird Marketing als „marktgerichtete und marktgerechte Unternehmenspolitik“<br />

36 verstanden. Dieses umfassende Verständnis von Marketing bedeutet,<br />

dass in dieser Arbeit nicht „nur“ die Schnittstelle Kunde – Handelsunternehmen betrachtet<br />

wird, sondern das gesamte Unternehmen mit seinen Innovationsprozessen<br />

und den dabei auftretenden Erfolgsfaktoren und Innovationshemmnissen <strong>im</strong> Zentrum<br />

der Betrachtung steht. Marketing als marktgerichtete und marktgerechte Unternehmenspolitik<br />

stellt an die Unternehmen die grosse Herausforderung der abteilungsübergreifenden<br />

Marktorientierung.<br />

An diesem hohen Anspruch werden die Ergebnisse und Lösungsansätze dieser Arbeit<br />

gemessen, wollen sie denn wirklich Teil einer realitätsorientierten Marketingforschung<br />

sein.<br />

34 Ulrich, 1981, S. 5.<br />

35 Tomczak, 1992, S. 83.<br />

36 Weinhold, 1987, S. 34.<br />

13


14<br />

1.4.2 Forschungsmethode<br />

Eine Beschränkung auf nur quantitative Methoden kann der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes<br />

(Innovationsprozess) nicht gerecht werden und würde situative<br />

Gegebenheiten zu wenig berücksichtigen. Ausserdem bewegen sich quantitative<br />

Methoden auf einem zu hohen Abstraktionsniveau, das keine anschauliche Illustration<br />

von Problemen und Lösungen am Einzelfall ermöglicht.<br />

Eine ausschliesslich qualitative Vorgehensweise käme dagegen der individuellen<br />

Beratung sehr nahe und liesse kaum generelle Schlüsse zu, das Abstraktionsniveau<br />

37 wäre zu gering.<br />

„Qualitative und quantitative Forschung sind nötig und lassen sich in einem Projekt<br />

oft ausgezeichnet kombinieren“. 38 Diese Aussage von Belz trifft auch auf das vorliegende<br />

Projekt zu. Aufgrund der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes und<br />

der Zielsetzung, verwertbare Lösungsvorschläge zu erarbeiten, ist es erforderlich,<br />

einen Methodenmix einzusetzen.<br />

Forschungsfrage Methodik<br />

• Wie kann durch den Einsatz neuer<br />

Technologien <strong>im</strong> Handel eine erfolgreiche<br />

Bedürfnisbefriedigung für den Kunden<br />

erreicht werden?<br />

• Wie kann eine systematische Bedürfnisanalyse<br />

durchgeführt werden?<br />

• Wie kann eine systematische Technologieanalyse<br />

durchgeführt werden?<br />

• Wie können Kundenbedürfnisse und<br />

Technologiepotentiale zusammengeführt<br />

werden?<br />

• Welche Erfolgsfaktoren und Hemmnisse<br />

beeinflussen die Umsetzung <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong>?<br />

• Wie kann eine erfolgreiche Umsetzung<br />

erreicht werden?<br />

• Wie kann der Erfolg einer technologischen<br />

Innovation gemessen werden?<br />

• Gibt es quantitative Messgrössen?<br />

• Deskresearch<br />

• Konzeptionelle Ausarbeitung<br />

• Expertengespräche<br />

• Analyse von Fallbeispielen<br />

• Schriftliche quantitative Umfrage bei<br />

Handelsmanagern mit multivariater<br />

Auswertung<br />

• Expertengespräche<br />

• Analyse von Fallbeispielen<br />

Schaukasten 1: Methodenmix aus quantitativer und qualitativer Forschung<br />

37 Tomczak, 1992, S. 81.<br />

38 Belz, 1995, S. 2.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

1.4.2.1 Quantitative Forschung<br />

„Quantitative Marketingforschung<br />

lässt sich durch ein relativ hohes Abstraktionsniveau, was aber mit einer gewissen<br />

Oberflächlichkeit einhergeht, charakterisieren.“ 39<br />

Eine Besonderheit dieser Arbeit liegt in dem eindeutigen Branchenfokus (Handel),<br />

der so in der wissenschaftlichen Literatur bisher nicht gegeben ist. 40 Da es bisher in<br />

der Literatur keine empirischen Untersuchungen zum Innovationsmanagement <strong>im</strong><br />

Einzelhandel gibt 41 , war es notwendig, eine Pr<strong>im</strong>ärerhebung bei Handelsmanagern<br />

durchzuführen, um so die relevanten Fragestellungen spezifisch für den Einzelhandel<br />

untersuchen zu können.<br />

1.4.2.1.1 Schriftliche Befragung zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Es wurden Handelsmanager mit einem teilstandardisierten Fragebogen schriftlich<br />

befragt, um eine Repräsentativität zu erreichen, die allgemeine Schlüsse zulässt (erhöhtes<br />

Abstraktionsniveau). 42 Eine erste Version des Fragebogens entstand theoriegeleitet.<br />

Der Fragebogen wurde dann aufgrund von Expertengesprächen und Analysen<br />

der Fallstudien (insbesondere der Fallstudie Migros) weiterentwickelt. Pretests<br />

mit verschiedenen Handelsmanagern führten zu einer eindeutigen, (möglichst) einfachen,<br />

nicht suggestiven und neutralen Fragenformulierung. 43<br />

Der Fragebogen enthält offene Fragen (Fragen 4, 5, 11 und 20), die dazu dienen, best<strong>im</strong>mte<br />

Fragestellungen, z. B. welche technologischen <strong>Innovationen</strong> den Handel<br />

derzeit besonders beschäftigen, explorativ zu beantworten. Die Fragen 3, 13 und 22-<br />

25 sind nicht metrisch skaliert. Die verwendete Nominalskala ermöglicht die „Klassifi-<br />

zierung qualitativer Eigenschaftsausprägungen“ 44 , z. B. die Klassifizierung nach Un-<br />

ternehmensgrösse und Branche, und ist Voraussetzung z. B. für Diskr<strong>im</strong>inanzanalysen.<br />

45 Der Grossteil der Fragen (Frage 1, 2, 6, 9, 10, 12, 14-19 und 21) ist durch eine<br />

Intervallskala metrisch skaliert. 46 Genaugenommen handelt es sich bei diesen Fragen<br />

um Ordinalskalen, „solange die Annahme gleicher Skalenabstände unbestätigt<br />

ist“. 47 Die metrische Skala von 1 bis 7 wurde bewusst gewählt, um strukturenprü-<br />

fende (z. B. Regressionsanalyse und Diskr<strong>im</strong>inanzanalyse) und strukturenentdek-<br />

39<br />

Tomczak, 1992, S. 81.<br />

40<br />

Vgl. Möhlenbruch/Nickel, 1995, S. 108.<br />

41<br />

Vgl. Abschnitt 1.5.1.<br />

42<br />

Der Fragebogen befindet sich <strong>im</strong> Anhang C.<br />

43<br />

Vgl. Bohley, 1992, S. 517; Bruhn, 1989, S. 75; Kromrey, 1995, S. 277 f.<br />

44<br />

Backhaus et al., 1996, S. XV.<br />

45<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. XIX.<br />

46<br />

Vgl. Berekhoven/Eckert/Ellenrieder, 1991, S. 68.<br />

47<br />

Backhaus et al., 1996, S. XVI.<br />

15


16<br />

kende (z. B. Faktorenanalyse und Clusteranalyse) multivariate Verfahren anwenden<br />

zu können. 48<br />

In der schriftlichen Befragung wurden ausschliesslich technologische <strong>Innovationen</strong><br />

untersucht. Dies ist möglich, wie sich in einer empirischen Studie von Rudolph zum<br />

Projektmanagement gezeigt hat, indem der Befragte den Fragebogen zum Innovationsmanagement<br />

für ein best<strong>im</strong>mtes (technologieorientiertes) Projekt ausfüllt. 49 So<br />

gibt es <strong>im</strong> Fragebogen einen definitorischen Teil (Teil I), einen eher allgemeinen Teil<br />

zum Innovationsmanagement (Teil II), einen „demographischen“ Teil (Teil VI) und<br />

drei Teile, in denen sich der Befragte auf ein reales, technologisches Innovationsprojekt<br />

beschränkt (Teile III-V). 50<br />

1.4.2.1.2 Ziele und Inhalte der Befragung<br />

Die Befragung berücksichtigt vier Ebenen, die in Abbildung 7 dargestellt sind. Das<br />

Innovationskl<strong>im</strong>a, die Innovation selbst und das Vorgehen bzw. der Innovationsprozess<br />

haben direkten Einfluss auf den Erfolg der Innovation. Die allgemeinen Aussagen<br />

dienen dazu, die Bedeutung des Themas und die Notwendigkeit eines aktiven<br />

Innovationsmanagements aufzuzeigen.<br />

1. Allgemeines zum Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel<br />

Dieses ist die Ebene in der Befragung, die am wenigsten gewichtet wurde. Lediglich<br />

die Fragen 1 (Selbsteinschätzung, wie innovativ das Unternehmen ist), 2 (Statements<br />

zum Innovationsmanagement), 3 (organisatorische Verankerung des Innovationsmanagements)<br />

und 4 (Nennung der drei wichtigsten aktuellen <strong>Innovationen</strong>) des<br />

Fragebogens sind diesem Block zuzuordnen. Ziel ist es, die Bedeutung des Themas<br />

zu belegen und einen Branchenüberblick zu geben. Zu diesem Teil können auch die<br />

„demographischen“ Fragen 22-25 gezählt werden (Branche, Funktion, Erfolgsentwicklung,<br />

Umsatzgrösse).<br />

2. Innovation<br />

Diese Ebene der Befragung betrachtet die Eigenschaften der Innovation selbst. Dahinter<br />

steht die Hypothese, dass die Eigenschaften der Innovation situativ best<strong>im</strong>men,<br />

welche Rahmenbedingungen und welche Vorgehensweisen zum gewünschten<br />

Innovationserfolg führen. Im Fragebogen sind die Fragen 5 (Name und Beschreibung<br />

der Innovation), 6 (Eigenschaften der Innovation), 7 (Anzahl der beteiligten Personen),<br />

8 (Dauer des Innovationsprojektes), 9 (Zielverfolgung und Zielerreichung), 10<br />

(Erfolgsbeurteilung der Innovation) und 11 (offene Gründe für ein Scheitern der Inno-<br />

48 Vgl. Backhaus et al., 1996, S. XVIII ff.<br />

49 Vgl. Rudolph, 1999, S. 216.<br />

50 Vgl. Fragebogen <strong>im</strong> Anhang C.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

vation) diesem Teil zuzuordnen. Ziel ist es, aus den Eigenschaften der <strong>Innovationen</strong><br />

zu erkennen, welche Kriterien wie auf den Erfolg der Innovation einwirken.<br />

3. Innovationsprozess und Vorgehen<br />

Das Vorgehen <strong>im</strong> Innovationsprozess ist ein wichtiger Erfolgsbaustein für <strong>Innovationen</strong>.<br />

Deswegen findet auch diese Ebene Berücksichtigung <strong>im</strong> Fragebogen. Die<br />

Fragen 3 (organisatorische Verankerung des Innovationsmanagements), 12 (Erfolgsfaktoren),<br />

13 (Innovationshemmnisse), 20 (Methoden zur Ideenfindung) und 21<br />

(Ansatzpunkte zur Steigerung des Innovationserfolges) des Fragebogens beziehen<br />

sich auf diese Ebene. Ziel ist es, eine „best practice“ <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

herauszufinden.<br />

Innovationsprozess<br />

und Vorgehen<br />

Allgemeines zum<br />

Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong><br />

Handel<br />

Befragung<br />

Abbildung 7: Vier Ebenen der Befragung<br />

Innovation<br />

Innovationsumfeld<br />

(Unternehmen)<br />

4. Innovationsumfeld<br />

Die Arbeit geht von sechs Kräftefeldern aus, die als Hemmnisse oder Erfolgsfaktoren<br />

den Innovationsprozess in Handelsunternehmen behindern oder fördern (vgl. Abschnitt<br />

1.5.1.8 und Kapitel 5). Die sechs Kräftefelder bilden das Innovationsumfeld<br />

und stellen einen Schwerpunkt sowohl in der Arbeit als auch in der Befragung dar.<br />

Die Befragung analysiert diese Kräftefelder und versucht herauszufinden, wie die<br />

Kräftefelder opt<strong>im</strong>al „eingestellt“ sein müssen, damit eine Innovation erfolgreich ist.<br />

17


18<br />

Abbildung 8 zeigt die Fragestellungen, die hinter den Kräftefeldern stehen. Im Fragebogen<br />

sind die Fragen 1, 3, 12-19 diesem Teil zuzuordnen. Ziel ist es, das Umfeld<br />

und die Rahmenbedingungen für erfolgreiche und weniger erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

und Unternehmen identifizieren zu können, um daraus Rückschlüsse für Gestaltungsempfehlungen<br />

geben zu können.<br />

1.4.2.1.3 Die Stichprobe<br />

Da eine Vollerhebung aller Handelsunternehmen in der Schweiz und in Deutschland<br />

in den verschiedenen Branchen aus Kosten- und Zeitgründen nicht realistisch ist 51 ,<br />

wurde eine Teilerhebung durchgeführt. Die relativ grosse Stichprobe von 987 Probanden<br />

(vgl. Schaukasten 2) wurde aufgrund der Branche und Unternehmensgrösse<br />

ausgewählt. 52 Es handelt sich um eine Zufallsstichprobe. 53 Befragt wurden Handelsmanager<br />

aus der Geschäftsführung und dem mittleren <strong>Management</strong>, vorwiegend<br />

aus den Bereichen Marketing und Verkauf. Diese Zielgruppe wurde bewusst gewählt,<br />

da das Innovationsmanagement eine strategische Aufgabe darstellt und von den<br />

genannten Funktionsbereichen gestaltet wird. Ausserdem erlauben diese Funktionen<br />

den notwendigen Überblick, um den Fragebogen qualifiziert beantworten zu können.<br />

Land Anzahl versendeter<br />

Fragebögen<br />

Response absolut Response in<br />

Prozent<br />

Schweiz 380 64 16,8<br />

Deutschland 607 47 7,7<br />

Gesamt 987 113 54<br />

11,5<br />

Schaukasten 2: Fragebogenversand und Responsewerte<br />

51 Vgl. Kromrey, 1995, S. 188 f.; Meffert, 1998, S. 143 und Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 724.<br />

52 Vgl. dazu die Angaben der Branchen und Unternehmensgrössen <strong>im</strong> Fragebogen.<br />

53 Vgl. Bohley, 1992, S. 500; Kromrey, 1995, S. 211 f. und Berekhoven/Eckert/Ellenrieder, 1991, S. 49.<br />

54 Zwei Fragebögen konnten dem Herkunftsland nicht zugeordnet werden.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Organisatorisches<br />

Kräftefeld<br />

•Hierarchien<br />

•Flexibilität<br />

•Beständigkeit der Organisation<br />

•Entscheidungsfreiräume<br />

•Informationsfluss<br />

•Entscheidungswege<br />

•Aufgabenkoordination<br />

Konzeptionelles Kräftefeld<br />

•Zielsetzungen<br />

•Ausgestaltung von Konzepten<br />

•Kommunikation von Konzepten<br />

Handelsunternehmen<br />

Kulturelles Kräftefeld<br />

•Risikobereitschaft<br />

•Offenheit<br />

•Umgang mit Fehlern und Erfolgen<br />

•Umgang und Verhalten<br />

•Führung<br />

Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel<br />

Invention Innovation Diffusion<br />

Technologisches<br />

Kräftefeld<br />

•Know-how<br />

•Akzeptanz und Verständnis der Kunden<br />

•Mitarbeiter Akzeptanz/Offenheit<br />

•Förderung von Know-how<br />

•Technologische Innovationskraft<br />

Personelles<br />

Kräftefeld<br />

•Bildungsstand<br />

•Teamarbeit<br />

•Fluktuation (Input von Neuem)<br />

•Kreatives Potential<br />

•Altersstruktur<br />

•Generalisten/Spezialisten<br />

•Weiterbildung<br />

•Konfliktfähigkeit<br />

•Veränderungsbereitschaft<br />

•Leistungshonorierung<br />

Wirtschaftliches Kräftefeld<br />

•Umsatzstärke<br />

•Renditestärke<br />

•Vorgaben und Einfluss des Finanzbereichs<br />

•Eigenkapitalanteil<br />

Abbildung 8: Analyse der Kräftefelder durch die Befragung<br />

19


20<br />

1.4.2.1.4 Der Stichprobenrücklauf<br />

Da andere empirische Untersuchungen gezeigt haben, dass es zunehmend schwierig<br />

wird, akzeptable Responsewerte zu erreichen, wurde die Befragung in Kooperation<br />

mit zwei Unternehmen durchgeführt. Ziel der Kooperation war es, durch Nutzung<br />

von Adressen und Kundenbeziehungen der Kooperationspartner die Responsequote<br />

zu erhöhen. So wurden 987 Handelsmanager persönlich angeschrieben. Dem Anschreiben<br />

lag ein Fragebogen (11 Seiten) und ein adressierter und frankierter Rükkumschlag<br />

bei. Als „Incentive“ wurde den Probanden eine Kurzauswertung der Umfrage<br />

versprochen. Da bei der ersten Welle der Rücklauf bereits 100 (vgl.<br />

Schaukasten 2) vollständig ausgefüllte Fragebögen überschritt, wurde aus forschungsökonomischen<br />

Gründen (Kosten- und Zeitgründe) auf eine Nachfassaktion<br />

verzichtet. Aber auch <strong>im</strong> Vergleich mit anderen Befragungen kann die Rücklaufquote<br />

von 11,5% unter Berücksichtigung des umfangreichen Fragebogens als zufriedenstellend<br />

bezeichnet werden.<br />

Unter den 116 zurückgeschickten Fragebögen waren fünf nicht vollständig ausgefüllt.<br />

Zwei Fragebögen konnten telefonisch vervollständigt werden. Drei Fragebögen<br />

konnten nicht vervollständigt werden, da die Befragten nicht alle Angaben machen<br />

konnten bzw. wollten. Diese drei Fragebögen wurden in die Auswertungen nicht einbezogen.<br />

In zwei Fragebögen beurteilten die Befragten noch nicht abgeschlossene<br />

<strong>Innovationen</strong>, so dass einzelne Fragen nicht vollständig ausgefüllt werden konnten.<br />

Da es sich nicht um zentrale Fragen handelt, sind diese Fragebögen in der Auswertung<br />

berücksichtigt.<br />

1.4.2.1.5 Die Repräsentativität der Stichprobe<br />

„Repräsentativität heisst in diesem Zusammenhang: Es besteht Kongruenz zwischen<br />

theoretisch definierter Gesamtheit und tatsächlich durch die Stichprobe repräsentierter<br />

Gesamtheit; oder: Die Stichprobe ist ein ‚verkleinertes Abbild‘ einer angebbaren<br />

Grundgesamtheit.“ 55 Ob jedoch die Stichprobe ein verkleinertes Abbild der<br />

Grundgesamtheit darstellt, ist nur schwer zu entscheiden. Stier stellt diesen Anspruch<br />

grundsätzlich in Frage: „Durch fast die gesamte Literatur zu empirischen Forschungsmethoden<br />

geistert die Vorstellung, wonach eine Stichprobe, insbesondere<br />

eine Zufallsstichprobe, ein ‚verkleinertes Abbild‘ der Grundgesamtheit ist oder wenigstens<br />

sein sollte und an diesem verkleinerten Abbild könnten, so die Vorstellung,<br />

die Verhältnisse in der Grundgesamtheit in ‚repräsentativer‘ Weise studiert werden.“<br />

56 Anhand eines Beispiels illustriert Stier, „dass die Redeweise von einer ‚repräsentativen‘<br />

Stichprobe <strong>im</strong> Grunde genommen als inhaltsleer zu apostrophieren ist“ 57 ,<br />

und kommt schliesslich zu dem Schluss: „Abweichungen von Stichprobenverteilun-<br />

55 Kromrey, 1995, S. 197.<br />

56 Stier, 1996, S. 159.<br />

57 Stier, 1996, S. 161.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

gen von Verteilungen in der Grundgesamtheit sind nicht die Ausnahme, sondern die<br />

Regel. [...] Was jedoch Zufallsstichproben von nicht-zufälligen grundlegend unterscheidet,<br />

ist die Tatsache, dass bei ihnen ein ‚Repräsentationsschluss‘ erlaubt ist.“ 58<br />

Die Ausführungen von Stier zeigen, dass in keinem Fall 59 der Anspruch einer vollständig<br />

repräsentativen Stichprobe erhoben werden kann, da dafür die Wahrscheinlichkeit<br />

praktisch gleich Null ist. 60<br />

Die Repräsentativität der für die Befragung gewählten Stichprobe kann hier nicht abschliessend<br />

bewiesen werden. Einen möglichen Weg zeigt Rudolph, indem er die<br />

Repräsentativität anhand des in der Stichprobe vertretenen Umsatzes aufzeigt. 61<br />

Diese Vorgehensweise eignet sich auch für die vorliegende Untersuchung, da praktisch<br />

die gleiche Grundgesamtheit untersucht wurde. Die Grundgesamtheit der Befragung<br />

sind Grossflächenanbieter und Filialisten in Deutschland und der Schweiz.<br />

Für die Schweiz kann von einer repräsentativen Stichprobe ausgegangen werden, da<br />

alle Handelsunternehmen mit grossflächigen Verkaufsstellen an der Befragung teilgenommen<br />

haben. Schaukasten 3 zeigt die Stichprobenstruktur für den deutschen<br />

Lebensmitteleinzelhandel, wobei es sich dabei um Unternehmen handelt, die sowohl<br />

Food- als auch Non-Food-Produkte anbieten, so z. B. SB-Warenhäuser.<br />

Rangfolge<br />

nach<br />

Umsatz<br />

In Prozent vom<br />

Gesamtumsatz<br />

(Grundgesamtheit)<br />

Umsatz<br />

Grundgesamtheit<br />

in<br />

Mrd. DM<br />

Umsatz der<br />

Unternehmen<br />

aus der Ist-<br />

Stichprobe in<br />

Mrd. DM<br />

21<br />

Ist-Stichprobe<br />

in Prozent<br />

zum Gesamtumsatz<br />

1-10 80,5 % 286,06 239,76 83,8 %<br />

11-20 10,5 % 37,31 15,74 42,2 %<br />

21-50 7,6 % 27,00 4,85 18,0 %<br />

Rest 1,4 % - - -<br />

Schaukasten 3: Stichprobenverteilung der Befragung <strong>im</strong> Verhältnis zur<br />

Grundgesamtheit 62<br />

Schaukasten 3 zeigt, dass über 70 Prozent des Umsatzes der Branchenführer in der<br />

Stichprobe vertreten sind. Dazu kommen weitere Handelsunternehmen, die an der<br />

Befragung teilgenommen haben, aber nicht in der Statistik zum Lebensmitteleinzelhandel<br />

erfasst sind, wie z. B. Bertelsmann, Otto Versand, Quelle Versand usw. Ausserdem<br />

haben in vielen Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben,<br />

58<br />

Stier, 1996, S. 161.<br />

59<br />

Ausgenommen die Quotenstichprobe. Vgl. Stier, 1996, S. 161.<br />

60<br />

Stier, 1996, S. 160.<br />

61<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 217.<br />

62<br />

In Anlehnung an Rudolph, 1999, S. 217. Marktdaten aus M+M Eurodata, 1997, S. IV, 3 ff.


22<br />

mehrere Mitarbeiter den Fragebogen ausgefüllt, so dass unterschiedliche Perspektiven<br />

erfasst wurden. Die Repräsentativität der Stichprobe für den deutschen Lebensmittelhandel<br />

kann damit als gut bezeichnet werden.<br />

Dennoch zeigen die kurzen Ausführungen zum Repräsentanzproblem 63 , dass für die<br />

vorliegende Untersuchung nicht der Anspruch der vollständigen Repräsentativität<br />

erhoben werden kann. Dieses ist aber nicht nur ein Problem der vorliegenden Untersuchung.<br />

Hauschildt analysierte 35 grosszahlige empirische Untersuchungen und<br />

musste feststellen, dass keine die Frage der Repräsentativität abschliessend beantworten<br />

konnte. 64 Diese Einsicht soll aber nicht dazu verleiten, die Ergebnisse der<br />

empirischen Untersuchung zu ignorieren. Vielmehr sollen die Ausführungen für einen<br />

bewussten und vorsichtigen Umgang mit den empirischen Ergebnissen sensibilisieren.<br />

Die Ergänzung der quantitativen Befragung durch qualitative Forschungsmethoden<br />

(vgl. Abschnitt 1.4.2.2) trägt zu einer Validierung der empirischen Ergebnisse<br />

bei.<br />

1.4.2.1.6 Zusammensetzung der Ist-Stichprobe<br />

Die folgenden Abbildungen zeigen die Zusammensetzung der Ist-Stichprobe. Mit<br />

38,9% der befragten Unternehmen ist die Lebensmittelbranche am stärksten vertreten,<br />

gefolgt von Textil/Schuhe und Möbel/Hausrat/Einrichtung (vgl. Abbildung 9).<br />

In der Kategorie „andere“ wurden z. B. Warenhäuser, Baumärkte und<br />

Buch/Verlagsprodukte genannt. 66,4% der befragten Unternehmen sind <strong>im</strong> stationären<br />

Handel tätig. 18,6% sind <strong>im</strong> Versandhandel aktiv.<br />

22,1% der befragten Unternehmen haben 1997 einen Umsatz von unter 50 Mio.<br />

Sfr./DM erzielt. 39,0% liegen zwischen 50 und 999 Mio. Sfr./DM Umsatz 1997. 38,9%<br />

erzielten 1997 einen Umsatz von über 1 Mrd. Sfr./DM (vgl. Abbildung 10). Auswertungen<br />

nach der Umsatzgrösse der Handelsunternehmen ergaben wenig signifikante<br />

Ergebnisse mit Aussagekraft. 65 Beispielsweise sind in Handelsunternehmen mit einem<br />

Umsatz unter 50 Mio. Sfr./DM signifikant weniger Personen an der Innovationsentwicklung<br />

beteiligt (vier Personen <strong>im</strong> Durchschnitt) als bei Unternehmen mit<br />

einem Umsatz von über 450 Mio. Sfr./DM (zehn Personen <strong>im</strong> Durchschnitt). Auch<br />

dauern die Projekte in kleineren Unternehmen nicht so lange (11 versus 22 Monate).<br />

Ein Vergleich der Aussagen zum Innovationsmanagement (vgl. Abbildung 4) nach<br />

Unternehmensgrösse 66 zeigt, dass die kleineren Handelsunternehmen (Umsatz unter<br />

63 Vgl. Fritz, 1995, S. 106 ff. und Rudolph, 1999, S. 215 ff.<br />

64 Vgl. Hauschildt, 1991, S. 464.<br />

65 Vgl. Albers/Eggers, 1990, S. 24 ff.; dagegen Hauschildt, 1997, S. 32; auch Kao sieht in der<br />

Unternehmensgrösse einen wichtigen Einflussfaktor für das Innovationsmanagement (vgl. Kao, 1992,<br />

S. 8 f.).<br />

66 Es wurden nach dem Umsatz drei Gruppen gebildet: bis 50 Mio. Sfr./DM, 50-450 Mio. Sfr./DM und<br />

über 450 Mio. Sfr./DM.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

50 Mio. Sfr./DM) dem Statement „der Handel ist langweilig und zu wenig innovativ“<br />

zust<strong>im</strong>men, hingegen die grösseren Handelsunternehmen (Umsatz über 450 Mio.<br />

Sfr./DM) diese Aussage tendenziell ablehnen. Umgekehrt verhält es sich bei dem<br />

Statement „technologische <strong>Innovationen</strong> sind derzeit und künftig die wichtigsten <strong>Innovationen</strong>,<br />

die den Handel beschäftigen“. Die kleineren Handelsunternehmen lehnen<br />

diese Aussage tendenziell ab. Grössere Handelsunternehmen st<strong>im</strong>men der Aussage<br />

zu. Eine mögliche Erklärung dieser Einschätzungen liegt in der Ressourcenstärke<br />

der grösseren Unternehmen. Die Arbeitsteilung bei Grossunternehmen ermöglicht<br />

es ihnen, gerade <strong>im</strong> technologischen Bereich <strong>Innovationen</strong> zu realisieren. 67<br />

Die personellen Ressourcen hindern KMUs, technologische <strong>Innovationen</strong> zu entwik-<br />

keln oder anzuwenden, z. B. Category <strong>Management</strong>. „Aufgrund ihrer Ressourcenschwäche<br />

werden die kleinen Handelsunternehmen <strong>im</strong>mer Probleme haben, technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> umzusetzen. Diese sind aber die grosse Masse der Handelsunternehmen,<br />

und nur die Top 10 haben die notwendigen Kapazitäten.“ 68<br />

Die befragten Handelsmanager sollten die Entwicklung des Unternehmenserfolges<br />

(Gewinn) <strong>im</strong> Durchschnitt der letzten fünf Jahre angeben. 71,4% der befragten Handelsmanager<br />

gaben für ihr Unternehmen ein Wachstum (positive Entwicklung) an<br />

(vgl. Abbildung 11). 15,2% gaben eine Stagnation (Wachstum 0%), 13,4% eine<br />

Schrumpfung an. Ein Vergleich von wachsenden und stagnierenden/schrumpfenden<br />

Handelsunternehmen 69 zeigte, dass ein Zusammenhang zur Innovationskraft besteht.<br />

Wachsende Handelsunternehmen bezeichnen sich als innovativer und haben<br />

innovationsförderlichere Rahmenbedingungen.<br />

In Frage 23 des Fragebogens waren die Handelsmanager aufgefordert, ihre Funktion<br />

in ihrem Unternehmen anzugeben. Die befragten Handelsmanager sind zu 49,6% in<br />

der Geschäftsführung tätig. Zusammen mit der Gruppe der leitenden Angestellten<br />

eines Funktionsbereiches sind 81,5% der befragten Handelsmanager in einer leitenden/geschäftsführenden<br />

Funktion (vgl. Abbildung 12).<br />

67 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 32.<br />

68 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

69 Es wurden nach der Entwicklung des Unternehmenserfolges in den vergangenen fünf Jahren zwei<br />

Gruppen gebildet: Wachstum grösser 0% (Wachstum) und Wachstum gleich 0% bzw. kleiner 0%<br />

(Stagnation/Schrumpfung).<br />

23


24<br />

Lebensmittel<br />

Textil/Schuhe<br />

Möbel/Hausrat/<br />

Einrichtung<br />

Sport/Spiel/Freizeit<br />

Unterhaltungselektronik<br />

Versandhandel<br />

stationärer<br />

Handel<br />

32,7%<br />

29,2%<br />

25,7%<br />

24,8%<br />

23,6%<br />

38,9%<br />

76,4%<br />

0% 20% 40% 60% 80%<br />

Anteil (n = 113)<br />

Lesebeispiel: 38,9% von 113 befragten Unternehmen sind in der<br />

Lebensmittelbranche tätig. Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 9: Verteilung der Branchen in der Stichprobe


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

unter 50 Mio.<br />

Sfr./DM<br />

50 bis 150 Mio.<br />

Sfr./DM<br />

151 bis 450 Mio.<br />

Sfr./DM<br />

451 bis 999 Mio.<br />

Sfr./DM<br />

1 Mrd. bis 5 Mrd.<br />

Sfr./DM<br />

5,1 Mrd. bis 10 Mrd.<br />

Sfr./DM<br />

über 10 Mrd. Sfr./DM<br />

3,5%<br />

8,0%<br />

10,6%<br />

15,9%<br />

15,1%<br />

22,1%<br />

24,8%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%<br />

Anteil (n = 113)<br />

Lesebeispiel: 10,6% von 113 befragten Unternehmen erzielten 1997 über<br />

10 Mrd. Sfr./DM Umsatz.<br />

Abbildung 10: Verteilung der Umsatzklassen (Umsatz 1997) in der Stichprobe<br />

25


26<br />

Wachstum<br />

über 10%<br />

Wachstum<br />

grösser 0% bis 10%<br />

Stagnation<br />

(Wachstum 0%)<br />

Schrumpfung<br />

(Veränderung kleiner 0%)<br />

15,2%<br />

13,4%<br />

25,9%<br />

45,5%<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />

Anteil (n = 112)<br />

Lesebeispiel: 25,9% von 112 befragten Unternehmen erzielten in den letzten<br />

fünf Jahren <strong>im</strong> Durchschnitt ein Wachstum von über 10%.<br />

Abbildung 11: Verteilung der Entwicklung des Unternehmenserfolges (durchschnittlicher<br />

Gewinn der letzten fünf Jahre) in der Stichprobe


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Geschäftsführung<br />

Leitung eines<br />

Funktionsbereiches<br />

Stabsfunktion<br />

Filialleitung<br />

Mitarbeiter eines<br />

Funktionsbereiches<br />

3,5%<br />

1,8%<br />

13,2%<br />

31,9%<br />

49,6%<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%<br />

Anteil (n = 113)<br />

Lesebeispiel: 49,6% von 113 Befragten sind in der Geschäftsführung tätig.<br />

Abbildung 12: Funktionen der befragten Handelsmanager<br />

27


28<br />

1.4.2.2 Qualitative Forschung<br />

„Qualitative Marketingforschung<br />

ist dadurch gekennzeichnet, dass gründlich, aber auf niedrigem Abstraktionsniveau,<br />

mit Methoden wie Fallforschung, Analogien, vielen verschiedenen Quellen etc. gearbeitet<br />

wird.“ 70<br />

„Empirische Forschung muss sich stärker mit den komplexen Situationen in einzelnen<br />

Unternehmungen und Märkten befassen. Die gründliche und kritische Diagnose<br />

von Einzelfällen ist ergiebiger als mit grossen Stichproben nur kleine und standardisierte<br />

Ausschnitte der Wirklichkeit zu erfassen.“ 71 Die quantitative Vorgehensweise,<br />

wie in Abschnitt 1.4.2.1 beschrieben, liefert repräsentative Schlüsse zu den Problemschwerpunkten<br />

sowie allgemeine Aussagen zum Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel,<br />

zu Hemmnissen und Erfolgsfaktoren, zum Vorgehen <strong>im</strong> Innovationsprozess <strong>im</strong><br />

Handel und zu Verbesserungspotentialen. Die Befragung ermöglicht aber keine Vertiefung<br />

einzelner Fragestellungen und kann nur Ideen für mögliche Problemlösungen<br />

oder Handlungsanweisungen geben. Diese Vertiefung erfolgt in Form von qualitativen<br />

Methoden, konkret durch Expertengespräche und Fallforschung. 72 „Der Forscher<br />

wählt nicht nur eine Stichprobe durch die Wahl der Untersuchungssubjekte; er betrachtet<br />

auch lediglich Ausschnitte der Realität. Qualitative Forschung ist restriktiv in<br />

der Zahl der Untersuchungssubjekte und extensiv in der erfassten Realität.“ 73<br />

1.4.2.2.1 Expertengespräche<br />

Zur Konzeption des Fragebogens, zur Analyse und Darstellung des Innovationsprozesses,<br />

zur Vertiefung der Problemschwerpunkte und zur Ideengenerierung von Lösungsansätzen<br />

wurden Expertengespräche mit Handelsmanagern geführt. 74<br />

Das Expertengespräch wird in der Literatur auch als offenes Interview, Leitfadengespräch<br />

75 oder freies Interview 76 bezeichnet. Bei diesen freien Interviews „bedient man<br />

sich anstatt eines strukturierten Fragebogens eines Interviewleitfadens, auf dem die<br />

zu erörternden Problemkreise vermerkt sind, ohne jedoch Reihenfolge und Wortlaut<br />

der Fragestellung <strong>im</strong> einzelnen festzulegen“. 77 Der Nachteil dieser Forschungsmethodik<br />

liegt darin, dass durch den Einfluss des Interviewers auf den Befragten verzerrte<br />

Antworten entstehen können. 78 Andererseits: „Häufig besteht durch die jeder-<br />

70 Tomczak, 1992, S. 81.<br />

71 Belz, 1991, S. 9.<br />

72 Vgl. Belz, 1995, S. 4.<br />

73 Belz, 1995, S. 2.<br />

74 Vgl. Anhang 1, „Verzeichnis der Expertengespräche“.<br />

75 Vgl. Stier, 1996, S. 190.<br />

76 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 742 und Meffert, 1998, S. 152.<br />

77 Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 742. Vgl. auch Anhang A, „Leitfaden der Expertengespräche“.<br />

78 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 742 und Meffert, 1998, S. 152.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

zeitige Anpassung an den Gesprächspartner jedoch erst die Möglichkeit, die tatsächliche<br />

Meinung des Befragten zu erfahren und wertvolle Zusatzinformationen zu<br />

erfassen.“ 79<br />

Die geführten Expertengespräche lassen sich in explorative, deskriptiv-vertiefende<br />

und validierende Interviews unterscheiden. 80 Ziele und Art der Durchführung der drei<br />

Typen lassen sich aus Schaukasten 4 entnehmen.<br />

Kriterium Explorative<br />

Expertengespräche<br />

Deskriptivvertiefende<br />

Expertengespräche<br />

29<br />

Validierende<br />

Expertengespräche<br />

Forschungsphase Startphase Vertiefungsphase Opt<strong>im</strong>ierungsphase<br />

Gesprächsziel Überblick zur Thematik;<br />

Problemfelder erkennen;Fragebogenkonzeption<br />

Expertenauswahl Handelsmanager, die<br />

sich mit allgemeinen<br />

und technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

beschäftigen;<br />

Technologieexperten,<br />

die einen Bezug zum<br />

Handel haben<br />

Anzahl<br />

Gespräche<br />

Leitfaden für alle Gespräche<br />

vergleichbar 81<br />

Auswertung vergleichende Querauswertung<br />

vertiefende Analyse<br />

von Problemschwerpunkten,<br />

die sich aus<br />

der Befragung ergeben<br />

haben; Erarbeitung der<br />

Fallstudie; Erarbeitung<br />

von Handlungsempfehlungen<br />

Handelsmanager, die<br />

besondere Erfahrungen<br />

mit technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

haben<br />

Diskussion und Opt<strong>im</strong>ierung<br />

der entwikkelten<br />

Lösungsansätze<br />

und Empfehlungen<br />

Handelsmanager, die<br />

besondere Erfahrungen<br />

mit technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

und Innovationsmanagement<br />

allgemein<br />

haben<br />

7 5 5<br />

für jedes Gespräch<br />

individuell<br />

Einzelauswertung für<br />

die Fallstudie und die<br />

entsprechenden<br />

Kapitel<br />

Schaukasten 4: Eigenschaften der geführten Expertengespräche 82<br />

79 Meffert, 1998, S. 152.<br />

80 Vgl. Dautzenberg, 1996, S. 9.<br />

81 Vgl. Anhang 2, „Leitfaden der Expertengespräche“.<br />

für jedes Gespräch<br />

individuell<br />

Einzelauswertung für<br />

die jeweiligen Abschnitte<br />

der Arbeit


30<br />

1.4.2.2.2 Fallforschung<br />

Weitere qualitative Forschung erfolgt in Form von Fallstudien und Kurzbeispielen zu<br />

best<strong>im</strong>mten Themenschwerpunkten. „Fallstudien – und in besonderem Masse Einzelfallstudien<br />

– dienen <strong>im</strong> Rahmen ‚quantitativer‘ Sozialforschung in erster Linie explorativen<br />

Zwecken: Ein Gegenstandsbereich der sozialen Realität soll zunächst deskriptiv<br />

aufgearbeitet werden, um <strong>im</strong> Anschluss daran empirisch begründbare theoretische<br />

Konzepte, Theorien, Hypothesen entwickeln zu können.“ 83 Diese Ziele verfolgt<br />

die Fallforschung auch in dieser Arbeit:<br />

• Aufzeigen des Vorgehens zum Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel (deskriptiv)<br />

• Identifikation von Problemschwerpunkten und Lösungsansätzen<br />

• Ableitung eines möglichen Innovationskonzeptes<br />

In Kapitel 2 ist eine umfangreiche Fallstudie dargestellt, die mehrere für den Handel<br />

wichtige technologische <strong>Innovationen</strong> (z. B. MIS, Scanning, Data Warehouse usw.)<br />

enthält. Diese Fallstudie soll den Einstieg in die Thematik erleichtern und den Leser<br />

auf die Problemschwerpunkte aus Sicht der Praxis sensibilisieren. Die Erhebung der<br />

Fallstudie erfolgte durch Expertengespräche (vgl. Abschnitt 1.4.2.2.1) und Dokumentenanalyse<br />

von Daten und Materialien, welche das beteiligte Unternehmen zur<br />

Verfügung gestellt hat. 84 Die Kurzbeispiele wurden in die jeweiligen Kapitel eingearbeitet,<br />

um die bearbeiteten Inhalte anhand der Praxis zu verdeutlichen. „Die eigentliche<br />

Wirkung der Fallstudienforschung besteht jedoch darin, ‚tiefgründiges Wissen‘ zu<br />

vermitteln, das über das oberflächliche Speichern von Informationen hinausgeht und<br />

zu einem besseren Verständnis der Materie führt.“ 85 Die durch Expertengespräche<br />

erhobenen Kurzfallbeispiele betreffen folgende Unternehmen:<br />

• Art Collection 86<br />

• Bertelsmann Buchclub<br />

• Breuninger<br />

• dm-drogerie markt<br />

• Handelsunternehmen für Lebensmittel 87<br />

• Karstadt<br />

• Kaufhof<br />

• Migros Genossenschaft St. Gallen<br />

• Sainsbury´s<br />

• Superquinn<br />

• Wal-Mart<br />

82 Nach Dautzenberg, 1996, S. 9.<br />

83 Kromrey, 1995, S. 426.<br />

84 Vgl. Bonoma, 1986, S. 33.<br />

85 Bonoma, 1986, S. 33; vgl. zum Einsatz von Fallstudien auch Belz, 1989, S. 8 f.<br />

86 Der Name wurde auf Wunsch des Unternehmens geändert.<br />

87 Der Name wurde auf Wunsch des Unternehmens nicht genannt.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Abbildung 13 zeigt, wie der Methodenmix <strong>im</strong> Forschungsprozess eingesetzt wurde.<br />

Explorative<br />

Expertengespräche<br />

= Forschungsphase<br />

Exploration<br />

= Forschungsmethodik<br />

Schriftliche<br />

Befragung<br />

Konzeption<br />

Fallstudien<br />

Expertengespräche<br />

Deskresearch/Konzeptionelle Ausarbeitung<br />

Deskriptivvertiefende<br />

Expertengespräche<br />

Abbildung 13: Der Methodenmix <strong>im</strong> Forschungsprozess<br />

Validierung<br />

Validierende<br />

Expertengespräche<br />

31


32<br />

1.5 Innovationsmanagement in Forschung und Praxis<br />

1.5.1 Innovationsmanagement in der Forschung<br />

Grundsätzlich fliessen die Erkenntnisse der Innovationsforschung in die jeweiligen<br />

Kapitel ein und werden problembezogen verarbeitet. Deswegen wird an dieser Stelle<br />

auf eine umfassende Darstellung verzichtet. Dieser Abschnitt konzentriert sich auf<br />

einen einführenden Überblick und liefert die notwendigen Grundlagen, auf denen die<br />

Arbeit aufbaut.<br />

Die bisherigen Untersuchungen zum Innovationsmanagement und zu Innovationshemmnissen<br />

88 sind entweder stark auf die Industrie ausgerichtet oder ohne Branchenfokus<br />

durchgeführt worden. 89 Innovationsmanagement wird häufig ausschliesslich<br />

theoriegetrieben behandelt. 90 Zwar gibt es verschiedene empirische Untersuchungen<br />

zum Innovationsmanagement 91 , wie z. B. von Bitzer 92 zu Innovationshemmnissen<br />

oder von Kirsch 93 , der allerdings nicht explizit von Innovationshemmnissen<br />

spricht, da es ihm eher um die Effizienz von Reorganisationsprozessen geht.<br />

Keine der empirischen Studien beschäftigt sich jedoch mit <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel.<br />

Innovationsmanagement wird in der betriebswirtschaftlichen Forschung überwiegend<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit industrieller Produktion, technischen Produkten, F&E,<br />

Schutz- und Patentrechten gesehen. 94 Das handelsbetriebliche Innovationsmanagement<br />

blieb bisher weitgehend unbearbeitet. 95 In den letzten Jahren hat, unter anderem<br />

aufgrund des verschärften Wettbewerbs und der technologischen Entwicklungen<br />

(vgl. Abbildung 1), der Innovationsbedarf <strong>im</strong> Handel deutlich zugenommen. Innovationsbedarf<br />

wird von Herzhoff als „– möglicherweise latenter – Mangel an Problemlösungsmöglichkeiten,<br />

bzw. als Mangelempfinden aus Sicht von Personen oder Personengruppen“<br />

96 umschrieben. Die zunehmende Bedeutung und Relevanz der <strong>Innovationen</strong><br />

und des Innovationsmanagements für den Handel zeigt sich in aktuellen Publikationen<br />

zu <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel. 97 Gegenwärtig überwiegen aber noch die Publikationen<br />

zu einzelnen <strong>Innovationen</strong> und innovativen Massnahmen, das Innovationsmanagement<br />

generell wird handelsspezifisch selten untersucht. 98<br />

88 Vgl. z. B. Bitzer, 1990 und Pleschak/Sabisch, 1996.<br />

89 Vgl. Bitzer, 1990, S. 46 f., der sich mit seiner Befragung ausschliesslich auf die F&E-Mitarbeiter von<br />

Industrieunternehmen konzentriert, und Berthel, 1987, S. 5.<br />

90 Vgl. Pleschak/Sabisch, 1996; Burns/Stalker, 1994.<br />

91 Vgl. Roberts/Burke, 1974; Michel, 1987; Cooper, 1975; Cooper, 1984 und<br />

Kleinschmidt/Geschka/Cooper, 1996.<br />

92 Bitzer, 1990.<br />

93 Kirsch, 1978.<br />

94 Vgl. Berth, 1990, S. 16 ff.; Trommsdorff, 1994, S. 459; Bitzer, 1990, S. 3 ff.; Pleschak/Sabisch,<br />

1996, S. 213 ff.; Frank/Marschner, 1998, S. 298; Staudt, 1992, 12 ff.<br />

95 Vgl. Trommsdorff, 1998, S. VI; Marschner, 1986, S. 35.<br />

96 Herzhoff, 1991, S. 29.<br />

97 Einen guten Überblick gibt Trommsdorff, 1998.<br />

98 Vgl. Trommsdorff, 1998, S. VIII.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Erfolgsfaktoren und Innovationshemmnisse wurden in der Forschung bisher sehr<br />

pauschal untersucht. Branchenspezifische Unterschiede wurden nicht gemacht. 99<br />

Aber gerade der Handel hat sich bisher mit diesem Thema nur unzureichend auseinandergesetzt,<br />

weil die Innovationsmöglichkeiten stark begrenzt waren und der Wettbewerbsdruck<br />

nicht so hoch gewesen ist. Durch neue technologische Möglichkeiten<br />

ist das Thema Innovation für den Handel jedoch aktueller geworden, so dass er der<br />

branchenspezifischen Untersuchung, die in Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit dargestellt<br />

wird, sinnvolle Hinweise entnehmen kann. Bei dieser Untersuchung wird zu<br />

prüfen sein, ob die für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel gewonnenen Ergebnisse<br />

von der gängigen Lehrmeinung über das Innovationsmanagement in der Industrie<br />

abweichen.<br />

1.5.1.1 Der Begriff der Innovation und des Innovationsmanagements<br />

Der Begriff „Innovation“ stammt aus dem Lateinischen (novus = neu) und bedeutet<br />

Neuerung, Neueinführung, Erneuerung oder auch die Neuheit selbst. 100 Schaukasten<br />

5 führt einige Definitionen zum Begriff der Innovation auf. Den Faktor Zeit und das<br />

Element der Neuheit und Veränderung haben alle Definitionen gemeinsam. Einerseits<br />

ist der Faktor Zeit <strong>im</strong> Aspekt der Neuerung enthalten, andererseits finden <strong>Innovationen</strong><br />

in der Regel unter starkem Zeitdruck statt. 101 Ein Handelsexperte formulierte<br />

die treffende Handlungsmax<strong>im</strong>e: „Pick up the fruits of the ground, than you can<br />

get the high hanging fruits in the tree. Get the low hanging fruits first.“ 102 Unter dem<br />

Aspekt der Profilierung und des „first mover´s advantage“ ist diese Aussage von besonderer<br />

Relevanz: Es ist besser, 80prozentige Lösungen zu realisieren als<br />

100prozentige zu verschleppen. 103<br />

Um die zeitliche Komponente der Innovation zu veranschaulichen, greift man am besten<br />

auf das Gesetz der Profilierungsdynamik <strong>im</strong> Handel zurück, wie es von Rudolph<br />

entwickelt wurde. 104 <strong>Innovationen</strong> sind Massnahmen, die der Früherkennungsphase<br />

zuzuordnen sind. „Die Früherkennungsphase kennzeichnen Profilierungsmassnahmen<br />

mit visionärem Charakter, für deren Einsatz keinerlei Profilierungsnotwendigkeit<br />

besteht, welche aber einen grossen Wettbewerbsvorteil versprechen.“ 105 Im Zeitverlauf<br />

wandern die <strong>Innovationen</strong> die Profilierungsgerade P hinunter. Dies geschieht<br />

durch Imitation anderer Händler und das veränderte Kundenbewusstsein, die Innovation<br />

gilt mit der Zeit als Selbstverständlichkeit.<br />

99 Vgl. Hauschildt, 1993, S. 85 ff.; Bierfelder, 1987; Bitzer, 1990.<br />

100 Vgl. Staudt, 1985, S. 486 und Herzhoff, 1991, S. 10.<br />

101 Vgl. Rudolph, 1999, S. 233.<br />

102 Aussage eines Handelsexperten in den Expertengesprächen.<br />

103 Vgl. auch Belz/Senn, 1997, S. 40.<br />

104 Vgl. Rudolph, 1993, S. 285 ff. Zum Zeitpunkt und Zeitbedarf einer Innovation vgl. Belz, 1981,<br />

S. 197 ff.<br />

105 Rudolph, 1993, S. 288.<br />

33


34<br />

Potentieller<br />

Wettbewerbsvorteil<br />

(Konkurrenz)<br />

Früherkennungszone<br />

P<br />

Profilierungszone<br />

Sicherheits-/<br />

Opt<strong>im</strong>ierungszone<br />

Abbildung 14: Gesetz der Profilierungsdynamik <strong>im</strong> Handel 106<br />

Profilierungsnotwendigkeit<br />

(Markt/Kunde)<br />

Der Handel ist somit aufgefordert, <strong>im</strong>mer neue profilgebende <strong>Innovationen</strong> in der<br />

Früherkennungszone zu initiieren, um sein Profil am Markt zu stärken.<br />

Der Begriff „Innovation“ wird, wie auch aus Schaukasten 5 zu ersehen ist, in der Praxis,<br />

aber auch in der Innovationsforschung unterschiedlich verwendet und definiert.<br />

107 Für die Innovation <strong>im</strong> Einzelhandel geben Möhlenbruch und Nickel eine<br />

mögliche Definition: „‚Produktinnovationen‘ <strong>im</strong> Handel stellen somit eine neuartige<br />

Kombination fremderstellter Sachleistungen und eigenerstellter Dienstleistungen<br />

(neue Handelsleistungen) dar.“ 108<br />

„An innovation is [...] any thought, behavior or thing that is new because it is qualitatively different<br />

from existing forms. [...] Strictly speaking, every innovation is an idea, or a constellation<br />

of ideas; that some innovations by their nature must remain mental organizations only,<br />

whereas others may be given overt and tangible expression.“ 109<br />

„We suggest defining innovation as the first or early use of an idea by one of a set of organizations<br />

with s<strong>im</strong>ilar goals.“ 110<br />

106 Rudolph, 1993, S. 286.<br />

107 Vgl. Schülin, 1995, S. 13 ff.; Kühner, 1990, S. 8 ff.; Meissner, 1989, S. 2 ff.; Herzhoff, 1991, S. 10;<br />

Frank/Marschner, 1998, S. 307 und die Zusammenstellung von Hauschildt, 1993, S. 5 f.<br />

108 Möhlenbruch/Nickel, 1995, S. 108.<br />

109 Barnett, 1953, S. 7.<br />

110 Becker/Whisler, 1967, S. 463.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

„Der Innovationsprozess stellt die ‚lange Welle‘ der Wertschöpfung dar, in der Unternehmen<br />

zuerst neue Märkte, neue Kunden und aufkommende sowie latente Wünsche identifizieren<br />

und befriedigen müssen. Sodann konstruieren und entwickeln Unternehmen auf ihrem Weg<br />

der Wertschöpfung und des Wachstums neue Produkte und Dienstleistungen, welche es<br />

ihnen ermöglichen, neue Märkte und Kunden zu erreichen und die identifizierten Kundenwünsche<br />

zu befriedigen.“ 111<br />

„Die Innovation ist eine signifikante Änderung <strong>im</strong> Status quo eines sozialen Systems, welche,<br />

gestützt auf neue Erkenntnisse, soziale Verhaltensweisen, Materialien und Maschinen, eine<br />

direkte und/oder indirekte Verbesserung innerhalb und/oder ausserhalb des Systems zum<br />

Ziele hat. Die Systemziele selbst können auch Gegenstand der Innovation sein.“ 112<br />

„Leistungsinnovation: sämtliche Massnahmen, die dazu dienen, neue Angebote zu kreieren<br />

und <strong>im</strong> Markt durchzusetzen.“ 113<br />

„When an enterprise produces a good or service or uses a method or input that is new to it, it<br />

makes a technical change. The first enterprise to make a given technical change is an innovator.<br />

Its action is innovation.“ 114<br />

„An innovation is the adoption of a change which is new to an organization and to the relevant<br />

environment.“ 115<br />

„Als <strong>Innovationen</strong> sollen alle Änderungsprozesse bezeichnet werden, die die Organisation<br />

zum ersten Mal durchführt.“ 116<br />

„Unter einer Innovation soll hier der gesamte Prozess der Erforschung, Entwicklung und Anwendung<br />

einer Technologie verstanden werden. Dieser Prozess besteht definitionsgemäss<br />

also aus mehreren logisch aufeinander folgenden Phasen (Subprozessen), die sich analytisch<br />

unterscheiden lassen.“ 117<br />

„Wir definieren Innovation als Umsetzung einer neuen nützlichen Idee von der Entstehung<br />

bis zur erfolgreichen praktischen Anwendung“. 118<br />

„Grundsätzlich kann alles, was <strong>im</strong> Unternehmen vorkommt, zur Innovation werden. Gleich,<br />

ob es sich um eine Organisationsstruktur, ein gutes neues Formular, eine strategische Entscheidung,<br />

eine Akquisition, einen neuen Produktionsprozess, eine Erfindung oder eine Serviceleistung<br />

handelt – all dies bietet Raum für Innovation.“ 119<br />

„Although innovation cannot be touched, heard, tasted or seen it can be felt. [...] In short, innovation<br />

is the engine of change and in today´s fiercely competitive environment resisting<br />

change is dangerous.“ 120<br />

Schaukasten 5: Definitionen zum Innovationsmanagement<br />

111 Kaplan/Norton, 1997, S. 94.<br />

112 Aregger, 1976, S. 118.<br />

113 Tomczak/Reinecke, 1998, S. 10.<br />

114 Schmookler, 1966.<br />

115 Knight, 1967, S. 478.<br />

116 Kieser, 1969, S. 742.<br />

117 Uhlmann, 1978, S. 41.<br />

118 Little, 1988, S. 15.<br />

119 Berth, 1990, S. 34.<br />

120 Ahmed, 1998, S. 30 f.<br />

35


36<br />

Der Autor wählt eine sehr offene Definition (vgl. Schaukasten 6) und lehnt sich unter<br />

anderem an die Definition von Webb an: „Innovation, by its nature, <strong>im</strong>plies a step into<br />

the unknown, and carries with it the risk that the result will not make a satisfactory<br />

return for the amount invested.“ 121 Diese Definition bezieht sich nicht explizit auf Produkte,<br />

F&E oder Produktion und eignet sich besonders für den Handel, da es bei <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel um Leistungsinnovationen eines Dienstleisters geht und nicht<br />

um die Innovation als physisches Produkt.<br />

Eine Innovation <strong>im</strong> Handel ist eine Neuerung, die durch ihren Neuigkeitsgrad, die<br />

damit verbundene Unsicherheit (Risiko), Komplexität und einen Konfliktgehalt charakterisiert<br />

ist und in oder von einem Handelsunternehmen entwickelt und/oder eingeführt<br />

wird. Dabei muss es sich nicht um eine „Weltneuheit“ handeln; auch Branchen-,<br />

Regionen- und Anwendungstransfers sind <strong>Innovationen</strong>. 122 <strong>Innovationen</strong> sind<br />

stark über den Faktor Zeit definiert, ihre Umsetzung ist zeitlich begrenzt (findet in der<br />

Regel unter Zeitdruck statt).<br />

Schaukasten 6: Definition von Innovation<br />

Eine ähnlich weitgreifende Definition, die auch den Dienstleistungsbereich umfasst,<br />

liefern Kotler/Bliemel: „Der Begriff Innovation bezeichnet jedes Produkt, jede Dienstleistung<br />

oder Idee, die jemand als neu wahrn<strong>im</strong>mt.“ 123 Thom identifiziert vier dominante<br />

Merkmale von <strong>Innovationen</strong> (Neuigkeitsgrad, Komplexität, Unsicherheit, Konfliktgehalt)<br />

124 , die in die Definition des Autors einfliessen und in Abbildung 15 wiedergegeben<br />

sind.<br />

121 Webb, 1994, S. 2.<br />

122 „Eine Innovation liegt dann vor, wenn eine Änderung für die jeweilige Unternehmung neu ist.“<br />

(Brose, 1982, S. 11). Vgl. auch Herzhoff, 1991, S. 11, die diese Aussage als anerkannte<br />

Begriffsfassung in der betriebswirtschaftlichen Literatur bezeichnet.<br />

123 Kotler/Bliemel, 1992, S. 532.<br />

124 Thom, 1992, S. 7.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Neuigkeitsgrad<br />

Konfliktgehalt Innovation<br />

Komplexität<br />

Unsicherheit/Risiko<br />

Abbildung 15: Vier dominante Merkmale von <strong>Innovationen</strong> 125<br />

In Anlehnung an die Produkt-Markt-Matrix von Ansoff 126 lassen sich die in dieser Arbeit<br />

betrachteten <strong>Innovationen</strong> auch über ihren Neuigkeitsgehalt für das Unternehmen<br />

und für den Markt definieren. Abbildung 16 gibt die Innovationsfelder schraffiert<br />

wieder, deren Neuerungen in dieser Arbeit als Innovation betrachtet werden. Der<br />

dunkler schraffierte Quadrant rechts oben zeigt den Raum für echte <strong>Innovationen</strong>,<br />

d. h. für diejenigen <strong>Innovationen</strong>, die nicht nur für das Handelsunternehmen, sondern<br />

auch für den Markt neu sind. 127<br />

125 Darstellung in Anlehnung an Thom, 1992, S. 7.<br />

126 Vgl. Ansoff, 1966, S. 132.<br />

127 Zum Begriff der echten Innovation vgl. Becker, 1993, S. 130 und Haedrich/Tomczak, 1996, S.<br />

152 f.<br />

37


38<br />

Für die Handelsunternehmung<br />

neu<br />

Für die Handelsunternehmung<br />

alt<br />

Abbildung 16: Innovationsfelder 128<br />

Für den Markt<br />

alt<br />

Für den Markt<br />

neu<br />

In der Definition zum Innovationsmanagement greift der Autor die Definition von<br />

Bleicher auf, die sich nicht instrumentell oder zeitlich beschränkt, sondern das Ziel in<br />

den Vordergrund stellt: „Innovationsmanagement umfasst die laufende Verbesserung<br />

aller Vorgänge und das fokussierte kreative Schaffen und Durchsetzen von<br />

Veränderungen durch die Gestaltung und Lenkung der Unternehmensentwicklung.“<br />

129<br />

Mit der Definition aus Schaukasten 7 ist die Aufgabe des Innovationsmanagements<br />

hier weiter gefasst als das übliche Verständnis <strong>im</strong> Sinne der reinen Produkt- bzw.<br />

Leistungsentwicklung.<br />

128 In Anlehnung an Ansoff, 1966, S. 132.<br />

129 Bleicher, 1992 (a), S. 458.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Innovationsmanagement ist der Umgang mit Neuerungen und den mit der Innovation<br />

verbundenen Herausforderungen (Neuigkeitsgrad, Risiko, Komplexität und Konfliktgehalt)<br />

in Unternehmen mit dem Ziel der Steigerung des Unternehmenserfolges.<br />

Innovationsmanagement ist in diesem Zusammenhang als ganzheitliche Aufgabe zu<br />

verstehen <strong>im</strong> Sinne einer innovationsorientierten Unternehmensführung. 130<br />

Schaukasten 7: Definition von Innovationsmanagement<br />

1.5.1.2 Der Begriff der Technologie<br />

Da sich diese Arbeit auf die technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel konzentriert,<br />

soll an dieser Stelle das der Arbeit zugrundeliegende Verständnis des Begriffs<br />

„Technologie“ definiert werden. Technologie und Technik werden heute häufig syn-<br />

onym verwendet. 131 Dennoch gibt es Differenzierungen wie z. B. von Wolfrum: „Dagegen<br />

bezeichnet Technologie die Wissenschaft von der Technik und umfasst somit<br />

das Wissen über die naturwissenschaftlich/technischen Wirkungszusammenhänge,<br />

die zur Lösung technischer Probleme genutzt werden können und die sich dadurch in<br />

Produkten und Verfahren niederschlagen. Zusammenfassend kann Technik als die<br />

konkrete Anwendung der Technologie in materieller Form mit dem Ziel der Problemlösung<br />

angesehen werden.“ 132 Demnach ist Technologie der übergeordnete Begriff,<br />

der nach der folgenden Definition des Brockhaus auch andere D<strong>im</strong>ensionen mit einbezieht:<br />

„Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Technologie unter Einbeziehung der<br />

Kameralwissenschaft als die Lehre von der Entwicklung der Technik in ihren gesellschaftlichen<br />

Zusammenhängen verstanden. [...] Heute wird mit Technologie auch die<br />

Gesamtheit der technischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Möglichkeiten, das technische<br />

Wissen eines Gebietes bezeichnet [...].“ 133 Auch für diese Arbeit soll die umfassendere<br />

Definition gelten, da es nicht um einzelne technische Aspekte geht, sondern<br />

um die Technologie als Problemlösung. Die Frage, welcher Techniken sich diese<br />

bedient, ist für die vorliegende Arbeit zweitrangig. So geht es beispielsweise um die<br />

Informationstechnologie und Scanningtechnologie insgesamt und nicht um einzelne<br />

verschiedene Scanningtechniken und ihre Funktionsweise.<br />

130 Vgl. zur innovationsorientierten Unternehmensführung Berthel, 1987, S. 6.<br />

131 Vgl. Brockhaus, 1993, Band 21, S. 680.<br />

132 Wolfrum, 1994, S. 4; vgl. auch Schülin, 1995, S. 40.<br />

133 Brockhaus, 1993, Band 21, S. 680.<br />

39


40<br />

1.5.1.3 Der Begriff der technologischen Innovation<br />

Untersuchungsobjekt dieser Arbeit ist die technologische Innovation. Grundsätzlich<br />

lässt sich dieser Begriff durch die Zusammenführung der Definitionen aus Abschnitt<br />

1.5.1.1 und 1.5.1.2 ableiten. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur Definition<br />

der Innovation <strong>im</strong> allgemeinen besteht in der Tatsache, dass die technologische<br />

Innovation <strong>im</strong> besonderen durch das zusätzliche Merkmal „erforderliches technisches<br />

Know-how“ charakterisiert ist, wie aus der Definition in Schaukasten 8 hervorgeht.<br />

In diesem Abschnitt soll aber auch eine Eingrenzung der zu betrachtenden technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> vorgenommen werden. Dazu dienen zwei Unterscheidungsd<strong>im</strong>ensionen:<br />

134 zum einen das Ziel, das mit der Innovation verfolgt wird, zum anderen<br />

die Betroffenheit, die durch die Innovation ausgelöst wird. Be<strong>im</strong> Ziel wird unterschieden<br />

zwischen „reiner“ Profilierung, „reiner“ Rationalisierung und der Integration<br />

beider Aspekte. Die Betroffenheit unterscheidet technologische <strong>Innovationen</strong>, die den<br />

Systembereich (z. B. Einkauf, Logistik, Warenwirtschaft), den Point of Sale oder das<br />

gesamte Unternehmen betreffen. 135 Abbildung 17 zeigt die Zuordnung verschiedener<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> in das Raster, geordnet nach den beiden Unterscheidungsd<strong>im</strong>ensionen<br />

„Ziel“ und „Betroffenheit“. Die Übersicht kann keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit erheben, da der technologische Wandel <strong>im</strong> Handel derzeit so dynamisch<br />

ist, dass eine permanente Aktualisierung notwendig wäre.<br />

134 Vgl. Rudolph, 1996 (b), S. 18.<br />

135 Vgl. Rudolph, 1996 (b), S. 18.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Betroffenheit<br />

Gesamtunternehmen<br />

POS<br />

Systembereich<br />

EAS<br />

EDI<br />

Warenwirtschaftssysteme<br />

WWS<br />

MDE<br />

CIT<br />

Automated Replenishment<br />

Electronic Shelf Labels<br />

Super Tag<br />

Scanning<br />

Internetshopping<br />

Elektronische Marktforschung<br />

(Visionary Shopper)<br />

Spacemanagement<br />

Rationalisierung Rationalisierung und<br />

Profilierung<br />

Profilierung<br />

Ziel<br />

MIS<br />

Data<br />

Warehouse<br />

CAD-<br />

Ladengestaltung<br />

Tracking<br />

Call Centers<br />

Data Mining<br />

Teleshopping<br />

Database<br />

Marketing<br />

Mult<strong>im</strong>edia-Terminals<br />

CD-ROM<br />

Infoboard<br />

Smart Card<br />

Instore-Radio/TV<br />

EFTPOS<br />

Temperature<br />

Logging System<br />

Automated Replenishment: Auch automatische Disposition genannt. 136 Lagerbestand und Verkaufszahlen<br />

werden s<strong>im</strong>ultan überwacht. Expertensysteme bestellen automatisch die Produktmenge,<br />

so dass ein opt<strong>im</strong>ales Angebot gewährleistet ist. 137<br />

Automated Replenishment für den Kunden: Das Prinzip des Automated Replenishment wird auf<br />

den Haushalt des Kunden übertragen. Der Kunde scannt die verbrauchten Artikel in seinem Haus und<br />

löst damit eine Bestellung bei seinem Händler aus. Dieser liefert ihm die bestellte Ware beispielsweise<br />

wöchentlich nach hause.<br />

Automation von Geschäftsprozessen via Internet: Die Anbindung von Lieferanten über EDI (siehe<br />

unten) zur Abwicklung von Bestellungen n<strong>im</strong>mt zu. Um auch kleineren Lieferanten die Möglichkeiten<br />

der elektronischen Abwicklung von Routineprozessen wie beispielsweise Bestellungen zu geben, nut-<br />

zen grosse Handelsunternehmen (z. B. Wal-Mart und Tesco) das Internet. Mit spezieller Software<br />

kann dann der Datenaustausch via Internet durchgeführt werden. 138 In diesem Zusammenhang spricht<br />

man auch von Extranets: „Extranets sind Datennetze, die Internet-Technik benutzen, aber nur autorisierte<br />

Benutzer zulassen. Passwörter und elektronische Zugangssperren schützen vor unerwünschten<br />

Benutzern.“ 139<br />

CAD-Ladengestaltung: Neue Einrichtungskonzepte können mit Hilfe von CAD-Systemen schneller<br />

und detaillierter geplant und dreid<strong>im</strong>ensional dargestellt werden. Änderungen lassen sich ohne Mühe<br />

136 o. V., 1998 (e), S. 36 f.<br />

137 Vgl. Sarkissian, 1989, S. 53.<br />

138 Vgl. o. V., 1998 (h), S. 28; o. V., 1998 (j), S. 36 und Hartge, 1997, S. 104.<br />

41


42<br />

durchführen. Sogar die interaktive S<strong>im</strong>ulation von Einrichtungskonzepten in Foto- oder Videoqualität<br />

auf dem Computerbildschirm (Virtual Reality) ist möglich. 140<br />

Call Centers: Call Centers sind systematisch organisierte Telefon-Service-Abteilungen, die Unternehmen<br />

für Fragen, Reklamationen oder Bestellungen erreichbar machen und damit ein Mehr an<br />

Kundenorientierung und Kundennähe schaffen. 141 Was sich dahinter verbirgt, ist eine flexible mult<strong>im</strong>ediale<br />

Kommunikation, die Sprach- und Dateneingabe, Video, Fax-Botschaften und E-Mail in beliebiger<br />

Form kombiniert und für jeden zugänglich macht. 142<br />

CD-ROM: Optisches Speichermedium, das die Speicherung grosser Datenmengen relativ kostengünstig<br />

ermöglicht und für PC-Anwender nutzbar ist. Diese Technologie bietet sich insbesondere für<br />

Produktkataloge und mult<strong>im</strong>ediale Produktpräsentationen an. 143<br />

CIT: Computer Integrated Trading ist die Auslagerung des zentralen Bestellwesens an Lieferanten.<br />

Database Marketing: Marktbearbeitung und Marketing gestützt auf eine Datenbank, die umfassende<br />

Kundendaten enthält und eine differenzierte Marktbearbeitung z. B. durch Direct Mails ermöglicht.<br />

Voraussetzung ist die Erhebung der Kundendaten z. B. durch eine Kundenkarte. 144<br />

Data Mining: Die Anwendung von Data Mining dient der Auswertung und Analyse von grossen Datenmengen.<br />

Das Auffinden von absatzrelevanten Informationen aus bereits gespeicherten Daten wird<br />

erleichtert. 145 „Data Mining setzt in der Regel auf einem Data Warehouse auf, weil Daten aus verschiedensten<br />

Quellen und Formaten unter subjektorientierten Kriterien in einer einheitlichen Datenbank<br />

zusammenzufügen sind.“ 146<br />

Data Warehouse: Das Data Warehouse ist ein riesiger Datenspeicher, in dem alle Informationen aus<br />

den operativen Informationsquellen (z. B. Scanning) abgelegt werden. 147 Das Data Warehouse ermöglicht<br />

es, diese Informationen individuell nach den Wünschen jedes einzelnen Nutzers aufzubereiten. 148<br />

Demzufolge steht das Data Warehouse in engem Zusammenhang mit einem <strong>Management</strong><br />

Information System.<br />

EAS: Als „Elektronische Artikelsicherung“ bieten sich mehrere Systeme an (z. B. elektromagnetische<br />

Technologien oder Radiofrequenztechnik). Bei einer Inventurdifferenzquote von 1,1% <strong>im</strong> deutschen<br />

Einzelhandel – das entspricht 99.000 angezeigten Ladendiebstählen und einem Bruttoumsatz von 8<br />

Mrd. DM – erhalten EAS-Systeme eine hohe Bedeutung.<br />

EDI: Electronic Data Interchange ermöglicht den Austausch „strukturierter“ Daten zwischen Computersystemen<br />

mit Hilfe eines Kommunikationsstandards. Diesen unter der Bezeichnung EDIFACT<br />

(Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport) bekannten Standard hat<br />

die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen 1987 entwickelt. Er ist heute weit verbreitet. 149<br />

EFTPOS: Der „Elektronische Zahlungsverkehr am Verkaufspunkt“ rationalisiert den Zahlungsvorgang.<br />

Er bezieht sich auf das Zahlen in der Verkaufsstelle mit einer Karte auf elektronischem Weg, wobei<br />

139<br />

o. V., 1998 (j), S. 36.<br />

140<br />

Vgl. Gehrling, 1995, S. 24.<br />

141<br />

Der Call-Center-Markt boomt in Deutschland, Prognosen sprechen von einer Verdoppelung der<br />

derzeit 60.000 Operatorplätze in den kommenden zwei Jahren. Vgl. o. V., 1998 (c), S. 66.<br />

142<br />

Vgl. Munkelt, 1995, S. 36.<br />

143<br />

Beispielsweise verteilt der Otto Versand für die Sommersaison 1998 400.000 CD-ROMs mit dem<br />

Frühjahr-Sommer-Katalog. Die CD-ROM enthält den gesamten Katalog, d. h. 26.000 Produkte,<br />

Modeberatung, Unternehmensinformationen und weitere Infotainment-Anwendungen. Vgl. o. V.,<br />

1998 (d), S. 56.<br />

144<br />

Zum Database Marketing vgl. auch Belz, 1997, S. 247 ff.<br />

145<br />

Vgl. Michels, 1995, S. 37 ff.<br />

146<br />

Popp, 1997, S. 61.<br />

147<br />

Vgl. Weber, 1997, S. 59. Für Anwendungsbeispiele vgl. Becker, 1997, S. 60; Imwinkelried, 1997, S.<br />

63 und Metzler, 1997, S. 61.<br />

148<br />

Vgl. o. V., 1997 (d), S. 50. Zum Begriff des Data Warehouse vgl. auch Müller, 1998, S. 41;<br />

Westermann, 1997, S. 30 ff.<br />

149<br />

Vgl. Wyser, 1992, S. 89 f. und o. V., 1998 (j), S. 36.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

die Identifikation des Karteninhabers über einen persönlichen Code (PIN) oder die Unterschrift erfolgt.<br />

Die Karte kann entweder eine Debitkarte (Belastung des Karteninhabers am gleichen Tag) oder eine<br />

Kreditkarte (Belastung des Karteninhabers am Monatsende) sein. 150<br />

Electronic Shelf Labels: An den Regalen werden elektronische Regalauszeichnungsetiketten in<br />

Form von Flüssigkristallanzeigen mit integrierter Sende- und Empfangseinrichtung angebracht, in die<br />

Preise, EAN-Code und andere Informationen eingegeben werden. Die Produktpreise können über<br />

Funk gleichzeitig am Regal und in der Kasse geändert werden. Auf eine Einzelpreisauszeichnung wird<br />

überwiegend verzichtet. 151<br />

Elektronische Marktforschung (Visionary Shopper): Das Methodenspektrum der Marktforschung<br />

wird durch die neuen Medien wie Internet und Cyberspace erweitert. Interaktive Kundenbefragungen,<br />

Gruppendiskussionen und Produkt- und Werbetests können online durchgeführt werden. 152<br />

Infoboard: Das Infoboard ist ein am Einkaufswagen befestigtes LCD-Display, auf das per Funk oder<br />

Infrarotübertragung Produkt- bzw. Preisinformationen transferiert werden. 153<br />

Instore-Radio/TV: Einkaufsradio- und Einkaufsfernsehsender versorgen die Verkaufsstelle per Satellit<br />

mit massgeschneiderten und professionellen Radio- und TV-Programmen, die einen Mix aus<br />

Musik, Werbung und Infotainment enthalten. Instore-Medien können bei Verkaufsförderungsaktionen<br />

vor Ort gezielt eingesetzt werden und zudem Funk- und TV-Kampagnen auf dem Markt als Reminder<br />

unterstützen. 154<br />

Interaktives Homeshopping via Internet: Über das Internet können Wirtschaftsgüter in elektronischer<br />

Form interaktiv vertrieben bzw. eingekauft werden. Über Online-Systeme fliessen auf der einen<br />

Seite Verkaufsinformationen (Warenkataloge, Preislisten, Videodemonstrationen usw.) zum Kunden,<br />

auf der anderen Seite werden Rückfragen sowie Bestellungen zum Anbieter geleitet. 155 Die Kopplung<br />

des Internets mit dem herkömmlichen Fernsehgerät ist technisch bereits realisiert (Cebit Home 1998)<br />

und wird die Verbreitung des Internets <strong>im</strong> Consumerbereich nochmals beschleunigen. Die Bedienerfreundlichkeit<br />

kann damit drastisch gesteigert werden.<br />

MIS: Eine Software, die es ermöglicht, grosse Datenbestände auszuwerten und managementgerecht<br />

aufzubereiten. Das heisst es werden die Daten der operativen Systeme aggregiert und schliesslich<br />

kompr<strong>im</strong>iert dargestellt (Tabellen, Grafiken usw.). Das <strong>Management</strong> Information System arbeitet häu-<br />

fig auf Basis grosser Datenbanken (wie z. B. eines Data Warehouse), bei denen die Informationsaggregation<br />

notwendig ist. Das <strong>Management</strong> Information System dient der operativen, aber auch der<br />

strategischen Führung des Unternehmens.<br />

MDE: Mobile Datenerfassungseinheiten speichern Daten für eine längere Zeit oder transferieren sie<br />

kabellos.<br />

Mult<strong>im</strong>edia-Terminals: Mult<strong>im</strong>edia ist die digitale Integration von Texten, Tönen, Bildern, An<strong>im</strong>ationen<br />

und Grafiken. 156 Charakteristisch für Mult<strong>im</strong>edia-Terminals ist, dass umfassende Informationen<br />

rechnergestützt bereitgestellt werden und die Möglichkeit der Interaktion über Touchscreens oder<br />

Tastatur gegeben ist. Besondere Bedeutung erlangen Mult<strong>im</strong>edia-Terminals <strong>im</strong> Bereich der Ver-<br />

150 Vgl. Bertschinger/Fenner, 1990, S. 32 f.<br />

151 Vgl. Jansen, 1994, S. 69 ff. und Naef, 1997/98 (b), S. 42 f.<br />

152 Vgl. Naether, 1995, S. 64 f.<br />

153 Vgl. Wittmann, 1995, S. 42.<br />

154 Vgl. Gerling/Jansen, 1995, S. 6 f. und Clemens, 1997 (a), S. 38.<br />

155 Vgl. o. V., 1996 (a), S. 38 f.; o. V., 1997 (m), S. 1; o. V., 1998 (i), S. 34; Mastercard, 1996, S.<br />

MC4 ff.; o. V., 1998 (d), S. 55; Christener, 1997, S. 10 f. Enorme Umsatzzuwächse haben<br />

Versandhäuser mit diesem Medium zu verzeichnen; vgl. Rode, 1998, S. 56; o. V., 1998 (f), S. 46 und<br />

o. V., 1998 (j), S. 36. Auch „ungewöhnliche“ Branchen wie z. B. Baumärkte nutzten dieses Medium<br />

sehr früh; vgl. o. V., 1997 (e), S. 34. Das Internet gewinnt ausserdem zunehmend als<br />

Kommunikationsinstrument für den Handel an Bedeutung; vgl. o. V., 1998 (l), S. 40; Clemens,<br />

1997 (b), S. 106 ff.<br />

156 Vgl. o. V., 1996 (b), S. 33. Eine ausführliche Definition und Darstellung zu Mult<strong>im</strong>edia-<br />

Anwendungen <strong>im</strong> Handel findet sich bei Swoboda, 1996, S. 2 ff.<br />

43


44<br />

kaufsförderung. 157 Mult<strong>im</strong>edia-Terminals lassen sich in Selbstbedienungs-, Informations- und Bestellterminals<br />

differenzieren. 158 Sie können innerhalb oder ausserhalb der Verkaufsstelle eingesetzt werden.<br />

159<br />

Scanning: Bei Scanning handelt es sich um ein Erhebungssystem für Verkaufsdaten unter Verwendung<br />

von elektronischen Registrierkassenterminals mit optischen Beleglesern (Lichtstift, Lesestift). Die<br />

Erfassung der Daten erfolgt artikelspezifisch über maschinenlesbare Balkencodes (EAN). Scanning-<br />

Systeme werden eingesetzt zur Rationalisierung der Kassenarbeit, als Grundlage für den Aufbau<br />

computergestützter Warenwirtschaftssysteme und als Marktforschungsinstrument. 160 Ausserdem entfällt<br />

be<strong>im</strong> Scanning die Einzelpreisauszeichnung zugunsten einer Regaletikettierung. 161 Eine Variante<br />

des Scanning ist das Selfscanning. Dabei scannt der Kunde mit einem Handscanner die Produkte<br />

selbst und kann damit den Checkout-Vorgang nochmals beschleunigen. 162<br />

Smart Card: Die Smart Card besitzt die Grösse und Funktion einer Kreditkarte und ist mittels eines<br />

Chips in der Lage, eine Vielzahl von Informationen zu speichern. In Kombination mit Bonus- und<br />

Treuesystemen profitieren Kunden, welche bei einem Unternehmen oder bei einer kooperierenden<br />

Gruppe von Unternehmen regelmässig einkaufen. 163<br />

Spacemanagement: Softwaresysteme, die eine Platz- und Regalopt<strong>im</strong>ierung am Computer ermöglichen.<br />

Super Tag: Der Super Tag ist ein Preisetikett mit integriertem Minichip. Er ermöglicht ein Abkassieren<br />

der Ware, ohne diese auszuladen. Diese heute noch recht teure Technologie eröffnet dem Handel<br />

erhebliche Profilierungspotentiale, da störende Kassenwartezeiten 164 extrem verkürzt werden können.<br />

Teleshopping: Der Konsument kann in speziellen menügesteuerten Fernsehkanälen individuell und<br />

interaktiv aus einer breiten Palette von Produkten auswählen und direkt über das Telefon und künftig<br />

über das Fernsehgerät (in Verbindung mit dem Internet) bestellen. Die Interaktivität bietet dem Konsumenten<br />

die Möglichkeit, selektiv Produktinformationen abzurufen, verschiedene Anbieter oder Produkte<br />

zu vergleichen sowie sich die Produkte audiovisuell mittels bewegter Bilder und Ton vorführen<br />

zu lassen. 165 Im Jahre 1993 wurde Teleshopping noch als die Revolution <strong>im</strong> Handel gefeiert. 166 Im<br />

Trendland USA stagnierte die Anziehungskraft des Teleshopping bereits <strong>im</strong> Jahre 1995. 167 Der deutsche<br />

Versuch „Home Order Television“ (H.O.T.) ist Ende 1995 angelaufen. 1996 sollte ein Umsatz<br />

von 65 Mio. DM erreicht werden. 168 Die Zukunft des Teleshopping wird unterschiedlich beurteilt. 169<br />

Temperature Logging System: Ein kleiner Plastikanhänger mit einer speziellen Software zeichnet<br />

für Food-Produkte die Temperatur über den gesamten Transportweg hinweg auf. Das System wurde<br />

von Sainsbury´s entwickelt. 170<br />

Tracking: Mit einem Zweiweg-Infrarotsystem wird es möglich, elektronische Kundenlaufstudien zu<br />

erstellen. Ein am Einkaufswagen angebrachter Minisender strahlt kontinuierlich ein Signal aus, welches<br />

von einem Deckensystem erkannt und registriert wird. Mit Hilfe eines Eye-Trackers, der den Au-<br />

157<br />

Vgl. Weinhold-Stünzi, 1993, S. 13 ff.; o. V., 1997 (f), S. 34; o. V., 1996 (b), 32; o. V., 1996 (e), S. 1.<br />

158<br />

Vgl. Rode, 1997 (d), S. 112 ff.<br />

159<br />

Vgl. Gerling, 1995, S. 25.<br />

160<br />

Vgl. Schulte/S<strong>im</strong>met, 1993, S. 20 ff. und o. V., 1996 (f), S. 48.<br />

161<br />

Vgl. Naef, 1997/98 (a), S. 40.<br />

162<br />

Vgl. Gruninger-Herman, 1996, S. 41 f. und o. V., 1996 (g), S. 34.<br />

163<br />

Vgl. Peterson, 1992, S. 122.<br />

164<br />

Vgl. Rudolph, 1996 (a), S. 70 ff.<br />

165 Vgl. o. V., 1995, S. 198.<br />

166 Vgl. Zinn et al., 1993, S. 40 f.<br />

167 Vgl. Höhn, 1995, S. 33.<br />

168 Vgl. Pressedienst, 1996, S. 6.<br />

169 Vgl. Davies, 1996, S. 125 ff.<br />

170 Vgl. http://protector.j-sainsbury.co.uk., Juni 1996.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

genfokus während des Einkaufs verfolgt, kann zusätzlich die Produktwahrnehmung der Kunden gemessen<br />

werden. Auf diese Weise lassen sich Regalplazierungen opt<strong>im</strong>ieren. 171<br />

Warenwirtschaftssysteme: 172 Informationsverarbeitungssysteme werden für die Warenwirtschaft,<br />

d. h. für das Bestellwesen, den Wareneingang, die Lagerverwaltung und den Verkauf am POS eingesetzt.<br />

173 Warenwirtschaftssysteme werden häufig <strong>im</strong> Zusammenhang mit Scanning eingeführt, um den<br />

vollen Nutzen realisieren zu können. 174 Ein geschlossenes Warenwirtschaftssystem liegt vor, wenn<br />

„alle Warenbewegungen vom Bestellvorgang über den Wareneingang und die Lagerhaltung bis hin<br />

zum Warenausgang lückenlos zumindest wert- und mengenmässig erfasst werden.“ 175<br />

Abbildung 17: Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 176<br />

Rationalisierungstechnologien sind in der Regel „introvertiert“, d. h. nach innen auf<br />

Kosteneinsparungen ausgerichtet. Sie sind nur bedingt zur Befriedigung von Kundenbedürfnissen<br />

geeignet (nur wenn die entstehenden Kostenvorteile an die Kunden<br />

weitergegeben werden) und sollen deshalb in dieser marktorientierten Arbeit nicht<br />

berücksichtigt werden. Technologien mit dem ausschliesslichen Ziel der Profilierung<br />

gibt es nur wenige. Da sie überdies kaum zukunftsgerichtet sind, sollen auch sie<br />

nicht <strong>im</strong> Zentrum der Arbeit stehen. In dieser Arbeit werden technologische <strong>Innovationen</strong><br />

mit dem integrierten Ziel der Profilierung und Rationalisierung betrachtet,<br />

weil der Trend dahin heute zun<strong>im</strong>mt und diese Technologien für den Handel die<br />

grössten Potentiale, aber auch Risiken beinhalten. 177<br />

Ebenfalls ausgeklammert werden die Technologien, deren Auswirkungen lediglich<br />

einzelne Systembereiche betreffen. Im Zentrum dieser Arbeit stehen also die technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong>, die eine erhöhte Komplexität und damit auch einen erhöhten<br />

Konfliktgehalt haben (vgl. Abbildung 15), da sie bei der Umsetzung und Realisierung<br />

eine besondere Herausforderung für die Handelsunternehmen darstellen.<br />

Der Betrachtungsraum der für diese Arbeit relevanten technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

ist in Abbildung 17 grau unterlegt. Die zusammengetragenen Eigenschaften und die<br />

für diese Arbeit relevante Abgrenzung gibt die Definition in Schaukasten 8 wieder.<br />

171<br />

Vgl. Delta Group, Präsentationsunterlagen, 1996.<br />

172<br />

Aufgrund der hohen Bedeutung der Informationstechnologie für den Handel, insbesondere <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit komplexen Warenwirtschaftssystemen, wurde an der Akademie der<br />

Saarwirtschaft ein eigener Studiengang „Wirtschaftsinformatik für den Handel“ in Kooperation mit<br />

renomierten Handelsunternehmen (z. B. Globus St. Wendel und Decathlon) gegründet; vgl. o. V.,<br />

1998 (k), S. 38.<br />

173<br />

Vgl. Zentes, 1985, S. 1.<br />

174<br />

Vgl. Naef, 1997/98 (a), S. 41.<br />

175<br />

Barth/Büttner, 1985, S. 172.<br />

176<br />

Abbildung in Anlehnung an Rudolph, 1996 (b), S. 18, erweitert durch den Autor.<br />

177 Vgl. Rudolph, 1996 (b), S. 18.<br />

45


46<br />

Eine technologische Innovation <strong>im</strong> Handel (<strong>im</strong> Sinne dieser Arbeit) ist eine Neuerung,<br />

die durch ihren Neuigkeitsgrad, die damit verbundene Unsicherheit (Risiko),<br />

eine gesteigerte Komplexität, einen erhöhten Konfliktgehalt und das erforderliche<br />

technische Know-how charakterisiert ist. Sie basiert auf dem Einsatz oder der Anwendung<br />

einer Technologie, die in oder von einem Handelsunternehmen entwickelt<br />

und/oder eingeführt wird mit der integrierten Zielsetzung der Profilierung und Rationalisierung,<br />

und wirkt sich auf den POS oder das gesamte Unternehmen aus. Dabei<br />

muss es sich nicht um eine „Weltneuheit“ handeln; auch Branchen-, Regionen- und<br />

Anwendungstransfers sind <strong>Innovationen</strong>. <strong>Innovationen</strong> sind stark über den Faktor<br />

Zeit definiert, ihre Umsetzung ist zeitlich begrenzt (findet in der Regel unter Zeitdruck<br />

statt).<br />

Schaukasten 8: Definition einer technologischen Innovation<br />

1.5.1.4 Unterschiede zwischen Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel und<br />

Innovationsmanagement in der Industrie<br />

Geht es um <strong>Innovationen</strong>, denkt man meistens an konkrete Technologien oder Produkte.<br />

Mikrowelle, Walkman, Inlineskates, Mountainbike, Fax und Handy sind solche<br />

<strong>Innovationen</strong> gewesen. Bisher beziehen sich Innovationsmanagement und die damit<br />

verbundenen empirischen Untersuchungen pr<strong>im</strong>är auf den industriellen Sektor. 178 Es<br />

geht um Technologien, Forschung und Entwicklung und deren Umsetzung in marktfähige<br />

Produkte. 179 Im industriellen Sektor liegt der Schwerpunkt <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

bei der F&E und Produktion. Technische Fragen zur Umsetzung der Idee in ein<br />

Produkt sowie die effiziente Serienproduktion stehen <strong>im</strong> Vordergrund.<br />

Dass aber auch Neuerungen von Prozessen oder <strong>im</strong> Bereich der Service- und<br />

Dienstleistungen als <strong>Innovationen</strong> gelten, wird häufig übersehen. Das ist um so erstaunlicher,<br />

als in den letzten Jahren das Prozessmanagement und damit auch die<br />

Prozessinnovation in der Industrie deutlich an Bedeutung gewonnen haben.<br />

Der Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel gestaltet sich ähnlich wie der in der Industrie. Es<br />

ist zu prüfen, ob sich <strong>im</strong> Handel andere Probleme ergeben, die andere Schwerpunkte<br />

erfordern. Obwohl sich die Innovationsprozesse ähnlich sind, ist die adäquate Ausgestaltung<br />

von Strukturen und Kulturen in der Industrie wesentlich fortgeschrittener,<br />

z. B. durch institutionalisierte F&E-Abteilungen und ein systematisches Innovationsmanagement.<br />

Vergleichbare Strukturen und Innovationskulturen fehlen in den meisten<br />

Handelsunternehmen.<br />

178 Vgl. Kirsch, 1978, S. 31 ff. und Roberts/Burke, 1974; Michel, 1987; Cooper, 1975; Cooper, 1984;<br />

Bitzer, 1990.<br />

179 Vgl. Webb, 1994, S. 2 ff.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

„<strong>Innovationen</strong> scheinen für den Händler keinen direkten Wert zu haben. Heute wird <strong>im</strong> Handel<br />

sehr viel aus dem Bauch entschieden. Da aber Manager, die dieses Feeling haben, aussterben,<br />

muss der Bauch durch objektive Ziele und systematisches Vorgehen ersetzt werden.“<br />

„Der Ausbildungsgrad <strong>im</strong> Handel ist geringer als in der Industrie. Demnach fehlt der Einsatz<br />

von <strong>Management</strong>tools wie z. B. einem professionellen Innovationsmanagement oder Projektmanagement.“<br />

„Der Handel ist ein sehr schnellebiges Geschäft, das grösseren Schwankungen unterliegt.<br />

Dagegen kann die produzierende Industrie längerfristig planen. Der Unsicherheitsfaktor <strong>im</strong><br />

Handel ist grösser. Deswegen werden <strong>im</strong> Handel häufig Massnahmen spontan und ad hoc<br />

eingeleitet, mit einer kurzen Umsetzungsdauer. Die Systematik bleibt da auf der Strecke.“<br />

„In Innovationsprozessen in der Industrie besteht ein Gleichgewicht zwischen den Kräftefeldern<br />

aufgrund langjähriger Stärken-Schwächen-Analysen, die dazu führten, dass es zwischen<br />

den einzelnen Kräftefeldern sehr reife Entwicklungs- und Restrukturierungsprozesse<br />

gibt, ein professionelles Innovationsmanagement. Im Handel ist dies nicht so.“<br />

„Warum befindet sich der Handel in einem sehr frühen Stadium bezüglich des Innovationsmanagements?<br />

Im Handel hat bzw. hatte die Beziehung zum Kunden und damit das Marketing<br />

nicht den Einfluss wie in der Industrie. Zukünftig wird die Kundenorientierung <strong>im</strong> Handel<br />

eine andere Gewichtung haben. Im stationären Einzelhandel waren die Verkaufsstellen bisher<br />

eher Abholstellen, <strong>Innovationen</strong> spielten dabei keine Rolle.“<br />

„Wenn die personellen Ressourcen vorhanden wären, dann wäre auch das Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel weniger ein Problem. Aufgrund des Hyperwettbewerbs <strong>im</strong> Handel und<br />

des enormen Kostendrucks sind die Margen <strong>im</strong> Handel so gering, dass an allererster Stelle<br />

an personellen Kosten gespart wird.“<br />

„Die Industrie denkt in längerfristigen Prozessen. Das liegt daran, dass der Zeitpunkt der Investition<br />

und der Zeitpunkt der Wirksamkeit in der Industrie weiter auseinander liegen. Der<br />

Handel ist reagibler und schnellebiger. Deswegen gibt es in der Industrie und <strong>im</strong> Handel<br />

strukturelle Unterschiede. Die Industrie ist weiter entwickelt <strong>im</strong> Bereich der <strong>Management</strong>in-<br />

strumente, z. B. <strong>im</strong> Projektmanagement und in der Organisation.“<br />

„Die Pay-back-Periode der Innovation ist <strong>im</strong> Handel wesentlich kürzer, da der Handel<br />

schnellebiger ist. Die Systemwelten innerhalb des Handels sind sehr unterschiedlich, Standardsoftware<br />

gibt es kaum. Die meisten Lösungen sind selbstgestrickt, dadurch ist die<br />

Schnittstellenproblematik bei technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel grösser.“<br />

Schaukasten 9: Aussagen der befragten Handelsmanager zum Unterschied<br />

zwischen Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel und in der<br />

Industrie<br />

47


48<br />

Ein möglicher Grund sind die dezentralen Strukturen <strong>im</strong> Handel. Ein Handelsmanager<br />

bemerkte: „90% unserer Mitarbeiter arbeiten in den Filialen; da wird kein Innovationsmanagement<br />

betrieben“. Ein anderes häufig genanntes Argument sind die geringen<br />

Margen <strong>im</strong> Handel, die keine Spielräume für <strong>Innovationen</strong> lassen. Ausserdem<br />

betreffen technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel wie z. B. ein Warenwirtschaftssystem<br />

oder ein MIS, wenn es umfassend eingeführt wird, grosse Teile des Unternehmens.<br />

Das heisst auch, dass nicht nur einzelne Abteilungen, sondern bei grossen<br />

Handelsunternehmen schnell ein paar Tausend Mitarbeiter von der Innovation betroffen<br />

sind. Das steigert die Komplexität für ein Innovationsmanagement enorm.<br />

Ähnlich sehen das die befragten Handelsmanager in den Expertengesprächen. Einige<br />

Aussagen zur Abgrenzung des Innovationsmanagements in Handel und Industrie<br />

sind in Schaukasten 9 aufgeführt. Das fehlende Know-how 180 , Ressourcenknappheit<br />

aufgrund des Margendrucks sowie mangelnde Kunden- und Innovationsorientierung<br />

sind genannte Gründe, warum der Handel <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

weniger entwickelt ist.<br />

„Innovation <strong>im</strong> Handel unterscheidet sich nicht grundsätzlich von diesen allgemeinen<br />

Konzepten, Problemen und Erkenntnissen der Innovationsforschung und -praxis,<br />

aber es gibt <strong>im</strong> Handel andere Schwerpunkte.“ 181 Der Hauptunterschied, der sich aus<br />

den Betrachtungen ergibt, liegt weniger in der inhaltlichen Ausgestaltung des Innovationsmanagements,<br />

sondern vielmehr in der Entwicklungsstufe, auf der sich der<br />

Handel befindet. Die Industrie ist weiter und hat einen Erfahrungsvorsprung.<br />

1.5.1.5 Arten von <strong>Innovationen</strong><br />

„<strong>Innovationen</strong> sind Neuerungen für ein Unternehmen, sei es in Form von Prozessen<br />

<strong>im</strong> Unternehmen oder von Produkten am Markt.“ 182 Damit nennt Trommsdorff, wie<br />

auch andere Autoren 183 , die zwei Hauptarten von <strong>Innovationen</strong>. Als dritte Art von <strong>Innovationen</strong><br />

lassen sich Sozialinnovationen unterscheiden. 184 Die Innovationsarten<br />

zeigt Abbildung 18.<br />

180 Vgl. Frank/Marschner, 1998, S. 300.<br />

181 Trommsdorff, 1998, S. VI.<br />

182 Trommsdorff, 1995, S. 1 f.<br />

183 Vgl. auch Herden, 1992, S. 25; Knight, 1967, S. 482; Kieser, 1969, S. 743 f.; Marr, 1979, S. 947;<br />

Müller/Schienstock, 1978, S. 32; Thom, 1980, S. 32 ff.<br />

184 Vgl. Susen, 1995, S. 21; Thom, 1980, S. 32 ff.; Marr, 1979, S. 947 ff.; Knight, 1967, S. 482; Kieser,<br />

1969, S. 743 f.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

unternehmensintern<br />

Innovation<br />

unternehmensextern<br />

Sozialinnovationen Prozessinnovationen Produkt-/<br />

Leistungsinnovationen<br />

Abbildung 18: Arten von <strong>Innovationen</strong><br />

Die definitorische Abgrenzung hat Susen folgendermassen vorgenommen: „Bei den<br />

Produktinnovationen handelt es sich um <strong>Innovationen</strong> auf der Ebene des Leistungsangebotes,<br />

Prozessinnovationen beziehen sich auf den Prozess der Leistungserstellung<br />

und Sozialinnovationen sind Veränderungen <strong>im</strong> Humanbereich des Unternehmens.“<br />

185 Weitere Ansatzpunkte für <strong>Innovationen</strong> zeigt Schaukasten 10.<br />

Entwicklung, Herstellung und Vermarktung eines neuen oder verbesserten Produkts<br />

(Produktinnovation)<br />

Entwicklung, Anwendung und Vermarktung neuer oder verbesserter Produktionsverfahren<br />

(Verfahrensinnovation) bzw. Verbesserung der Prozessabläufe <strong>im</strong> Unternehmen (Prozessinnovation)<br />

Erschliessung neuer Absatzmärkte und Anwendung neuer Absatzmethoden<br />

Erschliessung neuer Bezugsquellen und Anwendung neuer Beschaffungsmethoden<br />

Anwendung neuer Organisationsstrukturen und -methoden<br />

Durchsetzung neuer <strong>Management</strong>methoden<br />

Veränderung der sozialen Beziehungen <strong>im</strong> Unternehmen<br />

Verbesserung des Umweltschutzes <strong>im</strong> Unternehmen<br />

Schaukasten 10: Gegenstand von <strong>Innovationen</strong> nach Pleschak/Sabisch 186<br />

185 Susen, 1995, S. 21.<br />

186 Pleschak/Sabisch, 1996, S. 2.<br />

49


50<br />

Produktinnovationen gibt es in einem industriellen Sinne <strong>im</strong> Handel nicht. Leistungsinnovationen<br />

<strong>im</strong> Handel sind <strong>im</strong>mer eine Kombination von Prozess- und Leistungsinnovation.<br />

Das vorliegende Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel, wobei der Schwerpunkt bei den Leistungs- und<br />

Prozessinnovationen zu sehen ist (vgl. Abbildung 19). Fast alle technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind Prozessinnovationen, da <strong>im</strong>mer Prozessveränderungen<br />

damit verbunden sind. 187 Zusätzlich können es auch Leistungsinnovationen sein,<br />

wenn beispielsweise neue Service- und Dienstleistungen aufgrund der Technologien<br />

angeboten werden (vgl. Beispiel Homeshopping in Abschnitt 1.1). In einzelnen<br />

Situationen, wie z. B. bei der Gestaltung eines materiellen Anreizsystems, können<br />

zwar auch soziale Aspekte wie z. B. Lohngerechtigkeit angesprochen sein, doch<br />

diese Innovationsarten sollen nicht <strong>im</strong> Vordergrund stehen.<br />

Leistungsinnovation<br />

Variation der<br />

Leistungspolitik<br />

•neue Sachleistungen<br />

•neue Dienstleistungen<br />

•neue Kombinationen<br />

von Sach- und<br />

Dienstleistungen<br />

Sozialinnovation<br />

•neue Führungsstile<br />

•neue Anreizsysteme<br />

Betriebstypeninnovation<br />

Prozessinnovation<br />

•Neuerung der Faktorkombination<br />

•organisatorische Verbesserungen<br />

des Arbeitsablaufs<br />

•Einsatz neuer Technologien<br />

(z. B. Warenwirtschaftssysteme)<br />

•Verbesserung der innerbetrieblichen<br />

Logistik<br />

•Verbesserungen<br />

vertikaler Austauschprozesse<br />

(z. B. Wertschöpfungspartnerschaften<br />

mit<br />

der Industrie)<br />

Abbildung 19: Innovationskategorien <strong>im</strong> Einzelhandel 188<br />

187 Vgl. Trommsdorff, 1998, S. VI.<br />

188 Möhlenbruch/Nickel, 1995, S. 110.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

1.5.1.6 Phasen der Innovation<br />

Da eine gute Idee nicht gleich eine Innovation ist, gehört zur Definition der Innovation<br />

auch die Definition ihres Entstehungsprozesses. Eine geläufige Definition teilt den<br />

Innovationsprozess in drei Phasen, nämlich in die Inventionsphase, Innovationsphase<br />

und Diffusionsphase. 189 In den folgenden Abschnitten wird jede Phase<br />

kurz skizziert.<br />

In der Inventionsphase geht es um die Ideenfindung, weshalb sie auch oft als<br />

Phase der Ideengenerierung bezeichnet wird. 190 Das am häufigsten eingesetzte<br />

„Instrument“ in der Industrie ist die F&E. Die Literatur betrachtet diese Phase sehr<br />

industrieorientiert <strong>im</strong> Sinne <strong>technologischer</strong> Machbarkeit, technologischen Nutzens<br />

und der Lösung eines technischen Problems. Für den Handel könnte diese Phase<br />

analog bedeuten: Marktforschung, Kontakt zum Kunden, dessen Bedürfnisse frühzeitig<br />

erkennen und entsprechende Leistungen entwickeln. Die oben angesprochene<br />

F&E-Abteilung existiert <strong>im</strong> Handel nicht. So stellt sich die Frage, ob der Handel eine<br />

derartige Institution braucht, welche alternativen Lösungen denkbar sind und wie<br />

diese gegebenenfalls realisiert werden können (z. B. F&E <strong>im</strong> Handel oder Innovationsdirektor<br />

191 ).<br />

In der Innovationsphase wird die Invention bis zur Marktreife weiterentwickelt (auch<br />

häufig als Phase der Ideenakzeptierung bezeichnet) 192 , d. h. vom Prototyp zur Serienreife.<br />

Einige Autoren sprechen bereits ab diesem Zeitpunkt von einer Innovation<br />

<strong>im</strong> engeren Sinne. Konkret geht es in dieser Phase um die Markteinführung der<br />

Neuerung und alle Aktivitäten, die damit verbunden sind. Diese Phase ist besonders<br />

kritisch, da hier die Umsetzung der Invention <strong>im</strong> Zentrum steht. So müssen beispielsweise<br />

bei technologischen <strong>Innovationen</strong> die strukturellen Voraussetzungen geschaffen,<br />

die Mitarbeiter informiert und geschult sowie notwendige technologische<br />

Entwicklungen vorangetrieben werden.<br />

Die Diffusionsphase umfasst die Verbreitung der Innovation 193 und wird in der Literatur<br />

auch als Phase der Ideenrealisierung bezeichnet. 194 Pr<strong>im</strong>är geht es um die<br />

Marktdurchdringung und damit um den Markterfolg der Innovation. Hat sich die Innovation<br />

erfolgreich <strong>im</strong> Markt durchgesetzt, spricht man von Innovation <strong>im</strong> weiteren<br />

Sinne.<br />

189<br />

Vgl. auch Elsser, 1993, S. 7 ff.; Bitzer, 1990, S. 12; Pfeiffer, 1992, S. 45 f.; Michel, 1987, S. 10 ff.;<br />

Thom, 1992, S. 9 f. und Herzhoff, 1991, S. 11 f.<br />

190<br />

Vgl. Michel, 1987, S. 11.<br />

191<br />

Vgl. Rode, 1997 (a), S. 38 ff.<br />

192<br />

Vgl. Thom, 1992, S. 9 und Michel, 1987, S. 11.<br />

193<br />

Vgl. Widmer, 1986, S. 17 f. und Witte, 1973, S. 2 f.<br />

194<br />

Vgl. Thom, 1992, S. 9 und Michel, 1987, S. 11.<br />

51


52<br />

Der Innovationsprozess kann noch detaillierter gegliedert werden, worauf hier aber<br />

verzichtet werden soll. Abbildung 20 zeigt den Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel. Die<br />

angeführten Methoden sind mögliche Instrumente in der jeweiligen Phase. Ob diese<br />

oder andere in der Praxis zum Einsatz kommen, wird <strong>im</strong> Verlauf der Arbeit geklärt.<br />

Bedeutung <strong>im</strong><br />

Handel (Beispiele):<br />

Inventionsphase<br />

(Ideenfindung)<br />

• Marktforschung<br />

• Trendforschung<br />

• Technologiebeobachtung<br />

• Technologieanalyse<br />

• Benchmarking<br />

• Konzeptentwicklung<br />

Innovationsphase<br />

(Realisierung)<br />

• Mitarbeiterschulung<br />

• Informationssystementwicklung<br />

• Technologieentwicklung<br />

• Rahmenbedingungen<br />

gestalten<br />

Abbildung 20: Der Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel<br />

Diffusionsphase<br />

(Verbreitung)<br />

• Marktforschung<br />

• Panel<br />

• Marktbeobachtung<br />

• Innovationscontrolling<br />

1.5.1.7 Innovationshemmnisse und Erfolgsfaktoren – Kräftefelder <strong>im</strong><br />

Innovationsmanagement<br />

Innovationshemmnisse sind die Störpotentiale oder Störfaktoren <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

des Handelsunternehmens (vgl. Abbildung 6). Andere, in ähnlichem Zusammenhang<br />

häufig verwendete Begriffe sind „Hindernis“, „Barriere“, „Restriktion“ und<br />

„Widerstand“. 195 Der Begriff der Restriktion wird als gegebene und praktisch nicht<br />

veränderbare Einschränkung verstanden. Widerstand wird in der Regel bewusst geleistet<br />

und kommt auch bei <strong>Innovationen</strong> vor, liegt dann aber meistens in Hemmnissen<br />

begründet, z. B. mangelnde Fähigkeiten oder mangelndes Verständnis. Von<br />

Hindernissen und Barrieren spricht man meistens dann, wenn die Störfaktoren überwindbar<br />

sind. Für diese Arbeit wird der Begriff „Hemmnis“ gewählt, da er nicht determiniert,<br />

ob es sich um überwindbare oder unüberwindbare Störfaktoren handelt. Aus-<br />

serdem können Hemmnisse unbewusst auftreten, d. h. sie sind den Betroffenen nicht<br />

bewusst und sind keinesfalls festgeschriebene, nicht veränderbare Handlungseinschränkungen<br />

<strong>im</strong> Sinne der Restriktion.<br />

195 Vgl. Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992, S. 375. Nieder/Z<strong>im</strong>mermann nehmen auch eine differenzierte<br />

Abgrenzung der Begriffe vor, die hier nicht wiederholt werden soll.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Das, was alle Innovationshemmnisse gemeinsam haben, beschreiben Nieder und<br />

Z<strong>im</strong>mermann wie folgt: „Welche konkrete Hemmniskonstellation <strong>im</strong> einzelnen auch<br />

vorliegen mag, das Resultat wird in allen Fällen dasselbe sein. Bereits das Auftreten<br />

eines ‚Engpasses‘ blockiert den Innovationsprozess, d. h. verhindert eine erfolgreiche<br />

Innovationsdurchführung.“ 196 Aus den gemachten Ausführungen ergibt sich für die<br />

vorliegende Arbeit folgende Definition:<br />

Innovationshemmnisse sind Störpotentiale und Störfaktoren <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

des Handelsunternehmens, die den Erfolg einer Innovation be- oder verhindern. Sie<br />

können überwindbar oder unüberwindbar, den Betroffenen bewusst oder unbewusst<br />

sein.<br />

Schaukasten 11: Definition von Innovationshemmnissen<br />

Erfolgsfaktoren sind das Gegenstück zu den Innovationshemmnissen. Sie fördern<br />

den Innovationsprozess in Handelsunternehmen, wenn sie richtig konfiguriert sind.<br />

Erfolgsfaktoren sind Stellgrössen <strong>im</strong> Innovationsprozess des Handelsunternehmens,<br />

die den Erfolg einer Innovation fördern, wenn sie richtig konfiguriert sind.<br />

Schaukasten 12: Definition von Erfolgsfaktoren<br />

Erfolgsfaktoren und Innovationshemmnisse beziehen sich auf die gleichen D<strong>im</strong>ensionen<br />

(organisatorisch, konzeptionell, technologisch, wirtschaftlich, personell und<br />

kulturell) und werden in der vorliegenden Arbeit als Kräftefelder <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

bezeichnet.<br />

Lewin definiert den Begriff „Kraftfeld“ als Anordnung von Kräften <strong>im</strong> Raum. Diese Anordnung<br />

kann positive Ausprägungen (Erfolgsfaktoren) oder negative Ausprägungen<br />

(Hemmnisse) <strong>im</strong> Sinne von Schwierigkeiten oder Barrieren annehmen. Da der Begriff<br />

„Kraftfeld“ „eine Verbindung dieser qualitativ sehr unterschiedlichen Sachverhalte [...]<br />

erreicht“, soll er in diesem Zusammenhang Verwendung finden. 197 Das Kraftfeld, wie<br />

es Lewin beschreibt, wird in dieser Arbeit sprachlich modifiziert in den Begriff „Kräftefeld“,<br />

da dadurch die Vielzahl der in diesem Feld wirkenden Kräfte besser zum<br />

Ausdruck kommt. Ausserdem wird nicht explizit von Kräften gesprochen, da dadurch<br />

der Eindruck entstehen kann, dass diese selbständig wirken. Da es aber zu dem Begriff<br />

„Kräftefeld“ keinen vergleichbaren übergeordneten Begriff gibt, der eine sowohl<br />

positive als auch negative Ausprägung zulässt, wird er hier verwendet. 198<br />

196 Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992, S. 376.<br />

197 Vgl. Lewin, 1963, S. 82 f.<br />

198 Der geläufige Begriff „Spannungsfeld“ findet in dieser Arbeit keine Verwendung, da er ein „sowohl<br />

als auch“ <strong>im</strong> Sinne einer Mehrfachzielsetzung beschreibt. Das Kräftefeld bringt dagen lediglich zum<br />

53


54<br />

Kräftefelder sind Anordnungen von Kräften in einem definierten Raum (z. B. kulturell,<br />

wirtschaftlich usw.), die positive oder negative Ausprägungen annehmen können.<br />

Das Kräftefeld kann dadurch zum Erfolgsfaktor oder Hemmnis <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

werden.<br />

Schaukasten 13: Definition von Kräftefeldern<br />

1.5.1.8 Sechs Kräftefelder – die Rahmenbedingungen für das<br />

Innovationsmanagement<br />

Der Begriff „Kräftefelder“ wurde <strong>im</strong> vorangegangenen Abschnitt definiert und tauchte<br />

auch <strong>im</strong> Zusammenhang mit der schriftlichen Befragung auf. Die sechs Kräftefelder<br />

stellen eine wichtige Grundlage dieser Arbeit dar und werden deswegen in diesem<br />

Abschnitt genauer erläutert.<br />

Diese Arbeit knüpft an die Forschungsarbeiten von Rudolph zum marktorientierten<br />

<strong>Management</strong> komplexer Projekte <strong>im</strong> Handel an. 199 Rudolph identifiziert vier Projekttypen:<br />

Neuausrichtungsprojekte, Opt<strong>im</strong>ierungsprojekte, Expansionsprojekte und Innovationsprojekte.<br />

200 In seiner Arbeit unterbreitet er projektspezifische Vorschläge,<br />

welche zur Verbesserung des Projekterfolges beitragen. Er wählt dazu einen<br />

systemorientierten und integrierten <strong>Management</strong>ansatz, da dieser besonders für die<br />

Bewältigung von Komplexität geeignet ist. Da eine wesentliche Eigenschaft<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> die erhöhte Komplexität ist 201 (vgl. Abschnitt 1.1.2), soll<br />

<strong>im</strong> Folgenden ein kurzer Exkurs den systemorientierten Ansatz beschreiben und die<br />

Verbindung zu den sechs Kräftefeldern aufzeigen:<br />

„Die systemtheoretisch-kybernetische Perspektive geht von der grundlegenden Gegebenheit<br />

der Komplexität aus, mit welcher Organisationen als Ganze sowie die in<br />

ihnen tätigen Führungskräfte konfrontiert sind. Komplexität ist definiert als die Eigenschaft,<br />

viele Zustände annehmen zu können.“ 202<br />

Die systemtheoretischen und kybernetischen <strong>Management</strong>ansätze haben ihren Ursprung<br />

in den Natur- oder Sozialwissenschaften. 203 Mit dem St. Galler <strong>Management</strong>modell<br />

wurde ein Konzept entwickelt, das „auf der Grundlage der Systemtheorie<br />

einen formalen, situativ auszufüllenden, jedoch umfassenden Bezugsrahmen zur<br />

Erfassung und Integration aller D<strong>im</strong>ensionen und Funktionen der Unternehmensfüh-<br />

Ausdruck, dass es verschiedene Ausprägungen gibt (von denen in der Regel eine Ausprägung für das<br />

Innovationsmanagement förderlich ist).<br />

199<br />

Vgl. Rudolph, 1999.<br />

200<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 276.<br />

201<br />

Vgl. Rudolph, 1998, S. 350.<br />

202<br />

Schwanninger, 1994, S. 17 f.; vgl. auch Ulrich/Probst, 1988, S. 58.<br />

203 Vgl. Staehle, 1989, S. 40.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

rung [...]“ 204 darstellt. Das St. Galler <strong>Management</strong>konzept von Bleicher setzt sich bewusst<br />

mit der gestiegenen Komplexität und Dynamik auseinander. 205 Die Kernelemente<br />

des integrierten <strong>Management</strong>s „sind die Ganzheitlichkeit der Betrachtung bei<br />

einer Integration vielfältiger Einflüsse in einem Netzwerk von Beziehungen.“ 206<br />

Bleicher unterscheidet in seinem Konzept vertikal drei D<strong>im</strong>ensionen: eine normative,<br />

strategische und operative <strong>Management</strong>d<strong>im</strong>ension. Jeder <strong>Management</strong>d<strong>im</strong>ension<br />

werden horizontal Aktivitäten, Strukturen und Verhalten zugeordnet, wodurch ein Bezugsrahmen<br />

für eine ganzheitliche Sichtweise <strong>im</strong> <strong>Management</strong> entsteht. 207 Bleicher<br />

fordert eine horizontale (Abst<strong>im</strong>mung der Strukturen, der Aktivitäten und des Verhaltens)<br />

und eine vertikale (Abst<strong>im</strong>mung der drei <strong>Management</strong>d<strong>im</strong>ensionen) Integration.<br />

208 „Dies geschieht durch die Gestaltung von wechselseitigen Beziehungen.“ 209<br />

Diese Beziehungen sind nicht monokausal zu verstehen, sondern gleichen einem<br />

Netzwerk mit positiven und negativen Kreisläufen. 210<br />

Rudolph knüpft an den integrierten <strong>Management</strong>ansatz von Bleicher an und entwikkelt<br />

ein integriertes Projektmanagement für komplexe Handelsprojekte. 211 Er unterscheidet<br />

dabei drei <strong>Management</strong>ebenen (Konzept, Struktur und Verhalten) und verbindet<br />

diese in einer Projektmatrix mit den drei Projektphasen (Start, Konzeption und<br />

Umsetzung). 212 „Insgesamt versteht sich die Projektmatrix als Planungsinstrument,<br />

um komplexe Projektaufgaben zum Erfolg zu führen. Sie fordert die Anwender zu<br />

einer integrierten Vorgehensweise auf, die es erlaubt, mögliche Projekthindernisse<br />

frühzeitig zu erkennen und proaktiv zu min<strong>im</strong>ieren.“ 213 Die ganzheitliche Sichtweise<br />

und die Integration der drei <strong>Management</strong>ebenen und Projektphasen stehen bei<br />

Rudolph <strong>im</strong> Vordergrund. Grafisch wird die Integration der <strong>Management</strong>ebenen und<br />

Projektphasen durch Zahnräder dargestellt, die durch Verzahnungen ineinandergreifen<br />

(vgl. Abbildung 21). Mit Instrumenten wie der integrierten Projektablaufplanung<br />

und der Projektmatrix bietet Rudolph ein sehr praxisnahes Vorgehen an, welches<br />

es ermöglicht, gemäss dem systemorientierten Ansatz durch ganzheitliche<br />

Sichtweise und Integration Komplexität besser bewältigen zu können.<br />

204<br />

Ulrich/Fluri, 1992, S. 101; vgl. auch Ulrich/Krieg, 1974 und Bleicher, 1992 (a).<br />

205<br />

Vgl. Bleicher, 1992 (a), S. 55.<br />

206<br />

Bleicher, 1992 (a), S. 56.<br />

207<br />

Vgl. Bleicher, 1992 (a), S. 56 und 75.<br />

208<br />

Vgl. Bleicher, 1992 (a), S. 68 ff., 75 ff., 196 ff., 297 ff. und 329 ff.<br />

209<br />

Bleicher, 1992 (a), S. 403.<br />

210<br />

Vgl. Ulrich/Probst, 1988, S. 36 ff. und 49.<br />

211<br />

Vgl. Rudolph, 1999.<br />

212<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 361 ff.<br />

213<br />

Rudolph, 1999, S. 381.<br />

55


56<br />

Phasen<br />

Konzeptionsphase Umsetzungsphase<br />

Startphase<br />

Entscheidungsphase<strong>Management</strong>ebene<br />

Konzept/<br />

Programm<br />

Veränderungen<br />

in der Systemzentrale<br />

durchführen<br />

differenziertes<br />

Neupositionierungskonzept<br />

entwickeln<br />

umfassende<br />

Marktforschung<br />

1<br />

C<br />

Verände-<br />

rungen in der<br />

permanenten<br />

Organisation<br />

vornehmen<br />

1<br />

B<br />

1<br />

2<br />

1<br />

A<br />

2<br />

2<br />

Struktur<br />

Mitarbeiter<br />

für den<br />

Wandel<br />

motivieren<br />

3<br />

auf Veränderungen<br />

einst<strong>im</strong>men<br />

Projektorganisation<br />

etablieren<br />

3<br />

3<br />

Handel und<br />

Mitarbeiter<br />

sensibilisieren<br />

Projektorganisation<br />

aufbauen<br />

Verhalten<br />

Legende:<br />

1 = Link/Verzahnung auf der konzeptionellen Ebene<br />

2 = Link/Verzahnung auf der strukturellen Ebene<br />

3 = Link/Verzahnung auf der verhaltensmässigen Ebene<br />

A = Startmodul<br />

B = Konzeptionsmodul<br />

C = Umsetzungsmodul<br />

Abbildung 21: Integrierte Projektablaufplanung für ein Fallbeispiel 214<br />

214 Rudolph, 1999, S. 379.


Kapitel 1: Einleitung und Grundlagen<br />

Mit den sechs Kräftefeldern in dieser Arbeit wird die ganzheitliche Sichtweise der drei<br />

<strong>Management</strong>ebenen von Rudolph aufgegriffen und ergänzt. Die verhaltensbezogene<br />

<strong>Management</strong>ebene wird aufgeteilt in ein personelles und ein kulturelles Kräftefeld, da<br />

dem Personal <strong>im</strong> Innovationsprozess eine besondere Rolle zugesprochen wird. 215<br />

Ausserdem werden die <strong>Management</strong>ebenen von Rudolph (Konzept, Struktur, Verhalten)<br />

durch ein wirtschaftliches und technologisches Kräftefeld ergänzt, da sich die<br />

Untersuchung auf technologische <strong>Innovationen</strong> konzentriert und diese beiden Kräftefelder<br />

<strong>im</strong> voraus als wichtig eingeschätzt wurden. Bei Rudolph wäre eine Zuordnung<br />

zur konzeptionellen <strong>Management</strong>ebene denkbar, trifft aber nicht ganz die Bedeutung<br />

der Kräftefelder, wie sie auch in der Befragung abgeprüft wurde. 216<br />

Grundsätzlich lehnt sich das hier vorgetragene Verständnis der sechs Kräftefelder an<br />

der bestehenden Literatur zum Innovationsmanagement an. Die sechs Kräftefelder<br />

definieren ganzheitlich das Innovationsumfeld. 217 Die sechs Kräftefelder sind die Parameter,<br />

durch die ein aktives Innovationsmanagement den Innovationsprozess und<br />

damit den Innovationserfolg beeinflussen kann. Deswegen sind sie ein Schwerpunkt<br />

der schriftlichen Befragung sowie dieser Arbeit (vgl. Kapitel 5 und 6). Abbildung 22<br />

zeigt die sechs Kräftefelder und ordnet sie den <strong>Management</strong>ebenen eines integrierten<br />

<strong>Management</strong>s zu.<br />

1.5.2 Innovationsmanagement in der Praxis<br />

Eine empirische Untersuchung von Rudolph zum Projektmanagement hat gezeigt,<br />

dass <strong>im</strong> Durchschnitt 22% der von Unternehmen durchgeführten Projekte abgebrochen<br />

werden (N = 90). 218 Innovationsmanagement wird in der Praxis häufig durch<br />

Projekte und Projektmanagement realisiert. Die empirische Untersuchung von<br />

Rudolph zeigt, dass mit durchschnittlich 22% eine beträchtliche Anzahl von Projekten<br />

abgebrochen wird. Diese hohe Abbruchrate fordert einerseits ein professionelles<br />

Projektmanagement 219 , deutet aber andererseits gerade bei Innovationsprojekten auf<br />

Hemmnisse in der Handelspraxis hin, die genauer untersucht werden müssen.<br />

215 Ein Ergebnis der explorativen Expertengespräche, das aber auch der Literatur zum<br />

Innovationsmanagement entspricht; vgl. Abschnitt 5.3.<br />

216 Vgl. Fragebogen in Anhang C.<br />

217 Vgl. etwa Kirsch, 1978; Bitzer, 1990; Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992; Hauschildt, 1997; Cooper, 1975;<br />

Cooper, 1984; King/Anderson, 1995; Bierfelder, 1994; Hauser, 1990; Rober/Weiss, 1990.<br />

218 Rudolph, 1999, S. 250.<br />

219 Lösungsansätze entwickelt Rudolph, 1999, S. 283 ff.<br />

57


58<br />

Personelles<br />

Kräftefeld<br />

Kulturelles<br />

Kräftefeld<br />

Umfeld <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong><br />

Konzeptionelles<br />

Kräftefeld<br />

Konzept<br />

Verhalten Struktur<br />

Wirtschaftliches<br />

Kräftefeld<br />

Technologisches<br />

Kräftefeld<br />

Organisatorisches<br />

Kräftefeld<br />

Abbildung 22: Die sechs Kräftefelder und die integrierten <strong>Management</strong>ebenen<br />

Der Stand des aktiven und systematischen Innovationsmanagements <strong>im</strong> Handel ist<br />

heute noch sehr unterschiedlich. Erste grosse Handelsunternehmen installieren Bereiche,<br />

die sich dem Thema widmen. So gibt es bei Kaufhof bereits einen Direktor für<br />

Innovationsmanagement 220 und eine Abteilung Mult<strong>im</strong>edia-Marketing. 221 Andere<br />

Handelsunternehmen lassen das Innovationsmanagement einfach „mitlaufen“ und<br />

sind erstaunt, wenn keine <strong>Innovationen</strong> entstehen bzw. die <strong>Innovationen</strong> erfolglos<br />

umgesetzt werden. Das Beispiel in Kapitel 2 illustriert einen Fall, in dem praktisch<br />

kein aktives Innovationsmanagement betrieben wurde.<br />

220 Rode, 1997 (a), S. 38 ff.<br />

221 o. V., 1997 (c), S. 6.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

2 Fallbeispiel Migros 222<br />

Das Fallbeispiel Migros wird an dieser Stelle ausführlich beschrieben, um die Komplexität<br />

der Thematik und die in Kapitel 1 erläuterte Problemstellung an einem realen<br />

Fall zu illustrieren. Das Fallbeispiel wird in den folgenden Kapiteln und Abschnitten<br />

der Arbeit <strong>im</strong>mer wieder aufgegriffen, um einzelne Aspekte zu veranschaulichen und<br />

zu vertiefen. Die Migros steht dabei stellvertretend für ein Handelsunternehmen, das<br />

– von kontinuierlich wachsenden Umsätzen verleitet – zukunftssichernde <strong>Innovationen</strong><br />

zu spät in Angriff genommen und dann auch nur zögerlich umgesetzt hat. Das<br />

Fallbeispiel illustriert damit die zentrale These dieser Arbeit, dass ohne konsequentes<br />

Innovationsmanagement technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel nur selten erfolgreich<br />

realisiert werden können.<br />

2.1 Das Unternehmen<br />

„Als Gottlieb Duttweiler die Migros gründete, schwebte ihm ein neuartiges Unternehmen<br />

vor: eine Brücke zwischen Produzenten und Konsumenten. Gute Ware soll für<br />

jedermann erschwinglich sein. Überdies sollen die erwirtschafteten Mittel in den<br />

Dienst der persönlichen Entfaltung des einzelnen gestellt und zum Wohle der Gemeinschaft<br />

verwendet werden.“ 223 1925 wurde die Migros von Gottlieb Duttweiler als<br />

Aktiengesellschaft gegründet und ist heute das erfolgreichste Handelsunternehmen<br />

in der Schweiz. „Im Bewusstsein der Bevölkerung steht der Begriff ‚Migros‘ jedoch<br />

nicht in erster Linie für Wirtschaftsmacht und Finanzkraft: Die Migros ist zu einer Institution<br />

geworden, die weit über den wirtschaftlichen Bereich hinaus in mannigfacher<br />

Weise auch in Gesellschaft und Kultur ausstrahlt.“ 224 Am 25. August 1925 lieferte die<br />

Migros AG erstmals mit ihren Verkaufswagen das aus sechs Artikeln bestehende<br />

Sort<strong>im</strong>ent aus. Bereits ein Jahr später wurde der erste Migros-Laden in Zürich<br />

eröffnet.<br />

1940/41 wurde die Migros AG in eine Genossenschaft umgewandelt. „Das gesamte<br />

Unternehmen mit einem damals auf 16 Mio. Sfr. geschätzten inneren Wert ging an<br />

acht regionale Migros-Genossenschaften und den Migros-Genossenschafts-Bund<br />

(MGB) über, wobei die eingetragenen Kunden auf Wunsch Genossenschafter werden<br />

konnten. Jeder Genossenschafter erhielt gratis einen Anteilsschein <strong>im</strong> Nominalwert<br />

von Sfr. 30,-.“ 225 Heute besteht die Migros-Gemeinschaft aus zwölf Genossen-<br />

222 Die Fallstudie wurde erstellt aufgrund von Gesprächen mit R. Schulthess (Verkaufschef und<br />

Mitglied des BoSS-Ausschusses Migros St. Gallen) und D. Lumpert (Leiter Organisation, Leiter BoSS-<br />

Koordination und Mitglied des BoSS Ausschusses Migros St. Gallen), Informationsmaterialien der<br />

GMSG sowie der Erfahrungen des Autors, der über den Zeitraum von zwei Jahren das<br />

Innovationsprojekt begleitete.<br />

223 MGB, Presse und Public Relations, Die Migros Gemeinschaft, eine Kurzinformation.<br />

224 MGB, Presse und Public Relations, Geschichte der Migros.<br />

225 MGB, Presse und Public Relations, Geschichte der Migros.<br />

59


60<br />

schaften sowie dem MGB und zählt ca. 1,5 Mio. Mitglieder. 226 Die Genossenschaftsanteile<br />

<strong>im</strong> Wert von 10,- Sfr. werden an die Konsumenten und auch an Angestellte<br />

verschenkt.<br />

Das Kerngeschäft der Migros ist der Detailhandel, dessen Umsatz zu ca. einem<br />

Drittel aus dem Non-Food-Bereich, zu ca. zwei Dritteln aus dem Food-Bereich<br />

stammt. Im Food-Bereich hat die Migros-Gemeinschaft in der Schweiz einen Marktanteil<br />

von 23,8%, <strong>im</strong> Non-Food-Bereich von 9,3%. Die Stärke und Besonderheit der<br />

Migros liegt in ihrem Sort<strong>im</strong>ent, das sich zu ca. 95% aus Eigenmarken und Exklusivmarken<br />

zusammensetzt. 227 Die Migros tritt heute am Markt mit verschiedenen Vertriebstypen<br />

vom Frischemarkt bis zum SB-Warenhaus auf. Neben dem Detailhandelsgeschäft<br />

ist die Migros auch als Produzent aktiv. Ausserdem gehören 16<br />

Dienstleistungsunternehmen zur Migros-Gemeinschaft wie z. B. die Migros-Bank,<br />

Secura Versicherung, Hotelplan, Migros-Klubschule usw.<br />

Von der Gründung bis 1994 konnte die Migros eine positive Umsatzentwicklung aufweisen.<br />

Grösster Konkurrent ist die Coop Genossenschaft. 1996 hat die Migros-Gemeinschaft<br />

einen Detailhandelsumsatz von 12,7 Mrd. Sfr. erwirtschaftet, was einem<br />

Rückgang zum Vorjahr um 1,3% entspricht. Das Unternehmensergebnis belief sich<br />

auf 258 Mio. Sfr., der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit auf 842 Mio. Sfr. In der<br />

Gemeinschaft sind knapp 72.000 Menschen beschäftigt. Über alle Vertriebstypen hat<br />

die Gemeinschaft 580 Verkaufsstandorte mit einer Gesamtverkaufsfläche von<br />

916.000 Quadratmetern.<br />

Eine der zwölf Genossenschaften ist die Genossenschaft Migros St. Gallen (GMSG)<br />

mit Hauptsitz in Gossau, Kanton St. Gallen. 228 Die GMSG bewirtschaftet 60 Filialen<br />

mit einer Gesamtverkaufsfläche von 107.616 Quadratmetern. 229 1997 wurde ein Gesamtumsatz<br />

<strong>im</strong> Detailhandelsgeschäft von 1,495 Mrd. Sfr. erreicht, dies entspricht<br />

einem Rückgang zum Vorjahr um 0,68%. 230 Der Umsatz verteilt sich zu 67,4% auf<br />

den Food-Bereich und zu 32,6% auf den Non-Food-Bereich. 231 Das Ergebnis der<br />

normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern belief sich 1997 auf 2,5 Mio.<br />

Sfr., was einem Rückgang zum Vorjahr um 0,7 Mio. Sfr. entspricht. Erreichte der erwirtschaftete<br />

Cashflow <strong>im</strong> Vorjahr noch den bisher höchsten Wert von 80,8 Mio.<br />

226 Vgl. MGB, 1997, S. 49.<br />

227 Vgl. Bruhn, 1997, S. 1.<br />

228 1998 schlossen sich die Genossenschaften St. Gallen und Winterthur zur Migros Genossenschaft<br />

Ostschweiz (GMOS) zusammen, so dass es nur noch 11 Genossenschaften gesamtschweizerisch<br />

gibt. Dieser Zusammenschluss ist in der Fallstudie noch nicht berücksichtigt, da er keinen direkten<br />

Einfluss auf die Themenstellung hat und erst nach den hier geschilderten Entwicklungen<br />

stattgefunden hat.<br />

229 Vgl. GMSG, 1998, S. 4.<br />

230 Vgl. GMSG, 1998, S. 3.<br />

231 Vgl. GMSG, 1998, S. 7.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

Sfr. 232 , belief er sich 1997 auf 67,3 Mio. Sfr. Insgesamt sind in der GMSG ca. 7.000<br />

Mitarbeiter beschäftigt. 233 Die Genossenschaft Migros St. Gallen hat 1997 206.414<br />

Mitglieder. 234<br />

2.2 Ausgangslage: Von der Belieferungsmentalität zur<br />

Marktorientierung in der Migros<br />

Die Migros Genossenschaft St. Gallen sah sich in den Jahren 1996-1998 mit einer<br />

stagnierenden bis rückläufigen Umsatzentwicklung konfrontiert (vgl. Abbildung 23).<br />

Aus der Tradition und Entstehungsgeschichte der Migros waren die Umsatzgrössen<br />

die relevanten Marktzahlen. Ursachen für die rückläufige Entwicklung waren unter<br />

anderem der verstärkte Wettbewerb (vor allem auch durch die Coop) und ein verändertes,<br />

sich rasch wandelndes Konsumentenverhalten 235 . Ein wesentliches Problem<br />

für die Migros war schon <strong>im</strong>mer und ist <strong>im</strong>mer noch die fehlende Marktorientierung.<br />

Die Migros war aufgrund ihrer Vormachtstellung lange Zeit nicht gefordert, eine<br />

marktorientierte Denkhaltung einzunehmen. Im Vordergrund stand allein die Verteilung<br />

der Waren und die Frage, wie die Waren zu den Kunden gebracht werden sollten.<br />

Die Verkaufswagen der Migros waren für die Distribution in der dezentral besiedelten<br />

Schweiz ein ideales Instrument. Die Belieferungsmentalität der Migros lässt<br />

sich aus dieser Tradition und Entstehungsgeschichte erklären, kann aber heute nicht<br />

mehr Grundsatz eines wettbewerbsfähigen Unternehmens sein. Somit war es Aufgabe<br />

der GMSG, bis zur Jahrtausendwende durch eine verstärkte Markt- und Kundenorientierung<br />

ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Abbildung 24 zeigt<br />

diese Richtungsänderung in der grundsätzlichen Ausrichtung der GMSG.<br />

232 Vgl. GMSG, 1997, S. 15.<br />

233 Vgl. GMSG, 1998, S. 11.<br />

234 Vgl. GMSG, 1998, S. 14.<br />

235 Vgl. Rudolph, 1999, S. 65.<br />

61


62<br />

Mio. Sfr.<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1981 1986 1991 1995 1996 1997<br />

Gesamtumsatz der GMSG in Mio. Sfr.<br />

Abbildung 23: Umsatzentwicklung der Genossenschaft Migros St. Gallen 236<br />

Aus der Zielsetzung der Marktorientierung und dem verschärften Wettbewerb ergab<br />

sich die Notwendigkeit für mehr Informationstransparenz, d. h. die Notwendigkeit,<br />

mehr über den Kunden und sein Verhalten zu erfahren. Die gesamte Organisation<br />

sollte auf den Absatz ausgerichtet werden. Neue Technologien boten ein <strong>im</strong>mer grösseres<br />

Möglichkeitsspektrum und sollten das Instrument sein, um die relevanten Informationen<br />

zu generieren.<br />

236 Vgl. GMSG, 1997, S. 14.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

Orientierung am Beschaffungsmarkt<br />

Kunde Filiale Betriebszentrale Industrie<br />

Von der Beschaffungsorientierung<br />

zur<br />

Bedarfs- und Marktorientierung<br />

Orientierung am Absatzmarkt<br />

Kunde Filiale Betriebszentrale Industrie<br />

Abbildung 24: Von der Beschaffungsorientierung zur Marktorientierung<br />

2.3 Das Innovationspaket der GMSG zur Realisierung von<br />

Kundennähe und Marktorientierung<br />

„Mit der Intensivierung des Wettbewerbs <strong>im</strong> Einzelhandel und einem verstärkten Einsatz<br />

neuer Informations- und Kommunikationstechnologien erfährt die Information –<br />

verstanden als zweckorientiertes Wissen – eine zunehmende Bedeutung als eigenständiger<br />

Faktor handelsbetrieblicher Leistungserstellung (Betriebsfaktor) zur Hervorbringung<br />

(‚Produktion‘) von Entscheidungen.“ 237<br />

Seit 1980 (!) beschäftigt sich die Migros St. Gallen mit einem Innovationspaket zu<br />

den Themen Warenbewirtschaftung, Waren- und Sort<strong>im</strong>entsstruktur, Scanning, Data<br />

Warehouse, MIS und Stundenbewirtschaftung in den Filialen. Diese <strong>Innovationen</strong><br />

stellen die Kernsysteme des Innovationspaketes dar und müssen gemeinsam betrachtet<br />

werden, da sie nur gemeinsam zur Lösung der oben geschilderten Problemsituation<br />

beitragen. Es gibt noch weitere Systeme, die auch zum Innovationspaket<br />

gehören, wie z. B. „Sale 3“ (ein System zum „Layouten“ von Filialen), „AFB“ (ein System<br />

für das automatische Bestellwesen in den Filialen), „PIS“ (Personal Information<br />

System) usw. Die Fallstudie konzentriert sich aber auf die Kernsysteme des Innovationspaketes.<br />

Das gesamte Innovationspaket mit seinen Bestandteilen ist in<br />

237 Möhlenbruch/Nickel, 1995, S. 107.<br />

63


64<br />

Abbildung 25 dargestellt. Grundlage ist eine Waren- und Verantwortungsstruktur,<br />

welche auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet ist. Auf diesen Strukturen<br />

bauen verschiedene Zielplanungssysteme, Kontrollsysteme und operative Systeme<br />

auf, die alle informationstechnologisch realisiert werden. Kern der Informationsverarbeitung<br />

ist ein Data Warehouse, in dem alle relevanten und benötigten Daten<br />

der verschiedenen Systeme gespeichert werden.<br />

Die Hauptziele des Innovationspaketes lassen sich folgendermassen zusammenfassen:<br />

238<br />

1. Probleme früher und marktorientierter erkennen, darauf schneller reagieren.<br />

2. Entscheidungen treffsicherer fällen, anhand von Fakten und weniger emotional.<br />

3. Mehr Transparenz <strong>im</strong> Warengeschäft und in den Verantwortungsbereichen<br />

herstellen.<br />

4. Die Ertragskraft des Unternehmens steigern.<br />

Ziele<br />

Operative Systeme<br />

•Scanning<br />

•Warenwirtschaft<br />

•Zeiterfassung (Zefil)<br />

•Personalinformation (PIS)<br />

•Automatisches Bestellwesen<br />

(AFB)<br />

etc.<br />

effektive<br />

Zahlen<br />

Zielplanungssysteme<br />

•Finanzplanung<br />

•Investitionsplanung<br />

•Budgetierung<br />

effektive<br />

Zahlen<br />

Ziele<br />

Data<br />

Warehouse<br />

effektive<br />

Zahlen<br />

Ziele<br />

Zielabweichungen<br />

Waren- und Verantwortungsstruktur (BoSS)<br />

Kontrollsysteme<br />

•EIS<br />

•operative Führungsinstrumente<br />

•Analysehilfsmittel<br />

•Kostenträgerrechnung/<br />

DB-Rechnung<br />

Struktur Struktur Struktur<br />

Abbildung 25: Innovationspaket – BoSS und die Systeme 239<br />

238 Vgl. Schulthess, 1997.<br />

239 In Anlehnung an das Expertengespräch mit D. Lumpert.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

2.3.1 Projektorganisation zur Einführung des Innovationspaketes<br />

Das gesamte Innovationspaket wurde zu Beginn in Form eines Netzplanes strukturiert.<br />

Darin waren die einzelnen Projekte und ihre Abhängigkeiten zeitlich terminiert.<br />

240<br />

Organisatorisch wurde das Projekt in zwei Hälften (Entwicklung und Verbreitung)<br />

aufgeteilt. Die Entwicklungsarbeiten finden in Projektgruppen statt, die als Matrixorganisationen<br />

strukturiert sind. Die Verbreitung der Systeme erfolgt in einer<br />

Fachbereichs-Projektorganisation. 241 Abbildung 26 zeigt die Organisation für das<br />

Innovationsprojekt (die Projekte zu „Entwicklung und Aktivitäten“ sind aus Gründen<br />

der Übersichtlichkeit nicht als Matrix abgebildet). Die Projektgruppen und -aufgaben<br />

sind nicht vollständig genannt.<br />

Nachteil dieser Aufteilung ist der erhöhte Kommunikationsaufwand zwischen Entwicklung<br />

und Verbreitung der <strong>Innovationen</strong>. Vorteil ist die Möglichkeit der konsequenten<br />

Umsetzung durch die reine (hierarchische) Projektorganisation. Nachdem<br />

die Kernsysteme verbreitet sind (z. B. Einführung von Scanning in allen Filialen), soll<br />

es künftig nur noch den Bereich der Matrixorganisationen geben; die Entwicklung<br />

und Umsetzung werden dann integriert und der Bereich der reinen Projektorganisation<br />

aufgelöst.<br />

240 Einen groben Teilausschnitt zur Einführung des MIS zeigt Abbildung 30.<br />

241 Zur Fachbereichs-Projektorganisation und Matrix-Projektorganisation vgl. Rudolph, 1999, S. 348 f.<br />

65


66<br />

BoSS-Ausschuss<br />

alle Direktionsmitglieder<br />

BoSS-Koordination<br />

Funktionsbereiche<br />

Informatik, Bauwesen, Personal, Logistik, Marketing, Verkauf<br />

Entwicklung und Aktivitäten<br />

(Matrix-Projektorganisation)<br />

Verbreitung der Systeme<br />

(Fachbereichs-Projektorganisation)<br />

Zefil<br />

Entwicklung<br />

Zeiterfassung<br />

in den Filialen<br />

Scanning<br />

Entwicklung<br />

MIS<br />

Entwicklung<br />

<strong>Management</strong><br />

Information System<br />

AFB<br />

Entwicklung<br />

Automatisches<br />

Bestellwesen<br />

AFB<br />

Automatisches<br />

Bestellwesen<br />

in den Filialen<br />

Zefil<br />

Zeiterfassung<br />

in den<br />

Filialen<br />

Scanning<br />

Einführung<br />

in den Filialen<br />

BoSS<br />

Umstellung<br />

der Filialen<br />

Abbildung 26: Organisation für das Innovationsprojekt BoSS<br />

Teilprojekt Teilprojekt Teilprojekt Teilprojekt


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

2.3.2 Die Kernsysteme des Innovationspaketes<br />

2.3.2.1 Bedarfsorientierte Sort<strong>im</strong>entsstruktur (BoSS)<br />

Ausgangspunkt für das Innovationspaket war eine neue, kundenorientierte Warenstruktur.<br />

Seit Ende der 80er Jahre beschäftigte man sich in der Migros St. Gallen mit<br />

einem neuen Bewirtschaftungssystem (BWS). Die Entwicklung in der GMSG erfolgte<br />

in einem kleinen Team von fünf bis sechs Mitarbeitern, die aus dem mittleren Kader<br />

rekrutiert waren. Es handelte sich vorwiegend um Mitarbeiter des Verkaufs. Das<br />

BWS basierte auf den Beschaffungsstrukturen und konnte deswegen keine Bedarfsorientierung<br />

ermöglichen. Deswegen wurde das BWS bis 1991 zu einer bedarfsorientierten<br />

Sort<strong>im</strong>entsstruktur (BoSS 94) weiterentwickelt. In diese Entwicklungsphase<br />

wurde erstmals der Migros-Genossenschaftsbund mit Sitz in Zürich einbezogen.<br />

Aufgrund der erkannten Bedeutung des Themas wurde in der Genossenschaft St.<br />

Gallen eine eigene Organisationsstruktur (Projektorganisation) für diese Thematik<br />

entwickelt. Es entstanden ein BoSS-Ausschuss, dem alle Direktionsmitglieder angehören,<br />

eine BoSS-Koordination, in der die einzelnen Funktionsbereiche vertreten<br />

sind (Informatik, Personal, Bauwesen, Logistik, Marketing und Verkauf), und Arbeits-<br />

gruppen, die einzelne Projekte (wie z. B. die in diesem Fallbeispiel behandelten<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong>) realisierten. In der BoSS-Koordination ist auch ein<br />

Filialleiter Mitglied. Er hat ein besonderes Gewicht <strong>im</strong> Gremium, da er die „St<strong>im</strong>me<br />

des Kunden“ vertritt. BoSS 94 wurde weiterentwickelt und in Zusammenarbeit mit<br />

dem MGB harmonisiert. Es resultierte die Warenstruktur BoSS 2000, die am<br />

1.1.1997 eingeführt wurde und für die gesamte Migros-Gemeinschaft Gültigkeit<br />

besitzt.<br />

Abbildung 28 gibt das vernetzte Zielsystem wieder, das mit der neuen BoSS-Warenund<br />

Sort<strong>im</strong>entsstruktur und dem Innovationspaket verfolgt wurde. Daraus sind die<br />

Ziele und der angestrebte Nutzen für die GMSG ersichtlich. Diese Ziele wurden<br />

schriftlich fixiert.<br />

Die Warenstruktur nach BoSS unterscheidet fünf Stufen, in denen die Artikel hierarchisch<br />

gruppiert werden (vgl. Abbildung 27). Die Sort<strong>im</strong>entsanordnung innerhalb der<br />

Verkaufsfläche erfolgt durch Zusammenfassung von Sort<strong>im</strong>entsteilen nach gemeinsamen<br />

Merkmalen. Diese Sort<strong>im</strong>entsteile werden räumlich zusammen präsentiert.<br />

Die Gruppierung nach BoSS erfolgt nach dem Bedarfszusammenhang der Artikel.<br />

Verbindende Merkmale der Artikel können der Verwendungszusammenhang, gemeinsame<br />

Erlebnisbereiche oder Zielgruppen sein. „Die branchenübergreifende Bedarfsbündelung<br />

ist das zukunftsträchtigste Sort<strong>im</strong>entskonzept, da diese innovative<br />

Sort<strong>im</strong>entspolitik den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, neue Bedürfnisse zu<br />

67


68<br />

st<strong>im</strong>ulieren und damit sich neue Möglichkeiten zur Festlegung und intensiven Bearbeitung<br />

von Zielgruppen bieten.“ 242<br />

Bedarfsbereich<br />

Babyhartwaren<br />

Verkaufssektor<br />

Windeln Textil<br />

Familie<br />

Duschen<br />

Bedarfsbereich<br />

Baby-Shop<br />

Thema<br />

Pflege<br />

Verkaufssektor<br />

Babypflege<br />

Familie<br />

Kosmetik<br />

Thema<br />

Windeln<br />

Bedarfswelt<br />

Baby<br />

Abbildung 27: Warenstruktur nach BoSS<br />

Thema<br />

Gläschen/Säfte/Tee<br />

Bedarfsbereich<br />

Babynahrung<br />

Verkaufssektor<br />

Babynahrung<br />

Familie<br />

Folgenahrung<br />

Thema<br />

Pulver<br />

Bedarfsbereich<br />

Babykleidung<br />

Familie<br />

Anfangsnahrung<br />

„Mit der Anlehnung an die BoSS-Warenstruktur über die ganze Wertschöpfungskette<br />

hinweg richten wir uns unweigerlich auch nach den Kundenbedürfnissen aus. BoSS<br />

ist der Wechsel von einer beschaffungsorientierten zu einer kunden- und absatzorientierten<br />

Denkweise. BoSS ermöglicht eine gemeinsame Sprache in der Warenbewirtschaftung<br />

<strong>im</strong> Einkauf wie <strong>im</strong> Verkauf. Die bedarfsorientierte Denkweise beginnt<br />

mit der kundengerechten Bündelung der Artikel am POS.“ 243<br />

242 Gröppel, 1991, S. 88.<br />

243 Schulthess, 1997.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

Ausrichtung auf ein<br />

gemeinsames,<br />

definiertes, konkretes<br />

Ziel<br />

Erhöhte Motivation<br />

und Identifikation<br />

der Mitarbeiter<br />

Führungsqualität<br />

steigt<br />

Erhöhte<br />

Produktivität<br />

und Effizienz<br />

Erhöht den<br />

Handlungsspielraum<br />

BoSS-Warenstruktur<br />

Basis für Systeme:<br />

Scanning, Zefil,<br />

Sale 3, MIS usw.<br />

Erhöhte<br />

Messbarkeit<br />

Grössere<br />

Flexibilität<br />

Reduktion der<br />

unproduktiven<br />

Leistungen<br />

Reaktionsfähigkeit<br />

auf Kundenbedürfnisse<br />

wird erhöht<br />

Steigende<br />

Kundenfrequenz,<br />

Mehrumsatz<br />

Abbildung 28: Zielsystem der BoSS-Warenstruktur und des<br />

Innovationspaketes 244<br />

244 In Anlehnung an das Expertengespräch mit D. Lumpert.<br />

Erhöhte Transparenz<br />

bezüglich<br />

•Warenleistung<br />

•Warenbewirtschaftung<br />

•Kostenbewirtschaftung<br />

•Planung/Budgetierung<br />

Klare<br />

Profilierung<br />

Vereinfachung<br />

und Verkürzung<br />

des Entscheidungsprozesses<br />

be<strong>im</strong><br />

Kunden<br />

Steigendes<br />

Kundenvertrauen<br />

69


70<br />

BoSS selbst ist keine technologische Neuerung. Es ist hier aber als Beispiel aufgeführt,<br />

da es die Grundlage der gesamten Neuausrichtung der GMSG ist. Von BoSS<br />

ist das gesamte Unternehmen betroffen durch Änderungen in den bestehenden<br />

Systemen und durch Änderungen in den organisatorischen Strukturen (vgl.<br />

Abbildung 29). 245 Aufbauend auf dieser Sort<strong>im</strong>entsstruktur wurden die folgenden<br />

Systeme neu eingeführt, entwickelt bzw. überarbeitet und angepasst.<br />

Kunden<br />

Bedürfnisse<br />

Personalwesen<br />

Abläufe<br />

Informationsmittel/Systeme<br />

Einkauf<br />

Abläufe, Struktur,<br />

Informationsmittel/Systeme:<br />

MIS<br />

Informatik<br />

Informationsmittel/Systeme<br />

BoSS<br />

Verkauf<br />

Abläufe, Struktur,<br />

Informationsmittel/Systeme:<br />

Scanning, MIS, Sale 3<br />

Rechnungswesen<br />

Budgetierung, Kostenrechnung<br />

Informationsmittel/Systeme<br />

Logistik<br />

Lagerspiegel, Abläufe,<br />

Informationsmittel/Systeme<br />

Bauwesen<br />

Ladenplanung<br />

Informationsmittel/Systeme:<br />

Sale 3, CAD<br />

Lieferant<br />

Belieferungsplan<br />

Abbildung 29: Betroffenheit des Unternehmens (GMSG) durch BoSS 246<br />

2.3.2.2 Scanning<br />

Scanning (das automatische, artikelgenaue Erfassen an der Kasse) ist ein System,<br />

mit dem die Abverkäufe (Umsatz, Anzahl usw.) und Kundendaten (Umsatz, Frequenz<br />

usw.) erfasst und an andere Systeme wie z. B. DWH weitergeleitet werden. „Innerhalb<br />

von nur zwei Jahren hat das Scanning <strong>im</strong> Schweizer Food-Detailhandel gewaltige<br />

Sprünge gemacht. Und die Entwicklung wird in den nächsten zwei Jahren weiterhin<br />

stürmisch sein.“ 247 1997 erreichte die gesamte Migros-Gemeinschaft in der<br />

Schweiz eine Scanningrate von 55%. Andere Wettbewerber wie z. B. Pick Pay hatten<br />

zu diesem Zeitpunkt bereits eine Scanningrate von 100%. 248 Seit 1993 wurden in der<br />

245 Vgl. Schulthess, 1997.<br />

246 Abbildung in Anlehnung an Schulthess, 1997.<br />

247 Naef, 1997/98 (a), S. 41.<br />

248 Vgl. Naef, 1997/98 (a), S. 41.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

GMSG die ersten Filialen mit Scannern, modernen Datenkassen und Back-Office-<br />

Rechnern (BO) ausgerüstet. Für 1998 ist in der Genossenschaft St. Gallen eine<br />

Scanningrate von 100% angestrebt. Seit 1997 wurde bei der Migros sehr erfolgreich<br />

ein Kundenloyalitätsprogramm (Cumulus) eingeführt. 249 Mit dieser Kundenkarte und<br />

Scanning ist es möglich, jeden Einkauf kundengenau, d. h. personifiziert zu erfassen.<br />

Durch Scanning wurde es der Migros erstmals möglich, Abverkaufszahlen zu erheben.<br />

Bisher bestand die interne Referenzgrösse in den Belieferungsumsätzen, d. h.<br />

in den Werten der von der Zentrale an die Filialen gelieferten Waren. Diese Zahlen<br />

gaben aber keinen Aufschluss über die Verkäufe an die Kunden. Die Abverkaufszahlen<br />

zeigen täglich, welche Produkte zu welchen Preisen in welcher Menge von<br />

den Kunden gekauft werden. Durch Cumulus ist eine Zurechnung auf den einzelnen<br />

Kunden möglich. Erstmals können auch Verbundeffekte und Aktionen genau analysiert<br />

werden. Ausserdem liefert das Scanning die Informationen für das automatische<br />

Bestellwesen.<br />

2.3.2.3 Zeiterfassung in den Filialen (Zefil)<br />

Während mit Scanning die Abverkäufe bewirtschaftet werden, dient Zefil zur Bewirtschaftung<br />

der Arbeitsstunden und damit der Kosten in der Filiale. Folgende personalwirtschaftlichen<br />

Funktionen werden dabei unterstützt: Personaladministration,<br />

Zeiterfassung, Absenzen, Statistiken.<br />

2.3.2.4 Data Warehouse (DWH)/<strong>Management</strong> Information System (MIS)<br />

Für ein Data Warehouse und damit für ein <strong>Management</strong> Information System gab es<br />

Anfang der 90er Jahre erste Überlegungen in der GMSG. 250 1993 wurden die effektiven<br />

Abverkaufszahlen auf Basis des Scanning erhoben (in den Filialen, wo Scanning<br />

eingerichtet war). 1997 war die erste Phase des MIS abgeschlossen, eine offene<br />

Datenbank (Data Warehouse) wurde eingerichtet. Seit 1995 wurden systematische<br />

Leitfäden für das MIS in Form von Auswertungsroutinen und Kennzahlen entwickelt<br />

und laufend umgesetzt. Ab 1998 soll in der dritten Phase des MIS ein Informationssystem<br />

mit einer stärkeren Aggregation der Informationen für das obere Kader<br />

zur Verfügung gestellt werden. Ausserdem wurden 1998 Systeme zur Zielfindung<br />

und Budgetierung eingeführt. Gleichzeitig erfolgt eine Umstellung der Kostenstellenrechnung<br />

auf eine Deckungsbeitragsrechnung auf Basis der BoSS-Strukturen.<br />

Abbildung 30 zeigt einen Teilausschnitt aus dem Netzplan für die Entwicklung und<br />

Einführung des MIS.<br />

249 Vgl. o. V., 1997 (l), S. 12.<br />

250 Für das DWH und MIS auf MGB-Ebene (Migros Data Discovery – MDD) vgl. Bertram, 1997,<br />

S. 20 ff.<br />

71


72<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Definition<br />

Waren- und<br />

Kostenkennzahlen<br />

DWH/<br />

MIS-Idee<br />

Anforderungen<br />

MIS-Absatz<br />

Anforderungen<br />

MIS-Beschaffung<br />

Kostenplanung<br />

Kostenvergleich<br />

für die Systeme<br />

Bereitstellung<br />

DWH/MIS<br />

Einführung<br />

Führungsinstrumente<br />

Filialen<br />

Einführung<br />

Analysehilfsmittel<br />

Erweiterung<br />

DWH<br />

Erfolgsrechnung<br />

nach<br />

BoSS<br />

Erweiterung<br />

Analysehilfsmittel<br />

Einführung<br />

EIS<br />

Konzeption/Einführung Budgetierung<br />

DB-Rechnung nach BoSS<br />

Erweiterung<br />

EIS<br />

Abbildung 30: Entwicklung und Einführung des MIS und weiterer informations<strong>technologischer</strong><br />

Komponenten des Innovationspaketes 251<br />

Unter dem Begriff MIS werden in der GMSG die Zielplanungssysteme und Kontrollsysteme<br />

verstanden (vgl. Abbildung 25), die auf einem Data Warehouse aufbauen.<br />

Das DWH und MIS führen die Informationen und Daten aus den operativen Systemen<br />

wie z. B. Scanning und Zefil zusammen. Damit werden Kosten und Umsätze<br />

transparent und ermöglichen ertragsorientierte Analysen auf Basis der Warenstruktur<br />

BoSS 2000. Das MIS bietet:<br />

• Informationen zur operativen Führung in Form von physischen Listen und Ausdrucken.<br />

• Kurzfristige und punktuelle Betrachtungen und Auswertungen online und in Form<br />

von Ausdrucken. Dazu stehen definierte Auswertungsroutinen zur Verfügung. Die<br />

Genauigkeit der Daten für dieses Instrument beschränkt sich auf 95%, da finanzwirtschaftliche<br />

Informationen keine Berücksichtigung finden.<br />

• Informationen zur strategischen Führung (Executive Information System = EIS)<br />

online und in Form von Ausdrucken, z. B. kurzfristige Erfolgsrechnungen. Da die-<br />

251 In Anlehnung an das Expertengespräch mit D. Lumpert.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

ses Instrument auch finanzwirtschaftliche Informationen enthält, haben die Daten<br />

eine Genauigkeit von 100%.<br />

Ausserdem ist die Budgetierung ein wesentlicher Bestandteil des MIS. Damit werden<br />

Zielvorgaben in das MIS eingegeben, so dass eine Soll/Ist-Abweichung ermittelt werden<br />

kann. Abbildung 31 zeigt den Aufbau und die Komponenten des MIS.<br />

Bei der Entwicklung des MIS ist der interne Kunde, d. h. der Anwender der Systeme,<br />

einbezogen worden. Wie in Abbildung 30 zu sehen, haben sowohl Absatz wie auch<br />

Beschaffung sehr früh <strong>im</strong> Entwicklungsprozess ihre Anforderungen definiert. An diesen<br />

Anforderungen wurde das System während bzw. nach der Entwicklung gemessen.<br />

Für die Auswahl und externe Beschaffung der MIS- und DWH-Technologien wurden<br />

drei Kriterien berücksichtigt:<br />

1. Die Technologien mussten bedarfsgerecht sein, d. h. die definierten Anforderungen<br />

der Benutzer erfüllen.<br />

2. Die Kosten (Investitionen und Betriebskosten) durften nich zu hoch sein.<br />

3. Die Technologien mussten mit bestehenden Technologien in der GMSG, aber<br />

auch in der Migros-Gemeinschaft kompatibel sein.<br />

Das DWH, auf dem das MIS aufbaut, hat heute ein Speichervolumen von ca. 160 Gigabyte<br />

und wird künftig auf ca. 200 Gigabyte ausgebaut. Die Online-Auswertungen<br />

und -Analysen stehen derzeit 40 Arbeitsplätzen zur Verfügung. Der Bereich der strategischen<br />

Führung (EIS) wird für ca. 20 Nutzer eingerichtet. Die Informationen für die<br />

operative Führung sowie die Budgetierung stehen allen 60 Filialen zur Verfügung.<br />

Die Innovationsaufgabe MIS/DWH ist niemals abgeschlossen, da ständig Opt<strong>im</strong>ierungen,<br />

Anpassungen und Erweiterungen stattfinden, die zur Verbesserung des Systems<br />

und zur Zielerreichung beitragen.<br />

73


74<br />

Strategische Führung<br />

Safir<br />

(Rechnungswesen)<br />

Scanning<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Zefil<br />

20<br />

0<br />

1. Qrtl. 2. Qrtl. 3. Qrtl. 4. Qrtl.<br />

Ost<br />

Nord<br />

Unternehmensführung<br />

(Reporting/EIS)<br />

Budget<br />

Warenverrechnung<br />

PIS<br />

Operative<br />

Führung<br />

Führung<br />

Warengeschäft<br />

(Auswertungen)<br />

MIS<br />

Data<br />

Warehouse<br />

Operative Systeme<br />

= Dokumente/Listen = Online-Informationen<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1. Qrtl. 2. Qrtl. 3. Qrtl. 4. Qrtl.<br />

Ost<br />

Nord<br />

Analyse<br />

Stammdaten<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Nord = 20<br />

Ost<br />

0<br />

1. Qrtl. 2. Qrtl. 3. Qrtl. 4. Qrtl.<br />

Abbildung 31: Aufbau und Komponenten des MIS 252<br />

2.3.3 Erfolg des Innovationspaketes<br />

Kurzfristige, punktuelle Betrachtung<br />

und Analyse<br />

Facility <strong>Management</strong><br />

etc.<br />

Analysen/Auswertungsroutinen<br />

Die greifbaren Investitionen für dieses Innovationspaket belaufen sich derzeit auf 45<br />

Mio. Sfr. Bei dieser Zahl handelt es sich pr<strong>im</strong>är um die Investitionen in die Technik;<br />

der beträchtliche interne Arbeitsaufwand ist bei dieser Zahl nicht berücksichtigt.<br />

Qualitativ<br />

Qualitativ ist ein Umdenken und eine Umorientierung von Emotionen zu Fakten erfolgt.<br />

Es handelt sich dabei aber um einen Prozess, der noch einige Zeit anhalten<br />

wird. Die Informationstransparenz und damit die Informationsqualität hat sich verbessert,<br />

wenngleich der Umgang mit diesen neuen Informationen noch verfeinert werden<br />

muss. Der Erfolg der Innovation kann praktisch nur qualitativ beurteilt werden, aufgrund<br />

ihrer Dauer und Komplexität. Als Kriterien des qualitativen Erfolgs dienen Zielkataloge,<br />

die in der Konzeptionsphase definiert wurden (vgl. Abbildung 28).<br />

252 In Anlehnung an ein Expertengespräch mit D. Lumpert.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

Quantitativ<br />

Für die quantitative Erfolgsmessung steht an oberster Stelle die Entwicklung des<br />

Unternehmenserfolges (z. B. in Form der Ertragsentwicklung). Damit verbunden ist<br />

die Überlebensfähigkeit des Unternehmens. Ein Return on Investment (ROI) ist zwar<br />

theoretisch denkbar, lässt sich aber aufgrund der Komplexität und anderer Einflussfaktoren<br />

praktisch nicht berechnen. Der quantitative Erfolg ist am direktesten an einzelnen<br />

Zielsetzungen nachzuvollziehen, z. B. daran, dass die 220.000 Artikelpositionen<br />

reduziert werden sollten und auch der Lagerbestand von 100 Mio. Sfr. in den<br />

Filialen abgebaut werden sollte. Beide Grössen haben sich bis heute wenig verändert,<br />

was nicht zuletzt daran liegt, dass strukturelle Abhängigkeiten vom MGB die<br />

volle Wirkung der getroffenen Massnahmen verhindern. Ausserdem sind Entwicklun-<br />

gen erfolgt wie z. B. die Eröffnung neuer Filialen, die einen direkten Vergleich erschweren.<br />

So kann positiv angemerkt werden, dass bei gestiegener Anzahl von Filialen<br />

und Einführung eines Fachmarktkonzeptes der Lagerbestand in den Filialen<br />

trotzdem gleichgeblieben ist. Noch detailliertere Zielsetzungen, z. B. die Entwicklung<br />

der Fehlverkäufe (Regallücken) in einer speziellen Filiale, können als Kontrollgrössen<br />

helfen, den quantitativen Erfolg abzuschätzen. Diese Kontrollgrössen sollten sich<br />

aber auf Teilprojekte der Innovation beziehen, die nicht länger als ein Jahr dauern,<br />

um die Wirkungen externer Einflussgrössen (z. B. Konjunktur, Änderungen <strong>im</strong><br />

Kaufverhalten usw.) zu begrenzen.<br />

2.4 Innovationsmanagement – Erfolgsfaktoren und Hemmnisse<br />

Bereits 1990 begann die Entwicklung und Einführung einer neuen Waren- und Verantwortungsstruktur,<br />

doch nach acht Jahren sind die Neuerungen (<strong>Innovationen</strong>) von<br />

den Mitarbeitern <strong>im</strong>mer noch nicht akzeptiert. Die Diffusion <strong>im</strong> Unternehmen verlief<br />

derartig schleppend, dass externe Beratung angefragt wurde. Es wurde die Aufgabe<br />

gestellt, ein Schulungskonzept zu entwickeln, das eine verstärkte Marktorientierung<br />

vermittelt und den Nutzen des Innovationspaketes (Warenstruktur, Scanning und<br />

MIS/Data Warehouse) für den Mitarbeiter klar herausstellt.<br />

2.4.1 Marktorientierung des Innovationspaketes<br />

Die bisherigen Bedürfnisanalysen der Migros sind stark vergangenheitsorientiert. In<br />

die Entwicklung des Innovationspaketes sind Informationen aus eigenen Kundenbefragungen<br />

(in den Filialen), Hinweise der Genossenschafter und Kundenbriefe eingeflossen.<br />

Viele dieser Informationen sind aber nicht gebündelt vorhanden und wurden<br />

dementsprechend auch nicht systematisch als Instrument genutzt. Die Migros verfolgte<br />

<strong>im</strong>mer den Grundsatz „alles für jeden“ und hat damit eine Segmentierung und<br />

zielgruppenspezifische Bedürfnisanalyse verhindert. Eine marktorientierte Entwicklung<br />

hat nach eigenen Angaben der Beteiligten zwar stattgefunden, aber nicht sy-<br />

75


76<br />

stematisch genug, sondern stark intuitiv. Die Öffnung nach aussen hätte stärker sein<br />

können, um nicht zu sagen: stärker sein müssen. 253<br />

Inhaltlich hat man sich bei der Entwicklung stark an anderen Handelsunternehmen<br />

orientiert. Konkurrenzbeobachtungen und Gespräche, z. B. mit Händlern in<br />

Deutschland, haben die Entwicklung wesentlich beeinflusst. Category <strong>Management</strong><br />

war beispielsweise ein Konzept, an dem man sich ausgerichtet hat. Technisch gab<br />

es teilweise Kooperationen mit den Lieferanten.<br />

2.4.2 Technologieauswahl<br />

Bei der Auswahl der Scanningtechnologie wurden deren Möglichkeiten nur unzureichend<br />

analysiert, so dass kein klares Konzept bestand für die Einführung und Nutzung<br />

von Scanning und der dadurch generierten Daten. Ausserdem hätten erhebliche<br />

Synergien genutzt werden können, wenn die gleiche Technologie für alle Genossenschaften<br />

ausgewählt worden wäre. So wären der Migros auch kostspielige<br />

Anpassungen der Systeme <strong>im</strong> nachhinein erspart geblieben. Doch die Migros hat die<br />

Scanningtechnologie und darauf aufbauend das <strong>Management</strong> Information System<br />

(MIS) nicht kunden- bzw. marktorientiert, sondern technologiegetrieben eingeführt.<br />

Am Anfang stand die Zeitersparnis an den Kassen <strong>im</strong> Vordergrund, ein Nutzen, der<br />

aufgrund der hohen Leistungsfähigkeit der Migroskassiererinnen für den Kunden<br />

kaum spürbar war. Der eigentliche Nutzen, der sich aus der Auswertung der durch<br />

das Scanning generierten Daten ergab, wurde erst <strong>im</strong> Verlauf der Scanningeinführung<br />

erkannt, weshalb die Entwicklung eines MIS erst relativ spät erfolgte.<br />

2.4.3 Erfolgsfaktoren <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

Im Innovationsprozess sind folgende Faktoren förderlich gewesen: 254<br />

• Finanzielle Ressourcen und damit verbundene Risikobereitschaft<br />

• Einsicht zur Veränderung/Veränderungsbereitschaft (ca. seit 1996)<br />

• Professionelles Projektmanagement seit 1991 durch Koordination und Interdisziplinarität<br />

• Konzeptionelles und systematisches Vorgehen<br />

• Technologisches Know-how von aussen<br />

• Kulturelle Freiräume<br />

• Druck der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

• Akzeptanz von technischen Neuerungen (z. B. Scanningkassen bei den Kassiererinnen)<br />

• Schrittmacherrolle bei der Systementwicklung <strong>im</strong> MGB (Motivation)<br />

253 Das ergab sich aus den Gesprächen mit R. Schulthess und D. Lumpert.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

2.4.4 Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

Im nachhinein lassen sich die folgenden Faktoren als Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

bezeichnen: 255<br />

• Die Unternehmenskultur (für die Umsetzung zu konservativ, traditionell, vergangenheitsorientiert).<br />

Ausserdem brauchen kulturelle Veränderungen viel Zeit und<br />

lassen sich nicht auf Knopfdruck oder nur mit guten Konzepten erreichen.<br />

• Fehlender „Leidensdruck“ (dieser ist erst in den letzten zwei bis drei Jahren eingetreten).<br />

• Fehlende Veränderungsbereitschaft (sie ist erst mit zunehmendem Marktdruck<br />

eingetreten).<br />

• Die zu demokratischen Führungsstrukturen. Dadurch fehlt die Entscheidungsund<br />

Umsetzungsfreudigkeit, die in Veränderungsprozessen notwendig ist.<br />

• Das fehlende technische Know-how, das nur teilweise durch externe Berater zu<br />

kompensieren ist.<br />

• Strukturelle Gleichstellung aller Funktionsbereiche und damit gegenseitige Blokkierung<br />

in der Umsetzung.<br />

• Das Personal ist teilweise überfordert.<br />

• Die Schulung der Neuerungen war zu wenig institutionalisiert. Erst seit 1990<br />

werden die neuen Inhalte geschult.<br />

Ausserdem waren verschiedene Gründe für die fehlende Akzeptanz des Innovationspaketes<br />

bei den Mitarbeitern verantwortlich:<br />

• fehlendes Verständnis für den Nutzen der eingesetzten Technologien<br />

• fehlendes technisches Know-how der Benutzer<br />

• fehlende Konsequenz in der Umsetzung durch die Führung<br />

Diese Defizite mussten nachträglich ausgeglichen werden, um die Akzeptanz herzustellen,<br />

und das bedeutete nochmals finanzielle und zeitliche Belastungen für das<br />

Unternehmen sowie eine weitere Verzögerung der Durchsetzung. Da kein klares<br />

Kundenbedürfnis bei der Einführung der Technologien <strong>im</strong> Vordergrund stand, war<br />

den Mitarbeitern der Nutzen nicht klar, so dass sie die Anwendung nicht akzeptierten.<br />

Grundsätzlich bezeichnet die Migros ihre ca. 70.000 Mitarbeiter aufgrund ihrer hohen<br />

Identifikation und Leistungsbereitschaft als Erfolgsposition. Jedoch besteht bei den<br />

anstehenden Veränderungen das Risiko einer Identitätskrise, da viele Traditionen<br />

und Grundsätze gebrochen werden müssen. Es besteht die Gefahr, dass eine un-<br />

254<br />

Ergebnis der Expertengespräche und Beurteilung durch den Autor, der den Innovationsprozess<br />

zwei Jahre begleitete.<br />

255<br />

Ergebnis der Expertengespräche und Beurteilung durch den Autor, der den Innovationsprozess<br />

zwei Jahre begleitete.<br />

77


78<br />

kontrollierte Dynamik entsteht, die dann zu Frustration, Aggressivität und Unsicherheit<br />

bei den Mitarbeitern führt. Dies sind wiederum schlechte Voraussetzungen für<br />

die Umsetzung der Veränderungsprozesse, so dass das Unternehmen in einen<br />

„Teufelskreis“ geraten könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass die älteren Mitarbeiter<br />

(wovon es viele in der GMSG gibt) in der Regel Probleme mit den anstehenden<br />

Veränderungen und Umstellungen haben. Die GMSG sieht sich mit drei Typen von<br />

Mitarbeitern konfrontiert:<br />

1. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> aufgeschlossen sind und ihre Benutzung<br />

entweder schon beherrschen oder schnell und leicht erlernen<br />

2. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> aufgeschlossen sind, aber Probleme<br />

bei ihrer Benutzung haben<br />

3. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> eine grundsätzlich ablehnende<br />

Haltung einnehmen, unabhängig davon, ob sie ihre Benutzung schon beherrschen<br />

oder erst erlernen müssen.<br />

„BoSS würde nicht am Inhalt scheitern, sondern vielmehr an der oft fehlenden Bereitschaft,<br />

BoSS umsetzen zu wollen.“ 256 Abbildung 32 gibt einen Überblick über die<br />

Situation bei der Migros St. Gallen.<br />

2.5 Fazit<br />

Die Migros ist zu spät auf die Suche nach der Zukunft gegangen. Seit einigen Jahren<br />

gibt es Anzeichen der Veränderung (z. B. Veränderungen <strong>im</strong> Konsumentenverhalten,<br />

technologische Entwicklungen, Intensivierung des Wettbewerbs und die Entwicklung<br />

der EU). Es fehlte die Veränderungsbereitschaft und man hat sich zu sehr auf den<br />

Wachstumserfolgen der Vergangenheit ausgeruht. Durch ein permanentes quantitatives<br />

Wachstum der Migros (Umsatz) wurden grundlegende Anpassungen an die<br />

sich ändernden Umwelten aufgeschoben und die notwendigen Voraussetzungen zur<br />

Bewältigung dieser Veränderungen nicht geschaffen. Aber durch „Nichtveränderung“<br />

setzt die Migros Arbeitsplätze aufs Spiel und wird damit weder ihrer sozialen Verantwortung<br />

noch ihrer historischen Verpflichtung gegenüber dem Unternehmensgründer<br />

Duttweiler gerecht. Dies führt zu einer Identifikationskrise und Verunsicherung der<br />

Mitarbeiter.<br />

256 Schulthess, 1997.


Kapitel 2: Fallbeispiel Migros<br />

Genossenschaft Migros<br />

St. Gallen<br />

Innovationsförderfaktoren<br />

Personell (hohe Identifikation und Leistungsbereitschaft)<br />

Wirtschaftlich (finanzielle Ressourcen, Wettbewerbsdruck)<br />

Organisatorisch (professionelles Projektmanagement)<br />

Technologisch (Akzeptanz bei den Mitarbeitern)<br />

Bedürfnisinflation und Verhalten<br />

Informationsgeneratoren<br />

Warenstruktur<br />

Scanning Data Warehouse<br />

Opt<strong>im</strong>ale Bedürfnisbefriedigung<br />

Innovationshemmnisse<br />

Personell (Überforderung, Akzeptanz, Ausbildung, Motivation)<br />

Kulturell (Veränderungsbereitschaft, Führungsstrukturen)<br />

Organisatorisch (Gleichstellung aller Funktionsbereiche)<br />

MIS<br />

Wettbewerber<br />

Konsument<br />

Wettbewerber<br />

Abbildung 32: Erfolgsfaktoren und -hemmnisse bei der Genossenschaft Migros<br />

St. Gallen<br />

Das Fallbeispiel Migros bestätigt die Erkenntnisse aus der schriftlichen Befragung<br />

und den Expertengesprächen und zeigt, dass ein aktives Innovationsmanagement<br />

heute <strong>im</strong> Handel eher selten ist. Einer der Gründe dafür ist das <strong>im</strong>mer noch weit verbreitete<br />

Vorurteil, der Detailhandel sei ein „emotionales Gefüge“ – ein Vorurteil, das<br />

sich nicht zuletzt <strong>im</strong> Innovationsmanagement und den anderen <strong>Management</strong>berei-<br />

chen (z. B. Einkauf und Verkauf) bemerkbar macht. Dies zeigt sich insbesondere in<br />

einer ausgeprägten zahlenaversen Mentalität, die heute allein durch technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> überwunden werden kann und – wie das Fallbeispiel Migros nahelegt –<br />

überwunden werden muss. Diese Entwicklung von den Emotionen zu den Fakten ist<br />

heute in unterschiedlichem Ausmass bei allen Händlern zu beobachten.<br />

Die Einführung eines Innovationspaketes mit verschiedenen Komponenten in der<br />

GMSG dauert nun schon fast zehn Jahre und ist <strong>im</strong>mer noch nicht abgeschlossen.<br />

Das Projekt lief aufgrund seiner langen Dauer Gefahr, den Bezug zur Realität zu verlieren<br />

und nur noch um seiner selbst willen vorangetrieben zu werden. „Der zeitliche<br />

Ablauf einer Projekteinführung entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg. 10 Jahre<br />

BoSS ist der Beweis, dass wohl das Papier, aber nicht der Wille vorhanden ist.“ 257<br />

257 Schulthess, 1997.<br />

79


80<br />

Ein aktives Innovationsmanagement hätte geholfen, dass die Innovationshemmnisse<br />

<strong>im</strong> Unternehmen richtig eingeschätzt und entsprechende Massnahmen zu ihrer<br />

Überwindung bzw. Ausschaltung frühzeitig ergriffen worden wären. Auch hätte eine<br />

verstärkte Marktorientierung den Nutzen der <strong>Innovationen</strong> schneller verdeutlicht und<br />

damit eine grössere Akzeptanz bei den Mitarbeitern erreicht. Die Akzeptanz kann<br />

auch gesteigert werden, wenn Neuerungen möglichst schnell in das Tagesgeschäft<br />

einfliessen. Eine Möglichkeit ist, dass Neuerungen und <strong>Innovationen</strong> Thema jeder<br />

Bereichs- oder Abteilungssitzung sind, um die Mitarbeiter für diese Neuerungen zu<br />

sensibilisieren. Die Führung muss selbst mit den Neuerungen arbeiten und so die<br />

Mitarbeiter anspornen, diese zu nutzen. Wenn z. B. die Führungskraft keine Daten<br />

aus dem MIS fordert oder es gar nicht nutzen kann, dann kann dem Mitarbeiter kein<br />

Vorwurf gemacht werden, wenn er die Innovation MIS ablehnt.<br />

Das Fallbeispiel GMSG zeigt auch, dass der Führung in Innovationsprojekten eine<br />

zentrale Rolle zukommt. Wenn die oberste Führung nicht als Promotor hinter den<br />

<strong>Innovationen</strong> steht, besteht die Gefahr, dass sich die Projekte totlaufen und nie realisiert<br />

werden. Die Veränderungsbereitschaft muss nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern<br />

vor allem bei der Führung vorhanden sein, und das mit allen Konsequenzen.<br />

Ein wichtiges Instrument dafür ist die Kommunikation in Innovationsprojekten. Gemeint<br />

ist nicht das Projektmarketing, sondern eine Kommunikation zwischen den<br />

verschiedenen Hierarchieebenen. Dabei ist es wichtig, dass die oberen bzw. obersten<br />

Ebenen die Bedeutung der Innovation klar erkennen und kommunizieren. Ein<br />

positives Beispiel ist die Einführung der Migros Cumulus Kundenkarte durch den<br />

MGB in der gesamten Migros-Gemeinschaft. Hier wurde in kürzester Zeit ein komplexes<br />

Innovationsprojekt trotz der Dezentralität der Genossenschaften erfolgreich<br />

realisiert. Ein wichtiger Grund für diese schnelle Entwicklung und Umsetzung war<br />

sicher die starke Unterstützung und Förderung des Projektes durch die Führung des<br />

MGB.<br />

Das Fallbeispiel GMSG zeigt viele Ansatzpunkte für das Innovationsmanagement <strong>im</strong><br />

Handel. An dieser Stelle stand die Beschreibung des Fallbeispiels <strong>im</strong> Vordergrund,<br />

um dem Leser einen ersten Eindruck zu dieser Thematik in der Praxis zu vermitteln.<br />

Wenn sich aus dem Fallbeispiel Fragen zum Innovationsmanagement ergeben, ist<br />

dies beabsichtigt, denn diese werden in den folgenden Kapiteln beantwortet. Die<br />

GMSG hat <strong>im</strong> Innovationsprozess vieles richtig gemacht, aber auch vermeidbare<br />

Fehler begangen. Die Erkenntnisse, z. B. zu den Erfolgsfaktoren und Hemmnissen,<br />

der Organisation und Führung, dem Vorgehen bei der Technologieauswahl, der<br />

Marktorientierung usw. haben als Ausgangspunkt für die Befragung und weitere<br />

Forschung dieser Arbeit gedient und sind Grundlage der folgenden Ausführungen.<br />

Die Forschungsfragen dieser Arbeit (vgl. Kapitel 1) sind unmittelbar auf das<br />

Fallbeispiel anwendbar und sollen deshalb hier nicht wiederholt werden.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

3 Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Um in den folgenden Kapiteln Handlungsempfehlungen für ein erfolgreiches <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> geben zu können, sollen in diesem Kapitel<br />

die Fragen beantwortet werden, nach welchen Kriterien der Erfolg <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel best<strong>im</strong>mt und mit welchen Grössen er gemessen wird.<br />

Gleichzeitig stellen die Ausführungen in diesem Kapitel die Grundlagen für ein effektives<br />

Innovationscontrolling dar, auf das in Kapitel 4.2.7 näher eingegangen wird.<br />

3.1 Akzeptanz der technologischen Innovation bei den<br />

Anwendern als Voraussetzung für den Erfolg<br />

Aus den Expertengesprächen und Fallstudien hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz<br />

der technologischen Innovation die Voraussetzung für das Erreichen aller mit der<br />

Innovation verfolgten Ziele ist. Sie kann damit als übergeordnetes Ziel bezeichnet<br />

werden. In der Literatur liegt dem Akzeptanzbegriff eine äusserst heterogene Auffassung<br />

zugrunde, 258 was darauf zurückzuführen ist, dass die jeweilige Definition stark<br />

an das jeweilige Untersuchungsobjekt gebunden ist. Beispielsweise definiert Klee<br />

Akzeptanz für informationstechnologische <strong>Innovationen</strong> „als Bereitschaft zur aufgabenkonformen<br />

Nutzung eines in einem Anwendungskontext zur Verfügung stehenden<br />

Potentials eines Informationssystems“. 259 Oehler definiert Akzeptanz für mult<strong>im</strong>ediale<br />

Systeme als tätigkeitsadäquate Nutzung,<br />

• die auf eine positive Einstellung eines Individuums zurückgeht,<br />

• eine Verhaltensbereitschaft repräsentiert und<br />

• durch personale und situative Faktoren zumindest nicht behindert wird. 260<br />

Es zeigt sich in den drei Definitionen, dass Akzeptanz <strong>im</strong>mer verbunden ist mit Einstellungen,<br />

Verhalten und Verhaltensdispositionen. 261 Da in der vorliegenden Arbeit<br />

unterschiedlichste technologische <strong>Innovationen</strong> das Untersuchungsobjekt darstellen,<br />

soll nicht der Versuch einer umfassenden Definition unternommen werden. Die Definitionen<br />

von Oehler und Klee sollen an dieser Stelle reichen, um ein Grundverständnis<br />

des Begriffs zu erhalten, auch wenn eine Übertragbarkeit auf andere <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Einzelfall überprüft werden muss.<br />

Die Akzeptanz ist von besonderer Bedeutung für den Erfolg der technologischen Innovation<br />

und zieht sich als übergeordnetes Ziel durch diese Arbeit. Alle Massnahmen,<br />

Konzepte und Instrumente, die in der Arbeit entwickelt und behandelt werden,<br />

sind darauf ausgerichtet, die Akzeptanz <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> und damit den<br />

Innovationserfolg intern (bei den Mitarbeitern) und extern (bei den Kunden) zu stei-<br />

258 Vgl. Schönecker, 1980, S. 80; Swoboda, 1996, S. 17 f.; Müller-Böling/Müller, 1986, S. 18 ff. und<br />

Klee, 1989, S. 5 ff.<br />

259 Klee, 1989, S. 7.<br />

260 Vgl. Oehler, 1990, S. 74.<br />

81


82<br />

gern. Deswegen konzentriert sich dieses Kapitel auch auf grundlegende Best<strong>im</strong>mungsfaktkoren<br />

der Akzeptanz. Dagegen werden die Vorgehensweisen und<br />

Ansatzpunkte zur Steigerung der Akzeptanz in den nachfolgenden Kapiteln<br />

behandelt.<br />

Die in Abschnitt 3.2.3 genannten resultatorientierten qualitativen und quantitativen<br />

Ziele werden nur erreicht, wenn die Innovation von der anvisierten Zielgruppe akzeptiert<br />

und angewendet wird. Die Akzeptanz der technologischen Innovation als Selbstzweck<br />

ist kein Ziel, sondern Voraussetzung für das Erreichen der genannten Ziele<br />

und wurde deswegen nicht in den Zielkatalogen in Abschnitt 3.2.3 berücksichtigt. In<br />

den folgenden zwei Abschnitten sollen die Einflussgrössen auf die Akzeptanz und die<br />

Möglichkeiten zur Messung aufgezeigt werden.<br />

3.1.1 Einflussgrössen auf die Akzeptanz der technologischen Innovation<br />

Die Akzeptanz der Anwender für eine technologische Innovation wird durch Grössen<br />

beeinflusst, die <strong>im</strong> negativen Fall als Innovationshemmnisse (vgl. Abschnitt 1.5.1.7)<br />

die Akzeptanz verringern oder verhindern. Innovationshemmnisse, die die Akzeptanz<br />

beeinflussen, sind für Kunden und Mitarbeiter z. B. fehlendes technologisches Knowhow,<br />

mangelnde Information, mangelnde Einbindung in den Innovationsprozess oder<br />

fehlendes Verständnis für den Nutzen. Abbildung 33 zeigt diese Abhängigkeit und<br />

die daraus entstehenden Akzeptanzschwellen. Mit abnehmender Anzahl von Innovationshemmnissen<br />

steigt die Akzeptanz der Anwender. Wenn bestehende Innovationshemmnisse<br />

ausgeräumt werden, dann überwindet der Anwender eine Akzeptanzschwelle<br />

und erreicht eine höhere Akzeptanzstufe. Aufgabe des Innovationsmanagements<br />

ist es, die Innovationshemmnisse <strong>im</strong> Vorfeld zu vermeiden oder frühzeitig<br />

zu erkennen, um entsprechende Massnahmen einleiten zu können.<br />

Anwender der technologischen Innovation können verschiedene Zielgruppen sein<br />

(Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten). Je nach Zielgruppe wird die Akzeptanz durch<br />

unterschiedliche Einflussgrössen best<strong>im</strong>mt. In Abbildung 34 sind die Zielgruppen und<br />

drei Einflussgrössen aufgeführt. Arbeiten zur Akzeptanzforschung einzelner Technologien<br />

differenzieren weit mehr Einflussgrössen. 262 Die Ausführungen in diesem<br />

Kapitel konzentrieren sich auf die drei Einflussgrössen, die sich aus den Expertengesprächen<br />

und Fallstudien herauskristallisiert haben und sich dadurch auszeichnen,<br />

dass sich die differenzierten Kriterien der Akzeptanzforschung darunter subsumieren<br />

lassen. Im Folgenden werden die einzelnen Einflussgrössen nur kurz erläutert, da sie<br />

<strong>im</strong> Vorgehenskonzept in Kapitel 4 und in den Kräftefeldern in Kapitel 5 noch einmal<br />

aufgegriffen und ausführlich behandelt werden:<br />

261 Vgl. Klee, 1989, S. 5 f.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Akzeptanz<br />

hoch<br />

tief<br />

Akzeptanzschwellen<br />

n n - 1 n - 2 n - 3<br />

n - n<br />

Innovationshemmnisse<br />

Legende:<br />

n = Anzahl von Innovationshemmnissen<br />

Mit abnehmender Anzahl von Innovationshemmnissen steigt die Akzeptanz<br />

Abbildung 33: Akzeptanz in Abhängigkeit von den Innovationshemmnissen<br />

• Technologisches Know-how<br />

Erfordert die Innovation wenig technologisches Know-how oder besitzt der Anwender<br />

bereits das notwendige technologische Know-how, so wird die damit verbundene<br />

Akzeptanzschwelle sehr viel schneller überschritten. Dagegen kann fehlendes tech-<br />

nologisches Know-how zur Ablehnung der Innovation führen. Wenn z. B. eine Internetproduktinformation<br />

als Massnahme für das Seniorenmarketing eines Handelsunternehmens<br />

eingesetzt wird, so ist die Akzeptanz bei der Zielgruppe sehr wahrscheinlich<br />

gering und der Erfolg der Innovation dadurch nicht befriedigend. Der Zielgruppe<br />

fehlt das technologische Know-how. Gleiches gilt für technologische <strong>Innovationen</strong>,<br />

die sich an die Mitarbeiter richten. Wenn das Bedienungs-Know-how für ein<br />

MIS bei den Mitarbeitern nicht vorhanden ist, wird dieses nicht genutzt und unter<br />

Umständen abgelehnt. In Studien zur Akzeptanzforschung wird dieses Kriterium mit<br />

Fragen zur „bequemen Handhabung“, „Design“, „Bedienungsfreundlichkeit“ usw.<br />

gemessen. 263 Dieser Aspekt wird <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio in Kapitel 4.2.3<br />

durch das Kriterium „Nutzung/Verbreitung“ aufgegriffen. Das technische Know-how<br />

betrifft das „Können“ des Anwenders und kann durch entsprechende Schulungen beeinflusst<br />

werden. Dies ist problemlos möglich, wenn die Zielgruppe die Mitarbeiter<br />

sind. Schwieriger ist eine Beeinflussung der Konsumenten. Hier ist für eine einschneidende<br />

technologische Neuerung häufig ein Generationswechsel nötig, um<br />

eine ausreichende Verbreitung zu erreichen (z. B. Internet). Das Innovationsmarke-<br />

262 Vgl. Swoboda, 1996, S. 17 ff. und Müller-Böling/Müller, 1986, S. 115 ff.<br />

83


84<br />

ting kann dazu beitragen, den Kunden über die neue Technologie aufzuklären und<br />

an die Nutzung heranzuführen (vgl. Abschnitt 4.2.3.2).<br />

Kunde<br />

• Technologisches Know-how<br />

• Verständnis für den Nutzen/<br />

Bedürfnisbefriedigung<br />

• Umfeld/Einführung der<br />

Innovation (sechs Kräftefelder)<br />

Mitarbeiter<br />

Lieferant<br />

Abbildung 34: Einflussgrössen auf die Akzeptanz von technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> bei verschiedenen Zielgruppen<br />

• Verständnis für den Nutzen/Bedürfnisbefriedigung<br />

Belz und Senn fordern eine emotionale Marketingrealisierung und betonen das Mitarbeiter-Nutzen-<strong>Management</strong><br />

als entscheidenden Erfolgsfaktor. 264 Die Voraussetzung<br />

dafür ist, dass die Anwender motiviert sind, die technologische Innovation einzusetzen.<br />

Die Motivation kann darin begründet liegen, dass dem Anwender ein di-<br />

rekter Nutzen entsteht, wie z. B. be<strong>im</strong> Internetshopping (Zeitersparnis, Spass und<br />

Unterhaltung, Bequemlichkeit). Aber auch ein indirekter Nutzen kann motivierend<br />

wirken, z. B. die Möglichkeit der Ergebnisverbesserung und damit Provisions- oder<br />

Prämiensteigerung durch die Nutzung eines MIS. Die Akzeptanzforschung unterscheidet<br />

auch hier verschiedene Nutzenkategorien je nach Technologie. Beispielsweise<br />

werden für mult<strong>im</strong>ediale Kundeninformationssysteme Unterhaltungsnutzen,<br />

Kompetenznutzen, Übertragungsnutzen und Gebrauchsnutzen unterschieden. 265<br />

„Wichtig ist der kurzfristige Nutzen für den Anwender. Es können gute <strong>Innovationen</strong><br />

eingeführt werden – wenn demjenigen, der sie benutzen soll, nicht sofort klar ist,<br />

263 Vgl. Swoboda, 1996, S. 49 und 62.<br />

264 Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 49 und Belz, 1997, S. 224.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

warum er diese Innovation einsetzen soll, scheitert die Innovation. Dazu ist Transparenz<br />

notwendig und dass der Anwender einen Sinn in der Anwendung des Neuen<br />

sieht.“ 266 <strong>Innovationen</strong>, von denen nur das ganze Unternehmen, aber nicht der einzelne<br />

Mitarbeiter profitiert, sind schwer zu realisieren und scheitern häufig. Ein Beispiel<br />

bei einem grossen deutschen Handelsunternehmen für Lebensmittel war die<br />

Einrichtung eines zentralen Artikelstamms. Keiner wusste, warum die Neuerung gut<br />

und notwendig ist, für die Mitarbeiter bedeutete die Umstellung nur Mehrarbeit. Entsprechend<br />

schlecht war die Arbeitsqualität. Zur Umsetzung musste schliesslich<br />

Zwang eingesetzt werden, alle Systeme, die nicht mit diesem Artikelstamm arbeiteten,<br />

wurden abgeschaltet oder so geändert, dass sie ohne den zentralen Artikelstamm<br />

nicht arbeiten konnten. Wenn der Anwender den Nutzen der technologischen<br />

Innovation nicht begreift, wird die Akzeptanz gering sein, weil der Aufwand, der mit<br />

der Anwendung der Technologie verbunden ist (Zeit, Geld), in kein nutzbringendes<br />

Verhältnis gesetzt werden kann. Wenn z. B. die Mitarbeiter den Nutzen eines MIS<br />

nicht sehen, so werden sie auch keine Arbeitszeit einsetzen, um mit diesem System<br />

vertraut zu werden. Erst wenn sie einen Nutzen erkennen, z. B. Zeitersparnis oder<br />

bessere Informations- und Entscheidungsqualität, werden sie das System einsetzen.<br />

„Der Mitarbeiter muss seinen eigenen, einsatzabhängigen Nutzen spüren. Er muss<br />

das System, in dem er arbeitet, verstehen und akzeptieren.“ 267<br />

„Insbesondere die Berücksichtigung der Interessen der Benutzer führt zu einer posi-<br />

tiven Einstellung gegenüber der Informationstechnik.“ 268 Dies wird z. B. bei der Nutzung<br />

von Internetseiten deutlich. Die Seiten, die einem klaren Bedürfnis entsprechen<br />

(Information, Dienstleistung, Unterhaltung), erreichen eine höhere Akzeptanz als jene<br />

Seiten ohne erkennbare Bedürfnisbefriedigung (reine Image- und Selbstdarstellungsseiten).<br />

Diese Einflussgrösse für die Akzeptanz der technologischen Innovation<br />

wird in Kapitel 4.2.3 durch das Kriterium „Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung“ berücksichtigt.<br />

• Umfeld/Einführung der Innovation<br />

Diese Einflussgrösse ist besonders relevant für technologische <strong>Innovationen</strong>, die sich<br />

an die Mitarbeiter als Zielgruppe richten. Stichworte sind die Partizipation und Information<br />

der Anwender <strong>im</strong> Innovationsprozess, die mit der Innovation verbundenen<br />

Anreize, das Führungsverhalten usw. Diese Einflussgrössen sind durch die sechs<br />

Kräftefelder umfassend abgedeckt; ihre innovationsfördernde Ausgestaltung wird<br />

ausführlicher in den Kapiteln 5 und 7 behandelt. Es sei an dieser Stelle bereits darauf<br />

hingewiesen, dass die konsequente Umsetzung der Innovation durch gute<br />

265<br />

Vgl. Kuhlmann/Brünne/Sowarka, 1992, S. 12 ff.; Ratchford, 1982, S. 197 ff. und Swoboda, 1996,<br />

S. 45 f.<br />

266<br />

Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

267 Warnecke, 1992, S. 187.<br />

268 Müller-Böling/Müller, 1986, S. 184.<br />

85


86<br />

Führungsarbeit für deren Akzeptanz besonders wichtig ist. <strong>Innovationen</strong> müssen<br />

gerade auch von den Führungskräften angewendet und vorgelebt werden, wie das<br />

folgende Beispiel zeigt: In einem Handelsunternehmen, das SB-Warenhäuser<br />

betreibt, wurde ein MIS eingeführt. Die älteren Führungskräfte nutzten aber die<br />

vorhandenen Daten nicht in ihren Wochengesprächen, sondern arbeiteten mit den<br />

alten Informationsträgern (Listen und Ausdrucke) weiter. Dieses Signal griffen die<br />

übrigen Mitarbeiter auf und verharrten auch bei den alten Methoden. Erst als die<br />

Führungskräfte MIS-Informationen und Auswertungen von den Mitarbeitern <strong>im</strong><br />

Wochengespräch als Diskussionsgrundlage forderten, stellten diese ihre Arbeitsweise<br />

um. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass wenn nicht einmal die Führungskräfte<br />

eines Unternehmens neue Technologien fördern, die Akzeptanz bei den Anwendern<br />

in der Regel gering ausfällt. Der Führungsaspekt ist ein wesentlicher Bestandteil<br />

jeder Innovationskultur und wird in Kapitel 5 und 7 ausführlicher behandelt.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Im Fall des MIS der Migros waren drei Innovationshemmnisse für die fehlende Akzeptanz<br />

des Innovationspaketes bei den Mitarbeitern verantwortlich:<br />

• fehlendes Verständnis für den Nutzen der Technologien<br />

• fehlendes technologisches Know-how der Mitarbeiter<br />

• fehlende Konsequenz in der Umsetzung durch die Führungskräfte<br />

Diese Defizite mussten nachträglich ausgeglichen werden, um die Akzeptanz herzustellen,<br />

und das bedeutete nochmals finanzielle und zeitliche Belastungen für das<br />

Unternehmen sowie eine weitere Verzögerung der Durchsetzung.<br />

Entscheidend ist die Berücksichtigung der internen und externen Anwender <strong>im</strong> Entstehungsprozess.<br />

Im Vordergrund müssen <strong>im</strong>mer die Fragen stehen, für wen die<br />

Anwendung gemacht wird, über welche Kenntnisse und Fähigkeiten die Anwender<br />

bereits verfügen, welche Erwartungen die Anwender an die Innovation stellen. Handelt<br />

es sich be<strong>im</strong> Anwender um den Mitarbeiter, muss er wie ein Kunde betrachtet<br />

werden. Ziel ist es, diesem Kunden ein möglichst gutes Produkt zur Verfügung zu<br />

stellen, d. h. ein Nutzen muss klar erkennbar sein und ein Bedürfnis des Anwenders<br />

möglichst gut und effizient befriedigen. Die partizipative Einbindung der Anwender ist<br />

eine Möglichkeit, das Produkt gemeinschaftlich zu entwickeln bzw. auszuwählen und<br />

damit die Akzeptanz <strong>im</strong> Vorfeld zu steigern (vgl. unten Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept).<br />

Der Wunsch der Anwender, an der Gestaltung beispielsweise von informationstechnologischen<br />

Systemen mitwirken zu können, wurde auch empirisch<br />

nachgewiesen. 269<br />

269 Vgl. Müller-Böling/Müller, 1986, S. 91 und 178.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept: 270<br />

Für die Auswahl eines neuen Warenwirtschaftssystems bei Bertelsmann wurden<br />

„Frontleute“ nicht nur befragt, sondern massgeblich am Entscheidungsprozess beteiligt.<br />

Die Mitarbeiter haben entschieden, welches Warenwirtschaftssystem gekauft<br />

werden sollte. Anhand einer Vorauswahl standen vier verschiedene Produkte zur<br />

Wahl. Es wurden drei Mitarbeitergruppen gebildet, eine Gruppe mit Filialmitarbeitern,<br />

eine Gruppe mit systemtechnischen Mitarbeitern der Zentrale, eine Gruppe mit<br />

kaufmännischen Mitarbeitern der Zentrale. Alle drei Gruppen haben sich für einen<br />

Tag die drei Softwarepakete angeschaut und Punkte vergeben. Erfreulicherweise<br />

aus Sicht des <strong>Management</strong>s haben sich alle drei Gruppen für das gleiche Warenwirtschaftssystem<br />

entschieden. Damit gab es die idealen Voraussetzungen für die<br />

Akzeptanz, auch bei den anderen Mitarbeitern, die später auf diesem System geschult<br />

wurden.<br />

3.1.2 Akzeptanzmessung<br />

Wie oben beschrieben, ist die Akzeptanz kein eigenständiges Ziel, sondern Voraus-<br />

setzung, um die resultatorientierten Zielgrössen wie z. B. Gewinn, ROI, bessere Leistungsqualität,<br />

Rationalisierung usw. (vgl. Abschnitt 3.2.3) zu erreichen. Demzufolge<br />

kann die Akzeptanz indirekt über die Zielerreichung der angeführten Zielkataloge<br />

gemessen werden (vgl. Schaukasten 14 und Schaukasten 15).<br />

Die Akzeptanz <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> kann aber auch direkt gemessen werden.<br />

Beispielsweise gibt Karstadt My world an, dass derzeit täglich 8.000 Internetsurfer<br />

ihr Internetangebot besuchen, Tendenz steigend. Diese Zahl wird als ein Indiz<br />

für die hohe Akzeptanz der Technologie und des Internetauftritts von Karstadt gewertet.<br />

Die direkte Akzeptanzmessung ist besonders wichtig, wenn es darum geht,<br />

einen Prototyp für Technologien, die am Markt noch unbekannt sind bzw. für die es<br />

am Markt wenig Referenzbeispiele gibt, zu testen und die Akzeptanz vor der<br />

Markteinführung zu messen. Die Zielkataloge können dann noch nicht als Referenz<br />

dienen, da sie erst nach Markteinführung und Multiplikation greifen. Beispielsweise<br />

wird die Einführung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> bei Kaufhof durch<br />

wissenschaftliche Studien begleitet. Es werden Akzeptanzuntersuchungen an den<br />

Prototypen und in Testfilialen vorgenommen.<br />

Da die Akzeptanz als übergeordnetes Ziel eine wichtige Voraussetzung für den<br />

Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> darstellt, sollte sie in jedem Fall gemessen<br />

werden. Zum einen sollte die allgemeine Akzeptanz der eingesetzten Technologie<br />

berücksichtigt werden (vgl. Kapitel 4.2.3), zum anderen sollte das <strong>Management</strong> in<br />

270 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.<br />

87


88<br />

der Realisierungsphase der technologischen Innovation die Akzeptanz anhand von<br />

Prototypen und Markttests überprüfen (vgl. Kapitel 4.2.6). Methoden, die in der<br />

Akzeptanzforschung angewendet werden, sind beispielsweise:<br />

• mündliche Befragungen,<br />

• schriftliche Expertenbefragungen,<br />

• Beobachtungen und<br />

• Labortests.<br />

Beispiele für Messkriterien sind: Systemakzeptanz, Wahrnehmung, Einstellungen,<br />

unterschiedliche emotionale und kognitive Kriterien, Zahlungsbereitschaft, Zufriedenheit,<br />

Nutzungsabsicht, Bekanntheitsgrad, Wiedernutzungsverhalten usw. 271<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Das von Kaufhof selbst entwickelte und patentierte Stylingsystem, ein Spiegel, der<br />

den Kunden aufn<strong>im</strong>mt und dann am Bildschirm eine Farb- und Stilberatung ermöglicht<br />

sowie entsprechende Kleidung vorschlägt, ist bisher an acht Standorten in Betrieb<br />

und wird sehr intensiv genutzt. Der Erfolg wird über die Frequenz und Akzeptanz<br />

gemessen. Dazu werden Akzeptanzstudien mit Interviews durchgeführt.<br />

Ausserdem wird das Kaufverhalten von jenen, die das System nutzen, mit dem jener,<br />

die es nicht nutzen, verglichen, so dass sich auf diese Weise auch der Einfluss der<br />

Innovation auf den Umsatz ermitteln lässt.<br />

3.2 Beurteilung des Erfolges <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

In der Literatur zum Innovationsmanagement finden sich unterschiedlichste Kriterien<br />

für die Beurteilung des Erfolges einer technologischen Innovation, eine einheitliche<br />

Definition oder Messgrösse dafür gibt es nicht. 272 Hauschildt hat in einer Analyse 35<br />

grosszahlige empirische Untersuchungen zum Innovationserfolg verglichen und<br />

stellte fest: „Der Leser in der Praxis begnügt sich mit dem Stichwort ‚Innovationserfolg‘.<br />

Es werden damit höchst unterschiedliche Messansätze unter einem einzigen<br />

Stichwort vermengt.“ 273<br />

Abbildung 35 zeigt die Einflussgrössen in Anlehnung an Hauschildt 274 , die bei der<br />

Ermittlung des Innovationserfolges berücksichtigt werden müssen. Wenn von Innovationserfolg<br />

gesprochen wird, müssen diese vier D<strong>im</strong>ensionen bekannt sein, um<br />

eine vergleichbare Aussage machen zu können. Im Folgenden werden die einzelnen<br />

Einflussgrössen genauer betrachtet.<br />

271<br />

Vgl. Oehler, 1990; Kuhlmann/Brünner/Sowarka, 1992; Jarzina, 1995; Swoboda, 1996.<br />

272<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 387 f.<br />

273<br />

Hauschildt, 1991, S. 452.<br />

274<br />

Vgl. Hauschildt, 1991, S. 466 ff. und Hauschildt, 1997, S. 389 ff.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Beurteilungskriterien<br />

Beurteilungsperson<br />

Beurteilung des<br />

Innovationserfolges<br />

<strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong><br />

Zeitpunkt der<br />

Beurteilung<br />

Referenzgrössen<br />

der Beurteilung<br />

Abbildung 35: Einflussgrössen auf die Ermittlung des Innovationserfolges<br />

3.2.1 Zeitpunkt der Beurteilung<br />

„<strong>Innovationen</strong> erfordern oft beachtliche Investitionen, die sich allenfalls auf mittlere<br />

oder gar längere Sicht rentieren und deren Nutzen nur spekulativ und auf der<br />

Grundlage ‚weicher‘ Daten erfasst werden kann.“ 275 Diese Aussage bestätigen auch<br />

die geführten Expertengespräche. Demnach ist es <strong>im</strong> Handel aufgrund der hohen<br />

Komplexität, Dynamik und vielfältigen Einflussfaktoren nur sehr schwer möglich, den<br />

Nutzen und damit den Erfolg einer Innovation <strong>im</strong> voraus best<strong>im</strong>men zu können.<br />

Kennzahlen wie z. B. der Return on Investment (ROI) sind daher <strong>im</strong> Handel als<br />

Zielgrössen bzw. Controllinggrössen auch noch wenig verbreitet. 276 „Weder vor noch<br />

nach der Durchführung eines technologischen Projektes fragen die deutschen<br />

Händler nach einer Erfolgsmessung wie z. B. dem ROI. Der ROI scheint <strong>im</strong><br />

deutschen Handel ‚gefürchtet‘ zu sein. Viel wichtiger sind Referenzen bzw. Referenzprojekte,<br />

die als eine Art ‚Versicherung‘ für die geplante Investition stehen.“ 277<br />

„Ob eine Innovation erfolgreich ist oder nicht, hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt<br />

man die Messung vorn<strong>im</strong>mt.“ 278 Die Aussage zeigt, wie diese D<strong>im</strong>ension der Er-<br />

275 Riekhoff, 1986, S. 11.<br />

276 Ergebnis der Expertengespräche.<br />

277 Aussage eines Technologieexperten für den Handel. Zur Bedeutung von Referenzsystemen vgl.<br />

Hauschildt, 1997, S. 15.<br />

278 Hauschildt, 1991, S. 469.<br />

89


90<br />

folgsmessung zu verstehen ist. Für den Handel gilt sicher, dass eine abschliessende<br />

Erfolgsbeurteilung erst nach Einführung der Innovation anzustellen ist, da der technische<br />

Erfolg in den Vorphasen für den Handel von geringer Bedeutung ist. 279 Der<br />

wirtschaftliche Erfolg ist bei <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel wichtiger, so dass „der Messzeitpunkt<br />

‚nach‘ der Einführung in den Markt oder Betrieb gewählt werden muss,<br />

wenn es darum geht, den ökonomischen Effekt der Innovation zu best<strong>im</strong>men.“ 280<br />

„‚Die‘ Frage nach ‚dem‘ Erfolg der Innovation ist falsch gestellt. Es gibt viele und unterschiedliche<br />

Fragen, je nach Fortgang des Innovationsprozesses.“ 281 Wann der<br />

richtige Zeitpunkt für die Erfolgsbeurteilung ist, kann hier nicht abschliessend beantwortet<br />

werden, da die Erfolgsbeurteilung von einer Vielzahl von situativen Faktoren<br />

abhängt wie z. B. Art der Innovation, Markt der Einführung, Grad der Neuerung, Zielgruppe<br />

usw. So braucht ein erstmaliger Internetauftritt zur Akquisition neuer Zielgruppen<br />

sicher eine längere Zeit, bis sich ein Erfolg einstellt, 282 als die Einführung<br />

eines MIS für die Mitarbeiter, bei dem relativ schnell ein Erfolg oder Misserfolg sichtbar<br />

wird. 283 Auch in der Literatur finden sich keine konkreten Angaben zum richtigen<br />

T<strong>im</strong>ing für die Erfolgsbeurteilung. 284 Es ist angebracht, sich verschiedene Erfolgsmeilensteine<br />

zu setzen und diese unabhängig voneinander zu beurteilen (vgl. Innovationscontrolling<br />

in Abschnitt 4.2.7).<br />

3.2.2 Beurteilungsperson<br />

Hier steht die Frage <strong>im</strong> Vordergrund, wer den Erfolg der Innovation beurteilt. Grundsätzlich<br />

lässt sich die Beurteilung von Insidern und Outsidern des Handelsunternehmens<br />

unterscheiden. 285 Wirkliche Informationstransparenz, vor allem bezüglich<br />

der internen Daten wie z. B. finanzwirtschaftliche Erfolgsgrössen, haben aber nur die<br />

Insider. Jedoch sollten je nach Ziel und Beurteilungskriterium die Beurteilungen der<br />

Outsider, beispielsweise von Kunden, in die Bewertung einfliessen. Es ist wichtig,<br />

dass man weiss, wer den Innovationserfolg beurteilt, da es auch bei den Insidern<br />

verschiedene Schwerpunkte der Beurteilung gibt. 286 Ein Mitarbeiter der Informatik<br />

wird den Erfolg eines MIS aus anderer Perspektive beurteilen als ein Mitglied der Geschäftsleitung,<br />

das für die Investitionen Rechenschaft ablegen muss. Um die Differenzen,<br />

die durch verschiedene Messsubjekte entstehen können, möglichst gering zu<br />

halten, sollten klare Beurteilungskriterien und Zielgrössen formuliert werden, an de-<br />

279<br />

Deswegen wurde <strong>im</strong> Fragebogen auch nach bereits realisierten und abgeschlossenen bzw.<br />

gescheiterten <strong>Innovationen</strong> gefragt, um einen vergleichenden Beurteilungszeitpunkt sicherzustellen<br />

(vgl. Fragebogen <strong>im</strong> Anhang C).<br />

280<br />

Hauschildt, 1997, S. 394.<br />

281<br />

Hauschildt, 1991, S. 471.<br />

282<br />

Ergebnis eines Expertengesprächs zum Thema Internet.<br />

283<br />

Vgl. Fallstudie Migros Kapitel 2 und die Expertengespräche.<br />

284<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 395.<br />

285<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 398 f.<br />

286<br />

Vgl. Lawrence/Lorsch, 1967 und Hauschildt, 1991, S. 470.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

nen der Erfolg gemessen und nachvollzogen werden kann. Eine weitere Möglichkeit<br />

zur Min<strong>im</strong>ierung der Unterschiede in der Beurteilung sind Teams oder Gremien, die<br />

sich aus mehreren Mitarbeitern zusammensetzen und für eine ganzheitliche Erfolgsbeurteilung<br />

verantwortlich sind. 287<br />

Für die durchgeführte schriftliche Befragung wurden nach Frage 23 288 zwei Gruppen<br />

gebildet, um zu überprüfen, ob es, je nach hierarchischer Position der befragten Person,<br />

eine Perspektivenverzerrung der Ergebnisse gibt. In der Gruppe „Leitung“ wurden<br />

die Items „Geschäftsführung“ und „Leitung eines Funktionsbereiches“ zusammengefasst.<br />

In der zweiten Gruppe „Mitarbeiter“ wurden die Items „Mitarbeiter eines<br />

Funktionsbereiches“, „Stabsfunktion“ und „Filialleitung“ zusammengefasst. Der Mit-<br />

telwertvergleich 289 zeigte einige signifikante Unterschiede, die sich z. T. in der Einschätzung<br />

der Erfolgsfaktoren und des Umfeldes, in dem die Innovation stattgefunden<br />

hat, ergaben. Allerdings konnten bei den für diesen Abschnitt relevanten Fragestellungen<br />

wie z. B. Innovationsgrad des Unternehmens, Erfolg der beurteilten Innovation<br />

und Zielerreichung keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden.<br />

3.2.3 Beurteilungskriterien<br />

Die in der Literatur befindlichen Aussagen zum Innovationserfolg beziehen sich fast<br />

ausschliesslich auf <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> industriellen Sinne (Produktinnovationen). Diese<br />

branchenbezogene Sichtweise hat starken Einfluss auf die Wahl der Beurteilungskriterien.<br />

Häufig verwendete Kriterien sind „Anteil innovativer Produkte am Gesamtumsatz“,<br />

„Anzahl der Patentanmeldungen“, „erreichter Marktanteil“, „F&E-Aufwendungen“,<br />

„Return on Investment (ROI)“ und weitere, meist sehr technische<br />

Messgrössen. 290<br />

„Da der technische Erfolg bei innovierenden, kommerziellen Unternehmen nicht als<br />

Ziel an sich angesehen werden kann, sondern lediglich instrumentelle Funktion zur<br />

Erzielung wirtschaftlichen Erfolgs besitzt, ist der wirtschaftliche Innovationserfolg das<br />

relevante Kriterium.“ 291 Deswegen wäre es auch falsch, <strong>im</strong> Handel den Erfolg einer<br />

Innovation anhand von technischen Daten und Kriterien zu messen. Besonders bei<br />

Handelsunternehmen müssen andere Kriterien für den Innovationserfolg <strong>im</strong> Vordergrund<br />

stehen als die technische Neuigkeit und Leistungsfähigkeit der Innovation,<br />

denn das Handelsunternehmen will die Innovation nicht als Produkt verkaufen, son-<br />

287 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 398.<br />

288 Vgl. Frage 23 des Fragebogens in Anhang C: „Welche Funktion üben Sie aus?“<br />

289 Für Mittelwertvergleiche wurde mit SPSS für Windows Version 7.5.2 ein T-Test bei gepaarten<br />

Stichproben mit einem Signifikanzniveau von 95% (vgl. Brosius/Brosius, 1995, S. 409 f.), in einigen<br />

anderen Fällen (z. B. Vergleich von drei Gruppen) eine One-Way ANOVA Varianzanalyse, ebenfalls<br />

mit einem Signifikanzniveau von 95% (vgl. Brosius/Brosius, 1995, S. 417 ff.), durchgeführt.<br />

290 Vgl. Pfeiffer/Weiss, 1990, S. 57 ff.; Hauschildt, 1991, S. 454; Harhoff, 1996, S. 29; Cooper,<br />

1984 (a), S. 153; Cooper, 1984 (b), S. 14; Hauschildt, 1997, S. 386 f.; Cooper, 1983, S. 245.<br />

91


92<br />

dern bringt sie zum Einsatz <strong>im</strong> Sinne einer Prozessinnovation oder Dienstleistung<br />

zum Verkauf der eigentlichen Ware. Eine Internetshopping-Applikation oder ein MIS<br />

müssen anders bewertet werden als ein innovativer Videorecorder.<br />

In der Literatur gibt es verschiedene Ansätze, D<strong>im</strong>ensionen des Innovationserfolges<br />

zu erfassen. Abbildung 36 zeigt eine gute Systematik zur Beurteilung des Erfolges<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>. Die von Hauschildt verwendeten D<strong>im</strong>ensionen und<br />

Begrifflichkeiten sollen hier nicht <strong>im</strong> Detail erläutert werden. Deutlich wird aber, dass<br />

der Innovationserfolg eine Abhängige von vielen Variablen ist, was je nach Zielsetzung<br />

eine andere Gewichtung der Messgrössen erfordert. Die Abbildung zeigt auch,<br />

dass die qualitativen Beurteilungskriterien anzahlmässig überwiegen.<br />

Technische Effekte<br />

(technische D<strong>im</strong>ensionen)<br />

direkte<br />

Effekte<br />

zu best<strong>im</strong>men<br />

in spezifischen<br />

Messwerten<br />

indirekte<br />

Effekte<br />

direkte<br />

Effekte<br />

Lernerfolge, Umsatz,<br />

Erfahrung, Subventionen,<br />

Know-how, Gewinn/<br />

TransferDeckungseffekte,beiträge, Spinn-offs, Kosten<br />

Werbeeffekte,<br />

Sicherungseffekte,<br />

Abwehreffekte,<br />

Schwachstellenerkenntnis<br />

Eigenschaften des<br />

Innovationserfolges<br />

Ökonomische Effekte<br />

(finanzielle D<strong>im</strong>ensionen)<br />

indirekte<br />

Effekte<br />

Umsatzverringerung<br />

der Konkurrenz,<br />

Kostenerhöhung<br />

der Konkurrenz,<br />

"Umwegrentabilität"<br />

systembezogene<br />

Effekte<br />

Sonstige Effekte<br />

Umwelteffekte,<br />

Soziale Effekte,<br />

Autonomieeffekte<br />

individuelle<br />

Effekte<br />

„technischer Nutzen“ „ökonomischer Nutzen“ „sonstiger Nutzen“<br />

„Gesamtnutzen“<br />

Abbildung 36: Eigenschaften des Innovationserfolges 292<br />

291 Olschowy, 1990, S. 55.<br />

292 Hauschildt, 1991, S. 467.<br />

wissenschaftl.<br />

Anerkennung,<br />

Selbstverwirklichung


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Abbildung 37 zeigt das Zielsystem des Handelsunternehmens nach Rudolph. 293 Das<br />

Zielsystem enthält qualitative und quantitative Ziele. Alle genannten Ziele (evtl. ausgenommen<br />

der politische Einfluss) spielen be<strong>im</strong> Einsatz <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

eine Rolle und sollten bei der umfassenden Erfolgsbeurteilung einer technologischen<br />

Innovation <strong>im</strong> Handel berücksichtigt werden. Viele der Zielgrössen von<br />

Rudolph decken sich mit den Messgrössen von Hauschildt. Nur die „technischen Effekte“<br />

fehlen richtigerweise bei Rudolph, da sie nicht Bestandteil des Zielsystems <strong>im</strong><br />

Handel sind.<br />

Rentabilitätsziele<br />

• Gewinn/Profit<br />

• Umsatzrentabilität<br />

• Kapitalrentabilität<br />

Finanzielle Ziele<br />

• Kreditwürdigkeit<br />

• Liquidität<br />

• Selbstfinanzierungsgrad<br />

Marktstellungsziele<br />

• Positionierung<br />

• Profilierung<br />

• Marktanteil<br />

• Umsatz<br />

• Kundenzufriedenheit<br />

Soziale Ziele<br />

• Arbeitszufriedenheit<br />

• Persönliche Entwicklung<br />

• Soziale Sicherheit<br />

• Umweltschutz<br />

Abbildung 37: Zielsystem des Handelsunternehmens 294<br />

3.2.3.1 Qualitative und quantitative Erfolgskriterien<br />

Macht- und Prestigeziele<br />

• Unabhängigkeit<br />

• Image und Prestige<br />

• Politischer Einfluss<br />

In Anlehnung an das Zielsystem von Rudolph und die Beurteilungssystematik von<br />

Hauschildt wird <strong>im</strong> Folgenden zwischen einer quantitativen und qualitativen Erfolgsmessung<br />

unterschieden (andere Autoren unterscheiden zusätzlich noch die semiquantitativen<br />

Methoden, wobei es sich um Methoden handelt, die qualitative Statements<br />

durch statistische Verfahren quantifizieren [multivariate Analysen] 295 ). Diese<br />

Unterscheidung dient lediglich der Übersichtlichkeit. In der Praxis stehen quantitative<br />

und qualitative Ziele in einer Abhängigkeit, wobei das Erreichen der qualitativen Ziele<br />

in der Regel zum Erreichen der quantitativen Ziele führt. Das folgende Fallbeispiel<br />

Wal-Mart zeigt die Verknüpfung von quantitativen (Umsatz, ROI, Kostensenkung)<br />

und qualitativen Zielen (Informationstransparenz, bessere Marktleistung) in der Praxis.<br />

293 Vgl. Rudolph, 1997, S. 20.<br />

294 Rudolph, 1997, S. 20.<br />

93


94<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Wal-Mart stellte Änderungen <strong>im</strong> Kundenverhalten fest und war einem Kosten- und<br />

Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Die bestehenden Systeme konnten die benötigten<br />

Informationen nicht bereitstellen, da sie dem enormen Informationsbedarf nicht gewachsen<br />

waren. Das operative <strong>Management</strong> brauchte mehr Informationen, um das<br />

Geschäft besser und erfolgreicher führen zu können. Dazu war ein Informationssystem<br />

wie das DWH erforderlich, das der Konkurrent Kmart bereits drei Monate zuvor<br />

entwickelt und in Betrieb genommen hatte. Wie veraltet die bestehenden technologischen<br />

Strukturen (IBM Mainframe Technologie) bei Wal-Mart waren, zeigte<br />

sich erst später. Zunächst wurde die Diskussion geführt, wie viele Daten benötigt<br />

werden. Es stellte sich heraus, dass die bestehenden Systeme drei Wochen<br />

brauchten, um die benötigten Daten bereitzustellen. Die Antworten aus den Daten<br />

brachten neue Fragen mit sich, z. B. die Frage, ob die jeweiligen Produkte eher von<br />

Männern oder eher von Frauen gekauft wurden. Drei Wochen später tauchte die<br />

Frage auf, aus welcher Altersgruppe die Kunden stammten, gefolgt von der Frage,<br />

ob sie verheiratet oder ledig waren usw. Durch diesen Prozess wurde die Notwendigkeit<br />

für eine neue Technologie (Online-Information <strong>im</strong> Sinne eines DWH) deutlich.<br />

Um ein neues System einzuführen, waren enorme Investitionen notwendig. Es wurde<br />

ein ROI berechnet und ein Prototyp gebaut. Anschliessend wurde investiert und ein<br />

grosses Risiko eingegangen. Nach einem Jahr wurde der ROI gemessen und das<br />

System arbeitete sehr erfolgreich. Ein wichtiger Auslöser für diese Innovation bei<br />

Wal-Mart war das Ziel der Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Doch während<br />

des Prozesses fand Wal-Mart heraus, dass man mehr Umsatz und mehr Ertrag<br />

durch die Technologie generieren konnte. So wurde z. B. ein Weihnachtsartikel zu<br />

einem festen Zeitpunkt (noch vor Weihnachten) <strong>im</strong> Preis reduziert, um den Absatz zu<br />

forcieren. Diese Entscheidung wurde auf der Basis von kumulierten Daten auf Unternehmensebene<br />

getroffen. Aber dieses Vorgehen war nicht sinnvoll. Mit Hilfe der<br />

Data-Warehouse-Technologie wurde deutlich, dass der Artikel <strong>im</strong> Absatz sehr gut<br />

(über Plan) und die Preisreduktion damit unnötig war. Mehr noch: Sie minderte sogar<br />

den Ertrag. Der Verzicht auf die Preisreduktion bedeutete 2 Mio. $ Umsatz mehr für<br />

einen Artikel. Die konkreten Massnahmen, die sich aufgrund der verbesserten<br />

Dateninformationen ableiten liessen, bewirkten einen grossen ROI. Diese Erfahrungen<br />

machten die Technologie von einem Costcenter zu einem Profitcenter. Später<br />

wurden die Informationen aus dem DWH auch für Verhandlungszwecke mit den Lieferanten<br />

verwendet.<br />

Vorab lässt sich sagen, dass die Expertengespräche, aber auch die Analysen der<br />

Fallstudien gezeigt haben, dass <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum die qualitative Erfolgsmessung<br />

<strong>im</strong> Handel einen wesentlich grösseren Stellenwert einn<strong>im</strong>mt. Dies entspricht<br />

der Forderung von Rudolph nach qualitativen Informationen für das Control-<br />

295 Vgl. Pappas/Remer, 1985, S. 15 f.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

ling von Handelsprojekten. 296 Ein Grund ist die grosse Unsicherheit von Innovationsprojekten.<br />

Nicht für alle technologischen <strong>Innovationen</strong> lassen sich seriöse<br />

Kennzahlen (z. B. der ROI) <strong>im</strong> voraus berechnen wie die Kosteneinsparungen des<br />

DWH bei Wal-Mart. Beispielsweise ist die Einschätzung der Einnahmen und Mehrerträge<br />

aus Internetaktivitäten heute noch mit grosser Unsicherheit verbunden. Ein ROI<br />

lässt sich für ein Internetprojekt damit kaum seriös ermitteln.<br />

3.2.3.1.1 Qualitative Erfolgskriterien<br />

Abbildung 38 zeigt einen Ausschnitt aus dem Zielsystem der Migros für das Innovationspaket<br />

(vgl. Abbildung 28) und veranschaulicht damit beispielhaft den Prozess,<br />

wie das Erreichen qualitativer Ziele zum Erreichen der quantitativen Zielgrössen und<br />

auf diese Weise zum Innovationserfolg führt. Für jede technologische Innovation<br />

kann eine eigene Wirkungskette aufgestellt werden, in Abhängigkeit der Eigenschaften<br />

der technologischen Innovation und der damit verfolgten Ziele.<br />

Steigende<br />

Kundenfrequenz,<br />

Mehrumsatz, Mehrertrag<br />

Klare<br />

Profilierung<br />

Schnellere/bessere<br />

Befriedigung<br />

von sich wandelnden<br />

Kundenbedürfnissen<br />

Innovationserfolg<br />

Akzeptanz des<br />

Innovationspaketes und<br />

Nutzung der Systeme<br />

Erhöhte<br />

Informationstransparenz<br />

durch Innovationspaket BoSS<br />

Abbildung 38: Ausschnitt der Wirkungskette für den Innovationserfolg bei<br />

Migros<br />

296 Vgl. Rudolph, 1999, S. 336.<br />

95


96<br />

Es ist möglich, dass eine technologische Innovation nur ein einziges Ziel verfolgt und<br />

demnach auch nur an einem Kriterium gemessen wird, so z. B. ein Internetauftritt<br />

ausschliesslich zur Imagepflege. Abbildung 28 und Abbildung 38 sowie die<br />

Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen aber, dass in der Praxis in der<br />

Regel mehrere Ziele mit einer technologischen Innovation verbunden sind. „Die<br />

Messung des Innovationserfolges kann somit nicht mit Hilfe eines einzigen Messwertes<br />

vorgenommen werden. Benötigt werden Batterien von Messwerten, die je<br />

nach Fortschritt des Innovationsprozesses eingeschaltet werden.“ 297 Eine derartige<br />

Batterie von Messwerten wurde in der schriftlichen Befragung zu dieser Arbeit<br />

eingesetzt. 298 Schaukasten 14 zeigt eine Auswahl qualitativer Erfolgskriterien. Die<br />

Kriterien sind nach ihrem Bedeutungsgrad (über alle in der Befragung beurteilten<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong>) aufgeführt. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit, es sind aber nach Berücksichtigung von Abbildung 36 und Abbildung<br />

37 die wichtigsten Ziele abgedeckt. Ausserdem wurden in der Befragung von den<br />

Befragten keine nennenswerten Ergänzungen vorgenommen.<br />

1. Qualität der Unternehmensleistungen verbessern (6,11)<br />

2. bessere Bedürfnisbefriedigung der Kunden (5,36)<br />

3. Marktführerschaft (Konkurrenzvorteil) aufbauen (5,32)<br />

4. Profilierung verbessern (4,88)<br />

5. Kundenbindung stärken (4,83)<br />

6. Zusammenarbeit mit Partnern, z. B. Lieferanten, verbessern (4,69)<br />

7. innovatives Image aufbauen (4,63)<br />

8. Überlebensfähigkeit sichern (4,55)<br />

9. Konkurrenzvorsprung aufholen (3,65)<br />

10. Image, attraktiver Arbeitgeber zu sein, aufbauen (3,60)<br />

11. Partizipation (Mitsprache der Mitarbeiter) gewährleisten (3,29)<br />

Legende:<br />

In Klammern sind die Mittelwerte der Befragung über alle beurteilten technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> angegeben. 1 = Ziel gar nicht verfolgt; 7 = Ziel sehr stark verfolgt.<br />

Schaukasten 14: Auswahl qualitativer Ziele und Beurteilungskriterien<br />

297 Hauschildt, 1991, S. 473.<br />

298 Vgl. Frage 9 des Fragebogens in Anhang C: „Welches Ziel bzw. welche Ziele haben Sie mit dieser<br />

Innovation verfolgt und wurden diese Ziele erreicht?“


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Schaukasten 14 zeigt, dass die marktorientierten Zielgrössen <strong>im</strong> Vordergrund ste-<br />

hen. Zielgrössen, die sich auf interne D<strong>im</strong>ensionen beziehen wie z. B. die Mitarbeiterpartizipation,<br />

spielen offensichtlich bei technologischen <strong>Innovationen</strong> eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Die in Schaukasten 14 angegebene Liste qualitativer Ziele zur Beurteilung <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> kann nur ein Anhaltspunkt sein. Die definitive Zielformulierung<br />

ist situativ und muss daher für jede Innovation neu durchgeführt werden. 299<br />

Es hat sich bei der Auswertung der Befragung gezeigt, dass die Art der technologischen<br />

Innovation (z. B. Scanning, Internet oder WWS) eine zentrale Rolle bei der<br />

Zielformulierung spielt. Es wurde ein Mittelwertvergleich für die nach Frage 5 gebildeten<br />

Gruppen 300 durchgeführt (vgl. Abbildung 39 und Abbildung 40). 301 Die signifikanten<br />

Mittelwertunterschiede sind in den Abbildungen <strong>im</strong>mer für zwei Gruppen an-<br />

gegeben (z. B. G1/G2), d. h. zwischen diesen beiden Gruppen besteht ein signifikanter<br />

Mittelwertunterschied. Das Ziel „innovatives Image aufbauen“ wurde mit den<br />

Internetinnovationen sehr stark verfolgt (Mittelwert 6,4) und unterscheidet sich damit<br />

signifikant von den anderen beiden Gruppen (Mittelwert Gruppe Scanning/WWS:<br />

4,26 bzw. Gruppe DWH/MIS: 4,0). Hingegen wurde das Ziel „Gewinn steigern“ mit<br />

den Internetinnovationen deutlich weniger verfolgt (Mittelwert 3,7 <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

Gruppe Scanning/WWS: 4,9). Das Ziel „guter Return on Investment (ROI)“ stand bei<br />

den Scanning/WWS- und DWH/MIS-<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Vordergrund. Dasselbe gilt für<br />

das Ziel „Prozessopt<strong>im</strong>ierung“. Die Ziele „Kundenakquisition (neue Zielgruppen)“ und<br />

„Profilierung“ wurden am stärksten mit den Internetinnovationen verfolgt (Mittelwert<br />

6,4 bzw. 5,95). „Rationalisierungsziele“ und „schnellere Abläufe/Prozesse <strong>im</strong> Unternehmen“<br />

verfolgten die Handelsunternehmen mit den Scanning/WWS- und<br />

DWH/MIS-<strong>Innovationen</strong> (Mittelwert 6,28 bzw. 5,63).<br />

Der Mittelwertvergleich für die verschiedenen technologischen <strong>Innovationen</strong> zeigt,<br />

dass mit Internetinnovationen stärker markt- und kundenorientierte („extrovertierte“)<br />

Ziele verfolgt werden. Scanning/WWS- und DWH/MIS-<strong>Innovationen</strong> dienen der internen<br />

Opt<strong>im</strong>ierung und Effizienzsteigerung, die Zielsetzungen sind eher „introvertiert“.<br />

299<br />

Vgl. Pfeiffer/Weiss, 1990, S. 65.<br />

300<br />

Vgl. Frage 5 des Fragebogens in Anhang C: „Bitte benennen und beschreiben Sie die ausgewählte<br />

Innovation.“<br />

301<br />

Die Gruppenbildung wurde nach inhaltlich zusammengehörigen Technologien vorgenommen.<br />

Gruppe 1: Internet, Gruppe 2: Scanning und Warenwirtschaftssysteme, Gruppe 3: Data Warehouse<br />

und <strong>Management</strong>-Informationssysteme. Die Gruppierung bestätigte sich durch eine unabhängig<br />

davon durchgeführte Clusteranalyse nach den Eigenschaften der Innovation (Frage 6 des<br />

Fragebogens in Anhang C), die hier nicht <strong>im</strong> einzelnen ausgeführt werden soll.<br />

97


98<br />

7<br />

6,88<br />

6,45<br />

6,40<br />

Ziel<br />

sehr stark<br />

verfolgt<br />

6,30<br />

5,83<br />

6<br />

6,25<br />

5,38<br />

4,91<br />

4,87<br />

5,45<br />

5<br />

5,30<br />

5,11<br />

4,26<br />

5,25<br />

4,04<br />

4,15<br />

4,14<br />

3,68<br />

3,85<br />

4,63<br />

3,55<br />

4,05<br />

4,02<br />

4<br />

3,83<br />

3,57<br />

4,00<br />

4,13<br />

Mittelwert<br />

3,65<br />

3,70<br />

3,13<br />

3<br />

3,00<br />

2,85<br />

2,35<br />

2<br />

Ziel<br />

gar nicht<br />

verfolgt<br />

1<br />

Prozessopt<strong>im</strong>ierung<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Partizipation<br />

*G1/G2<br />

attraktiver<br />

Arbeitgeber<br />

Leistungsqualität<br />

verbessern<br />

*G1/G2<br />

Unabhängigkeit<br />

*G1/G2<br />

ROI<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Gewinn<br />

*G1/G2<br />

innovatives<br />

Image<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Überlebensfähigkeit<br />

quantitatives<br />

Wachstum<br />

bessere Bedürfnisbefriedigung<br />

Innovationsziele<br />

G1: Internet (n = 20) G2: Scanning + WWS (n = 47) G3: Data Warehouse + MIS (n = 8)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das Innovationsziel "innovatives Image" ist der Mittelwertunterschied zwischen G1/G2 und G1/G3 signifikant.<br />

Definition: Die Gruppen wurden aus Frage 5 gebildet.<br />

Abbildung 39: Mittelwertvergleich der Zielverfolgung für verschiedene<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> (Teil I)


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

7<br />

6,63<br />

6,28<br />

6,40<br />

Ziel<br />

sehr stark<br />

verfolgt<br />

5,95<br />

5,60<br />

6,32<br />

5,80<br />

5,60<br />

6<br />

5,63<br />

5,00<br />

5,50<br />

4,75<br />

5<br />

4,79<br />

4,80<br />

3,70<br />

4,25<br />

4,25<br />

4<br />

3,98<br />

3,98<br />

Mittelwert<br />

3,50<br />

3,75<br />

3,65<br />

3,63<br />

3,60<br />

3<br />

3,13<br />

2,75<br />

Zusammenarbeit<br />

mit<br />

Partnern<br />

*G1/G2, *G2/G3<br />

Schnelligkeit<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Rationalisierung<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Profilierung<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Kundenakquisition<br />

neue<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Kundenakquisition<br />

bestehende<br />

Kundenbindung<br />

Marktführerschaft<br />

2<br />

Ziel<br />

gar nicht 1,75<br />

verfolgt<br />

1<br />

Konkurrenzvorsprung<br />

aufholen<br />

*G1/G3, *G2/G3<br />

Innovationsziele<br />

G1: Internet (n = 20) G2: Scanning + WWS (n = 47) G3: Data Warehouse + MIS (n = 8)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das Innovationsziel "Konkurrenzvorsprung aufholen" ist der Mittelwertunterschied zwischen G1/G3 und G2/G3 signifikant.<br />

Definition: Die Gruppen wurden aus Frage 5 gebildet.<br />

Abbildung 40: Mittelwertvergleich der Zielverfolgung für verschiedene<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> (Teil II)<br />

99


100<br />

3.2.3.1.2 Quantitative Erfolgskriterien<br />

Auch die qualitativen Erfolgskriterien, wie sie in Abschnitt 3.2.3.1.1 beschrieben wurden,<br />

sind messbar, allerdings nur mit Hilfe qualitativer Methoden wie z. B. der Kundenbefragung<br />

zur Analyse des Unternehmensprofils. Quantitative Erfolgsgrössen wie<br />

z. B. Gewinn, Zeitersparnis, Kosteneinsparung, Anzahl der Neukunden usw. lassen<br />

sich anhand klarer Zahlenverhältnisse ausdrücken. In der Regel lassen sich die<br />

quantitativen Ziele auf einen finanziellen gemeinsamen Nenner bringen (z. B. Mehrertrag,<br />

Kosteneinsparung usw.). Häufig werden mit den technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

Prozessopt<strong>im</strong>ierungen und -verbesserungen angestrebt. „Bei Prozessinnovationen<br />

kann naturgemäss der ökonomische Erfolg nicht anhand einer Umsatzveränderung<br />

best<strong>im</strong>mt werden. Der Erfolg besteht in einem Rationalisierungsgewinn.“ 302<br />

Die quantitativen Zielgrössen wurden von den befragten Handelsmanagern weniger<br />

verfolgt als die qualitativen, was sich in den durchgehend tieferen Mittelwerten zeigt<br />

(vgl. Schaukasten 14 und Schaukasten 15). Für den Erfolg der Innovation sind aber<br />

die quantitativen Ziele von zentraler Bedeutung, denn: „Wenn und soweit <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Rahmen von Unternehmen durchgeführt werden, liefert das finanzielle Ergebnis<br />

somit letztlich die Antwort auf die Frage, ob eine Innovation erfolgreich<br />

war.“ 303<br />

1. Rationalisierung (Kostenopt<strong>im</strong>ierung) steigern (5,45)<br />

2. schnellere Abläufe/Prozesse <strong>im</strong> Unternehmen (5,40)<br />

3. Prozessopt<strong>im</strong>ierung (Effizienzsteigerung) (4,96)<br />

4. wirtschaftliche Unabhängigkeit erhalten (4,52)<br />

5. Kundenakquisition (neue Zielgruppen) (4,42)<br />

6. guter Return on Investment (ROI) (4,41)<br />

7. Gewinn steigern (Shareholder Value) (4,37)<br />

8. quantitatives Wachstum (4,25)<br />

9. Kundenakquisition (bestehende Zielgruppen) (4,11)<br />

Legende:<br />

In Klammern sind die Mittelwerte der Befragung über alle beurteilten technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> angegeben. 1 = Ziel gar nicht verfolgt; 7 = Ziel sehr stark verfolgt.<br />

Schaukasten 15: Auswahl quantitativer Ziele und Beurteilungskriterien<br />

302 Hauschildt, 1991, S. 468.<br />

303 Hauschildt, 1991, S. 452.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Für die Beurteilung einer technologischen Innovation sind aufgrund der damit verbundenen<br />

Investitionen die Rentabilitätsziele besonders wichtig. Es stellt sich die<br />

Frage, ob und wann sich die Investition gelohnt hat (break even). Schaukasten 15<br />

zeigt eine Auswahl quantitativer Ziele zur Beurteilung des Innovationserfolges, wie<br />

sie auch in der Befragung eingesetzt wurde. 304<br />

Abbildung 38 zeigt, dass die quantitativen Zielgrössen nicht völlig unabhängig von<br />

den qualitativen Zielgrössen sind. Deswegen sollten bei der Erfolgsbeurteilung ge-<br />

rade auch von technologischen <strong>Innovationen</strong> qualitative Ziele, wie z. B. Leistungsverbesserung,<br />

Profil und Image, berücksichtigt werden. Wenn aber die Investitionen<br />

für die technologische Innovation nicht amortisiert werden können und die quantitativen<br />

Ziele nicht erreicht werden, dann müssen die qualitativen Ziele eine derartig<br />

strategische Bedeutung besitzen, dass sie die Investitionen rechtfertigen. Ist das<br />

nicht der Fall, kann es sich um ein F&E-Projekt handeln. Doch auch dafür gilt, dass<br />

es nach einer Forschungs- und Erprobungsphase die investierten Aufwendungen<br />

erwirtschaften muss und in der Regel strategischen Charakter hat. Viele Handelsunternehmen<br />

wie z. B. Metro, Tengelmann, Karstadt und Bertelsmann starten derzeit<br />

erste Versuche <strong>im</strong> Internet. Die Ziele dieser Innovationsprojekte haben zunächst keinen<br />

quantitativen, sondern einen qualitativen Charakter. Es geht weniger um eine<br />

sofortige Rentabilität als vielmehr um Lerneffekte und die Vorteile des „first mover´s<br />

advantage“. Den Vorrang qualitativer Ziele belegen auch die folgenden Aussagen<br />

einiger Handelsmanager:<br />

• „Für die Internet-Aktivitäten unserer Firma gibt es ein klares Renditeziel, allerdings<br />

ist die Realisierung, d. h. wann das Projekt rentabel sein muss, noch ungewiss.“<br />

305<br />

• „My world kann als technologisches F&E-Projekt für Karstadt bezeichnet werden.<br />

Es wurde kein ROI berechnet. Die Funktionsfähigkeit und die Markenbekanntheit<br />

waren zu Beginn angestrebte Ziele. Qualitative Kriterien sind derzeit noch wichtiger<br />

als finanzielle Kennzahlen.“ 306<br />

304 Vgl. Frage 9 des Fragebogens in Anhang C.<br />

305 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

306 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

101


102<br />

Fallbeispiel Markant-Südwest:<br />

Die für <strong>Innovationen</strong> verantwortliche Tochtergesellschaft der Markant-Südwest arbeitete<br />

gemeinsam mit der Markant 1997 an einem Internetshopping-Konzept. Ca.<br />

800 Artikel werden in einem Katalog angeboten und können per Telefon, Fax oder<br />

Internet bestellt werden. Die Preise sind die gleichen wie <strong>im</strong> Laden, der He<strong>im</strong>lieferdienst<br />

kostet 5,- DM bei einer Mindestbestellmenge von 35,- DM. Gerade be<strong>im</strong> Internetshopping<br />

mit He<strong>im</strong>lieferdienst stellen die Kosten ein wesentliches Hemmnis dar.<br />

Unter Rentabilitätsgesichtspunkten dürfte die Markant heute noch kein Internetshopping<br />

betreiben. Im Vordergrund stehen aber Imageziele (Markant zählt zu den ersten<br />

Händlern in Deutschland, die Internetshopping anbieten), Vorteile aus dem „first mover´s<br />

advantage“ und die Lerneffekte.<br />

3.2.3.2 Zielerreichungs-Index 307 zur Erfolgsbeurteilung<br />

In der vorliegenden Befragung wurden die in Abschnitt 3.2.3.1.1 und 3.2.3.1.2 aufgeführten<br />

Zielkataloge abgefragt nach Zielverfolgung und Zielerreichung. Zu jedem der<br />

insgesamt 20 Ziele sollte der Befragte auf einer siebenstelligen Skala angeben, ob<br />

das Ziel verfolgt und erreicht wurde. 308 Aufgrund der metrisch skalierten Intervallskala<br />

konnte aus diesen beiden Werten die gewichtete Summe und damit ein Zielerreichungs-Index<br />

berechnet werden (vgl. Schaukasten 16). 309<br />

Zielerreichungs-Index = Σ 20<br />

j = 1<br />

ZV ij * ZE ij<br />

Legende:<br />

ZV ij = Zielverfolgungswert des i-ten Managers für das j-te abgefragte Ziel;<br />

ZE ij = Zielerreichungswert des i-ten Managers für das j-te abgefragte Ziel.<br />

Schaukasten 16: Zielerreichungs-Index<br />

Aufgrund der Skalen (von 1 bis 7) ergab sich ein min<strong>im</strong>aler Zielerreichungs-Index<br />

von 20 und ein max<strong>im</strong>aler von 980. In der Stichprobe war die kleinste Ausprägung<br />

des Zielerreichungs-Index 101 und die grösste 777. Der vorliegende Index weist aufgrund<br />

der grossen Anzahl von Zielen eine grosse Bandbreite auf.<br />

307 In der statistischen Terminologie wird mit einem Index ein Verhältnis von zwei Zahlen zum<br />

Ausdruck gebracht (vgl. Yamane, 1981, S. 259 und Bohley, 1992, S. 29 ff.). In diesem<br />

Zusammenhang wird der Begriff „Index“ als Kennzahl verstanden. Statistisch handelt es sich um die<br />

Summe der mit den Zielverfolgungswerten gewichteten Zielerreichungswerte.<br />

308 Vgl. Frage 9 des Fragebogens in Anhang C.


Kapitel 3: Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Zur Beurteilung einzelner <strong>Innovationen</strong> sollten weniger Ziele benannt werden, die<br />

dann auch zu einer geringeren Bandbreite des Zielerreichungs-Index führen. Bei der<br />

Verwendung eines Zielerreichungs-Index zur Beurteilung des Innovationserfolges<br />

müssen Klassen gebildet werden, die angeben, welche Indexwerte für eine erfolgreiche<br />

und welche für eine nicht erfolgreiche Innovation gelten. Aufgrund der grossen<br />

Bandbreite und der Verschiedenheit der beurteilten <strong>Innovationen</strong> soll an dieser Stelle<br />

auf eine Klassenbildung verzichtet werden. Der hier entwickelte Index bezieht sich<br />

auf alle in der Befragung beurteilten <strong>Innovationen</strong> und hätte damit den Nachteil, dass<br />

eine Innovation, die nur ein Ziel verfolgte und auch vollständig erreichte, <strong>im</strong> Zielerreichungs-Index<br />

trotzdem einen tiefen Wert bekommt. Dies ist aber nur eine theoretische<br />

Überlegung, da mit allen beurteilten <strong>Innovationen</strong> mehrere Ziele verfolgt wurden<br />

(vgl. Abbildung 39 und Abbildung 40). Trotzdem wurde <strong>im</strong> Fragebogen zusätzlich<br />

nach dem gesamthaften Erfolg gefragt 310 , denn diese Frage dient in Kapitel 5 zur<br />

Unterscheidung erfolgreicher und nicht erfolgreicher <strong>Innovationen</strong>. Bei der Anwendung<br />

des Index für eine einzelne Innovation erübrigt sich dieses Problem, denn dann<br />

fliessen in den Index nur die Ziele ein, die für die Handelsmanager des betroffenen<br />

Unternehmens relevant sind. Eine Klassenbildung ist dann problemlos möglich.<br />

Der Index wird in dieser Arbeit in der Kausalanalyse in Kapitel 6 berücksichtigt. Er<br />

zeigt aber bereits an dieser Stelle, wie quantitative und vor allem qualitative Zielgrössen<br />

vergleichbar gemacht werden können. Je präziser dabei die Zielformulierung<br />

ist, um so genauer kann die Messung und damit die Erfolgsbeurteilung ausfallen.<br />

3.2.4 Referenzgrössen der Beurteilung<br />

Referenzgrösse der Beurteilung sollte die Ausformulierung der Zielgrösse sein. „Der<br />

Vergleich des Innovationserfolges mit einem zuvor definierten Ziel erscheint uns der<br />

einzig rationale Messvorgang zu sein.“ 311 So darf man sich beispielsweise nicht auf<br />

die Zielvorgabe beschränken, mit der Innovation neue Kunden zu gewinnen, sondern<br />

muss zugleich hinzufügen, ab welcher Anzahl von Neukunden die Innovation als erfolgreich<br />

gewertet werden kann. „Den mengenmässigen Ertrag aus dem Innovationsprozess<br />

bezeichnet man als Output. Unter Heranziehung von Bewertungskriterien,<br />

die aus den Zielen der unternehmerischen Innovationstätigkeit abgeleitet werden,<br />

kann dann der Erfolgsgrad des Innovations-Outputs gemessen werden. Die<br />

Frage, was dabei <strong>im</strong> einzelnen unter ‚Erfolg‘ verstanden wird und welche Erfolgsd<strong>im</strong>ensionen<br />

zur Anwendung gelangen, muss aus der Sicht der jeweiligen Firmen bemessen<br />

werden.“ 312 Olschowy betont mit dieser Aussage den situativen Charakter<br />

309<br />

Vgl. Berekhoven/Eckert/Ellenrieder, 1991, S. 68; weitere Ausführungen zu den verwendeten<br />

Skalen finden sich in Abschnitt 1.4.2.1.1.<br />

310<br />

Vgl. Frage 10 des Fragebogens in Anhang C: „Gemessen an den mit der Innovation verbundenen<br />

Zielen und unter Berücksichtigung aller Aspekte war die Innovation gesamthaft ein Erfolg.“<br />

311<br />

Hauschildt, 1991, S. 470; vgl. auch Crawford, 1979, S. 9 ff.<br />

312 Olschowy, 1990, S. 51.<br />

103


104<br />

der Erfolgsbeurteilung. So differieren die quantitativen Erwartungen je nach Stand<br />

und Anspruch des Handelsunternehmens.<br />

Wichtig ist bei der quantitativen, aber auch bei der qualitativen Beurteilung des Innovationserfolges,<br />

dass bei der Planung der Innovation ein klarer Zielkatalog mit quantitativen<br />

und qualitativen Zielen formuliert wird und Bezugsgrössen/Erwartungen für<br />

jedes Ziel festgelegt werden. Diese Bezugsgrössen können auch für qualitative Ziele<br />

formuliert werden, z. B. in Form eines Kundenzufriedenheitsindex oder Sollprofils für<br />

das Image.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4 Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept zum<br />

marktorientierten <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

In diesem Kapitel wird ein pragmatisches Vorgehenskonzept für das <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel vorgestellt. Das Konzept besteht aus sieben<br />

Schritten und wird an dieser Stelle vor den Ergebnissen der schriftlichen Befragung<br />

eingeführt, weil die schriftliche Befragung und die folgenden Kapitel eine Vertiefung<br />

des sechsten Schrittes „Realisierung der technologischen Innovation“ sind. Das Vorgehenskonzept<br />

basiert auf den Ergebnissen der Expertengespräche, den Fallanalysen<br />

und Auswertungen der schriftlichen Befragung und orientiert sich an den drei<br />

Kernherausforderungen des <strong>Management</strong>s <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>, die <strong>im</strong> folgenden<br />

Abschnitt dargestellt sind.<br />

4.1 Drei Kernherausforderungen für das <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Aus der schriftlichen Befragung zum Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel, den Expertengesprächen<br />

und aus der Analyse der Fallstudien hat sich gezeigt, dass es drei<br />

Hauptprobleme be<strong>im</strong> <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> für den Handel gibt:<br />

1. Technologische <strong>Innovationen</strong> werden <strong>im</strong> Handel selten marktorientiert, d. h. an<br />

den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet, eingeführt. 313 (Marktfit)<br />

2. Technologische <strong>Innovationen</strong> werden <strong>im</strong> Handel häufig überhastet eingeführt,<br />

ohne ausreichende Analyse der Technologien. 314 (Technologiefit)<br />

3. Die Realisierung und Umsetzung von technologischen <strong>Innovationen</strong> bereitet den<br />

Handelsunternehmen Schwierigkeiten. 315 Das Umfeld, in dem die Innovation<br />

stattfindet, muss entsprechend „konfiguriert“ sein, damit die technologische Innovation<br />

erfolgreich umgesetzt werden kann. (Umfeldfit)<br />

Aus diesen Problemstellungen leiten sich drei Kernherausforderungen für das <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel ab, die in Abbildung 41 gezeigt<br />

werden. Auch Maas unterscheidet drei Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit:<br />

Charakteristika der Innovation, Charakteristika des Betriebes und betriebsex-<br />

313 Auch Rudolph sieht in der Marktorientierung der Innovationsprojekte Potentiale zur<br />

Erfolgssteigerung; vgl. Rudolph, 1999, S. 262 und Rudolph, 1998, S. 353.<br />

314 Ergebnis der Expertengespräch und der Fallbeispiele.<br />

315 Vgl. Frank/Marschner, 1998, S. 299; Rudolph, 1999, S. 240 zu Innovationsprojekten <strong>im</strong> Handel und<br />

Tomczak et al., 1998, S. 82. Belz und Senn fordern eine dynamische Marketingrealisierung und<br />

sprechen vergleichbare Probleme bei der Realisierung des Marketing an, wie sie auch für das<br />

Innovatiosnmanagement <strong>im</strong> Handel gelten. Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 40 ff.<br />

105


106<br />

terne Rahmenbedingungen (z. B. Absatz- und Beschaffungsmarktbedingungen). 316<br />

Der Technologiefit entspricht den Charakteristika der Innovation, der Umfeldfit den<br />

Charakteristika des Betriebes. Während die dritte Determinante bei Maas jedoch<br />

sehr weit gefasst ist, indem er damit die gesamten betriebsexternen Rahmenbedingungen<br />

berücksichtigt, konzentriert sich der Marktfit in dieser Arbeit lediglich auf den<br />

Kunden und seine Bedürfnisse.<br />

Marktfit Technologiefit<br />

Der Marktfit fordert<br />

die konsequente<br />

Marktorientierung<br />

der <strong>Innovationen</strong>.<br />

Im Vorgehenskonzept:<br />

•Bedürfnis- und<br />

Trendanalyse<br />

der Kunden<br />

Erfolg<br />

<strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong><br />

Umfeldfit<br />

Der Umfeldfit fordert die innovationsfördernde<br />

Gestaltung der sechs Kräftefelder für die Realisierung<br />

der <strong>Innovationen</strong>:<br />

•Konzeptionelles Kräftefeld<br />

•Organisatorisches Kräftefeld<br />

•Kulturelles Kräftefeld<br />

•Personelles Kräftefeld<br />

•Wirtschaftliches Kräftefeld<br />

•Technologisches Kräftefeld<br />

Der Technologiefit<br />

fordert eine umfassendeTechnologieanalyse<br />

Im Vorgehenskonzept:<br />

•Technologieanalyse<br />

•Eigenschaften<br />

der Innovation<br />

Abbildung 41: Kernherausforderungen für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

316 Maas, 1990, S. 60 ff.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2 Vorgehenskonzept zum marktorientierten <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Die drei Kernherausforderungen (Marktfit, Technologiefit und Umfeldfit) sind in ein<br />

Vorgehenskonzept eingebettet, das in der Praxis ein systematisches Vorgehen ermöglicht<br />

(vgl. Abbildung 42).<br />

Das Vorgehenskonzept soll nicht eine allgemeine Darstellung der Phasen des Innovationsprozesses<br />

sein, da solche in der Literatur bereits mehrfach vorliegen. 317 Ziel<br />

ist es vielmehr, eine Struktur für ein spezifisches Vorgehen für technologische <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel aufzuzeigen. Die folgenden Abschnitte zeigen Ansatzpunkte, wie<br />

die einzelnen Kernherausforderungen <strong>im</strong> Innovationsmanagement besser bewältigt<br />

werden können. Das Konzept soll nicht als starres theoretisches Korsett, sondern<br />

vielmehr als Leitfaden für ein systematisches Vorgehen in der Praxis gesehen werden.<br />

Es besteht aus sieben Schritten, die sich methodisch am Aufbau von Marketingkonzepten<br />

sowie am Stufenkonzept der Verkaufsstellenprofilierung von Rudolph<br />

orientieren und in den folgenden Unterkapiteln beschrieben werden. 318 Der Schwerpunkt<br />

liegt dabei auf den drei Kernherausforderungen, da diese spezifisch für das<br />

Innovationsmanagement <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind. Inhaltlich<br />

versucht das Konzept der Forderung von Belz und Senn nach einer situativen Marketingrealisierung<br />

gerecht zu werden, indem es sich auf die Generierung und Realisierung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel konzentriert und keine Allgemeingültigkeit<br />

für das Innovationsmanagement beansprucht. 319 Das Konzept verbindet die<br />

Inventionsphase (vgl. die Vorgehensschritte zwei und drei) und die Innovationsphase<br />

des Innovationsprozesses, d. h. die Realisierung der Innovation (vgl. die Vorgehensschritte<br />

vier bis sieben), da diese gemäss den Kernherausforderungen erfolgskritisch<br />

sind. Die Diffusionsphase wird durch das Controlling und die Erfolgsmessung berücksichtigt,<br />

steht aber nicht <strong>im</strong> Vordergrund des Konzeptes, da erfolgsbest<strong>im</strong>mende<br />

Massnahmen in dieser Phase kaum möglich sind. Fragen der Infrastruktur und des<br />

Umfeldes wie z. B. die Frage nach der für das Innovationsmanagement geeigneten<br />

Organisation, Kultur usw. sind <strong>im</strong> Vorgehenskonzept nicht enthalten, sondern werden<br />

als Kräftefelder der Realisierung in Kapitel 5 behandelt. Sie sind nicht nur für eine<br />

einzelne Phase des Vorgehenskonzeptes, sondern für den gesamten Innovationsprozess<br />

relevant. Die Trennung von systematischem Vorgehen (vgl. Vorgehenskonzept)<br />

und Gestaltung des Umfeldes zur Realisierung (vgl. die sechs Kräftefelder) ist<br />

nicht eindeutig möglich (z. B. gibt es Überschneidungen zwischen dem Controlling <strong>im</strong><br />

Vorgehenskonzept und dem wirtschafltichen Kräftefeld). Sie wird aber auch in dieser<br />

Arbeit nicht angestrebt, da ein ganzheitliches Vorgehen <strong>im</strong> Vordergrund steht, d. h.<br />

auch die Verbindung von systematischem Vorgehen und Realisierungsumfeld. „Wer<br />

317 Vgl. Thom, 1992, S. 9; Hauschildt, 1997, S. 349 ff.<br />

318 Vgl. Belz, 1991, S. 25 f. und Rudolph, 1993, S. 347 ff.<br />

319 Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 44 ff.<br />

107


108<br />

Konzept und Realisierung trennt, erkennt die wesentlichen Herausforderungen der<br />

Realisierung nicht.“ 320<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

Innovation<br />

Diffusion<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

= Herausforderung = Vorgehensschritt<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid<br />

= Phase <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

Abbildung 42: Vorgehenskonzept zum marktorientierten <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Invention<br />

Die Darstellung des Vorgehenskonzeptes in Abbildung 42 kann den Ablauf des Innovationsprozesses<br />

nicht hundertprozentig wiedergeben. Abbildung 43 ordnet die sieben<br />

Vorgehensschritte den Phasen des Innovationsprozesses zu. Es wird deutlich,<br />

dass sich einzelne Vorgehensschritte überschneiden und zum Teil parallel ablaufen,<br />

was dem Charakter des Innovationsprozesses entspricht. Dennoch dient das Vorgehenskonzept<br />

als Leitfaden für die weiteren Ausführungen, da es methodisch eine<br />

klare Vorgehensweise beschreibt und übersichtlicher ist als die Prozessdarstellung.<br />

Der Anwender ist aufgefordert, die prozessuale Sichtweise zu berücksichtigen und<br />

die einzelnen Vorgehensschritte nicht schematisch anzuwenden.<br />

320 Belz/Senn, 1997, S. 41.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Situationsanalyse und<br />

Vorgaben<br />

Trends und<br />

Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

Innovationsphase<br />

Diffusionsphase<br />

Technologie und<br />

Innovation<br />

analysieren<br />

Innovationsentscheid<br />

Inventionsphase<br />

Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

Definition der<br />

Innovationsziele<br />

Abbildung 43: Prozessdarstellung des Vorgehenskonzeptes<br />

Innovationscontrolling<br />

4.2.1 Situationsanalyse und Vorgaben der Unternehmens- und<br />

Marketingstrategie<br />

Dieser erste Schritt fordert<br />

den Innovationsmanager<br />

auf, sich mit der internen<br />

und externen Unternehmenssituation<br />

zu befassen.<br />

„Die Notwendigkeit einer<br />

Situationsdiagnose ergibt<br />

sich aus der Bedeutung der<br />

externen Einflussfaktoren<br />

für den Innovationserfolg<br />

eines Unternehmens. Die Interaktion zwischen dem Unternehmen und den<br />

verschiedenen Bestandteilen seiner Umwelt ist entscheidend für die Erkennung von<br />

Chancen und Bedrohungen, denen die Innovationsprojekte ausgesetzt sind.“ 321 Die<br />

technologische Innovation darf nicht unabhängig von den Marktbedingungen und<br />

internen Unternehmensvorgaben entwickelt und eingeführt werden. „Die Fähigkeit<br />

der Anbieter, wünschenswerte Innovationsergebnisse zu erzielen, hängt von ihrem<br />

Vermögen ab, sich den vorgegebenen Umwelt- und Marktdaten anzupassen.“ 322<br />

Abbildung 44 zeigt einen Bezugsrahmen zur systematischen Umweltanalyse. Jeder<br />

dieser Einflussfaktoren sollte daraufhin überprüft werden, ob und welchen Einfluss er<br />

auf das Unternehmen und die geplanten technologischen <strong>Innovationen</strong> hat. Gleich-<br />

321 Olschowy, 1990, S. 82.<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

109<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


110<br />

zeitig soll die Beobachtung dieser Einflussfaktoren helfen, Innovationsbedarf bzw.<br />

-chancen zu identifizieren. Wie es häufig <strong>im</strong> Handel geschieht, entstehen <strong>Innovationen</strong>,<br />

weil Konkurrenten oder Lieferanten bereits erste Massnahmen zur Lösung eines<br />

best<strong>im</strong>mten Problems ergriffen haben. Im Vorgehenskonzept vertieft werden die zwei<br />

Kernherausforderungen Bedürfnisanalyse der Kunden und Technologieanalyse.<br />

Soziodemographische<br />

Trends<br />

Neue Konkurrenten<br />

Wettbewerbsintensität<br />

Innovierendes<br />

Lieferanten Kunden<br />

Handelsunternehmen<br />

Technologische<br />

Trends<br />

Im Handel<br />

Substitute<br />

Abbildung 44: Umwelt- und branchenbezogene Einflussfaktoren zur<br />

Situationsanalyse 323<br />

Wirtschaftliche<br />

Trends<br />

Politische<br />

Trends<br />

Neben der externen Umweltanalyse spielen die Vorgaben der Unternehmens- und<br />

Marketingstrategie eine wichtige Rolle. 324 „The comparison between expected performance<br />

(based on strategy, objectives, and vision) and actual performance requires<br />

managers to see the performance of their organization as it really is – not how<br />

they hope, <strong>im</strong>agine, or wish it to be. The difference between expectations and actual<br />

performance constitutes the performance gap that a manager and his or her team<br />

must diagnose and resolve.“ 325 Durch die beschriebene Gap-Analyse kann Innovationsbedarf<br />

identifiziert werden. Gleichzeitig kann festgestellt werden, ob die Unternehmens-<br />

und Marketingstrategien erfolgreich umgesetzt werden und wo gegebenenfalls<br />

Verbesserungen durch <strong>Innovationen</strong> möglich sind. Dazu muss es <strong>im</strong> Unter-<br />

322 Olschowy, 1990, S. 85.<br />

323 In Anlehnung an Porter, 1983, S. 26 und Olschowy, 1990, S. 85; zur Umwelt- und<br />

Branchenanalyse in der Marketingplanung vgl. auch Kuss/Tomczak, 1998, S. 28 ff.<br />

324 Vgl. Huxold, 1990, S. 33.<br />

325 Tushman/O´Reilly, 1997, S. 41.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

nehmen klare Zielvorstellungen und Vorgaben geben, die zeigen, was von den <strong>Innovationen</strong><br />

erwartet wird. Die Positionierungspyramide von Rudolph (vgl. Abbildung 45)<br />

zeigt deutlich den Zusammenhang von Grundsatzstrategie, Positionierung und Profilierung.<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind auf der Profilierungsebene und<br />

damit auf der Ebene der konkreten Massnahmen einzuordnen. Das Innovationsmanagement<br />

muss vorher ansetzen und prüfen, welche Rolle technologische <strong>Innovationen</strong><br />

auf der Ebene der Grundsatzstrategie, Positionierung und Profilierung spielen.<br />

Relevante Fragestellungen sind auf der Ebene der<br />

Grundsatzstrategie:<br />

• In welchen Instrumenten/Leistungen/Märkten will das Handelsunternehmen Innovator<br />

oder Imitator sein?<br />

• Ist die Innovationsabsicht Teil der Grundsatzstrategie?<br />

Positionierung:<br />

• Wer sind die anvisierten Zielgruppen, was ihre Einstellungen zu technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong>?<br />

• Will das Handelsunternehmen sich durch technologische <strong>Innovationen</strong> vom Wettbewerb<br />

abheben?<br />

• Sind die angebotenen Leistungen des Handelsunternehmens mit technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> zu ergänzen oder kombinierbar?<br />

Profilierung:<br />

• Sind technologische <strong>Innovationen</strong> ein Profilierungsschwerpunkt?<br />

• Mit welchen anderen Profilierungsinstrumenten lassen sich technologische <strong>Innovationen</strong><br />

verbinden, wo entstehen Synergien (z. B. Service- und Dienstleistungen<br />

[vgl. Abschnitt 1.1])?<br />

Zu selten herrscht in Handelsuntnehmen über diese grundsätzlichen Fragen Klarheit,<br />

häufig überwiegt das Tagesgeschäft, und Fragen der strategischen Ausrichtung<br />

kommen zu kurz. „On average, senior management is devoting less than 3% of ist<br />

energy building a corporate perspective on the future. In some companies the figure<br />

is less than 1%.“ 326<br />

Hilfreich für das Innovationsmanagement ist die explizite Formulierung der Innovationsabsicht<br />

<strong>im</strong> Zielsystem des Unternehmens (Grundsatzstrategie). Diese sollte von<br />

den wichtigsten Entscheidungsträgern <strong>im</strong> Unternehmen erarbeitet werden und als<br />

verbindliche Richtlinie gelten. Auch Hauschildt stellt in diesem Bereich Defizite fest:<br />

„Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass die Verknüpfung der Innovationsziele<br />

mit dem übergeordneten Zielsystem in der Realität wesentlich schwächer aus-<br />

326 Hamel/Prahalad, 1994 (b), S. 64.<br />

111


112<br />

geprägt ist, als die theoretischen Aussagen über Zielhierarchien glauben machen<br />

wollen.“ 327<br />

Wichtig ist, dass die Ziele nicht aus taktischen Gründen „gehe<strong>im</strong>gehalten“ werden,<br />

sondern vor allem den Mitarbeitern kommuniziert werden. Dies bestätigen die befragten<br />

Handelsmanager. Sie sehen ein grosses Verbesserungspotential zur Steigerung<br />

des Innovationserfolges in der internen Kommunikation (vgl. Abbildung 76).<br />

„Durch klare (zugleich schriftliche und mündliche) Aussagen der Unternehmensleitung<br />

sollte jedem Mitarbeiter bewusst gemacht werden, dass <strong>Innovationen</strong> wichtige<br />

Beiträge zur Erreichung oberster Unternehmensziele leisten können. Dies kann beispielsweise<br />

<strong>im</strong> Rahmen von Unternehmungs- und Führungsgrundsätzen erfolgen.“ 328<br />

Aber auch eine Vision fördert zu Beginn eines Innovationsprojektes die Kommunikation<br />

und gilt gleichzeitig als erste Zielvorgabe für die am Projekt Beteiligten. 329<br />

Grundsatzstrategie<br />

Corporate Identity, Vision<br />

Positionierung<br />

Zielgruppen- (Kunde),<br />

Differenzierungs- (Konkurrenz),<br />

Schwerpunktentscheid (Marktleistung)<br />

Profilierung<br />

Ladenlayout<br />

Preis<br />

Standort Personal<br />

Ziele<br />

Image<br />

Kundenzufriedenheit<br />

Kundentreue<br />

Kundeninteresse<br />

Sort<strong>im</strong>ent<br />

Marktbearbeitung<br />

neue<br />

Techno-<br />

logien<br />

Dienstleistung<br />

Abbildung 45: Positionierungspyramide <strong>im</strong> Einzelhandel 330<br />

327 Hauschildt, 1997, S. 286.<br />

328 Thom, 1992, S. 21.<br />

329 Vgl. Rudolph, 1998, S. 352 f.<br />

330 Rudolph, 1993, S. 153.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.2 Trends und Bedürfnisse analysieren ⎯ Marktfit<br />

Bereits in Kapitel 1 wurde<br />

darauf hingewiesen, dass<br />

technologische <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel häufig<br />

technologiegetrieben eingeführt<br />

werden und die<br />

Kundenbedürfnisse nur<br />

eine untergeordnete Rolle<br />

spielen. Zu oft werden <strong>Innovationen</strong><br />

am Kunden<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

vorbei entwickelt. „Wenn sich der Handel mit Technologien beschäftigt, ist der Auslöser<br />

fast nie der Kunde, sondern fast <strong>im</strong>mer die Technologie. Nach der Einstellung,<br />

hier hat jemand etwas erfunden, sehen wir mal, wie wir das einsetzen können, aber<br />

nicht zu sagen, welche Wünsche und Bedürfnisse hat der Kunde und mit welcher<br />

Technologie können wir diese Defizite beseitigen.“ 331<br />

„‚Guten Tag‘, sagte der kleine Prinz.<br />

‚Guten Tag‘, sagte der Händler.<br />

Er handelte mit höchst wirksamen, durststillenden Pillen. Man schluckt jede Woche<br />

eine und spürt überhaupt kein Bedürfnis mehr, zu trinken.<br />

‚Warum verkaufst Du das?‘ sagte der kleine Prinz.<br />

‚Das ist eine grosse Zeitersparnis‘, sagte der Händler. ‚Die Sachverständigen haben<br />

Berechnungen angestellt. Man erspart dreiundfünfzig Minuten in der Woche.‘<br />

‚Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?‘<br />

‚Man macht damit, was man will...‘<br />

‚Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte‘, sagte der kleine Prinz, ‚würde ich ganz<br />

gemächlich zu einem Brunnen laufen...‘“ 332<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Das Online-Kaufhaus My world von Karstadt ist nicht kundenorientiert entstanden.<br />

Vielmehr hat das <strong>Management</strong> auf Reisen gesehen, was es für neue technologische<br />

Möglichkeiten gibt (vor allem in den USA), und wollte das Internet für den deutschen<br />

Markt nutzen. Als Referenz galt der amerikanische Kunde, dessen Kaufverhalten<br />

kurzerhand auf den deutschen Kunden übertragen wurde. Das Vorgehen war technologiegetrieben.<br />

Als My world dann von den Internet-Usern kaum akzeptiert wurde<br />

und wenig erfolgreich war, argumentierte man bei Karstadt, dass der Kunde nicht<br />

mitspiele und deshalb erzogen werden müsse. Nachdem man aber vergeblich „gegen<br />

den Kunden vorgegangen“ war, nahm man schliesslich Anpassungen vor, die<br />

331 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

332 De Saint-Exupéry, 1998, S. 74.<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

113<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


114<br />

den Kundennutzen in den Vordergrund stellten. 333 Dieses Vorgehen hat zwar zu<br />

Lerneffekten geführt, dafür aber auch eine Menge Zeit und Ressourcen beansprucht,<br />

die hätten gespart werden können, wenn der Kunde und seine Bedürfnisse früher in<br />

den Prozess einbezogen worden wären.<br />

Die Auswertung der Literatur zum Innovationsmanagement zeigt, dass die Industrie<br />

ein vergleichbares Problem hinsichtlich der Produktentwicklung hat. So sind z. B.<br />

Erfolgsfaktoren für Produkterfolge nach Roberts/Burke vor allem das Erkennen von<br />

Marktbedürfnissen und die Ausrichtung der F&E-Anstrengungen auf deren Befriedigung.<br />

334 „Auch bei den mehrheitlich vorhandenen, auf Misserfolgsdeterminanten bezogenen<br />

Untersuchungen spielen Determinanten der Marktorientierung eine zentrale<br />

Rolle.“ 335 In einer Studie von Cooper, die das Scheitern von 114 neuen Produkten<br />

untersuchte, war ein wichtiger Misserfolgsfaktor das „mangelnde Verständnis für<br />

Kundenbedürfnisse“. 336 Boutellier/Völker fordern für die Entwicklung innovativer<br />

Produkte: „Die Orientierung an der aktuellen Kundennachfrage reicht nicht aus;<br />

wichtig ist, dass die Firma ein grundlegendes Verständnis für die Ziele des Kunden,<br />

seine Bedürfnisstruktur, seine Nutzendefizite aufbaut, um die längerfristig erfolgreichen<br />

<strong>Innovationen</strong> zu plazieren.“ 337 Für den Handel untersuchte Rudolph Innovationsprojekte<br />

und stellte fest, dass ein wichtiger Ansatzpunkt zur Steigerung des Erfolges<br />

innovativer Handelsprojekte die Marktorientierung ist. 338<br />

Wie die Auswertung der Literatur, aber auch die vorliegenden Ergebnisse der Befragung<br />

und die Expertengespräche zeigen, ist die Marktorientierung der Innovation ein<br />

wichtiger Schlüssel zum Innovationserfolg (vgl. Kapitel 5.5). 339 Unter Marktorientierung<br />

wird hier die Berücksichtigung verschiedener D<strong>im</strong>ensionen verstanden und<br />

nicht die ausschliessliche Ausrichtung auf die Technologie. Damit die Innovation<br />

nicht technologiegetrieben entwickelt und eingeführt wird, sind die folgenden D<strong>im</strong>ensionen<br />

zu berücksichtigen:<br />

• Kunden/Konsumenten,<br />

• Mitarbeiter,<br />

• Wettbewerb,<br />

• Veränderungen in anderen Branchen,<br />

• Lieferanten,<br />

• technologische Entwicklungen.<br />

333 Vgl. Rode, 1997 (e), S. 66.<br />

334 Vgl. Roberts/Burke, 1974, S. 21 ff.<br />

335 Michel, 1987, S. 115.<br />

336 Vgl. Cooper, 1975, S. 322 ff.<br />

337 Boutellier/Völker, 1997, S. 44.<br />

338 Vgl. Rudolph, 1999, S. 262 und Rudolph, 1998, S. 353.<br />

339 Vgl. Michel, 1987, S. 114 f.; Boutellier/Völker, 1997, S. 43 ff. und Pfeiffer, 1992, S. 172 ff.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Erst dann kann von einer marktorientierten bzw. marktgetriebenen Innovation gesprochen<br />

werden. Abbildung 46 zeigt den Innovationstrichter für eine marktorientierte<br />

Innovationsentwicklung. Im Vorgehenskonzept liegt der Schwerpunkt auf den beiden<br />

Kernherausforderungen Kunde und Technologie. Die anderen D<strong>im</strong>ensionen fliessen<br />

aber auch ein. So müssen z. B. die Wettbewerber, Lieferanten sowie Veränderungen<br />

in anderen Branchen bereits in der Umweltanalyse berücksichtigt werden (vgl.<br />

Abschnitt 4.2.1), spielen aber auch bei der Bedürfnis- und Technologieanalyse eine<br />

Rolle. Die Gestaltung innovationsfördernder Rahmenbedingungen ist auf die<br />

Mitarbeiter ausgerichtet, um sie in den Innovationsprozess einzubinden, zur Umsetzung<br />

zu motivieren und Akzeptanz für Veränderungen zu schaffen (vgl. Kapitel 5 und<br />

7).<br />

Zu berücksichtigende<br />

Inputd<strong>im</strong>ensionen<br />

Kunden/Konsumenten<br />

Mitarbeiter<br />

Wettbewerber<br />

Andere Branchen<br />

Lieferanten<br />

Technologische Entwicklung<br />

Inventionsphase Innovationsphase Diffusionsphase<br />

Abbildung 46: Innovationstrichter für eine marktorientierte<br />

Innovationsentwicklung<br />

Technologische<br />

Innovation<br />

Cooper untersuchte den Erfolg von Innovationsstrategien. Die erfolgreichste Strategie<br />

war die „balanced strategy“. Sie zeichnet sich aus durch eine Kombination von<br />

Technologieorientierung und Marktorientierung. 340 Wichtig bei der Innovationsentwicklung<br />

ist, dass als Input für den Innovationsprozess nicht nur die technischen,<br />

sondern auch die den Markt betreffenden Aspekte relevant sind, da sie als Ausgangspunkt<br />

der Innovationsentwicklung dienen. Deswegen wird <strong>im</strong> folgenden ein<br />

115<br />

Zeit


116<br />

Vorgehen vorgeschlagen, in dem der Kunde mit seinen Bedürfnissen <strong>im</strong> Zentrum<br />

steht. 341 Erst in einem zweiten Schritt wird gefragt, wie die Bedürfnisse der Kunden<br />

durch Technologien besser befriedigt werden können. Abbildung 47 gibt diesen Ablauf<br />

schematisch wieder. Von diesem Vorgehen wird eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

der Innovation erwartet, da nur die technologischen <strong>Innovationen</strong> entwickelt<br />

und eingeführt werden, die Kundenbedürfnisse befriedigen. Das Vorgehenskonzept<br />

zum Innovationsmanagement enthält dieses Vorgehen (vgl. Abbildung 42).<br />

Technologiegetriebene<br />

Innovationsentwicklung<br />

Technologieanalyse<br />

Entwicklung<br />

Einführung<br />

Anpassung an die<br />

Kundenbedürfnisse<br />

Marktorientierte<br />

Innovationsentwicklung<br />

Analyse der<br />

Kundenbedürfnisse<br />

Technologieanalyse<br />

Entwicklung<br />

Einführung<br />

Anpassung an die<br />

Kundenbedürfnisse<br />

Abbildung 47: Von der technologiegetriebenen zur marktorientierten<br />

Innovationsentwicklung<br />

Im Unterschied zur Produktentwicklung der Industrie gibt es <strong>im</strong> Handel echte tech-<br />

nologiegetriebene <strong>Innovationen</strong> wie z. B. den Walkman oder CD-Player praktisch<br />

nicht, da der Handel Technologien nicht selbst entwickelt, sondern nur anwendet und<br />

weiterentwickelt. 342 „Manche Unternehmen fragen erst die Kunden, was sie wollen.<br />

Marktführer dagegen wissen, was ihre Kunden wollen, noch ehe die sich selbst<br />

340<br />

Vgl. Cooper, 1984, S. 155 ff. und Hamel/Prahalad, 1992, S. 49, die multidisziplinäre Teams zur<br />

Entwicklung neuer Produktideen fordern.<br />

341<br />

Vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 23 f. und 43 ff.<br />

342<br />

Vgl. Rudolph, 1998, S. 348.<br />

Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

darüber <strong>im</strong> klaren sind.“ 343 Bei technologiegetriebenen Produktinnovationen macht<br />

es wenig Sinn, den Kunden vorher zu befragen, da durch diese echten <strong>Innovationen</strong><br />

344 latente Bedürfnisse angesprochen werden, die der Kunde noch nicht kennt.<br />

Obwohl es <strong>im</strong> Handel diese echten <strong>Innovationen</strong> nicht gibt, besteht <strong>im</strong>merhin ein<br />

grosser Spielraum für technologische Neuerungen, die latente Bedürfnisse der Kun-<br />

den ansprechen, z. B. der Lebensmitteleinkauf via Internet oder die Beratung be<strong>im</strong><br />

CD-Kauf durch ein mult<strong>im</strong>ediales Kiosksystem. Diese Bedürfnisse der Kunden müssen<br />

aus sich abzeichnenden Trends abgeleitet und von den Handelsmanagern frühzeitig<br />

erkannt werden. Die folgende Vorgehensweise versucht proaktiv Trends und<br />

Bedürfnisse zu erkennen, um daran anschliessend geeignete technologische <strong>Innovationen</strong><br />

als Problemlösung anbieten zu können.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept: 345<br />

Der Kunde hat bei der Einführung des Warenwirtschaftssystems für das neue Ladenkonzept<br />

bei Bertelsmann eine wichtige Rolle gespielt. Konkret sollten best<strong>im</strong>mte<br />

Funktionen wie z. B. das Bibliographieren für den Kunden selbst zugänglich sein. Es<br />

sollten die Bücher angeboten werden, die der Kunde wünscht. Damit ist das Warenwirtschaftssystem<br />

weniger eine direkte Leistung für den Kunden als vielmehr ein Instrument,<br />

das dem Kunden indirekt Nutzen stiftet. Der Kundennutzen der Back-<br />

Office-Systeme ist in der Regel indirekt und damit nicht die treibende Kraft in der Systementwicklung.<br />

Dort allerdings, wo ein Problem auftaucht, z. B. Regallücken <strong>im</strong><br />

Verkauf oder Einkauf, ist das Kundenproblem die treibende Kraft. Wichtig ist das<br />

gemeinsame Ziel, die Bedürfnisse des Kunden mit Hilfe der Technologie besser zu<br />

befriedigen.<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong> bei Kaufhof sind in der Regel marketinggetrieben.<br />

Ausgangspunkt ist eine konkrete Frage wie etwa die, welcher Service oder welche<br />

Leistung für den Kunden nützlich und damit umsatzsteigernd sein kann. Dieser<br />

Schritt hat noch nichts mit der Technologie zu tun. Erst bei der Beantwortung der<br />

Frage wird nach technologischen Möglichkeiten gesucht. Sehr selten gibt es eine<br />

interessante Technologie, die dann als Auslöser für eine Anwendung dient. Den Einsatz<br />

der Technologie sieht der Leiter des Bereichs fast handwerklich. Teilweise werden<br />

eigene Entwicklungsarbeiten geleistet, die dann auch zu Patenten führen kön-<br />

nen, so z. B. das bereits erwähnte Stylingsystem.<br />

343 Hamel/Prahalad, 1992, S. 47.<br />

344 Vgl. Becker, 1993, S. 130 und Haedrich/Tomczak, 1996, S. 153.<br />

345 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.<br />

117


118<br />

4.2.2.1 Ein Modell zur Erklärung von Trendveränderungen <strong>im</strong><br />

Kundenverhalten<br />

Damit technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel kunden- und bedürfnisorientiert entwickelt<br />

und eingeführt werden, muss eine Bedürfnis- und Trendanalyse der relevanten<br />

Zielgruppe durchgeführt werden, um aktuelle oder künftige Bedürfnisse der Kunden<br />

und Konsumenten zu kennen. Einen Bezugsrahmen für diese Analyse liefert<br />

Rudolph mit seinen Trends <strong>im</strong> Kaufverhalten. 346 Abbildung 49 zeigt die Langfristtrends<br />

und die sich daraus ableitenden kurzfristigen Trendausprägungen, die<br />

letztlich als einkaufsbezogene Bedürfnisausprägungen den Handel betreffen. Wichtig<br />

in dem Modell von Rudolph sind die Akzeleratoren. „Akzeleratoren wirken als Beschleunigungskräfte.<br />

Sie verstärken Trend- bzw. Bedürfnisausprägungen oder<br />

schwächen diese ab. Akzeleratoren sind demnach beobachtbare Einflussfaktoren,<br />

deren Intensität sich ständig wandelt und die sozusagen eine ‚Weichenstellungsfunktion‘<br />

für den Wandel <strong>im</strong> Kauf- und Konsumverhalten übernehmen.“ 347 Mit den<br />

Akzeleratoren gibt Rudolph sehr konkrete Hinweise, welche Einflussfaktoren <strong>im</strong><br />

Sinne eines Früherkennungsprozesses beobachtet werden müssen, um eventuelle<br />

Trend- und Bedürfnisveränderungen frühzeitig zu erkennen. 348 Rudolph unterscheidet<br />

drei treibende Kräfte <strong>im</strong> Handel: Veränderungen <strong>im</strong> Konsumverhalten, neue Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien sowie die zunehmende Liberalisierung<br />

der Märkte. 349 Abbildung 48 zeigt die Akzeleratoren für diese treibenden Kräfte.<br />

Das in Abbildung 49 dargestellte Trendmodell ist dynamisch, d. h. es muss dem<br />

Zeitablauf angepasst werden (z. B. neue Akzeleratoren, Wertewandel usw.). Zur Beobachtung<br />

der Akzeleratoren gibt es verschiedene Methoden: 350<br />

• Trendscouts: Sie werden eingesetzt, um Entwicklungen in einem frühen Stadium<br />

aufzudecken. Scouts bewegen sich in sogenannten Szenen und berichten dem<br />

Auftraggeber von Entwicklungen, die zu einem Trend werden könnten. Beispielsweise<br />

werden Trendscouts in der Technoszene und Snowboarderszene eingesetzt,<br />

um neue Modetrends aufzuspüren.<br />

• Medienanalyse: Trendforscher beobachten ausgewählte Medien (Zeitungen, Zeitschriften,<br />

Fernsehen, Rundfunk usw.) und werten aus, welche Aufmerksamkeit<br />

best<strong>im</strong>mten Themenbereichen gewidmet wird. Beispielsweise war mit dieser Methode<br />

der BSE-Skandal frühzeitig erkennbar und die Konsequenzen auf das<br />

Kaufverhalten von Rindfleisch absehbar.<br />

• Statistiken, Panels, Umfragen: Sie gehören zu den klassischen Methoden der<br />

Trendforschung. Dabei geht es um die systematische Sammlung und Auswertung<br />

von relevanten Daten.<br />

346<br />

Eine ausführliche Darstellung des Trendmodells findet sich bei Rudolph, 1999, S. 69 ff.<br />

347<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 72.<br />

348<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 76 ff.<br />

349<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 62.<br />

350<br />

Vgl. Müller-Hagedorn, 1997, S. 6 und Horx/Wippermann, 1996, S. 69 ff.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

• Expertenbefragungen: Die Befragung von Experten kann vertiefend sein, aber<br />

auch explorativ Aufschluss über künftige Trends geben.<br />

Medien<br />

Medien<br />

Medien<br />

Akzeleratoren<br />

Akzeleratoren<br />

Neue Technologien<br />

Medien<br />

Ausrüstungstempo der Haushalte<br />

mit PCs und Zubehör<br />

Akzeleratoren<br />

Konsumverhalten<br />

Produkt- und Leistungs-<br />

politischer<br />

innovationen<br />

Machtwechsel<br />

beliebte<br />

Urlaubsziele<br />

Medien<br />

Medien<br />

Länge der<br />

Arbeitszeit<br />

politische<br />

Krisen<br />

Zahl der Fernsehkanäle<br />

Nutzungskomfort<br />

neuer Technologien<br />

Medien<br />

Know-how der Mitarbeiter<br />

Medien<br />

Medien<br />

Hardware-/Software-<strong>Innovationen</strong><br />

Medien<br />

Konkurrenzaktivitäten <strong>im</strong><br />

Technologiebereich<br />

Medien<br />

Haushalts-<br />

Ausbildungslänge<br />

grösse Alter<br />

Kl<strong>im</strong>a-<br />

Bildungsinhalte<br />

schwankungen Tierhaltungs- und<br />

Ernährungsskandale<br />

Sparquote<br />

neue<br />

Arbeitslosenrate Arbeitsbedingungen<br />

reales verfügbares<br />

Einkommen<br />

Umweltskandale<br />

Konsumverhalten und Lebensstil<br />

einflussreicher Persönlichkeiten<br />

und aktiver sozialer Gruppen<br />

Medien<br />

Medien<br />

Medien<br />

Medien<br />

Medien<br />

Akzeleratoren<br />

Liberalisierung<br />

Einführung des Euro<br />

Öffnung der Kaufkraft-<br />

Volkswirtschaften veränderungen<br />

Medien<br />

Medien<br />

Medien<br />

tarifäre und nichttarifäre<br />

Handelsbarrieren<br />

Medien<br />

Medien<br />

Internationalisierung<br />

der Kapitalmärkte<br />

Transportbedingungen<br />

und -kosten<br />

Mieten und<br />

Grundstückspreise<br />

Annäherung internationaler<br />

Konsumgewohnheiten<br />

Abbildung 48: Ausgewählte Akzeleratoren <strong>im</strong> Handel nach Rudolph 351<br />

351 Vgl. Rudolph, 1999, S. 74, 100 und 102; dort finden sich auch die zu diesen treibenden Kräften<br />

gehörenden Langfristtrends und Bedürfnisausprägungen.<br />

Medien<br />

Medien<br />

Entwicklung des<br />

Einkauftourismus<br />

119<br />

Medien


120<br />

Individualisierung,Selbstverwirklichung<br />

und<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

zunehmende<br />

Multinationalität<br />

.....<br />

.....<br />

hybrides Kaufverhalten<br />

ausländische Produkte<br />

gestiegenes<br />

Umweltbewusstsein<br />

.....<br />

individuelle Produkte<br />

mehrsprachige<br />

Kommunikation<br />

.....<br />

Zunahme<br />

der<br />

Single-Haushalte<br />

Suche nach Sicherheit<br />

Medien<br />

Single-Produkte<br />

Interesse am<br />

Umweltverhalten<br />

Akzeleratoren<br />

ereignisorientierte<br />

Freizeitgestaltung<br />

Medien<br />

Produkt- und Leistungsinnovationen<br />

Medien<br />

politischer<br />

Machtwechsel<br />

.....<br />

beliebte<br />

politische<br />

Länge der<br />

Urlaubsziele<br />

Krisen<br />

Arbeitszeit<br />

Haushalts-<br />

Ausbildungslänge grösse Alter<br />

.....<br />

Höherbewertung<br />

der<br />

Gesundheit<br />

bessere Information<br />

Streben nach Fitness<br />

und Wellness<br />

Medien<br />

Rollenangleichung<br />

zeitsparender<br />

Einkauf<br />

zunehmende<br />

Emanzipation und<br />

Berufstätigkeit<br />

der Frau<br />

Kl<strong>im</strong>a- Tierhaltungs- und Bildungsinhalte<br />

schwankungen Ernährungsskandale<br />

Sparquote<br />

neue<br />

Arbeitslosenrate Arbeitsbedingungen<br />

Medien<br />

Abbildung 49: Trends <strong>im</strong> Kaufverhalten 352<br />

352 Rudolph, 1999, S. 74.<br />

.....<br />

.....<br />

keine Komplexität<br />

Umweltskandale<br />

reales verfügbares<br />

Einkommen<br />

Senioren-Produkte<br />

Aversion gegen Suchund<br />

Wartezeiten<br />

Medien<br />

Konsumverhalten und Lebensstil<br />

einflussreicher Persönlichkeiten<br />

und aktiver sozialer Gruppen<br />

Medien<br />

interessante<br />

Freizeitgestaltung<br />

zunehmende<br />

Zeitknappheit und<br />

Bequemlichkeit<br />

.....<br />

Medien<br />

.....<br />

Überalterung<br />

der<br />

Bevölkerung<br />

Impulskäufe<br />

Schnäppchensuche<br />

Beschaffungs- und<br />

Konsumlust<br />

abnehmendes Prestigeund<br />

Markenbewusstsein<br />

wachsende Erlebnis-,<br />

Genuss- und Freizeitorientierung<br />

neue<br />

Bescheidenheit und<br />

Einfachheit<br />

Legende: = Raum der kurzfristigen Trendveränderungen = einkaufsbezogene Bedürfnisausprägung<br />

= Langfristtrend = Wechselwirkung


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.2.2 Identifikation von relevanten Kundenbedürfnissen<br />

Wenn Handelsmanager durch eine der Beobachtungsmethoden Veränderungen<br />

eines für ihr Unternehmen relevanten Akzelerators feststellen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

vermuten bzw. prognostizieren, dann müssen die Konsequenzen auf<br />

das Kaufverhalten ermittelt werden.<br />

Naheliegend ist für diese Aufgabe der Einsatz einer Arbeitsgruppe, damit ein Max<strong>im</strong>um<br />

an Objektivität in der Durchführung der einzelnen Schritte erreicht wird. Das<br />

Team sollte mit unterschiedlichen Funktionsbereichen besetzt sein, damit es der<br />

Ausgewogenheit von marketingorientierter und <strong>technologischer</strong> Sichtweise entspricht.<br />

353<br />

Das folgende Beispiel der Art Collection 354 zeigt eine einfache Möglichkeit, wie von<br />

den tatsächlichen oder prognostizierten Veränderungen der Akzeleratoren systematisch<br />

auf die betroffenen Bedürfnisausprägungen geschlossen wird. 355<br />

Fallbeispiel Art Collection:<br />

Die Art Collection (AC) 356 ist seit 1975 der Teilbereich eines Handelsunternehmens.<br />

Angeboten werden Kunstobjekte. Der Unternehmensbereich AC entspricht der Grösse<br />

eines mittleren Unternehmens. Sein Angebot umfasst derzeit rund 12.000 lieferbare<br />

Artikel. Die AC ist auf dem Markt pr<strong>im</strong>är als Versandhandelsunternehmen tätig<br />

und hat sich auf eine Marktnische konzentriert, die ihre Geschäftsleitung wie folgt<br />

definiert: „Ziel ist es, gute Kunst bzw. gutes Kunsthandwerk exklusiv an eine Zielgruppe<br />

zu verkaufen, die keine feste, ausschließliche Bindung zu Galerien, Auktionshäusern<br />

und anderen Kunstinstitutionen einzugehen bereit ist.“ Die AC ist in diesem<br />

Segment Marktführer. Sie verfolgt das Ziel, diese Position zu halten und eine<br />

Expansion aus eigener Kraft voranzutreiben, um das nationale Marktpotential auszuschöpfen<br />

und internationale Märkte zu erschließen.<br />

Die Vorgehensweise der Bedürfnis- und Trendanalyse wird am Beispiel der Art Collection<br />

illustriert. In einer eigens dafür gegründeten Projektgruppe wurden die in der<br />

vorliegenden Arbeit entwickelten Methoden angewendet. Die Projektgruppe war mit<br />

Mitgliedern der Geschäftsleitung aus den Bereichen Marketing, EDV, Werbung/Produktion,<br />

Organisation/Auftragsabwicklung und einem externen Berater besetzt.<br />

Insgesamt waren 6 Personen an dem Projekt beteiligt.<br />

353 Vgl. Matoni, 1996, S. 57 und Hamel/Prahalad, 1992, S. 49.<br />

354 Der Autor hat an einem Projekt zu technologischen <strong>Innovationen</strong> in der AC mitgearbeitet. Auf<br />

seinen Erfahrungen und Informationen basiert das Fallbeispiel.<br />

355 In Anlehnung an das Trendmodell und Vorgehen von Rudolph 1999, S. 69 ff.<br />

356 Auf Wunsch der Unternehmensleitung nach Anonymität wurde der Name des Unternehmens<br />

geändert.<br />

121


122<br />

In einem ersten Schritt werden die beobachteten oder prognostizierten Veränderungen<br />

der für das Handelsunternehmen und die anvisierten Zielgruppen relevanten Akzeleratoren<br />

erfasst (vgl. Spalte 1 und 2 in Abbildung 50). Mit Hilfe des Trendmodells<br />

können die Handelsmanager die durch die Akzeleratoren betroffenen Langfristtrends<br />

identifizieren (vgl. Spalte 3 in Abbildung 50). Anschliessend müssen sie die<br />

einkaufsbezogenen Bedürfnisausprägungen erkennen. Das Trendmodell kann dabei<br />

nur erste Hinweise geben, da die Bedürfnisausprägungen dynamisch sind und vom<br />

Handelsunternehmen und den Zielgruppen abhängen (vgl. Spalte 4 in Abbildung 50).<br />

Die empathische Kundenbeobachtung 357 ist ein Instrument, das besonders geeignet<br />

ist, um latente Bedürfnisse, aber auch künftige Veränderungen der Bedürfnisausprägungen<br />

aufzudecken. 358 „Gibt es momentan nichts auf dem Markt, das wenigstens in<br />

einfachster Form dem neuen Produkt ähnelt, so fehlt Kunden jeder Anhaltspunkt zum<br />

Formulieren ihrer Meinung.“ 359 Dies gilt auch für die Handelsleistung. Wird ein Kunde<br />

nach dem Bedürfnis, Internetshopping zu betreiben, befragt und es gibt dieses noch<br />

gar nicht, dann kann er den Nutzen und die Innovation kaum beurteilen. Wenn aber<br />

durch Beobachtung deutlich wird, dass z. B. aufgrund von Berufstätigkeit erschwerte<br />

Einkaufsbedingungen bestehen und gleichzeitig ein Segment vorhanden ist, das<br />

aufgrund seiner Berufstätigkeit über einen Computer sowie einen Internetzugang<br />

verfügt, dann sind das Hinweise für ein latentes Bedürfnis nach Homeshopping. „Der<br />

vielversprechendste Weg zu einer empathischen Produktgestaltung besteht wohl <strong>im</strong><br />

Beobachten von aktuellen oder potentiellen Kunden, die sich mit vorhandenen<br />

Produkten oder Dienstleistungen schwertun, aber nicht wissen, ob die Probleme<br />

lösbar sind, ja teilweise diese Probleme nicht einmal bewusst wahrnehmen.“ 360<br />

Die so ermittelten Bedürfnisausprägungen müssen durch Marktforschungsmethoden<br />

(Tiefeninterviews, Gesprächskreise, Befragungen, Tests usw.) überprüft werden.<br />

„Techniken eines empathischen Produktgestaltens ersetzen Marktforschung nicht;<br />

vielmehr tragen sie dazu bei, Ideen aufzuspüren, die erst näher geprüft werden müssen,<br />

ehe das Unternehmen ein grossangelegtes Entwicklungsprojekt startet.“ 361 Besonders<br />

geeignet sind Kundengesprächskreise, die eine gute Möglichkeit darstellen,<br />

nicht nur die vermuteten Bedürfnisausprägungen zu bestätigen, sondern auch die<br />

Überleitung zu möglichen Lösungen zu erleichtern. Wenn sich die Bedürfnisse <strong>im</strong><br />

Kundengesprächskreis bestätigen, können verschiedene Lösungsalternativen (Technologien)<br />

diskutiert und damit ein erster Hinweis für den Zielgruppenfit <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio<br />

(vgl. Abschnitt 4.2.3.2.1) gewonnen werden.<br />

357 Das aus dem Griechischen stammende Wort Empathie bedeutet die Fähigkeit, sich in andere<br />

hineinzuversetzen (vgl. Duden, 1996, S. 249). Eine ausführlichere Darstellung der empathischen<br />

Kundenbeobachtung ist bei Leonard/Rayport, 1998 zu finden.<br />

358 Vgl. Leonard/Rayport, 1998, S. 73.<br />

359 Leonard/Rayport, 1998, S. 69; vgl. auch Huxold, 1990, S. 112.<br />

360 Leonard/Rayport, 1998, S. 73.<br />

361 Leonard/Rayport, 1998, S. 74.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Sind die Bedürfnisse für die anvisierte Zielgruppe relevant, dann kann das Handelsmanagement<br />

Konsequenzen ziehen und die entsprechenden Massnahmen einleiten<br />

(vgl. Spalte 5 in Abbildung 50).<br />

Für das Vorgehen <strong>im</strong> Innovationsmanagement sind die erkannten Bedürfnisse der<br />

Ausgangspunkt. Sie werden <strong>im</strong> nächsten Schritt mit der Analyse der Technologien<br />

(vgl. Abschnitt 4.2.3.2.1) zusammengeführt.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Im Fallbeispiel Migros waren relevante Bedürfnisausprägungen die Verkürzung von<br />

Such- und Wartezeiten am POS, Verfügbarkeit der Produkte, mehr Transparenz und<br />

Profil, mehr Übersichtlichkeit (vgl. auch Abbildung 28). Diese Bedürfnisse wurden<br />

durch verschiedene Kunden- und Passantenbefragungen bestätigt.<br />

4.2.2.3 Kritische Würdigung des Trendmodells und der Bedürfnisanalyse<br />

Das vorgestellte Modell zur Analyse von Trendveränderungen und das Vorgehen zur<br />

Ableitung von Kundenbedürfnissen zeigt einen pragmatischen Ansatz, um Kundenbedürfnisse<br />

frühzeitig zu erkennen. Das Vorgehen zeigt eine Systematisierung der<br />

notwendigen Schritte auf und gibt damit <strong>im</strong> Sinne eines Vorgehensrasters Hilfestellung.<br />

Dennoch kann das Modell den Prozess der Trend- und Bedürfniserkennung<br />

nicht vollständig erfüllen, da dieser von einer Vielzahl subjektiver Wahrnehmungen<br />

und Entscheidungen durch die Handelsmanager geprägt ist. So sollten bei einer<br />

Weiterentwicklung und Anwendung des Modells folgende Punkte berücksichtigt werden:<br />

362<br />

• die nähere Analyse der identifizierten Akzeleratoren<br />

• die Anpassung der Akzeleratoren an den Zeitverlauf und deren Ergänzung<br />

• quantitative Messkriterien für die Akzeleratoren, um die Nachvollziehbarkeit der<br />

Schlussfolgerungen zu steigern<br />

• Steigerung der Benutzerfreundlichkeit<br />

• bessere Verknüpfung der einzelnen Vorgehensschritte<br />

• Verknüpfung der Vorgehensschritte mit bestehenden Marktforschungsmethoden<br />

• Institutionalisierung der Trenderkennung und Bedürfnisforschung, um Kontinuität<br />

zu erreichen<br />

• den Nutzen des Modells in der Praxis testen.<br />

362 Vgl. die Kritik am Trendmodell von Rudolph, 1999, S. 96.<br />

123


124<br />

Ansatzpunkte/Konsequenzen<br />

für den Händler<br />

Einkaufsbezogene<br />

Bedürfnisausprägung der Kunden<br />

Betroffene<br />

Langfristtrends<br />

Beobachtete oder<br />

prognostizierte<br />

Veränderung<br />

Für das<br />

Handelsunternehmen<br />

und die anvisierte<br />

Zielgruppe relevante<br />

Akzeleratoren<br />

Reales verfügbares<br />

Einkommen<br />

• Sort<strong>im</strong>entsopt<strong>im</strong>ierung<br />

• Angebot von „Einzelstücken“ zu<br />

guten Preisen<br />

• Schnellere Bestellabwicklung für<br />

Impulskäufe<br />

• Mehr Erlebnis be<strong>im</strong> Bestellkauf,<br />

z. B. durch neue Technologien<br />

• Suche nach Schnäppchen<br />

• Wunsch, Geld vernünftig<br />

auszugeben<br />

• Hybrides Kaufverhalten<br />

• Suche nach Konsumereignissen<br />

• Nachfrage nach<br />

freizeitorientierten Produkten<br />

• Zunahme von Schnell- und Impulskäufen<br />

• Wunsch nach Rücksichtnahme<br />

auf altersspezifische<br />

Beschwerden (z. B. geringe<br />

Mobilität)<br />

• Beratung und komfortable Einkaufsgestaltung<br />

• Internationale Nachfrage<br />

• Internationale Bestellabwicklung<br />

• Neue Bescheidenheit<br />

und Einfachheit<br />

• Wachsende Erlebnis-,<br />

Genuss- und<br />

Freizeitorientierung<br />

Zunahme der<br />

oberen und<br />

unteren<br />

Einkommen;<br />

Ausdünnung der<br />

Mittelschicht<br />

• Gefahr der Überalterung des<br />

Kundenstamms<br />

• Ansprache neuer Zielgruppen<br />

• Spezifische Bestellhilfe für ältere<br />

Kunden<br />

Steigend • Überalterung der<br />

Bevölkerung<br />

Durchschnittsalter der<br />

Bevölkerung<br />

• Ausweitung der Aktivitäten international<br />

• Abläufe internationalisieren<br />

• Internationalisierung<br />

• Neue Marketingaufgaben<br />

Zunehmende Internationalisierung<br />

des Geschäftes<br />

Europäische Union und<br />

Einführung des Euro<br />

• Einsatz neuer Technologien vor<br />

allem Internet<br />

• Interaktives Homeshopping via<br />

Internet<br />

• CD-ROM-Katalog<br />

• Informationen via Internet<br />

• Neue Distributionskanäle<br />

• Innovative Marketingkonzepte<br />

Starke Verbreitung<br />

in jüngeren Zielgruppen<br />

Ausrüstungstempo der<br />

Haushalte mit PCs und<br />

Internetanschlüssen<br />

• Bestellmöglichkeiten vereinfachen<br />

• Lieferzeiten und Liefertermine<br />

opt<strong>im</strong>ieren<br />

• Einfache Produktinformationen<br />

• Aversion gegenüber Such- und<br />

Wartezeiten<br />

• Vermeidung von Komplexität<br />

• Aufwandsmin<strong>im</strong>ierung <strong>im</strong><br />

Haushalt und be<strong>im</strong> Einkauf<br />

• Zunehmende Zeitknappheit<br />

und Bequemlichkeit<br />

Hohe Arbeitsbelastung<br />

und Arbeitszeit<br />

gerade bei<br />

besserverdienenden<br />

Zielgruppen<br />

Arbeitsbelastung und<br />

Arbeitszeit<br />

Abbildung 50: Auszug aus der Bedürfnisanalyse für das Beispiel der Art<br />

Collection


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.3 Technologie und Innovation analysieren ⎯ Technologiefit<br />

Der Technologiefit enhält<br />

zwei Aspekte: zum einen<br />

die Berücksichtigung der<br />

Eigenschaften, welche die<br />

technologische Innovation<br />

charakterisieren, zum anderen<br />

die Analyse der<br />

Technologie selbst. Die<br />

empirischen Ergebnisse<br />

und Expertengespräche<br />

zeigen, wie wichtig es ist, bei technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel eine<br />

gründliche Technologieanalyse durchzuführen, um eine marktorientierte und<br />

zukunftsgerichtete Technologie einzusetzen. „Die Bedeutung von neuen Technologien<br />

als Wettbewerbspotential und als treibende Kraft <strong>im</strong> Innovationswettbewerb wird<br />

zwar allgemein anerkannt. Dennoch findet in vielen Unternehmen eine methodische<br />

Auseinandersetzung mit Technologien kaum statt.“ 363 In den folgenden Abschnitten<br />

wird ein Technologieportfolio entwickelt, das zum einen eine Technologieanalyse<br />

ermöglicht, zum anderen aber der Anforderung gerecht wird, die in Abschnitt 4.2.2<br />

ermittelten Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen.<br />

4.2.3.1 Beobachtung und Auswahl relevanter Technologien<br />

Nachdem die Arbeitsgruppe die in Abschnitt 4.2.2.2 dargestellten relevanten Kundenbedürfnisse<br />

identifiziert hat, waren die Teammitglieder <strong>im</strong> nächsten Schritt aufgefordert,<br />

Technologien auszuwählen, die zur Bedürfnisbefriedigung geeignet sind oder<br />

zumindest einen Beitrag zur Lösung von Problemen leisten können, welche die Kunden<br />

mit vorhandenen Produkten oder Dienstleistungen haben. „Zu verstehen, wie mit<br />

neu heranreifenden Technologien ungekannte Bedürfnisse der Kunden erfüllt oder<br />

bekannte Bedürfnisse besser befriedigt werden können, ist eine wesentliche Voraussetzung<br />

für die Entdeckung neuer Marktchancen.“ 364<br />

Eine erste Auslegeordnung aktueller Technologien findet sich in Kapitel 1.5.1.3 und<br />

wird hier noch einmal mit der folgenden Abbildung 51 zusammengefasst. Die Achsenbeschriftung<br />

und die Ordnungskriterien spielen bei dieser Darstellung eine untergeordnete<br />

Rolle. Ziel der Abbildung ist es, dass sich die Handelsmanager einen<br />

Überblick über aktuelle Technologien verschaffen. Deswegen können die Ordnungskriterien<br />

frei gewählt werden. So sieht denn auch das Portfolio mit den vorliegenden<br />

Kriterien für jedes Handelsunternehmen ein bisschen anders aus, abhängig von des-<br />

363 Boutellier/Völker, 1997, S. 22.<br />

364 Hamel/Prahalad, 1992, S. 47.<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

125<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


126<br />

sen Wettbewerbsumfeld und technologischem Stand. Ausserdem muss es kontinuierlich<br />

aktualisiert werden. Neue technologische Entwicklungen und Anwendungen<br />

für den Handel kann das Team durch Fachmessen (z. B. Cebit für Informationstechnologie),<br />

systematische Tagungs- und Kongressbeobachtung 365 , Fach- und Branchenpublikationen<br />

366 , Beobachtung des Wettbewerbs und verwandter Branchen<br />

(z. B. Banken) ermitteln.<br />

Die Literatur zur Technologiefrühaufklärung und -prognose liefert eine Vielzahl von<br />

Methoden und Verfahren, um neue und entstehende Technologien aufzuspüren und<br />

zu beobachten (z. B. Mapping des technischen Umfeldes, Patentrecherchen, Zitationsanalysen<br />

usw.). 367 Die meisten der Verfahren sind aber für den Handel zu aufwendig<br />

und daher unrealistisch, da er bestehende Technologien lediglich anwendet<br />

und deshalb bei weitem nicht so viel Frühaufklärung betreiben muss wie Industrieunternehmen,<br />

deren Kernkompetenz technologische Produkte, Werkstoffe und Verfahren<br />

sind.<br />

365 Vgl. Weber, 1989, S. 91 ff.<br />

366 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 138 ff. und Pfeiffer, 1992, S. 140 f.<br />

367 Vgl. Pfeiffer, 1992, S. 112 ff.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Neu für den Markt<br />

(Wettbewerbsumfeld)<br />

sehr neu<br />

nicht neu<br />

EAS<br />

EDI<br />

Automated Replenishment<br />

Electronic Shelf Label<br />

MDE<br />

Scanning<br />

Warenwirtschaftssysteme<br />

WWS<br />

CIT<br />

Elektronische Marktforschung<br />

(Visionary Shopper)<br />

CD-ROM<br />

MIS<br />

Data<br />

Warehouse<br />

CAD-<br />

Ladengestaltung<br />

Tracking<br />

Database-<br />

Marketing<br />

Call Centers<br />

Teleshopping<br />

Super Tag<br />

Smart Card<br />

EFTPoS<br />

Mult<strong>im</strong>edia-Terminals<br />

Infoboard<br />

Instore-Radio/TV<br />

Temperature<br />

Logging System<br />

Internetshopping<br />

nicht neu sehr neu<br />

Neu für das eigene Handelsunternehmen<br />

Abbildung 51: Überblick über neue Technologien <strong>im</strong> Handel 368<br />

Data Mining<br />

Spacemanagement<br />

Der folgende Schaukasten 17 gibt einen Überblick über Methoden zur Antizipation<br />

möglicher <strong>technologischer</strong> Entwicklungen. Es handelt sich um qualitative Prognosemethoden.<br />

„Eine zunehmend an Turbulenz und Dynamik gewinnende technologische<br />

Evolution, gepaart mit häufigen, in ihrem Ausmass und ihrer Richtung kaum vorhersehbaren<br />

Entwicklungssprüngen und Strukturbrüchen, erfordert die Nutzung von<br />

Prognoseverfahren, die qualitative Elemente aufweisen.“ 369 Diese Methoden können<br />

auch <strong>im</strong> Handel Anwendung finden, wenn es darum geht, Zukunftsszenarien zu entwerfen,<br />

um heute die richtigen technologischen <strong>Innovationen</strong> zu fördern.<br />

368 In Anlehnung an Ansoff, 1966, S. 132 und Rudolph, 1996 (b), S. 18. Eine Erklärung der einzelnen<br />

Technologien findet sich in Abbildung 17.<br />

369 Wolfrum, 1994, S. 155.<br />

127


128<br />

Methode Morphologie 370<br />

Kurzbeschreibung Technologien, Funktionen und<br />

Anwendungsbereiche werden<br />

kombiniert, um mögliche Entwicklungen<br />

zu identifizieren.<br />

Anwendungsart Kein Verfahren zur Prognose <strong>im</strong><br />

engeren Sinn, sondern zur<br />

Strukturierung des Problemfeldes<br />

und zur Anregung zum<br />

schöpferischen Nachdenken.<br />

Methode Relevanzbaummethode 372<br />

Kurzbeschreibung „Den Ausgangspunkt bildet der<br />

Entwurf eines Ziel-Szenarios<br />

durch ein interdisziplinäres Expertengremium.<br />

Daran schliesst<br />

sich die Bildung einer mehrstufigen<br />

Zielhierarchie mit den notwendigen<br />

Unterzielen durch ein<br />

weiteres Expertenpanel an. Dieser<br />

Prozess endet, wenn eine<br />

Ebene erreicht ist, auf der spezifische<br />

technologische Rückstände<br />

offenkundig werden.“ 374 In<br />

diesen Bereichen können für die<br />

Zukunft technologische Weiterentwicklungen<br />

erwartet werden.<br />

Anwendungsart Die Relevanzbaummethode hilft,<br />

Technologielücken aufzuspüren.<br />

Es liegt dann die Vermutung<br />

nahe, dass diese Lücken in naher<br />

Zukunft geschlossen werden,<br />

so dass man sich auf Entwicklungen<br />

in diesen Technologiefeldern<br />

einstellen kann.<br />

Delphi-<br />

Methode 371<br />

Strukturierte schriftliche Gruppenbefragung<br />

von Experten in<br />

mehreren Runden. Auswertungen<br />

der vorausgegangenen<br />

Runde gehen in die Folgerunde<br />

ein.<br />

Voraussage des Zeitpunktes, zu<br />

dem best<strong>im</strong>mte neue technologische<br />

Möglichkeiten eintreffen.<br />

(Auch zur Voraussage anderer<br />

unternehmensrelevanter Entwicklungen.)<br />

Expertenbefragungen 373<br />

Befragung von max<strong>im</strong>al 10 bis<br />

15 Experten in einer Gruppendiskussion.<br />

Teilnehmer können<br />

eigene Mitarbeiter oder Fachleute<br />

von ausserhalb des Unternehmens<br />

sein. Wichtig ist die<br />

interdisziplinäre Zusammensetzung<br />

des Expertenkreises. Für<br />

die Gesprächsleitung sollte ein<br />

geschulter und erfahrener Moderator<br />

eingesetzt werden, damit<br />

die in Gruppen auftretenden soziopsychologischen<br />

Effekte kontrolliert<br />

ablaufen.<br />

Kann eingesetzt werden zur Vertiefung<br />

einzelner Fragestellungen,<br />

aber auch zur gemeinsamen<br />

Szenarioentwicklung oder<br />

-überprüfung. Wichtig ist, dass<br />

spezifisches Fachwissen, z. B.<br />

zu einzelnen Technologien,<br />

durch die Experten genutzt werden<br />

kann.<br />

370 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 300 f.<br />

371 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 158 f.; Kreilkamp, 1987, S. 252 und Schnorrenberg/Goebels, 1997, S. 44 ff.<br />

372 Vgl. Pfeiffer, 1992, S. 90 und Wolfrum, 1994, S. 164 f.<br />

373 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 157 f.<br />

374 Wolfrum, 1994, S. 164.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Methode SEER-Methode 375<br />

Szenario 376<br />

Kurzbeschreibung Exploration (Befragung, Publika- Aneinanderreihung einer logitionsauswertung)<br />

möglicher schen Folge von Ereignissen, in<br />

<strong>technologischer</strong> Entwicklungen. der Weise, dass sich ein zukünf-<br />

Anschliessende Bewertung und tiger Zustand schrittweise ergibt.<br />

entsprechende Einschätzung von Berücksichtigung der techni-<br />

der Seite des Technologieangeschen Durchführbarkeit. Kann<br />

botes.<br />

einen umfassenden Entwurf ei-<br />

In einer zweiten Runde selektive nes Systems liefern.<br />

Anwendungsart Analysen durch Mult<strong>im</strong>ethoden- Antizipation alternativer technieinsatz<br />

und Relationsbildung scher Umfeldzustände unter Be-<br />

zwischen expertenseitig formurücksichtigung des Einflusses<br />

lierten Zielen und wünschenswerten<br />

bzw. erwartbaren Ereignissen<br />

in einer Abschlussbewertung.<br />

globaler Umweltentwicklungen.<br />

Schaukasten 17: Auswahl von Methoden zur Antizipation möglicher<br />

<strong>technologischer</strong> Entwicklungen 377<br />

Eine weitere Strukturierungshilfe bei der Beobachtung <strong>technologischer</strong> Entwicklungen<br />

ist die Wertschöpfungskette <strong>im</strong> Handel. Zum einen können die am Markt befindlichen<br />

Technologien in der Wertkette angeordnet werden, um einen Überblick über<br />

die Einsatzmöglichkeiten zu bekommen. Zum anderen kann die Wertschöpfungskette<br />

auch für die interne Unternehmensanalyse genutzt werden, um zu veranschaulichen,<br />

wo Technologien <strong>im</strong> Unternehmen bereits eingesetzt werden und wo Potentiale<br />

für technologische <strong>Innovationen</strong> bestehen. Die ermittelten Kundenbedürfnisse<br />

dienen als Vorgabe für Aktivitäten und Schnittstellen welche in der Wertkette<br />

vorrangig auf mögliche Innovationspotentiale untersucht werden.<br />

Abbildung 52 zeigt das Modell der Wertkette. Den Aktivitäten sind einige Technologien<br />

beispielhaft zugeordnet. Die Abbildung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

378 Es wird deutlich, dass heute <strong>im</strong> Handel praktisch alle wertschöpfenden Tätigkeiten<br />

durch Technologien unterstützt werden können. Es sollte aber <strong>im</strong>mer ein<br />

Nutzen für den Kunden oder eine Prozessverbesserung bzw. Effizienzsteigerung<br />

hinter dem Einsatz der Technologie stehen.<br />

375 SEER = System for Event Evaluation and Review<br />

376 Vgl. Pfeiffer, 1992, S. 90 und Wolfrum, 1994, S. 186.<br />

377 In Anlehnung an Pfeiffer, 1992, S. 89 f. und Wolfrum, 1994, S. 154 ff.<br />

378 Für verwendete Abkürzungen oder die Erklärung der Technologien wird auf Abbildung 17<br />

verwiesen.<br />

129


130<br />

Unterstützende<br />

Aktivitäten<br />

Eingangslogistik<br />

Mobile<br />

Datenerfassung,<br />

WWS<br />

Operationen<br />

CAD-<br />

Laden-<br />

gestaltung,<br />

MIS,<br />

DWH<br />

Unternehmensinfrastruktur<br />

Personalwirtschaft<br />

Technologieentwicklung<br />

Beschaffung<br />

Marketing<br />

& Vertrieb<br />

Data Mining,<br />

Internet,<br />

CD-ROM,<br />

Elektronische<br />

Marktforschung,<br />

MIS<br />

Pr<strong>im</strong>äre Aktivitäten<br />

EDI, Internet, CIT,<br />

Automated Replenishment<br />

Ausgangslogistik<br />

Scanning,<br />

Electronic<br />

Shelf Labels,<br />

WWS,<br />

Spacemanagement<br />

Intranet,<br />

E-Mail<br />

Schulung und Ausbildung<br />

am PC<br />

Kundendienst<br />

Call Center,<br />

Internet,<br />

CD-ROM,<br />

Mult<strong>im</strong>edia-<br />

Terminals<br />

Gewinnspanne<br />

Gewinnspanne<br />

Abbildung 52: Technologien <strong>im</strong> Handel dem Modell der Wertkette zugeordnet 379<br />

Handelsmanager müssen aus der Übersicht in Abbildung 51 oder Abbildung 52 eine<br />

Grobauswahl treffen. Das Team muss diejenigen Technologien auswählen und in<br />

den folgenden Schritten einer genaueren Analyse unterziehen, die zur Befriedigung<br />

von vorher identifizierten Bedürfnissen der Kunden geeignet sind.<br />

Zur Auswahl der genauer zu analysierenden Technologien sind permanente Innovationsworkshops<br />

geeignet, die Mitarbeiter und Entscheider für Technologien und deren<br />

Möglichkeiten sensibilisieren. Neue Technologien werden vorgestellt, wobei von<br />

jedem Mitarbeiter ihre Konsequenzen für die Kundenbedürfnisse und den eigenen<br />

Bereich zu beurteilen sind. Besteht eine hohe Relevanz, sollte die Technologie mit<br />

dem Technologiepotentialportfolio analysiert werden.<br />

379 In Anlehnung an Porter, 1985, S. 37 und Porter/Millar, 1986, S. 27.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

In der Wertkettenanalyse der AC hat sich gezeigt, dass die AC die Möglichkeiten der<br />

Technologien schon sehr weit realisiert hat. Allerdings setzt sie in der Schnittstelle<br />

zum Kunden noch keine Technologien ein. Aufgrund der Marktentwicklung und seiner<br />

raschen Verbreitung interessiert sich die AC für das Internet. Gerade Versandhandelsunternehmen<br />

engagieren sich seit einiger Zeit stark in diesem Medium, da<br />

sie die logistischen Voraussetzungen besser erfüllen als der stationäre Handel. Um<br />

diese Chance nicht zu verpassen, führte die AC eine Technologieanalyse für die Internettechnologie<br />

durch.<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Im Fallbeispiel AC wird die Technologieanalyse für das Internet, eine kundennahe<br />

Technologie, durchgeführt. Um sie beispielhaft auch auf eine Back-Office-Technologie<br />

anzuwenden, wird das Fallbeispiel Genossenschaft Migros St. Gallen (GMSG)<br />

parallel aufgegriffen (vgl. Kapitel 2). In den folgenden Abschnitten wird die Technologieanalyse<br />

für das <strong>Management</strong> Information System (MIS), eine wichtige Komponente<br />

des Innovationspaketes der GMSG, durchgeführt. Die GMSG sah diese Technologie<br />

als Möglichkeit, mehr Transparenz über das Warengeschäft zu bekommen,<br />

den Kunden besser kennenzulernen und eine schnelle Verfügbarkeit aggregierter<br />

Daten zu erhalten. Mit dem gesamten Innovationspaket deckt die GMSG praktisch<br />

die gesamte Wertschöpfungskette ab, mit dem klaren Ziel der verstärkten Kundenorientierung.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand 380 (Bildplatte):<br />

Der Universalversender Innovativ Versand (IV) ist eines der grössten Versandhäuser<br />

Deutschlands. Der Marktauftritt ist sehr innovativ. Anfang der 80er Jahre kam die<br />

Bildplatte als neues technologisches Medium auf den Markt. Dabei handelt es sich<br />

um einen Träger von Bild- und Tonaufzeichnungen <strong>im</strong> Format der Langspielschallplatten.<br />

Der Innovativ Versand investierte in diese Technologie und brachte seinen<br />

Katalog auf Bildplatte heraus. Nach kurzer Zeit wurde das Projekt eingestellt. Deswegen<br />

soll in den folgenden Abschnitten auch für dieses Beispiel eine Technologieanalyse<br />

durchgeführt werden, um zu zeigen, dass das Unternehmen mit dem Technologiepotentialportfolio<br />

die Schwachstellen dieser Innovation frühzeitig hätte erkennen<br />

können.<br />

Der IV wählte die Bildplatte als Technologie, weil darin eine gute Möglichkeit gesehen<br />

wurde, den Versandhauskatalog auf eine innovative Art zu präsentieren.<br />

380 Der Name des Unternehmens wurde gändert.<br />

131


132<br />

4.2.3.2 Bedürfnisorientierte Portfolioanalyse zur Technologiebewertung<br />

Die Literatur zum Technologiemanagement bietet viele Alternativen zur Technologiebewertung<br />

und -analyse und kann hier nicht abschliessend ausgewertet und dargestellt<br />

werden. 381 Abbildung 57 zeigt ein Technologiepotentialportfolio mit den D<strong>im</strong>ensionen<br />

„marketingbezogene Attraktivität“ und „technologische Attraktivität“. 382 Dieses<br />

Portfolio vereint die Technologieanalyse mit der Bedürfnisanalyse aus Abschnitt<br />

4.2.2 und folgt damit der von Cooper geforderten „balanced strategy“. Sie zeichnet<br />

sich aus durch eine Kombination von Technologieorientierung und Marktorientierung.<br />

383<br />

Hinter den beiden genannten D<strong>im</strong>ensionen stehen verschiedene Kriterien. Jedes<br />

Kriterium der beiden D<strong>im</strong>ensionen kann in einem eigenen Portfolio dargestellt werden,<br />

so dass ein multid<strong>im</strong>ensionales Portfolio entsteht. 384 In den folgenden Abschnitten<br />

werden diese Einzelportfolios erläutert.<br />

4.2.3.2.1 Portfolio zur Bewertung der marketingbezogenen Attraktivität von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Da diese Arbeit ein markt- und kundenorientiertes Vorgehen <strong>im</strong> <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> vorschlägt, wird zuerst die D<strong>im</strong>ension „marketingbezogene<br />

Attraktivität“ der Technologie erläutert. Diese D<strong>im</strong>ension stellt die Schnittstelle zur<br />

Bedürfnisanalyse in Abschnitt 4.2.2.2 dar und entspricht damit dem nächsten Schritt.<br />

Die marketingbezogene Attraktivität wird durch die zwei D<strong>im</strong>ensionen „Profilierungsfit“<br />

und „Zielgruppenfit“ best<strong>im</strong>mt. Hinter beiden D<strong>im</strong>ensionen stehen je zwei<br />

Kriterien, die <strong>im</strong> Folgenden erläutert sind. Abbildung 55 zeigt den Zusammenhang<br />

der Kriterien <strong>im</strong> Portfolio.<br />

Zielgruppenfit<br />

Der Zielgruppenfit stellt den Kunden in den Mittelpunkt und wird best<strong>im</strong>mt durch den<br />

Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung, den die Technologie leisten kann, sowie durch die<br />

Nutzung und Verbreitung der Technologie bei der Zielgruppe. Damit berücksichtigt<br />

der Zielgruppenfit die Kriterien, die für die Akzeptanz der technologischen Innovation<br />

be<strong>im</strong> Kunden und damit für den Erfolg von grosser Bedeutung sind (vgl. Abschnitt<br />

3.1).<br />

381 Ausführliche Darstellungen finden sich bei Michel, 1987, S. 133 ff.; Pfeiffer et al., 1982;<br />

Pfeiffer/Weiss, 1990; Wolfrum, 1994, S. 224 ff.<br />

382 In Anlehnung an Technologieportfolios mit ähnlichen D<strong>im</strong>ensionen, z. B. an den Ansatz von<br />

McKinsey, der auf dem S-Kurven-Konzept aufbaut, werden Marktpriorität und Technologiepriorität<br />

unterschieden (vgl. Wolfrum, 1994, S. 228 f.; Michel, 1987, S. 138 f.; Henzler, 1980, S. 80 und<br />

Krubasik, 1982, S. 30). Zu den Technologieportfolios mit anderen D<strong>im</strong>ensionen vgl. Michel, 1987, S.<br />

198; Pfeiffer et al., 1982, S. 85 ff. und Franke/Zerres, 1994, S. 90.<br />

383 Vgl. Cooper, 1984, S. 155 ff.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Da <strong>im</strong> Handel verschiedene Zielgruppen als Anwender <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

relevant sein können (Kunde, Mitarbeiter, Lieferant), sei an dieser Stelle darauf hingewiesen,<br />

dass <strong>im</strong> Folgenden der Zielgruppenfit für den Kunden (Endkonsumenten)<br />

erläutert wird. Die Kriterien können aber auch auf andere relevante Zielgruppen, z. B.<br />

auf die betroffenen Mitarbeiter, angewendet werden.<br />

Nutzung und Verbreitung bei der Zielgruppe 385<br />

Dieses Kriterium ist für die meisten Technologien relativ einfach zu ermitteln. So gibt<br />

es beispielsweise eine Vielzahl von Studien und Statistiken, die darüber Auskunft<br />

geben, wie viele PCs in welcher Ausstattung (mit CD-ROM oder mit Internetanschluss)<br />

in deutschen oder schweizerischen Haushalten stehen. 386 Beispielsweise<br />

zählte der Fachverband Informationstechnik für das Jahr 1997 in Deutschland 21<br />

Mio. PCs und bereits 4,5 Mio. Internet/Online-Abonnenten. 387 Ähnliche Studien gibt<br />

es auch zum Nutzungsverhalten, d. h. wann und wo der Anwender die Technologie<br />

nutzt und zu welchem Zweck. Beispielsweise wird das Internet heute schon stark<br />

genutzt, jedoch finden vergleichsweise noch wenig Kauftransaktionen via Internet<br />

statt. 388<br />

Die Nutzung und Verbreitung der Technologie bei der Zielgruppe ist sehr wichtig für<br />

den Erfolg der technologischen Innovation und besonders relevant für <strong>Innovationen</strong>,<br />

mit denen der Kunde direkt in Kontakt kommt. Für technologische <strong>Innovationen</strong>, die<br />

für den Kunden unsichtbar sind wie z. B. ein Data Warehouse oder MIS, sollte dieses<br />

Kriterium aus Sicht der Anwender, also der Lieferanten oder Mitarbeiter, beurteilt<br />

werden. Handelt es sich um eine technologische Pionierleistung wie z. B. das erste<br />

Kiosksystem, dann sollte Konsumenten- und Akzeptanzforschung betrieben werden.<br />

Gerade bei solchen Innovationsprojekten geht es um erhebliche Investitionen, bei<br />

denen die Akzeptanz und das technologische Know-how der anvisierten Kundengruppen<br />

zu Beginn des Projektes bekannt sein sollten.<br />

Jede technologische Innovation braucht ihre Zeit, bis sie sich <strong>im</strong> Markt durchgesetzt<br />

hat. Deswegen darf der Handel nicht den Fehler machen, eine Technologie aufgrund<br />

der noch geringen Nutzung/Verbreitung zu früh abzulehnen. Beispielsweise war das<br />

Internetshopping 1996 noch relativ neu und wenig akzeptiert. 389 In den vergangenen<br />

zwei Jahren hat sich dies geändert, und für das Jahr 2000 werden zum Teil beträchtliche<br />

Einzelhandelsumsätze über das Internet prognostiziert. 390 Für echte technologi-<br />

384<br />

Vgl. Michel, 1987, S. 198 und Pfeiffer et al, 1982, S. 85 ff.<br />

385<br />

Vgl. Michel, 1987, S. 166; Wolfrum, 1994, S. 174.<br />

386<br />

Vgl. Abraham, 1998, „Höhere Ausstattung mit TV gegenüber PC“ und o. V., 1998 (g), S. 70.<br />

387<br />

Vgl. z. B. o. V., 1998 (g), S. 70.<br />

388<br />

Vgl. Seminerio, 1998.<br />

389<br />

Vgl. Heuzeroth, 1996, S. 27.<br />

390<br />

Vgl. Abraham, 1998, „Electronic Commerce als Auslöser einer neuen Betriebstypendynamik“; es<br />

werden Marktanteile von 1-10% genannt. Das amerikanische Marktforschungsinsitut Forrester<br />

133


134<br />

sche <strong>Innovationen</strong>, die für den Kunden unbekannt sind und vielleicht sogar Bedürfnisse<br />

ansprechen, die ihm vorher nicht bewusst waren, ist es notwendig, Innovationsmarketing<br />

zu betreiben. „Kunden müssen frühzeitig vor der Markteinführung auf<br />

die Innovation und deren Nutzen vorbereitet werden.“ 391 Dieser Aussage von<br />

Boutellier/Völker ist grundsätzlich zuzust<strong>im</strong>men, wobei darauf geachtet werden<br />

muss, dass der Überraschungseffekt für Kunden und Wettbewerber durch eine allzu<br />

frühzeitige Thematisierung verlorengehen kann oder schl<strong>im</strong>mstenfalls ein Konkurrent<br />

die Innovation noch schneller <strong>im</strong>itieren kann – ein Risiko, das <strong>im</strong> Handel besonders<br />

gross ist, da bis auf wenige Ausnahmen kaum Patentschutzmöglichkeiten bestehen.<br />

Fallbeispiel Karstadt Music Master und My world:<br />

Der Music Master von Karstadt war eines der ersten mult<strong>im</strong>edialen Infoterminals in<br />

Deutschland. Mit dem Music Master kann sich der Kunde in der Verkaufsstelle über<br />

die Charts und das Musikprogramm von Karstadt mult<strong>im</strong>edial informieren. Als die<br />

Terminals in den Filialen aufgestellt waren, kam es häufig vor, dass Verkäufer die<br />

Stecker der Geräte herauszogen, da sie befürchteten, durch diese elektronischen<br />

Berater ersetzt zu werden. Eine umfassende Aufklärung war notwendig, um dieses<br />

Verhalten der Mitarbeiter zu korrigieren. Eine ähnlich ablehnende Haltung hatten<br />

Mitarbeiter der Zentrale gegenüber dem virtuellen Kaufhaus My world. Dort, wo der<br />

Projektleiter die Gelegenheit hatte die Ziele und das Vorgehen zu präsentieren sowie<br />

mit den Mitarbeitern zu diskutieren, konnten die Vorbehalte jedoch abgebaut werden.<br />

Wie die Beispiele Music Master und My world zeigen, fängt das Innovationsmarketing<br />

intern bei den Mitarbeitern an. Nur wenn die Innovation bei den Mitarbeitern die<br />

notwendige Akzeptanz findet, können diese sie erfolgreich an den Kunden weitervermitteln.<br />

Dies ist besonders wichtig <strong>im</strong> Handel, da ein Grossteil der Mitarbeiter von<br />

Handelsunternehmen direkten Kundenkontakt hat. Es reicht nicht, technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> zu entwickeln und den Kunden dann damit allein zu lassen, um anschliessend<br />

eine mangelnde Akzeptanz zu beklagen. Gute Beispiele sind Internetangebote,<br />

die parallel eine Hotline anbieten für Erstnutzer oder für Fragen, die bei der<br />

Nutzung auftauchen, und das folgende Fallbeispiel von Superquinn.<br />

Research erwartet für das Jahr 2001 in Deutschland einen Gesamtumsatz per Internet von 16<br />

Milliarden US-Dollar; vgl. Kochanowsiki, 1998, S. 11.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Fallbeispiel Superquinn Selfscanning:<br />

Superquinn ist eine Supermarktkette in Irland, die sehr kundenorientiert und innovativ<br />

ist. Die Vision von Superquinns Gründer und Eigentümer Feargal Quinn ist das<br />

„boomerang principle“: „Think of the main task as being to bring the customer<br />

back.“ 392 Diese Vision wird konsequent durch eine Vielfalt von Massnahmen in den<br />

Verkaufsstellen umgesetzt. Dieses hohe Mass an Kundenorientierung setzt<br />

Superquinn auch bei der Einführung neuer Technologien ein. Superquinn bietet in<br />

einigen Filialen Selfscanning an und hat damit gute Erfahrungen gemacht. Da diese<br />

Technologie für den Kunden etwas vollkommen Neues darstellt, wird er in den betroffenen<br />

Verkaufsstellen umfassend informiert. Broschüren und Wandaufhänger<br />

zeigen, wie das Gerät zu bedienen ist und welche Vorteile sich für den Kunden ergeben.<br />

Zusätzlich gibt es einen Mitarbeiter der Filiale, der dem Kunden zur Seite steht,<br />

wenn es Fragen oder Reklamationen gibt oder der Kunde eine Einweisung wünscht.<br />

Massnahmen wie <strong>im</strong> Beispiel Superquinn können dazu beitragen, dass technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> eine breitere Akzeptanz finden. Allerdings dürfen die Möglichkeiten<br />

des Innovationsmarketing <strong>im</strong> Handel nicht überschätzt werden. Zum einen entwickeln<br />

sich Technologien rasant, zum anderen hängt ihre Durchsetzung am Markt<br />

von verschiedenen Einflussgrössen ab (die <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio geprüft<br />

werden). Das Innovationsmarketing kann helfen, eine technologische Innovation auf<br />

den richtigen Weg zu bringen, kann aber nicht das Scheitern einer überlebten oder<br />

zu kurzfristig angelegten Technologie verhindern (vgl. das Fallbeispiel Innovativ Versand<br />

zur Bildplatte).<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die Kunden der AC lassen sich aufgrund moderner Datenverarbeitung für ein Versandhandelsunternehmen<br />

relativ genau definieren. Rund 75% der Kunden befinden<br />

sich <strong>im</strong> Bevölkerungssegment mit mittlerer bis sehr hoher Kaufkraft. Das typische<br />

Alter des AC-Kunden liegt zwischen 35 und 65 Jahren. Deutlich signifikant ist, dass<br />

der AC-Kunde in Ballungszentren wohnt. Das Bildungsniveau ist <strong>im</strong> Vergleich zur<br />

Gesamtbevölkerung hoch. Für die AC ist ungewiss, ob das Internet bei ihren Kunden<br />

eine verbreitete und akzeptierte Technologie ist. Lediglich die Übereinst<strong>im</strong>mung von<br />

Bildungsniveau, Einkommen und Wohnort zwischen den Nutzern des Internets und<br />

den anvisierten Zielgruppen des Handelsunternehmens lässt auf eine Eignung<br />

schliessen. Gegebenenfalls wäre diese Vermutung z. B. durch eine telefonische Befragung<br />

von Kunden zu klären. In jedem Fall sind aber die jungen, neuen Zielgruppen<br />

des Unternehmens, die auch angesprochen werden sollen, mit dieser Technologie<br />

vertraut.<br />

391 Boutellier/Völker, 1997, S. 54.<br />

392 Quinn, 1990, S. 22.<br />

135


136<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Das MIS ist für den Kunden, wie oben beschrieben, eine unsichtbare Technologie.<br />

Die Einschätzung einer Nutzung/Verbreitung für den Kunden ist praktisch nicht möglich,<br />

da der Kunde nicht direkt mit der Technologie in Kontakt kommt. Deswegen wird<br />

die Nutzung/Verbreitung für die Mitarbeiter, die mit dieser Technologie arbeiten sollen,<br />

beurteilt. Die Mitarbeiter der GMSG kennen bisher kein vergleichbares System.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass das MIS ein Teil des Innovationspaketes BoSS ist<br />

und von den Mitarbeitern eine neue, marktorientierte Denkweise verlangt. Aus diesem<br />

Grunde wird die Nutzung/Verbreitung für das MIS als „mittel“ eingestuft, da mit<br />

Widerständen und Vorbehalten gerechnet werden muss.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Die Bildplatte war zu dem Zeitpunkt, da sich der IV damit beschäftigte, so neu, dass<br />

praktisch von keiner Nutzung/Verbreitung bei der relevanten Zielgruppe gesprochen<br />

werden konnte.<br />

Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung der Zielgruppe 393<br />

Dieses Kriterium ist nicht ganz so einfach zu beurteilen wie die Nutzung/Verbreitung<br />

der Technologie. Sollte die Technologie bereits von Wettbewerbern eingesetzt werden,<br />

ist es weniger schwierig, den Nutzen für den Kunden und damit den Beitrag zur<br />

Bedürfnisbefriedigung herauszufinden. Beobachtungen und Befragungen können<br />

dann Aufschluss über die Zufriedenheit und Akzeptanz des Kunden geben. Wenn es<br />

aber um die Erstanwendung einer Technologie für eine best<strong>im</strong>mte Handelsleistung<br />

geht, ist die Kreativität der Handelsmanager gefordert. Explorative Befragungen, Interviews<br />

oder Gesprächskreise mit Kunden (vgl. Abschnitt 4.2.2.2) können einen ersten<br />

Eindruck vermitteln, wie die Kunden gegenüber der innovativen Lösung eingestellt<br />

sind.<br />

In der Regel entwickelt der Handel nicht selbst die Technologien. Diese gelangen<br />

über die Hersteller, die deren Nutzung auch dem Handel erschliessen wollen, in den<br />

Handel. Die Hersteller können dann bereits relativ gut definieren, welcher Nutzen mit<br />

der Technologie verbunden ist. Viele Hersteller bilden sogar für den Handel spezialisierte<br />

Geschäftsbereiche aus, um die Technologien für den Handel zu spezifizieren<br />

und den Nutzen kompetenter vermitteln zu können. 394 Dieser Nutzen ist dennoch<br />

häufig rein betriebswirtschaftlich definiert, so dass die Handelsmanager selbst prüfen<br />

müssen, ob die in Abschnitt 4.2.2.2 ermittelten Kundenbedürfnisse mit Hilfe der<br />

Technologie ganz oder nur zum Teil erfüllt werden.<br />

393 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 174.<br />

394 So bauen z. B. Tandem Computers und SAP einen eigenen Retailbereich auf.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Wiederum einfacher lässt sich der Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong>, mit denen der Kunde direkt in Kontakt kommt, beurteilen. Aber<br />

auch für die Back-Office-Technologien lässt sich der Kundennutzen ermitteln. Häufig<br />

muss dabei der indirekte Nutzen berücksichtigt werden und in das Portfolio einflie-<br />

ssen, wie z. B. die Möglichkeit der individuellen Kundenansprache, der individuellen<br />

Angebotserstellung usw. durch ein Data Warehouse in Verbindung mit Data-Mining-<br />

Applikationen und evtl. Direct Marketing. Die folgende Abbildung 53 zeigt wie die<br />

Prodega Cash+Carry den Nutzen des 1998 eingeführten Self Scannings in „Nutzen<br />

für den Kunden“ und „Nutzen <strong>im</strong> Back-Office-Bereich“ unterscheidet.<br />

Nutzen Nutzen des des Self Self Scannings Scannings<br />

für für den den Kunden Kunden<br />

Zufriedenheit<br />

•keine Wartezeiten an<br />

der Kasse<br />

•Umsatzinfo während<br />

des Einkaufs<br />

•Partner Einkauf<br />

(separate Rechnung)<br />

•Kundenbindung durch<br />

Zufriedenheit<br />

Erlebnis-Einkauf<br />

•Technikbegeisterung<br />

•Steigerung des Selbstwertgefühls<br />

bei<br />

Senioren<br />

•gezielte Informationen<br />

und Angebote für<br />

den Kunden<br />

Abbildung 53: Nutzen des Self Scannings 395<br />

Nutzen Nutzen des des Self Self Scannings Scannings<br />

<strong>im</strong> <strong>im</strong> Back-Office-Bereich<br />

Warenwirtschaft<br />

•Kontrolle der<br />

Wareneingänge<br />

•Verbindung mehrerer<br />

Arbeitsschritte<br />

•Vereinfachung des<br />

Handlings<br />

•„Blitzinventar“<br />

•Arbeitserleichterung<br />

für das Personal<br />

Weiterer Nutzen<br />

•Ergänzung für das<br />

Database Marketing<br />

•zusätzliche Daten für<br />

Marketing und<br />

Controlling<br />

•Umsatz pro Kunde<br />

steigt um ca. 10%<br />

•Technologien wie<br />

„Cool Way“ einfacher<br />

möglich (Kühlkette)<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Für die AC lässt sich sagen, dass die folgenden Bedürfnisse mit Hilfe der Internettechnologie<br />

ganz oder teilweise erfüllt werden können:<br />

• mehr Erlebnis als be<strong>im</strong> Katalogkauf (in Zukunft mit bewegter An<strong>im</strong>ation und Ton<br />

möglich)<br />

• mehr Bequemlichkeit durch einfache und direkte Bestellmöglichkeiten rund um<br />

die Uhr<br />

• schnellere Bestellabwicklung<br />

• mehr Informationen und bessere Übersichtlichkeit<br />

• altersgerechte Ansprache junger Zielgruppen<br />

• die Möglichkeit, Einzelstücke anzubieten<br />

• Internationalisierung des Marktauftritts.<br />

Demzufolge ist der Beitrag der Internettechnologie zur Bedürfnisbefriedigung gross<br />

und wird entsprechend <strong>im</strong> Portfolio vermerkt.<br />

395 Die Angaben stammen aus Präsentationsunterlagen der Prodega AG, Moosseedorf, 1998.<br />

137


138<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Obwohl es sich be<strong>im</strong> MIS um eine Back-Office-Technologie handelt, für die sich, wie<br />

oben beschrieben, ein direkter Kundennutzen nur schwer ermitteln lässt, leistet es<br />

doch einen indirekten Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung der Kunden. Das MIS ermöglicht:<br />

• eine Reduzierung der Regallücken und dadurch eine bessere Verfügbarkeit der<br />

Sort<strong>im</strong>ente<br />

• durch die genauen Abverkaufszahlen und Auswertungsroutinen bessere Kenntnisse<br />

der Warenbedürfnisse der Kunden und dadurch die Möglichkeit, eine kundengerechtere<br />

Sort<strong>im</strong>entierung vorzunehmen<br />

• eine bessere Werbeerfolgskontrolle und damit die Möglichkeit, bedürfnisgerechte<br />

Angebotspolitik zu verfolgen (Sonderaktionen)<br />

• ein schnelles Feedback zu Neueinführungen von Produkten (Tests) und damit die<br />

Möglichkeit, die Sort<strong>im</strong>ente zu opt<strong>im</strong>ieren und innovieren.<br />

Insgesamt führt das MIS für den Kunden zu einer Opt<strong>im</strong>ierung der Sort<strong>im</strong>ente und<br />

Angebote und entspricht damit einem wichtigen Kundenbedürfnis.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Die Bildplatte war als innovatives Medium geeignet, den bis dahin gebräuchlichen<br />

Katalog durch Ton und Bildan<strong>im</strong>ationen zu ersetzen. Für den Kunden erbrachte sie<br />

folgenden Zusatznutzen:<br />

• bewegte Bilder statt statischer Fotos (besonders bei Mode für den Kunden interessant)<br />

• mehr Unterhaltung und Abwechslung<br />

• bessere und umfassendere Information<br />

Damit kann davon ausgegangen werden, dass ein Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung<br />

geleistet wurde, da wesentliche Schwächen des Kataloggeschäftes durch die Bildplatte<br />

kompensiert wurden.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Profilierungsfit<br />

Der Profilierungsfit zeigt, inwieweit eine Profilierung <strong>im</strong> Wettbewerbsumfeld durch die<br />

technologische Innovation möglich ist und ob die Innovation zum bisherigen oder angestrebten<br />

Profil des Unternehmens passt. Er best<strong>im</strong>mt sich aus den beiden Kriterien<br />

„Kompatibilität der Technologie zu anderen Profilierungsinstrumenten“ und „Profilierungspotential“.<br />

Profilierungspotential 396<br />

Das Profilierungspotential gibt an, wie stark die technologische Innovation dazu beitragen<br />

kann, dem Handelsunternehmen ein eigenständiges Profil am Markt zu verleihen.<br />

„Mit Profilierung ist der Aufbau von identitätsstiftenden Wettbewerbsvorteilen<br />

anhand konkreter Massnahmen angesprochen, welche der Zielkunde mit einer Kaufhandlung<br />

belohnt.“ 397 Ziel ist es, sich von den Konkurrenten abzuheben, indem man<br />

Differenzen zu ihnen betont. „Bei der Differenzierung geht es um die Erlangung von<br />

Vorteilen gegenüber Wettbewerbern bei Produktmerkmalen, die für die Kunden<br />

wichtig sind.“ 398 Der Wettbewerbsaspekt dieser Definitionen steht be<strong>im</strong> Profilierungspotential<br />

deshalb <strong>im</strong> Vordergrund, weil die Frage, ob ein wichtiges Bedürfnis erfüllt<br />

wird, schon be<strong>im</strong> Zielgruppenfit gestellt und beantwortet wurde. Das Potential, sich<br />

durch die technologische Innovation aus Sicht der Kunden von den Wettbewerbern<br />

abzuheben, soll mit diesem Kriterium eingeschätzt werden. Dazu ist eine genaue<br />

Konkurrenzbeobachtung notwendig, um zu sehen, ob und wie die Wettbewerber die<br />

geplante Technologie einsetzen.<br />

Ein grosser Nachteil <strong>im</strong> Handel ist, dass durch fehlende Schutzrechte für Innovatio-<br />

nen (z. B. Patente) der erreichte Wettbewerbsvorteil schnell von den Konkurrenten<br />

ausgeglichen werden kann. 399 Dies fordert den Handel heraus, besonders innovativ<br />

zu sein. Auch wenn Konkurrenten die Technologie bereits eingesetzt haben, kann es<br />

durchaus möglich sein, dass ein hohes Profilierungspotential besteht, weil die Wettbewerber<br />

die Möglichkeiten der Technologie nicht ausnutzen. Gut zu verfolgen ist<br />

dieses Phänomen <strong>im</strong> Internet, wo einige Webpages sehr schlecht und unprofessionell<br />

gemacht sind und deshalb eher ein Negativ<strong>im</strong>age zur Folge haben. Das Profilierungspotential<br />

der Konkurrenten ist dann dementsprechend hoch.<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die AC hat national eine starke Marktposition. Kleinere Anbieter nutzen teilweise<br />

schon das Internet. Trotzdem ist aus Sicht der AC das Differenzierungspotential<br />

gross, insbesondere deshalb, weil sie ihre Stärken aus dem bestehenden Geschäft<br />

396 Zur Bedeutung der Profilierung <strong>im</strong> Einzelhandel vgl. Rudolph, 1993, S. 11 ff.; Michel spricht von<br />

Differenzierungspotentialen der Technologie (vgl. Michel, 1987, S. 198).<br />

397 Rudolph, 1997, S. 19.<br />

398 Kuss/Tomczak, 1998, S. 70.<br />

399 Möhlenbruch/Nickel, 1998, S. 12.<br />

139


140<br />

voll einbringen kann (umfassendes Angebot, werblicher Auftritt, Direct-Marketing-<br />

Erfahrung, Logistik).<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Auch andere Anbieter nutzen Informationstechnologien und arbeiten mit Scanning,<br />

DWH und MIS. Allerdings plant die GMSG mit dem Innovationspaket, wozu das MIS<br />

gehört, eine totale Marktausrichtung. Die Nutzung der gesamten Systeme inkl. MIS<br />

stellt grosse Profilierungspotentiale für die GMSG bereit; es geht um einen Quantensprung,<br />

der nicht vielen Wettbewerbern gelingen wird.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Das Profilierungspotential für den Innovativ Versand war damals sehr hoch, da kein<br />

anderer Versender die Bildplatte einsetzte und das Medium noch sehr neu war.<br />

Kompatibilität zu anderen Profilierungsinstrumenten<br />

Passt die technologische Innovation zu den anderen Profilierungsinstrumenten? Das<br />

ist die Frage, die hinter diesem Kriterium steht. Die Kompatibilität zu anderen Profilierungsinstrumenten<br />

bedeutet eine Harmonisierung und Integration der technologischen<br />

Innovation mit den anderen Marketinginstrumenten. Rudolph unterscheidet<br />

für den Handel acht Profilierungsinstrumente, die in Abbildung 54 dargestellt sind.<br />

Dazu zählen auch die Technologien.<br />

Die Profilierungsabsicht des Handelsunternehmens, basierend auf der Grundsatzstrategie<br />

und den getroffenen Positionierungsentscheidungen (vgl. Abbildung 45),<br />

wird durch einzelne Massnahmen mit den Profilierungsinstrumenten am Markt realisiert.<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong> werden aber nicht um ihrer selbst willen eingeführt,<br />

sondern haben in der Regel eine unterstützende Funktion für andere Profilierungsinstrumente.<br />

Das Internet als technologische Innovation unterstützt Profilierungsziele<br />

und -massnahmen in den Bereichen Marktbearbeitung, Standort, Serviceund<br />

Dienstleistungen usw., je nach Schwerpunkt der gewählten Profilierung. Diese<br />

Synergien sind mit dem Kriterium „Kompatibilität zu anderen Profilierungsinstrumenten“<br />

gemeint und sollen in das Portfolio einfliessen. In die Profilierung eines Discounters<br />

mit entsprechender Preispolitik, Ladengestaltung und Sort<strong>im</strong>entierung passen<br />

beispielsweise Kiosksysteme nur bedingt. Sie würden zwar die Beratungsqualität<br />

deutlich steigern, damit aber noch nicht das Profil des Discounters verbessern. Eine<br />

hohe Beratungsqualität wird nämlich vom Kunden eines Discounters gar nicht erwartet;<br />

ihm geht es vielmehr um niedrige Preise, die nach einer Anschaffung der<br />

Technologie nicht mehr glaubwürdig zu halten wären. Deswegen wäre ein Kiosksystem<br />

für den Discounter kontraproduktiv.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Ein wichtiger Aspekt der Kompatibilität ist die Beantwortung der Frage, ob die Verwendung<br />

der Technologie für die Produkte des Handelsunternehmens geeignet ist.<br />

So zeigen beispielsweise Untersuchungen zum Internet, dass best<strong>im</strong>mte Warenkategorien<br />

besonders gut, andere dagegen kaum geeignet sind, um über das Netz verkauft<br />

zu werden. 400 Ähnliche Einschränkungen gelten für die elektronische Preisauszeichnung<br />

oder diverse Spacemanagement-Applikationen, die nicht für alle Produkte<br />

und Händler sinnvoll einsetzbar sind. Andere Technologien wie z. B. Scanning gibt<br />

es in verschiedenen Ausführungen, so z. B. den Scannertisch, Handscanner und<br />

Mobilscanner. Je nach Produktart bietet sich eine andere Ausführung der Technologie<br />

an.<br />

Ladenlayout<br />

Preis<br />

Sort<strong>im</strong>ent<br />

Instrumente<br />

Standort Personal<br />

Marktbearbeitung/<br />

Werbung<br />

neue<br />

Technologien<br />

Dienstleistung<br />

Abbildung 54: Profilierungsinstrumente <strong>im</strong> Handel nach Rudolph 401<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die Produktpalette der AC umfasst heute: Museumsreplikate, Multiples moderner<br />

zeitgenössischer Kunst, Schmuck, Uhrensammlereditionen, Gemälderepliken, Lithographien,<br />

Kunsthandwerk, Asiatika, Keramik/Porzellan, Antiquitäten, Originale der<br />

400 Vgl. o. V., 1998 (j), S. 36; Rode, 1997 (f), S. 88 und Abraham, 1998, „Geeignete Branchen“.<br />

Allerdings zeigt sich zunehmend, dass mit der rasanten Weiterentwicklung des Internets alles über<br />

das Netz verkäuflich ist, vom Auto bis zu frischen Lebensmitteln.<br />

141


142<br />

bildenden Kunst und Buchkunsteditionen. Auch bei der Marktleistungsgestaltung<br />

achtet die AC zunehmend auf die Exklusivität der angebotenen Produkte. Besonders<br />

bei zeitgenössischen Objekten ist hier die Lizenznahme übliches Instrument. Für die<br />

genannten Produkte der AC stellt der Distributionskanal Internet physisch keine anderen<br />

Herausforderungen dar als das bisherige Versandgeschäft. Demzufolge ist die<br />

Internettechnologie für die Produkte geeignet.<br />

Grundsätzlich verfolgt die Art Collection eine Präferenzstrategie, in deren Mittelpunkt<br />

das Prinzip der Exklusivität steht. Die AC beabsichtigt langfristig ein Marken<strong>im</strong>age<br />

aufzubauen und sich „als Symbol für Kunst, Lifestyle und gehobene Ansprüche zu<br />

etablieren“. Die von der AC angebotenen Produkte sind mittel- bis hochpreisig, doch<br />

sind auch, besonders für die Neukundenakquisition, Objekte mit hervorgehobenem<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis <strong>im</strong> Programm. In der Marktbearbeitung bedient sich die<br />

AC folgender Instrumente: Kataloge, Anzeigen, Beilagen und Direct Mailing. Sämtliche<br />

Werbemassnahmen sind produkt- und somit verkaufsorientiert, d. h. <strong>im</strong> Sinne<br />

des Hard selling auf direkten Response ausgerichtet. Die Gestaltung der Werbemittel<br />

entspricht der obengenannten Positionierungsstrategie. Reine Imagewerbung wird<br />

aktiv nicht betrieben. Der Versandhandel ist der Hauptträger des Geschäftes und der<br />

zentrale Vertriebsweg der AC. Er ist der einzige hochentwickelte und kontinuierlich<br />

gepflegte Vertriebskanal. In der AC besteht also eine hohe Kompatibilität zu den<br />

anderen Profilierungsinstrumenten. Sowohl zur Preispolitik als auch zur Marktbearbeitung<br />

des Unternehmens harmonisiert ein Internetauftritt. Die Passivberatung<br />

und der Informationsgehalt können durch das Medium sogar deutlich gesteigert werden.<br />

Voraussetzung der Kompatibilität ist, dass der Internetauftritt entsprechend den<br />

Vorgaben des gesamten Marketingkonzeptes (Positionierung und Image als wichtige<br />

Grössen) realisiert wird (vgl. Abschnitt 4.2.1).<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Das Sort<strong>im</strong>ent der GMSG entspricht in den grossen Filialen (MMM) dem typischen<br />

SB-Warenhausangebot, während sich die kleinsten Filialen auf Frischprodukte beschränken<br />

(M-Frischland). Das gesamt Food- und Non-Food-Sort<strong>im</strong>ent der GMSG<br />

wird be<strong>im</strong> Abverkauf durch Scannerkassen erfasst. Die Daten werden in einem Data<br />

Warehouse abgelegt. Damit kann das MIS problemlos zum Einsatz kommen. Eine<br />

Unterscheidung der Auswertungsroutinen z. B. nach Frische, Saisonartikeln und<br />

Standardware ist notwendig, um den verschiedenen Zeitzyklen auch in der Auswertung<br />

gerecht zu werden.<br />

Die anderen Profilierungsinstrumente werden durch das MIS praktisch nicht tangiert.<br />

Wichtig ist die Schulung und Vorbereitung des Personals <strong>im</strong> Umgang mit dem MIS.<br />

In einem ersten Schritt soll aus Kosten- und Lizenzgründen das MIS in der GMSG<br />

aber nur in der Zentrale (Einkauf/Verkauf) zur Verfügung stehen. Die durch das MIS<br />

401 Vgl. Rudolph, 1993, S. 274.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

angestrebte Sort<strong>im</strong>entsopt<strong>im</strong>ierung fördert die Profilierung durch bedürfnisgerechte<br />

Sort<strong>im</strong>ente. Es besteht eine hohe Kompatibilität des MIS zu den anderen Profilierungsinstrumenten.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Der IV bietet als Universalversender von Mode bis brauner und weisser Hartware<br />

alles an (ausgenommen Lebensmittel). Die Bildplatte eignete sich sehr gut für das<br />

Modesort<strong>im</strong>ent, bei dem eine bewegte Präsentation von Vorteil ist. Auch passte<br />

diese technologische Innovation zu dem insgesamt innovativen Image des Unternehmens.<br />

Die Anforderungen der Kompatibilität sind auch hier erfüllt.<br />

Beitrag zur<br />

Bedürfnisbefriedigung der ZG<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

GMSG<br />

Profilierungsfit<br />

AC<br />

Zielgruppenfit<br />

gering mittel hoch<br />

Nutzung/Verbreitung bei der ZG<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

Kompatibilität zu anderen<br />

Profilierungsinstrumenten<br />

GMSG<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Marketingbezogene<br />

Attraktivität<br />

gering mittel hoch<br />

Zielgruppenfit<br />

AC<br />

Profilierungsfit<br />

AC<br />

gering mittel hoch<br />

Profilierungspotential<br />

IV<br />

GMSG<br />

Abbildung 55: Portfolio zur Bewertung der marketingbezogenen Attraktivität<br />

von technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel (Beispiele: AC,<br />

GMSG und IV)<br />

143


144<br />

4.2.3.2.2 Portfolio zur Bewertung der technologischen Attraktivität von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Die zweite D<strong>im</strong>ension <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio in Abbildung 57 ist die „technologische<br />

Attraktivität“ der Innovation. Sie setzt sich wiederum aus zwei D<strong>im</strong>ensionen<br />

zusammen, dem „Technologiefit“ und dem „Ressourcenfit“. Auch diese D<strong>im</strong>ensionen<br />

sind je durch zwei Kriterien best<strong>im</strong>mt, die <strong>im</strong> Folgenden erläutert sind.<br />

Die Zusammensetzung der technologischen Attraktivität stellt das Portfolio in<br />

Abbildung 56 dar.<br />

Technologiefit<br />

Der Technologiefit gibt an, wie zukunftsorientiert die Technologie ist und ob sie in<br />

das bestehende Technologiesystem des Unternehmens passt bzw. eingegliedert<br />

werden kann. Hinter dem Technologiefit stehen die Beurteilungskriterien „Entwicklungspotentiale<br />

der Technologie“ und „technologische Kompatibilität“.<br />

Entwicklungspotentiale der Technologie 402<br />

Die Berücksichtigung dieses Kriteriums soll vermeiden, dass eine Technologie zur<br />

Anwendung kommt, die nur eine kurze Lebensdauer hat und schnell durch andere<br />

Technologien ersetzt wird. Dabei ist es besonders wichtig, konkurrierende Technologien<br />

in die Analyse einzubeziehen.<br />

Beispielsweise war die Bildplatte in Deutschland eine Technologie, die in der zweiten<br />

Hälfte der achtziger Jahre von einigen Unternehmen, insbesondere Versandhäusern,<br />

überschätzt wurde. Die Technologie stand in Konkurrenz zu Video, CD-ROM und anderen<br />

Speichermöglichkeiten und konnte sich nicht durchsetzen. Heute befindet sich<br />

eine ähnliche Technologie, die Digitale Video Disk, <strong>im</strong> Aufbruch; sie hat allerdings<br />

eine grössere Verwandtschaft mit der Audio-CD als mit der damaligen Bildplatte.<br />

Eine ähnliche Entwicklung machte die CDi (Compact Disc interactive) von Philips<br />

durch. Als Consumerprodukt gedacht, konnte sich die Technologie nicht verbreiten,<br />

zu eng waren ihre Einsatzmöglichkeiten <strong>im</strong> Vergleich zur konkurrierenden CD-ROM<br />

und der schon genannten DVD von Sony. 403 Heute wird über eine Einstellung des<br />

Systems nachgedacht.<br />

Besonders wichtig ist das Entwicklungspotential der Technologie bei Softwarelösungen,<br />

insbesondere <strong>im</strong> Back-Office-Bereich. Ein MIS oder ein Data Warehouse sollte<br />

auch noch in 10 oder 20 Jahren verwendbar sein, gerade wenn es um die Nutzung<br />

der gespeicherten Daten geht. Es sollte sichergestellt sein, dass es auch längerfristig<br />

einen Support gibt und der Hersteller konkurrenzfähig ist. Standardprodukte mit<br />

gutem Preis-Leistungs-Verhältnis werden häufig auch von kleineren Anbietern ange-<br />

402 Vgl. zu diesem Kriterium auch Pfeiffer et al., 1986, S. 119; Pfeiffer et al., 1982, S. 85-92; Michel,<br />

1987, S. 162 ff. und Wolfrum, 1994, S. 229.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

boten. Eine Entscheidung für diese Produkte sollte allerdings davon abhängig gemacht<br />

werden, ob sich der Hersteller auf dem Markt behaupten kann, damit die<br />

Wartung und Weiterentwicklung des Systems gewährleistet ist.<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Das Internet ist eine Technologie, die aufgrund ihrer Verbreitung und kommerziell<br />

interessanten Nutzung sicher viel Potential zur Weiterentwicklung hat. Verschiedenste<br />

Anspruchsgruppen (private Nutzer, Provider, kommerzielle Nutzer usw.) haben<br />

ein Interesse daran, dass die Leistungsfähigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Verbreitung<br />

gefördert wird. Erste Versuche einer Verknüpfung von Internet und TV zeigen,<br />

wie hoch die Entwicklungspotentiale dieser Technologie sind. Demnach entspricht<br />

das Internet diesem Kriterium in hohem Masse.<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Das MIS der GMSG baut auf einer Standardsoftware auf, mit der sich beliebige Auswertungsroutinen<br />

generieren lassen. Damit ist gesichert, dass keine technologische<br />

Insellösung entwickelt wird. Die Programme werden von den Herstellern kontinuierlich<br />

weiterentwickelt und gepflegt.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Wie oben ausgeführt, gab es Alternativen zur Bildplatte, beispielsweise Videobänder.<br />

Auch wenn es <strong>im</strong> Videobereich anfangs verschiedene Systeme gab (2000, beta und<br />

VHS), schritt die Verbreitung und Entwicklung wesentlich schneller voran als bei der<br />

Bildplatte. Gründe waren neben den Kosten die längere Spieldauer der Videobänder,<br />

was vor allem für das He<strong>im</strong>kino von besonderer Bedeutung war. Auch das Angebot<br />

an bespielten Videobändern war umfangreicher als bei der Bildplatte. Damit hatte die<br />

Bildplatte für den privaten Nutzer praktisch keinen Nutzen. Auch wenn sie den<br />

Vorteil hatte, direkt auf einzelne Sequenzen zugreifen zu können, so war doch<br />

abzusehen, dass sie sich ohne einen Nutzen für den Kunden nicht durchsetzen<br />

würde. Das Entwicklungspotential der Technologie ist auch aus damaliger Sicht als<br />

gering einzustufen.<br />

Technologische Kompatibilität 404<br />

Mit diesem Beurteilungskriterium sind die Handelsmanager aufgefordert, die Kompatibilität<br />

der technologischen Innovation zu bestehenden Technologien zu bewerten.<br />

Dazu gehört auch die Überprüfung bestehender oder eventuell zu ersetzender Systeme.<br />

403 Vgl. o. V., 1996 (c), S. 202 und o. V., 1996 (d), S. 204 f.<br />

404 Vgl. Wolfrum, 1992, S. 319; Wolfrum, 1994, S. 174.<br />

145


146<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Als bei Wal-Mart das Automated Replenishment System eingeführt wurde, musste<br />

man feststellen, dass die existierende Technologie (Grossrechnertechnologie) ein<br />

Hindernis war. Die 2.500 angeschlossenen Verkaufsstellen konnten damit nicht abgedeckt<br />

werden. Grund waren Verarbeitungsprobleme, denn 1.000 Geschäfte an der<br />

Ostküste schlossen um 21:00 Uhr, so dass eine zeitgleiche informationstechnische<br />

Verarbeitung mit der Mainframe-Technologie unmöglich war. Es musste eine neue<br />

technologische Lösung gefunden und damit die Verantwortung vom zentralen <strong>Management</strong><br />

an die „Verkaufsfront“ gegeben werden.<br />

In einem grossen deutschen Handelsunternehmen wurde ein neues Warenwirtschaftssystem<br />

eingeführt. Erst <strong>im</strong> nachhinein stellte man fest, dass aufgrund neuer<br />

Ein- und Ausgangsgrössen eine wesentliche Information für den Einkauf von Frischprodukten<br />

verlorengegangen war, nämlich die täglich abfliessende Menge <strong>im</strong> Vergleich<br />

zur eingehenden Menge. Es muss darauf geachtet werden, dass die Einführung<br />

einer Innovation mindestens die gleiche Informations- und Arbeitsqualität ermöglicht<br />

wie der Zustand davor. Dazu müssen die Leistungen der betroffenen und<br />

angrenzenden Systeme mit den Leistungen, die nach Einführung der Innovation zu<br />

erwarten sind, verglichen werden.<br />

Besonders wichtig ist diese Kompatibilität bei technologischen <strong>Innovationen</strong>, die<br />

Schnittstellen zu bestehenden Technologien oder Systemen des Handelsunternehmens<br />

benötigen. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein MIS auf ein bestehendes Data<br />

Warehouse zugreifen soll oder die Bestellungen vom Internet direkt (also über eine<br />

Schnittstelle) in das bestehende Auftragsbearbeitungssystem übernommen werden<br />

sollen.<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die oben beschriebene Datenübernahme spielt für die AC keine Rolle. Die Unternehmensleitung<br />

möchte aus Sicherheitsgründen bewusst Schnittstellen zu ihren bestehenden<br />

Systemen vermeiden. Es gibt aber Kompatibilitätsvorteile in der Produktion.<br />

Durch die digitale Herstellung des Katalogs liegen die meisten Bilder, Texte<br />

usw. bereits in digitalen Formaten vor, die direkt bzw. nach Überarbeitung für das<br />

Internet verwendet werden können.<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Das MIS in der GMSG wird extra auf das Data Warehouse und die anderen Technologien<br />

abgest<strong>im</strong>mt. Die Kompatibilität ist gewährleistet, allerdings nur innerhalb der<br />

GMSG, während zwischen den Genossenschaften in der Schweiz Systemunterschiede<br />

bestehen. Da eine Integration auch gesamtschweizerisch sinnvoll wäre, wird<br />

die Kompatibilität als „mittel“ eingestuft.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Da es vor der Einführung der Bildplatte keine vergleichbaren Systeme gab und andere<br />

Anforderungen gestellt wurden als bei der herkömmlichen Katalogproduktion<br />

(Ton, bewegte Bilder), muss die Kompatibilität für diese Technologie zu bestehenden<br />

Systemen als gering eingestuft werden.<br />

Ressourcenfit<br />

Der Ressourcenfit ist die letzte D<strong>im</strong>ension <strong>im</strong> mehrstufigen Portfolio und drückt die<br />

technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten des Handelsunternehmens bezüglich<br />

der technologischen Innovation aus. 405 „Vorhandenes technologisches Know-how“ <strong>im</strong><br />

Handelsunternehmen und „verfügbare Ressourcen“ des Handelsunternehmens für<br />

die technologische Innovation sind die beiden Kriterien, welche die Ausprägung des<br />

Ressourcenfits best<strong>im</strong>men.<br />

Vorhandenes technologisches Know-how 406<br />

Gibt es zu der technologischen Innovation bereits Know-how <strong>im</strong> Handelsunternehmen<br />

oder muss es erst aufgebaut bzw. extern zugekauft werden? Diese Frage<br />

scheint auch das zweite Kriterium des Portfolios, das Kriterium der verfügbaren Ressourcen,<br />

zu betreffen. Wenn sie trotzdem hier gestellt und daraus sogar ein eigenes<br />

Kriterium abgeleitet wird, dann deshalb, weil dem Know-how unter allen Ressourcen<br />

eine besondere Bedeutung zukommt. So hat der Stand des technologischen Knowhows<br />

<strong>im</strong> Handelsunternehmen einen wesentlichen Einfluss auf die T<strong>im</strong>e-to-marketperiod,<br />

d. h. auf die Zeitspanne, in der die technologische Innovation realisiert werden<br />

kann.<br />

Die Frage des Outsourcing muss nach der strategischen Bedeutung der technologischen<br />

Innovation entschieden werden. Strategisch bedeutende und sensible tech-<br />

nologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein Data Warehouse oder MIS sollte das Handelsunternehmen<br />

selbst bedienen und betreiben können, um nicht in eine zu grosse Abhängigkeit<br />

von Lieferanten oder externen Dienstleistern zu geraten. Andere Aufgaben<br />

wie z. B. die Entwicklung von Kiosksystemen oder eines Internetauftritts werden<br />

häufig an spezialisierte Agenturen vergeben, wenn die strategische Bedeutung bzw.<br />

Sensibilität dieser <strong>Innovationen</strong> vergleichsweise gering ist. Wird dagegen ein Internetauftritt<br />

für ein Versandhandelsunternehmen zur künftigen Kernkompetenz, dann<br />

sollte die Betreuung durch das Handelsunternehmen selbst wahrgenommen werden.<br />

405 Vgl. Michel, 1987, S. 134.<br />

406 Vgl. Pfeiffer et al., 1982, S. 85-92; Wolfrum, 1994, S. 175 und Michel, 1987, S. 170 ff.<br />

147


148<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die AC besitzt praktisch kein Know-how über das Internet. Zum Einstieg müsste<br />

Know-how aufgebaut werden oder ein Outsourcing erfolgen. Wenn sich das Internet<br />

erfolgreich entwickelt, sollte die AC ein vermehrtes Insourcing betreiben und eigenes<br />

Know-how aufbauen.<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Die Installation und der Aufbau des MIS wurden mit externer Unterstützung durchgeführt.<br />

Die GMSG verfügt aber über einen Bereich für Organisation/Informatik, der<br />

ausschliesslich für Informationsverarbeitung (Data Warehouse, MIS, operative Systeme<br />

usw.) verantwortlich ist. Das Know-how ist vorhanden bzw. neues kann von<br />

bestehenden Stellen erlernt werden.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Das Know-how für die Bildplatte war <strong>im</strong> Unternehmen nicht vorhanden, sondern<br />

musste vollständig neu aufgebaut werden.<br />

Verfügbare Ressourcen 407<br />

Dieses Kriterium dient zur Überprüfung der für die Realisierung der technologischen<br />

Innovation zur Verfügung stehenden Ressourcen. In erster Linie handelt es sich dabei<br />

um finanzielle Ressourcen, aber auch die personellen Kapazitäten sollten bei der<br />

Ressourcenplanung Berücksichtigung finden.<br />

Besonders wichtig ist die Abschätzung der mit der Innovation verbundenen Folgekosten.<br />

Die schriftliche Befragung hat gezeigt, dass 50% der wirtschaftlichen Hemm-<br />

nisse in der Diffusionsphase, d. h. bei der Verbreitung der Innovation, auftreten (vgl.<br />

Abbildung 75). Beispielsweise entstehen durch die Entscheidung für ein Scanningsystem<br />

erhebliche Folgekosten aufgrund der notwendigen Umrüstung aller Filialen des<br />

Unternehmens. Gleiches gilt für die Einführung eines Kiosksystems (vgl. Fallbeispiel<br />

in Abschnitt 5.7). Auch die Pflege und Betreuung eines Data Warehouse bedarf zusätzlicher<br />

Personalkapazitäten und verursacht damit Kosten.<br />

Die Ressourcenplanung sollte den gesamten Innovationsprozess umfassen und sicherstellen,<br />

dass keine wirtschaftlichen Engpässe auftreten. Gerade bei technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> sind die Investitionen eher mittel- bis langfristig zu sehen; entsprechend<br />

verhalten sich der Return on Investment bzw. die Pay-back-Perioden.<br />

Hier sollte eine Investitionsrechnung aufgestellt werden, die alle Auszahlungen, die<br />

mit der Innovation verbunden sind, berücksichtigt und versucht, diese Auszahlungsströme<br />

den zu erwartenden Mehrumsätzen oder Kosteneinsparungen gegenüberzu-<br />

407 Vgl. Pfeiffer et al., 1982, S. 85-92; Wolfrum, 1994, S. 174 f.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

stellen. Eine wichtige Information für die Kalkulation der Kosten ergibt sich aus der<br />

Einschätzung des vorhandenen technologischen Know-how (vgl. oben). Durch<br />

Outsourcing oder die Notwendigkeit, internes Know-how aufzubauen, entstehen Initialkosten.<br />

Aufgrund dieser Investitionsrechnung lässt sich in einem Best-case-undworse-case-Szenario<br />

der jeweilige zu erwartende Break-even-Zeitpunkt best<strong>im</strong>men.<br />

Diese Information muss mit der mittelfristigen Finanz- und Investitionsplanung des<br />

Unternehmens abgest<strong>im</strong>mt werden, um sicherzustellen, dass sich das Handelsunternehmen<br />

mit der Innovation finanziell nicht übern<strong>im</strong>mt.<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Die Art Collection hat als mittelständisches Handelsunternehmen <strong>im</strong>mer mit dem<br />

Problem der Ressourcenknappheit zu kämpfen. Für das Projekt Internet steht ein<br />

begrenztes Budget zur Verfügung.<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Die GMSG stellt aufgrund der strategischen Bedeutung des Projektes die notwendigen<br />

Ressourcen für das Innovationspaket bereit.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Aufgrund der Grösse des Unternehmens waren Ressourcen reichlich vorhanden und<br />

konnten deshalb für das Projekt bereitgestellt werden.<br />

149


150<br />

Entwicklungspotentiale der<br />

Technologie<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

GMSG<br />

Technologiefit<br />

gering mittel hoch<br />

Technologische Kompatibilität<br />

Ressourcenfit<br />

hoch<br />

AC<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

Vorhandenes technologisches<br />

Know-how<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Technologische<br />

Attraktivität<br />

GMSG<br />

gering mittel hoch<br />

Technologiefit<br />

gering mittel hoch<br />

Verfügbare Ressourcen<br />

AC<br />

Ressourcenfit<br />

AC<br />

GMSG<br />

Abbildung 56: Portfolio zur Bewertung der technologischen Attraktivität von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel (Beispiele: AC, GMSG<br />

und IV)<br />

4.2.3.2.3 Technologiepotentialportfolio für technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel<br />

Die Zusammenführung der marketingbezogenen Attraktivität und technologischen<br />

Attraktivität in ein Technologiepotentialportfolio ist in Abbildung 57 dargestellt.<br />

Für das Handelsunternehmen grundsätzlich attraktive technologische Innovationsfelder<br />

sind in der Abbildung 57 grau schraffiert. Technologien, die in diesen Feldern<br />

positioniert werden, sollten von dem Handelsunternehmen nochmals auf ihr Potential<br />

zur Bedürfnisbefriedigung und eine mögliche Realisierung geprüft werden. Das Vorgehen<br />

kann sich an der Portfolioanalyse orientieren, sollte aber <strong>im</strong> Informationsge-<br />

IV


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

halt konkreter werden. Insbesondere unsichere Einschätzungen in der Portfolioanalyse<br />

müssen die Handelsmanager dann nochmals prüfen und kritisch hinterfragen.<br />

Strategieempfehlungen <strong>im</strong> Sinne von Normstrategien sind in der Abbildung in Anlehnung<br />

an Pfeiffer et al. angeführt. 408 Wenn das Portfolio tendenziell von einer Technologie<br />

abrät, dann kann es sinnvoll sein, die Analyse zu einem späteren Zeitpunkt<br />

zu wiederholen. Das ist besonders dann der Fall, wenn das Ergebnis auf eine geringe<br />

Nutzung/Verbreitung oder ein geringes Entwicklungspotential zurückzuführen<br />

ist. Diese Einflussgrössen verändern sich <strong>im</strong> Zeitablauf. Gleiches gilt für die Bedürfnisse,<br />

die mit der Trend- und Bedürfnisanalyse erhoben wurden.<br />

Fallbeispiel Art Collection (Internet):<br />

Für die AC hat das Internet eine hohe marketingbezogene Attraktivität. Die technologische<br />

Attraktivität fällt aufgrund der Ressourcenvorgaben und des fehlenden Knowhow<br />

eher mittel bis gering aus. Dennoch ist die Position <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio<br />

so, dass die AC das Internet weiterverfolgen sollte. Die marketingbezogenen<br />

Stärken überwiegen die Schwächen in den Ressourcen. Die AC sollte nach Lösungen<br />

zur Umsetzung des Internetauftritts suchen. Beispielsweise gibt es schon<br />

eine Vielzahl von standardisierten Softwareprodukten, die einen einfachen Internetauftritt<br />

relativ günstig ermöglichen. 409<br />

Fallbeispiel GMSG (MIS):<br />

Das MIS hat für die GMSG eine hohe technologische Attraktivität. Die marketingbezogene<br />

Attraktivität fällt etwas geringer aus, ist aber auch vergleichsweise hoch. Der<br />

Unterschied liegt in der Tatsache begründet, dass es sich um eine Back-Office-<br />

Technologie handelt, bei der in der Regel der Zielgruppenfit etwas schlechter erreicht<br />

wird. Die Position <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio fordert die GMSG auf, das MIS zu<br />

realisieren.<br />

Fallbeispiel Innovativ Versand (Bildplatte):<br />

Die Bildplatte wurde vom Innovativ Versand überschätzt. Die marketingbezogene<br />

Attraktivität fällt vergleichsweise gering aus aufgrund der geringen Nutzung/Verbreitung<br />

der Technologie. Die unsicheren Entwicklungspotentiale führten<br />

dazu, dass auch die technologische Attraktivität gering ausfällt. Die abschliessende<br />

Position <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio hätte den IV zur Vorsicht gemahnt und zum<br />

Durchführungszeitpunkt der Analyse von der Bildplatte tendenziell abgeraten.<br />

408 Vgl. Pfeiffer et al., 1982, S. 85 ff.<br />

409 Vgl. Rode, 1997 (c), S. 94 f.<br />

151


152<br />

Profilierungsfit<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

Marketingbezogene Attraktivität<br />

GMSG<br />

Marketingbezogene<br />

Attraktivität<br />

gering mittel hoch<br />

Zielgruppenfit<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

AC<br />

Technologie prüfen und selektieren<br />

IV<br />

Technologie aufgeben und<br />

desinvestieren<br />

Technologie weiterverfolgen<br />

und investieren<br />

AC<br />

Ressourcenfit<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

IV<br />

GMSG<br />

gering mittel hoch<br />

Technologische Attraktivität<br />

Technologische<br />

Attraktivität<br />

GMSG<br />

gering mittel hoch<br />

Technologiefit<br />

Abbildung 57: Technologiepotentialportfolio für technologische <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel (Beispiele: AC, GMSG und IV)<br />

AC


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.3.2.4 Kritische Würdigung des Technologiepotentialportfolios für<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Die vorgeschlagene Portfolioanalyse wird dem Anspruch einer marktorientierten<br />

Technologiebewertung gerecht. Im Zusammenspiel mit der in Abschnitt 4.2.2 durchgeführten<br />

Trend- und Bedürfnisanalyse ermöglicht das Technologiepotentialportfolio<br />

eine kundenorientierte Entwicklung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel durch<br />

die Integration beider D<strong>im</strong>ensionen. Abbildung 58 führt die einzelnen Teile in der<br />

Übersicht zusammen (die Grafiken <strong>im</strong> Detail vgl. die vorherigen Seiten). Das Portfolio<br />

berücksichtigt dabei sowohl die unternehmensinternen Faktoren wie Fähigkeiten,<br />

Ressourcen und strategische Kompatibilität als auch die externen Faktoren wie Zukunft<br />

und Entwicklung der Technologie, Akzeptanz/Verbreitung bei den Zielgruppen<br />

und deren Bedürfnisbefriedigung.<br />

Um den richtigen Umgang mit dem Portfolio zu ermöglichen, sind <strong>im</strong> Folgenden Kritikpunkte<br />

aufgeführt, die bei der Anwendung zu berücksichtigen sind:<br />

1. Es muss grundsätzlich vor der Überinterpretation von Portfolioanalysen gewarnt<br />

werden. Durch die Zusammenführung und Aggregation einzelner Kriterien können<br />

Effekte auftreten, die gegenläufige Entwicklungen und Einschätzungen aufheben<br />

und so das Gesamturteil möglicherweise nivellieren. 410<br />

2. Das systematische Vorgehen führt zum Eindruck einer Scheingenauigkeit. Ausserdem<br />

sind das Ergebnis und die Aussagekraft des Portfolios ausschliesslich von<br />

der „Qualität, Vollständigkeit und richtigen Verarbeitung der eingebrachten<br />

Information abhängig“ 411 . Die Einschätzungen innerhalb des Portfolios sollten<br />

deshalb stärker quantifiziert werden. Eine differenzierte Definition der einzelnen<br />

Kriterien mit der Entwicklung entsprechender Messgrössen könnte dazu beitragen.<br />

3. Das Portfolio enthält keine Gewichtung der berücksichtigten Kriterien. Die Nutzwertanalyse<br />

kann als vertiefende Analyse dazu beitragen, die Kriterien zu gewichten<br />

und eine vergleichbare Einschätzung vorzunehmen (vgl. Abschnitt<br />

4.2.4.2). Beispielsweise kann die Ressourcenschwäche der AC so schwerwiegend<br />

sein, dass trotz hoher marketingbezogener Attraktivität eine Realisierung<br />

unmöglich ist.<br />

4. Technologieportfolios vereinfachen komplexe Sachverhalte stark und reduzieren<br />

sie auf wenige kritische Faktoren. Zudem erheben sie oft den Anspruch, universell<br />

einsetzbar zu sein. 412 Diesbezügliche Missverständnisse kann man vermeiden, indem<br />

man von vornherein den Geltungsbereich der Portfolioanalyse definiert, so<br />

etwa wie in der vorliegenden Arbeit durch die klare Fokussierung auf den Handel<br />

mit dem Schwerpunkt der Marktorientierung.<br />

410 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 243.<br />

411 Wolfrum, 1994, S. 243; vgl. auch Franke/Zerres, 1994, S. 98.<br />

412 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 244.<br />

153


154<br />

5. Normstrategien können nur grobe Richtungsweiser sein, wie weiter zu verfahren<br />

ist. Eine genauere Analyse sollte den endgültigen Entscheidungen vorausgehen.<br />

413<br />

6. Das Portfolio muss auf seinen Nutzen in der Praxis überprüft werden.<br />

Die vorgestellte Portfolioanalyse kann dem Handelsmanager für die marktorientierte<br />

Entwicklung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> eine Hilfestellung geben. Es handelt sich<br />

um ein Vorgehensraster, das als didaktisches Hilfsmittel und als Bezugsrahmen für<br />

Diskussionen geeignet ist. Die richtige Anwendung unter Berücksichtigung der<br />

angeführten Kritikpunkte kann den Entwicklungsprozess <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel systematischer und transparenter gestalten.<br />

Entwicklungspotentiale der<br />

Technologie<br />

Betroffenheit<br />

Technologieanalyse Bedürfnisanalyse<br />

Gesamtunternehmung<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

POS<br />

Systembereich<br />

Technologiefit<br />

EDI<br />

EAS<br />

MDE<br />

gering mittel hoch<br />

Technologische Kompatibilität<br />

Ressourcenfit<br />

Rationalisierung Rationalisierung und Profilierung<br />

Profilierung<br />

Ziel<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Scanning<br />

CIT<br />

Electronic Shelf Label<br />

Super Tag<br />

Elektronische Marktforschung<br />

(Visionary Shopper<br />

Spacemanagement<br />

Vorhandenes Technologisches<br />

Know-how<br />

Internetshopping<br />

Automated Replenishment<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Technologische<br />

Attraktivität<br />

MIS<br />

gering mittel hoch<br />

Technologiefit<br />

CAD-<br />

Ladengestaltung<br />

Tracking<br />

Call Centers<br />

Database-<br />

Marketing<br />

Data Mining<br />

Teleshopping<br />

Mult<strong>im</strong>edia-Terminals<br />

Infoboard<br />

Smart Card<br />

EFTPoS<br />

Instore-Radio/TV<br />

Temperature<br />

Logging System<br />

Ressourcenfit<br />

gering mittel hoch<br />

Verfügbare Ressourcen<br />

Marketingbezogene Attraktivität<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Technologie weiter verfolgen<br />

und investieren<br />

Technologie prüfen und selektieren<br />

Technologie aufgeben und<br />

desinvestieren<br />

gering mittel hoch<br />

Technologische Attraktivität<br />

Zunahme<br />

der<br />

Single-Haushalte<br />

zunehmende<br />

Emanzipation und<br />

Berufstätigkeit<br />

der Frau<br />

Überalterung<br />

der<br />

Bevölkerung<br />

.....<br />

.....<br />

.....<br />

Single-Produkte<br />

ereignisorientierte<br />

Freizeitgestaltung<br />

Rollenangleichung<br />

zeitsparender<br />

Einkauf<br />

Senioren-Produkte<br />

interessante<br />

Freizeitgestaltung<br />

zunehmende<br />

Multinationalität<br />

.....<br />

ausländische Produkte<br />

mehrsprachige<br />

Kommunikation<br />

.....<br />

Schnäppchensuche<br />

abnehmendes Prestigeund<br />

Markenbewusstsein<br />

neue<br />

Bescheidenheit und<br />

Einfachheit<br />

Medien<br />

Akzeleratoren<br />

hybrides Kaufverhalten<br />

individuelle Produkte<br />

.....<br />

Individualisie -<br />

rung, Selbstverwirklichung<br />

und<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />

Produkt- und Leistungs -<br />

innovationen politischer<br />

Machtwechsel<br />

beliebte<br />

politische<br />

Länge der<br />

Urlaubsziele<br />

Krisen<br />

Arbeitszeit<br />

Ausbildungslänge<br />

Haushalts-<br />

Alter<br />

grösse<br />

Medien<br />

Kl<strong>im</strong>a- Tierhaltungs- und Bildungsinhalte<br />

schwankungen Ernährungsskandale Sparquote<br />

Arbeitslosenrate<br />

neue<br />

Arbeitsbedingungen<br />

reales verfügbares<br />

Einkommen<br />

Umweltskandale<br />

Medien<br />

Medien<br />

Konsumverhalten und Lebensstil<br />

einflussreicher Persönlichkeiten<br />

und aktiver sozialer Gruppen<br />

Medien<br />

.....<br />

Impulskäufe<br />

Beschaffungs - und<br />

Konsumlust<br />

wachsende Erlebnis-,<br />

Genuss- und Freizeitorientierung<br />

.....<br />

Suche nach Sicherheit<br />

Interesse am<br />

Umweltverhalten<br />

.....<br />

bessere Information<br />

Streben nach Fitness<br />

und Wellness<br />

.....<br />

keine Komplexität<br />

Aversion gegen Suchund<br />

Wartezeiten<br />

gestiegenes<br />

Umweltbewusstsein<br />

Höherbewertung<br />

der<br />

Gesundheit<br />

zunehmende<br />

Zeitknappheit und<br />

Bequemlichkeit<br />

Legende: = einkaufsbezogene Bedürfnisausprägung<br />

= Raum der kurzfristigen Trendveränderungen = Langfristtrend = Wechselwirkung<br />

Beitrag zur<br />

Bedürfnisbefriedigung<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Zielgruppenfit<br />

gering mittel hoch<br />

Nutzung / Verbreitung<br />

Profilierungsfit<br />

hoch<br />

mittel<br />

gering<br />

Kompatibilität zu anderen<br />

Profilierungsinstrumenten<br />

hoch<br />

Medien<br />

mittel<br />

gering<br />

Medien<br />

Marketingbezogene<br />

Attraktivität<br />

gering mittel hoch<br />

Zielgruppenfit<br />

Medien<br />

Profilierungsfit<br />

gering mittel hoch<br />

Profilierungspotential<br />

Abbildung 58: Übersicht über das Vorgehen bei einer kundenorientierten<br />

Entwicklung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

413 Vgl. Wolfrum, 1994, S. 243 f.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.3.3 Berücksichtigung der Eigenschaften <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Die Berücksichtigung der Innovationseigenschaften stellt eine Fortführung der Technologieanalyse<br />

dar und bildet damit den zweiten Aspekt des Technologiefits. Während<br />

bei der Technologieanalyse die Verknüpfung zum Marktfit <strong>im</strong> Vordergrund steht,<br />

geht es bei den Innovationseigenschaften darum, die wichtigen Merkmale der Innovation<br />

zu identifizieren, um diese als Vorgaben für die Realisierung zu nutzen und<br />

mögliche Hemmnisse frühzeitig zu erkennen.<br />

Die schriftliche Befragung hat gezeigt, dass sich <strong>Innovationen</strong> je nach eingesetzter<br />

Technologie in ihren Eigenschaften und damit auch in ihren Anforderungen<br />

unterscheiden (vgl. Abbildung 70). Diese Anforderungen sind be<strong>im</strong> Start eines Innovationsprojektes<br />

zu berücksichtigen. Kommt beispielsweise der Kunde mit einer<br />

technologischen Innovation wie dem Internet direkt in Kontakt, dann ist es wichtig,<br />

ihn stärker <strong>im</strong> Entwicklungsprozess zu berücksichtigen als bei einer Back-Office-Innovation<br />

wie dem MIS oder Data Warehouse. Auch die finanzielle Belastung, die mit<br />

der technologischen Innovation verbunden ist, kann in dieser ersten Phase schon ein<br />

wichtiges Kriterium sein, welches eine frühe Stop-or-go-Entscheidung massgeblich<br />

beeinflusst (vgl. Ressourcenfit in Abschnitt 4.2.3.2.2). Die Komplexität der geplanten<br />

technologischen Innovation gibt Hinweise für die notwendige Beteiligung von Anspruchsgruppen<br />

<strong>im</strong> Unternehmen und für die Zusammensetzung der Projektteams.<br />

Ein Set von acht Innovationseigenschaften zur groben Charakterisierung der Innovation<br />

findet sich in Abbildung 59. Diese Kriterien können aber durch weitere, unternehmensspezifische<br />

Kriterien wie z. B. die personelle Belastung, die voraussichtlich<br />

mit der Realisierung der Innovation verbunden ist, ergänzt werden. Das Projektteam<br />

sollte gemeinsam eine Einschätzung vornehmen und für jede technologische Innovation,<br />

die für das Unternehmen aufgrund der Technologieanalyse in Frage kommt,<br />

ein Profil erstellen. Dadurch können kritische Eigenschaften systematisch erkannt<br />

werden, die später bei der Realisierung problematisch sein können und deshalb besonders<br />

bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen und des Projektmanagements<br />

berücksichtigt werden müssen.<br />

155


156<br />

Kundenkontakt<br />

direkter Kundenkontakt/<br />

kein Kundenkontakt<br />

Betroffenheit<br />

gesamte Unternehmung/<br />

eine Abteilung<br />

Finanzieller Aufwand<br />

Komplexität<br />

hoch<br />

Dringlichkeit<br />

Neuigkeitsgrad<br />

Abbildung 59: Eigenschaftsprofil <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> 414<br />

4.2.4 Innovationsentscheid<br />

Nachdem die ersten drei<br />

Schritte des Vorgehenskonzeptes<br />

zum Innovationsmanagementdurchlaufen<br />

sind, müssen die<br />

Handelsmanager einen<br />

Innovationsentscheid fällen.<br />

Mit dem Innovationsentscheid<br />

best<strong>im</strong>men<br />

tief<br />

Konfliktgehalt<br />

Unsicherheit/Risiko<br />

Internet<br />

Scanning<br />

Handelsmanager, ob eine technologische Innovation realisiert wird oder nicht.<br />

Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Selektion von technologischen Innovationsprojekten.<br />

Zur Selektion von Handelsprojekten aus dem gesamten Projektportfolio<br />

eines Handelsunternehmens sei auf Rudolph verwiesen, der dieses Thema ausführlich<br />

behandelt. 415<br />

414 Die eingezeichneten Profile entsprechen den Werten, die sich aus der schriftlichen Befragung<br />

ergeben haben (vgl. dazu Kapitel 5).<br />

415 Vgl. Rudolph, 1999, S. 302 ff.<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

DWH<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.4.1 Selektion <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Das Technologiepotentialportfolio bildet die Grundlage für den Innovationsentscheid<br />

und sollte diesen massgeblich best<strong>im</strong>men, da, wie oben ausgeführt, sowohl interne<br />

als auch externe Faktoren, die als erfolgskritisch bezeichnet werden können, darin<br />

erfasst sind. Voraussetzung ist die ordnungsgemässe und gründliche Anwendung<br />

des Portfolios. Dabei spielt die Qualität der Informationen, aus denen das Portfolio<br />

erstellt worden ist, eine besonders wichtige Rolle (vgl. Abschnitt 4.2.3.2.4).<br />

Stehen mehrere technologische <strong>Innovationen</strong> zur Auswahl, dann müssen zusätzlich<br />

Entscheidungs- und Selektionsverfahren angewendet werden, die das Technologiepotentialportfolio<br />

durch einen quantifizierten Vergleich vertiefen. Abbildung 60<br />

gibt eine Übersicht über Projektbeurteilungsverfahren, geordnet nach dem Grad der<br />

Quantifizierbarkeit der verfügbaren Daten und der Anzahl der zugrundeliegenden<br />

Zielgrössen.<br />

auf qualitativer<br />

Basis<br />

(nicht bekannt)<br />

eind<strong>im</strong>ensionale<br />

Verfahren<br />

(Einfachzielsetzung)<br />

auf nichtmonetärer<br />

Basis<br />

(nicht bekannt)<br />

quantitative<br />

Verfahren<br />

statischkalkulatorische<br />

Verfahren<br />

Verfahren der<br />

Investitionsrechnung<br />

Verfahren zur Beurteilung<br />

von F&E-Projekten<br />

dynamischfinanzmathematische<br />

Verfahren<br />

Kostenvergleichs-/ Kapitalwertmethode<br />

Gewinnvergleichs- Interne Zinsfussmethode<br />

rechnung<br />

Break-even-Analyse<br />

Amortisationsrechnung<br />

Projektindizes (z. B. ROI)<br />

semiquantitative<br />

Verfahren<br />

mehrd<strong>im</strong>ensionale<br />

Verfahren<br />

(Mehrfachzielsetzung)<br />

Kosten-Nutzen-Analyse<br />

Multiattributive<br />

Nutzentheorie<br />

Nutzwertanalyse/<br />

Scoring-Verfahren<br />

qualitative<br />

Verfahren<br />

157<br />

Checklisten/Prüflisten<br />

Projektprofile<br />

Portfolioanalyse<br />

Abbildung 60: Übersicht über Projektbeurteilungsverfahren zur Selektion von<br />

Projekten 416<br />

416 Thoma, 1989, S. 167.


158<br />

Rudolph schlägt für Innovationsprojekte <strong>im</strong> Handel numerische Punktbewertungsmodelle<br />

(Scoring-Verfahren) und Selektionsmodelle für den Fall hoher Unsicherheit (Risikoanalysen)<br />

vor. 417 Letztere sind aber aufgrund der hohen Komplexität und des<br />

notwendigen Aufwands nur schwer anwendbar. 418<br />

Die semiquantitativen Scoring-Verfahren haben den Vorteil, dass sie eine mehrdi-<br />

mensionale Beurteilung erlauben und nicht ausschliesslich ein Kriterium, z. B. den<br />

Gewinn, Cashflow oder ROI, in den Vordergrund stellen. Diese Vorgehensweise entspricht<br />

der Erkenntnis aus den Expertengesprächen und der schriftlichen Befragung,<br />

dass technologische <strong>Innovationen</strong> mehrere Ziele verfolgen (vgl. Abschnitt 3.2.3). Die<br />

Handelsmanager brachten zum Ausdruck, dass Kennzahlen wie z. B. der Return on<br />

Investment besonders für solche technologischen <strong>Innovationen</strong>, die mit grossen Unsicherheiten<br />

behaftet sind, aufgrund der hohen Komplexität praktisch nicht seriös<br />

berechenbar sind.<br />

Die Scoring-Verfahren lassen sich in Modelle mit und ohne Gewichtung der Beurteilungskriterien<br />

unterscheiden. 419 Für den Innovationsentscheid bietet sich die Punktbewertung<br />

mit Gewichtung an 420 , da die einzelnen Beurteilungskriterien, wie sie auch<br />

<strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio berücksichtigt wurden, einen unterschiedlichen Grad<br />

an Unsicherheit aufweisen. Diese Unsicherheiten bezüglich der Beurteilungskriterien<br />

können durch die Gewichtung zum Ausdruck gebracht werden. Ein geeignetes semiquantitatives<br />

Scoring-Verfahren ist die Nutzwertanalyse, deren Vorgehensweise <strong>im</strong><br />

folgenden Abschnitt dargestellt ist. 421<br />

4.2.4.2 Die Nutzwertanalyse<br />

„Die Nutzwertanalyse ist eine Planungsmethodik zur systematischen Entscheidungsvorbereitung<br />

bei der Auswahl komplexer Projektalternativen. Ihr besonderes Kennzeichen<br />

ist darin zu sehen, dass der Bewertung von Alternativen unter vergleichsweise<br />

geringen praktischen Schwierigkeiten auch eine Vielfalt von Zielkriterien zugrunde<br />

gelegt werden kann.“ 422 Zwei Aspekte der gegebenen Definition von<br />

Zangemeister lassen die Nutzwertanalyse für die Selektion von technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

als geeignet erscheinen: zum einen die „Auswahl komplexer Alternativen“,<br />

zum anderen eine mögliche Mehrfachzielsetzung bei der Bewertung.<br />

417 Vgl. Rudolph, 1999, S. 320.<br />

418 Vgl. Rudolph, 1999, S. 319.<br />

419 Vgl. Rudolph, 1999, S. 316.<br />

420 Vgl. Frank/Marschner, 1998, S. 304 f.<br />

421 Vgl. Strebel, 1986, S. 172; Schorb, 1994, S. 173; Schmelzer, 1992, S. 119 und<br />

Schnorrenberg/Goebels, 1997, S. 150 ff. Zur computerisierten Anwendung der Nutzwertanalyse für<br />

die Projektselektion in der chemischen Industrie vgl. Becker, 1997, S. 34 ff.<br />

422 Zangemeister, 1971, S. 159.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Die Nutzwertanalyse geht von der Nutzenmessung aus. Für den Begriff „Nutzwert“<br />

gilt folgende Definition: „Nutzwert ist der subjektive, durch die Tauglichkeit zur Bedürfnisbefriedigung<br />

best<strong>im</strong>mte Wert eines Gutes.“ 423 Zu dieser Definition von<br />

Zangemeister ist anzumerken, dass der Nutzwert nicht nur in bezug auf ein Gut,<br />

sondern hinsichtlich eines jeden „Konstrukts“, das als Entscheidungsalternative in<br />

einem Entscheidungsprozess beteiligt sein kann (also z. B. auch eine technologische<br />

Innovation), best<strong>im</strong>mt werden kann. Ziel der Nutzwertanalyse ist die Überführung der<br />

einzelnen Ziele auf eine einheitliche D<strong>im</strong>ension. Als solche dient der Nutzen, der<br />

durch die Erfüllung der Ziele für die einzelnen Alternativen entsteht. 424<br />

Je nach Skalenniveau der Nutzenmessung werden nutzwertanalytische Methoden<br />

unterschieden (vgl. Schaukasten 18). Häufig finden sich auch Kombinationen der<br />

einzelnen Methoden. Auch die Nutzwertanalyse <strong>im</strong> engeren Sinn ist eine Kombination.<br />

Wie noch zu sehen sein wird, sind die sogenannten Musskriterien in der Regel<br />

nominal skaliert und treten in der Form einer Checkliste in Erscheinung. Die sogenannten<br />

Wunschkriterien sind in der Regel intervall- bzw. verhältnisskaliert. Im Folgenden<br />

sind die einzelnen Schritte der Nutzwertanalyse beschrieben. 425 Abbildung<br />

61 zeigt ein vollständiges Formular für eine Nutzwertanalyse.<br />

Skala Methoden<br />

Nominalskala • Checklisten<br />

• Rahmenprüflisten<br />

Ordinalskala • Rangordnungsverfahren<br />

Intervallskala • Nutzwertanalyse <strong>im</strong> engeren Sinne<br />

Verhältnisskala • Scoring-Verfahren<br />

Schaukasten 18: Klassifikation nutzwertanalytischer Methoden <strong>im</strong> weiteren<br />

Sinne nach dem Skalenniveau 426<br />

Erster Schritt der Nutzwertanalyse: Festlegung der zu berücksichtigenden<br />

Kriterien<br />

Zu Beginn der Nutzwertanalyse werden die Entscheidungskriterien, die auch als<br />

Zielvorgaben oder einfache Ziele bezeichnet werden, formuliert. „Ziele sollen die<br />

Auswahl von Alternativen dadurch lenken, dass die versprochenen oder angebotenen<br />

Wirkungen der Alternativen mit den Forderungen des Ziels verglichen und damit<br />

beurteilbar werden.“ 427 Eine zu grosse Anzahl der zu berücksichtigenden Zielkriterien<br />

423 Zangemeister, 1971, S. 161.<br />

424 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 222.<br />

425 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 217 ff.; Zangemeister, 1971, S. 159 ff. und Pümpin, 1991/92, S. 13 ff.<br />

426 Brauchlin, 1990, S. 218.<br />

427 Hamel, 1974, S. 50.<br />

159


160<br />

erschwert die Bewertung der Alternativen. 428 Über die Anzahl der zu berücksichtigenden<br />

Faktoren gehen die Meinungen auseinander (die Angaben schwanken zwischen<br />

4 und 242 Zielkriterien). 429 Sicherlich lässt sich keine opt<strong>im</strong>ale Zahl festlegen,<br />

da die Komplexität der Problemstellung bzw. der daraus sich ergebenden Alternativen<br />

auf die Anzahl der Faktoren erheblichen Einfluss n<strong>im</strong>mt.<br />

Um den Nutzen der einzelnen Alternativen ermitteln zu können, müssen die Zielfaktoren<br />

best<strong>im</strong>mten Anforderungen genügen. Erstens muss die Nutzenunabhängigkeit<br />

der einzelnen Zielfaktoren gewährleistet sein. Das heisst der Teilnutzen, der durch<br />

den einzelnen Zielfaktor entsteht, muss für sich allein stehen und darf sich nicht erst<br />

in Verbindung mit anderen Zielkriterien einstellen.<br />

Zweitens gilt die Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen. Das heisst die Zusammensetzung<br />

des Alternativensets darf nichts an den einzelnen Nutzwerten ändern.<br />

Drittens dürfen die einzelnen Zielfaktoren keine gegenseitigen Abhängigkeiten bzw.<br />

Beeinflussungen aufweisen. 430 Diese Anforderung wird auch als Postulat der Zielindifferenz<br />

bezeichnet. Jedoch merkt E. Brauchlin an, dass dieses Postulat nicht <strong>im</strong>mer<br />

erfüllt sein kann, da nie alle Interdependenzen der Zielfaktoren ausgeschlossen werden<br />

können, wenn es um die Aufstellung eines Zielsystems geht. 431 Die relevanten<br />

Entscheidungskriterien werden in „Musskriterien“ und „Wunschkriterien“ unterteilt.<br />

Musskriterien<br />

„Eine Entscheidungsalternative sollte die Musskriterien unbedingt erfüllen, um überhaupt<br />

in die engere Wahl kommen zu können.“ 432 Die Musskriterien dienen somit als<br />

grober Filter, der die untauglichen Entscheidungsalternativen bereits vor genauerer<br />

Betrachtung selektieren soll. Mussziele können auf unterschiedliche Weise formuliert<br />

werden: „Mussziele treten bei der Nutzen-Amalgamation in zwei Formen auf, die miteinander<br />

verknüpft werden können:<br />

• Bezüglich einzelner Zielfaktoren kann als ‚Muss‘ die Zielerreichung (bei dichotomischer<br />

Messung) oder eine min<strong>im</strong>ale Zielerreichung (bei d<strong>im</strong>ensionaler Messung)<br />

gefordert werden.<br />

• Muss-Ziele können auch bezüglich der Gesamt-Amalgamation formuliert werden,<br />

indem ein best<strong>im</strong>mter Gesamt-Nutzen gefordert wird, z. B. mindestens 600 von<br />

1000 möglichen Punkten.“ 433<br />

428 Vgl. Zangemeister, 1971, S. 161.<br />

429 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 223.<br />

430 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 223.<br />

431 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 223 f.<br />

432 Pümpin, 1991/92, S. 14.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Auch für die Evaluation <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> können Musskriterien von Bedeutung<br />

sein. Je nach Situation des Unternehmens müssen diese Musskriterien definiert<br />

werden. In Abbildung 61 wird als ein mögliches Musskriterium gefordert, dass<br />

eine vorgegebene Investitionssumme nicht überschritten wird. Eine Forderung, die<br />

besonders für kleine und mittlere Handelsunternehmen von Bedeutung ist.<br />

Wunschkriterien<br />

Die Wunschkriterien dienen der genaueren Analyse der Alternativen, die nach der<br />

Selektion aufgrund der Musskriterien übriggeblieben sind. Die Wunschkriterien sind<br />

Anforderungen, die bestmöglich erfüllt sein sollten, deren Nichterfüllung aber nicht<br />

zwangsläufig zum Ausscheiden der Alternative führt. Wunschkriterien müssen mindestens<br />

ordinal skaliert sein. 434<br />

Für die Bewertung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> sollen die <strong>im</strong> Technologiepotentialportfolio<br />

verwendeten Kriterien eingesetzt werden. Damit dient die Nutzwertanalyse<br />

als zweiter Schritt zur Präzisierung und Operationalisierung des Portfolios. Die Ergänzung<br />

zum Portfolio liegt in der Gewichtung der einzelnen Kriterien. Ausserdem<br />

verlangt die Nutzwertanalyse aufgrund der geforderten konkreten Zahlen eine intensive<br />

Informationsbeschaffung. Die mit Hilfe der Nutzwertanalyse ermittelten Werte<br />

können <strong>im</strong> Portfolio abgebildet werden. Zu den Kriterien des Portfolios können entweder<br />

weitere Kriterien der Nutzwertanalyse berücksichtigt oder Subkriterien des<br />

Portfolios, die unternehmensspezifische Prioritäten darstellen, zusätzlich gewichtet<br />

werden.<br />

Zweiter Schritt der Nutzwertanalyse: Nutzengewichtung<br />

„Es folgt das Einsetzen der Gewichte für die einzelnen Wunschkriterien. Diese Gewichte<br />

sollen eine unserer individuellen Einschätzung der Wichtigkeit entsprechende<br />

Rangordnung unter den Entscheidungskriterien herstellen.“ 435 Durch diese Gewichtung<br />

der einzelnen Wunschkriterien wird der Entscheidungsraster situativ an die Einschätzung<br />

des einzelnen Entscheidungsträgers bzw. das Unternehmen angepasst.<br />

In Abbildung 61 wird eine Nutzengewichtung auf einer Skala von 1 (gar nicht wichtig)<br />

bis 4 (sehr wichtig) vorgenommen. Es können auch feinere Differenzierungen<br />

verwendet werden, sofern die Kriterien dies zulassen und keine unrealistischen Unterscheidungen<br />

erzeugt werden.<br />

433 Brauchlin, 1990, S. 228.<br />

434 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 228.<br />

435 Pümpin, 1991/92, S. 15.<br />

161


162<br />

Dritter Schritt der Nutzwertanalyse: Best<strong>im</strong>mung der Nutzenverläufe bzw. des<br />

Erfüllungsfaktors<br />

Wenn die Wunschkriterien entwickelt bzw. aus dem Zielsystem abgeleitet worden<br />

und anschliessend die Gewichte festgelegt sind, wird der Erfüllungsgrad der Alternativen<br />

in bezug auf die Wunschkriterien best<strong>im</strong>mt. 436 Brauchlin spricht in diesem Zusammenhang<br />

auch von der „Best<strong>im</strong>mung der Nutzenverläufe“. 437 Es geht dabei um<br />

die Frage, welcher jeweilige Nutzen den Ergebnissen der einzelnen Alternativen zuzuordnen<br />

ist. Diese Bewertung kann ordinal oder kardinal erfolgen. 438 Bei der kardinalen<br />

Messung werden der Nutzen und die Nutzenunterschiede der Alternativen in<br />

Quantitäten gemessen. Die ordinale Messung hingegen legt nur eine Rangordnung<br />

des Nutzens fest. 439 Da häufig keine eindeutige quantitative Nutzenmessung durchzuführen<br />

ist, begnügt man sich mit einer Rangordnung <strong>im</strong> Sinne der ordinalen Mes-<br />

sung wie z. B. in Abbildung 61 (0 = nicht erfüllt, 1 = schlecht erfüllt, 2 = erfüllt, 3 = gut<br />

erfüllt, 4 = sehr gut erfüllt).<br />

Vierter Schritt der Nutzwertanalyse: Ergebnisberechnung, Vergleich der<br />

Alternativen und Entscheidung für eine Alternative<br />

In diesem letzten Schritt werden für die einzelnen Alternativen die zugewiesenen<br />

Gewichte mit den Erfüllungsgraden multipliziert, die Ergebnisse berechnet und anschliessend<br />

miteinander verglichen. Aus dem Vergleich sollten dann Trends ableitbar<br />

sein, die angeben, mit welchen Alternativen eine genauere Auseinandersetzung<br />

sinnvoll ist. Mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen kann die Stabilität des Ergebnisses<br />

überprüft werden. Hierbei wird überprüft, wie sich Änderungen der Daten (vor allem<br />

der subjektiven Gewichtung) auf die Reihenfolge der errechneten Nutzwerte auswirken.<br />

440<br />

In dieser Phase ist es wichtig, dass die unter 4.2.4.3 genannten Schwächen der<br />

Nutzwertanalyse <strong>im</strong> Bewusstsein gehalten werden. Es sollte stets klar bleiben, dass<br />

trotz absoluter Zahlenergebnisse <strong>im</strong>mer nur von einer „Scheingenauigkeit“ gesprochen<br />

werden kann. Es können nur Trends abgelesen und Empfehlungen ausgesprochen<br />

werden. Falsch wäre es, eine ult<strong>im</strong>ative Entscheidung aufgrund dieser Entscheidungshilfe<br />

zu fällen, ohne vorher die empfohlenen Alternativen genauer zu<br />

analysieren. Im Vergleich der Ergebnisse der Alternativen muss darauf geachtet<br />

werden, dass nur deutliche Differenzen eine Aussage zulassen. Was in diesem Zusammenhang<br />

als „deutlich“ gelten kann, ist von der Differenzierung der Gewichtungsskala<br />

abhängig.<br />

436 Vgl. Pümpin, 1991/92, S. 15.<br />

437 Brauchlin, 1990, S. 225.<br />

438 Vgl. Füchsle, 1978, S. 162.<br />

439 Vgl. Dichtl/Issing, 1987, S. 236.<br />

440 Vgl. Schnorrenberg/Goebels, 1997, S. 168 und Staehelin, 1992, S. 105.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Fallbeispiel Art Collection:<br />

Für die AC waren alternative Technologien zum Internet ein Katalog auf CD-ROM<br />

und Teleshopping. In Abbildung 61 wird aus den Ergebnissen deutlich, dass gemäss<br />

der normativen Gewichtung des Entscheidungsträgers die Alternative „Internet“ die<br />

Anforderungen der relevanten Kriterien besser zu erfüllen scheint. Teleshopping<br />

scheitert bereits <strong>im</strong> Vorfeld, da das einzige Musskriterium nicht erfüllt wird. Daran<br />

wird noch einmal der Vorteil der Nutzwertanalyse deutlich: Ungeeignete Alternativen<br />

werden durch die Grobselektion frühzeitig el<strong>im</strong>iniert (Teleshopping) und weniger geeignete<br />

Alternativen vorerst zurückgestellt (CD-ROM), so dass zunächst nur die am<br />

besten geeigneten Alternativen weiter geprüft werden müssen (Internet).<br />

163


164<br />

Entscheidungskriterien Alternativen <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

INTERNET CD-ROM- TELESHOPPING<br />

Musskriterien KATALOG<br />

nicht erfüllt nicht erfüllt nicht erfüllt<br />

erfüllt erfüllt erfüllt<br />

1. Investitionsgrenze von X nicht überschreiten<br />

2.<br />

3.<br />

Wunschkriterien Gewicht Erfüllungs- G x E Erfüllungs- G x E Erfüllungs- G x E<br />

grad grad grad<br />

1. Nutzung und Verbreitung bei der Zielgruppe 4 2 8 1 4 1<br />

2. Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung der Zielgruppe 4 4 16 2 8 2<br />

3. Profilierungspotential 3 4 12 4 12 4<br />

4. Kompatibilität zu anderen Profilierungsinstrumenten 2 3 6 3 6 2<br />

5. Entwicklungspotentiale der Technologie 4 4 16 1 4 3<br />

6. Technologische Kompatibilität 2 3 6 1 2 0<br />

7. Vorhandenes technologisches Know-how 3 1 3 1 3 0<br />

8. Verfügbare Ressourcen 4 2 8 2 8 0<br />

9. 3 3 9 1 3 3<br />

10.<br />

11.<br />

12.<br />

13.<br />

14.<br />

15.<br />

Ergebnis 84 50 0<br />

Legende:<br />

Gewicht: 1 = unwichtig, 2 = wenig wichtig, 3 = wichtig, 4 = sehr wichtig<br />

Erfüllungsgrad: 0 = nicht erfüllt, 1 = schlecht erfüllt, 2 = erfüllt, 3 = gut erfüllt, 4 = sehr gut erfüllt<br />

Abbildung 61: Nutzwertanalyse zur Bewertung und Selektion <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel für das Beispiel Art Collection


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

4.2.4.3 Kritische Würdigung der Nutzwertanalyse für die Evaluation<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Während das Technologiepotentialportfolio als qualitatives Verfahren die relevanten<br />

Einflussgrössen transparent macht und als bildliche Darstellung dem Innovationsteam<br />

als Auslegeordnung und Diskussionsgrundlage dient, ist die Nutzwertanalyse<br />

ein semiquantitatives Verfahren, das durch Nutzenaggregation versucht, eine Vergleichbarkeit<br />

verschiedener Alternativen herzustellen.<br />

Die bekannten Schwächen, aber auch die Stärken der Nutzwertanalyse, die bei der<br />

Selektion <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> berücksichtigt werden müssen, lassen sich<br />

wie folgt zusammenfassen: 441<br />

Stärken:<br />

• universelle Verwendbarkeit<br />

• Ausrichtung auf die wichtige Mehrfachzielsetzung<br />

• Zwang zu einer gewissen Vollständigkeit<br />

• Transparenz des Zielsystems<br />

• flexible Handhabung je nach Informationsstand<br />

• Erfassung qualitativer und quantitativer Zielgrössen<br />

• Berücksichtigung von Interdependenzen zwischen den Zielgrössen<br />

• Berücksichtigung von Risiko und Unsicherheit<br />

• Berücksichtigung von Präferenzstrukturen der Entscheidungsträger<br />

• Lokalisierbarkeit von Konflikten<br />

Schwächen:<br />

• Scheingenauigkeit<br />

• Scheinobjektivität<br />

• Möglichkeit zu subtiler Manipulation<br />

• Zeit- und Arbeitsaufwand<br />

• Dilemma zwischen Einfachheit und logisch-sachlicher Richtigkeit<br />

Die gegebene Darstellung der Nutzwertanalyse mit ihren Stärken und Schwächen<br />

zeigt, dass sie sich, die seriöse Handhabung durch den Anwender vorausgesetzt, gut<br />

für Entscheidungssituationen mit komplexen Alternativen und Mehrfachzielsetzung<br />

eignet. Damit bestätigt sich, dass die Nutzwertanalyse ein geeignetes Instrument ist,<br />

um die Entscheidung bezüglich der Problemstellung „Selektion <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>“<br />

vorzubereiten, und so die qualitative Analyse des Technologiepotentialportfolios<br />

ergänzt.<br />

441 Vgl. Brauchlin, 1990, S. 238; Thom, 1992, S. 44 und Schmelzer, 1992, S. 116.<br />

165


166<br />

4.2.5 Definition der Innovationsziele<br />

„Ziele sind normative Aussagen<br />

von Entscheidungsträgern,<br />

die einen<br />

gewünschten, von ihnen<br />

oder anderen anzustrebenden,<br />

zukünftigen Zustand<br />

der Realität beschreiben.“<br />

442 Die Definition<br />

von Zielen und das<br />

Formulieren einer Vision<br />

sind nach einer empirischen Untersuchung von Rudolph besonders wichtig für die<br />

Steigerung des Erfolgs bei Innovationsprojekten <strong>im</strong> Handel. 443 Bereits in Kapitel 3 ist<br />

die Bedeutung von Zielen für den Innovationsprozess diskutiert worden. In diesem<br />

Abschnitt werden wichtige Anforderungen an die Ziele und den Zielbildungsprozess<br />

dargestellt. Sie sind Voraussetzung und Grundlage für ein effektives Innovationscontrolling<br />

(vgl. Abschnitt 4.2.7).<br />

Wegen der Eigenheiten des Innovationsprozesses (vgl. Abschnitt 4.2.5.1) ist die Definition<br />

der Innovationsziele <strong>im</strong> Vorgehenskonzept erst als vierter Schritt vorgesehen.<br />

Das heisst jedoch nicht, dass es zu Beginn des Innovationsprozesses keine Ziele<br />

gibt. Diese werden aber aufgrund des explorativen Charakters der ersten Schritte <strong>im</strong><br />

Vorgehenskonzept sehr grob sein und einer Projektvision gleichen. Ein Beispiel für<br />

ein so weit gefasstes Ziel wäre etwa die bessere Befriedigung eines wichtigen<br />

Kundenbedürfnisses. Erst wenn eine konkrete technologische Innovation ausgewählt<br />

ist, können für deren Umsetzung Ziele formuliert werden, die einen höheren<br />

Konkretisierungsgrad aufweisen. 444<br />

4.2.5.1 Anforderungen an die zu definierenden Ziele<br />

Im Vorgehenskonzept ist die Zieldefinition nach der Entscheidung für eine Innovationsalternative<br />

vorgesehen. Es geht darum, für die zu realisierende Alternative Ziele<br />

aufzustellen, anhand deren der Innovationsprozess und der Erfolg der Innovation<br />

überprüfbar werden.<br />

Es herrscht in der Theorie die verbreitete Meinung, dass Innovationsentscheidungen<br />

lediglich besondere Fälle von Entscheidungen <strong>im</strong> allgemeinen sind. Das ist der<br />

Grund, warum sie in der Entscheidungstheorie keinen eigenen Platz finden. Man ist<br />

der Ansicht, dass die definitorische Kennzeichnung von Entscheidungszielen <strong>im</strong> all-<br />

442 Hauschildt, 1970, S. 551.<br />

443 Vgl. Rudolph, 1999, S. 261.<br />

444 Vgl. Lang, 1997, S. 64.<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

gemeinen uneingeschränkt auch für Innovationsziele <strong>im</strong> besonderen gilt. 445<br />

Hauschildt widerspricht dieser Meinung: “<strong>Innovationen</strong> sollten zweckmässigerweise<br />

nicht als Spezialfall des generellen entscheidungstheoretischen Paradigmas (Überführung<br />

eines Ausgangszustandes in einen gewünschten Endzustand) behandelt<br />

werden.“ 446 Er begründet dies mit der hohen Komplexität und den Eigenheiten <strong>im</strong><br />

Innovationsprozess: Unklarheit der Problemstruktur, Unübersehbarkeit der Problemkomponenten<br />

und Konfliktpotentiale <strong>im</strong> Prozess. 447<br />

Aufgrund der besonderen Gegebenheiten <strong>im</strong> Innovationsprozess (vgl. oben) zeigt<br />

Hauschildt Eigenschaften von Innovationszielen auf, die von den üblichen Entscheidungszielen<br />

abweichen: 448<br />

• <strong>Innovationen</strong> verlangen nach eigenen, spezifischen Zielen. Eine Übernahme von<br />

allgemeinen Zielen aus anderen Zusammenhängen des Unternehmens ist nicht<br />

möglich. Allgemeinere Ziele dienen als Vorgabe, aus der die spezifischeren Ziele<br />

abgeleitet werden können (vgl. Abschnitt 4.2.1).<br />

• Aufgrund der Unsicherheit und der Konfliktpotentiale <strong>im</strong> Innovationsprozess ist<br />

die Zielbildung kein punktueller Akt, sondern ebenfalls ein andauernder Prozess.<br />

• Der Prozess der Zielbildung läuft weitgehend parallel zum Problemlösungs- bzw.<br />

Realisierungsprozess ab.<br />

• Der Zielbildungsprozess und der Problemlösungs- bzw. Realisierungsprozess<br />

beeinflussen sich gegenseitig. Das heisst es findet eine gegenseitige Lenkung<br />

statt, so dass die Zielklarheit nur begrenzt sein kann.<br />

Diese Besonderheiten führen dazu, dass der Zielbildungsprozess <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

entgegen der in der Literatur zur Entscheidungstheorie vertretenen Meinung<br />

andere Eigenschaften aufweist (vgl. 4.2.5.2).<br />

In der Literatur wird eine ganze Reihe von Forderungen an Zielsysteme gestellt wie<br />

z. B. Verständlichkeit, Erreichbarkeit, Nachvollziehbarkeit, Prioritätengewichtung,<br />

Akzeptanz usw. 449 Häufig geht es um die Operationalität und Zielklarheit. 450<br />

Hauschildt plädiert dagegen für eine kontrollierte Zielunklarheit. 451 Diese Forderung<br />

gilt nicht nur für Innovationsprojekte, sondern auch für komplexe Projektvorhaben <strong>im</strong><br />

Handel. 452 Die Entscheidungstheorie versteht Ziele als festgelegte Grössen, die den<br />

445<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 271; Ausführungen zu Zielbildungsprozessen und Zielen finden sich<br />

beispielsweise bei Staehle, 1989, S. 405 ff.; Rudolph, 1999, S. 328 ff. und Hauschildt, 1997, S. 265 ff.<br />

446<br />

Hauschildt, 1997, S. 271.<br />

447<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 273 ff.<br />

448<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 276.<br />

449<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 328; Dörner, 1989, S. 76 ff.; Hauschildt, 1997, S. 278 ff.; Hauschildt, 1981,<br />

S. 308 ff.<br />

450<br />

Vgl. Staehle, 1989, S. 408 f.; Rudolph, 1999, S. 328; Hauschildt, 1981, S. 308 ff.; Hauschildt, 1997,<br />

S. 276 und Dörner, 1989, S. 76 ff.<br />

451<br />

Vgl. Hauschildt, 1993, S. 222 und Hauschildt, 1988 (b), S. 97 ff.<br />

452<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 329.<br />

167


168<br />

Entscheidungsprozess leiten. Der Wandel und die Anpassung von Zielen sind nicht<br />

vorgesehen. „Das gilt auch für die Praxis, die den Wandel von Zielen als Mangel unternehmerischer<br />

Zähigkeit empfindet, wenn sie ihn in Übereinst<strong>im</strong>mung mit militärischen<br />

Anschauungen nicht gar als Ausdruck der Schwäche brandmarkt.“ 453<br />

Es ist besonders bei Innovationsprojekten wichtig, die Ziele nicht bis ins letzte Detail<br />

festzulegen, um den Ungewissheiten des Innovationsprozesses gerecht zu werden.<br />

Diese Einsicht bestätigt sich auch durch die Ergebnisse der empirischen Umfrage, in<br />

der die Handelsmanager eine konkretere und strengere Zielformulierung nicht als<br />

Verbesserungspotential für das Innovationsmanagement einschätzten (vgl.<br />

Abbildung 77). Hamel spricht von Zielvariation und meint damit, dass Ziele auch <strong>im</strong><br />

Verlauf des innovativen Entscheidungsprozesses gebildet und geändert werden. 454<br />

Es bieten sich folgende Möglichkeiten, um die Ziele <strong>im</strong> Innovationsprozess flexibel<br />

und offen zu formulieren, damit sie gleichzeitig den Prozesseigenschaften der Innovation<br />

gerecht werden können und trotzdem noch eine ausreichende Verbindlichkeit<br />

besitzen: 455<br />

• Nutzenformulierungen: Ziele werden als angestrebter Nutzen formuliert. Nutzen<br />

ist oft ein übergeordnetes Ziel und lässt damit Freiheiten, um die Unsicherheiten<br />

<strong>im</strong> Innovationsprozess abdecken zu können. Nutzen kann in die Zielplanungstabelle<br />

(vgl. Abbildung 63) als Grobziel einfliessen. Solche Grobziele sind z. B. die<br />

Kundenzufriedenheit oder Kundenbindung. Auch in Kapitel 3.2.3 sind etliche<br />

Grobziele als Nutzenformulierungen aufgeführt, so z. B. die Rationalisierung, Profilierung,<br />

Prozessopt<strong>im</strong>ierung usw.<br />

• Forderung nach Flexibilität: Die Zielformulierung lässt Freiheitsgrade offen. In der<br />

Zielplanungstabelle sind diese Freiheitsgrade bei den Grobzielen grösser. Die<br />

Detailziele schränken die Freiheitsgrade ein, entsprechen aber der Forderung<br />

nach Flexibilität, da sie angepasst werden können, ohne gleichzeitig die Grobziele<br />

ändern zu müssen.<br />

• Messung in Ordinalskalen: Ordinalskalen 456 sind aufgrund der Grobeinteilung in<br />

„mehr“ oder „weniger“ geeignet, eine erste Ordnung und Vergleichbarkeit der<br />

Zielgrössen herbeizuführen, ohne eine zu grosse messtechnische Verbindlichkeit<br />

aufzuweisen. Da die Ordinalskala eine relativ grobe Messung darstellt, wird besonders<br />

bei der Zielsetzung zum wirtschaftlichen Kräftefeld mit präziseren Einheiten<br />

gearbeitet (Kosten, DB, Ergebnisbeitrag usw.).<br />

• Verbesserung des Status quo, aber kein Streben nach dem Opt<strong>im</strong>um: Die Zielformulierung<br />

sollte so ausfallen, dass zu erreichende Grenzwerte definiert wer-<br />

453 Hauschildt, 1997, S. 278; vgl. auch Hamel, 1988, S. 79 f.<br />

454 Vgl. Hamel, 1988, S. 80 und 94 f.<br />

455 Vgl. Wiegele, 1977, S. 129 ff.; Hinken, 1974, S. 183 ff.; Hauschildt, 1988 (c), S. 109 ff. und<br />

Hauschildt, 1997, S. 279.<br />

456 Vgl. Bohley, 1992, S. 65.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

den. Hinderlich ist die Formulierung eines Zieles, wenn das Opt<strong>im</strong>um erreicht werden<br />

soll. Dieses kann sukzessive geschehen, sollte aber bei innovativen Vorhaben<br />

nicht die Ausgangsbedingung sein. Offener und dem Charakter innovativer<br />

Prozesse entsprechend ist die Zielformulierung als Verbesserung des Status quo.<br />

Grenzwerte sind beispielsweise be<strong>im</strong> wirtschaftlichen Kräftefeld der Break-even-<br />

Punkt oder be<strong>im</strong> personellen Kräftefeld eine Akzeptanzschwelle.<br />

• Negativziele: Die Formulierung von negativen, ausdrücklich nicht gewünschten<br />

Zuständen kann dazu beitragen, dass ein höherer Konkretisierungsgrad erreicht<br />

wird, weil man zu einer genaueren Beschreibung des angestrebten Endzustandes<br />

gezwungen ist. Die Formulierung von Negativzielen lässt wiederum Freiheitsgrade<br />

offen und grenzt spezifische Zustände aus, die der Entscheidungsträger<br />

vermeiden möchte. Hauschildt erkennt sogar eine höhere Motivationsfunktion von<br />

Negativzielen aufgrund einer besseren Kontrollierbarkeit, höheren Aufmerksamkeit<br />

und eines höheren Ranges in der Zielhierarchie. 457 Negativziele können in die<br />

Zielplanungstabelle als Grobziel, aber auch als Detailziel einfliessen.<br />

• Marktorientierung: Die Zielformulierung sollte <strong>im</strong>mer die Ziele der Kunden berücksichtigen.<br />

Wenn die Zielformulierung nur interne Aspekte berücksichtigt, besteht<br />

die Gefahr, die technologische Innovation am Kunden vorbei zu entwickeln. Das<br />

Beispiel MIS in Abbildung 63 enthält nur bei der Zielsetzung auf der konzeptionellen<br />

Ebene marktorientierte Ziele. Dies liegt aber auch daran, dass diese technologische<br />

Innovation den Kundennutzen nur indirekt durch mehr Transparenz für<br />

das <strong>Management</strong> und über die Verbesserung interner Prozesse stiftet.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Abbildung 28 zeigt einen Ausschnitt aus dem Zielsystem des Innovationspaketes für<br />

BoSS. Die GMSG hatte bis 1998 ca. 45 Mio. Sfr. in das Projekt investiert (vgl. Abschnitt<br />

2.3.3). Wenn die intern verursachten Kosten durch Informatik, Schulungen<br />

usw. dazugezählt werden, entsteht über den Zeitraum von zehn Jahren hinweg leicht<br />

die doppelte Summe. Ein Pay-back in dieser Höhe ist noch nicht zu erkennen. Ist das<br />

Projekt deswegen ein Flop? Sicher nicht, denn wenn man das Zielsystem durch ein<br />

wichtiges Negativziel bzw. übergeordnetes Ziel ergänzt, dann ist das Projekt heute<br />

schon erfolgreich. Beispiele für solche Ziele wären etwa: „Marktanteilsverluste aufgrund<br />

des zunehmenden Wettbewerbs und einer eventuellen Internationalisierung<br />

sollen verhindert werden“ oder „Die Überlebensfähigkeit der GMSG soll erhalten<br />

bleiben“. Die Umsätze sind zwar tendenziell noch stagnierend bzw. sinkend, dennoch<br />

wäre ohne die Ausrichtung auf den Markt und das Innovationspaket unter Umständen<br />

mit grösseren Einbussen zu rechnen gewesen. Ausserdem ist zu berücksichtigen,<br />

dass die eingesetzten Systeme nicht sofort ihre volle Leistung bringen,<br />

sondern ihre Wirkungskraft erst nocht entfalten müssen. So ist das MIS erst seit kurzem<br />

voll einsatzfähig.<br />

457 Vgl. Hauschildt, 1988 (c), S. 121.<br />

169


170<br />

4.2.5.2 Zielbildung<br />

Wie in Abbildung 43 zu sehen, verläuft die Zielbildung <strong>im</strong> Innovationsprozess nicht<br />

sequentiell, sondern parallel zu den anderen Aktivitäten. „Die Zielbildung in innovativen<br />

Entscheidungen ist danach ein kognitiver und ein konfliktbewältigender geistiger<br />

Arbeitsablauf, der mit dem Problemlösungsprozess interdependent verbunden ist.“ 458<br />

Die in Abschnitt 4.2.5.1 genannten Eigenschaften der Innovationsziele führen zu den<br />

folgenden Besonderheiten der Zielbildung <strong>im</strong> Innovationsprozess: 459<br />

• Die Zielbest<strong>im</strong>mung ist kein punktueller Akt, sondern ein den Innovationsprozess<br />

begleitender zeitaufwendiger Prozess.<br />

• Der Verlauf der Zielbildung kann sehr unterschiedlich sein. In der Praxis findet<br />

sich häufig die Variante, dass <strong>im</strong> Verlauf eine zunehmende Zielartikulation erfolgt.<br />

Dennoch sollten die Handelsmanager <strong>im</strong> Innovationskonzept frühzeitig versuchen,<br />

die Ziele zu definieren, damit ein möglichst effektives Innovationscontrolling<br />

folgen kann.<br />

• Ziele wandeln sich <strong>im</strong> Verlauf des Innovationsprozesses und müssen durch eine<br />

kontinuierliche Zielbildung angepasst werden.<br />

Aus den Eigenschaften der Zielbildung <strong>im</strong> Innovationsprozess ergibt sich die Forderung,<br />

dass der Zielbildungsprozess für innovative Projekte offen und flexibel gestaltet<br />

sein muss. Auch Belz und Senn schlagen <strong>im</strong> Rahmen einer agilen Marketingrealisierung<br />

ein „alternierendes“ Vorgehen vor, da aufgrund der herrschenden Dynamik 460<br />

keine dauerhafte und langfristige Festlegung von Zielen oder Konzepten möglich<br />

ist. 461 Erreicht werden kann dies für Innovationsprojekte durch eine Projektvision mit<br />

daraus abgeleiteten Rahmenzielen, welche die Prozessbeteiligten <strong>im</strong> Verlauf des<br />

Projektes auf einzelne Zielgrössen herunterbrechen. 462 Für ein effektives Innovationscontrolling<br />

sind ausser den inhaltlichen Zielen Prozessziele zu setzen, die es ermöglichen,<br />

den Fortschritt und die Effizienz des Innovationsprozesses zu beurteilen.<br />

In Kapitel 3.2.3 sind quantitative (pr<strong>im</strong>är Prozessziele) und qualitative (pr<strong>im</strong>är inhaltliche<br />

Ziele) Grobziele genannt. Wichtig ist es, die Ziele in den Rahmen einer Projektvision<br />

zu stellen, denn: „Where a good strategy and objectives engage people intellectually,<br />

a vision engages people emotionally.“ 463<br />

458<br />

Hauschildt, 1988 (a), S. 77.<br />

459<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 277 f.<br />

460<br />

Belz und Senn gehen von dem Konzept des Hyperwettbewerbs nach D’Aveny aus. Vgl. D’Aveny,<br />

1995.<br />

461<br />

Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 42.<br />

462<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 329.<br />

463<br />

Tushman/O´Reilly, 1997, S. 49; vgl. auch die Literatur zum strategischen <strong>Management</strong> und den<br />

Visionen, z. B. Collins/Porras, 1991, S. 30 ff.; Collins/Porras,1994 und Hamel/Prahalad, 1989 und<br />

1994 (a).


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Abbildung 62 zeigt schematisch den Ablauf der Zielbildung mit den für den Innovationsprozess<br />

charakteristischen Rückkopplungen und Anpassungen. Ausserdem ist<br />

die Verbindung zum Innovationscontrolling aufgezeigt, das in Abschnitt 4.2.7 erläutert<br />

wird.<br />

Vision für die technologische<br />

Innovation<br />

finden<br />

Zielbildungsprozess<br />

Grobziele aus<br />

der Vision<br />

ableiten<br />

Detailziele aus<br />

den Grobzielen<br />

ableiten<br />

Messgrössen<br />

festlegen<br />

Realisierung der Innovation<br />

Messzeitpunkt<br />

festlegen<br />

Controllingprozess<br />

Legende: = Vorgaben für den Controllingprozess und Rückkopplungen auf den Zielbildungsprozess<br />

= Anpassungen und Rückkopplungen <strong>im</strong> Zielbildungsprozess<br />

Messung<br />

Abbildung 62: Verbindung von Zielbildungs- und Controllingprozess<br />

Rudolph entwickelt ein integriertes Vorgehen (Zielmatrix) für die Zielplanung von<br />

komplexen Projekten <strong>im</strong> Handel. 464 Diese Zielmatrix berücksichtigt drei Projektphasen<br />

und drei <strong>Management</strong>ebenen (Konzeptziele, Strukturziele und Verhaltensziele)<br />

und erscheint auch für Innovationsprojekte geeignet. Allerdings betont Rudolph auch,<br />

dass der Ausgangspunkt eine Projektvision ist und die Zielmatrix für Innovationsprojekte<br />

aufgrund der mit <strong>Innovationen</strong> verbundenen Unsicherheiten nur bedingt zum<br />

Einsatz kommen sollte. 465<br />

Abbildung 63 zeigt in Anlehnung an die Zielmatrix von Rudolph eine Tabelle zur Zielplanung<br />

<strong>im</strong> Innovationsprozess. Die Projektphasen sind in dieser Tabelle nicht berücksichtigt,<br />

da die Inventionsphase <strong>im</strong> Vorgehenskonzept zu diesem Zeitpunkt bereits<br />

abgeschlossen ist und sich die Zielplanung auf die für Innovationsprojekte kritische<br />

Phase der Realisierung konzentriert. 466 Die Zielplanungstabelle erfasst die<br />

Grobziele zu jedem Kräftefeld und ermöglicht es den Handelsmanagern, <strong>im</strong> Verlauf<br />

des Innovationsprozesses die Grobziele in Detailziele herunterzubrechen und diese<br />

wenn nötig anzupassen. Während die Grobziele pr<strong>im</strong>är inhaltliche Ziele sind, können<br />

bzw. sollten einige Detailziele Prozessziele sein (z. B. <strong>im</strong> wirtschaftlichen Kräftefeld).<br />

Die Tabelle erfasst nicht nur abstrakte Zielformulierungen, sondern fordert die Han-<br />

464 Vgl. Rudolph, 1999, S. 331 f.<br />

465 Vgl. Rudolph, 1999, S. 333.<br />

466 Vgl. Rudolph, 1999, S. 240.<br />

171


172<br />

delsmanager auf, in den Detailzielen so konkret wie möglich zu werden und notwendige<br />

Aktivitäten aufzuführen.<br />

Die Zielplanungstabelle kann nur eine Strukturierungshilfe sein. Sie ist aber bewusst<br />

offen gestaltet, damit sie dem Charakter der technologischen Innovationsprojekte<br />

(Ungewissheit, Komplexität) gerecht werden kann. Die Handelsmanager sind aufgefordert,<br />

die Detailziele <strong>im</strong> Innovationsprozess kontinuierlich zu prüfen und gegebenenfalls<br />

anzupassen. Die Grobziele sollten als Rahmenziele bestehenbleiben und<br />

Orientierung geben. Sie sollten nur bei starken Richtungsänderungen <strong>im</strong> Projekt angepasst<br />

werden. Auf eine Gewichtung der Ziele, die häufig in der Literatur gefordert<br />

wird, 467 wurde in der Zielplanungstabelle aus pragmatischen Gründen verzichtet. Das<br />

entspricht der Forderung nach einer kontrollierten Zielunklarheit und ist in der Praxis<br />

bei innovativen Entscheidungsprozessen häufig anzutreffen. 468 Sollte dennoch eine<br />

Gewichtung sinnvoll erscheinen, kann diese auch für die Detailziele mit Hilfe der<br />

Nutzwertanalyse oder anderen Scoring-Methoden durchgeführt werden. 469<br />

467 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 287 f. und Rudolph, 1999, S. 328.<br />

468 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 282.<br />

469 Vgl. Kapitel 4.2.4.2.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Vision:<br />

Durch mehr Transparenz <strong>im</strong> Warengeschäft, bessere Lieferbereitschaft in den Filialen<br />

und mehr Informationen über das Kaufverhalten der Kunden sollen die Sort<strong>im</strong>ente<br />

opt<strong>im</strong>iert werden sowie die Kundenzufriedenheit und damit die Kundenbindung<br />

steigen.<br />

Zeit: 24 Monate<br />

Budget: XXX Sfr.<br />

Kräftefelder Grobziele Detailziele/Zielanpassung<br />

Konzeptionell • Kundenzufriedenheit<br />

und Kundenbindung<br />

steigern<br />

Organisatorisch • Verantwortlichkeiten für<br />

das neue Instrument<br />

MIS festlegen<br />

Kulturell • Offenheit <strong>im</strong> Unternehmen<br />

erzeugen<br />

• Wandlungsbereitschaft<br />

bei allen Mitarbeitern<br />

• Führung den neuen<br />

Möglichkeiten anpassen<br />

Personell • Qualifikation der betroffenen<br />

Mitarbeiter<br />

• Anreizsysteme den<br />

neuen Möglichkeiten<br />

anpassen<br />

Technologisch • Technologiefit (vgl. Abschnitt<br />

4.2.3)<br />

• Technologische Anforderungen<br />

erfüllen<br />

Wirtschaftlich • Kostenbudget einhalten<br />

• Das neue System soll<br />

zur Ertragssteigerung<br />

beitragen<br />

173<br />

• Regallücken reduzieren<br />

• Informationen über das Kaufverhalten<br />

der Kunden<br />

• Transparenz <strong>im</strong> Warengeschäft<br />

über Erfolge und Misserfolge<br />

• Wartungsverantwortung<br />

• Implementierungsverantwortung<br />

• Schulungsverantwortung<br />

• Zugriffsberechtigung<br />

• Führung lebt die neue Technologie<br />

vor<br />

• Mitarbeiter ermitteln, die bei der<br />

Anwendung der Technologie<br />

Probleme haben oder sich der<br />

Technologie verschliessen<br />

• Schulungsprogramme entwikkeln<br />

und planen<br />

• Bilaterale Vertragsanpassungen<br />

diskutieren<br />

• Technologische Standards der<br />

Branche müssen erfüllt sein<br />

• Erfüllung des Pflichtenheftes<br />

• Zukunftsorientierung des Systems<br />

• Kompatibilität des Systems<br />

• Detaillierter Kostenplan für die<br />

Projektphasen<br />

• Kennzahlen wie z. B. ROI, Payback-Dauer,<br />

Kostenersparnisse<br />

usw.<br />

Abbildung 63: Auszug aus der Zielplanungstabelle für das Beispiel<br />

<strong>Management</strong> Information System der GMSG 470<br />

470 Die Tabelle ist nicht vollständig; sie soll lediglich anhand einiger Beispiele aufzeigen, wie eine<br />

Konkretisierung der Grobziele erfolgt.


174<br />

4.2.6 Realisierung der technologischen Innovation ⎯ Umfeldfit<br />

„Virtually all companies talk<br />

about innovation, and the<br />

<strong>im</strong>portance of ‚doing‘ innovation,<br />

many actually try to<br />

‚do it‘, and only a few actually<br />

succeed in doing<br />

it.“ 471 Die Realisierung der<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

ist <strong>im</strong> Handel ein Problem<br />

und gehört deshalb<br />

nicht umsonst zu den drei Kernherausforderungen (vgl. Abschnitt 4.1). Deswegen ist<br />

sie auch ein Schwerpunkt der schriftlichen Befragung und dieser Arbeit (vgl. die<br />

Kapitel 5, 6 und 7). An dieser Stelle soll keine Vertiefung zur Gestaltung der Rahmenbedingungen<br />

für eine erfolgreiche Realisierung erfolgen (Umfeldfit). Statt dessen<br />

sei auf das notwendige Zusammenspiel der sechs Kräftefelder (organisatorisches,<br />

personelles, konzeptionelles, kulturelles, technologisches und wirtschaftliches Kräftefeld)<br />

in Kapitel 6 sowie auf die Ansatzpunkte zur innovationsfördernden Ausgestaltung<br />

der Kräftefelder in Kapitel 5 und 7 verwiesen.<br />

Bei der Realisierung der technologischen <strong>Innovationen</strong> hat sich in den Expertengesprächen<br />

gezeigt, dass der Handel in ähnlicher Weise vorgeht wie die Industrie bei<br />

der Umsetzung von Produktinnovationen. 472 Abbildung 64 zeigt schematisch die<br />

Realisierungsphasen.<br />

Entwicklung<br />

eines Prototyps<br />

Interne und<br />

externe<br />

Anwendungstests<br />

Anpassungen<br />

Test<br />

am Markt<br />

Multiplikation<br />

Abbildung 64: Realisierungsphasen der technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel<br />

Nach der Entwicklung eines Prototyps werden interne und externe Anwendungstests<br />

durchgeführt. „Mit einem frühen Prototypen ‚zum Anfassen‘ lassen sich frühzeitig<br />

Reaktionen von Kunden testen und deren Bedürfnisse genauer best<strong>im</strong>men. Aber<br />

471 Ahmed, 1998, S. 30.<br />

472 Vgl. Kleinschmidt/Geschka/Cooper, 1996, S. 54 ff.; Witt, 1996, S. 7 ff. und Hauschildt, 1993,<br />

S. 283 ff.<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

4. Innovationsentscheid


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

auch ‚in house‘ sind Prototypen sehr wichtig, da alle ‚Nicht-Technik-Spezialisten‘ vom<br />

Vorstellungsvermögen her besser mit greifbaren Modellen argumentieren können.“ 473<br />

Beispielsweise führt Kaufhof für seine technologischen Neuentwicklungen wie die<br />

mult<strong>im</strong>edialen Infoterminals wissenschaftliche Begleitstudien durch, um die Akzeptanz<br />

und das Nutzungsverhalten der Kunden zu erfassen. Ist diese Phase abgeschlossen,<br />

werden erste Tests am Markt durchgeführt. Vergleichbar den Testmärkten<br />

bei Konsumgüterinnovationen werden <strong>im</strong> Handel einzelne Testfilialen mit der<br />

neuen Technologie ausgerüstet. Beispielsweise hat die Genossenschaft Migros St.<br />

Gallen in dieser Phase nur einige wenige Pilotfilialen mit Scanning ausgerüstet, um<br />

die Funktionsfähigkeit der Technologie <strong>im</strong> täglichen Einsatz zu prüfen. Ist diese<br />

Phase erfolgreich abgeschlossen und sind die in den Tests erkannten Schwachstellen<br />

behoben, kann die Innovation multipliziert werden.<br />

Die Ergebnisse der qualitativen Forschung, aber auch die der schriftlichen Befragung<br />

zeigen, dass das Projektmanagement ein wichtiges Instrument für die Realisierung<br />

von technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel ist (vgl. Abbildung 79). 474 Bereits in Abschnitt<br />

1.5.1.8 wurde auf den integrierten Projektmanagement-Ansatz von Rudolph<br />

hingewiesen. Neuartig an dem Ansatz von Rudolph ist das integrierte Vorgehen<br />

durch die Berücksichtigung der drei <strong>Management</strong>ebenen Konzept, Struktur und<br />

Verhalten. Rudolph entwickelt empirisch geleitet ein Modulsystem zur Steigerung des<br />

Projekterfolges mit folgenden Modulen:<br />

• Projekte identifizieren<br />

• Projekte selektieren<br />

• Projektziele setzen<br />

• Projektorganisation aufbauen<br />

• Integrierte Ablaufplanung<br />

• Projektcommitment steigern<br />

Die ersten beiden Module nehmen eine Makroperspektive ein, indem sie das Handelsmanagement<br />

auffordern, aus Sicht des gesamten Unternehmens zu handeln, um<br />

der von Rudolph empirisch festgestellten Projektinflation systematisch zu begegnen.<br />

475 Die weiteren Module geben <strong>im</strong> Sinne einer Mikroperspektive Hinweise zur<br />

erfolgreichen Gestaltung und Durchführung eines einzelnen Projektes. Diese Perspektive<br />

verfolgt auch die vorliegende Arbeit. Aufgrund der umfassenden Ausführungen<br />

von Rudolph soll das Thema Projektmanagement <strong>im</strong> Handel an dieser Stelle<br />

nicht vertieft werden. Die Ergebnisse fliessen aber in das Vorgehenskonzept und die<br />

Gestaltungsempfehlungen für die Rahmenbedingungen in Kapitel 5 ein.<br />

473 Boutellier/Völker, 1997, S. 139.<br />

474 Vgl. auch Tomczak et al., 1998, S. 82.<br />

175


176<br />

4.2.7 Innovationscontrolling<br />

Das Innovationscontrolling<br />

ist eng mit dem Zielbildungsprozess<br />

verknüpft<br />

und beginnt keineswegs<br />

erst nach der Realisierung<br />

der technologischen Innovation<br />

(vgl. Abbildung 62).<br />

Wenn es trotzdem als<br />

siebter und letzter Schritt<br />

des Vorgehenskonzeptes<br />

7. Innovationscontrolling<br />

6. Realisierung der<br />

technologischen Innovation<br />

5. Definition der<br />

Innovationsziele<br />

1. Situationsanalyse und Vorgaben der<br />

Unternehmens- und Marketingstrategie<br />

2. Trends und Bedürfnisse<br />

analysieren<br />

3. Technologie und Innovation<br />

analysieren<br />

angesetzt wird, geschieht das allein aus Gründen einer übersichtlichen Darstellung<br />

(vgl. Abbildung 43 und Abschnitt 4.2).<br />

Das Innovationscontrolling <strong>im</strong> vorliegenden Vorgehenskonzept bezieht sich auf die<br />

Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>. Ein Innovationscontrolling in den der<br />

Realisierung vorgelagerten Schritten ist schwer möglich aufgrund der Offenheit und<br />

Ungewissheit des Prozesses in diesen Phasen. Es sind zwar Controllingmassnahmen<br />

auch in diesen frühen Phasen des Prozesses denkbar, doch ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass sie greifen, eher gering. Sie dürfen nämlich nicht zu eng definiert<br />

sein, da sonst die Gefahr besteht, dass sie den kreativen Prozess behindern. Anstatt<br />

in den offenen Prozess einzugreifen, kann ihre Funktion deshalb nur darin bestehen,<br />

ihn begleitend zu lenken. Controlling in den frühen Phasen des Prozesses sollte daher<br />

nur als proaktives Controlling verstanden werden (vgl. das methodische Vorgehen<br />

in den Abschnitten 4.2.2, 4.2.3 und 4.2.4). 476 Wichtige Fragen des Innovationscontrollings<br />

nach der Beurteilungsperson, dem Messzeitpunkt, den Evaluationskriterien<br />

und den Bezugsgrössen wurden bereits in Kapitel 3 behandelt und sollen<br />

hier nicht wiederholt werden.<br />

Aufgabe des Innovationscontrollings ist es, das Geschehen <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

transparent zu machen, die Effektivität und Effizienz zu verbessern sowie den verantwortlichen<br />

Führungskräften rechtzeitig entscheidungsrelevante Informationen zur<br />

Verfügung zu stellen. 477 Controlling ist nicht mit dem deutschen Begriff Kontrolle<br />

gleichzusetzen. 478 „Controlling unterscheidet sich von Kontrolle durch die Richtung,<br />

in die man denkt: Kontrolle geht in die Vergangenheit, Controlling in die Zukunft.“ 479<br />

Dennoch hat Controlling auch etwas mit Kontrolle zu tun wie Belz und Senn treffend<br />

feststellen: „Nur was gemessen wird, verfolgen Mitarbeiter aufmerksam und konse-<br />

475<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 256 f.<br />

476<br />

Rudolph fordert für das Controlling komplexer Handelsprojekte eben dieses proaktive Controlling.<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 334.<br />

477<br />

Vgl. Horvath et al., 1989, S. 32.<br />

478<br />

Vgl. Staehle, 1989, S. 620 f.; Wöhe, 1986, S. 174; Boutellier/Völker, 1997, S. 81.<br />

Umfeldfit<br />

Marktfit<br />

Technologiefit<br />

4. Innovationsentscheid


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

quent. Kontrolle ist dabei nach wie vor ein wichtiger Teil der Führung von Mitarbeitern.<br />

Sie beruht nicht auf Misstrauen, sondern ist eine nüchterne Soll-Ist-Analyse, an<br />

der alle Mitarbeiter beteiligt sind.“ 480<br />

In den Expertengesprächen hat sich gezeigt, dass es <strong>im</strong> Handel für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> praktisch kein Controlling gibt. 481 „Viele Handelskapitäne halten ihren<br />

Bauch dabei allemal für ein erfolgversprechenderes Entscheidungsinstrument als die<br />

Kalkulationen windiger Zahlenakrobaten.“ 482 Zum Teil findet ein allgemeines Projektcontrolling<br />

statt, das sich <strong>im</strong> Handel aber noch in der Aufbauphase befindet. 483 Das<br />

Innovationscontrolling stellt einen Spezialfall für das Projektcontrolling dar, weshalb<br />

sich auch viele Instrumente des allgemeinen Projektcontrollings <strong>im</strong> Innovationscontrolling<br />

wiederfinden. 484<br />

Die Literatur zum Innovationscontrolling bezieht sich fast ausschliesslich auf das<br />

F&E-Controlling <strong>im</strong> Produktentwicklungsprozess. 485 Dazu gibt es schon eine Vielzahl<br />

konkreter Kennzahlen, Instrumente und Massnahmen, die hier nicht alle aufgeführt<br />

werden können (z. B. Life Cycle Costing, Target Costing, Prozesskostenrechnung,<br />

Benchmarking, Meilensteinkonzepte, Berichtstechniken usw.). 486 Hauschildt schlägt<br />

eine Innovationsergebnisrechnung als Instrument des Innovationscontrollings vor. 487<br />

Diese Rechnung erscheint für den Handel wünschenswert, ist jedoch wenig realistisch,<br />

wenngleich oder gerade weil sie einen Quantensprung <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

des Handels bedeuten würde. Die Gegenüberstellung von Ausgaben und<br />

Einnahmen in der Innovationsergebnisrechnung erfordert in Geldwerten messbare<br />

Grössen, die allerdings <strong>im</strong> technologischen Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel mit vertretbarem<br />

Aufwand nicht präzise ermittelbar sind. 488 Auch in der Literatur wird der<br />

Einsatz von sogenannten Innovationsabrechnungen kritisch gesehen. „Denn insbesondere<br />

bei innovativen Projekten ist der Einsatz von Abrechnungen aus dem Rechnungswesen<br />

zur Planung und Kontrolle der Aktivitäten des Innovationsprozesses<br />

höchst umstritten, da diesen kreativitätshemmende Eigenschaften aus der Sicht der<br />

Forschung und Entwicklung zugesprochen werden.“ 489 Dennoch ist die Innovationsergebnisrechnung<br />

ein erstrebenswertes Instrument zur abschliessenden Ge-<br />

479<br />

Mann, 1986, S. 127.<br />

480<br />

Belz/Senn, 1997, S. 41.<br />

481<br />

Vgl. auch Tomczak, 1998, S. 83.<br />

482<br />

Schlautmann, 1998, S. 9.<br />

483<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 333.<br />

484<br />

Zum Projekt- und F&E-Controlling vgl. Rudolph, 1999, S. 333 ff.; Burghardt, 1988; Riedl, 1990;<br />

Stockbauer, 1991; Schmelzer, 1992.<br />

485<br />

Vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 74 ff.; Schorb, 1994, S. 121 ff.; Singer, 1993, S. 267 ff.; Littkeman,<br />

1997, S. 1309 ff.; Horvath et al., 1989, S. 32 ff.; Gentner, 1993, S. 46; Witt, 1997, S. 181.<br />

486<br />

Vgl. Singer, 1993, S. 273 ff.; Boutellier/Völker, 1997, S. 77 f.; Kaplan/Norton, 1997, S. 97; Gmeiner,<br />

1997, S. 186 f.; Kenter, 1996, S. 124 ff.<br />

487<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 405.<br />

488<br />

Zusammenfassung der Aussagen der Experten insbesondere zum Thema ROI.<br />

489 Littkemann, 1997, S. 1310.<br />

177


178<br />

samtbeurteilung der technologischen Innovation (in der Aggregation lassen sich die<br />

Zahlen leichter ermitteln). Auch andere Instrumente des F&E- bzw. Innovationscontrollings<br />

sind für den Handel aufgrund folgender Eigenheiten <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

nicht oder nur bedingt geeignet:<br />

• Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind sehr komplex und betreffen zunehmend<br />

nicht nur Teilbereiche des Unternehmens, sondern eine Vielzahl von Bereichen<br />

und Abteilungen.<br />

• Technische Aspekte stehen bei der Entwicklung und Einführung nicht <strong>im</strong> Vordergrund.<br />

Technische Forschung bzw. Grundlagenforschung gibt es <strong>im</strong> Handel praktisch<br />

nicht. Hier geht es allein um die Anwendung und den Einsatz existierender<br />

Technologien.<br />

• Da technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel in der Regel Prozessinnovationen<br />

sind, deren Wirkung und Nutzen nur indirekt und längerfristig wirksam werden, ist<br />

eine Quantifizierung von Messgrössen für das Controlling sehr schwer, dementsprechend<br />

sind auch kurzfristige Erfolgskontrollen kaum möglich.<br />

• Im Handel gibt es keinen Bereich oder eine Stelle, die für das Innovationscontrolling<br />

verantwortlich ist. Entweder ist diese Aufgabe dem allgemeinen Controlling<br />

oder der Projektleitung zugeordnet.<br />

Es ist nicht möglich, <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit eine vollständige Analyse bestehender<br />

Controllinginstrumente und ihrer Anwendbarkeit für das Innovationsmanagement <strong>im</strong><br />

Handel durchzuführen. Auch sollen hier nicht einzelne Kennzahlen wie ROI, Payback<br />

usw. diskutiert werden, weil es dazu genügend Definitionen und Ausführungen<br />

in der Literatur gibt. 490 Um den genannten Eigenheiten <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel gerecht zu werden, sind <strong>im</strong> Folgenden drei Schwerpunkte für ein effektives<br />

Innovationscontrolling für technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel aufgeführt.<br />

4.2.7.1 Quantifizierung der Ziele<br />

Um aufbauend auf dem Zielsystem ein effektives Innovationscontrolling betreiben zu<br />

können, müssen die Innovationsmanager Messgrössen definieren, die eine Aussage<br />

über den Grad der Zielerreichung zulassen. Wie bereits bei der Definition der Ziele,<br />

können auch <strong>im</strong> Controlling Prozessziele und damit ein Prozesscontrolling (Effizienz<br />

des Innovationsprozesses) von inhaltlichen Zielen und einem inhaltlichen Controlling<br />

(Effektivität der technologischen Innovation) unterschieden werden.<br />

Was das Prozesscontrolling <strong>im</strong> Hinblick auf die Effizienz des Innovationsprozesses<br />

betrifft, stellt Thom fest: „Es ist kennzeichnend für den insgesamt noch unbefriedigenden<br />

Stand des Gestaltungswissens für Innovationsprozesse, dass Effizienzkriterien<br />

bislang nicht mit hinreichender Klarheit herausgearbeitet und nur wenig opera-<br />

490 Eine kurze Zusammenfassung findet sich in Abschnitt 5.7.2.1.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

tional definiert wurden.“ 491 Ziel- und Messgrössen des Prozesscontrollings sind pr<strong>im</strong>är<br />

Durchlaufzeit und Prozessqualität. 492 Thom differenziert stärker und schlägt für<br />

verschiedene Betrachtungsebenen Effizienzkriterien vor, um die Effizienz von innovativen<br />

Prozessen zu messen (vgl. Schaukasten 19).<br />

Ohne die Vorschläge von Thom <strong>im</strong> Detail diskutieren zu wollen, zeigt sich, dass alle<br />

genannten Effizienzkriterien auch für die vorliegende Problemstellung <strong>im</strong> Handel geeignet<br />

sind, auch wenn einige Kriterien bei der Operationalisierung Schwierigkeiten<br />

bereiten. Sie können als Zielgrössen in die Controllingtabelle in Abbildung 65 einfliessen.<br />

Betrachtungsebene Beispiele für Effizienzkriterien<br />

• Prozessübergreifend<br />

• Zeitlich<br />

• Sachbezogen<br />

• Sozial<br />

• Phasenspezifisch<br />

• Ideengenerierung<br />

• Ideenakzeptierung<br />

• Ideenrealisierung<br />

Innovationsinstrumentspezifisch<br />

• Z. B. betriebliches Vorschlagswesen<br />

• Z. B. Forschung und Entwicklung<br />

Durchlaufzeit<br />

Problemlösungsumsicht<br />

Gruppenkohäsion<br />

179<br />

Kosten der Kreativitätsförderungsmassnahmen<br />

Personenbezogene Realisationsvorsorge<br />

Durchsetzungsrate<br />

Kosten-Nutzen-Verhältnis des betrieblichen<br />

Vorschlagswesens<br />

Eingenommene Lizenzgebühren<br />

Schaukasten 19: Effizienzkriterien für Innovationsprozesse 493<br />

Als Bezugsgrössen für die von Thom genannten Effizienzkriterien dienen Zielvorgaben.<br />

Durch einen Soll-Ist-Vergleich können die Innovationsmanager bzw. -controller<br />

Abweichungen ermitteln und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen. In der Literatur<br />

findet sich häufig das Benchmarking als Lieferant von Bezugsgrössen. 494 Für die hier<br />

betrachteten Innovationsprojekte erscheint diese Methode wenig realistisch, da jedes<br />

Innovationsprojekt einen sehr eigenen Charakter hat (vgl. Abbildung 70) und der<br />

Austausch bzw. die Publikation von relevanten Informationen zwischen Handelsunternehmen<br />

kaum existiert. Dennoch kann ein Benchmarking durchgeführt werden,<br />

wenn mit Technologielieferanten und -beratern zusammengearbeitet wird, da sie in<br />

491 Thom, 1992, S. 13.<br />

492 Vgl. Singer, 1993, S. 290.<br />

493 Thom, 1992, S. 13.


180<br />

der Regel Erfahrungen mit speziellen Technologieprojekten haben und Benchmarks<br />

vorgeben können. 495<br />

Das inhaltliche Controlling hat zur Aufgabe, das Erreichen der mit der technologischen<br />

Innovation verfolgten Ziele zu überprüfen. Es geht dabei nicht um die Prozesseffizienz,<br />

sondern um die Ziele aus dem Zielbildungsprozess, die in der Zielplanungstabelle<br />

erfasst sind (vgl. Abschnitt 4.2.5 und Abbildung 63). Wie bereits in Kapitel<br />

3 festgestellt, überwiegen qualitative Zielsetzungen <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

des Handels. Das Controlling muss demnach auch diese qualitativen Ziele so gut wie<br />

möglich messen und überprüfen. Dies entspricht dem generellen Trend <strong>im</strong> Handel,<br />

das Controlling weniger quantitativ und stärker qualitativ zu verstehen. „Selbst qualitative<br />

Kriterien, lange Zeit <strong>im</strong> Reich der Zahlenfreaks verpöhnt, halten Einzug in moderne<br />

Analysen.“ 496 Target costing und Customer lifet<strong>im</strong>e sind in diesem Zusammenhang<br />

bekannte Konzepte, die für den Handel neu entdeckt werden. 497<br />

Ein aktuelles <strong>Management</strong>instrument, das auch zunehmend für das Controlling eingesetzt<br />

wird und das bereits viele Softwareanbieter in ihre Controlling- und MIS-<br />

Module eingebaut haben 498 , ist die Balanced Scorecard. 499 „Sie enthält durchaus traditionelle<br />

finanzielle Kennzahlen. Doch diese finanziellen Kennzahlen reflektieren<br />

lediglich vergangene Ereignisse, was <strong>im</strong> Industriezeitalter durchaus ausreichte, da<br />

Investitionen in langfristige Fähigkeiten und Kundenbeziehungen nicht erfolgskritisch<br />

waren. Diese finanziellen Kennzahlen sind jedoch unangebracht für die Reise, welche<br />

Informationszeitalter-Unternehmen antreten müssen, um zukünftige Werte durch<br />

Investitionen in Kunden, Zulieferer, Mitarbeiter, Prozesse, Technologien und <strong>Innovationen</strong><br />

zu schaffen. Die Balanced Scorecard ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener<br />

Leistungen um die treibenden Faktoren zukünftiger Leistungen.“ 500 Insgesamt<br />

werden vier Perspektiven in der Balanced Scorecard berücksichtigt, nach denen das<br />

Unternehmen geführt und beurteilt wird: die finanzielle Perspektive, die Kundenperspektive,<br />

die Perspektive der internen Geschäftsprozesse und die Innovationsperspektive.<br />

Folglich beschäftigt sich eine „Card“ (Berichtsbogen) ausschliesslich mit<br />

dem Thema <strong>Innovationen</strong> (Lernen und Entwicklung). 501 Die Ziele und Kennzahlen<br />

des Berichtsbogens werden aus der Vision und Strategie des Unternehmens abgeleitet.<br />

Auf jeden Bereich des Unternehmens werden die vier Perspektiven der<br />

Balanced Scorecard angewendet. „Während sie durch die finanzielle Perspektive das<br />

Interesse an kurzfristig orientierten Leistungen aufrecht erhält, offenbart sie die<br />

494 Vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 77.<br />

495 Ergebnis der Expertengespräche.<br />

496 Schlautmann, 1998, S. 9.<br />

497 Vgl. Schlautmann, 1998, S. 9 f.<br />

498 Ergebnis eines Vergleichs von Standardsoftware für das Controlling, den das Handelsjournal<br />

durchgeführt hat (vgl. Schlautmann, 1998, S. 9 und 11).<br />

499 Zur ausführlichen Darstellung der Balanced Scorecard vgl. Kaplan/Norton, 1997.<br />

500 Kaplan/Norton, 1997, S. 7 f.<br />

501 Kaplan/Norton, 1997, S. 8 f.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Werttreiber für wichtige, langfristige und wettbewerbsfähige Leistungen.“ 502 Die in<br />

Abbildung 65 gezeigte Controllingtabelle orientiert sich am Vorgehen der Balanced<br />

Scorecard und verbindet sie mit den in dieser Arbeit verwendeten sechs Kräftefeldern<br />

anstelle der vier Perspektiven. Auch der Aufbau der Tabelle lehnt sich am Aufbau<br />

der Scorecards an. 503<br />

Auch wenn die Grobziele in der Zielplanungstabelle bereits in Detailziele untergliedert<br />

wurden, reicht der Konkretisierungsgrad noch nicht aus, um eine Messung der<br />

Zielerreichung vorzunehmen. Dazu müssen die Innovationsmanager die Detailziele<br />

anhand von Messgrössen quantifizieren. In Abbildung 65 ist die Zielplanungstabelle<br />

um eine Spalte erweitert worden, die dazu dient, eine Quantifizierung der Detailziele<br />

vorzunehmen. Wenn möglich sollte dies durch nachvollziehbare Kennzahlen geschehen.<br />

Gemäss den Ausführungen in Abschnitt 3.2.4 ist es notwendig, dass für die<br />

Verwendung von Kennzahlen best<strong>im</strong>mte Vorgaben gemacht werden, damit <strong>im</strong> nachhinein<br />

Referenzgrössen für die Beurteilung der Zielerreichung bestehen. Auch für<br />

qualitative Ziele sollten Vorgaben gemacht werden, z. B. in Form von Anforderungsprofilen<br />

(was muss das Schulungsprogramm alles abdecken), Pflichtenheften oder<br />

verbindlichen Leitsätzen (z. B. Führungsleitsätze, damit die Innovation von der Führung<br />

„vorgelebt“ wird). Entsprechend der flexiblen Zielplanung <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

müssen die Innovationsmanager auch die Messgrössen den sich unter Umständen<br />

<strong>im</strong> Prozessverlauf ändernden Detailzielen flexibel anpassen.<br />

4.2.7.2 Termine und Meilensteine<br />

Empirische Studien zum F&E-<strong>Management</strong> zeigen einen hohen Zusammenhang<br />

zwischen Termin- und Projektkostenüberschreitung. 504 Dieser Zusammenhang hat<br />

sich in den Expertengesprächen auch für technologische Innovationsprojekte bestätigt<br />

(vgl. auch das Fallbeispiel GMSG in Kapitel 2). Deswegen ist die Einhaltung von<br />

Terminplänen äusserst wichtig für die effiziente Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>.<br />

Es genügt nicht, einen Endtermin zu verfolgen. Es muss für jedes Ziel der<br />

Messzeitpunkt festgelegt werden, so dass eine Reihe von Meilensteinen den Realisierungsprozess<br />

begleitet und damit eine kontinuierliche Überprüfung ermöglicht (vgl.<br />

Fallbeispiel GMSG, Abbildung 30). Deswegen wurde als zweite controllingrelevante<br />

Grösse die Terminplanung bzw. die Planung der Meilensteine in die Zielplanungsund<br />

Controllingtabelle aufgenommen (vgl. Abbildung 65). „Ein Meilenstein ist ein<br />

herausgehobenes Ereignis <strong>im</strong> Gesamtprozess, das einen best<strong>im</strong>mten Abschnitt dieses<br />

Gesamtprozesses abschliesst. Oftmals sind derartige Meilensteine zugleich Zwi-<br />

502 Kaplan/Norton, 1997, S. 8.<br />

503 Vgl. Kaplan/Norton, 1997, S. 8 f.<br />

504 Vgl. Singer, 1993, S. 273 und Fricke/Lohse, 1997, S. 147.<br />

181


182<br />

schenstationen <strong>im</strong> Gesamtprozess, die Gelegenheit bieten, über Abbruch oder Fortführung<br />

zu entscheiden.“ 505<br />

Ein starrer Zeitplan mit festgelegten Terminen und Meilensteinen entspricht jedoch<br />

nicht dem Wandlungscharakter der betrachteten Innovationsprojekte. Andererseits<br />

führt eine beliebige und willkürliche Anpassung der Terminplanung dazu, dass die<br />

Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit verlorengeht. Die Lösung dieses Widerspruchs<br />

kann ein flexibles Meilensteinkonzept sein. „Die Anzahl der berichtspflichtigen Meilensteine<br />

wird der Komplexität, dem Innovationsgrad und dem damit verbundenen<br />

Risiko eines Projektes angepasst.“ 506 Die Anpassung kann auch noch <strong>im</strong> Verlauf des<br />

Projektes erfolgen. Eine Unterscheidung der Meilensteine nach der Berichtspflicht<br />

hilft die Flexibilität zu steigern. Die wichtigsten Meilensteine sind berichtspflichtig gegenüber<br />

der Projektleitung und dem Innovationscontrolling, dagegen können kleinere<br />

Projektfortschritte abteilungsintern oder personenbezogen definiert werden.<br />

Gerade bei technologischen <strong>Innovationen</strong> zeigt sich, dass die Fehlerbeseitigungskosten<br />

um so höher sind, je später der Fehler erkannt wird. Ist beispielsweise ein<br />

Scanningsystem erst einmal in allen Filialen multipliziert, kann die Behebung eines<br />

Fehlers, z. B. in informationstechnischen Schnittstellen, sehr aufwendig sein. Deswegen<br />

ist es sinnvoll, die Meilensteine mit Fortschrittsberichten 507 , Reviews 508 oder<br />

Projektkurzberichten 509 zu ergänzen. Zu jedem Meilenstein muss der verantwortliche<br />

Mitarbeiter einen Bericht verfassen, der den Stand seiner Aufgabe, das Erreichen<br />

oder Verfehlen des Meilensteins mit Begründung, offene Punkte, Risiken, mögliche<br />

Fehler und Probleme für das weitere Vorgehen sowie wenn möglich eine Kostenoder<br />

Wirtschaftlichkeitsrechnung enthält. Die Zusammenführung der Reviews <strong>im</strong> Innovationscontrolling<br />

ermöglicht die Verfolgung der Meilensteine und gleichzeitig eine<br />

Früherkennung von eventuellen Engpässen und Problemen.<br />

4.2.7.3 Verantwortlichkeit für das Innovationscontrolling<br />

Das Innovationsmanagement selbst hat <strong>im</strong> Handel nur eine schwache organisatorische<br />

Verankerung (vgl. Abschnitt 5.2.1). In den Expertengesprächen hat sich gezeigt,<br />

dass es keine eigene Stelle für das Controlling von <strong>Innovationen</strong> gibt. Wenn<br />

überhaupt ein Controlling erfolgt, dann auf Geschäftsleitungsebene nach Rentabilitätsaspekten<br />

oder von der Projektleitung bzw. den Projektbeteiligten für Teilschritte<br />

des Projektes. Das Fallbeispiel Migros hat gezeigt, dass eine Controllinginstanz, bei<br />

der alle relevanten Informationen zusammenlaufen, fehlte.<br />

505 Hauschildt, 1997, S. 370.<br />

506 Singer, 1993, S. 273.<br />

507 Vgl. Brockhoff, 1988, S. 266 ff.<br />

508 Vgl. Singer, 1993, S. 275 f.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Die Literatur zum F&E- und Innovationsmanagement geht in der Regel davon aus,<br />

dass es für das Innovationscontrolling eine spezielle Controllingeinheit gibt. 510 Dies<br />

scheint auch <strong>im</strong> industriellen F&E-<strong>Management</strong> weit verbreitet zu sein. Für den Handel<br />

ist die Forderung nach einer eigenen Controllingabteilung für <strong>Innovationen</strong> aufgrund<br />

der Kostensituation und des temporären Charakters der Innovationsprojekte<br />

wenig realistisch. Ausserdem ist das Innovationsmanagement keine Kernkompetenz<br />

<strong>im</strong> Handel wie die F&E beispielsweise in der pharmazeutischen Industrie. Rudolph<br />

berichtet von Bestrebungen <strong>im</strong> Handel, Abteilungen für Projektcontrolling aufzubauen.<br />

511 Eine solche Abteilung wäre auch geeignet, technologische Innovationsprojekte<br />

zu betreuen, und hätte aufgrund der breiteren Aufgabenstellung einen gesicherten<br />

Auslastungsgrad.<br />

Eine andere Möglichkeit ist die Integration des Innovationscontrollings in die für die<br />

Innovation verantwortliche Organisationsstruktur. Der Projektleiter oder Innovationsmanager<br />

müsste dann gleichzeitig die Controllingfunktion wahrnehmen. Der Nachteil<br />

dieser Möglichkeit besteht in ihrer Forderung nach Selbstkontrolle (wobei Controlling<br />

nicht als Kontrolle zu verstehen ist 512 ). Sie widerspricht der häufig geforderten eindeutigen<br />

Aufgabentrennung und klaren Verantwortungsstruktur <strong>im</strong> Controlling. 513 Ausserdem<br />

ist es fraglich, ob der Innovationsmanager ausreichende Kenntnisse <strong>im</strong><br />

Controlling besitzt. Ein Vorteil der Personalunion ist dagegen die Vereinigung von<br />

fachlicher Kompetenz und Controlling-Know-how, die dem Innovationsmanagement<br />

inhaltlich förderlich ist. Der Controller wäre dann nicht nur ein „Brückenbauer“ zwischen<br />

den beteiligten Funktionsbereichen, sondern selbst in den Innovationsprozess<br />

integriert. 514 Eine vergleichbare Anforderung stellt auch Rudolph an den Projektcontroller,<br />

der in der Lage sein sollte, die Projekte auch inhaltlich zu unterstützen. 515<br />

Aus den mehrfach aufgeführten Eigenschaften des Innovationsprozesses ergeben<br />

sich besondere Anforderungen an den Innovationscontroller. „Der Controller muss<br />

<strong>im</strong>stande sein, zu erkennen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um vom assoziativen<br />

auf konvergentes Denken umzuschalten. Zunächst hat er also die Kreativität der<br />

Beteiligten zu fördern, dann wird er die Ergebnisorientierung in den Vordergrund<br />

stellen.“ 516 Ausserdem sollte der Innovationscontroller neben dem notwendigen betriebswirtschaftlichen<br />

Wissen auch das technische Verständnis für die technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> besitzen. 517 Auch Horvath stellt ähnliche Anforderungen für die<br />

Akzeptanz des F&E-Controllers, die in gleicher Weise für den Innovationscontroller<br />

509<br />

Vgl. Singer, 1993, S. 279.<br />

510<br />

Vgl. Horvath et al., 1989, S. 38 f.; Boutellier/Völker, 1997, S. 81.<br />

511<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 333.<br />

512<br />

Vgl. Wöhe, 1986, S. 174; Boutellier/Völker, 1997, S. 81.<br />

513<br />

Vgl. Rudolph 1999, S. 335.<br />

514<br />

Vgl. Horvath et al., 1989, S. 39.<br />

515<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 335.<br />

516<br />

Horvath et al., 1989, S. 39.<br />

517<br />

Vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 82.<br />

183


184<br />

<strong>im</strong> Handel gelten: „Die Akzeptanz des F&E-Controllers hängt freilich entscheidend<br />

von seiner Kompetenz ab. Denn er muss sowohl für die Forschung als auch für das<br />

Marketing und die Produktion ein qualifizierter Partner sein, eine Instanz, die sich<br />

nicht darauf beschränkt, die Projektleiter wegen Budgetüberschreitungen zu mahnen,<br />

ohne die Ursachen dafür zu verstehen.“ 518<br />

Welche organisatorische und personelle Lösung für das einzelne Handelsunternehmen<br />

die richtige ist, wird massgeblich von seiner wirtschaftlichen Situation und Grösse<br />

best<strong>im</strong>mt. In jedem Fall zeigt sich aus den Expertengesprächen und der Fallstudie<br />

die Notwendigkeit für ein Innovationscontrolling aus einer Hand. Ob dies temporär<br />

oder fest institutionalisiert sein muss, kann nicht abschliessend beantwortet werden.<br />

518 Horvath et al., 1989, S. 39; vgl. auch Domsch/Gerpott, 1988.


Kapitel 4: Kernherausforderungen und Vorgehenskonzept<br />

Vision:<br />

Durch mehr Transparenz <strong>im</strong> Warengeschäft, bessere Lieferbereitschaft in den Filialen und mehr Informationen über das Kaufverhalten der Kunden sollen die<br />

Sort<strong>im</strong>ente opt<strong>im</strong>iert werden sowie die Kundenzufriedenheit und damit die Kundenbindung steigern.<br />

Zeit: 24 Monate<br />

Verantwortlichkeit/<br />

Durchführung<br />

• Filialleitung<br />

• Verkaufschef<br />

Termine/<br />

Meilensteine<br />

• Nach Einführung<br />

kontinuierlich messen<br />

• Informatik<br />

• Organisation<br />

• Projektleitung<br />

• Geschäftsleitung<br />

• Projektleitung<br />

• Bis zur Anbindung<br />

der End-User definitiv<br />

festlegen<br />

• Befragung vor und<br />

während der<br />

Einführung<br />

• Gespräche<br />

kontinuierlich führen<br />

• Personalabteilung<br />

• Projektleitung<br />

• Fachabteilungen<br />

• Vorbereitend und<br />

begleitend zur<br />

Einführung<br />

• Bei der Anschaffung<br />

bzw. der Entwicklung<br />

Budget: XXX Sfr.<br />

Kräftefelder Grobziel Detailziel/Zielanpassung Quantifizierung/<br />

Vorgaben<br />

Konzeptionell • Kundenzufriedenheit • Regallücken reduzieren • Prozentuale Reduktion<br />

und Kundenbindung<br />

von Regallücken. 25% <strong>im</strong><br />

steigern<br />

ersten, 75% <strong>im</strong> zweiten<br />

Jahr<br />

Organisatorisch • Verantwortlichkeiten für • Wartungsverant- • Verantwortungsplan und<br />

das neue Instrument wortung<br />

Zugriffsplan aufstellen<br />

MIS festlegen<br />

• Zugriffsberechtigung<br />

Kulturell • Wandlungsbereitschaft • Mitarbeiter ausfindig • Mitarbeiterbefragung<br />

bei allen Mitarbeitern machen, die die • Einzelgespräche mit<br />

• Führung den neuen Anwendung der<br />

betroffenen Mitarbeitern<br />

Möglichkeiten anpassen Technologie blockieren führen<br />

oder damit Probleme<br />

haben<br />

• Neue Technologie<br />

„vorleben“<br />

Personell • Qualifikation der • Schulungsprogramme • Schulungszielgruppe und<br />

betroffenen Mitarbeiter entwickeln und planen Schulungsinhalte<br />

• Anreizsysteme den<br />

festlegen<br />

neuen Möglichkeiten<br />

anpassen<br />

Technologisch • Technologische • Erfüllung des<br />

• Pflichtenheft anhand von<br />

Anforderungen erfüllen Pflichtenheftes<br />

technischen Grössen<br />

prüfen<br />

Wirtschaftlich • Kostenbudget einhalten • Detaillierter Kostenplan • Kostenplan<br />

• Das neue System soll für die Projektphasen • Kennzahlen: 13,5% ROI,<br />

zur Ertragssteigerung • Kennzahlen wie z.B. Pay-back in max. 5<br />

beitragen<br />

ROI, Pay-back-Dauer, Jahren<br />

Kostenersparnisse usw.<br />

• Informatik<br />

• Controlling<br />

• Projektleitung<br />

• Geschäftsleitung<br />

• Messung in der<br />

jeweiligen<br />

Projektphase<br />

• Z.B. Kostenersparnis<br />

ein Jahr nach<br />

Einführung<br />

Abbildung 65: Auszug aus der Zielplanungs- und Controllingtabelle für das<br />

Beispiel <strong>Management</strong> Information System der GMSG<br />

185


186<br />

4.3 Kritische Würdigung des Vorgehenskonzeptes zum<br />

marktorientierten <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel<br />

Das entwickelte Vorgehenskonzept konzentriert sich auf den Prozess der Entwicklung<br />

und Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel. Es enthält Instrumente<br />

und Massnahmen zu den sieben Schritten, die ein strukturiertes Vorgehen<br />

unterstützen. Im Sinne einer kritischen Bewertung des Konzeptes lassen sich folgende<br />

Stärken und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung feststellen:<br />

Stärken des Konzeptes:<br />

• Förderung der Transparenz <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

• Anleitung für ein strukturiertes Vorgehen<br />

• Integration von Marktorientierung und Technologieorientierung<br />

• Verbindung von explorativer Innovationssuche (Vorgehensschritte zwei und drei)<br />

und Innovationsrealisierung (Vorgehensschritte vier bis sieben)<br />

• Spezifische Ausrichtung auf technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

• Anwendungsorientierung durch eine einfache und pragmatische Ausgestaltung<br />

Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung:<br />

• Da verschiedenste technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel berücksichtigt wurden,<br />

hat das Konzept teilweise zu viele Freiheitsgrade<br />

• Vertiefung und Konkretisierung einiger Instrumente und Massnahmen<br />

• Überprüfung des Nutzens und der Anwendbarkeit des Konzeptes in der Praxis<br />

• Gegebenenfalls muss nach einem Praxistest die Benutzerfreundlichkeit gesteigert<br />

werden<br />

Insgesamt stellt das Vorgehenskonzept eine Möglichkeit dar, den bisher intuitiven<br />

Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel zu strukturieren. Es trägt dazu bei, technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel nicht technologiegetrieben und willkürlich, sondern marktorientiert<br />

und systematisch zu entwickeln und einzuführen.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung zum<br />

<strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

und Gestaltungshinweise für die sechs Kräftefelder<br />

„Gemäss dem Paradigma des situativen Ansatzes üben Umwelt- bzw. Marktfaktoren<br />

und unternehmensinterne Variablen gemeinsam Einfluss auf den Innovationserfolg<br />

aus.“ 519 Bereits in Kapitel 1 wurden die sechs Kräftefelder vorgestellt, die als unternehmensinterne<br />

Variablen je nach Konfiguration förderlichen oder hemmenden Einfluss<br />

auf die Realisierung der technologischen Innovation haben. Sie sind noch einmal<br />

in Abbildung 66 dargestellt. Die Zusammenstellung lehnt sich an der Literatur<br />

zum Innovationsmanagement an. 520 Die Kräftefelder wurden durch die empirische<br />

Befragung genauer zu best<strong>im</strong>men versucht. Dabei war das Ziel leitend, Hinweise für<br />

eine innovationsfördernde Gestaltung der Rahmenbedingungen zu geben. In diesem<br />

Kapitel werden die Ergebnisse der schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> ausgewertet und dargestellt. 521 Das<br />

Vorgehenskonzept in Kapitel 4 basiert auf einigen Ergebnissen der Befragung. Sein<br />

sechster Schritt, die Realisierung der technologischen Innovation (vgl. Abschnitt<br />

4.2.6), wird hier, <strong>im</strong> Kapitel 5, vertieft. Darüber hinaus werden Hinweise für eine innovationsorientierte<br />

Ausrichtung des Unternehmens gegeben.<br />

Im folgenden Abschnitt 5.1 werden die wichtigsten allgemeinen Ergebnisse der Befragung<br />

dargestellt. Die besonderen Ergebnisse zu den einzelnen Kräftefeldern sind<br />

in den darauf folgenden Abschnitten 5.2 bis 5.7 erläutert. Dieses Kapitel gibt einen<br />

Überblick über die empirischen Ergebnisse und damit den Status quo der Rahmenbedingungen<br />

für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel. Ausserdem lassen sich<br />

aus den empirischen Ergebnissen, Expertengesprächen und Fallbeispielen Ansatzpunkte<br />

für die innovationsfördernde Ausgestaltung der Kräftefelder in der Praxis ableiten.<br />

Diese Ansatzpunkte sind am Ende des jeweiligen Abschnittes für jedes Kräftefeld<br />

aufgeführt. Die Auswahl der Hinweise folgt den Ergebnissen der schriftlichen<br />

Befragung und hebt die Ansatzpunkte hervor, die sich durch die qualitative Forschung<br />

als für das Innovationsmanagement wichtig herausgestellt haben (vgl. auch<br />

Kapitel 7). Die Handlungsempfehlungen zu den Kräftefeldern sind stark durch die<br />

Forderung nach einer emotionalen Marketingrealisierung von Belz und Senn geleitet:<br />

519 Olschowy, 1990, S. 75.<br />

520 Vgl. Kirsch, 1978; Bitzer, 1990; Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992; Hauschildt, 1997; Cooper, 1975;<br />

Cooper, 1984; King/Anderson, 1995; Bierfelder, 1994; Hauser, 1990; Rober/Weiss, 1990; Maas, 1990.<br />

521 Zu Befragungsdesign, Stichprobe, Response und Zusammensetzung der Stichprobe vgl. Abschnitt<br />

1.4.2.1 f. Die ausgewertete Stichprobe beinhaltet 113 Fragebögen. Das n in den Abbildungen ist die<br />

Bezugsgrösse für die Berechnung der prozentualen Angaben in den Abbildungen und betrifft<br />

entweder die Anzahl der Nennungen oder die Anzahl der befragten Handelsmanager. Bei<br />

Mehrfachnennungen kann n grösser als die Anzahl der Befragten (113) sein. Da aber manche<br />

Teilnehmer der Befragung zu best<strong>im</strong>mten Fragen keine Angaben machen konnten oder wollten, kann<br />

es möglich sein, dass n kleiner als die Anzahl der Befragten ist.<br />

187


188<br />

„Neben der fachlichen ist unbedingt auch die emotionale Sichtweise der Beteiligten<br />

zu berücksichtigen. [...] Emotionale Marketingrealisierung gewichtet die Arbeitsatmosphäre<br />

in Unternehmungen und die Gefühle der Mitarbeiter stark.“. 522 Die Forderung<br />

nach der Berücksichtigung der weichen Aspekte <strong>im</strong> Realisierungsprozess wird<br />

für diese Arbeit durch die Kausalanalyse in Kapitel 6 bestätigt.<br />

Kulturelles Kräftefeld<br />

Organisatorisches Kräftefeld<br />

Innovationsprozess<br />

Konzeptionelles Kräftefeld<br />

Personelles Kräftefeld Technologisches Kräftefeld<br />

Wirtschaftliches Kräftefeld<br />

Abbildung 66: Kräftefelder des Innovationsprozesses<br />

522 Belz/Senn, 1997, S. 48; vgl. auch Belz, 1997, S. 222 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.1 Allgemeine Ergebnisse aus der Befragung zum <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten allgemeinen Ergebnisse der empirischen<br />

Befragung dargestellt. Dazu gehören zum einen Ergebnisse, die sich keinem<br />

Kräftefeld eindeutig zuordnen lassen, aber dennoch für den Leser von Interesse sind.<br />

Zum anderen sind Auswertungen dargestellt, die als Grundlage für das Verständnis<br />

der weiteren Ausführungen zu den einzelnen Kräftefeldern für den Leser notwendig<br />

bzw. hilfreich sind.<br />

5.1.1 Aktuelle technologische Innovationsprojekte <strong>im</strong> Handel<br />

In Frage 4 des Fragebogens 523 waren die befragten Handelsmanager aufgefordert,<br />

die drei wichtigsten aktuellen technologischen Innovationsprojekte ihres Unternehmens<br />

zu nennen. Die genannten <strong>Innovationen</strong> wurden, soweit möglich, zu Gruppen<br />

zusammengefasst. Es zeigt sich, dass die Themen Internet, Warenwirtschaft und<br />

Scanning den Handel aktuell am stärksten beschäftigen. Mit deutlichem Abstand folgen<br />

Innovationsprojekte zu den Themen ECR, Kundenkarten/Database Marketing,<br />

<strong>Management</strong> Information System und Data Warehouse. Hinsichtlich des Scannings<br />

darf allerdings vermutet werden, dass die Aktualität abn<strong>im</strong>mt, da seine Verbreitung<br />

schon fortgeschritten ist. Hingegen ist der Wert zum ECR eher <strong>im</strong> Sinne einer steigenden<br />

Aktualität zu sehen, die künftig zunehmen dürfte, sobald auch kleinere Unternehmen<br />

zu diesem Thema vermehrt aktiv werden. Einen vergleichsweise geringen<br />

Stellenwert nehmen derzeit die Logistikprojekte (4,8%), die Themen Data<br />

Warehouse (4,8%), MIS (6,1%) und neue Medien <strong>im</strong> Verkauf (2,7%) ein. Die Werte<br />

zu diesen Themen können als Hinweis auf künftige Potentiale in diesen Technologien<br />

gesehen werden. 524 Schaukasten 20 gibt einen Überblick über einige von jenen<br />

Antworten auf die Frage nach den aktuellen technologischen Innovationsprojekten,<br />

die den genannten Gruppen nicht zugeordnet werden konnten.<br />

Für die folgenden Fragen <strong>im</strong> Fragebogen wählten die Handelsmanager eine technologische<br />

Innovation aus, die sie detaillierter beurteilen sollten. 525 Wie die <strong>im</strong> Detail<br />

beurteilten Innovationsprojekte <strong>im</strong> einzelnen gewichtet sind, zeigt Abbildung 68. Innovationsprojekte<br />

zu den Themen Scanning, Warenwirtschaft und Internet wurden<br />

am häufigsten für eine detaillierte Beurteilung ausgewählt. Damit entsprechen die<br />

ausgewählten Projekte, die auch die Grundlage der weiteren Auswertungen bilden,<br />

den aktuell wichtigsten Projekten (vgl. Abbildung 67 und Abbildung 68). Schaukasten<br />

21 zeigt einige der sonstigen ausgewählten <strong>Innovationen</strong>, die den genannten Gruppen<br />

nicht zugeordnet werden konnten.<br />

523 Vgl. Anhang C.<br />

524 Einschätzung aus den Expertengesprächen.<br />

525 Vgl. Frage 5 des Fragebogens in Anhang C: „Bitte benennen und beschreiben Sie die von Ihnen<br />

gewählte technologische Innovation“.<br />

189


190<br />

Internet (alle Projekte<br />

betreffend Internet)<br />

Warenwirtschaft<br />

Scanning/Selfscanning<br />

EDV-Projekte allgemein<br />

(z. B. Netzwerke,<br />

Datenbankmanagement)<br />

"Bitte nennen Sie die drei wichtigsten aktuellen<br />

technologischen Innovationsprojekte<br />

Ihres Unternehmens"<br />

ECR<br />

Kundenkarte/Database<br />

Marketing<br />

<strong>Management</strong> Information<br />

System (MIS)<br />

Data Warehouse<br />

Logistik<br />

Einsatz neuer Medien <strong>im</strong><br />

Verkauf (z. B.<br />

Infoterminals)<br />

Sonstige<br />

2,7%<br />

4,8%<br />

4,8%<br />

6,8%<br />

6,1%<br />

5,1%<br />

8,2%<br />

10,9%<br />

12,6%<br />

18,1%<br />

19,8%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />

Anteil (n = 293)<br />

Lesebeispiel: 18,1% von 293 Nennungen entfielen auf Innovationsprojekte <strong>im</strong> Bereich<br />

Warenwirtschaft. Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 67: Bedeutung aktueller <strong>technologischer</strong> Innovationsprojekte <strong>im</strong><br />

Handel


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Beleuchtungskonzept<br />

Callcenter<br />

Diebstahlsicherung<br />

Digitale Fotografie<br />

Digitales Telefonieren<br />

Electronic Banking<br />

Elektronische Regaletiketten<br />

Elektronische Zahlungsmittel<br />

Mobile Datenerfassung mit Funkübertragung<br />

Opt<strong>im</strong>ierung des Energieverbrauchs über automatische Steuerung<br />

Regalopt<strong>im</strong>ierung<br />

Stapler-Leit-System mit Funksteuerung<br />

Teleshopping<br />

Legende: Bei den aufgezählten Innovationsprojekten handelt es sich um Einzelnennungen, die in<br />

alphabetischer Reihenfolge geordnet sind.<br />

Schaukasten 20: Auswahl der sonstigen aktuell wichtigen technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

Bankenschnittstellen<br />

Elektronische Zahlungsmöglichkeiten<br />

Energieopt<strong>im</strong>ierung<br />

Regalopt<strong>im</strong>ierung<br />

Stapler-Leit-System<br />

Teleshopping<br />

Legende: Bei den aufgezählten Innovationsprojekten handelt es sich um Einzelnennungen, die in<br />

alphabetischer Reihenfolge geordnet sind.<br />

Schaukasten 21: Auswahl der sonstigen ausgewählten <strong>Innovationen</strong><br />

191


192<br />

Scanning/Selfscanning<br />

Warenwirtschaft<br />

Internet (alle Projekte<br />

betreffend Internet)<br />

EDV-Projekte allgemein<br />

(z. B. Netzwerke,<br />

Datenbankmanagement)<br />

ECR<br />

<strong>Management</strong> Information<br />

System (MIS)<br />

Kundenkarte/Database<br />

Marketing<br />

Einsatz neuer Medien <strong>im</strong><br />

Verkauf (z. B.<br />

Infoterminals)<br />

Data Warehouse<br />

Logistik<br />

Sonstige<br />

2,7%<br />

2,7%<br />

1,8%<br />

1,8%<br />

5,3%<br />

7,1%<br />

7,8%<br />

10,6%<br />

19,5%<br />

18,6%<br />

22,1%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%<br />

Anteil (n = 113)<br />

Lesebeispiel: 19,5% von 113 befragten Handelsmanagern wählten als Innovationsprojekt, das<br />

sie näher beurteilen wollten, ein Projekt zum Thema Warenwirtschaft aus.<br />

Abbildung 68: Von den Befragten ausgewählte und detailliert beurteilte<br />

technologische <strong>Innovationen</strong>


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.1.2 Eigenschaften der technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

In Frage 6 des Fragebogens charakterisierten die befragten Handelsmanager die<br />

von ihnen ausgewählte technologische Innovation anhand von acht vorgegebenen<br />

Kriterien. 526 Abbildung 69 gibt die durchschnittlichen Werte für jedes Kriterium wieder.<br />

Diese Werte beziehen sich auf alle beurteilten <strong>Innovationen</strong>. Es zeigt sich, dass<br />

die ausgewählten technologischen <strong>Innovationen</strong> gekennzeichnet sind durch eine<br />

hohe Komplexität, Dringlichkeit, Neuigkeit, finanziellen Aufwand und die Betroffenheit<br />

des gesamten Unternehmens. Dieses Ergebnis bestätigt die Definition und theoretischen<br />

Ausführungen zu technologischen <strong>Innovationen</strong> in Kapitel 1.5.1.3. Die<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> werden als durchschnittlich risikoreich beurteilt und<br />

besitzen tendenziell Konfliktpotentiale.<br />

Um zu prüfen, ob sich die einzelnen Arten der technologischen <strong>Innovationen</strong> (Scanning,<br />

Internet, DWH usw.) in ihren Eigenschaften unterscheiden, wurden die beurteilten<br />

<strong>Innovationen</strong> nach den Angaben in Frage 5 (vgl. Abbildung 68 und<br />

Schaukasten 21) in drei inhaltlich zusammengehörige Gruppen zusammengefasst:<br />

Gruppe 1: Internet (n = 20), Gruppe 2: Warenwirtschaft (WWS) und Scanning<br />

(n = 47), Gruppe 3: Data Warehouse (DWH) und <strong>Management</strong> Information System<br />

(MIS) (n = 8).<br />

Ein Mittelwertvergleich 527 für die Eigenschaften der <strong>Innovationen</strong> ergab zum Teil signifikante<br />

Unterschiede (vgl. Abbildung 70). Diese Mittelwertunterschiede sind in der<br />

Abbildung 70 <strong>im</strong>mer für zwei Gruppen angegeben (z. B. G1/G2), d. h. zwischen diesen<br />

beiden Gruppen besteht ein signifikanter Mittelwertunterschied.<br />

Internetinnovationen stufen die Handelsmanager als weniger komplex ein <strong>im</strong><br />

Vergleich zu den beiden anderen Gruppen. <strong>Innovationen</strong> in den Bereichen Internet,<br />

DWH und MIS sind für die Handelsunternehmen neuer als Scanninginnovationen.<br />

Internetinnovationen sind weniger dringlich und werden als am wenigsten risikoreich<br />

eingestuft (<strong>im</strong> Vergleich zu WWS- und Scanninginnovationen). Dies hängt sicher<br />

auch damit zusammen, dass Internetinnovationen auch als finanziell weniger aufwendig<br />

beurteilt werden. Plausibel ist das Resultat, dass der Kunde mit Internetinnovationen<br />

direkt, mit DWH und MIS dagegen gar nicht, mit WWS und Scanning nur<br />

wenig in Kontakt kommt.<br />

526 Vgl. Frage 6 des Fragebogens in Anhang C: „Die von mir ausgewählte Innovationsaufgabe lässt<br />

sich für mein Unternehmen beschreiben als ...“.<br />

527 Für Mittelwertvergleiche wurde mit SPSS für Windows Version 7.5.2 ein T-Test bei gepaarten<br />

Stichproben mit einem Signifikanzniveau von 95% durchgeführt (vgl. Brosius/Brosius, 1995, S. 409 f.),<br />

in einigen Fällen dagegen (z. B. Vergleich von drei Gruppen) eine One-Way-ANOVA, ebenfalls mit<br />

einem Signifikanzniveau von 95% (vgl. Borsius/Brosius, 1995, S. 417 ff.).<br />

193


194<br />

Die geringsten Konfliktpotentiale besitzen nach Einschätzung der befragten Handelsmanager<br />

die Internetinnovationen (signifikant <strong>im</strong> Vergleich zu den WWS- und<br />

Scanninginnovationen). Keine signifikanten Unterschiede ergeben sich für die Betroffenheit.<br />

Alle drei Gruppen betreffen das gesamte Unternehmen, was als ein<br />

Merkmal heutiger <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> gewertet werden kann, die <strong>im</strong>mer<br />

umfassendere Ansätze verfolgen (vgl. Abschnitt 1.5.1.3).<br />

Die Zusammenfassung von gleichartigen <strong>Innovationen</strong> bestätigt, dass sich diese in<br />

ihren Eigenschaften unterscheiden. Weitere Auswertungen haben jedoch gezeigt,<br />

dass trotz der unterschiedlichen Ausprägungen der Eigenschaften die Art der tech-<br />

nologischen Innovation (z. B. Internet, Scanning, WWS usw.) als ein situativer Faktor<br />

nur geringe Bedeutung für den Erfolg oder Misserfolg der Innovation hat. Zu den<br />

Fragen, bei denen es signifikante Unterschiede zwischen den drei Gruppen gibt,<br />

werden diese Unterschiede in den folgenden Abschnitten aufgeführt. Entscheidender<br />

ist das Umfeld, in dem die Innovation stattfindet (vgl. dazu die Ausführungen zu den<br />

Kräftefeldern in Abschnitt 5.2 ff.).


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

"Die von mir ausgewählte Innovationsaufgabe lässt sich für mein Unternehmen<br />

beschreiben als ..."<br />

besitzt viel<br />

Konfliktpotential<br />

betrifft das<br />

gesamte<br />

Unternehmen<br />

finanziell<br />

aufwendig<br />

Kunde kommt<br />

mit Innovation<br />

nicht in Kontakt<br />

sehr komplex sehr neu sehr dringlich sehr risikoreich<br />

7<br />

100%<br />

6<br />

5,99<br />

72,6%<br />

40,7%<br />

5,75<br />

5,74<br />

80%<br />

45,1%<br />

5,56<br />

5,29<br />

5<br />

54,9%<br />

79,6%<br />

85,8%<br />

Mittelwert<br />

4,4%<br />

85,0%<br />

60%<br />

4,33<br />

86,7%<br />

4,23<br />

4<br />

3,67<br />

19,5%<br />

Anteil<br />

12,4%<br />

40%<br />

3<br />

54,9%<br />

15,0%<br />

2<br />

32,7%<br />

3,5%<br />

35,4%<br />

20%<br />

12,4% 9,7%<br />

8,8%<br />

5,3%<br />

12,4%<br />

8,0%<br />

7,1% 8,0%<br />

1<br />

0%<br />

besitzt wenig<br />

Konfliktpotential<br />

(n=113)<br />

betrifft nur<br />

eine Abteilung<br />

(n=113)<br />

finanziell wenig<br />

aufwendig<br />

(n=113)<br />

Kunde kommt<br />

mit Innovation<br />

in Kontakt (n=113)<br />

wenig risikoreich<br />

(n=113)<br />

wenig dringlich<br />

(n=113)<br />

wenig neu<br />

(n=113)<br />

wenig komplex<br />

(n=113)<br />

Beschreibung der Innovationsaufgabe<br />

Werte 1-3 neutral (4) Werte 5-7 Mittelwert<br />

Lesebeispiel: Der Mittelwert zum Komplexitätsgrad der Innovationsaufgabe beträgt 5,74 [siehe verbundene Linie]. 7,1% von 113 Unternehmen beschreiben<br />

die Innovationsaufgabe als "wenig komplex" (Note 1-3), 8,0% sind unentschieden (Note 4) und 85,0% der Unternehmen beschreiben die<br />

Innovationsaufgabe als "komplex" (Note 5-7) [siehe gestapeltes Säulendiagramm].<br />

Abbildung 69: Eigenschaften der beurteilten technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel<br />

195


196<br />

besitzt viel<br />

Konfliktpotential<br />

betrifft das<br />

gesamte<br />

Unternehmen<br />

finanziell<br />

aufwendig<br />

Kunde kommt<br />

mit Innovation<br />

nicht in Kontakt<br />

sehr komplex sehr neu sehr dringlich sehr risikoreich<br />

7<br />

6,75<br />

6,00<br />

6,25<br />

6,13<br />

6,38<br />

6,25<br />

6,26<br />

6,00<br />

6<br />

6,15<br />

6,25<br />

4,79<br />

6,23<br />

5,50<br />

4,49<br />

5,45<br />

5<br />

5,19<br />

3,88<br />

4,80<br />

4,60<br />

3,88<br />

4<br />

3,85<br />

Mittelwert<br />

3,50<br />

3,65<br />

3<br />

1,50<br />

2<br />

besitzt wenig<br />

Konfliktpotential<br />

*G1/G2<br />

betrifft nur<br />

eine Abteilung<br />

finanziell wenig<br />

aufwendig<br />

*G1/G2<br />

Kunde kommt mit<br />

Innovation in Kontakt<br />

*G1/G2, *G1/G3,<br />

*G2/G3<br />

wenig risikoreich<br />

*G1/G2<br />

wenig dringlich<br />

*G1/G2<br />

wenig neu<br />

*G1/G2, *G2/G3<br />

1<br />

wenig komplex<br />

*G1/G2, *G1/G3<br />

Beschreibung der Innovationsaufgabe<br />

G1: Internet (n = 20) G2: WWS + Scanning (n = 47) G3: Data Warehouse + MIS (n = 8)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für die Beschreibung "wenig/sehr dringlich *G1/G2" ist der Mittelwertunterschied zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2 signifikant.<br />

Definition: Die Gruppen wurden nach den Angaben aus Frage 5 gebildet.<br />

Abbildung 70: Vergleich der Eigenschaften für verschiedene technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.1.3 Anzahl der an der Innovation beteiligten Personen und Dauer der<br />

technologischen Innovationsprojekte<br />

Am häufigsten werden technologische Innovationsprojekte in kleinen Teams mit 1-10<br />

Mitarbeitern bearbeitet (82,4%; vgl. Abbildung 71). 528 Ein Mittelwertvergleich nach<br />

den zu Frage 5 529 gebildeten Gruppen (Innovationsarten: Internet, WWS/Scanning,<br />

DWH/MIS) ergab keine signifikanten Mittelwertunterschiede. Dennoch differieren die<br />

Mittelwerte: Internetinnovationen (Mittelwert: 6,8 Personen), WWS/Scanning (Mittelwert:<br />

10,5 Personen) und DWH/MIS (Mittelwert: 7,1 Personen).<br />

Die Projektdauer (Projektbeginn bis zur abgeschlossenen Umsetzung) gaben die<br />

befragten Handelsmanager in Frage 8 530 an. 24,8% der <strong>Innovationen</strong> waren innerhalb<br />

von 6 Monaten realisiert, 53,1% der beurteilten <strong>Innovationen</strong> waren innerhalb<br />

eines Jahres realisiert. 15,9% der <strong>Innovationen</strong> brauchten länger als zwei Jahre von<br />

der Projektbest<strong>im</strong>mung bis zur Realisierung. Fast 10% brauchten länger als drei<br />

Jahre (vgl. Abbildung 72).<br />

Ein Mittelwertvergleich für die nach Frage 5 531 gebildeten Gruppen ergab signifikante<br />

Unterschiede. Internetprojekte dauerten <strong>im</strong> Durchschnitt 7,1 Monate und damit deutlich<br />

weniger Zeit als WWS/Scanning-<strong>Innovationen</strong> mit durchschnittlich 26,8 Monaten<br />

und DWH/MIS-<strong>Innovationen</strong> mit durchschnittlich 14,5 Monaten. Dieses Ergebnis bestätigt<br />

die Auswertungen in Abbildung 70, wonach Internetinnovationen weniger<br />

komplex sind und damit schneller realisiert werden können.<br />

528 Vgl. Frage 7 des Fragebogens in Anhang C: „Wie viele Personen haben an der Entwicklung<br />

(Ideenfindung und Konzepterstellung, nicht Realisierung) der Innovation mitgearbeitet?“<br />

529 Vgl. Frage 5 des Fragebogens in Anhang C: „Bitte benennen und beschreiben Sie die Innovation“.<br />

530 Vgl. Frage 8 des Fragebogens in Anhang C: „Wie viele Monate vergingen vom Projektbeginn<br />

(Projektbest<strong>im</strong>mung) bis zur abgeschlossenen Umsetzung der Innovation?“<br />

531 Vgl. Frage 5 des Fragebogens in Anhang C: „Bitte benennen und beschreiben Sie die Innovation“.<br />

197


198<br />

Anzahl Personen<br />

1-2<br />

3-5<br />

6-10<br />

11-15<br />

16-20<br />

21-25<br />

26-30<br />

über 30<br />

0,9%<br />

0,0%<br />

2,8%<br />

5,6%<br />

8,3%<br />

12,0%<br />

31,5%<br />

0% 10% 20% 30% 40%<br />

Anteil (n = 108)<br />

38,9%<br />

Lesebeispiel: Bei 31,5% von 108 befragten Unternehmen haben 3-5 Personen an<br />

der Entwicklung der Innovation mitgearbeitet.<br />

Abbildung 71: Anzahl der an der Entwicklung der Innovation beteiligten<br />

Personen


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Anzahl Monate<br />

1-6<br />

7-12<br />

13-18<br />

19-24<br />

25-30<br />

31-36<br />

über 36<br />

1,8%<br />

4,4%<br />

9,7%<br />

11,5%<br />

11,5%<br />

24,8%<br />

28,3%<br />

0% 10% 20% 30%<br />

Anteil (n = 104)<br />

Lesebeispiel: Bei 28,3% von 104 befragten Unternehmen vergingen 7-12 Monate<br />

vom Projektbeginn bis zur abgeschlossenen Umsetzung der Innovation.<br />

Abbildung 72: Dauer der technologischen Innovationsprojekte (von der<br />

Projektbest<strong>im</strong>mung bis zur abgeschlossenen Umsetzung)<br />

199


200<br />

5.1.4 Erfolg der beurteilten technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

Die detaillierte Erfolgsbeurteilung anhand der Zielverfolgung wurde bereits in Abschnitt<br />

3.2.3 erläutert und soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden. In Frage 10<br />

des Fragebogens 532 wird der gesamthafte Erfolg der Innovation in einem Statement<br />

zusammengefasst (vgl. Abbildung 73). Es zeigt sich, dass die Mehrzahl der ausgewählten<br />

und beurteilten <strong>Innovationen</strong> von den Befragten als erfolgreich eingestuft<br />

wurde. 60,9% der befragten Handelsmanager schätzen die von ihnen beurteilte<br />

technologische Innovation als gesamthaften Erfolg ein. 4,5% der befragten Handelsmanager<br />

lehnen das Erfolgsstatement für die von ihnen beurteilte Innovation ab.<br />

Genannte Gründe für den Misserfolg waren z. B. „Politik und <strong>Management</strong>kultur des<br />

Unternehmens“, „Überschätzung der Bedeutung des Internets für unsere Branche“,<br />

„nicht geplanter, sehr hoher Zeitaufwand“, „Kompetenzgerangel“, „technische<br />

Schwierigkeiten bei der Umsetzung in der EDV“, „mangelndes Interesse einzelner<br />

Abteilungen“, „unerwartete Eintrittsbarrieren“, „Cost per neuer Customer zu hoch“,<br />

„der Nutzen wurde zu wenig kommuniziert“, „fehlende konsequente Durchsetzung“<br />

und „Innovation wurde nicht schnell genug umgesetzt“.<br />

Gemäss den Ausführungen in Kapitel 3 sollten zur Erfolgsbeurteilung mehrere Kriterien<br />

berücksichtigt werden. Deswegen wurde in der Befragung ein Set von 20 Zielgrössen<br />

verwendet. Die Auswertungen haben gezeigt, dass eine Korrelation zwischen<br />

der Ausprägung der gesamthaften Erfolgsbeurteilung in Frage 10 und der<br />

Zielerreichung in Frage 9 533 besteht. Deswegen ist Frage 10 als Gruppierungsvariable<br />

für die Auswertungen in den folgenden Abschnitten geeignet. Immer dann,<br />

wenn in den folgenden Abschnitten erfolgreiche und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

unterschieden und verglichen werden, liegt eine Gruppierung nach Frage 10 zugrunde.<br />

534 Für die umfassendere Kausalanalyse in Kapitel 6 wurde aus der Zielverfolgung<br />

und der Zielerreichung ein „Zielindex“ für jede Innovation berechnet (vgl. Abschnitt<br />

3.2.3.2). Dieser Index wurde zusätzlich zur gesamthaften Beurteilung (Frage<br />

10) in der Auswertung berücksichtigt (vgl. Kapitel 6).<br />

532 Vgl. Frage 10 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beurteilen Sie den Erfolg der Innovation?“<br />

533 Vgl. Frage 9 des Fragebogens in Anhang C: „Welches Ziel bzw. welche Ziele haben Sie mit dieser<br />

Innovation verfolgt und wurden diese Ziele erreicht?“<br />

534 Aufgrund der auch in dieser Befragung festzustellenden Tendenz zur Selbstüberschätzung und der<br />

Tatsache, dass die befragten Handelsmanager deutlich mehr <strong>Innovationen</strong> als erfolgreich<br />

bezeichneten, wurde die Erfolgseinteilung sehr streng definiert: Unternehmen mit einer nicht<br />

erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit „st<strong>im</strong>me gar nicht zu“ (1) bis „neutral“ (4);<br />

Unternehmen mit einer erfolgreichen Innovation antworten mit „st<strong>im</strong>me zu“ (6) und „st<strong>im</strong>me voll<br />

zu“ (7).


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

50%<br />

40,9%<br />

40%<br />

30%<br />

23,6%<br />

20,0%<br />

20%<br />

Anteil (n = 110)<br />

9,1%<br />

10%<br />

Abbildung 73: Erfolg der beurteilten <strong>Innovationen</strong><br />

1,8% 1,8%<br />

2,7%<br />

0%<br />

st<strong>im</strong>me zu st<strong>im</strong>me<br />

voll zu<br />

neutral st<strong>im</strong>me<br />

eher zu<br />

st<strong>im</strong>me eher<br />

nicht zu<br />

st<strong>im</strong>me<br />

nicht zu<br />

st<strong>im</strong>me gar<br />

nicht zu<br />

"Die Innovation war gesamthaft ein Erfolg"<br />

Lesebeispiel: 20% von 110 Unternehmen st<strong>im</strong>men der Aussage "Die Innovation war gesamthaft ein Erfolg" voll zu.<br />

201


202<br />

5.1.5 Innovationshemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

Ziel der Frage 13 535 war es, die <strong>im</strong> Innovationsprozess auftretenden Hemmnisse zu<br />

identifizieren und diese den Innovationsphasen zuzuordnen. Als häufigste Hemmnisse<br />

(unabhängig von der Phase <strong>im</strong> Innovationsprozess) wurden die personellen,<br />

kulturellen und technologischen Hemmnisse genannt (vgl. Abbildung 74). Unter der<br />

Kategorie „Andere Hemmnisse“ wurden z. B. Zeitdruck und Probleme mit Lieferanten<br />

genannt.<br />

In der Inventionsphase (Ideenfindung, Aufspüren von Neuem) treten die konzeptionellen<br />

Hemmnisse am häufigsten auf (vgl. Abbildung 75). In der Innovationsphase<br />

(Weiterentwicklung der Idee bis zur Marktreife, Konzeption, Vorbereitung der Realisierung)<br />

treten alle genannten Hemmnisse vergleichsweise gleich stark auf. In der<br />

Diffusionsphase (Verbreitung und Durchsetzung der Innovation am Markt) treten die<br />

wirtschaftlichen Hemmnisse <strong>im</strong> Phasenvergleich am häufigsten auf. Die Hemmnisse<br />

werden bei den Ausführungen zu den einzelnen Kräftefeldern wieder aufgegriffen.<br />

535 Vgl. Frage 13 des Fragebogens in Anhang C: „Bitte geben Sie an, in welcher Phase des<br />

Innovationsprozesses der von Ihnen ausgewählten Innovation Innovationshemmnisse aufgetreten<br />

sind“.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Personelle<br />

Hemmnisse<br />

Technologische<br />

Hemmnisse<br />

Kulturelle<br />

Hemmnisse<br />

Organisatorische<br />

Hemmnisse<br />

Wirtschaftliche<br />

Hemmnisse<br />

Konzeptionelle<br />

Hemmnisse<br />

Andere<br />

Hemmnisse<br />

5,4%<br />

14,0%<br />

13,4%<br />

13,2%<br />

17,6%<br />

16,3%<br />

20,2%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%<br />

Anteil (n = 387)<br />

Lesebeispiel: 20,2% von 387 Nennungen entfielen auf "personelle Hemmnisse" <strong>im</strong><br />

Innovationsprozess. Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 74: Innovationshemmnisse <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

203


204<br />

Personelle<br />

Hemmnisse (n = 78)<br />

Technologische<br />

Hemmnisse (n = 68)<br />

Kulturelle<br />

Hemmnisse (n = 63)<br />

Organisatorische<br />

Hemmnisse (n = 54)<br />

Wirtschaftliche<br />

Hemmnisse (n = 52)<br />

Konzeptionelle<br />

Hemmnisse (n = 51)<br />

Andere<br />

Hemmnisse (n = 21)<br />

17,9%<br />

16,2%<br />

19,0%<br />

16,7%<br />

11,5%<br />

14,3%<br />

39,2%<br />

38,5%<br />

41,0%<br />

41,2%<br />

41,3%<br />

42,9%<br />

50,0%<br />

41,2%<br />

41,0%<br />

42,6%<br />

50,0%<br />

39,7%<br />

33,3%<br />

42,9%<br />

19,6%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Anteil<br />

(I) Inventionsphase (II) Innovationsphase (III) Diffusionsphase<br />

Lesebeispiel: Personelle Hemmnisse treten zu 17,9% in der Inventionsphase auf.<br />

Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 75: Innovationshemmnisse nach Innovationsphasen


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.1.6 Allgemeine Ansatzpunkte zur Steigerung des Innovationserfolges<br />

Die befragten Handelsmanager waren aufgefordert, Ansatzpunkte zur Steigerung<br />

des Innovationserfolges zu beurteilen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 76 und<br />

Abbildung 77 dargestellt.<br />

Verbesserungspotentiale zur Steigerung des Innovationserfolges werden von den<br />

befragten Handelsmanagern über alle beurteilten technologischen <strong>Innovationen</strong> hinweg<br />

vor allem in den folgenden Ansatzpunkten gesehen: „<strong>im</strong>materielle Anreize geben<br />

(Lob, Anerkennung, Aufgabeninhalte)“, „eine Innovationskultur schaffen (Freiräume,<br />

Unternehmertum, Verantwortung)“, „Förderung von Kreativität, um mehr<br />

Innovation zu erzeugen“, „<strong>Innovationen</strong> intern besser kommunizieren“ und „das Zeitmanagement<br />

<strong>im</strong> Prozess verbessern“. Es zeigt sich, dass vor allem Ansatzpunkte zu<br />

„weichen Faktoren“ genannt werden, die in Kapitel 7 vertieft werden.<br />

Weniger Verbesserungspotential wird in den folgenden Ansatzpunkten gesehen:<br />

„Outsourcing des Innovationsmanagements z. B. an Agenturen, Berater und Insti-<br />

tute“, „bessere Konkurrenzanalysen“, „strengere Zielvorgaben, z. B. ROI formulieren“<br />

und „materielle Anreize (Prämien, finanzielle Beteiligung)“. Ergänzend unter der Kategorie<br />

„Andere Ansatzpunkte“ wurden z. B. genannt: „Verantwortung definieren<br />

(Struktur)“, „Kunden aktiv mitarbeiten lassen“ und „länderübergreifende Branchenin-<br />

fos“. Mittelwertvergleiche (z. B. nach Art der technologischen Innovation oder Innovationsgrad<br />

des Handelsunternehmens) ergaben zu dieser Frage wenig signifikante<br />

Ergebnisse, weshalb auf die Auswertungen an dieser Stelle verzichtet wird. Die Verbesserungspotentiale<br />

sollen hier nicht weiter vertieft werden, da sich die folgenden<br />

Abschnitte <strong>im</strong>mer wieder auf diese Auswertungen beziehen werden. Die Auswahl der<br />

Gestaltungshinweise zu den Kräftefeldern stützt sich auch auf die in den folgenden<br />

Abbildungen genannten Verbesserungspotentiale.<br />

205


206<br />

7<br />

sehr viel<br />

Potential<br />

100%<br />

18,6%<br />

6<br />

40,7%<br />

60,7%<br />

39,8%<br />

80%<br />

13,3%<br />

42,5% 42,5%<br />

5<br />

5,07<br />

5,13<br />

4,98<br />

4,79<br />

4,75<br />

4,82<br />

60%<br />

Mittelwert<br />

4,04<br />

4,19<br />

15,9%<br />

4<br />

4,07<br />

59,8%<br />

69,0%<br />

69,9%<br />

3,81<br />

64,3%<br />

21,2%<br />

19,5%<br />

69,6%<br />

Anteil<br />

24,8%<br />

40%<br />

3<br />

2,86<br />

20,5%<br />

10,7%<br />

19,6%<br />

38,1%<br />

16,8%<br />

17,9% 44,2% 17,7%<br />

68,1%<br />

38,1%<br />

20%<br />

2<br />

32,7%<br />

20,5%<br />

25,0%<br />

gar kein<br />

Potential<br />

1<br />

14,2%<br />

18,8%<br />

12,4%<br />

12,5%<br />

0%<br />

Externe<br />

Kommunikation<br />

(n=113)<br />

Interne<br />

Kommunikation<br />

(n=113)<br />

Outsourcing<br />

(n=113)<br />

Verbesserte<br />

Zusammenarbeit<br />

(n=112)<br />

Mehr<br />

Ressourcen<br />

(n=113)<br />

Organisationsstrukturen<br />

(n=113)<br />

Partizipation<br />

(n=112)<br />

Kreativität<br />

und<br />

Freiräume<br />

(n=113)<br />

Konkurrenzanalyse<br />

(n=113)<br />

Bedürfnisgerechtere<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

(n=112)<br />

Bessere<br />

Bedürfnisanalyse<br />

(n=112)<br />

Ansätze zur Steigerung des Innovationserfolgs<br />

kein Potential (1-3) neutral (4) viel Potential (5-7) Mittelwert<br />

Lesebeispiel: Der Mittelwert des Ansatzes "bessere Bedürfnisanalyse" beträgt 4,82 [siehe verbundene Linie]. 25,0% von 112 Unternehmen<br />

sehen in diesem Ansatz kein Verbesserungspotential (Note 1-3), 10,7% sind unentschieden (Note 4) und 64,3% der Unternehmen<br />

sehen in diesem Ansatz viel Verbesserungspotential (Note 5-7) [siehe gestapeltes Säulendiagramm].<br />

Abbildung 76: Ansatzpunkte zur Steigerung des Innovationserfolges (Teil I)


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

7<br />

sehr viel<br />

Potential<br />

100%<br />

6<br />

62,8%<br />

32,7%<br />

39,8%<br />

80%<br />

55,8%<br />

39,8%<br />

52,2%<br />

5,21<br />

5,27<br />

5<br />

4,81<br />

55,8%<br />

5,02<br />

4,58<br />

28,2%<br />

46,4%<br />

4,55<br />

4,65<br />

60%<br />

Mittelwert<br />

23,0%<br />

21,2%<br />

4,15<br />

4<br />

67,0%<br />

3,88<br />

3,96<br />

3,90<br />

16,4%<br />

Anteil<br />

75,9%<br />

77,9%<br />

40%<br />

3<br />

16,8%<br />

26,5%<br />

20,4%<br />

16,8%<br />

19,6%<br />

39,1%<br />

37,3%<br />

9,8%<br />

37,2%<br />

38,9%<br />

20%<br />

2<br />

27,4%<br />

21,2%<br />

23,9%<br />

15,9%<br />

gar kein<br />

Potential<br />

20,4%<br />

14,3%<br />

13,4%<br />

6,2%<br />

1<br />

0%<br />

Einsatz<br />

von<br />

Methoden<br />

(n=113)<br />

Erfolgskontrolle<br />

(n=113)<br />

Strengere<br />

Zielvorgaben<br />

(n=110)<br />

Interdisziplinäre<br />

Teams<br />

(n=110)<br />

Effizienz<br />

des<br />

Prozesses<br />

(n=113)<br />

Innovationskultur<br />

(n=112)<br />

Einführungszeitpunkt<br />

(n=113)<br />

Entstehungszeit<br />

verkürzen<br />

(n=113)<br />

Zeitmanagement<br />

(n=112)<br />

Immaterielle<br />

Anreize<br />

(n=113)<br />

Materielle<br />

Anreize<br />

(n=113)<br />

Ansätze zur Steigerung des Innovationserfolgs<br />

kein Potential (1-3) neutral (4) viel Potential (5-7) Mittelwert<br />

Lesebeispiel: Der Mittelwert des Ansatzes "materielle Anreize" beträgt 3,90 [siehe verbundene Linie]. 38,9% von 113 Unternehmen<br />

sehen in diesem Ansatz kein Verbesserungspotential (Note 1-3), 21,2% sind unentschieden (Note 4) und 39,8% der Unternehmen<br />

sehen in diesem Ansatz viel Verbesserungspotential (Note 5-7) [siehe gestapeltes Säulendiagramm].<br />

Abbildung 77: Ansatzpunkte zur Steigerung des Innovationserfolges (Teil II)<br />

207


208<br />

5.2 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

organisatorischen Kräftefeld<br />

Das organisatorische Kräftefeld bildet die strukturellen Rahmenbedingungen, innerhalb<br />

welcher <strong>Innovationen</strong> entstehen und realisiert werden. Die Ausgestaltung dieser<br />

Rahmenbedingungen hat Einfluss auf die Generierung und Umsetzung von <strong>Innovationen</strong><br />

in Handelsunternehmen.<br />

Organisatorische Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess treten zu 50% in der Innovationsphase<br />

auf, d. h. wenn die Idee zur Marktreife weiterentwickelt und realisiert wird<br />

(vgl. Abbildung 75). „Die Organisationsstruktur ist nicht der einzige, aber sicher einer<br />

der wichtigsten Einflussfaktoren für die Innovationstätigkeit von Unternehmen.“ 536<br />

Diese Aussage zeigt deutlich die starke Bedeutung, die dem organisatorischen<br />

Kräftefeld für das Innovationsmanagement in der Literatur zugeschrieben wird. 537<br />

Die befragten Handelsmanager sprechen jedoch der Organisationsstruktur <strong>im</strong> Vergleich<br />

zu den anderen Kräftefeldern nur eine geringe Bedeutung bei der Umsetzung<br />

der ausgewählten technologischen <strong>Innovationen</strong> zu (vgl. Abbildung 78). 538 Ein Mittelwertvergleich<br />

für nicht erfolgreiche und erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> ergab für die Organisationsstruktur<br />

als Erfolgsfaktor einen signifikanten Mittelwertunterschied. 539 Aus<br />

Sicht der befragten Handelsmanager, die eine erfolgreiche Innovation beurteilt haben,<br />

wird die Organisationsstruktur als stärkerer Erfolgsfaktor gesehen. Im Vergleich<br />

aller Kräftefelder wird allerdings die Organisationsstruktur als einer der schwächsten<br />

Erfolgsfaktoren eingestuft.<br />

Die scheinbare Diskrepanz zwischen der herrschenden Literatur zum Innovationsmanagement<br />

und den Ergebnissen der Befragung hat vermutlich verschiedene Ursachen.<br />

Zum einen hat der Handel die Bedeutung der Organisationsstruktur für das<br />

Innovationsmanagement noch nicht ausreichend erkannt. Dies wird auch aus<br />

Abbildung 76 deutlich, in der dem Statement „Organisationsform stärker auf <strong>Innovationen</strong><br />

ausrichten (institutionalisieren)“ von den befragten Handelsmanagern nur wenig<br />

Potential zugesprochen wird. Zum anderen stützt sich die Literatur pr<strong>im</strong>är auf <strong>Innovationen</strong><br />

in der Industrie. 540<br />

536<br />

Osterloh, 1993, S. 214.<br />

537<br />

Vgl. Gaitanides/Wicher, 1986; Hauschildt, 1997, S. 115 ff.; Olson/Walker/Ruekert, 1995, S. 48 ff.;<br />

Maas, 1990, S. 149 ff.<br />

538<br />

Vgl. Frage 12 des Fragebogens in Anhang C: „Welches waren/sind nach Ihrer Meinung die<br />

Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Innovation?“<br />

539<br />

Nach Frage 10 des Fragebogens in Anhang C wurden zwei Gruppen gebildet. Für die erste<br />

Gruppe (n = 17) der „nicht erfolgreichen <strong>Innovationen</strong>“ wurde die Frage 10 mit „st<strong>im</strong>me gar nicht<br />

zu“ (1) bis „neutral“ (4), für die zweite Gruppe (n = 67) der „erfolgreichen <strong>Innovationen</strong>“ mit „st<strong>im</strong>me zu“<br />

(6) und „st<strong>im</strong>me voll zu“ (7) beantwortet.<br />

540<br />

Vgl. Olson/Walker/Ruekert, 1995, S. 48 ff. und Boutellier/Völker, 1997, S. 107 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

In der Industrie spielt die organisatorische Ausgestaltung des Innovationsmanagements<br />

eine noch grössere Rolle, da der Innovationsprozess hier häufig eine Kernkompetenz<br />

des Unternehmens darstellt und deswegen fester Bestandteil der permanenten<br />

Organisation ist. Derartige Strukturen gibt es heute <strong>im</strong> Handel sehr selten. 541<br />

Die verstärkte Ausrichtung der Organisation auf das Innovationsmanagement stellt<br />

aber gerade deswegen ein Verbesserungspotential <strong>im</strong> Handel dar. Das heisst nicht,<br />

dass es zwangsläufig sinnvoll ist, eine F&E-Abteilung <strong>im</strong> Handel zu schaffen, aber<br />

die Gestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen kann die Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

der Innovation steigern. 542<br />

541 Eines der wenigen Beispiele ist Kaufhof. Dort wurde ein eigener Bereich für<br />

Innovationsmanagement geschaffen.<br />

542 Diese Aussage hat sich auch in den Expertengesprächen bestätigt. Praktisch alle interviewten<br />

Handelsexperten sahen in der organisatorischen Ausgestaltung des Innovationsprojektes einen<br />

wesentlichen Erfolgsfaktor.<br />

209


210<br />

7<br />

ja, war<br />

Erfolgsfaktor<br />

100%<br />

6<br />

71,7%<br />

5,73<br />

5,81<br />

80%<br />

5,52<br />

52,2%<br />

5,35<br />

5,16<br />

5<br />

4,88<br />

50,9%<br />

4,75<br />

64,6%<br />

87,6%<br />

87,6%<br />

82,3%<br />

82,3%<br />

60%<br />

Mittelwert<br />

4,35<br />

4,44<br />

61,1%<br />

4<br />

Anteil<br />

15,0%<br />

23,2%<br />

40%<br />

3<br />

16,8%<br />

16,8%<br />

13,3%<br />

20%<br />

2<br />

nein, kein<br />

Erfolgsfaktor<br />

32,7%<br />

25,9%<br />

8,0% 10,6%<br />

18,6%<br />

22,1%<br />

15,0%<br />

8,0%<br />

6,2%<br />

4,4%<br />

9,7% 7,1% 6,2%<br />

1<br />

0%<br />

Führung/<br />

Führungsstil<br />

(n=113)<br />

Personalquantität<br />

(n=113)<br />

Technologische<br />

Fähigkeiten<br />

(n=113)<br />

Organisationsstruktur<br />

Konzepte<br />

(n=113)<br />

Finanzen<br />

(n=113)<br />

(n=112)<br />

Innovationsbereitschaft<br />

(n=113)<br />

Personalqualität<br />

(n=113)<br />

Unternehmenskultur<br />

(n=113)<br />

Abbildung 78: Erfolgsfaktoren für die Umsetzung <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Erfolgsfaktoren<br />

kein Erfolgsfaktor (1-3) neutral (4) Erfolgsfaktor (5-7) Mittelwert<br />

Lesebeispiel: Der Mittelwert des Erfolgsfaktors "Unternehmenskultur" beträgt 5,35 [siehe verbundene Linie]. 9,7% von 113 Unternehmen<br />

halten "Unternehmenskultur" für keinen Erfolgsfaktor (Note 1-3), 8,0% sind unentschieden (Note 4) und 82,3% der Unternehmen halten<br />

"Unternehmenskultur" für einen Erfolgsfaktor bei der Umsetzung der Innovation (Note 5-7) [siehe gestapeltes Säulendiagramm].


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.2.1 Organisatorische Verankerung des Innovationsmanagements<br />

In Frage 3 des Fragebogens 543 wurde nach der organisatorischen Stelle oder Einheit<br />

gefragt, die sich <strong>im</strong> Handelsunternehmen mit Innovationsmanagement <strong>im</strong> engeren<br />

Sinne beschäftigt (vgl. Abbildung 79). Offensichtlich ist Innovationsmanagement <strong>im</strong><br />

Handel noch <strong>im</strong>mer Chefsache. In 86,7% der befragten Unternehmen beschäftigt<br />

sich die Geschäftsführung mit dieser Aufgabe. Projektteams, auch als Innovationsteams<br />

bezeichnet, 544 stehen an zweiter Stelle, gefolgt vom Marketing. 545 Einen Innovationsbeauftragten<br />

oder eine entsprechende Stelle gibt es nur in einem einzigen<br />

Handelsunternehmen. In nur 7,1% der befragten Unternehmen wird das Innovationsmanagement<br />

als Aufgabe aller Mitarbeiter gesehen: eine Aussage, die modernen<br />

<strong>Management</strong>konzepten und -instrumenten, die eine verstärkte Einbindung der Mitarbeiter<br />

zum Ziel haben, z. B. kontinuierliche Verbesserungsprozesse, 546 betriebliches<br />

Vorschlagswesen, Business Process Reengineering usw., widerspricht. Ein Befragter<br />

gab unter der Kategorie „Andere“ den Kunden an. Eine weitere Antwort ergänzte die<br />

vorgegebenen Antwortmöglichkeiten: „Innovation ist eine strategische Erfolgsposition<br />

und damit Auftrag an alle Mitarbeiter und Qualifikationskriterium“. Besonders an<br />

dieser Aussage ist die strategische D<strong>im</strong>ension, die dem Innovationsmanagement<br />

zugeschrieben wird und die gemäss der Expertengespräche und weiteren Ergebnisse<br />

der schriftlichen Befragung eher selten <strong>im</strong> Handel vertreten wird.<br />

Die Auswertung der Frage 3 zeigt, dass die organisatorische Verankerung des Innovationsmanagements<br />

<strong>im</strong> Handel noch weit hinter derjenigen in der Industrie zurückbleibt.<br />

Es gibt erst wenige Handelsunternehmen, die der Bedeutung der <strong>Innovationen</strong><br />

(vgl. oben: strategische Erfolgsposition) auch in ihrer Struktur gerecht werden.<br />

543 Vgl. Anhang C.<br />

544 Projektteams und Innovationsteams sind in den Auswertungen unter dem Titel „Projektteams“<br />

zusammengefasst, weil sich eine inhaltliche Abgrenzung praktisch nicht vornehmen lässt.<br />

545 Das Marketing wurde von den anderen Funktionsbereichen bewusst separiert, da sich in den<br />

explorativen Gesprächen gezeigt hat, dass es häufig für <strong>Innovationen</strong> verantwortlich ist.<br />

546 Vgl. Kürten, 1997, S. 40 ff.<br />

211


212<br />

Organisatorische Stelle oder Einheit<br />

Geschäftsführung<br />

Projektteam<br />

Marketing<br />

Funktionsbereiche<br />

(Verkauf, Einkauf usw.)<br />

Externe Berater<br />

Stabsstelle<br />

Alle<br />

Innovationsbeauftragter<br />

Keine<br />

Andere<br />

0,9%<br />

0,9%<br />

1,8%<br />

7,1%<br />

23,0%<br />

33,6%<br />

44,2%<br />

43,4%<br />

52,2%<br />

86,7%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Anteil<br />

Lesebeispiel: Bei 86,7% von 113 befragten Unternehmen beschäftigt sich die<br />

Geschäftsführung mit Innovationsmanagement <strong>im</strong> engeren Sinn.<br />

Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 79: Organisatorische Verankerung des Innovationsmanagements <strong>im</strong><br />

Handel


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.2.2 Ausprägungen des organisatorischen Kräftefeldes<br />

Das organisatorische Kräftefeld ist <strong>im</strong> Fragebogen 547 durch acht Einflussgrössen beschrieben,<br />

die sich an der Literatur zum Innovationsmanagement und zur Organisationslehre<br />

orientieren (vgl. Abbildung 80). 548 Es wurde ein Mittelwertvergleich hinsichtlich<br />

des Erfolges der Innovation durchgeführt. 549<br />

Abbildung 80 zeigt den Mittelwertvergleich für nicht erfolgreiche und erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>.<br />

Es ergaben sich drei signifikante Mittelwertunterschiede. Danach ist das<br />

organisatorische Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> besonders durch eine höhere<br />

Flexibilität (Beweglichkeit), guten Informationsfluss und kurze, direkte Entscheidungswege<br />

charakterisiert. Insgesamt entspricht das organisatorische Kräftefeld, wie<br />

es von den befragten Handelsmanagern für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> beschrieben<br />

wird, den in der Literatur vorherrschenden Ausführungen über eine innovationsförderliche<br />

Organisationsstruktur. 550 Es handelt sich dabei um eine veränderungsorientierte<br />

Organisationsstruktur, die <strong>im</strong> Vergleich zur stabilitätsorientierten Organisationsstruktur<br />

eher sozial-organische Ausprägungen ann<strong>im</strong>mt. 551 „Generally it can be said<br />

that innovation is enhanced by organic structures rather than mechanistic structures.“<br />

552<br />

Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Ausprägung der Einflussgrössen <strong>im</strong> organisatorischen<br />

Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> nicht unkritisch als für den Innovationsprozess<br />

opt<strong>im</strong>al bezeichnet werden darf. Jede technologische Innovation wird<br />

<strong>im</strong> Zeitablauf zur Routine und muss <strong>im</strong> Unternehmen unter Umständen multipliziert<br />

werden, z. B. Scanning und Infoterminals in den Filialen. Gerade in dieser letzten<br />

Phase <strong>im</strong> Innovationsprozess kann es förderlich sein, eine eher stabilitätsorientierte<br />

Organisationsstruktur mit mechanistischen Ausprägungen zum Einsatz zu bringen,<br />

da hier das Ziel der Effizienz vor dem Ziel der Effektivität herrscht. 553 „Die Stabilität<br />

abwickelnder Organisationen ist Voraussetzung für deren Effizienz.“ 554<br />

547<br />

Vgl. Frage 14 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das organisatorische Umfeld,<br />

in dem die Innovation realisiert wurde?“<br />

548<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 115 ff.; Bierfelder, 1994, S. 184 ff.; Thom, 1992, S. 27;<br />

Olson/Walker/Ruekert, 1995, S. 50 ff.; Osterloh, 1993, S. 215 ff.; Kieser/Kubicek, 1992, S. 382 ff.;<br />

Maas, 1990, S. 150 f.; Bleicher, 1992 (a), S. 229 ff.; Gomez/Z<strong>im</strong>mermann, 1993, S. 32 ff.;<br />

Albers/Eggers, 1990, S. 18 ff.; Kasper, 1986, S. 115 ff.; Ahmed, 1998, S. 36.<br />

549<br />

Für Mittelwertvergleiche wurde mit SPSS für Windows Version 7.5.2 ein T-Test bei gepaarten<br />

Stichproben mit einem Signifikanzniveau von 95% durchgeführt (vgl. Brosius/Brosius, 1995, S. 409 f.),<br />

in einigen Fällen dagegen (z. B. Vergleich von drei Gruppen) eine One-Way-ANOVA, ebenfalls mit<br />

einem Signifikanzniveau von 95% (vgl. Borsius/Brosius, 1995, S. 417 ff.).<br />

550<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 119 f.; Burns/Stalker, 1994, S. 96 ff.; Kieser/Kubicek, 1992, S. 382 ff.;<br />

Grochla, 1982, S. 94 f.; Utterback, 1994, S. 84 f.<br />

551<br />

Vgl. Bleicher, 1992 (a), S. 246; Gomez/Z<strong>im</strong>mermann, 1993, S. 138 f.; Burns/Stalker, 1994, S.<br />

119 f.; Utterback, 1994, S. 83; Ahmed, 1998, S. 36. Zu den Begriffen der mechanistischen und der<br />

organischen Organisation vgl. auch Herzhoff, 1991, S. 213 ff.<br />

552<br />

Ahmed, 1998, S. 36.<br />

553<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 117; Bleicher, 1992 (a), S. 246; Gomez/Z<strong>im</strong>mermann, 1993, S. 136 f.<br />

554 Riekhof, 1986, S. 11.<br />

213


214<br />

Auch das Fallbeispiel GMSG und die Expertengespräche zeigen, dass kooperative<br />

Strukturen für die Entwicklung von <strong>Innovationen</strong> hilfreich sind. Aber gerade bei der<br />

Umsetzung von komplexen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel scheinen sich stärker hierarchische<br />

Strukturen zu bewähren. Das ist nicht zuletzt auf die Dezentralität des Handels-<br />

geschäftes (z. B. 60 Filialen in der GMSG) zurückzuführen.<br />

„Die Innovationsdynamik stellt <strong>im</strong> Zeitablauf sich wandelnde Anforderungen an die<br />

Problemlösungsfähigkeit der Organisation, die je nach Phase des Innovationsprozesses<br />

unterschiedlich ausgeprägt sind.“ 555 Kasper stellt fest, dass sich Organisationen<br />

und ihre Mitglieder <strong>im</strong> Innovationsprozess in einem organisatorischen Spannungsfeld<br />

zwischen Sicherheit und Entwicklung bewegen. 556 In der Literatur ist dieses<br />

Spannungsfeld der Organisationsstruktur als „Loose-tight-Hypothese“ oder „organisatorisches<br />

Dilemma“ bekannt. 557 „Zur Lösung des ‚organisatorischen Dilemmas‘<br />

bedarf es daher einer Institution, deren Funktion aus der Koordinierung der Tätigkeiten<br />

besteht, die in den einzelnen Innovationsphasen von den jeweils aus den<br />

Abteilungen rekrutierten Mitarbeitern wahrgenommen werden.“ 558 Michel und Thom<br />

schlagen das Projektmanagement als geeignetes Instrument vor, um das organisatorische<br />

Dilemma zu lösen. „Die Merkmale von Projektaufgaben entsprechen weitgehend<br />

den Merkmalen von Innovationsaufgaben. Das Projektmanagement ist daher<br />

eine Organisations-, Planungs- und Steuerungsform, um innovative Aufgaben in effizienter<br />

Weise zu lösen.“ 559 Der Projektmanagementansatz soll an dieser Stelle nicht<br />

vertieft werden. Statt dessen sei auf das Vorgehenskonzept in Kapitel 4 verwiesen,<br />

das Elemente des Projektmanagements aufgreift, sowie auf die ausführlichen Darstellungen<br />

von Rudolph zu diesem Thema, der sich auch speziell mit innovativen<br />

Projekten <strong>im</strong> Handel auseinandergesetzt hat. 560<br />

Fallbeispiel GMSG: Die Genossenschaft Migros St. Gallen hat das organisatorische<br />

Dilemma durch eine Zweiteilung der Innovationsorganisation gelöst. Der Entwicklungsbereich,<br />

wo das divergente Denken überwiegt, wurde in einer Matrix-Projektorganisation<br />

organisiert. Die Multiplikation und Verbreitung der <strong>Innovationen</strong> wurde<br />

dagegen in einer Fachbereichs-Projektorganisation organisiert, um eine stärkere<br />

Durchsetzungskraft für die Realisierung zu erreichen.<br />

555 Gaitanides/Wicher, 1986, S. 385.<br />

556 Vgl. Kasper, 1986, S. 116.<br />

557 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 118; Wicher, 1985, S. 355; Gaitanides/Wicher, 1986, S. 385 f.; Osterloh,<br />

1993, S. 214 f.; Wilson, 1967; Michel, 1987, S. 23; Herzhoff, 1991, S. 232 f.; Kühner, 1990, S. 125 ff.<br />

558 Michel, 1987, S. 24.; Eichhorn, 1996, S. 151 ff.<br />

559 Thom, 1992, S. 23; vgl. auch Thom, 1987, S. 366; Michel, 1987, S. 25. Weitere<br />

Organisationsstrategien zur Lösung des organisatorischen Dilemmas stellen Gaitanides und Wicher<br />

ausführlich dar (vgl. Gaitanides/Wicher, 1986, S. 385 ff.). Gaitanides/Wicher schlagen aber auch als<br />

eine Möglichkeit die kollaterale Organisation vor, die der Projektorganisation sehr ähnlich ist (vgl.<br />

Gaitanides/Wicher, 1986, S. 391).<br />

560 Vgl. Rudolph, 1999.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

bereichsübergreifendes<br />

Denken<br />

sehr gute<br />

Aufgabenkoordination<br />

kurze, direkte<br />

Entscheidungswege<br />

guter<br />

Informationsfluss<br />

viele Entscheidungsfreiräume<br />

Organisation<br />

auf Zeit<br />

flexibel<br />

(beweglich)<br />

flache<br />

Strukturen<br />

7<br />

5,48<br />

5,51<br />

5,30<br />

5,45<br />

6<br />

5,06<br />

4,92<br />

4,79<br />

4,85<br />

5<br />

5,00<br />

4,71<br />

4,55<br />

4,59<br />

4<br />

4,24<br />

4,29<br />

4,13<br />

4,06<br />

Mittelwert<br />

3<br />

2<br />

Sparten- u.<br />

Bereichsdenken<br />

keine Aufgabenkoordination<br />

lange Entscheidungswege*<br />

wenig Ent- schlechter<br />

scheidungsInformatifreiräumeonsfluss* organisatorisches Kräftefeld<br />

Organisation<br />

auf Dauer<br />

starr<br />

(unbeweglich)*<br />

1<br />

hierarchische<br />

Strukturen<br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das organisatorische Umfeld "starr/flexibel" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).<br />

Abbildung 80: Mittelwertvergleich organisatorisches Kräftefeld (nicht<br />

erfolgreiche vs. erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)<br />

215


216<br />

5.2.3 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des<br />

organisatorischen Kräftefeldes 561<br />

5.2.3.1 Organisatorische Verankerung<br />

Die Ergebnisse der Expertengespräche und Fallstudien zeigen, dass das Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung nicht ausschliesslich<br />

Chefsache sein, sondern zusätzlich organisatorisch institutionalisiert<br />

werden sollte. Eine dauerhafte Lösung ist z. B. ein Innovationsbeauftragter oder eine<br />

Abteilung für Innovationsmanagement (vergleichbar der F&E-Abteilung in der Industrie).<br />

Temporäre Lösungen sind Projektteams, <strong>im</strong> Innovationsmanagement auch<br />

Innovationsteams genannt. Besonders für technologische <strong>Innovationen</strong> ist die Zusammenarbeit<br />

mit externen Beratern eine sinnvolle Ergänzung. Sie können Kapazitätsengpässe<br />

ausgleichen und zusätzliches Know-how in das Unternehmen bringen.<br />

Bei der Markant-Südwest wurde die Funktion des Innovationsmanagers eingeführt.<br />

562 Das Problem bestand jedoch darin, dass sie als zusätzliche Funktion an einen<br />

bereits eingebundenen leitenden Mitarbeiter vergeben wurde, der durch die<br />

Doppelbelastung nicht in der Lage war, ausreichend Kapazitäten für die neue Aufgabe<br />

bereitzustellen. Damit die Stellung des Innovationsmanagers nicht zu einer Alibistelle<br />

verkommt, müssen mit der Aufgabe des Innovationsmanagers zusätzliche<br />

Freiräume, Kompetenzen und Kapazitäten verbunden sein. Bestenfalls erfolgt eine<br />

vollständige Freistellung für diese Aufgabe.<br />

Für die temporäre organisatorische Ausgestaltung des Innovationsmanagements<br />

wurde in allen Expertengesprächen für eine separate Parallelorganisation plädiert; <strong>im</strong><br />

Projektmanagement wird diese Organisationsform auch als „reine Projektorganisation“<br />

bezeichnet. 563 Besonders wichtig sind daran die eindeutige Projektverantwortlichkeit,<br />

die be<strong>im</strong> Projektleiter liegt, und die Freistellung der Projektmitarbeiter, die<br />

ausschliesslich für das Projekt tätig sind. Die reine Projektorganisation ist für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> besonders geeignet, weil sie zum einen die notwendigen<br />

Freiräume und Kapazitäten schafft, zum anderen die Bedingungen für eine gezielte<br />

Kommunikation der technologischen Innovation herstellt. Denn was den zweiten<br />

Punkt betrifft, lösen technologische <strong>Innovationen</strong> bei den Mitarbeitern in Linienfunktionen<br />

häufig die Angst aus, Kanibalisierungs- und Rationalisierungseffekten zum<br />

Opfer zu fallen. Mit dieser Einstellung wirken die Mitarbeiter in der Entwicklungs- und<br />

Realisierungsphase hemmend auf den Innovationsprozess. Die reine Projektorganisation<br />

umgeht dieses Risiko und ermöglicht es, die an dem Projekt nicht beteiligten<br />

561<br />

Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

562<br />

Vgl. o. V., 1997 (h), S. 52.<br />

563<br />

Vgl. Hauschildt, 1993, S. 62; Gmeiner, 1997, S. 58; Herzhoff, 1991, S. 259; Fricke/Lohse, 1997,<br />

S. 41 ff.; Schliessmann, 1996, S. 240 f.; Mönch, 1996, S. 264 f. und Rudolph, 1999, S. 348 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Mitarbeiter der Pr<strong>im</strong>ärorganisation langsam an die Veränderungen heranzuführen.<br />

Dazu sind eine umfassende und permanente Information und Aufklärung notwendig.<br />

Fallbeispiel Kaufhof Innovationsmanagement:<br />

Eine wichtige Besonderheit am Innovationsmanagement bei Kaufhof ist seine organisatorische<br />

Verankerung. Ein kleines, fest institutionalisiertes Team von ca. 12 Personen<br />

ist dafür verantwortlich, dass <strong>Innovationen</strong> möglichst schnell durchgeführt werden<br />

und Kaufhof auf den relevanten Innovationsgebieten führend ist. Der Leiter des<br />

Bereichs berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden und kümmert sich, wie auch<br />

seine Mitarbeiter, hauptamtlich um die innovativen Projekte. Zuvor war der Leiter des<br />

Bereichs gleichzeitig für die gesamte Informatik verantwortlich und hatte deshalb viel<br />

mit dem Tagesgeschäft zu tun. Aufgrund dieser Doppelbelastung stand zu wenig Zeit<br />

für das aktive Innovationsmanagement zur Verfügung. Heute kann sich der gesamte<br />

Bereich zu 100% auf die rasche und kompetente Entwicklung und Umsetzung von<br />

<strong>Innovationen</strong> konzentrieren, was die Innovationskraft beträchtlich fördert.<br />

Der Bereich Innovationsmanagement bei Kaufhof führt Entwicklungsarbeiten und<br />

Projekte von der Konzeption bis zum laufenden Betrieb <strong>im</strong> Sinne eines Projektmanagements<br />

durch. Wenn die Innovation in der bestehenden Organisation funktionsfähig<br />

ist, wird sie übergeben, so dass sich der Bereich Innovationsmanagement neuen<br />

Projekten widmen kann. Generieren und Realisieren von <strong>Innovationen</strong> liegt damit bei<br />

Kaufhof <strong>im</strong> Bereich Innovationsmanagement in einer Hand.<br />

Fallbeispiel dm-drogerie markt:<br />

Dm-drogerie markt ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Realisierung von <strong>Innovationen</strong><br />

in die bestehenden Geschäftsprozesse integriert wird. Dies geschieht durch ein System<br />

der Regionalverantwortung, in dem jedes Mitglied der Geschäftsleitung für ein<br />

Verkaufsgebiet verantwortlich ist (Verantwortlichkeit für Investitionen und Erfolg),<br />

d. h. durch eine vollständige Integration des Vertriebs in die anderen Geschäftsführungsbereiche.<br />

Dadurch können Innovationsprozesse, die in anderen Unternehmensbereichen<br />

initiiert werden, besser umgesetzt und gefördert werden. Am Resultat<br />

des Innovationsprozesses werden alle Mitglieder der Geschäftsleitung gemessen.<br />

Götz Werner, der Inhaber der dm-drogerie märkte, hat diese Struktur vor 4 Jahren<br />

eingeführt. Nach Aussagen von Geschäftsleitungsmitgliedern und ihm selbst ist die<br />

Innovationskraft des Unternehmens dadurch wesentlich grösser geworden, was sich<br />

vor allem in einer grösseren Kundennähe niederschlägt. Wesentlich ist, dass jeder<br />

Geschäftsführer die Möglichkeit hat, die Konsequenzen seiner Entscheidungen in<br />

den jeweiligen Geschäftsführungsbereichen und die Konsequenzen seiner Innovationsprozesse<br />

tagtäglich in der Praxis überprüfen zu können. Durch diese Struktur<br />

wurde eine klare Feedbackschleife für <strong>Innovationen</strong> und Kundennähe geschaffen.<br />

Die Entwicklung der <strong>Innovationen</strong> erfolgt bei dm durch eine Projektorganisation parallel<br />

zur bestehenden Organisation.<br />

217


218<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept: 564<br />

Bei Bertelsmann wurde für die Entwicklung eines neuen Ladenkonzeptes und die<br />

damit einhergehenden technologischen <strong>Innovationen</strong> ein Innovationsteam gegründet.<br />

Dieses Team hat sich <strong>im</strong> Sinne einer reinen Projektorganisation vollständig aus der<br />

bestehenden Struktur gelöst. Der Prozess wurde von der bestehenden Organisation<br />

völlig abgenabelt.<br />

Demgegenüber wurden bei der Neuausrichtung der dm-drogerie märkte die Pilotfilialen<br />

in die alte Organisation eingegliedert, so dass die Verkaufsleiter alte und neue<br />

Filialen parallel geführt haben. Nach kurzer Zeit sahen die alten Filialen ein bisschen<br />

wie die neuen aus, während die neuen <strong>im</strong>mer mehr den alten ähnelten. Es fand eine<br />

Verwässerung des neuen Konzeptes statt.<br />

Im Handel müssen auch die Betriebstypen wie Marken oder Produkte begriffen werden.<br />

In diesem Sinne wurde bei Bertelsmann die Vertriebsverantwortung für das<br />

neue Ladenkonzept aus den alten Strukturen gelöst und für die Entwicklungsphase<br />

isoliert, die 2-3 Jahre dauern kann. Gleiches gilt für technologische <strong>Innovationen</strong>, die<br />

vergleichbar konsequent durchgesetzt werden müssen. Ein Nebeneinander von<br />

neuem und altem Informationssystem hat sich auch bei einem grossen deutschen<br />

Lebensmittelhändler als nicht praktikabel erwiesen. Das alte System musste konsequent<br />

abgeschaltet werden, damit die Anwender auf das neue System umstiegen.<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Das Internetprojekt My world bei Karstadt wurde zu Beginn organisatorisch komplett<br />

aus der bestehenden Organisation ausgegliedert und räumlich neu angesiedelt.<br />

Auch die Mitarbeiter wurden nicht doppelt unterstellt, sondern komplett für das Projekt<br />

freigestellt. Folge war eine geringe Anbindung des neuen Bereichs an die bestehende<br />

Organisation und eine starke Vernetzung nach aussen mit Externen. Für<br />

Karstadt war das ein Kulturbruch, weil dieser neue Bereich eine Kanibalisierung des<br />

eigenen Geschäftes bedeutete. Deswegen war auch eine Unterstützung aus den bestehenden<br />

Bereichen eher unwahrscheinlich und die gewählte Organisation förderte<br />

den Erfolg des Projektes.<br />

Bei einer Parallelorganisation <strong>im</strong> Sinne einer reinen Projektorganisation, wie sie in<br />

den Beispielen beschrieben wurde, besteht <strong>im</strong>mer die Gefahr, dass der Innovationsprozess<br />

scheitert, weil kleine Innovationsteams die Prozesse vorantreiben und die<br />

Veränderungen in der gesamten Organisation oft nicht langfristig verankert werden.<br />

Deswegen reicht es nicht aus, kleine Innovationsteams zu gründen und deren Rahmenbedingungen<br />

innovationsfördernd zu gestalten. Wenn die <strong>Innovationen</strong> aus den<br />

564 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Projektteams in die bestehende Organisation zurückgeführt werden sollen, muss<br />

auch die bestehende Organisationsstruktur den neuen Anforderungen angepasst<br />

werden, gegebenenfalls auch durch die Beschneidung bestehender Hierarchien oder<br />

die Schaffung neuer Bereiche. Es muss frühzeitig <strong>im</strong> Innovationsprozess eine Brücke<br />

eingebaut werden, die den Übergang der Innovation in die bestehende Organisation<br />

ermöglicht. Das Informationsmanagement <strong>im</strong> Innovationsprozess kann eine derartige<br />

Brückenfunktion übernehmen (vgl. Abschnitt 5.2.3.6). Nur dann gelingt es, die Innovationsprozesse<br />

auch langfristig <strong>im</strong> Unternehmen zu verankern. Wenn sich <strong>Innovationen</strong><br />

als erfolgreich erwiesen haben und eine Integration in die bestehende Organisation<br />

nicht angestrebt wird oder nur schwer möglich ist, sind Spinn-offs oder Tochtergesellschaften<br />

eine geeignete Lösung. Die Markant-Südwest Handels AG ist ein<br />

Beispiel dafür (vgl. unten Fallbeispiel Markant-Südwest).<br />

Bei temporären Lösungen wie z. B. Innovationsteams ist darauf zu achten:<br />

• dass die Projektgruppen abteilungsübergreifend zusammengesetzt sind (vgl. Ansatzpunkte<br />

zum personellen Kräftefeld)<br />

• dass in den Innovations- bzw. Projektgruppen nur in Ausnahmefällen mehr als 10<br />

Personen mitwirken (vgl. Abschnitt 5.1.3).<br />

Fallbeispiel Markant-Südwest:<br />

Organisatorisch gibt es bei der Markant ein hundertprozentiges Tochterunternehmen<br />

(die Markant-Südwest Software und Dienstleistungs GmbH), das sich ausschliesslich<br />

mit technologischen <strong>Innovationen</strong> beschäftigt. Dieses Unternehmen sitzt in einem<br />

Technologiezentrum in Karlsruhe und ist Partner der Fraunhofer-Gesellschaft. Die<br />

Software und Dienstleistungs GmbH ist kein Costcenter der Markant-Südwest,<br />

sondern ein Profitcenter, das sich selbst tragen muss. Hauptkunde ist die Markant-<br />

Südwest, es gibt aber auch Drittkunden für best<strong>im</strong>mte Produkte. Mitarbeiter sind<br />

Technologiespezialisten und Handelsspezialisten, die gemeinsam an der Entwicklung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> arbeiten. Produkte waren bzw. sind z. B.<br />

Scanning, geschlossenes WWS, Infoterminals, Internetshopping und zuletzt ein Abst<strong>im</strong>mungssystem<br />

für die Hauptversammlung der AG. Die Markant-Südwest realisiert<br />

durch diese Tochtergesellschaft viele technologische <strong>Innovationen</strong> in Eigenentwicklung.<br />

Eine weitere Tochtergesellschaft ist die Markant-Südwest Marketing und<br />

Innovations GmbH. Sie ist für das Innovationsmanagement verantwortlich, d. h. auch<br />

für <strong>Innovationen</strong> in anderen Bereichen, z. B. <strong>im</strong> Bereich der Service- und Dienstleistungen.<br />

Der Innovationsmanager der Markant-Südwest ist der Geschäftsführer<br />

dieser Tochtergesellschaft und koordiniert die Innovationsprojekte. 565<br />

Durch die Konstruktion der Tochtergesellschaften gibt es bei der Markant-Südwest<br />

unterschiedliche Subkulturen, was für das Innovationsmanagement hilfreich ist. Die<br />

565 Vgl. o. V., 1997 (h), S. 52.<br />

219


220<br />

Kultur der Tochtergesellschaften wird massgeblich von den dafür verantwortlichen<br />

Geschäftsführern best<strong>im</strong>mt, die auch die Schnittstelle zur restlichen Markant-Südwest-Unternehmensgruppe<br />

bilden. Die Kultur der Tochtergesellschaften ist komplett<br />

vom restlichen Unternehmen isoliert, da zum Teil auch räumliche Trennungen<br />

zwischen den Unternehmen vorliegen. Diese Organisationsstruktur fördert eine<br />

Innovationskultur, da jede Einheit nach ihren eigenen Vorstellungen arbeiten kann.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept: 566<br />

Für Bertelsmann war es organisatorisch wichtig, dass die Gründung des Innovationsteams<br />

in kleiner, überschaubarer Besetzung mit der Abdeckung der wichtigsten Bereiche<br />

(Marketing, Systeme, Personal) erfolgte. Ausserdem mussten Anknüpfungspunkte<br />

und Schnittstellenmanager definiert werden, die von der Hierarchie losgelöst<br />

und allein dem Prozess verpflichtet waren (Veränderungsagenten). Besonders wichtig<br />

war es für Bertelsmann, die beteiligten Personenkreise schlank zu halten. Erfahrungen<br />

bei Bertelsmann haben gezeigt, dass es sehr einfach ist, ein Projekt zu starten<br />

und plötzlich 40-50 Personen in den Prozess involviert zu haben. Solche Prozesse<br />

sind aus Sicht des verantwortlichen Projektleiters nicht mehr zu führen.<br />

1994 sollte, ausgehend vom Marketing, der Bertelsmann Buchclub neu positioniert<br />

werden. Es gab in Kürze 15 Arbeitsgruppen mit je 4-5 Mitarbeitern, darüber eine<br />

Hierarchieebene mit 12-15 Personen und darüber ein Steuerungsboard mit der Geschäftsführung.<br />

Allein die Koordination der Arbeitsgruppen war praktisch unmöglich.<br />

Der Prozess war nicht mehr zu führen.<br />

5.2.3.2 Outsourcing<br />

Wenn es um die Entwicklung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> geht, neigte man in der<br />

Vergangenheit <strong>im</strong> Handel häufig zu einem Outsourcing der technologischen Aufgaben.<br />

Dadurch wurden in der Regel Einsparungen und Skalenvorteile erzielt. In der<br />

Befragung sehen die Handelsmanager <strong>im</strong> Outsourcing kein Potential zur Erfolgssteigerung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> (vgl. Abbildung 76). In den Gesprächen hat<br />

sich gezeigt, dass die Neuentwicklung von technologischen <strong>Innovationen</strong> nicht komplett<br />

extern vergeben, sondern in Kooperationen gelöst werden sollte: Technologisches<br />

Know-how wird von den Handelsunternehmen eingekauft mit dem Ziel, von<br />

den Partnern zu lernen. Die Partner sollten das Handelsunternehmen dazu befähigen,<br />

anschliessend ohne Hilfe die Technologie nutzen zu können. Auch die GMSG<br />

hat, wo es möglich war, auf Standardsoftware zurückgegriffen. Beispielsweise wurde<br />

das MIS auf einem standardisierten Abfragetool für Datenbanken aufgebaut. Auch<br />

für das Internet gibt es zunehmend Standardsoftwarelösungen, die es dem<br />

566 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Anwender ermöglichen, ohne zusätzliche Beratungsleistung seinen eigenen Internetshop<br />

zu gestalten. Das Handelsunternehmen muss darauf achten, dass durch<br />

das Outsourcing oder den Einsatz von Standardlösungen keine Abhängigkeiten in<br />

erfolgskritischen Kompetenzen aufgebaut werden (vgl. Abschnitt 4.2.3.2.2).<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept: 567<br />

Grundsätzlich plädiert man auch bei Bertelsmann für das Outsourcing und verfährt<br />

nach der Devise: Wenn es möglich ist, sollte das technologische Know-how eingekauft<br />

werden (beispielsweise in Form standardisierter Software). So wurde auch bei<br />

dem Warenwirtschaftssystem für das neue Ladenkonzept verfahren. Es gibt aber<br />

auch Bereiche in der Warenwirtschaft, die Bertelsmann als Kernkompetenz empfindet<br />

und deswegen intern löst. Das hat den Nachteil, dass Schnittstellen zu der Standardsoftware<br />

geschaffen werden müssen. Andererseits ist Bertelsmann der Meinung,<br />

in diesen Bereichen einen Innovationsvorsprung zu haben, der dieses aufwendigere<br />

Vorgehen rechtfertigt. 568<br />

5.2.3.3 Fach- und Machtpromotoren<br />

In der betriebswirtschaftlichen Literatur zum Innovationsmanagement findet sich der<br />

Hinweis auf die Arbeitsteilung <strong>im</strong> Innovationsprozess. 569 Diese Arbeitsteilung wurde<br />

in den Expertengesprächen von den Handelsmanagern auch für den Handel in den<br />

häufigsten Fällen bestätigt. Innovationsprozesse <strong>im</strong> Handel lösen meistens Konflikte<br />

und Probleme aus, Hemmnisse und Rückschritte verhindern oft den Fortschritt.<br />

Wenn sich in solchen Fällen nicht ein entsprechender Machtpromotor für das Projekt<br />

stark macht und dafür sorgt, dass diese Rückschritte akzeptiert werden, dann ist das<br />

Projekt zum Scheitern verurteilt. Konflikte müssen ausgetragen werden, so dass gewisse<br />

Härteregelungen, die mit entsprechender Macht durchgesetzt werden müssen,<br />

nicht <strong>im</strong>mer vermieden werden können. Unterschieden werden in der Regel zwei<br />

Rollen, der Fachpromotor und der Machtpromotor. „Als Machtpromotor bezeichnen<br />

wir diejenige Person, die einen Innovationsprozess durch hierarchisches Potential<br />

aktiv und intensiv fördert. Den Fachpromotor definieren wir als diejenige Person, die<br />

einen Innovationsprozess durch objektspezifisches Fachwissen aktiv und intensiv<br />

fördert.“ 570 Hauschildt und Chakrabarti haben zusätzlich die Rolle des Prozesspromotors<br />

identifiziert. Er ist mit der Organisation vertraut und betreibt das Informationsund<br />

Beziehungsmanagement <strong>im</strong> Innovationsprozess. 571 Der Prozesspromotor ist für<br />

den Innovationsprozess wichtig, wenn eine hohe Problemkomplexität herrscht und<br />

567<br />

Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.<br />

568<br />

Zum „Make or Buy“-Entscheid für Warenwirtschaftssysteme <strong>im</strong> Handel vgl. o. V., 1997 (q), S. 40 ff.<br />

569<br />

Vgl. Hauschildt/Chakrabarti, 1988, S. 382; Hauschildt, 1997, S. 163 f.<br />

570 Witte, 1988, S. 152.<br />

571 Vgl. Hauschildt/Chakrabarti, 1988, S. 384.<br />

221


222<br />

die Innovation in einem grossen Unternehmen durchzusetzen ist. 572 Hauschildt und<br />

Kirchmann weisen die Erfolgswirksamkeit der Troika aus Fach-, Macht- und Prozesspromotor<br />

für das Innovationsmanagement empirisch nach. 573 Die Arbeitsteilung<br />

<strong>im</strong> Innovationsprozess des Handels wurde <strong>im</strong> vorliegenden Forschungsprojekt nicht<br />

empirisch untersucht. Die Ergebnisse der qualitativen Forschung deuten aber darauf<br />

hin, dass es insbesondere bei erfolgreichen <strong>Innovationen</strong> eine Arbeitsteilung gibt. In<br />

der Regel handelt es sich um das Zweigespann von Fach- und Machtpromotor, wobei<br />

dem Machtpromotor von den Handelsmanagern grosser Handelsunternehmen<br />

eine besondere Bedeutung zugesprochen wurde. Für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel kann die Empfehlung gegeben werden, dass für jedes<br />

Innovationsprojekt sowohl die fachliche als auch die hierarchische Förderung sichergestellt<br />

wird. Diese Aufgaben zu personalisieren kann nicht <strong>im</strong> Sinne einer Stellenbeschreibung<br />

erfolgen, sondern muss sich für jedes Innovationsprojekt neu ergeben<br />

und hängt stark von den Fähigkeiten und Möglichkeiten der am Prozess Beteiligten<br />

ab. Wichtig ist, dass der Projektverantwortliche (der weder Fach- noch Machtpromotor<br />

sein muss) zu Beginn des Projektes prüft, ob und von wem das Projekt die<br />

angesprochene Unterstützung erhält. Insbesondere bei einer temporären Organisation<br />

des Innovationsmanagements kann ein Prozesspromotor dazu beitragen, die<br />

Verbindung zur bestehenden Organisation zu gestalten (vgl. dazu aber auch Abschnitt<br />

5.2.3.6).<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept 574 und Internet:<br />

Aufgrund der Konzernstruktur sowie der Grösse des Unternehmens ist es bei<br />

Bertelsmann bekannt, dass für Innovationsprozesse neben den Fachpromotoren<br />

<strong>im</strong>mer auch Machtpromotoren notwendig sind. Eine Realisierung von <strong>Innovationen</strong><br />

ist nur mit den richtigen Machtpromotoren möglich. Dazu sollte man an der obersten<br />

Ebene ansetzen. So ist es bei Bertelsmann notwendig, den Vorstand hinter sich zu<br />

haben. Am Anfang eines Innovationsprojektes muss in einem Unternehmen wie<br />

Bertelsmann genug Zeit darauf verwendet werden, die Machtpromotoren von der<br />

Sinnhaftigkeit des Vorhabens zu überzeugen. Gelingt dies nicht, ist das Projekt<br />

schon vor dem Start gescheitert. Häufig werden gute und sinnvolle Projekte nicht<br />

gestartet, weil sie nicht ausreichend wahrgenommen wurden. Das „Projektmarketing“<br />

hat in dieser frühen Phase eine besondere Bedeutung.<br />

Im Konzernumfeld war das Innovationsprojekt Buchclub-Internet zunächst kaum<br />

durchzusetzen, da es mit anderen strategischen Konzernprojekten <strong>im</strong> Wettbewerb<br />

stand und eine konkrete Marktentwicklung schwer vorausgesagt werden konnte.<br />

Deshalb war es wichtig, Machtpromotoren zu finden, die dem Projekt Vertrauen ent-<br />

572 Vgl. Hauschildt/Kirchmann, 1997, S. 68.<br />

573 Vgl. Hauschildt/Kirchmann, 1997, S. 72.<br />

574 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

gegenbrachten und es förderten. Der Vorteil bei der Suche von Promotoren war bei<br />

diesem Projekt, dass das Medium Internet derzeit sehr „modern“ ist und sehr gut illustriert<br />

werden kann.<br />

5.2.3.4 Flache Strukturen<br />

Flache Strukturen <strong>im</strong> Innovationsprozess fördern den Informationsfluss und geben<br />

den Mitarbeitern mehr Selbstverantwortung. 575 Im Innovationsmanagement darf nicht<br />

die Hierarchie dominieren. Vielmehr müssen die Kompetenz und die sachlich richtige<br />

Entscheidung <strong>im</strong> Vordergrund stehen. Gerade wenn es um Marktbedürfnisse und<br />

technologische Möglichkeiten geht, sollte die hierarchische Pyramide auf den Kopf<br />

gestellt werden und die Führung den Kenntnissen und Erfahrungen der Mitarbeiter<br />

vertrauen. 576 Diese Anforderung gilt unabhängig davon, ob eine fest institutionalisierte<br />

oder temporäre Innovationsorganisation besteht. Beispielsweise ist bei Kaufhof<br />

durch die direkte Zuordnung des Bereichs Innovationsmanagement zum Vorstandsvorsitzenden<br />

die Struktur so flach, wie dies in einem Unternehmen von der Grösse<br />

überhaupt nur möglich ist. Auch bei der Projektorganisation von Karstadt für My<br />

world wurde darauf geachtet, dass max<strong>im</strong>al drei Hierarchieebenen bestanden. Auch<br />

in diesem Fall hatte das Projekt eine direkte Anbindung an den verantwortlichen Vorstand.<br />

Auch <strong>im</strong> Innovationsprozess für ein neues Warenwirtschaftssystem bei<br />

Bertelsmann war die Hierarchie extrem flach (zum Teil nur eine Person). Der Nachteil<br />

aus Sicht des verantwortlichen Projektleiters war, dass der Betreffende teilweise<br />

zu viele Aufgabenbereiche auf einmal abdecken musste.<br />

Auch wenn hier für flache Strukturen als innovationsfördernde Ausgestaltung des<br />

organisatorischen Kräftefeldes plädiert wird, soll darauf hingewiesen werden, dass<br />

sie nur Mittel zum Zweck sein können. Die entscheidende Frage <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

ist und bleibt, wie die Menschen innerhalb der Strukturen miteinander umgehen.<br />

Das zwischenmenschliche Verhalten ist wichtiger als der Rahmen, in dem es<br />

sich abspielt. „‚Flach‘ und ‚steil‘ sind geometrische Winkelbegriffe, somit quantitativer<br />

Natur. Aber das Wesentliche an einer gut funktionierenden Hierarchie liegt in ihrer<br />

Qualität begründet, und diese Qualität hängt stark vom Stil ab, in dem man miteinander<br />

umgeht.“ 577<br />

575 Vgl. Kieser/Kubicek, 1992, S. 384; Hauschildt, 1997, S. 119 f.<br />

576 Vgl. Bullinger/Fröschle/Brettreich-Teichmann, 1993, S. 232.<br />

577 Guntern, 1994, S. 45.<br />

223


224<br />

5.2.3.5 Kurze und direkte Entscheidungswege<br />

Kurze und direkte Entscheidungswege sichern einen schlagkräftigen und effizienten<br />

Ablauf des Innovationsprozesses und sind eng verbunden mit der zuvor ausgeführten<br />

Forderung nach flachen Strukturen. Umwege über alle Hierarchiestufen und formalen<br />

Dienstwege kosten Zeit und verzögern den Innovationsprozess unnötig.<br />

Gleichzeitig n<strong>im</strong>mt die Motivation der Beteiligten ab, was seinerseits wieder das Risiko<br />

erhöht, dass die Innovation verschleppt wird. Je zentraler ein Unternehmen organisiert<br />

ist, um so direkter müssen die Informationen dahin geleitet werden, wo die<br />

Entscheidungen fallen (vgl. Abschnitt 5.4.2.2.5). Auch die Ergebnisse der schriftlichen<br />

Befragung zeigen, dass das organisatorische Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

durch kurze und direkte Entscheidungswege gekennzeichnet ist (vgl. signifikanter<br />

Mittelwertunterschied in Abbildung 80). Direkte Kommunikation zwischen den<br />

Hierarchien, wie sie etwa <strong>im</strong> folgenden Fallbeispiel besteht, motiviert die Mitarbeiter,<br />

sich am innovativen Prozess zu beteiligen, und n<strong>im</strong>mt ihnen die Angst, Dinge zu<br />

hinterfragen.<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Ein Projektmitarbeiter des Projektes DWH bei Wall-Mart fand in der Diskussion mit<br />

dem verantwortlichen Manager für die Informationssysteme heraus, dass eine Formel,<br />

die in den Systemen verwendet werden sollte, mathematisch unzulässige Operationen<br />

durchführte. Als sich der CEO überraschenderweise direkt bei dem Projektmitarbeiter<br />

nach den Fortschritten des Projektes erkundigte, schilderte dieser ebenso<br />

direkt seine Bedenken bezüglich der Formel. Das Problem wurde daraufhin sofort mit<br />

dem CEO diskutiert und gelöst.<br />

5.2.3.6 Informationsfluss<br />

Informationsmanagement und Kommunikation sind häufig Schwachpunkte <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

des Handels. 578 Ein sehr guter Informationsfluss innerhalb des Innovationsteams,<br />

aber auch zwischen den an der Innovation beteiligten Mitarbeitern und<br />

dem Rest des Unternehmens ist deshalb zentral. 579 Dies bestätigen auch die befragten<br />

Handelsmanager. Das organisatorische Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

wird von ihnen durch einen guten Informationsfluss charakterisiert (vgl. signifikanter<br />

Mittelwertunterschied in Abbildung 80). „Eine Organisation, die stark zur Standardisierung<br />

und Formalisierung ihrer Kommunikation in Memoranden, Grundsatzschriften,<br />

Hausmitteilungen, Formularen usw. neigt, entspricht den Vorstellungen der<br />

578 Zum Innovationsmanagement als Informationsproblem vgl. Scholz, 1988, S. 202 ff.;<br />

Huber/Schneider, 1991, S. 171 ff. Zur Kommunikationskultur des Unternehmens vgl. Tschopp, 1990,<br />

S. 241 ff.<br />

579 Vgl. zur Bedeutung der Kommunikation <strong>im</strong> Innovationsprozess March/S<strong>im</strong>on, 1976, S. 155; Belz,<br />

1981, S. 196.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

innovationsbewussten Organisation nicht.“ 580 Im Innovationsprozess sollte die Faceto-face-Kommunikation<br />

gegenüber der schriftlichen Kommunikation nicht zuletzt<br />

deshalb bevorzugt werden, weil hier die Möglichkeit, auf die Motivation der Mitarbeiter<br />

einzuwirken, viel stärker gegeben ist. 581 Der Informationsfluss <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

ist eng verbunden mit den Forderungen nach flachen Strukturen und kurzen,<br />

direkten Entscheidungswegen (vgl. auch das Fallbeispiel Wal-Mart in Abschnitt<br />

5.2.3.5). Die Informationsbeziehungen und -wege <strong>im</strong> Innovationsprozess sollten so<br />

wenig wie möglich geregelt sein und den Mitarbeitern erlauben, direkt den Ansprechpartner<br />

zu suchen, der für die Problemlösung geeignet erscheint (auch wenn dabei<br />

der eigentliche Dienstweg der Pr<strong>im</strong>ärorganisation umgangen wird 582 ). 583 Informationen<br />

dürfen <strong>im</strong> Innovationsprozess kein knappes Gut sein. Jeder am Innovationsprozess<br />

beteiligte Manager muss das Recht haben, Meetings bereichsübergreifend einzuberufen,<br />

für seine Ideen zu werben und die erforderlichen Informationen einzuholen.<br />

584<br />

Wenn das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel organisatorisch durch eine parallele<br />

Organisation (z. B. reine Projektorganisation) realisiert wird, ist es um so wichtiger,<br />

das restliche Unternehmen durch die Informationspolitik in den Innovationsprozess<br />

mit einzubeziehen. Das Informationsmanagement n<strong>im</strong>mt dann <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

eine Brückenfunktion ein. Im Innovationsprozess ist das verantwortliche Projektmanagement<br />

ständig damit beschäftigt, auf der einen Seite inhaltlich einen Schritt weiterzukommen<br />

und auf der anderen Seite die Pr<strong>im</strong>ärorganisation zu integrieren. Es<br />

besteht die Gefahr, dass das Innovationsteam eigene Wege geht und dadurch die<br />

Anbindung an die Organisation verliert. Ständig müssen die Projektmanager darauf<br />

achten, wie sie den Prozess vorantreiben ohne dass das gesamte Unternehmen auf<br />

der Strecke bleibt und den Anschluss an die Inhalte bzw. Prozesse <strong>im</strong> Team verliert.<br />

Dazu ist es notwendig, über die Identifikation prozessorientierter Verknüpfungspunkte<br />

Bindeglieder herzustellen, die das notwendige Netzwerk zwischen den neuen<br />

und alten Prozessen, den neuen und bestehenden Strukturen sicherstellen. „Die<br />

grössten Konflikte <strong>im</strong> Innovationsprozess entstehen, weil ein kleines Team etwas<br />

entwickelt und die Gesamtorganisation nicht von Anfang an dabei ist.“ 585 Hier müssen<br />

Prozessagenten oder Changemanager ein Schnittstellenmanagement betreiben<br />

und versuchen, diese Konflikte zu lösen. Das Konzept der „linking pins“ von Likert ist<br />

eine organisatorische Gestaltungsmassnahme, die dazu dient, dass verschiedene<br />

Gruppen miteinander vernetzt werden und dadurch der Informationsfluss gesichert<br />

ist. 586 Dieses Prinzip hat Bertelsmann <strong>im</strong> Innovationsprozess angewendet, indem die<br />

580 Hauschildt, 1993, S. 79.<br />

581 Vgl. Kieser, 1985, S. 357.<br />

582 Vgl. Hauschildt, 1993, S. 80.<br />

583 Vgl. Berthel, 1987, S. 9.<br />

584 Vgl. Kieser, 1985, S. 357.<br />

585 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

586 Vgl. Likert, 1961 und Gomez/Z<strong>im</strong>mermann, 1993, S. 95 f.<br />

225


226<br />

Einbindung des Innovationsteams in die bestehende Organisation durch personelle<br />

Anknüpfungspunkte erfolgte. Es wurden Kontaktpersonen in den wichtigsten Bereichen<br />

benannt, die verantwortungsvoll in den Innovationsprozess eingebunden waren<br />

und die Aufgabe hatten, in ihren Bereichen die Informationsflüsse und Anknüpfungspunkte<br />

zu gewährleisten. Diese Schnittstellenmanager sollten nicht Mitglieder des<br />

oberen <strong>Management</strong>s sein, wie die Erfahrung bei dm-drogerie märkte, aber auch bei<br />

Bertelsmann gezeigt hat. Wenngleich die Funktion des Schnittstellenmanagers, den<br />

Informationsfluss sicherzustellen, stets die Ausübung von Macht <strong>im</strong>pliziert und deswegen<br />

häufig von Personen höherer Hierarchiestufen beansprucht wird, ist diese<br />

Konstellation für den Innovationsprozess nicht unbedingt förderlich. Besser ist es,<br />

das mittlere <strong>Management</strong> einzubinden oder Meinungsführer der Organisation mit<br />

dieser Funktion zu beauftragen. Auch wenn die betreffenden Personen hierarchisch<br />

untergeordnet sind, so tragen sie dennoch dazu bei, ein Innovationsprojekt auch<br />

emotional erfolgreich zu machen. Denn neben den rationalen Prozessen spielen die<br />

Emotionen eine sehr wichtige Rolle.<br />

5.2.3.7 Flexibilität<br />

Technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind durch eine hohe Unsicherheit gekennzeichnet.<br />

Die Ziele und Aufgaben ändern sich <strong>im</strong> Verlauf des Innovationsprozesses<br />

(vgl. Kapitel 4.2.5). Diese Veränderungen schlagen sich auch <strong>im</strong> angesprochenen<br />

organisatorischen Dilemma nieder. Deswegen erfordert das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> vom Handel einen hohen Grad an organisatorischer Flexibilität.<br />

Das bestätigen auch die Ergebnisse der schriftlichen Befragung (vgl. signifikanter<br />

Mittelwertunterschied in Abbildung 80). Organisatorische Flexibilität <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

bedeutet zum einen eine flexible Aufgabenverteilung und Anpassung der<br />

Funktionen der Mitarbeiter an die sich wandelnden Anforderungen <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

<strong>im</strong> Sinne einer flexiblen Arbeitsteilung, 587 zum anderen ein Min<strong>im</strong>um an Reglementierungen<br />

und ein Max<strong>im</strong>um an Handlungsfreiheiten für die beteiligten Mitarbeiter.<br />

Dazu gehört auch, dass den Mitarbeitern viele Entscheidungsfreiräume gegeben<br />

werden, damit ihr kreatives Potential freigesetzt werden kann. Dieser Aspekt ist<br />

auch Bestandteil der Anforderungen an eine innovationsfördernde Führung (vgl. Abschnitt<br />

5.4.2.2). Um unvorsichtige und zu riskante Entscheidungen zu vermeiden,<br />

bieten sich auf tieferen Hierarchiestufen Entscheidungsteams oder Entscheidungsgremien<br />

an.<br />

587 Vgl. Staehle, 1989, S. 770 und Reiss, 1995, S. 449.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.2.3.8 Bereichsübergreifendes Denken fördern<br />

Viele Handelsunternehmen sind sehr funktional organisiert und haben keine Schnittstellenabteilung<br />

(z. B. Innovationsmanagement oder Organisationsabteilung), die<br />

zwischen operativen Mitarbeitern und der technologischen Entwicklung vermittelt.<br />

Wenn z. B. das Problem der Regallücken aufgrund der Unzufriedenheit der Kunden<br />

durch das operative <strong>Management</strong> identifiziert wird, dann ist jemand gefordert, der<br />

dieses Problem zu lösen versteht, unter Umständen mit Hilfe <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>.<br />

Wenn das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Unternehmen nicht institutionalisiert<br />

ist, dann muss es andere Möglichkeiten für die Mitarbeiter geben, bereichsübergreifende<br />

Lösungen zu erarbeiten. Denn das Projektmanagement setzt in der Regel erst<br />

ein, wenn eine Projektaufgabe definiert ist. Um den Schritt bereits vorher organisatorisch<br />

zu verankern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. In einem grossen deutschen<br />

Handelsunternehmen aus der Lebensmittelbranche ist das Thema Innovation und<br />

Verbesserung fester Bestandteil der Tagesordnung in jeder Wochensitzung (auf den<br />

verschiedenen Hierarchieebenen). Auch entsprechende Personalentwicklungsmassnahmen<br />

wie z. B. die Jobrotation fördern das bereichsübergreifende Denken<br />

(vgl. Ansatzpunkte zum personellen Kräftefeld). Eine andere für die Mitarbeiter sehr<br />

motivierende Möglichkeit wird bei Wal-Mart praktiziert.<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Bei Wal-Mart gibt es ein Freitagmorgen- und ein Samstagmorgen-Meeting, in denen<br />

das Geschäft und der Geschäftsverlauf diskutiert werden. Die Teilnehmer am Freitag<br />

werden speziell eingeladen, während am Samstag jeder teilnehmen kann. Auch der<br />

Gründer und Leiter des Unternehmens, Sam Walton, nahm unregelmässig an den<br />

Meetings teil. In den Meetings werden Probleme aus dem Tagesgeschäft diskutiert,<br />

wobei jeder Mitarbeiter seine Probleme vortragen kann. In der Diskussion mit Mitarbeitern<br />

aus anderen Bereichen wird dann das Problem analysiert. Auch Mitarbeiter<br />

aus den technologischen Bereichen nehmen an den Sitzungen teil und werden so in<br />

das operative Tagesgeschäft eingebunden, um die Technologie nicht Selbstzweck<br />

werden zu lassen.<br />

227


228<br />

5.3 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

personellen Kräftefeld<br />

5.3.1 Ausprägungen des personellen Kräftefeldes<br />

Als häufigste Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess wurden von den befragten Handelsmanagern<br />

personelle Hemmnisse genannt (vgl. Abbildung 74). Weltz differenziert<br />

acht personelle Wiederstände gegen Neuerungen, die in den sechs Kräftefeldern<br />

berücksichtigt sind (vgl. Schaukasten 22).<br />

1. Beeinträchtigung der Verhaltenssicherheit (bedingt durch Veränderungen <strong>im</strong> „eingespielten“<br />

sozialen Systemgefüge).<br />

2. Identifizierung mit dem Status quo (bedingt durch das Vertrautsein mit der Arbeit und<br />

deren Umgebung). Die Veränderung dieser Welt wird oft als Missbilligung der bisherigen<br />

Arbeitsleistung aufgefasst.<br />

3. Entwertung alter Qualifikationen (bedingt durch neue Arbeitsverfahren).<br />

4. Notwendigkeit des aktiven Lernens (bedingt durch neue Anforderungen). Dabei reichen<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten, die ausschliesslich durch die Praxis erworben werden,<br />

in vielen Fällen nicht mehr aus. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die<br />

Umstellung in die Rolle des Lernenden, des Schülers, häufig psychologisch nicht<br />

einfach ist.<br />

5. Lerngegenstände von höherem Abstraktionsgrad (z. B. bedingt durch komplexere<br />

Verfahren, wie etwa elektronische Datenverarbeitung). Ältere Verfahren können mit<br />

weniger Abstraktionsvermögen verstanden werden; bisherige Kenntnisse sind in vielen<br />

Fällen allein aufgrund praktischer Erfahrungen erworben worden.<br />

6. Einstellung zum technischen Fortschritt: So uneingeschränkt man vielleicht seine<br />

Auswirkungen generell begrüssen mag, in seinen konkreten Auswirkungen am einzelnen<br />

Arbeitsplatz begegnet man ihm mit Skepsis und Misstrauen.<br />

7. Frühere Erfahrungen: Negative wie positive Erfahrungen der Organisationsmitglieder,<br />

die bei früheren Veränderungen gemacht wurden, beeinflussen neue Umstellungsvorhaben,<br />

in einem Fall negativ und <strong>im</strong> anderen positiv.<br />

8. Temporäre Mehrbelastung: Jede Innovation bringt notwendigerweise Umstellungen in<br />

der Arbeitsleistung und <strong>im</strong> Verhalten mit sich. Die Neuartigkeit beeinflusst zunächst<br />

eventuell das Arbeitstempo und die Qualität negativ. Die später eintretenden Erleichterungen<br />

und Vorteile werden oft durch die anfänglich negativ erscheinenden Randbedingungen<br />

unterdrückt.<br />

Schaukasten 22: Personelle Widerstände gegen Neuerungen 588<br />

588 Diese Aufzählung ist entnommen aus Belz, 1981, S. 195; vgl. Weltz, 1972, S. 1462 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

In der Praxis zeigt sich, dass das personelle Kräftefeld ein kritischer Erfolgsfaktor für<br />

die Realisierung von technologischen <strong>Innovationen</strong> ist. 589 Diese Einschätzung bestätigen<br />

auch die befragten Handelsmanager, indem sie die qualitativen Personalvoraussetzungen<br />

als einen der wichtigsten Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung von<br />

<strong>Innovationen</strong> einschätzen (vgl. Abbildung 78). In der betriebswirtschaftlichen Literatur<br />

zum Innovationsmanagement dominieren hinsichtlich des personellen Kräftefeldes<br />

eigenschaftstheoretische Ausführungen 590 (die Frage nach den notwendigen Eigenschaften<br />

und Rollen von Personen, um innovativ sein zu können). 591 Das ist aber nur<br />

ein Aspekt. Darüber hinaus lässt sich das personelle Kräftefeld unterscheiden in 592 :<br />

• Quantitative Einflussgrössen (z. B. personelle Kapazitäten und demographische<br />

Eigenschaften wie z. B. Alter)<br />

• Qualitative Einflussgrössen (z. B. personelle Fähigkeiten, Teamarbeit usw.)<br />

Beide Einflussgrössen wurden in Frage 15 des Fragebogens zum personellen Kräftefeld<br />

berücksichtigt. 593 Dabei zeigte es sich, dass die quantitativen Einflussgrössen<br />

wie z. B. Personalquantität von den befragten Handelsmanagern als weniger wichtig<br />

eingeschätzt wurden (vgl. Abbildung 78).<br />

Abbildung 81 zeigt den Mittelwertvergleich für erfolgreiche und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>.<br />

Das personelle Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> wird von den Befragten<br />

durch die folgenden Einflussgrössen charakterisiert (vgl. die Mittelwertunterschiede<br />

in Abbildung 81): „viel Teamarbeit“, „wenig Fluktuation“, „hohe Veränderungsbereitschaft<br />

der Mitarbeiter“, „stark kreative und konfliktfähige Mitarbeiter“, „viel<br />

Anerkennung von Leistungen“ und „wenig finanzielle Anreize“.<br />

589 Ergebnis der Expertengespräche zu den sechs Kräftefeldern <strong>im</strong> Innovationsmanagement. Vgl.<br />

auch Herzhoff, 1991, S. 267 f.; Kühner, 1990, S. 196 ff.; Belz, 1981, S. 193 f.<br />

590 Zu den Eigenschaftstheorien der Führung vgl. Wunderer, 1993, S. 28 ff.<br />

591 Vgl. das Promotorenmodell von Witte, 1973; Bühner, 1991, S. 54f.; Riekhof, 1986, S. 11 ff.; Bitzer,<br />

1990, S. 179 f.; Thom, 1992, S. 22; Riekhof, 1987, S. 14 ff.; Ahmed, 1998, S. 35.<br />

592 Vgl. Bitzer, 1990, S. 15 und Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992, S. 376.<br />

593 Vgl. Frage 15 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das personelle Umfeld, in dem<br />

die Innovation realisiert wurde?“<br />

229


230<br />

viel<br />

Anerkennung<br />

viele<br />

Aufstiegschancen<br />

MA<br />

wollen<br />

sehr viel<br />

verändern<br />

konfliktfähige<br />

MA<br />

viele finanzielle<br />

Anreize<br />

viel<br />

Weiterbildung<br />

viele<br />

Generalisten<br />

Ø-Alter<br />

der MA<br />

niedrig<br />

stark<br />

kreative<br />

MA<br />

heterogene<br />

Teams<br />

viel<br />

Fluktuation<br />

viel<br />

Teamarbeit<br />

viele<br />

Akademiker<br />

7<br />

5,61<br />

5,18<br />

5,25<br />

6<br />

4,87<br />

5,07<br />

4,70<br />

4,69<br />

4,45<br />

5<br />

4,15<br />

3,99<br />

4,75<br />

4,53<br />

4,76<br />

4<br />

2,90<br />

3,88<br />

4,24<br />

3,24<br />

3,82<br />

3,94<br />

2,88<br />

Mittelwert<br />

3,82<br />

3,35<br />

3<br />

3,00<br />

2,44<br />

2,36<br />

2,29<br />

2<br />

wenig<br />

Anerkennung*<br />

keine<br />

Aufstiegschancen*<br />

MA wollen<br />

gar nichts<br />

verändern*<br />

nicht konfliktfähige<br />

MA*<br />

wenig<br />

finanzielle<br />

Anreize<br />

wenig<br />

Weiterbildung<br />

wenig<br />

Generalisten<br />

Ø-Alter<br />

der MA<br />

hoch<br />

wenig<br />

kreative<br />

MA<br />

homogene<br />

Teams<br />

wenig<br />

Fluktuation*<br />

wenig<br />

Teamarbeit*<br />

1<br />

wenig<br />

Akademiker<br />

personelles Kräftefeld<br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das personelle Umfeld "wenig/viel Teamarbeit" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).<br />

Abbildung 81: Mittelwertvergleich personelles Kräftefeld (nicht erfolgreiche vs.<br />

erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.3.2 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des personellen<br />

Kräftefeldes 594<br />

5.3.2.1 Heterogene Teams<br />

Teams werden den komplexen Anforderungen <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> besser<br />

gerecht als Einzelkämpfer. 595 Wichtig ist die heterogene, abteilungs- und funktionsübergreifende<br />

Zusammensetzung der Teams, wie sich in allen Fallbeispielen gezeigt<br />

hat. 596 Dies bestätigen auch die Ergebnisse der schriftlichen Befragung (vgl.<br />

Abbildung 81). Eine heterogene Zusammensetzung zeichnet sich auch dadurch aus,<br />

dass Kritiker in die Teams einbezogen werden. Bei der Teamzusammensetzung<br />

muss darauf geachtet werden, dass sich die Teammitglieder menschlich gut verstehen,<br />

eine Vertrauensbasis besteht bzw. entstehen kann und die Teammitglieder<br />

kommunikativ sind. Die Vor- und Nachteile von Team- bzw. Gruppenkonzepten für<br />

den Innovationsprozess werden aus der folgenden Zusammenstellung deutlich:<br />

Gruppenkonzepte in Unternehmungen<br />

Vorteile Nachteile<br />

• Pooling-Effekt: breite Informationsbasis<br />

von Gruppen. Daraus resultiert eine erhöhte<br />

Wahrscheinlichkeit der Lösungsfindung<br />

und des Fehlerausgleichs.<br />

• Social support: Befreiung unsicherer<br />

Gruppenmitglieder von produktivitätshemmenden<br />

mentalen Barrieren durch die<br />

soziale Unterstützung in der Gruppe.<br />

• Cross-Fertilization: Neuartige Ideen aus<br />

der Gruppe lösen bei anderen Gruppenmitgliedern<br />

wiederum neuartige Lösungsansätze<br />

aus.<br />

• Competitive support: Erhöhung der Gesamtleistung<br />

durch gruppeninternen<br />

Wettbewerb.<br />

• Entstehung dysfunktionaler Konflikte.<br />

231<br />

• Angst vor Gruppenkritik.<br />

• Tendenz zur Gleichförmigkeit.<br />

• Frustration engagierter Gruppenmitglieder<br />

bei zu langen Gruppendiskussionen.<br />

• Entfremdung von Gruppenmitgliedern,<br />

deren Lösungsansätze abgelehnt werden.<br />

• Höherer Zeitbedarf bei der Problemlösung.<br />

Schaukasten 23: Vor- und Nachteile von Gruppenkonzepten 597<br />

594 Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

595 Zur Teamorganisation vgl. Gomez/Z<strong>im</strong>mermann, 1993, S. 93 ff.<br />

596 Vgl. auch Lang, 1997, S. 59 f.<br />

597 Ewald, 1989, S. 121 f.


232<br />

Die abteilungs- und funktionsübergreifende Zusammensetzung der Innovationsteams<br />

fördert die ganzheitliche Vorgehensweise, wie sie auch <strong>im</strong> Vorgehenskonzept in Kapitel<br />

4 verfolgt wird. So begünstigt beispielsweise das Zusammenwirken von Technologieexperten<br />

und Handelsexperten die Fähigkeit des Innovationsteams, technologische<br />

Problemlösungen marktorientiert zu entwickeln. Ausserdem steigert die abteilungsübergreifende<br />

Zusammensetzung das Wissen jedes einzelnen über die organisatorischen<br />

und sozialen Zusammenhänge des Unternehmens und damit das<br />

Organisationsbewusstsein, so dass eine organisatorische Selbstreflexion einsetzt. 598<br />

Das daraus entstehende organisationsbezogene Lernen hilft dem Handelsunternehmen<br />

nachhaltig, seine Innovationsfähigkeit zu stärken.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept 599 und Internet:<br />

Für die Entwicklung eines neuen Ladenkonzeptes wurde bei Bertelsmann ein Team<br />

gegründet. Es bestand aus fünf Leuten, welche die wichtigsten Bereiche des Hauses<br />

abdeckten. Wichtig war, dass zwei Mitarbeiter aus der alten Organisation stammten,<br />

aber auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen vertreten waren, die neues Know-how<br />

mitbrachten und querdenken konnten. Vertreten waren Vertrieb, Marketing, Organisation<br />

(Hintergrundsysteme und Logistik) und Personal. Der Personalbereich wurde<br />

einbezogen, um die sensiblen Prozesse, die in der Organisation losgetreten wurden,<br />

auch führen und begleiten zu können.<br />

Auch für die technologische Innovation „Online-Aktivitäten“ wurde be<strong>im</strong> Bertelsmann<br />

Buchclub ein Team gegründet. Diese Aufgabe stellte besondere personelle Anforderungen<br />

an die Projektleitung. Nach Auffassung des Projektleiters erforderten die geplanten<br />

Online-Aktivitäten eine umfassende Qualifikation in den Bereichen Marketing,<br />

Organisation und technisches Know-how. Die Zusammensetzung des Projektteams<br />

musste diese Anforderungen erfüllen und dafür sorgen, dass sich die Projektmitarbeiter<br />

in ihren Fähigkeiten ergänzen. Durch das Projektteam bei Bertelsmann<br />

wurden in der Startphase die Grundfunktionen Technik, Marketing und Redaktion<br />

abgedeckt. Für die Technik wurde ein Informatiker rekrutiert, der zusätzlich Unternehmens-Know-how<br />

erlernen musste, da er branchenfremd war. Der Marketingbereich<br />

wurde mit einem BWL-Absolventen besetzt, der dafür verantwortlich ist, eine<br />

Spitzenposition <strong>im</strong> Internet zu besetzen. Der redaktionelle Teil wird von einer Literaturwissenschaftlerin<br />

mit Erfahrungen aus der Buchbranche betreut.<br />

598 Heintl/Krainz, 1994, S. 12 ff.<br />

599 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Auch die GMSG hat für die Entwicklung des MIS abteilungsübergreifende Teams<br />

eingesetzt. Zur Definition der Anforderungen in der Startphase wurden, nach Einkauf<br />

und Verkauf getrennt, zuerst Pflichtenhefte erarbeitet. Als es um die Ausgestaltung<br />

der Auswertungsroutinen ging, wurden Teams gebildet, in denen der Einkauf, der<br />

Verkauf und die Abteilung für die Informationssysteme (Organisation) vertreten<br />

waren. Diese Teams formulierten Anforderungen an Auswertungsroutinen, die sie für<br />

das Tagesgeschäft brauchten. Die Lösungen wurden, soweit es möglich war, von der<br />

Informatik realisiert. Darüber hinaus wurden sogenannte Master-User für verschiedene<br />

Bereiche des Unternehmens benannt. Diese Master-User wurden auf dem MIS<br />

besonders geschult und sind in der Lage, neue Auswertungsroutinen, die Kollegen<br />

aus ihrem Bereich einsetzen möchten, durch eine standardisierte Abfragesprache <strong>im</strong><br />

MIS zu realisieren.<br />

5.3.2.2 Konfliktfähigkeit<br />

Die Konfliktfähigkeit der Mitarbeiter ist eine wichtige Voraussetzung, um die unsicheren<br />

und problemgeladenen Innovationsprozesse erfolgreich zu durchlaufen. Konflikte<br />

sind die Schmiermittel für Innovations- und Veränderungsprozesse. 600 Durch Schulungen<br />

kann die Konfliktfähigkeit der Mitarbeiter gesteigert werden (vgl. das Konfliktlösungstreffen<br />

in Schaukasten 24). Insbesondere die <strong>im</strong> organisatorischen Kräftefeld<br />

geforderte Parallelorganisation für Innovationsprojekte führt zu negativen Abgrenzungen<br />

und Konflikten zwischen dem Innovationsteam und der bestehenden<br />

Organisation. Diese Konflikte müssen angenommen und ausgetragen werden, weil<br />

Innovationsprozesse nicht <strong>im</strong>mer „weich“ durchzubringen sind. Bisweilen ist es sogar<br />

sinnvoll, dass sie um der Qualität der Innovation willen ausdrücklich provoziert werden.<br />

„Häufig wird in Innovationsprozessen des Handels versucht, es allen recht zu<br />

machen. Das Resultat ist dann kantenlos und wird entsprechend kantenlos und profillos<br />

vom Kunden wahrgenommen.“ 601 Deswegen muss bei Innovationsprozessen<br />

von Anfang an die Hoffnung aufgegeben werden, es allen recht machen zu wollen.<br />

Es muss der Hauptorganisation <strong>im</strong>mer wieder die folgende Botschaft vermittelt werden:<br />

„Vertraut uns, wir machen das nicht, um eine neue Organisation aufzubauen,<br />

sondern um ein neues Potential für die bestehende Organisation zu begründen. Wir<br />

holen euch zum richtigen Zeitpunkt in diesen Prozess, können aber nicht zu Beginn<br />

alle einbeziehen“. Die Kommunikation ist ein wichtiges Instrument, um Konflikte <strong>im</strong><br />

Innovationsprozess zu lösen (vgl. Ansatzpunkte zum organisatorischen Kräftefeld).<br />

Dennoch werden sich Widerstände aufbauen, solange Gruppierungen ausgeschlossen<br />

bleiben (und das ist bei der Grösse vieler Handelsunternehmen nicht vermeidbar).<br />

Diese Gruppierungen werden gegenüber der Innovation kritisch bleiben und<br />

600 Vgl. Rudolph, 1999, S. 414.<br />

601 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

233


234<br />

dagegen argumentieren, weil ihre Mitglieder Angst davor haben, in den Prozess nicht<br />

eingebunden und substituiert zu werden. Trotzdem darf nicht der Fehler gemacht<br />

werden, zu früh zu viele Leute in das Team aufzunehmen, denn dadurch werden die<br />

Prozesse zu stark verwässert und sind letztendlich nicht mehr führbar. Es geht<br />

darum, den Balanceakt zu bewältigen, nicht zu viele einzubinden und dennoch nicht<br />

den Anschluss an die Organisation zu verlieren.<br />

In Konfliktsituationen verfolgen die Beteiligten unterschiedliche Strategien, von der<br />

Konfrontation bis zum Rückzug und zur Isolation. Erfolgversprechend ist jedoch nur<br />

die Strategie der echten Problemlösung. 602 Dabei analysieren die Beteiligten gemeinsam<br />

das Problem und erarbeiten auf Basis der Analyse ein gemeinsames Vorgehen.<br />

Ein geeignetes Instrument zur Konfliktlösung zwischen dem Innovationsteam<br />

und der bestehenden Organisation mit dem Ziel der echten Problemlösung ist das<br />

Konfliktlösungstreffen. 603 Wie in Schaukasten 24 beschrieben, dürfen die Gruppen<br />

für das Konfliktlösungstreffen nicht zu gross sein. Deswegen sollte der Kreis der an<br />

der Innovation beteiligten Mitarbeiter sukzessive erweitert werden, so dass gegebenenfalls<br />

auch ein Konfliktlösungstreffen mit einzelnen Bereichen und Abteilungen<br />

durchgeführt werden kann. Das Fallbeispiel Kaufhof illustriert dieses Vorgehen.<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Wenn bei Kaufhof <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Bereich Innovationsmanagement entwickelt werden,<br />

z. B. mult<strong>im</strong>ediale Infoterminals, dann macht das nicht der Bereich Innovationsmanagement<br />

allein, sondern als Gesprächspartner werden die betroffenen und rele-<br />

vanten Bereiche und Personen z. B. aus dem Produktmarketing oder den Filialen mit<br />

eingebunden. Kein Projekt trägt das Innovationsmanagement allein, sondern <strong>im</strong>mer<br />

mit Partnern aus der Einkaufs- oder Vertriebspraxis. Sobald ein Test in einer Filiale<br />

durchgeführt wird, werden auch die am POS Betroffenen automatisch mit einbezogen,<br />

so dass sich der Kreis der beteiligten Mitarbeiter sukzessive verbreitert. Schon<br />

in der Testfiliale wird auf die positive Einstellung der Beteiligten geachtet. Das gilt<br />

dann auch später für jede Filiale, in der die Innovation eingeführt wird. Begleitet und<br />

unterstützt wird die Einführung in den Filialen durch Schulungen und Aufklärung des<br />

Filialpersonals. Wichtig ist in diesem Prozess die Kommunikation.<br />

602<br />

Kieser/Kubicek unterscheiden vier Strategien der Konflikthandhabung (vgl. Kieser/Kubicek, 1992,<br />

S. 396 f.).<br />

603<br />

Eine detaillierte Darstellung der Ziele und des Ablaufs eines Konfliktlösungstreffens findet sich bei<br />

Doppler/Lauterburg, 1994, S. 289 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Was ist ein Konfliktlösungstreffen?<br />

Eine Methode strukturierter und moderierter Konfliktlösung zwischen zwei Gruppen.<br />

Was ist das Ziel eines Konfliktlösungstreffens?<br />

Einleiten eines Prozesses der Konfliktregelung:<br />

− Herstellen von Transparenz bezüglich der Problemzusammenhänge für die direkt<br />

vom Konflikt Betroffenen.<br />

− Deeskalation der Emotionen und Reduktion des Konfliktes auf die sachlichen Meinungsverschiedenheiten<br />

und Interessengegensätze.<br />

− Aushandeln von möglichen Lösungsansätzen sowie konkreten Vorgehensweisen zu<br />

deren Realisierung.<br />

Wie gross ist die Anzahl der Teilnehmer/innen?<br />

Idealerweise zwei Gruppen von je 5-8 Personen (plus 1-2 Moderatoren).<br />

Wie lange dauert ein Konfliktlösungstreffen?<br />

1-2 Tage (ist das Problem komplexer eher zwei Tage).<br />

Welches sind die Vorteile eines Konfliktlösungstreffens?<br />

− Hohe Effizienz: Das Wichtigste kommt in kurzer Zeit und in konzentrierter Form zur<br />

Sprache und wird diskutierbar.<br />

− Lebendige Arbeitsform: Man kann alle Probleme äussern, ohne zermürbende Streitereien<br />

fürchten zu müssen.<br />

Welches sind die Nachteile eines Konfliktlösungstreffens?<br />

Bei Problemen zwischen grösseren Bereichen kann <strong>im</strong>mer nur eine Auswahl der direkt<br />

Betroffenen teilnehmen, weil sonst die Gruppen zu gross werden und sich in der Tagung<br />

nicht mehr verständigen können.<br />

Wann ist das Konfliktlösungstreffen sinnvoll?<br />

Wenn ein akuter oder latenter Konflikt von hoher Brisanz seit längerer Zeit andauert und<br />

Sachprobleme überlagert sind durch Einstellungs- und Verhaltensprobleme.<br />

Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen für gute Ergebnisse?<br />

1.) Sorgfältige Auswahl der Teilnehmer/innen: nur direkt Betroffene mit hohem Interesse<br />

an der Problemstellung.<br />

2.) Sorgfältige Vorbereitung: Die beiden Präsentationen am Anfang sind die Grundlage<br />

für die ganze weitere Tagungsarbeit.<br />

3.) Straffe Moderation: Einhalten des Programms, des Zeitplans sowie der eingangs<br />

vereinbarten Spielregeln.<br />

4.) Sorgfältige Nachbereitung: Sichern der Ergebnisse durch konsequente Nachbereitung<br />

sowie durch regelmässige, gemeinsame Zwischenbilanz und Manöverkritik.<br />

Schaukasten 24: Fragen und Antworten zum Konfliktlösungstreffen 604<br />

604 Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 289 f.<br />

235


236<br />

5.3.2.3 Veränderungsbereitschaft<br />

Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter<br />

gefördert werden muss. Einen wichtigen Beitrag leistet dazu die Ausgestaltung<br />

des kulturellen Kräftefeldes durch Führungsstil, Anerkennung und Sanktionierung<br />

von Leistung bzw. Fehlern (vgl. Ansatzpunkte zum kulturellen Kräftefeld und Kapitel<br />

7). Aber auch entsprechende Partizipationsmöglichkeiten und Anreizsysteme können<br />

den Mitarbeiter motivieren, aktiv Veränderungen vorzuschlagen bzw. mitzutragen.<br />

Das betriebliche Vorschlagswesen (BVW) ist eine Möglichkeit, den Mitarbeitern zu<br />

zeigen, dass sie <strong>im</strong> Unternehmen etwas bewegen können, und damit ihre Veränderungsbereitschaft<br />

zu steigern. 605 Die richtige Ausgestaltung des Vorschlagswesens<br />

best<strong>im</strong>mt über die Akzeptanz bei den Mitarbeitern und damit auch über den Erfolg<br />

oder Misserfolg. 606 Das kann am Beispiel eines grossen deutschen Handelsunternehmens<br />

für Lebensmittel, das ein BVW eingeführt hat, veranschaulicht werden.<br />

Nach Aussage eines Mitarbeiters ist die Akzeptanz und Nutzung jedoch nicht befriedigend,<br />

da häufig der Zeitraum zwischen Idee und Umsetzung zu lang ist. Der Grund<br />

dafür liegt in der organisatorischen Umsetzung des BVW. Der direkte Vorgesetzte ist<br />

für die Vorschläge verantwortlich, d. h. er prüft sie und leitet sie gegebenenfalls weiter.<br />

Das frustriert die Mitarbeiter eher, als dass es sie für Veränderungen motiviert.<br />

Trotzdem ist das Instrument für das Unternehmen wichtig, um neue Ideen zu bekommen.<br />

Deswegen wird an einer Verbesserung <strong>im</strong> Sinne einer organisatorischen<br />

Institutionalisierung des BVW, z. B. durch einen ausdrücklich dafür Beauftragten, gearbeitet.<br />

Wenn das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Unternehmen fest institutionalisiert<br />

ist, z. B. in Form einer eigenen Abteilung, dann bietet es sich an, darin auch das<br />

BVW zu verankern.<br />

Positiv auf das BVW wirken sich eine angemessene Vergütung und eine Begründung<br />

der Ablehnung von Vorschlägen aus. Negative Auswirkungen haben zu lange Bearbeitungszeiten,<br />

Reglementierungen, Ablehnungen von Vorschlägen wegen Unausgereiftheit,<br />

unbegründete Ablehnungen und fehlende Hilfestellung bei der Aufbereitung<br />

der Vorschläge. 607 „In fact a large proportion of suggestion schemes appear to fail<br />

not because there is a lack of ideas but because of the protocols, and the failure of<br />

the protocols to process with sufficient speed either a favourable or unfavourable response.“<br />

608<br />

605 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 223 bzw. 238 und Thom, 1992, S. 29 ff.<br />

606 Vgl. Higgins/Wiese, 1996, S. 48.<br />

607 Vgl. Bitzer, 1990, S. 166 ff. und Müller-Golchert, 1987, S. 52 f.<br />

608 Ahmed, 1998, S. 41.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Das Grundmuster des betrieblichen Vorschlagswesens, wie es in Schaukasten 25<br />

beschrieben wird, sollte durch die folgenden Ansatzpunkte ergänzt werden, um es<br />

flexibler zu gestalten und Widerstände zu min<strong>im</strong>ieren, damit es produktiver zum Innovationsgeschehen<br />

<strong>im</strong> Unternehmen beiträgt: 609<br />

• In der Regel werden nur „Sonderleistungen“, die nicht unmittelbares Ergebnis der<br />

zugewiesenen Stellenaufgabe des Mitarbeiters sind, honoriert. 610 Da die klaren<br />

Grenzen der Arbeitsstellen und Aufgaben durch ständig abnehmende Routinetätigkeiten,<br />

Gruppenarbeit und breitere Aufgabenbereiche verschw<strong>im</strong>men, sollte der<br />

Geltungsbereich für Vorschläge ausgeweitet werden. Dadurch können zusätzliche<br />

Mitarbeitergruppen für das BVW gewonnen werden. 611<br />

• Das BVW ist in seiner ursprünglichen Form auf Einzelpersonen ausgerichtet. Eine<br />

Ausweitung auf formelle und informelle Gruppen und Teams eröffnet zusätzliche<br />

Möglichkeiten und nutzt die Vorteile von Team- und Gruppenarbeit für das BVW.<br />

• Eine Anerkennungsprämie für jeden Vorschlag unterstreicht die Wichtigkeit des<br />

Vorschlagswesens. Bei Annahme eines Vorschlags sollte die Honorierung <strong>im</strong><br />

Verhältnis zum Nutzen des Vorschlags für das Unternehmen stehen, um zu vermeiden,<br />

dass der Mitarbeiter sich übervorteilt fühlt.<br />

• Die Führung muss eine positive Einstellung zum BVW signalisieren. Die Bedeutung<br />

sollte durch entsprechende Kommunikation und Rituale betont werden, z. B.<br />

durch öffentliche Belohnung oder Publikation in der Unternehmenszeitung.<br />

• Die Gutachter müssen ausreichend Kapazität und Zeit für die schnelle Bearbeitung<br />

der einzelnen Vorschläge haben und die Beurteilung transparent machen.<br />

Ein Feedback nach wenigen Tagen ist besonders wichtig, um den Motivationseffekt<br />

bei den Mitarbeitern aufrechtzuerhalten. Der Vorschlagsbeauftragte ist mehr<br />

als nur ein Adressat für Vorschläge. Er ist die treibende Kraft <strong>im</strong> Prozess und<br />

muss diesen aktiv gestalten und steuern. Dazu gehört das Zeitmanagement, aber<br />

auch die Pflege der notwendigen Informations- und Kommunikationsbeziehungen.<br />

609 In Anlehnung an Herzhoff, 1991, S. 194 f. Vgl. auch Heidack/Brinkmann, 1984, pass<strong>im</strong>; Fre<strong>im</strong>uth,<br />

1986, S. 49 ff. und Brinkmann, 1986, S. 457 ff.<br />

610 Vgl. Thom, 1992, S. 29 und Herzhoff, 1991, S. 193.<br />

611 Vgl. Heidack/Brinkmann, 1984, S. 154.<br />

237


238<br />

Das betriebliche Vorschlagswesen funktioniert nach folgendem Grundmuster:<br />

Ein Mitarbeiter reicht inner- oder ausserhalb des Dienstweges einen Vorschlag ein,<br />

der letztlich an einen haupt- oder nebenamtlichen Beauftragten für das Vorschlagswesen<br />

gelangt. Dieser holt Gutachten zum Nutzen und zur Durchführbarkeit des<br />

Vorschlages bei den zuständigen Fachleuten <strong>im</strong> Betrieb ein. Er bringt dann die Idee<br />

des Arbeitnehmers mit allen Stellungnahmen vor eine Prüfungs- und Bewertungskommission.<br />

In dieser betrieblichen Kommission, die aus Vertretern des <strong>Management</strong>s<br />

und der Arbeitnehmer besteht, wird über die Annahme bzw. Ablehnung des<br />

Vorschlages entschieden und die Form der Anerkennung (z. B. Prämie, Lob) festgelegt.<br />

Der Mitarbeiter erhält anschliessend eine Rückmeldung.<br />

Schaukasten 25: Ablauf des betrieblichen Vorschlagswesens 612<br />

Wenn Innovationsprojekte als temporäre Lösungen organisiert werden, muss den<br />

Mitarbeitern eine Rückkehrgarantie an den alten Arbeitsplatz gegeben werden, damit<br />

Unsicherheiten und daraus resultierende risikoaverse Verhaltensweisen ausgeschlossen<br />

werden. Geschieht das nicht, hat das eine verringerte Veränderungsbereitschaft<br />

bei den Mitarbeitern zur Folge. „In ihrer Personalpolitik weisen erfolgreiche<br />

innovierende Unternehmungen des Westens eine gewisse Ähnlichkeit mit japanischen<br />

Unternehmungen auf. Freisetzungen als Folge von <strong>Innovationen</strong> werden vermieden.<br />

Auf diese Weise wird Widerstand gegen Neuerungen abgebaut, Motivation<br />

zur Kooperation bei Innovationsprojekten gefördert.“ 613<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Bei Karstadt war von Anfang an klar, dass bei Scheitern des Projektes My world die<br />

Mitarbeiter aufgefangen und nicht bestraft werden. Bei My world hätten alle Beteiligten<br />

die Möglichkeit gehabt, an ihre alten Arbeitsplätze zurückzukehren (Arbeitsplatzsicherheit).<br />

Dies wurde zu Anfang des Projektes bei der Auswahl der Teammitglieder<br />

auch kommuniziert.<br />

612 Thom, 1992, S. 29.<br />

613 Kieser, 1985, S. 357.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.3.2.4 Anreizsysteme<br />

„Anreizsysteme müssen zweierlei leisten: Einerseits gilt es, die entscheidenden Mitarbeiter<br />

zum Eintritt in das eigene Unternehmen zu bewegen beziehungsweise die<br />

innovativen Kräfte bei der Stange zu halten.“ 614 Im Innovationsmanagement wirken<br />

materielle und <strong>im</strong>materielle Anreize. 615 Immaterielle Anreize sind beispielsweise Anerkennung<br />

der Leistung, Status, Prestige, Möglichkeiten der Berufs- und Karriereentwicklung,<br />

Aufstiegschancen, Art und Inhalt der Arbeit sowie die individuellen<br />

Entscheidungsfreiräume. 616 Materielle Anreize sind beispielsweise Sonderzahlungen<br />

und Prämien (Geschenke, Reisen usw.). Die Expertengespräche bestätigen die empirischen<br />

Ergebnisse, wonach den <strong>im</strong>materiellen Anreizen grundsätzlich eine grössere<br />

Bedeutung und Wirkung für das Innovationsmanagement beigemessen wird<br />

(vgl. Abbildung 81) 617 . Zu den <strong>im</strong>materiellen Anreizen wie z. B. Handlungs- und Entscheidungsfreiräume<br />

sei auf die Ansatzpunkte zum organisatorischen und kulturellen<br />

Kräftefeld sowie auf Kapitel 7 verwiesen. Im Folgenden wird auf die Möglichkeiten<br />

materieller Anreize eingegangen.<br />

Angemessene finanzielle Anreize sind nicht der Schlüssel für den Erfolg einer Innovation,<br />

dienen aber als „Hygienefaktor“ 618 und sollten dem mit der Innovation verbundenen<br />

Risiko und zeitlichen Mehreinsatz entsprechen. Wichtig ist, dass die Incentives<br />

der Dauer angepasst werden, in der eine Innovation realistisch erfolgreich sein<br />

kann. Kurzfristige Anreize bei technologischen <strong>Innovationen</strong> mit langfristigem Zeithorizont<br />

(10-15 Jahre) führen nicht zum Erfolg und wirken eher kontraproduktiv. 619 Längerfristige<br />

Anreizsysteme oder andere Messgrössen (Erreichung von Meilensteinen<br />

anstelle der sofortigen Honorierung des Markterfolgs) sind für diese <strong>Innovationen</strong><br />

effektiver.<br />

Materielle Anreizsysteme sollten auf die Zielgruppe ausgerichtet sein, indem man<br />

etwa zwischen Anreizsystemen für Führungskräfte und Nicht-Führungskräfte unterschscheidet.<br />

620 Diese Unterscheidung erscheint auch aufgrund der unterschiedlichen<br />

Aufgabenstellungen und Bemessungsgrundlagen für die Honorierung als sinnvoll.<br />

Schaukasten 26 zeigt die Gestaltungselemente eines innovationsfördernden<br />

Anreizsystems für Führungskräfte. Die Zielplanungs- und Controllingtabelle in Kapitel<br />

4 liefert die Grundlage für die Kriterien der Erfolgsbeurteilung (vgl. Abschnitte 4.2.5<br />

und 4.2.7). Zusätzlich sollten Kriterien der Führung und Zusammenarbeit berück-<br />

614<br />

Riekhof, 1986, S. 13.<br />

615<br />

Vgl. Thom, 1987, S. 364.<br />

616<br />

Vgl. Weinert, 1987, S. 114.<br />

617<br />

Vgl. auch Rudolph, 1999, S. 406.<br />

618<br />

Vgl. Herzberg et al., 1967.<br />

619<br />

Siehe Becker/Holzer, 1986, S. 438 f.; vgl. auch Riekhof, 1986, S. 14; Riekhof, 1987, S. 19;<br />

Hauschildt, 1997, S. 145.<br />

620<br />

Diese Unterscheidung hat sich auch in den Expertengesprächen bestätigt. Vgl. auch Herzhoff,<br />

1991, S. 335 f.<br />

239


240<br />

sichtigt werden wie z. B. Kooperationsverhalten, Führungsvorbildlichkeit, Zuhörfähigkeit<br />

usw. 621 Auch <strong>im</strong> Handel verbreitet sich zunehmend eine erfolgsabhängige<br />

Entlohnung (vgl. Fallbeispiel Kaufhof). 622 Bei der innovationsfördernden Ausgestaltung<br />

des Entlohnungssystems ist darauf zu achten, dass sich der erfolgsabhängige<br />

Anteil nicht nur auf die Honorierung realisierter Erfolge beschränkt. Misserfolge und<br />

Fehlschläge dürfen durch das Honorierungssystem nicht sanktioniert werden, d. h.<br />

auch die Innovationsbereitschaft und der Versuch der Innovation sollten belohnt werden.<br />

623 Die erfolgsabhängige Entlohnung muss nicht <strong>im</strong>mer in Form von finanziellen<br />

Prämien oder variablen Gehältern erfolgen. Beispielsweise setzt Bertelsmann erfolgreich<br />

Genussscheine für Mitarbeiter ein und bei der Markant soll es künftig Mitarbeiteraktien<br />

geben. Karstadt arbeitet an einem inputabhängigen Honorierungssystem,<br />

um das innovationsfördernde Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern in das<br />

Honorierungskonzept einfliessen zu lassen. Das Problem liegt in der Messung und<br />

Beurteilung des innovationsfördernden Verhaltens. Eine Möglichkeit wäre die Berücksichtigung<br />

einer „Innovationsquote“ in der Leistungsbeurteilung, die sich danach<br />

berechnet, wieviel Input vom einzelnen Mitarbeiter in das Unternehmen gegeben<br />

wurde. Besonders wichtig ist <strong>im</strong> Sinne der oben geforderten Teamstrukturen (vgl.<br />

Ansatzpunkte zum organisatorischen Kräftefeld) die Honorierung von Gruppen- und<br />

Teamleistungen und nicht nur die von Individualleistungen. 624<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Im Bereich Innovationsmanagement bei Kaufhof sind ca. 30% der Gesamteinkünfte<br />

der Mitarbeiter leistungsabhängig, d. h. sie werden nur bei Erfolg ausgezahlt. Damit<br />

ist ein beträchtlicher Anteil des Einkommens abhängig von der individuellen Leistung.<br />

Zu deren Bemessung werden Jahresziele schriftlich festgelegt, die dann über das<br />

laufende Jahr hinweg kontinuierlich aktualisiert und überprüft werden. Abschliessend<br />

gibt es eine Beurteilung über die Zielerreichung, so dass der Mitarbeiter 25-30% der<br />

Fixeinkünfte als Erfolgstantieme erhalten kann.<br />

621 Vgl. Hilb, 1994, S. 74 ff.<br />

622 Vgl. Kapell, 1997, S. 42 ff. und o. V., 1997 (s), S. 53 ff.<br />

623 Vgl. Herzhoff, 1991, S. 334 f.<br />

624 Vgl. auch Rudolph, 1999, S. 406.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Erfolgs- und Leistungskriterien<br />

Festlegung von qualitativen und quantitativen Kriterien der Erfolgsbeteiligung, sowohl allgemein<br />

als auch für spezifische Innovationsprojekte, möglicherweise getrennt nach Innovationsprozessphasen.<br />

Struktur des Anreizsystems<br />

Festlegung der Verhältnisse von<br />

− fixen und variablen Entgeltanteilen, je nach Risiko- und Schwierigkeitsgrad sowie Hierarchieposition,<br />

wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit Führungskräfte unternehmerisches<br />

Risiko mittragen sollen;<br />

− materiellen und <strong>im</strong>materiellen Anreizen, je nach Motivstruktur.<br />

Beteiligungsfelder<br />

Festlegung organisatorischer Einheiten, an deren Innovationserfolgen die einzelnen Führungskräfte<br />

beteiligt werden sollen; möglich ist die Berücksichtigung von Leistungen auf der<br />

− Individualebene<br />

− Gruppenebene (Leistung der Organisationseinheit)<br />

− Unternehmensebene<br />

bzw. von allen zusammen in einem best<strong>im</strong>mten Verhältnis.<br />

Leistungsbewertung<br />

− Berücksichtigung von Innovationszielen und Leistungsergebnissen, innovativem Leistungsverhalten<br />

sowie internen und externen Leistungsbedingungen,<br />

− inhaltlich getrennt nach Prozessphasen und<br />

− je nach Beteiligungsfeld nach der Individual-, Gruppen- und/oder Unternhemensebene.<br />

Ausschüttungsperiode und -frequenz<br />

Kombination von<br />

− sofortiger Ausschüttung mit direktem Leistungs-/Belohnungsbezug, jedoch höherem Unsicherheitsfaktor<br />

der Bewertung sowie<br />

− periodischer Teilausschüttung mit einer Ausschüttung von mit der Erfolgsentwicklung<br />

bewerteten Teilbeträgen über mehrere Jahre hinweg,<br />

um sowohl die direkte Leistungs-/Belohnungsbeziehung als auch eine Bindung an den tatsächlichen<br />

Erfolg herzustellen.<br />

Regelungen bei Personalwechsel<br />

Hier gilt es, ausscheidende Mitarbeiter bis zur letzten Minute dazu zu motivieren, am langfri-<br />

stigen Innovationserfolg ihres Verantwortungsbereichs mitzuarbeiten. So können sie z. B.<br />

noch nach dem Ausscheiden am eintretenden Erfolg beteiligt werden.<br />

Schaukasten 26: Gestaltungselemente eines innovationsfördernden<br />

Anreizsystems für Führungskräfte 625<br />

625 Vgl. Herzhoff, 1991, S. 337.<br />

241


242<br />

Verschiedene Elemente des innovationsfördernden Anreizsystems für Führungskräfte<br />

sind auch für Nicht-Führungskräfte anwendbar. Beispielsweise gilt es auch bei<br />

Nicht-Führungskräften die Beteiligungsfelder zu definieren. Für das Innovationsmanagement<br />

ist auch hier die Berücksichtigung von Team- und Gruppenanreizen von<br />

besonderer Bedeutung. Im Handel werden Teamanreize oft <strong>im</strong> Verkauf gegeben.<br />

Beispielsweise werden interne Filialrankings erstellt, um dann die am Jahresende<br />

erfolgreichste Filiale zum Champion zu erklären. Alle Mitarbeiter der drei besten<br />

Filialen eines Filialtyps (bei verschiedenen Ladengrössen werden Typen definiert)<br />

und die Filialleiter der folgenden fünf Filialen fahren auf eine Championreise. Diese<br />

Art von Teamanreizen ist auch auf Innovationsteams anwendbar.<br />

Auch für Nicht-Führungskräfte lassen sich Erfolgsbeteiligungen und erfolgsabhängige<br />

Entlohnungen freiwillig vertraglich definieren. 626 Allerdings ist damit ein nicht unerheblicher<br />

Koordinationsaufwand verbunden, da sich <strong>im</strong>mer wieder neue Innovationsprojekte<br />

ergeben und sich demnach die Aufgaben, bei temporären Organisationsformen<br />

auch die Aufgabenträger ändern. Eine geeignetere Form, insbesondere<br />

für temporäre Organisationsformen <strong>im</strong> Innovationsmanagement wie z. B. Projektorganisationen,<br />

ist die Schaffung eines Anreizsystems, das einerseits allgemeingültig<br />

für alle Mitarbeiter ist und andererseits den individuellen Bedürfnissen und Leistungen<br />

des einzelnen gerecht wird. Diese Anforderungen erfüllen Cafeteria-Systeme. 627<br />

„Bei Cafeteria-Systemen als Konzepten flexibler Entgeltgestaltung erhalten die Mitarbeiter<br />

die Möglichkeit, sozial- und/oder übertarifliche Leistungen aus vorgegebenen<br />

Alternativen entsprechend den persönlichen Bedürfnissen und Präferenzen auszuwählen.“<br />

628<br />

Das Cafeteria-System kann in unterschiedlichen Ausbaustufen eingesetzt werden.<br />

Vom reinen Incentive für Sonderleistungen bis hin zu umfassenden Entlohnungsund<br />

Arbeitszeitmodellen ist alles möglich. 629 Für das Innovationsmanagement würde<br />

es in einer ersten Stufe ausreichen, das Cafeteria-System auf die mit dem Innovationsmanagement<br />

befassten temporären oder dauerhaften Organisationseinheiten als<br />

Zusatzleistung und Incentive zum fixen und flexiblen Gehalt anzuwenden. Alle anderen<br />

Unternehmensbereiche könnten z. B. durch eine Verbindung des Cafeteria-Systems<br />

mit dem BVW in das innovationsfördernde Anreizsystem eingebunden werden.<br />

Die Ausgestaltungsmöglichkeiten des Cafeteria-Systems sind so vielfältig wie<br />

die Ausbaustufen. Beispielsweise können verschiedene Leistungskategorien gebildet<br />

werden, in denen unterschiedliche Leistungen des Unternehmens dem Mitarbeiter<br />

als Alternativen zur Auswahl stehen. Der Vorgesetzte, der eine Honorierung eines<br />

626 Vgl. Herzhoff, 1991, S. 336 f.<br />

627 Zur ausführlichen Darstellung des Cafeteria-Systems vgl. Dycke/Schulte, 1986, S. 577 ff. und<br />

Gussmann, 1988, S. 120 ff.<br />

628 Dycke/Schulte, 1986, S. 577.<br />

629 Vgl. Dycke/Schulte, 1986, S. 578.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Mitarbeiters vorn<strong>im</strong>mt, gibt an, welcher Leistungskategorie die Honorierung entspricht.<br />

Der Mitarbeiter darf dann analog zur Menüwahl in einer Cafeteria aus der<br />

best<strong>im</strong>mten Leistungskategorie eine Leistung, die für ihn attraktiv ist, auswählen. 630<br />

In einer anderen Systemausprägung vergibt der Vorgesetzte Punkte, die der Mitarbeiter<br />

sammeln oder einlösen kann. Die verschiedenen Leistungen haben Verrechnungspreise<br />

in Punkten. So kann aus mehreren kleinen Honorierungen eine grössere,<br />

höherwertige Leistung für den Mitarbeiter werden. 631 Die Leistungen des<br />

Unternehmens können eine weite Bandbreite abdecken. Beispielsweise könnten für<br />

das Einreichen eines Vorschlages <strong>im</strong> BVW eine Flasche Sekt, ein Gutschein für einen<br />

Blumenstrauss oder ein Einkaufsgutschein zur Auswahl stehen. Mit zunehmender<br />

Wertigkeit wird die Bandbreite grösser. So besteht neben finanziellen Zahlungen<br />

und Sachleistungen dann auch die Möglichkeit, die Leistungen des Mitarbeiters<br />

durch Freizeit zu honorieren. 632<br />

Für das Innovationsmanagement sind die folgenden Aspekte des Cafeteria-Systems<br />

besonders förderlich:<br />

• Individualität der Leistungshonorierung<br />

• Daraus resultierend die Nutzenmax<strong>im</strong>ierung für den Mitarbeiter<br />

• Möglichkeit der kurzfristigen und spontanen Leistungshonorierung<br />

• Flexibilität des Mitarbeiters hinsichtlich des Zeitpunkts, wann er die Honorierung<br />

in Anspruch n<strong>im</strong>mt<br />

• Hohe Transparenz für den Mitarbeiter und den Vorgesetzten<br />

Grundsätzlich ist zu den Anreizen <strong>im</strong> Innovationsprozess festzuhalten, dass materielle<br />

Anreize allein keinen Mitarbeiter zu innovationsförderlichem Verhalten motivieren.<br />

Sie können dazu beitragen, dass der Mitarbeiter keine Unzufriedenheit spürt<br />

(Hygienefaktoren). 633 Ausserdem signalisieren sie ihm, dass seine Leistungen für<br />

das Unternehmen etwas wert sind. Wichtiger sind aber die <strong>im</strong>materiellen Anreize, die<br />

eine intrinsische Motivation auslösen oder verstärken. Ein Mix aus beiden Anreizarten<br />

begünstigt ein innovationsförderliches Verhalten für die Generierung und Realisierung<br />

von <strong>Innovationen</strong>.<br />

630 Vgl. Dycke/Schulte, 1986, S. 577.<br />

631 Zu weiteren Ausprägungsmöglichkeiten der Entscheidungsparameter für flexible Entgeltgestaltung<br />

vgl. Dycke/Schulte, 1986, S. 579 ff. und Hilb, 1994, S. 104 f.<br />

632 Vgl. auch Hilb, 1994, S. 113.<br />

633 Vgl. Herzberg et al., 1967.<br />

243


244<br />

5.3.2.5 Kreativität<br />

Die Förderung der Kreativität bei den Mitarbeitern führt dazu, dass innovative Lösungen<br />

entstehen. Auch die empirischen Ergebnisse, die aus den Aussagen der Handelsexperten<br />

gewonnen wurden, bestätigen die Bedeutung kreativer Mitarbeiter für<br />

den Innovationsprozess <strong>im</strong> Handel (vgl. Abbildung 81). Die befragten Handelsmanager<br />

stufen die Förderung der Kreativität als einen der wichtigsten Ansatzpunkte zur<br />

Steigerung des Innovationserfolges <strong>im</strong> Handel ein (vgl. Abbildung 76). Im Vorgehenskonzept<br />

in Kapitel 4 ist die Kreativität der Handelsmanager besonders bei der<br />

Befriedigung von Bedürfnissen durch technologische Lösungen gefordert (vgl.<br />

Abschnitte 4.2.2 und 4.2.3).<br />

Es gibt kreative und weniger kreative Menschen, wobei häufig die Vorstellung<br />

herrscht, Kreativität sei eine ausschliesslich angeborene Eigenschaft. 634 Auch wenn<br />

die Disposition und Sozialisation jedes Menschen Einfluss auf seine kreativen Fähigkeiten<br />

hat, so gilt dennoch die Aussage: „Jeder Mensch kann die Fähigkeit zur Kreativität<br />

– aufbauend auf dem in ihm angelegten schöpferischen Potential – mehr oder<br />

weniger gut erlernen.“ 635 Dafür gibt es heute eine Vielzahl von Kreativitätstechniken,<br />

die zwar Phantasielosigkeit nicht heilen können, aber den Kreativitätsprozess transparent<br />

machen und den systematischen Austausch in der Gruppe erleichtern. Die<br />

Zahl der in der Literatur genannten Kreativitätstechniken bewegt sich zwischen 20<br />

und 100. 636 Schaukasten 27 gibt einen systematisierten Überblick über 22 Kreativitätstechniken.<br />

„Tatsächlich werden nur wenige dieser Kreativitätstechniken in der<br />

Praxis wahrgenommen, bewusst eingesetzt und als erfolgreich beurteilt.“ 637 In der<br />

Befragung nannten die Handelsmanager nur eine systematische Kreativitätstechnik<br />

zur Generierung neuer Ideen und <strong>Innovationen</strong>, das Brainstorming (vgl. Abbildung<br />

87). Das deutet darauf hin, dass die Kreativitätstechniken <strong>im</strong> Handel noch sehr wenig<br />

verbreitet sind. 638 Zu diesem Ergebnis kommt auch Berthel: „Trotz ihres Bekanntheitsgrades<br />

und ihrer Zugänglichkeit durch Publikationen ist der Einsatz und die Nutzung<br />

von Kreativitätstechniken <strong>im</strong>mer noch überraschend gering.“ 639 Die Vielzahl der<br />

Kreativitätstechniken stellt Variationen von vier Grundmethoden dar, die <strong>im</strong> Folgenden<br />

kurz aufgelistet sind (vgl. Schaukasten 28). 640 Die ausgewählten Methoden eignen<br />

sich für den Einsatz <strong>im</strong> Innovationsprozess für technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel. Beispielsweise könnte eine Problemstellung sein, wie das Bedürfnis nach<br />

mehr Bequemlichkeit durch technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel befriedigt wer-<br />

634<br />

Vgl. Hauschildt, 1993, S. 243; Müller, 1997, S. 19 f.; Kets de Vries, 1996 (b), S. 4 ff. und<br />

Johansson, 1997, S. 35. Zur Innovationsfähigkeit vgl. Gussmann, 1988, S. 67 f.<br />

635<br />

Higgins/Wiese, 1996, S. 8. Vgl. auch Hauschildt, 1993, S. 243 und Johansson, 1997, S. 24.<br />

636<br />

Vgl. Geschka/Yildiz, 1990, S. 37; Geschka, 1983, S. 170; Schlicksupp, 1977, S. 18; Johansson,<br />

1997, S. 41 ff. und Gryskiewicz, 1988, S. 226.<br />

637<br />

Hauschildt, 1993, S. 250.<br />

638<br />

Vgl. Tomczak et al., 1998, S. 82.<br />

639<br />

Berthel, 1987, S. 10.<br />

640<br />

Vgl. Hauschildt, 1997, S. 311. Darstellungen weiterer Methoden finden sich beispielsweise bei<br />

Higgins/Wiese, 1996, S. 21 ff. und Witt, 1996, S. 24 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

den kann. Brainstorming und Brainwriting erfassen offen die Ideen der Sitzungsteilnehmer.<br />

Die Synektik fordert die Beteiligten auf, Analogien 641 zu bilden, in dem man<br />

z. B. fragt, wie Bequemlichkeit in anderen Lebensbereichen (Gastronomie, Banken,<br />

Tankstellen) erreicht wird oder Menschen sich verhalten, wenn sie es sich bequem<br />

machen. Der morphologische Kasten setzt die Kenntnis der relevanten Parameter<br />

voraus. Beispielsweise können verschiedene Bedürfnisse mit bekannten und möglichen<br />

Technologien <strong>im</strong> Handel kombiniert werden. Dadurch wird das divergente Denken<br />

der am Innovationsprozess Beteiligten systematisch gefördert. „Bei der Anwendung<br />

der Kreativitätstechniken ist zu beachten, dass eine Kombination der Techniken<br />

oft zur Zielerreichung beitragen kann.“ 642<br />

Vorgehensprinzip zur<br />

Ideenauslösendes Prinzip<br />

Kreativitätsförderung Assoziation/Abwandlung Konfrontation<br />

Verstärkung der<br />

Methoden der intuitiven<br />

Intuition<br />

Konfrontation<br />

• Reizwortanalyse<br />

Systematischanalytisches<br />

Vorgehen<br />

Methoden der intuitiven<br />

Assoziation<br />

Brainstorming-Methoden<br />

• Klassisches Brainstorming<br />

• Schwachstellen-Brainstorming<br />

• Parallel-Brainstorming<br />

Brainwriting-Methoden<br />

• Methode 635<br />

• Ringtauschtechnik<br />

• Brainwriting-Pool<br />

• Kartenumlauftechnik<br />

• Galeriemethode<br />

• Ideendelphi<br />

• Ideen-Notizbuch-Austausch<br />

Methoden der<br />

systematischen Abwandlung<br />

• Morphologisches Tableau<br />

• Sequentielle Morphologie<br />

• Modifizierung (Attribute<br />

listing)<br />

• Progressive Abstraktion<br />

Schaukasten 27: Klassifizierung von Kreativitätstechniken 643<br />

245<br />

• Exkursionssynektik<br />

• Bildmappen-Brainwriting<br />

• Visuelle Konfrontation in der<br />

Gruppe<br />

• Semantische Intuition<br />

Methoden der systematischen<br />

Konfrontation<br />

• Morphologische Matrix<br />

• TILMAG<br />

• Systematische<br />

Reizobjektermittlung<br />

641 Zum Denken in Metaphern und Analogien und dessen Auswirkung auf die Kreativität vgl. Guntern,<br />

1994, S. 54 f. und Higgins/Wiese, 1996, S. 91 ff.<br />

642 Johannson, 1997, S. 42.<br />

643 Geschka/Yildiz, 1990, S. 37.


246<br />

Kreativitätstechnik Vorgehen 644<br />

Brainstorming 645<br />

1. Wählen Sie eine Gruppe mit 6-12 Personen aus, zusätzlich einen<br />

Gruppenleiter.<br />

2. Der Gruppenleiter definiert das Problem <strong>im</strong> Vorfeld der Sitzung.<br />

3. Die Gruppe macht Vorschläge zur Lösung des Problems, die für<br />

alle sichtbar notiert werden; grundlegend sind dabei die vier Regeln<br />

des Brainstormings:<br />

4. Kein Vorschlag wird sofort beurteilt;<br />

5. alle Ideen sind willkommen;<br />

6. die Quantität der Ideen steht <strong>im</strong> Vordergrund;<br />

7. die Ideen können kombiniert und verfeinert werden.<br />

8. Nach ca. 30 Minuten Sitzungsdauer macht die Gruppe eine Zäsur;<br />

anschliessend findet sie sich wieder zur Analyse der Ideen zusammen.<br />

Brainwriting<br />

Methode 635 646<br />

Synektik 647<br />

1. Das Problem wird definiert.<br />

2. Sechs Personen bringen drei Gedanken zu Papier und haben dafür<br />

fünf Minuten Zeit.<br />

3. Die Zettel wandern dann <strong>im</strong> Kreis zum nächsten Teilnehmer.<br />

4. Die erarbeiteten Lösungen werden überprüft, bearbeitet, ergänzt<br />

oder in neue Gedanken umgewandelt; diese werden neben den<br />

ursprünglichen Lösungen festgehalten.<br />

5. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis jeder Teilnehmer auf<br />

allen Zetteln Stellung genommen hat.<br />

6. Die Ergebnisse werden diskutiert und ausgewertet.<br />

1. Das Problem wird identifiziert; der Problemeigner definiert das<br />

Problem. Er beginnt mit „Wie können wir ...?“<br />

2. Das Problem wird kurz analysiert. Der Problemeigner beschreibt,<br />

warum es das Problem gibt und welche Lösungsansätze bisher<br />

versucht wurden. Er nennt auch die Zielsetzung der Sitzung.<br />

3. Die fünf bis sieben Sitzungsteilnehmer äussern ihre Wunschvorstellungen.<br />

Die Teilnehmer formulieren ihre individuellen Zielsetzungen<br />

und Wünsche zum anstehenden Problem. Wichtig ist dabei<br />

die Verwendung von Analogien aus Technik, Natur und Geschichte,<br />

um die vertikale Denkweise zu verlassen. Hierbei tauchen<br />

die ersten vagen Möglichkeiten und Lösungsansätze auf.<br />

4. Die Analogien und Äusserungen der Gruppe werden aufgelistet.<br />

5. Die Gruppe diskutiert diese Analogien und soll sich zunehmend<br />

von der Bindung an das vorliegende Problem befreien.<br />

6. Der Problemeigner versucht die Fixierung einer möglichen Lösung.<br />

7. Der Problemeigner nennt drei Stärken und Schwächen der mögli-<br />

644<br />

Nach Higgins/Wiese, 1996, S. 126 f., 133 f., 153 f., 184 f.; Hauschildt, 1993, S. 252 ff.<br />

645<br />

Zu einer ausführlichen Darstellung des Brainstormings vgl. Thom, 1992, S. 40 ff. und Johansson,<br />

1997, S. 48 ff.<br />

646<br />

Zum Brainwriting vgl. auch Johansson, 1997, S. 57 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Morphologischer<br />

Kasten 648<br />

247<br />

chen Lösung.<br />

8. Die Gruppe übt Kritik und diskutiert die vorgeschlagene Lösung.<br />

1. Die Einflussparameter für das Problem werden definiert (Kriterien,<br />

D<strong>im</strong>ensionen, Elemente).<br />

2. Aus den Parametern und ihren Ausprägungen wird eine Matrix<br />

gebildet (der sogenannte morphologische Kasten). Da die Anzahl<br />

der Ausprägungen der Parameter i. d. R. unterschiedlich ist, ergibt<br />

sich eine uneinheitliche Matrix.<br />

3. Die Ausprägung eines Parameters wird mit allen Ausprägungen<br />

der anderen Parameter kombiniert. Jede Kombination ist eine Lösungsalternative.<br />

4. Unrealistische Alternativen werden in der Diskussion el<strong>im</strong>iniert,<br />

Vor- und Nachteile realisierbarer Lösungen diskutiert.<br />

Schaukasten 28: Vorgehen ausgewählter Kreativitätstechniken<br />

Kreativität kann nicht nur durch Kreativitätstechniken gefördert werden, auch das<br />

Umfeld, in dem kreative Leistungen erbracht werden sollen ist von entscheidender<br />

Bedeutung. „Je nach Gestaltung der Umwelt erhöht oder vermindert sich die Produktivität<br />

und Effektivität be<strong>im</strong> Einsatz von Kreativität und Kreativitätstechniken.“ 649 Die<br />

Gestaltungshinweise zu den sechs Kräftefeldern tragen zu einem kreativitätsfördernden<br />

Umfeld <strong>im</strong> Unternehmen bei, wie es auch von Johansson empirisch belegt und<br />

gefordert wird. 650<br />

647<br />

Zur Synektik vgl. auch Johansson, 1997, S. 66 ff.<br />

648<br />

Zur morphologischen Methode vgl. auch Johansson, 1997, S. 99 ff.<br />

649<br />

Johansson, 1997, S. 198.<br />

650<br />

Vgl. Johansson, 1997, S. 198 ff.


248<br />

5.3.2.6 Personalauswahl<br />

„<strong>Innovationen</strong> brauchen innovative Geister“ 651 . Die Innovationsfähigkeit hängt stark<br />

von der Persönlichkeit des einzelnen ab. Obwohl der vorhergehende Abschnitt gezeigt<br />

hat, dass Kreativitätstechniken als Handwerkszeug erlernbar sind, ist und bleibt<br />

die Kreativität selbst <strong>im</strong>mer auch eine Persönlichkeitseigenschaft. Kreative Personen<br />

sind innovativer und lassen sich durch <strong>Innovationen</strong> leichter motivieren. Diese Erkenntnisse<br />

aus den Expertengesprächen haben dazu geführt, dass die Personalauswahl<br />

hier als ein Ansatzpunkt für das personelle Kräftefeld genannt wird. 652 Es<br />

soll an dieser Stelle keine umfassende Darstellung der Möglichkeiten und Instrumente<br />

der Personalauswahl erfolgen; zu diesem Zweck sei auf die Literatur zum<br />

Personalmanagement verwiesen. 653<br />

„Mit der Personal-Auswahl wird die grösstmögliche Übereinst<strong>im</strong>mung des Eignungsprofils<br />

der Bewerber mit dem visionsgerechten stellenspezifischen Anforderungsprofil<br />

angestrebt.“ 654 Die interne bzw. externe Rekrutierung der Mitarbeiter für eine temporäre<br />

oder dauerhafte Mitarbeit <strong>im</strong> Innovationsmanagement sollte bereits bei der Personalauswahl<br />

verschiedene spezifische Kriterien <strong>im</strong> Anforderungsprofil berücksichtigen.<br />

Hauschildt fasst diese Eigenschaften folgendermassen zusammen: „<strong>Innovationen</strong><br />

verlangen unkonventionelle, konfliktfähige, konfliktproduzierende Menschen. Der<br />

innovationsbewussten Organisation kommt es darauf an, dass dem Mitarbeiter Problemstellungen<br />

auffallen und dass ihm neue und bessere Problemlösungen einfallen.<br />

Überdies wird von ihm Fleiss und Zähigkeit bei der Durchsetzung der neuen Ideen<br />

verlangt.“ 655 Aus den in dieser Arbeit genannten Ansatzpunkten für eine innovationsfördernde<br />

Ausgestaltung der sechs Kräftefelder lassen sich für technologische<br />

Innovationsprojekte folgende Anforderungen an die beteiligten Mitarbeiter nennen: 656<br />

• Kreativität<br />

• Konfliktfähigkeit<br />

• Teamfähigkeit<br />

• Kommunikationsfähigkeit<br />

• Fähigkeit, Probleme und Situationen ganzheitlich zu betrachten<br />

• Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen und Neuerungen<br />

• Intrinsische Motivation<br />

• Lernfähigkeit<br />

• Aufgeschlossenheit für Technologien<br />

• Problemlösungsfähigkeit<br />

651<br />

Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

652<br />

Zur Auswahl innovativer Mitarbeiter vgl. Gussmann, 1988, S. 68 und 87 ff.<br />

653<br />

Vgl. Hilb, 1994, S. 63 und 72; Weinert, 1987, S. 116, 204 f., 213 ff.; Wunderer, 1993, S. 225 ff.;<br />

Hermeier/Weibler, 1995, S. 63 f.<br />

654<br />

Hilb, 1994, S. 63.<br />

655<br />

Hauschildt, 1993, S. 80.<br />

656<br />

Zu Eigenschaften innovativer Mitarbeiter vgl. auch Shepard, 1971, S. 380; Röpke, 1977, S. 109;<br />

Müller/Schienstock, 1978, S. 76 und Thom, 1980, S. 59 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Es soll hier nicht der häufig gemachte Fehler wiederholt und die Illusion verbreitet<br />

werden, dass es „den“ idealen Mitarbeiter für das Innovationsmanagement gibt, der<br />

alle Anforderungen perfekt erfüllt. Die aufgeführten Kriterien stellen ein Anforderungsprofil<br />

dar, das bei der Personalauswahl als Leitfaden dient. Die zuvor geforderte<br />

Teamstruktur ist auch deswegen besonders für das Innovationsmanagement<br />

geeignet, weil sich die Teammitglieder in ihren Eigenschaften ergänzen können, da<br />

voraussichtlich kein Teammitglied alle Anforderungen erfüllt. Das Anforderungsprofil<br />

kann auch bei der Teamzusammensetzung helfen, darauf zu achten, dass alle geforderten<br />

Fähigkeiten vertreten sind. Die Fähigkeiten der potentiellen Teammitglieder<br />

können am besten durch Tests oder Interviews festgestellt werden. Da die plumpe<br />

Frage nach den Eigenschaften des Bewerbers kaum zu einer verwertbaren Anwort<br />

führt, schlägt Hilb die Ermittlung von konkretem früherem Verhalten vor, um künftiges<br />

Verhalten abschätzen zu können. 657 Dazu sind zu jeder Fähigkeit die sogenannten<br />

„Verhaltensdreiecksfragen“ in Abbildung 82 zu stellen.<br />

2. Wie?<br />

(Frage nach dem Vorgehen,<br />

für das sich der Bewerber in der<br />

obigen Situation entschieden hat)<br />

1. Was?<br />

(Frage nach der Situation,<br />

in der das Verhalten<br />

geäussert wurde)<br />

3. Ergebnis?<br />

(Frage nach der Auswirkung,<br />

die das Verhalten gezeitigt hat)<br />

Abbildung 82: „Verhaltensdreiecksfragen“ zur Ermittlung von konkretem<br />

früherem Verhalten 658<br />

657 Vgl. Hilb, 1994, S. 69.<br />

658 Hilb, 1994, S. 69.<br />

249


250<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Der Bereich Innovationsmanagement bei Kaufhof ist für die Entwicklung von Neuerungen<br />

zuständig. Bei der Rekrutierung der Mitarbeiter für diesen Bereich werden nur<br />

Personen mit einer hohen Begeisterungsfähigkeit berücksichtigt. Neben der Begeisterungsfähigkeit<br />

ist auch die Motivation ein wichtiges Kriterium bei der Personalauswahl<br />

für das Innovationsmanagement. Voraussetzung für ein erfolgreiches Innovationsteam<br />

ist die Fähigkeit, die Mannschaft so zusammenzusetzen, dass sie begeisterungsfähig<br />

und damit motivationsfähig ist.<br />

5.3.2.7 Personalentwicklung<br />

„Der Einsicht folgend, dass Mitarbeiter das wertvollste Kapital darstellen, investieren<br />

erfolgreiche innovierende Unternehmungen viel in deren Ausbildung.“ 659 Die Ergebnisse<br />

der quantitativen Forschung dieser Arbeit zeigen, dass die qualitativen Personalvoraussetzungen<br />

von den Handelsmanagern als einer der wichtigsten Faktoren<br />

für die erfolgreiche Umsetzung von <strong>Innovationen</strong> eingeschätzt werden (vgl.<br />

Abbildung 78). 660 Auch in den Expertengesprächen betonten die Handelsmanager<br />

die Bedeutung von Schulungen und Weiterbildungsmassnahmen für das Innovationsmanagement.<br />

Personalentwicklung ist die „Summe von Massnahmen [...], die systematisch, positions-<br />

und laufbahnorientiert eine Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiter zum<br />

Gegenstand haben mit der Zielsetzung, die Zielverwirklichung der Mitarbeiter und<br />

des Unternehmens zu fördern.“ 661 In dem vorliegenden Zusammenhang sind Personalentwicklungsmassnahmen<br />

auf die Steigerung der Innovationsfähigkeit (Generierung<br />

und Realisierung von <strong>Innovationen</strong>) der Mitarbeiter ausgerichtet und erfüllen für<br />

die Mitarbeiter <strong>im</strong> Innovationsmanagement drei wesentliche Aufgaben:<br />

1. Information: Durch Personalentwicklungsmassnahmen wie z. B. Schulungen,<br />

Weiterbildungsveranstaltungen oder Jobrotation hat der Mitarbeiter die Möglichkeit,<br />

sich über andere Unternehmensbereiche und das Innovationsprojekt selbst<br />

zu informieren. Umgekehrt sind Personalentwicklungsmassnahmen ein wichtiges<br />

Kommunikationsinstrument für das Unternehmen, da der Mitarbeiter aus seinem<br />

Alltag herausgelöst ist und eine gesteigerte Aufnahmefähigkeit für Informationen<br />

hat.<br />

2. Qualifikation: Personalentwicklungsmassnahmen können die Qualifikation der<br />

Mitarbeiter in allen für das Innovationsmanagement relevanten Fähigkeiten (vgl.<br />

oben) steigern. Das gilt sowohl für fachliche Fähigkeiten und <strong>Management</strong>instrumente<br />

wie z. B. Projektmanagementtools, Kreativitätstechniken, Konfliktlösungs-<br />

659 Kieser, 1985, S. 357.<br />

660 Vgl. auch Grochla, 1980, S. 35.<br />

661 Wunderer/Kuhn, 1993, S. 132.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

methoden usw. wie auch für Fähigkeiten, die die soziale Kompetenz betreffen wie<br />

z. B. Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit usw. 662<br />

3. Motivation: Personalentwicklungsmassnahmen sind ein wichtiger Motivator für die<br />

Mitarbeiter. 663 Sie verstärken die intrinsische Motivation.<br />

Es soll an dieser Stelle nicht eine umfassende Darstellung der Möglichkeiten und<br />

Instrumente der Personalentwicklung vorgenommen werden; es sei hier lediglich auf<br />

die Ausführungen in der relevanten Literatur verwiesen. 664 Ein für das Innovationsmanagement<br />

wichtiges Instrument der Personalentwicklung ist die Jobrotation. 665 Ein<br />

systematisch geplanter temporärer Arbeitsplatzwechsel fördert das bereichsübergreifende<br />

Verständnis der Mitarbeiter und eröffnet neue Innovationspotentiale, weil<br />

Mitarbeiter mit anderen Erfahrungen und anderem Wissen für sie fremde Tätigkeiten<br />

ausüben und dabei unter Umständen neue Verbesserungspotentiale erkennen. 666<br />

Beispielsweise kann der Einsatz eines Mitarbeiters aus dem Innovationsmanagement<br />

oder aus einem technologieorientierten Bereich wie z. B. der Informatik in einer<br />

Verkaufsstelle dazu führen, dass er ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der<br />

Kunden und die logistischen Abläufe bekommt. Wenn er diese neuen Eindrücke mit<br />

seinem bestehenden Wissen kombiniert, können daraus innovative Lösungen zur<br />

Verbesserung von Abläufen oder die Lösung von Kundenproblemen resultieren. Dadurch,<br />

dass Mitarbeiter durch Jobrotation temporär in neue Kontexte versetzt werden,<br />

findet eine erneute Auseinandersetzung mit bestehenden Abläufen, Problemen<br />

und Herausforderungen statt. Wenn sich aus dieser organisatorischen Selbstreflexion<br />

Lösungen ableiten lassen, die in der Organisation umgesetzt und somit fixiert<br />

werden, dann trägt die Jobrotation dazu bei, dass individuelles Lernen und organisationales<br />

Lernen verbunden werden. 667 Die Vorteile der Jobrotation für das Innovationsmanagement<br />

lassen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:<br />

• Die Mitarbeiter entwickeln durch Jobrotation ein breites, fachliches Know-how, ein<br />

besseres Organisationsverständnis, Kooperations- und Konfliktfähigkeit, Flexibilität,<br />

Lernbereitschaft sowie eine positive und offene Einstellung gegenüber Veränderungen<br />

und Risiken. 668<br />

• Das Wissen und die Fähigkeiten einzelner Mitarbeiter werden durch Jobrotation<br />

in andere Unternehmensbereiche vermittelt.<br />

• Durch Jobrotation knüpfen die Mitarbeiter neue informelle Kommunikationsnetze,<br />

welche für das Innovationsmanagement förderlich sind (vgl. Abschnitt 5.2.3.6).<br />

662 Vgl. Gmeiner, 1997, S. 170.<br />

663 Vgl. Riekhof, 1995, Sp. 1706.<br />

664 Vgl. Wunderer, 1993, S. 236 ff.; Wunderer/Kuhn, 1993, S. 132 ff.; Hilb, 1994, S. 122 ff.; Conradi,<br />

1983; Staehle, 1989, S. 804 ff.; Herzhoff, 1991, S. 320 ff.; Thom, 1992, S. 53 ff.<br />

665 Vgl. Kieser/Kubicek, 1992, S. 391 f.; Gmeiner, 1997, S. 170 und Kieser, 1984, S. 9.<br />

666 Vgl. Gerpott, 1989, S. 1148; Kieser/Kubicek, 1992, S. 391 f. und Stiefel, 1988, S. 398. Zu den<br />

neuen Perspektiven, die durch Jobrotation gewonnen werden können, vgl. Wienröder, 1997, S. 13.<br />

667 Vgl. K<strong>im</strong>, 1993, S. 46 f. Vgl. auch Wunderer, 1993, S. 237.<br />

668 Vgl. Stiefel, 1988, S. 397 ff.<br />

251


252<br />

Ein zweites für das Innovationsmanagement wichtiges Instrument der Personalentwicklung<br />

ist die Schulung und Weiterbildung. Zu den Schulungsinhalten können alle<br />

zuvor genannten Personalanforderungen gehören. Wichtig ist aber nicht nur die<br />

Ausbildung von Persönlichkeitseigenschaften, sondern vor allem der Umgang mit<br />

den relevanten <strong>Management</strong>instrumenten. Die folgende Liste enthält die sich aus<br />

dem in dieser Arbeit vorgeschlagenen Vorgehenskonzept resultierenden Schulungsinhalte<br />

(Toolbox):<br />

• Kreativitätstechniken, z. B. Brainstorming, Brainwriting usw.<br />

• Konfliktmanagementmethoden, z. B. Konfrontationsmeeting<br />

• Projektmanagement, z. B. Vorgehenskonzept (vgl. Kapitel 4) und integrierte Projektablaufplanung<br />

669<br />

• Kommunikationskompetenz, z. B. Präsentations- und Moderationstechniken<br />

• Methoden zur Trend- und Bedürfnisanalyse (vgl. Kapitel 4.2.2)<br />

• Einsatz des Technologiepotentialportfolios (vgl. Kapitel 4.2.3)<br />

Die genannten <strong>Management</strong>instrumente können heute durch CD-ROM oder intranetgestützte<br />

interaktive Lernsysteme vermittelt werden. Diese Systeme sind besonders<br />

für den Handel aufgrund der dezentralen Organisation und der grossen Zahl an<br />

Mitarbeitern interessant. 670 Vorteile dieser mult<strong>im</strong>edialen Schulungssysteme liegen<br />

neben der geschätzten 50%igen Reduktion der Lernzeiten 671 in der Möglichkeit,<br />

Lerninhalte raum- und zeitunabhängig zu vermitteln. Dieser Aspekt macht diese Systeme<br />

besonders für das Innovationsmanagement attraktiv, da für temporäre Innovationsprojekte<br />

häufig Mitarbeiter kurzfristig rekrutiert werden und mit den <strong>im</strong> Projekt<br />

verwendeten <strong>Management</strong>instrumenten vertraut gemacht werden müssen.<br />

Eine dritte Art von innovationsfördernden Personalentwicklungsmassnahmen sind<br />

Parallel-to-the-job-Konzepte. 672 Darunter werden „Massnahmen, die den Mitarbeiter<br />

bei der Erfüllung seiner Aufgaben in Form qualifizierter Beratung unterstützen (z. B.<br />

Selbstentwicklung, Coaching, Mentoring, Counseling)“ 673 verstanden. Die Parallel-tothe-job-Konzepte<br />

verbinden die innovationsfördernde Personalentwicklung mit einer<br />

innovationsfördernden Führung (vgl. Abschnitt 5.4.2). Abbildung 83 erläutert die<br />

Merkmale der genannten Ansätze.<br />

Für das Innovationsmanagement sind sowohl die Top-down- als auch die Bottom-up-<br />

Ansätze förderlich. Aus den Fallbeispielen und Expertengesprächen geht hervor,<br />

dass in der Handelspraxis vor allem das Coaching und die Selbstqualifikation ange-<br />

669 Vgl. Rudolph, 1999.<br />

670 Vgl. Rudolph/Schmickler, 1998, S. 46.<br />

671 Vgl. Rudolph/Büchner, 1999.<br />

672 Vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 135 f.<br />

673 Fröhlich, 1995, S. 123.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

wendet werden. Das Coaching 674 ist besonders geeignet, innovationsfördernde Persönlichkeitsmerkmale<br />

und Verhaltensweisen zu trainieren, die nur schwer oder gar<br />

nicht durch s<strong>im</strong>ulierte Schulungssituationen zu vermitteln sind (Veränderungsbereitschaft,<br />

Risikobereitschaft usw.). Die Selbstqualifikation sollte vor allem für die Auswahl<br />

von Weiterbildungsveranstaltungen und Schulungsprogrammen gelten. Besonders<br />

bei technologischen <strong>Innovationen</strong> bilden sich innerhalb der Teams Speziali-<br />

sten, z. B. für spezielle Technologien, heraus, die am besten einschätzen können,<br />

welche zusätzliche Qualifikation für ihre Tätigkeit förderlich ist.<br />

TOP DOWN<br />

BOTTOM UP<br />

• Coaching<br />

• Mentoring<br />

• Counseling<br />

Instrument Bedeutung<br />

• Kooperative Selbstqualifikation<br />

253<br />

• Komplexe, auf den jeweiligen Mitarbeiter<br />

zugeschnittene Betreuungs-,<br />

Beratungs-, Trainings- und Anleitungsfunktion,<br />

die der Leistungsopt<strong>im</strong>ierung<br />

des Mitarbeiters dient und ihn<br />

koordinierter und erfolgreicher in seinem<br />

Arbeitsfeld agieren lässt<br />

• Ein vom Mitarbeiter als Identifikationsfigur<br />

gewählter Vorgesetzter (Vorbild),<br />

der ihn als Berater und Förderer bei<br />

der beruflichen Entwicklung unterstützt<br />

• Der Mitarbeiter gibt seinem Vorge-<br />

setzten z. B. in Beratungs- und Fördergesprächen<br />

ein Feedback, vor allem<br />

<strong>im</strong> Bereich der Führungsbeziehungen<br />

• Der Mitarbeiter ist selbst für seine<br />

Weiterentwicklung verantwortlich, d. h.<br />

er schlägt dem Vorgesetzten und der<br />

Personalabteilung Massnahmen vor,<br />

die er für seine individuelle Entwicklung<br />

für sinnvoll erachtet, um gemeinsam<br />

<strong>im</strong> Dialog über die Durchführung<br />

zu diskutieren<br />

Abbildung 83: Führungsinstrumente mit Personalentwicklungsfunktion 675<br />

674 Vgl. auch Gregor-Rauschenberger/Hansel, 1993, S. 38 f.; Sattelberger, 1989, S. 155 f.<br />

675 Vgl. Fröhlich, 1995, S. 127.


254<br />

Fallbeispiel Breuninger:<br />

Das Kaufhaus Breuninger hat seinen Stammsitz in Stuttgart und 13 weitere Standorte<br />

in Deutschland. Breuninger ist ein sehr innovatives Unternehmen. So wurde beispielsweise<br />

1996 das erste vollautomatische Schuhlager Deutschlands bei Breuninger<br />

eröffnet.<br />

Dem Personal wurde in Schulungen eine Toolbox (z. B. Projektmanagement) vermittelt.<br />

Damit erfüllte das <strong>Management</strong> aus seiner Sicht die Pflicht für die erfolgreiche<br />

Umsetzung von innovativen Projekten. Die Kommunikationskompetenz als Kür<br />

wurde durch ein individuelles Coaching-on-the-job trainiert. Dabei mussten die Mitarbeiter<br />

lernen, von den zuvor geschulten stringenten Abläufen und Planungen des<br />

Projektmanagements auch abweichen zu können. Bei Breuninger wird die Meinung<br />

vertreten, dass dieses Verhalten nicht abstrakt schulbar ist, sondern an der konkreten<br />

Aufgabe und in der spezifischen Situation trainiert werden muss. Dem einfühlsamen<br />

Coaching durch die Führung kommt dabei eine wichtige Rolle zu.<br />

Fallbeispiel dm-drogerie markt:<br />

Neben den genannten <strong>Management</strong>instrumenten legt die Führung von dm-drogerie<br />

markt besonderen Wert auf die Persönlichkeitsschulung der Mitarbeiter. Sie hält dies<br />

insbesondere für die Motivation der Mitarbeiter und die Innovationskraft des Unternehmens<br />

für wichtig. 676 Über 10% der angebotenen Seminare <strong>im</strong> Schulungsprogramm<br />

von Oktober 1998 bis Januar 1999 widmen sich diesem Thema. Es werden<br />

folgende Seminare zu diesem Themenbereich angeboten:<br />

• Grundseminar: „Entdecken und Erleben von dm“.<br />

• Wahrnehmungsseminar: „Individualität und Arbeitsgemeinschaft“. Dabei geht es<br />

um die Grundfähigkeiten der Führung als Selbstführung. Wahrnehmung, Selbstentwicklung<br />

und Gestaltungskraft sollen entwickelt werden.<br />

• Praktische Führung durch Dialog: „Verstehen und Mitteilen“.<br />

• Führung als Selbstführung: Führung setzt Selbstführung voraus. Es ist notwendig,<br />

die eigene Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Für das Innovationspaket BoSS hat die GMSG in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut<br />

für Absatz und Handel an der Universität St. Gallen ein eigenständiges<br />

Schulungsprogramm entwickelt. Das Programm BoSS 100 verfolgte die drei genannten<br />

Ziele: Information, Qualifikation und Motivation. Das Seminar war mit drei<br />

Schulungsblöcken zu je 2 Tagen das aufwendigste Seminar <strong>im</strong> Angebot der GMSG.<br />

Es wurde zwe<strong>im</strong>al jährlich mit ca. 20 Teilnehmern durchgeführt. Innerhalb von zweieinhalb<br />

Jahren hatten ca. 100 Mitarbeiter das Schulungsprogramm durchlaufen. Alle<br />

676 Vgl. auch Schlautmann, 1998, S. 9.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Mitarbeiter aus den relevanten Bereichen (Einkauf, Verkauf, Bauabteilung, Stabsstellen<br />

usw.) hatten damit das Programm absolviert. Die Resonanz der Mitarbeiter auf<br />

das Programm BoSS 100 war sehr gut. Im Verlauf des Seminars wurde <strong>im</strong>mer wieder<br />

deutlich, dass Entwicklungen und Veränderungen erstmals von den Teilnehmern<br />

verstanden wurden, obwohl einige Elemente des Innovationspaketes schon seit<br />

mehreren Jahren <strong>im</strong> Unternehmen kommuniziert und teilweise praktiziert wurden.<br />

Das Verständnis bei den Teilnehmern und die Vermittlung des notwendigen Knowhows<br />

konnten dazu beitragen, dass personell bedingte Hemmnisse abgebaut wurden<br />

und die Teilnehmer sehr motiviert waren, die Neuerungen umzusetzen.<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Die Mitarbeiter von My world können frei entscheiden, welche Tagungen und Kurse<br />

sie in Anspruch nehmen. Dem Projektleiter ist diese Freiheit seiner Mitarbeiter sehr<br />

wichtig, da „das Internet-Jahr drei Monate hat“ und deswegen eine permanente Fortbildung<br />

notwendig ist. Die Mitarbeiter können nach Angaben des Projektleiters mit<br />

dieser Freiheit sehr gut umgehen und opt<strong>im</strong>ieren ihre Zeitplanung. Die Möglichkeit,<br />

sich nach Bedarf weiterzubilden und die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auszubauen,<br />

bewirkt bei den Mitarbeitern eine hohe intrinsische Motivation.<br />

255


256<br />

5.4 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

kulturellen Kräftefeld<br />

5.4.1 Ausprägungen des kulturellen Kräftefeldes<br />

„Untersuchungen, die sich auf die Organisationsstruktur konzentrieren, zeigen <strong>im</strong>mer<br />

deutlicher, dass strukturelle Massnahmen zur Förderung von <strong>Innovationen</strong> nicht ausreichend<br />

sind, dass eine innovationsfreundliche Führung und eine sie stützende und<br />

bekräftigende Unternehmensphilosophie – eine innovationsfördernde Organisationskultur<br />

– hinzukommen müssen.“ 677 „The lesson is s<strong>im</strong>ple: Organizational culture is<br />

key both to short-term success and, unless managed correctly, to long-term failure.<br />

Culture can provide competitive advantage, but it can also create obstacles to the<br />

innovation and change necessary to be successful.“ 678 Beide Aussagen verdeutlichen,<br />

dass die Unternehmenskultur in den vergangenen Jahren einen erheblichen<br />

Bedeutungszuwachs für das Innovationsmanagement erfahren hat. 679 Unter dem<br />

Begriff „Unternehmenskultur“ „[...] kann man die Gesamtheit der Normen, Wertvorstellungen<br />

und Denkhaltungen verstehen, die das Verhalten der Unternehmungsmitglieder<br />

aller Hierarchiestufen und somit das Erscheinungsbild einer Unternehmung<br />

prägen.“ 680 Gerade wenn es um die Einführung und Durchsetzung von Neuem in einem<br />

Unternehmen geht, hat die Unternehmenskultur eine zentrale Rolle. Sie schafft<br />

die atmosphärischen Voraussetzungen für <strong>Innovationen</strong>.<br />

Auch die befragten Handelsmanager beurteilen die Veränderungsbereitschaft und<br />

Unternehmenskultur als wichtige Erfolgsfaktoren für die Umsetzung <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> (vgl. Abbildung 78). Gleichzeitig geben die Probanden kulturelle<br />

Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess als dritthäufigste Hemmnisart an (vgl. Abbildung<br />

74). Diese Bewertungen sprechen für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem<br />

kulturellen Kräftefeld (vgl. dazu Kapitel 6 und 7). Abbildung 84 zeigt die Mittelwertvergleiche<br />

für das kulturelle Kräftefeld. 681 Es ergibt sich eine deutliche Trennung der<br />

Ausprägungen für erfolgreiche und nicht erfolgreiche technologische <strong>Innovationen</strong>,<br />

die durch zehn signifikante Mittelwertunterschiede bestätigt wird.<br />

677 Kieser, 1984, S. 3.<br />

678 Tushman/O´Reilly, 1997, S. 35.<br />

679 Vgl. auch Herzhoff, 1991, S. 124 ff. und Gmeiner, 1997, S. 177.<br />

680 Thom, 1992, S. 20; vgl. auch Pümpin/Kobi/Wüthrich, 1985, S. 125 f.; Heinen, 1987, S. 25.<br />

681 Vgl. Frage 17 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das kulturelle Umfeld, in dem<br />

die Innovation realisiert wurde?“


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Konflikte<br />

werden<br />

ausgetragen<br />

unternehmerisches<br />

Denken<br />

Innovationskultur<br />

stark gefördert<br />

kooperative<br />

Führung<br />

wenig politisches<br />

Verhalten<br />

sehr<br />

innovativ<br />

Erfolge<br />

werden<br />

honoriert<br />

sehr respektvoller<br />

Umgang<br />

viel Handlung,wenig<br />

Reden<br />

Arbeit bereitet<br />

MA<br />

viel Spass<br />

Fehler<br />

werden<br />

akzeptiert<br />

offen gegen<br />

ext.<br />

Einflüsse<br />

risikofreudig<br />

7<br />

5,52<br />

5,64<br />

5,30<br />

5,51<br />

5,46<br />

5,49<br />

6<br />

5,16<br />

5,27<br />

5,10<br />

5,26<br />

4,97<br />

5,12<br />

5,01<br />

5<br />

4,53<br />

4,65<br />

4,65<br />

4,94<br />

4,82<br />

4,47<br />

4,35<br />

4,35<br />

4,24<br />

4,18<br />

4<br />

4,06<br />

4,24<br />

Mittelwert<br />

3,71<br />

3<br />

2<br />

Konflikte<br />

nicht ausgetragen*<br />

egoistisches<br />

Abteilungsdenken<br />

Innovationskultur<br />

nicht<br />

gefördert*<br />

autoritäre<br />

Führung*<br />

stark politisches<br />

Verhalten<br />

gar<br />

nicht<br />

innovativ*<br />

Erfolge<br />

werden<br />

ignoriert*<br />

kein respektvollerUmgangmiteinander<br />

viel Reden,<br />

wenig<br />

Handlung*<br />

Arbeit bereitet<br />

MA wenig<br />

Spass*<br />

Fehler<br />

werden<br />

verurteilt*<br />

verschlossen<br />

gegen<br />

ext. Einflüsse*<br />

1<br />

risikofeindlich*<br />

kulturelles Kräftefeld<br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das kulturelle Umfeld "risikofeindlich/risikofreudig" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).<br />

Abbildung 84: Mittelwertvergleich kulturelles Kräftefeld (nicht erfolgreiche vs.<br />

erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)<br />

257


258<br />

5.4.2 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des kulturellen<br />

Kräftefeldes 682<br />

5.4.2.1 Die Bedeutung der Führung für das kulturelle Kräftefeld<br />

Kanter formuliert als Ergebnis zahlreicher Fallstudien über gescheiterte Innovationsprojekte<br />

das innovationsfeindlichen Kulturen – sie nennt diese segmentalistische<br />

Kulturen – zugrundeliegende Wertsystem in „Zehn Regeln zur Blockierung von <strong>Innovationen</strong>“.<br />

1. Betrachte jede neue, von unten kommende Idee mit Misstrauen, weil sie neu ist und<br />

weil sie von unten kommt.<br />

2. Bestehe darauf, dass Personen, die deine Zust<strong>im</strong>mung für eine Aktion benötigen, auch<br />

die Zust<strong>im</strong>mung mehrerer höherer Ebenen einholen müssen.<br />

3. Fordere Abteilungen oder Individuen auf, ihre Vorschläge gegenseitig zu kritisieren.<br />

(Das erspart dir die Mühe des Entscheidens; du musst nur den Überlebenden belohnen.)<br />

4. Drücke Kritik ungehemmt aus und unterdrücke Lob. (Das hält die Leute unter Druck.)<br />

5. Behandle die Aufdeckung von Problemen als Fehlleistung, damit die Leute nicht auf<br />

die Idee kommen, dich wissen zu lassen, wenn etwas nicht klappt.<br />

6. Kontrolliere alles sorgfältig. Sorge dafür, dass alles, was gezählt werden kann, oft gezählt<br />

und genau kontrolliert wird.<br />

7. Fälle Entscheidungen zur Reorganisation he<strong>im</strong>lich und überfalle die Mitarbeiter damit<br />

unerwartet. (Auch das hält die Leute unter Druck.)<br />

8. Stelle sicher, dass Informationsnachfrage stets gut begründet wird, und achte darauf,<br />

dass Information nicht umsonst zur Verfügung gestellt wird. (Informationen sollen nicht<br />

in falsche Hände fallen.)<br />

9. Übertrage <strong>im</strong> Namen der Delegation auf nachgeordnete Manager vor allem die Verantwortung,<br />

Einsparprogramme oder andere bedrohliche Entscheidungen zu realisieren.<br />

Und bringe sie dazu, es schnell zu tun.<br />

10. Und vor allem: Vergiss nie, dass du als Angehöriger der höheren Ebene schon alles<br />

Wichtige über dieses Geschäft weisst.<br />

Schaukasten 29: Zehn Regeln zur Blockierung von <strong>Innovationen</strong> nach Kanter 683<br />

Die in Schaukasten 29 genannten Regeln greifen einige Einflussgrössen aus<br />

Abbildung 84 auf und können auch als Grundsätze einer innovationsfeindlichen Führung<br />

bezeichnet werden. Die zehn Grundsätze deuten bereits darauf hin, dass das<br />

kulturelle Kräftefeld nicht isoliert zu betrachten ist, sondern vielmehr durch die anderen<br />

Kräftefelder mitbest<strong>im</strong>mt wird, und dass die Führung eine dominante Rolle <strong>im</strong><br />

kulturellen Kräftefeld spielt. 684 Diese Aspekte werden in den Kapiteln 6 und 7 vertieft<br />

682<br />

Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

683<br />

Kanter, 1983, S. 101.<br />

684<br />

Vgl. auch Kieser, 1984, S. 4; Burns/Stalker, 1994, S. 209 ff. und Kieser/Kubicek, 1992, S. 406 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

und sollen hier nicht vorweggenommen werden, sondern dienen nur als Erklärung<br />

dafür, dass folgend allein die innovationsfördernde Führung als Ansatzpunkt für das<br />

kulturelle Kräftefeld in Frage kommt (weitere Ansatzpunkte zum kulturellen Kräftefeld<br />

werden in Kapitel 7 behandelt).<br />

Wunderer/Grunwald definieren Führung „als zielorientierte soziale Einflussnahme zur<br />

Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in bzw. mit einer strukturierten Arbeitssituation“. 685<br />

Unterschieden werden die direkte bzw. interaktionelle Mitarbeiterführung und die indirekte<br />

bzw. strukturelle Führung. 686 Die strukturelle Führung beinhaltet die Unter-<br />

nehmensführung (z. B. Führungsorganisation, Arbeitsorganisation, Anreizsysteme<br />

und Führungsrichtlinien) und das Personalmanagement (z. B. Arbeitsregeln, abteilungsspezifische<br />

Delegation, Arbeitsteilung und Personalentwicklung). Die direkte<br />

Mitarbeiterführung betrifft die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten<br />

(z. B. die interaktionelle Information, Kommunikation und Konfliktlösung sowie die<br />

individuelle Unterstützung, Einflussnahme, Korrektur, Kontrolle und Förderung). 687<br />

Die interaktionelle Führung findet hauptsächlich <strong>im</strong> kulturellen Kräftefeld Berücksichtigung,<br />

während der strukturellen Führung die anderen Kräftefelder zuzuordnen<br />

sind (eine absolut überschneidungsfreie Zuordnung ist nicht möglich).<br />

Die Definitionen zur Führungstheorie nach Wunderer ergänzen die Ausführungen zu<br />

den Grundsätzen einer innovationsfeindlichen Führung. Sie bestätigen, dass die<br />

Führung als eine übergeordnete, zentrale Grösse innerhalb des kulturellen Kräftefeldes<br />

wirkt, indem sie verschiedene andere Best<strong>im</strong>mungsgrössen des kulturellen<br />

Kräftefeldes wie z. B. Akzeptanz von Fehlern, Förderung der Innovationskultur, Austragung<br />

von Konflikten, Honorierung von Erfolgen usw. beeinflusst. „Vor allem werden<br />

Werte durch das Verhalten von Führern vermittelt. Vorgesetzte stellen Ereignisse<br />

in der Arbeitsgruppe, <strong>im</strong> Unternehmen oder in der Umwelt in einen ‚höheren<br />

Zusammenhang‘ und geben ihnen dadurch ‚Sinn‘, machen sie für die Mitarbeiter verständlich,<br />

lassen best<strong>im</strong>mte Handlungen vernünftig erscheinen.“ 688 Darüber hinaus<br />

bestätigt die vorgenommene Zweiteilung der Führung den Einfluss der anderen<br />

Kräftefelder auf das kulturelle Kräftefeld (vgl. Kapitel 7).<br />

Die vorangegangenen Ausführungen haben darauf hingewiesen, dass das kulturelle<br />

Kräftefeld stark durch die anderen Kräftefelder geprägt wird. Ein enger Zusammenhang<br />

besteht zum konzeptionellen Kräftefeld. Zu Beginn der Konzeption muss die<br />

Unternehmenskultur überprüft und gegebenenfalls verändert werden (vgl. Kapitel 7),<br />

damit die in der Konzeption enthaltenen Ziele realisiert werden können. Dies ist nur<br />

möglich, wenn sich Konzeption und Unternehmenskultur nicht widersprechen, son-<br />

685 Wunderer/Grundwald, 1980, S. 62.<br />

686 Vgl. Wunderer, 1993, S. 113.<br />

687 Zur direkten und indirekten Führung vgl. Wunderer, 1993, S. 113 f.<br />

688 Kieser, 1984, S. 6.<br />

259


260<br />

dern gegenseitig verstärken. „Eine strategiekonforme Unternehmenskultur ist das<br />

Fundament jeder <strong>im</strong> Alltag gelebten Strategie.“ 689 Die Bottom-up-Einwirkungsmöglichkeiten<br />

auf die Kultur sind nur bedingt gegeben. Wichtig ist, dass die Führung<br />

diese Werte vorlebt (vgl. Abbildung 84). 690 Be<strong>im</strong> Bertelsmann Club haben die Neukonzeption<br />

für die Ladenkette und die damit verbundenen Anforderungen an eine<br />

Kulturänderung zu starken personellen Veränderungen (bis zur Neubesetzung des<br />

Bereichsvorstandes) geführt, damit die Neuausrichtung des Unternehmens beginnen<br />

konnte. Ein Innovationsprojekt kann Akzente und Impulse setzen, aber nicht die<br />

gesamte Kultur verändern. Dazu sind weitere Massnahmen nötig (vgl. die Ansatzpunkte<br />

zu den anderen Kräftefeldern und Kapitel 7). Im Fallbeispiel GMSG war das<br />

Commitment der obersten Führung nicht besonders stark. <strong>Innovationen</strong> wurden<br />

kaum gefördert. Dies war ein wesentlicher Grund dafür, dass das Innovationspaket<br />

BoSS so lange verzögert wurde. Erst als auf oberster Ebene ein Personalwechsel<br />

stattfand, wurden die Bedeutung des Innovationspaketes für die GMSG neu definiert<br />

und entsprechende Massnahmen eingeleitet (z. B. Schulungsprogramme, schnelle<br />

Verbreitung von Scanning in allen Filialen und weitere Entwicklungsmassnahmen).<br />

5.4.2.2 Eigenschaften einer innovationsfördernden Führung<br />

„It is the task of organisational leaders to provide the culture and cl<strong>im</strong>ate that nurtures<br />

and acknowledges innovation at every level." 691 Diese wichtige Rolle der Führung für<br />

das Innovationsmanagement und ihr Einfluss auf das kulturelle Kräftefeld wird durch<br />

die signifikanten Mittelwertunterschiede in Abbildung 84 bestätigt. 692 Ahmed fordert<br />

zwei Eigenschaften von Führungskräften, die innovative Kulturen aufbauen und managen<br />

wollen: 693 Zum einen müssen die Führungskräfte extrem sensibel gegenüber<br />

ihrer Umwelt sein und sich ihres Einflusses auf die sie umgebenden Menschen ständig<br />

bewusst bleiben. Zum anderen müssen sie dazu fähig sein, mit Unsicherheiten<br />

umgehen zu können. „Innovation cannot occur without ambiguity, and organisations<br />

and individuals that are not able to tolerate ambiguity in the work place environment<br />

and relationships reproduce only routine actions.“ 694<br />

Im Folgenden sind Charakteristika genannt, welche die Führung sehr innovativer Unternehmen<br />

von nicht innovativen Unternehmen unterscheiden. Die Auflistung stammt<br />

von Ahmed und zeigt deutliche Überschneidungen mit den Ergebnissen dieser Arbeit<br />

(vgl. Abbildung 84 sowie die Abbildungen zu den anderen Kräftefeldern):<br />

689<br />

Kobi/Wüthrich, 1986, S. 57.<br />

690<br />

Vgl. Kobi/Wüthrich, 1986, S. 164 ff. und Kieser, 1985, S. 356.<br />

691<br />

Ahmed, 1998, S. 38.<br />

692<br />

Vgl. zur Bedeutung der Personalführung für die Verhaltensebene auch Rudolph, 1999, S. 412 f.<br />

693 Vgl. Ahmed, 1998, S. 38 f.<br />

694 Ahmed, 1998, S. 39.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

• „Top management commits both financial and emotional support to innovation,<br />

and they promote innovation through champions and advocates for innovation<br />

[vgl. Abbildung 89].<br />

• Top management has to ensure that realistic and accurate assessments of the<br />

markets are made for the planned innovation. Highly innovative firms are close<br />

to the end users, and are accurately able to assess potential demand [vgl. Kapitel<br />

4].<br />

• Top management ensures that innovation projects get the necessary support<br />

from all levels of the organisation.<br />

• Top management ensures that structured methodology/systems are set in<br />

place so that each innovation goes through a careful screening process prior<br />

to actual <strong>im</strong>plementation [vgl. Kapitel 4].“ 695<br />

Die von Ahmed genannten, eher grundsätzlichen Charakteristika schildern die innovationsorientierte<br />

Führung <strong>im</strong> weiteren Sinne einer innovationsorientierten Unternehmensführung,<br />

wie sie auch in dieser Arbeit durch das Vorgehenskonzept und die<br />

Kräftefelder verfolgt wird. Im Folgenden sollen die vier Grundsätze von Ahmed durch<br />

Hinweise für eine innovationsfördernde direkte Mitarbeiterführung ergänzt werden. 696<br />

5.4.2.2.1 Situativer Führungsstil<br />

Der Führungsstil als Ausdruck des Umgangs zwischen den Hierarchien hat starken<br />

Einfluss auf das kulturelle Kräftefeld. Häufig wird für das Innovationsmanagement<br />

pauschal ein kooperativer bzw. partizipativer Führungsstil postuliert. 697 Die Ergebnisse<br />

der schriftlichen Befragung bestätigen tendenziell diese Forderung. Die Expertengespräche<br />

haben jedoch gezeigt, dass es den „richtigen“ Führungsstil <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

nicht gibt. Eine situative Anpassung der Führung, je nach Prozessphase,<br />

vergleichbar dem organisatorischen Dilemma <strong>im</strong> organisatorischen<br />

Kräftefeld, erscheint realistischer. Auch in der Literatur wird die Auffassung bestätigt,<br />

dass Führungskräfte in innovativen Prozessen vor allem in der Lage sein müssen,<br />

zwischen verschiedenen Führungsstilen zu wechseln. 698 „Whereas too little direction<br />

can cause chaos, too much direction may lead to an attitude of ‚not invented here‘,<br />

i. e., an aversion to the execution of activities which were planned by someone<br />

else.“ 699 In der Phase der Invention ist ein kooperativer Führungsstil geeignet, um die<br />

Mitarbeiterpotentiale zu erschliessen und möglichst neuartige und kreative Lösungen<br />

zu finden. Einige Handelsexperten plädierten aber besonders hinsichtlich der Realisierungs-<br />

und Multiplikationsphase der Innovation für einen eher durchsetzungsstar-<br />

695<br />

Ahmed, 1998, S. 39.<br />

696<br />

Vgl. zur innovationsfördernden Führung auch Belz, 1997, S. 225 ff. und o. V., 1997 (p), S. 52 ff.<br />

697<br />

Vgl. Herzhoff, 1991, S. 309 und Gmeiner, 1997, S. 164 f. Zur kooperativen Führung vgl. Wunderer,<br />

1993, S. 195 ff.<br />

698<br />

Vgl. Kieser/Kubicek, 1992, S. 403; Hauschildt, 1997, S. 118.<br />

261


262<br />

ken, stärker direktiven 700 Führungsstil. Der Führungsstil stellt für den Handel eine<br />

besondere Herausforderung dar, denn wie aus den Ausführungen zum organisatorischen<br />

Kräftefeld deutlich wurde, gibt es <strong>im</strong> Handel nur selten eine fest institutionalisierte<br />

Organisationseinheit, die sich ausschliesslich mit Innovationsmanagement beschäftigt.<br />

In der Regel sind Manager aus der Linienorganisation vorübergehend für<br />

die Innovationsprojekte verantwortlich. Damit muss eine Führungskraft den Innovationsprozess<br />

durch die verschiedenen Phasen führen und den oben gemachten<br />

Ausführungen zufolge in der Lage sein, ihren Führungsstil situativ dem Innovationsprozess<br />

anzupassen. In der Industrie wird dieses Führungsdilemma beispielsweise<br />

durch die Aufteilung in F&E-Abteilung und Produktion entschärft, wobei dann häufig<br />

Spannungen zwischen der eher divergent denkenden F&E-Abteilung und den eher<br />

konvergent denkenden anderen Bereichen des Unternehmens beklagt werden. 701<br />

5.4.2.2.2 Akzeptanz von Fehlern<br />

„Die Art, wie viele Grossunternehmen Misserfolg definieren und bestrafen, ist eine<br />

der grössten Hemmschwellen für die Entdeckung neuer Wettbewerbschancen.“ 702<br />

Deswegen ist es für eine innovationsfördernde Unternehmenskultur sehr wichtig,<br />

dass die Mitarbeiter Fehler machen dürfen (nur nicht zwe<strong>im</strong>al den gleichen Fehler).<br />

Dies bestätigt der signifikante Mittelwertunterschied zur Fehlerakzeptanz in<br />

Abbildung 84. Auch in der Literatur wird für innovationsfördernde Kulturen die Akzeptanz<br />

von Fehlern gefordert. 703 Fehlerakzeptanz fördert die Entscheidungsfreude<br />

der Mitarbeiter. Eine Nullfehlermentalität führt dagegen zur Stagnation und verhindert<br />

jegliche Innovation. „Toleranz gegenüber Fehlern ist deshalb ein unabdingbarer Bestandteil<br />

innovationsförderlicher Kulturen.“ 704 Häufig werden Misserfolge und Fehler<br />

personalisiert, die Suche nach dem Schuldigen steht <strong>im</strong> Vordergrund. 705 Eine innovationsfördernde<br />

Führung muss umdenken und lernen, die Fehler der Mitarbeiter als<br />

Lernchance für das Unternehmen zu betrachten. Innovatives Verhalten der Mitarbeiter<br />

erfolgt nicht zuletzt nach dem Prinzip „trial and error“. Mehr Treffer <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

können nur durch mehr Würfe erreicht werden, doch je mehr Würfe<br />

gemacht werden, desto mehr Fehlschläge stellen sich ein und die Problematik des<br />

Porjektoverloads wird verschärft. 706 Dabei darf die Führung nicht nur Erfolge honorieren,<br />

sondern muss auch die gescheiterten Versuche der Mitarbeiter anerkennen. Das<br />

muss nicht so weit gehen, dass der „Misserfolg des Monats“ prämiert wird, 707 eine<br />

699<br />

Piest/Ritsema, 1993, S. 123 f.<br />

700<br />

Zum direktiven Führungsstil vgl. Gregor-Rauschenberger/Hansel, 1993, S. 18 f.<br />

701<br />

Vgl. Bitzer, 1990, S. 92 ff.<br />

702<br />

Hamel/Prahalad, 1992, S. 53.<br />

703<br />

Vgl. Ahmed, 1998, S. 37; Herzhoff, 1991, S. 135; Kieser, 1985, S. 357; Tushman/O´Reilly, 1997,<br />

S. 115 ff.<br />

704<br />

Kieser/Kubicek,1992, S. 391.<br />

705<br />

Vgl. Hamel/Prahalad, 1992, S. 54; vgl. auch Boutellier/Völker, 1997, S. 167.<br />

706 Vgl. Kieser, 1985, S. 357.<br />

707 Vgl. Kieser, 1985, S. 357.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

„recognition celebration“ stattfindet 708 und alles erlaubt ist. Durch konstruktive Kritik<br />

und gemeinsame Fehleranalyse anstelle der Suche nach dem Schuldigen muss es<br />

der Führung gelingen, die Lerneffekte von Fehlern für das Unternehmen und die betroffenen<br />

Mitarbeiter zu nutzen. 709 Das folgende Zitat eines Mitarbeiters von Federal<br />

Express zeigt, wie dort mit Fehlern umgegangen wird: „I don´t have any fear that if I<br />

try something that doesn´t work, there will be repercussions. There have been a few<br />

things that dindn´t work. We just didn´t do them the next day.“ 710<br />

Das folgende Fallbeispiel Wal-Mart zeigt, wie die Fehlerakzeptanz als entscheidender<br />

kultureller Unterschied innovative von nicht innovativen Handelsunternehmen<br />

unterscheidet. Die von Wal-Mart vertretene Einstellung fehlt in vielen Handelsunternehmen,<br />

wodurch die Veränderungsbereitschaft und eine positive Einstellung der<br />

Mitarbeiter gegenüber <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Ke<strong>im</strong> erstickt wird. Andere Handelsunternehmen<br />

hätten den <strong>im</strong> Fallbeispiel beschriebenen Fehler vermieden, indem sie dem Mitarbeiter<br />

erst gar nicht die Macht und Verantwortung gegeben hätten. Eine derartige<br />

Entmündigung der Mitarbeiter kann aber nicht die richtige Antwort auf Fehler sein, da<br />

sie zwangsläufig die intrinsische Motivation aufhebt und bis zur inneren Kündigung<br />

führen kann.<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Bei Wal-Mart gibt es keine Strafe für Fehler. Fehler werden akzeptiert. Ein Mitarbeiter<br />

bei Wal-Mart hat <strong>im</strong> Rahmen eines Informatikprojektes einen Fehler verursacht, der<br />

Wal-Mart 2 Mio. $ kostete (nicht Umsatzausfall, sondern Lohnkosten). In Wirklichkeit<br />

war der Fehler durch eine Fehlcodierung des Softwarelieferanten entstanden, den<br />

der Mitarbeiter übersehen hatte. Durch diesen Fehler waren Systemteile lahmgelegt,<br />

so dass etliche Mitarbeiter nicht arbeiten konnten. Nach einem Gespräch mit den<br />

vorgesetzten Stellen bei Wal-Mart war die Message für den Mitarbeiter „don´t do this<br />

again“. In anderen Handelsunternehmen wäre die Strafe vermutlich höher ausgefallen.<br />

Das Fazit für den Mitarbeiter war: „Ohne Fehler keine Bewegung“. Die Führung<br />

von Wal-Mart wusste, dass der Mitarbeiter etwas Gutes für das Unternehmen wollte,<br />

kam aber nicht darum herum, ihn auch für den Fehler zur Rede zu stellen. Man<br />

wollte ihn deshalb nicht frustrieren, zumal seine Arbeit für das Unternehmen wichtig<br />

war (später war der Mitarbeiter an der Entwicklung des weltweit grössten DWH bei<br />

Wal-Mart beteiligt).<br />

708 Vgl. Tushman/O´Reilly, 1997, S. 113.<br />

709 Vgl. auch Boutellier/Völker, 1997, S. 165 f.<br />

710 Levering/Moskowitz, 1993, S. 124.<br />

263


264<br />

5.4.2.2.3 Honorierung von Erfolgen<br />

„Der Motor erfolgreicher <strong>Innovationen</strong> ist der ‚Champion‘, der hochmotivierte Mitarbeiter,<br />

der ein zentrales Problem erkannt hat und dessen Lösung zu seinem vordringlichen<br />

Anliegen macht.“ 711 Die Belohnung dieser Champions stellt das Gegenstück<br />

zur Fehlerakzeptanz in der Führung dar. Erfolgreiches Handeln der Mitarbeiter<br />

wird von der Führung häufig als selbstverständlich und normal behandelt, Lob und<br />

Anerkennung <strong>im</strong> Alltagsstress vergessen. Dabei sind Lob und Anerkennung von Erfolgen<br />

ein wichtiger Auslöser für die intrinsische Motivation der Mitarbeiter. 712 Auch<br />

die empirischen Ergebnisse zeigen, dass Anerkennung und Honorierung von Leistung<br />

und Erfolg innovationsfördernde Kulturen charakterisiert (vgl. Abbildung 81 und<br />

Abbildung 84). Eine innovationsfördernde Führung muss Erfolge von Einzelpersonen<br />

oder Teams <strong>im</strong> Innovationsprozess materiell und <strong>im</strong>materiell in angemessener Weise<br />

honorieren. Die Möglichkeiten der materiellen Honorierung wurden bereits in<br />

Abschnitt 5.3.2.4 diskutiert. Die Alternativen der <strong>im</strong>materiellen Honorierung reichen<br />

vom einfachen Lob bis zu Urkunden, Prämierungen und Feiern des Erfolges. 713 Beispielsweise<br />

können <strong>im</strong> Unternehmen jährlich „Innovationschampions“ gewählt werden.<br />

Ein ausgesuchtes Gremium des Unternehmens (z. B. alle Leiter innovativer<br />

Projekte) best<strong>im</strong>mt, welche Mitarbeiter oder Innovationsteams sich durch innovative<br />

Leistungen besonders hervorgehoben haben. Die Innovationschampions werden<br />

durch eine Urkunde von der Geschäftsleitung ausgezeichnet und in der Unterneh-<br />

menszeitung namentlich genannt. Ausserdem können Incentives wie z. B. eine Reise<br />

oder eine Verbindung zum Cafeteria-System die Anerkennung materiell unterstreichen.<br />

714 Ein derartiges Vorgehen kommuniziert den Mitarbeitern, welchen Stellenwert<br />

innovatives Verhalten für das Unternehmen hat. Wichtig ist die Kombination von<br />

materieller und <strong>im</strong>materieller Honorierung, da sich diese auf die Motivation der Mitarbeiter<br />

unterschiedlich auswirken. Nach der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg wirken<br />

<strong>im</strong>materielle Anreize motivierend (intrinsische Motivation), während materielle<br />

Anreize Arbeitsunzufriedenheit verhindern (extrinsische Motivation). 715 Rudolph hat<br />

empirische Ergebnisse über das Zusammenwirken von extrinsischer und intrinsischer<br />

Motivation zum Projektmanagement <strong>im</strong> Handel zusammengestellt, die auch für<br />

die innovationsfördernde Führung relevant sind (vgl. Schaukasten 30). Wenn <strong>im</strong><br />

Innovationsmanagement materielle Anreizsysteme angewendet werden, ist es für die<br />

Motivation der Mitarbeiter wichtig, dass die erhaltene mit der erwarteten Belohnung<br />

übereinst<strong>im</strong>mt, um Frustration zu vermeiden. 716 „The managerial challenge is to<br />

design these rewards in a manner consistent with the underlying values of the em-<br />

711<br />

Kieser/Kubicek, 1992, S. 392.<br />

712<br />

Vgl. Weinert, 1987, S. 107 und 297 f. sowie Tushman/O´Reilly, 1997, S. 113.<br />

713<br />

Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 52.<br />

714<br />

Vgl. Tushman/O´Reilly, 1997, S. 113.<br />

715<br />

Vgl. Herzberg et al., 1967; vgl. auch Frey/Osterloh, 1997 (a), S. 29.<br />

716 Vgl. Weinert, 1987, S. 305 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

ployees.“ 717 Das Fallbeispiel GMSG zeigt, wie <strong>im</strong>materielle Anreize in der Praxis die<br />

intrinsische Motivation erfolgreich fördern können.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Das Seminar BoSS 100, in dem die Mitarbeiter die wesentlichen Inhalte des Innovationspaketes<br />

BoSS trainierten, wurde durch eine Prüfung <strong>im</strong> Team nach sechs Tagen<br />

abgeschlossen. Alle Teilnehmer bekamen anschliessend von einem Mitglied der<br />

Geschäftsleitung eine Urkunde verliehen; ausserdem fand ein ausgiebiges gemeinsames<br />

Abendessen statt. Über den Kurs und die Absolventen wurde in der Unternehmenszeitschrift<br />

ausführlich berichtet. Diese Massnahmen förderten die Identifikation<br />

der Mitarbeiter mit ihren Leistungen sowie mit den Inhalten des Kurses und motivierten<br />

sie dazu, die erlernten Inhalte an ihrem Arbeitsplatz umzusetzen. Die Massnahmen<br />

führten auch dazu, dass die Mitarbeiter <strong>im</strong> Unternehmen, die an der Schulung<br />

nicht teilgenommen hatten, sich für deren Inhalte verstärkt interessierten und die<br />

Nachfrage nach der Schulung grösser wurde.<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Materielle Anreize gab es für das Team von Karstadt My world nicht. Das gesamte<br />

Projekt war in höchstem Masse intrinsisch motiviert. Allein die Kontakte, das dynamische<br />

Umfeld und die Inhalte haben die Mitarbeiter motiviert. Dies gilt nicht nur für My<br />

world, sondern für alle <strong>Innovationen</strong> bei Karstadt wie z. B. den Music Master. Viele<br />

Freiheitsgrade in der Aufgabenstellung, die deshalb möglich werden, weil es sich um<br />

neue Entwicklungen handelt, bewirken in diesen Projekten die Motivation. Die persönliche<br />

Weiterentwicklung spielt bei innovativen Herausforderungen eine grosse<br />

Rolle. Betrachtet man die Maslow-Pyramide, bewegt sich die Motivation auf den<br />

obersten Ebenen. Karstadt hat auch schon die Erfahrung gemacht, dass Motivation<br />

durch Geld schädlich sein kann, weil gerade bei innovativen Projekten der Gegenwert<br />

nicht adäquat ist. Das Gehalt muss leistungs- und marktgerecht sein. Lob und<br />

Anerkennung sind für die Motivationskompetenz 718 wichtig. Der Projektleiter betonte,<br />

dass er auch Lob und Anerkennung für die Führung an die Mitarbeiter weitergibt.<br />

717 Tushman/O´Reilly, 1997, S. 114.<br />

718 Zur Motivationskompetenz vgl. Kapitel 7.<br />

265


266<br />

Extrinsische Motivation kann emotionale Konflikte abmildern: 719<br />

Erhalten Projektmitarbeiter für gemeinsam erzielte Projekterfolge eine materielle Belohnung,<br />

so kann dieser Anreiz – unter Voraussetzung eines bestehenden Interesses an einem materiellen<br />

Entgelt – dazu führen, dass konflikthaltige Abteilungsinteressen in ihrer Bedeutung<br />

eine Relativierung erfahren.<br />

Extrinsische Anreize verstärken die Arbeitszufriedenheit bei Aufgaben, die nicht von<br />

vornherein hohes Interesse finden: 720<br />

In dieser Situation verstärkt Belohnung nicht das Interesse an der Aufgabe, sondern die Arbeitszufriedenheit.<br />

Das mag besonders für Projektmitarbeiter gelten, die einer Mehrfachbelastung<br />

ausgesetzt sind.<br />

Extrinsische Anreize können intrinsische Motivation erzeugen:<br />

Dieser Effekt stellt sich ein, wenn sich Projektmitarbeiter für ursprünglich als Belastung<br />

empfundene Tätigkeiten <strong>im</strong> Verlauf des Projektes begeistern. 721 Extrinsische Anreize übernehmen<br />

hierbei die Funktion, Interesse zu wecken.<br />

Extrinsische Anreize können die intrinsische Motivation verdrängen:<br />

Damit diese negative Auswirkung nicht eintritt, sollte die Projektleitung darum besorgt sein,<br />

bei Interventionen nicht alle Mitarbeiter gleich zu behandeln, lethargiefördernde Befehle zu<br />

vermeiden und Projektmitarbeiter fair zu behandeln. 722<br />

Extrinsische Anreize müssen die intrinsische Motivation nicht automatisch schwächen:<br />

Wie zuvor erwähnt, verdrängen extrinsische Anreize des öfteren eine intrinsisch fundierte<br />

Motivation. Dieser Verdrängungseffekt kommt u. a. dann nicht auf, wenn beide Arten der<br />

Motivation das gleiche Handlungsziel ansprechen. 723 Dementsprechend sollten Belohnungen<br />

an den Oberzielen des Projektes ausgerichtet werden. So wäre es beispielsweise ratsam,<br />

den Erfolg eines Neupositionierungsprojektes anhand der empfundenen Kundenzufriedenheit<br />

zu messen und dementsprechend auch Belohnungen zu vergeben. Die Veränderung<br />

des Betriebsergebnisses wäre demnach als Massstab für Belohnungen ungeeignet, weil das<br />

Betriebsergebnis dem Oberziel der Kundenzufriedenheit zumindest kurzfristig entgegensteht<br />

und daraus eine Verdrängung der intrinsischen Motivation erfolgen kann. Darüber hinaus<br />

sollte den Projektmitarbeitern die Möglichkeit eingeräumt werden, zwischen verschiedenen<br />

Belohnungsarten auszuwählen.<br />

719<br />

Unkontrollierte Leidenschaft lässt sich nach Hirschmann durch ökonomische Interessen in Schach<br />

halten (vgl. Hirschmann, 1987, S. 39 ff.).<br />

720<br />

Vgl. Calder/Staw, 1975.<br />

721<br />

Vgl. Lane, 1991, S. 379.<br />

722<br />

Darunter lässt sich beispielsweise die Praxis einiger Handelsunternehmen einordnen,<br />

Projektmitarbeiter in der Startphase zu testen. Entzieht die Projektleitung in dieser Phase<br />

Projektmitarbeitern ohne vernünftige Begründung den Projektauftrag, so sinkt die intrinsische<br />

Motivation dieser Mitarbeiter vermutlich auch in ihren angestammten Aufgabenbereichen (vgl.<br />

Frey/Osterloh, 1997 (b), S. 314 ff.).<br />

723<br />

Vgl. Heckhausen, 1989, S. 459 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Die Dosierung von extrinsischer und intrinsischer Motivation muss je nach Projekttyp<br />

unterschiedlich erfolgen: 724<br />

Die Dosierung beider Motivationsarten muss entsprechend dem Projekttyp vorgenommen<br />

werden. Bei Opt<strong>im</strong>ierungsprojekten könnten extrinsische Anreize den Projekterfolg wesentlich<br />

stärken, auch wenn dabei die intrinsische Motivation sinkt. Im Gegensatz dazu behindern<br />

ausschliesslich extrinsische Anreize den Ideenfluss bei Innovationsprojekten, weil diese<br />

erstens die intrinsische Motivation verdrängen und zweitens den Lernfortschritt hemmen<br />

können. 725<br />

In Abhängigkeit vom Charakter der Aufgabenstellung kann auf extrinsische Anreize<br />

verzichtet werden:<br />

Massgebend in diesem Zusammenhang ist das Niveau der intrinsischen Motivation. 726 Je<br />

höher dieses Niveau ausfällt, desto eher kann und sollte das Unternehmen sogar auf extrinsische<br />

Anreize verzichten. 727 Eine intensive persönliche Beziehung zwischen den Projektmitarbeitern<br />

fördert das Ausmass der intrinsischen Motivation. 728 Im Falle einer ausgeprägten<br />

Mitentscheidungsmöglichkeit der Projektmitarbeiter (Partizipation) 729 lässt sich ein hohes Interesse<br />

an der Projekttätigkeit vermuten. 730<br />

Schaukasten 30: Empirische Ergebnisse der Motivationsforschung 731<br />

5.4.2.2.4 Risikobereitschaft steigern<br />

„Entscheidend ist aber vor allem die ausgedrückte Einsicht, dass Innovation <strong>im</strong>mer<br />

auch Risiko bedeutet. Nur wer handelt, macht auch Fehler. Wer unternehmerisch<br />

handelt, setzt sich natürlich <strong>im</strong>mer auch der Gefahr des Misslingens aus. Dies ist unvermeidbar.<br />

Nur wenn alle wissen, dass Fehler als unvermeidbar akzeptiert werden<br />

müssen, gleichzeitig aus Fehlern aber auch wieder neue Einsichten erwachsen, um<br />

es be<strong>im</strong> nächsten Mal erfolgreich zu praktizieren, ist der Rahmen geschaffen, in dem<br />

selbständig und zukunftsgerichtet gedacht und gehandelt werden kann.“ 732 Hermeier<br />

und Weibler beschreiben in diesem Zitat treffend die risikokompetente Unternehmenskultur<br />

733 und zeigen, dass diese Anforderung an eine innovationsfördernde<br />

Führung in engem Zusammenhang mit der bereits behandelten Fehlerakzeptanz<br />

steht. Das kulturelle Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> wird von den befragten<br />

Handelsmanagern als signifikant risikofreudiger charakterisiert (vgl. Abbildung 84).<br />

Insgesamt zeigt sich aus den Expertengesprächen, dass der Handel grundsätzlich<br />

eher risikoavers ist. „So überrascht es kaum, wenn angesichts des hohen persönli-<br />

724 Vgl. Frey/Osterloh, 1997 (b), S. 317.<br />

725 Vgl. Deci/Flaste, 1995, S. 47.<br />

726 Vgl. Frey/Osterloh, 1997 (b), S. 313 ff.<br />

727 Vgl. Frey/Osterloh, 1997 (b), S. 314.<br />

728 Vgl. Bohnet, 1996.<br />

729 Vgl. Becker, 1987, S. 29 ff.<br />

730 Vgl. Hackmann/Oldham, 1976, S. 225 ff.<br />

731 Rudolph, 1999, S. 404 f.<br />

732 Hermeier/Weibler, 1995, S. 58.<br />

267


268<br />

chen Preises, mit dem sie für Exper<strong>im</strong>ente geradestehen müssen, viele Manager den<br />

sicheren Weg vorziehen und Produkte lieber ‚zu Tode testen‘ oder nur das tun, was<br />

Kunden verlangen.“ 734 Vergleichbare Verhaltensweisen sind auch <strong>im</strong> Handel zu beobachten<br />

und werden von den Befragten durch die Zust<strong>im</strong>mung zu der Aussage „Der<br />

Handel exper<strong>im</strong>entiert zu wenig und kopiert zu viel“ (vgl. Abbildung 4) bestätigt.<br />

„Ein Weg, die Risiken be<strong>im</strong> Schaffen eines neuen Marktes zu min<strong>im</strong>ieren, besteht<br />

darin, anderen den Vortritt zu lassen, um dann aus deren Fehlern zu lernen.“ 735 Jedoch<br />

in Handelsunternehmen, die nicht nur Imitator sonder Innovator sein wollen,<br />

muss eine innovationsbewusste Führung die Risikokompetenz der Unternehmenskultur<br />

fördern. 736 Dazu werden <strong>im</strong> Folgenden zwei Ansatzpunkte ausgeführt, die in<br />

den Expertengesprächen entwickelt wurden:<br />

1. Risikosensibilisierung und Risikoräume der Mitarbeiter<br />

„Without knowing that risk tolerance exists within the organisation, employees tend<br />

not to be willing to try and innovate, or engage in activities that are a departure from<br />

tradition.“ 737 Für ein risikofreudiges und risikobewusstes Handeln ist es notwendig,<br />

dass die Mitarbeiter zum einen Risiken wahrnehmen und einschätzen lernen, zum<br />

anderen wissen, innerhalb welcher Grössenordnung sie Risiken eingehen dürfen.<br />

Beide Anforderungen sind Führungsaufgaben und können nicht nur durch strukturelle<br />

Massnahmen erfüllt werden.<br />

Für die Risikosensibilisierung muss den Mitarbeitern der Begriff des Risikos verständlich<br />

gemacht werden. Jeder einzelne muss wissen, inwieweit er an seinem Arbeitsplatz<br />

mit Risiken konfrontiert ist und was sie für das Unternehmen bedeuten.<br />

Risiko <strong>im</strong> Handelsunternehmen bedeutet für jeden Mitarbeiter etwas anderes. Für<br />

das Unternehmen ist es wichtig, dass alle sich der Risiken, mit denen sie konfrontiert<br />

werden können, bewusst sind. Ausserdem ist es für das Risikoverständnis der Mitarbeiter<br />

notwendig, dass sie verstehen, wie sich die Einzelrisiken zum Gesamtrisiko<br />

des Unternehmens kumulieren. Die Risikosensibilisierung kann <strong>im</strong> Einzelgespräch<br />

zwischen Führung und Mitarbeiter oder besser in Workshops erfolgen, um die Unterschiede<br />

der Funktionen und Aufgaben zu verdeutlichen. Szenariotechniken wie in<br />

Abschnitt 4.2.3.1 beschrieben können helfen, das Handeln des einzelnen und seine<br />

Konsequenzen aufzuzeigen. Die Sensibilisierung für Risiken ist <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

besonders wichtig, da vor allem bei temporären Organisationsformen Mitarbeiter,<br />

die sonst unter Umständen keine oder nur wenig Risikoverantwortung haben, <strong>im</strong><br />

Innovationsmanagement erstmals mit Risiken konfrontiert werden. Die Risikosensibi-<br />

733 Zum Begriff der Risikokompetenz vgl. Kapitel 7.<br />

734 Hamel/Prahalad, 1992, S. 54.<br />

735 Hamel/Prahalad, 1992, S. 50.<br />

736 Zur risikoorientierten Unternehmensführung vgl. Mensch, 1991, S. 62 ff.<br />

737 Ahmed, 1998, S. 40.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

lisierung darf nicht dazu führen, dass die Mitarbeiter Angst vor dem Risiko bekommen<br />

und sich dann entsprechend risikoavers verhalten. Ziel der Risikosensibilisierung<br />

ist das bessere Verständnis von Risiken und dadurch ein risikobewusstes Ver-<br />

halten, d. h. ein verantwortungsvoller Umgang mit Risiken. „[...] Risk taking must become<br />

a permanent condition.“ 738<br />

Wenn die Mitarbeiter ein Verständnis für Risiken <strong>im</strong> Unternehmen entwickelt haben,<br />

ist es wichtig, ihnen aufzuzeigen in welchem Rahmen sie Risiken eingehen dürfen.<br />

„Employees need to know the level of risks that they can take safely.“ 739 Im Innovationsmanagement<br />

sollte jedem Mitarbeiter sein Risikoraum bewusst sein. Das erfordert<br />

zum einen, dass Freiräume bestehen oder geschaffen werden, zum anderen,<br />

dass diese Freiräume dem Mitarbeiter gezeigt werden. Die Expertengespräche haben<br />

bestätigt, dass derartige Risikoräume der Mitarbeiter derzeit <strong>im</strong> Handel nur sehr<br />

selten vorhanden sind. Für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel besteht hier ein<br />

deutliches Defizit. Wenn <strong>im</strong> Innovationsmanagement, einem Unternehmensbereich<br />

oder dem gesamten Unternehmen Risikokompetenz gefördert werden soll, dann<br />

muss den Mitarbeitern bewusst werden, dass sie Risiken eingehen dürfen. Die Vermittlung<br />

der Risikoräume muss <strong>im</strong> wesentlichen durch die Führung am täglichen Arbeitsplatz<br />

geschehen und ist, wie alle bisher genannten Führungsaufgaben, eine<br />

Frage des Vorlebens. Der Mitarbeiter muss ein konstruktives Feedback erhalten, sobald<br />

er ein Risiko eingegangen ist, und das vor allem dann, wenn sein Handeln nicht<br />

zum Erfolg geführt hat: „Hat zwar nicht geklappt, war aber eine gute Idee“ (vgl. Akzeptanz<br />

von Fehlern). Risikoräume können zusätzlich durch strukturelle Massnahmen<br />

wie z. B. Führungsleitsätze, organisatorische Regelungen (vgl. Ansatzpunkte<br />

zum organisatorischen Kräftefeld) und Informationen beeinflusst werden. Darüber<br />

hinaus fördert das Zusammenspiel der hier genannten Ansatzpunkte für eine innova-<br />

tionsfördernde Führung (vgl. z. B. Akzeptanz von Fehlern, Empowerment, Honorierung<br />

usw.) eine risikofreudige und risikobewusste Unternehmenskultur.<br />

Fallbeispiel eines Lebensmittelhändlers:<br />

Ein Handelsunternehmen für Lebensmittel in Deutschland hat die Erfahrung gemacht,<br />

dass neues Personal, vor allem Akademiker, eine höhere Risikobereitschaft<br />

hat als langjährige Mitarbeiter und dadurch die Risikokompetenz des Unternehmens<br />

steigert. Deswegen werden frische Akademiker in diesem Unternehmen zunächst<br />

einmal in der Filiale eingesetzt, da sie <strong>im</strong> Gegensatz zu vielen langjährigen Mitarbeitern<br />

bei Routinetätigkeiten nicht aufhören zu denken, sondern sich überlegen, wie<br />

das, was sie gerade machen, anders und damit besser gemacht werden kann (für<br />

die Einsätze <strong>im</strong> Verkauf gibt es auch noch andere Gründe wie z. B. das Kennenlernen<br />

des Geschäfts, Markt- und Kundenorientierung usw.). Die Neulinge sind unab-<br />

738 Moye, 1993, S. 155.<br />

739 Ahmed, 1998, S. 40.<br />

269


270<br />

hängiger und probieren mehr aus. Dieses Prinzip, Dinge zu tun, die sonst keiner täte,<br />

oder sie zumindest anders zu tun, wurde in der Abteilung Unternehmensplanung in<br />

diesem Unternehmen institutionalisiert, um die Risikokompetenz zu steigern und sich<br />

für Neues zu öffnen. Den Mitarbeitern sind die Risiken bewusst und ihre Risikoräume<br />

bekannt, das Eingehen von Risiken wird von ihnen gefordert.<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Bei Kaufhof wird niemand bestraft, wenn er ein Risiko eingeht, auch nicht dann,<br />

wenn das Vorhaben scheitert. Fehler werden akzeptiert. Es gibt Richtlinien für Investitionen<br />

und Vorschriften für den Einsatz finanzieller Mittel, so dass nicht jeder beliebig<br />

grosse Spielräume hat, um Risiken einzugehen. Die wesentlichen F&E-Vorhaben<br />

<strong>im</strong> Innovationsmanagement werden beantragt, wofür dann ein L<strong>im</strong>it/Budget bereitgestellt<br />

wird, das einzuhalten ist. Überschreitungen sind anzufragen und zu genehmigen.<br />

Damit ist das Investitionsverfahren klar reglementiert. Wenn ein Budget<br />

beantragt wird, dann muss das Vorhaben begründet werden. Die Risikokompetenz<br />

ist bei Kaufhof eine gestaffelte Kompetenz, d. h. es werden die Bereiche definiert und<br />

festgelegt, in denen der Mitarbeiter völlige Freiheit hat. Ab best<strong>im</strong>mten L<strong>im</strong>its müssen<br />

Anträge an höhere Instanzen gestellt werden, die über eine Genehmigung des Risikos<br />

zu befinden haben. Dem einzelnen Mitarbeiter werden diese Grenzen bekanntgegeben<br />

und das Vorgehen kommuniziert.<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Wal-Mart hat eine sehr entscheidungsfreudige Unternehmenskultur, was nicht zuletzt<br />

in der Risikobereitschaft der Unternehmensführung zum Ausdruck kommt. Als das<br />

DWH entworfen wurde, benötigte ein Mitarbeiter des Projektteams verschiedene<br />

Computer für einen Prototyp. Er brauchte nur zu seinem Vorgesetzten zu gehen und<br />

sie anzufordern; die Führung vertraute ihm. Zwei Wochen später bekam er die Geräte,<br />

obwohl er gesagt hatte, er brauche sie erst in zwei Monaten. Die Kosten, die<br />

ihm vorher nicht bekannt waren, beliefen sich auf $ 500.000,-. Der Risikoraum des<br />

Mitarbeiters war damit relativ gross.<br />

2. Risikomanagement <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

Die Risikokompetenz der Unternehmenskultur wird auch durch das Erkennen von<br />

und den Umgang mit Risiken best<strong>im</strong>mt. Anstelle einer Diskussion der umfassenden<br />

risikobewussten Unternehmensführung 740 sollen hier lediglich die Aspekte genannt<br />

werden, die für das Innovationsmanagement relevant sind. <strong>Innovationen</strong> sind <strong>im</strong>mer<br />

mit Risiken verbunden, deshalb ist ein systematisches Innovationsmanagement<br />

gleichzeitig Risikomanagement <strong>im</strong> Innovationsprozess. Nach Haller ist das Risikomanagement<br />

als begleitende Führungsfunktion darauf ausgerichtet,<br />

740 Vgl. dazu Mensch, 1991, S. 94 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

• „in allen Führungstätigkeiten und unter allen Führungsaspekten das wesentliche<br />

Risiko besser zu erkennen und zu beurteilen;<br />

• als wesentlich beurteilte Risiken mit geeigneten Instrumenten und Verfahren anzugehen;<br />

• allgemeine führungsmässige und organisatorische Konsequenzen <strong>im</strong> Hinblick auf<br />

die Risikobewältigung zu ziehen.“ 741<br />

Das in Kapitel 4 entwickelte Vorgehenskonzept trägt mit den dargestellten Instrumenten<br />

und Methoden dazu bei, dass der Innovationsprozess strukturiert durchlaufen<br />

wird und die von Haller gestellten Anforderungen erfüllt werden können. Risiken<br />

in der Technologieauswahl und Innovationsentwicklung sollen durch die Bedürfnisanalyse<br />

und das Technologiepotentialportfolio frühzeitig <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

erkannt werden. Die Innovationsselektion durch die Nutzwertanalyse stellt verschiedene<br />

Alternativen einander gegenüber, um sich schliesslich für diejenige Alternative<br />

zu entscheiden, die vorgegebene Kriterien am besten erfüllt und damit Risiken min<strong>im</strong>iert.<br />

Besonders wichtig sind die Zielformulierung und das darauf aufbauende Innovationscontrolling.<br />

Durch die in der Controllingtabelle festgehaltenen Ziele und<br />

Messgrössen werden Abweichungen und damit verbundene Risiken <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

erkannt. Von besonderer Bedeutung sind die Meilensteine <strong>im</strong> Innovationscontrolling,<br />

da sie dafür sorgen, dass Risiken oder Abweichungen, die den Prozess<br />

gefährden, frühzeitig erkannt werden. „Durch die permanente Rückkopplung<br />

des Projektfortschrittes mit der Planung kann rechtzeitig in wichtige Projektentscheidungen<br />

eingegriffen werden, was das Risiko eines Flops verringert.“ 742 Die Checkliste<br />

in Abbildung 93 dient als Instrument zur ganzheitlichen Risikoerkennung <strong>im</strong> Innovationsprozess.<br />

Zusätzlich zu diesem Vorgehen, das bereits darauf ausgerichtet ist,<br />

Risiken <strong>im</strong> Innovationsprozess zu erkennen und zu min<strong>im</strong>ieren, gibt es noch spezielle<br />

Instrumente für die Analyse und Früherkennung einzelner Risiken <strong>im</strong> Innovati-<br />

onsprozess. 743 In der Industrie sind häufig Instrumente wie z. B. die Formblatt-Analyse,<br />

die Gefährdungsbaum-Analyse, die Risiko-Matrix, die Risiko-Ertrags-Analyse<br />

und Chancen-/Gefahren-Analysen zu finden. 744 Nicht alle dieser Methoden sind für<br />

den Handel anwendbar, da es häufig um die Entwicklung von technischen Produkten<br />

und deren Funktion bzw. Risiken bei deren Produktion geht und rein quantitative<br />

Grössen (wie z. B. Wahrscheinlichkeiten) verwendet werden. 745 Zur Analyse von Ri-<br />

siken in Projekten schlagen Schorrenberg und Goebels z. B. die Delphi-Methode, die<br />

Monte-Carlo-S<strong>im</strong>ulation sowie Regressions- und Korrelationsanalysen vor. 746 Der<br />

Nachteil dieser Methoden ist wiederum die Notwendigkeit, den einzelnen Risiken<br />

741 Haller, 1986, S. 9.<br />

742 Fricke/Lohse, 1997, S. 53.<br />

743 Vgl. Fricke/Lohse, 1997, S. 160.<br />

744 Vgl. Weiss, 1990, S. 117 ff. und Fricke/Lohse, 1997, S. 160 ff.<br />

745 Vgl. die Formblatt-Analyse, Fricke/Lohse, 1997, S. 162 f.<br />

746 Vgl. Schorrenberg/Goebels, 1997, S. 44 ff.<br />

271


272<br />

Eintrittswahrscheinlichkeiten zuweisen zu müssen. Dieses ist auch für die Risiken <strong>im</strong><br />

Innovationsprozess möglich, wird aber aufgrund von dessen Unsicherheiten sehr<br />

willkürlich ausfallen und ist für die Praxis auch relativ zeitaufwendig. Deswegen wird<br />

<strong>im</strong> Folgenden eine einfache Methode dargestellt, die sich zur Früherkennung einzelner<br />

Risiken <strong>im</strong> Innovationsprozess des Handels besonders gut eignet, weil sie ein<br />

rein qualitatives Vorgehen und damit auch kurzfristig eine schnelle Risikoanalyse<br />

ermöglicht.<br />

Die Gefährdungsbaum-Analyse 747 ist eine Methode, die bei einem unerwünschten<br />

Endzustand ansetzt und dann systematisch zurückverfolgt, auf welche Einflussgrössen<br />

und Fehlentwicklungen dieser Endzustand zurückzuführen sein kann. Die Gefährdungsbaum-Analyse<br />

entspricht einem Entscheidungsbaum, nur dass die Ausgangs-<br />

und Endpunkte der Analyse vertauscht sind. 748 Dadurch werden Risikofaktoren,<br />

die als Auslöser in Frage kommen, identifiziert, entsprechende Vorkehrungen<br />

können zur Absicherung getroffen werden und das verantwortliche <strong>Management</strong><br />

weiss, worauf <strong>im</strong> Prozess zu achten ist. Die Gefährdungsbaum-Analyse arbeitet mit<br />

Eintrittswahrscheinlichkeiten und weiteren quantitativen Grössen, die eine gute<br />

Kenntnis des Produktes voraussetzen. Diese Voraussetzung ist für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel in der Regel nicht erfüllt, weswegen auf die Quantifizierung<br />

verzichtet und die Analyse qualitativ durchgeführt wird. Folgende Schritte sind in Anlehnung<br />

an eine Gefährdungsbaum-Analyse notwendig: 749<br />

• Systematische Identifizierung der möglichen Fehlerereignisse, die eintreten können.<br />

Dazu werden bei Bedarf Methoden wie das zuvor beschriebene Brainstorming<br />

oder auch Szenariotechniken eingesetzt (vgl. die Abschnitte 4.2.3.1 und<br />

5.3.2.5). Ergänzend können aufgrund der Erfahrungen aus anderen Innovationsprojekten<br />

auch sogenannte Risikochecklisten zum Einsatz kommen, in denen<br />

mögliche Risiken und Risikoarten abgefragt werden. 750<br />

• Erstellung eines grafischen Gefährdungsbaums.<br />

• Überprüfung, ob die kritischen Risiken <strong>im</strong> Innovationsprozess bedacht wurden,<br />

und gegebenenfalls die notwendigen Massnahmen einleiten.<br />

Abbildung 85 zeigt einen Gefährdungsbaum für das MIS der GMSG. Ausgangspunkt<br />

ist der nicht erwünschte Endzustand, dass die Mitarbeiter das MIS aufgrund fehlender<br />

Akzeptanz nicht nutzen. Das Innovationsteam kann mit Hilfe der Baumstruktur<br />

das Problem in seine möglichen Ursachen zergliedern. Dadurch können Risiken und<br />

Engpässe erkannt werden, so dass das Innovationsteam entsprechende Massnah-<br />

men einleiten kann. So kann es z. B. frühzeitig einen qualifizierten Mitarbeiter beauftragen,<br />

ein Schulungsprogramm für das MIS zu entwickeln. Der Risikobaum kann auf<br />

747 Vgl. Fricke/Lohse, 1997, S. 164.<br />

748 Zum Entscheidungsbaumverfahren vgl. Schorrenberg/Goebels, 1997, S. 141 ff.<br />

749 In Anlehnung an Fricke/Lohse, 1997, S. 164 f. und 167 f.<br />

750 Vgl. Schnorrenberg/Goebels, 1997, S. 25 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

verschiedene Probleme angewendet werden, Ausgangspunkt muss <strong>im</strong>mer der unerwünschte<br />

Endzustand sein. Wichtig ist die genaue Analyse der möglichen Gründe.<br />

Der Gefährdungsbaum ist ein geeignetes Instrument für die Analyse und Früherkennung<br />

einzelner Risiken und kann auch dazu dienen, den Mitarbeitern die Konsequenzen<br />

und den Zusammenhang einzelner Risiken und Handlungen <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

zu verdeutlichen.<br />

5.4.2.2.5 Durch Empowerment motivieren<br />

Die bisher gemachten Ausführungen zu Anreizsystemen und Motivation zeigen, dass<br />

der intrinsischen Motivation eine besondere Bedeutung als Handlungsmotiv <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

für den Mitarbeiter zukommt. Die Ausgestaltung der Arbeitsinhalte<br />

des Mitarbeiters trägt stark zur intrinsischen Motivation bei. 751 Die Expertengespräche<br />

haben bestätigt, dass gerade der Innovationsprozess aufgrund seiner Unsicherheiten<br />

sowie des damit verbundenen Neuigkeitsgrades und der daraus resultierenden<br />

Freiheitsgrade ein attraktives Aufgabengebiet für die Mitarbeiter ist (vgl. unten<br />

Fallbeispiel Karstadt). Die innovationsfördernde Führung kann durch Empowerment<br />

diese Chance zur Motivation der Mitarbeiter <strong>im</strong> Innovationsprozess nutzen. 752 Der<br />

Begriff „Empowerment“ leitet sich von engl. „power“ (Macht) ab und setzt an der<br />

Machtverteilung <strong>im</strong> Unternehmen an. Es geht darum, dass die Entscheidungsbefugnis<br />

<strong>im</strong> Unternehmen niemals blockiert ist, die Macht also dorthin fliessen kann, wo<br />

sie benötigt wird. 753 Dabei geht es nicht nur um blosse Delegation, sondern auch um<br />

einen Zuwachs an Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten der Mitarbeiter. Empowerment<br />

bedeutet:<br />

• „Suche nach neuen Möglichkeiten zur gezielten Übertragung von Machtbefugnissen<br />

insbesondere auf solche Mitarbeiter, die dieser Ermächtigung in besonders<br />

hohem Mass bedürfen, um ihren Aufgaben gerecht zu werden: Konzentration von<br />

Autorität, Verantwortung, Ressourcen und Befugnissen auf der einer best<strong>im</strong>mten<br />

Arbeitsaufgabe angemessenen Ebene.<br />

• Weitestmögliche Delegierung der Verantwortung für die Entscheidungsfindung<br />

‚von oben nach unten‘.<br />

• Kontrollierter Machttransfer vom <strong>Management</strong> zum Arbeitnehmer <strong>im</strong> langfristigen<br />

Interesse des Gesamtunternehmens.<br />

• Schaffung von Arbeitsbedingungen, unter denen die Mitarbeiter ihre Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten bei der Verfolgung gemeinsamer zwischenmenschlicher wie gewinnorientierter<br />

Ziele max<strong>im</strong>al entfalten können.<br />

• Psychologische Aktivierungsenergie.“ 754<br />

751<br />

Vgl. Weinert, 1987, S. 269 und Rudolph, 1999, S. 412.<br />

752<br />

Vgl. Ahmed, 1998, S. 39.<br />

753<br />

Vgl. Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 18; Schermerhorn, 1995, S. 151 f.; vgl. auch<br />

Boutellier/Völker, 1997, S. 157 f.<br />

754<br />

Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 15.<br />

273


274<br />

Nicht erwünschter Endzustand<br />

Die Mitarbeiter nutzen das MIS nicht<br />

Den Anwendern<br />

fehlt die<br />

Motivation<br />

Den Anwendern<br />

fehlen die<br />

Kenntnisse<br />

Das MIS ist nicht<br />

benutzerfreundlich<br />

Das System bietet<br />

den Mitarbeitern<br />

keinen Nutzen<br />

Die Mitarbeiter<br />

verstehen den<br />

Nutzen des<br />

Systems nicht<br />

Die Mitarbeiter<br />

wurden nicht gut<br />

geschult<br />

Die Mitarbeiter<br />

wurden zu wenig<br />

geschult<br />

Die Anwender<br />

waren zu wenig in<br />

die Entwicklung<br />

involviert<br />

Es wurden keine<br />

Tests für das<br />

System<br />

durchgeführt<br />

Die Referenten<br />

kannten sich mit<br />

dem neuen<br />

System nicht aus<br />

Die Mitarbeiter<br />

waren mit der<br />

Schulung<br />

überfordert<br />

Es fehlte ein<br />

Schulungsprogramm<br />

Der für das<br />

Programm<br />

verantwortliche<br />

Mitarbeiter war<br />

nicht ausreichend<br />

qualifiziert<br />

Die Zeit für die<br />

Konzeption eines<br />

Schulungsprogramms<br />

reichte nicht aus<br />

Es gab keinen<br />

Verantwortlichen<br />

für das<br />

Schulungsprogramm<br />

Abbildung 85: Gefährdungsbaum-Analyse für das Beispiel MIS der GMSG als<br />

Früherkennungsmethode für Risiken <strong>im</strong> Innovationsprozess


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Diese Anforderungen an das Empowerment scheinen dem Konzept des Intrapreneurships<br />

sehr ähnlich. Tatsächlich geht das Intrapreneurship aber einen Schritt<br />

weiter (vgl. Kapitel 7). 755 Empowerment kann in unterschiedlichem Ausmass <strong>im</strong> Unternehmen<br />

eingeführt und gelebt werden. Das Vorschlagswesen ist ein erster Schritt<br />

zum Empowerment, der es den Mitarbeitern ermöglicht, vom bestehenden Machtgefüge<br />

abzuweichen und sich selbst in das Unternehmen einzubringen. Unternehmen,<br />

die ihre Mitarbeiter vollständig in den <strong>Management</strong>prozess einbeziehen wollen,<br />

geben ihnen die Möglichkeit, auch in Fragen der gesamten Unternehmensleitung<br />

mitzugestalten. 756 Das Empowerment muss nach klaren Vorgaben und Regeln umgesetzt<br />

werden, denn „the result of unrestricted and uncontrolled empowerment is<br />

chaos.“ 757 Für das Innovationsmanagement ist das Empowerment ein sinnvoller Ansatz,<br />

da die Mitarbeiter <strong>im</strong> Innovationsprozess Freiheiten und Kompetenzen für die<br />

Ausführung ihrer Aufgaben benötigen, die <strong>im</strong> normalen Geschäftsverlauf <strong>im</strong> Handel<br />

nicht gegeben sind. 758 Ausserdem werden durch Empowerment das Aufgabenfeld<br />

und die Kompetenz der Mitarbeiter erweitert, was sich auf deren Motivation <strong>im</strong> Inno-<br />

vationsprozess positiv auswirkt. 759 Empowerment <strong>im</strong> Handel heisst z. B. dem Verkauf<br />

die Macht und damit auch die Information geben, um Sort<strong>im</strong>entsbereinigungen von<br />

Promotionsartikeln selbständig und schnell umsetzen zu können, ohne zweiwöchige<br />

Entscheidungsprozesse. Gleiches gilt für die Entwicklung und Einführung von technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong>. Viele Händler geben ihre vorhandenen Informationen<br />

nicht an die Mitarbeiter weiter und sind erstaunt, wenn <strong>im</strong> Innovationsprozess Abwehrreaktionen<br />

und Passivität entstehen.<br />

Die Ansatzpunkte zu den anderen Kräftefeldern greifen die oben gestellten Anforderungen<br />

zum Empowerment auf (z. B. Flexibilität des organisatorischen Kräftefeldes;<br />

vgl. 5.2.3.7). Die innovationsfördernde Führung hat die Aufgabe, die Entscheidungsund<br />

Handlungsfreiheiten des Innovationsteams bzw. der einzelnen Mitarbeiter festzulegen<br />

und den Mitarbeitern diese zu kommunizieren. 760 „Empowering people to<br />

innovate is one of the most effective ways for leaders to mobilise the energies of<br />

people to be creative. Combined with leadership support and commitment, empowerment<br />

gives people freedom to take responsibility for innovation.“ 761 Es gibt kein<br />

Standardkonzept für ein erfolgreiches Empowerment. Vielmehr müssen die Inhalte<br />

und die Breite der Ausgestaltung situativ an das einzelne Unternehmen, die spezifi-<br />

755 Vgl. Wüthrich, 1995, S. 28 f.<br />

756 Vgl. Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 19 f.<br />

757 Ahmed, 1998, S. 40.<br />

758 Vgl. Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 29.<br />

759 Belz fordert die Integration des Mitarbeiters in das Innovationsgeschehen um personelle<br />

Widerstände zu vermeiden (vgl. Belz, 1981, S. 196).<br />

760 Vgl. Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 48 f.<br />

761 Ahmed, 1998, S. 39.<br />

275


276<br />

sche Situation angepasst werden. 762 Für das Empowerment <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

innovationsfördernder Führung sind zwei Aspekte von Bedeutung:<br />

1. Durch Empowerment sollten die Aufgaben der Mitarbeiter ganzheitlich angelegt<br />

werden, d. h. Kompetenzen und die notwendigen Entscheidungs- und Handlungsfreiräume<br />

sollten der Aufgabenstellung entsprechen.<br />

2. Der innovationsfördernden Führung muss bewusst sein, was Empowerment bedeutet,<br />

und die damit verfolgten Ziele müssen klar definiert sein, um in kritischen<br />

Situationen richtig zu reagieren und das Konzept glaubwürdig leben zu können<br />

(vgl. Fehlerakzeptanz und Risikobereitschaft).<br />

Wie für die anderen Hinweise zur innovationsfördernden interaktionellen Führung, so<br />

gilt auch für das Empowerment, dass die Ansatzpunkte zu den anderen Kräftefeldern<br />

nur die Rahmenbedingungen regeln können, während die interaktionelle Führung die<br />

entscheidende direkte Schnittstelle zwischen Führung und Mitarbeiter gestaltet.<br />

Denn eine wesentliche Grundlage für Empowerment ist das Vertrauen der Führung<br />

in die Mitarbeiter. Das amerikanische Kaufhaus Nordstrom ist bekannt für seine ausgeprägte<br />

und konsequente Serviceorientierung. Eine wesentliche Voraussetzung ist<br />

das Empowerment der Mitarbeiter bis an die Verkaufsfront. Dies wird deutlich durch<br />

das Mitarbeiterhandbuch, das lediglich aus einer einzigen Seite besteht und jedem<br />

neuen Mitarbeiter gegeben wird:<br />

Welcome to Nordstrom.<br />

We´re glad to have you with our company.<br />

Our number one goal is to provide outstanding customer service.<br />

Set both your personal and professional goals high.<br />

We have great confidence in your ability to achieve them.<br />

Nordstrom Rules:<br />

Rule #1: Use your good judgement in all situations.<br />

There will be no additional rules.<br />

Please feel free to ask your department manager, store manager, or devision general<br />

manager any question at any t<strong>im</strong>e.<br />

Die erste und einzige Regel bei Nordstrom formuliert das Empowerment und kommuniziert<br />

sie jedem Mitarbeiter. Die Führungsebenen werden als Unterstützung angeboten.<br />

Dies zeigt das Vertrauen in die Mitarbeiter, die davon ihrerseits motiviert<br />

werden.<br />

762 Vgl. Clutterbuck/Kernaghan, 1995, S. 22 und 41 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Die umfassenden Möglichkeiten der Mitarbeiter <strong>im</strong> Projekt Karstadt My world, sich<br />

aktiv gestaltend in den Prozess einzubringen und Handlungsfreiräume zu nutzen,<br />

wirkten sich positiv auf die Umsetzung der Innovation aus. Das Projekt My world<br />

deckte die gesamte Wertschöpfungskette ab, d. h. die beteiligten Mitarbeiter waren<br />

von der Marktforschung (die sie zum Teil auch selber durchführten) bis zur technischen<br />

Realisierung und Sicherstellung der Logistik verantwortlich. Die Aufgaben des<br />

Projektes waren entsprechend umfassend ausgestaltet; zu ihrer Erfüllung bekamen<br />

die Mitarbeiter weite Entscheidungs- und Handlungsfreiräume.<br />

5.4.2.2.6 Sinngebung anstelle von politischem Verhalten<br />

„Eines der zentralen Probleme <strong>im</strong> <strong>Management</strong> von <strong>Innovationen</strong> ist die ‚politische<br />

D<strong>im</strong>ension‘.“ 763 Häufig schaffen technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel Transparenz<br />

und ermöglichen dadurch ein effektives und systematisches Controlling wie z. B. moderne<br />

Informationssysteme (MIS, DWH, Scanning usw.) 764 oder stellen eine Bedrohung<br />

des angestammten Geschäftes dar wie z. B. Internetshopping, Teleshopping<br />

usw. In den genannten Fällen spielt die Machtd<strong>im</strong>ension <strong>im</strong> Innovationsprozess eine<br />

wichtige Rolle. 765 Die etablierten Manager fürchten Machtverluste, die sie durch politisches<br />

Verhalten zu verhindern suchen. Das führt zu Nachteilen für das gesamte<br />

Unternehmen, weil Inhalt und Nutzen der Innovation nicht mehr <strong>im</strong> Vordergrund der<br />

Diskussion stehen. Auch weil die in dieser Arbeit behandelten technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

eine umfassende Betroffenheit <strong>im</strong> Unternehmen auslösen (vgl. Abschnitt<br />

1.5.1.3), bringen sie zwangsläufig eine politische D<strong>im</strong>ension mit sich. Die innovationsfördernde<br />

Führung muss diesen politischen Diskussionen und Machtkämpfen<br />

entgegenwirken. Die strukturelle Führung kann durch die Ausgestaltung des organisatorischen<br />

Kräftefeldes und die innovationsfördernde Gestaltung der Informationsund<br />

Kommunikationsbeziehungen die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />

Prävention schaffen. Wichtiger ist aber, dass die Inhalte der interaktionellen<br />

Führung die Existenz der politischen D<strong>im</strong>ension berücksichtigen. Die technologische<br />

Innovation muss Akzeptanz <strong>im</strong> gesamten Unternehmen finden und dafür muss die<br />

Führung auf politischer Ebene frühzeitig die richtigen Signale setzen. Die Expertengespräche<br />

haben gezeigt, das die Sinngebung dabei eine zentrale Rolle spielt. 766<br />

„Man kann ein noch so guter technischer Projektmanager sein, wenn die Vermittlung<br />

und Sinngebung nicht funktioniert, hilft das methodische Know-how nichts.“ 767 Dieser<br />

Aspekt ist häufig unterentwickelt. Viele Mangager sind hervoragende Planer und<br />

versagen bei der Kommunikation, dem Werben um Verständnis und Vertrauen. Der<br />

763 Riekhof, 1986, S. 14.<br />

764 Vgl. o. V., 1997 (r), S. 14 ff.<br />

765 Vgl. Rudolph, 1999, S. 396 f.<br />

766 Zur Sinnfindung und Sinngebung vgl. Bleicher, 1992, S. 64 ff.<br />

767 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

277


278<br />

Geschäftsführer der dm-drogerie markt GmbH & Co. KG Götz Werner spricht in diesem<br />

Zusammenhang von Bewusstseinsleistung. 768 Der einzelne muss <strong>im</strong> Unterneh-<br />

men ein Bewusstsein für sein Handeln entwickeln, d. h. ein Bewusstsein für die<br />

Auslöser und Motive, aber auch ein Bewusstsein für die Konsequenzen seines Handelns.<br />

Die Führung muss den Mitarbeiter durch die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />

und durch die inhaltliche Ansprache dazu befähigen, die Bewusstseinsleistungen<br />

selbst zu erbringen. „Führung hilft, indem sie die richtigen Fragenaufwürfe<br />

produziert. Fragen rufen Bewusstseinsleistungen hervor, Fragen <strong>im</strong>pulsieren Bewusstsein.<br />

Und Antworten, die sich jeder dann selbst geben muss, sind von anderer<br />

Qualität, als wenn sie einfach vorgegeben werden, ohne dass vorher die Fragen<br />

gestellt worden sind.“ 769 Deswegen bezeichnet Werner dm-drogerie markt auch als<br />

Empfehlungskultur: Es gibt keine Anweisungen, sondern nur Empfehlungen. 770 Das<br />

geht so weit, dass die Mitarbeiter am Prozess der Einkommensfindung bei dmdrogerie<br />

markt beteiligt wurden.<br />

„Ganzheitlichkeit ist ohne Sinnbezug undenkbar, denn das Wesen von Zusammenhängen<br />

<strong>im</strong> Wechselspiel von Teilen und Ganzem erschliesst sich erst über die Konstruktion<br />

eines Sinnes.“ 771 Gelingt der innovationsfördernden Führung die Sinngebung<br />

durch Bewusstseinsleistung, so werden die am Innovationsprozess Beteiligten<br />

auch die Notwendigkeit und den Nutzen der technologischen <strong>Innovationen</strong> besser<br />

verstehen und politische Machtkämpfe vermeiden, da sie die Konsequenzen, nämlich<br />

die Schädigung des Unternehmens und damit ihrer eigenen Position, abschätzen<br />

können. In kritischen Situationen muss es der Führung glaubhaft gelingen, Ängste<br />

bei den Betroffenen abzubauen. Dafür gibt es keine Patentrezepte, entscheidend ist<br />

allein die Interaktion zwischen Führung und Mitarbeiter. Die Sinngebung wirkt auch<br />

als einer der wichtigsten intrinsischen Anreize und hat damit nicht nur Wirkung auf<br />

die Konfliktprävention, sondern auch auf die Motivation der Mitarbeiter. 772<br />

Fallbeispiel eines Lebensmittelhändlers:<br />

Ein grosser deutscher Lebensmittelhändler hat <strong>im</strong> Category <strong>Management</strong> ein neues<br />

System entwickelt, mit dem die Steuerung der Artikelversorgung der Filialen durchgeführt<br />

wird. Das System ist in der Verkaufsregion, in welcher sich auch der Sitz der<br />

betroffenen Sparte (die für den Betriebstyp verantwortlich ist) befindet, sehr erfolgreich<br />

eingeführt worden. Dort war man von dem System begeistert, weil die Funktion<br />

und der Nutzen (künftige Arbeitsentlastung und bessere Warenversorgung für den<br />

Kunden) allen Mitarbeitern aufgrund von Informationsveranstaltungen klar waren. In<br />

einer anderen Verkaufsregion wurde der Nutzen nicht klar kommuniziert. Die Mitar-<br />

768 Zur Bewusstseinsleistung <strong>im</strong> philosophischen Zusammenhang vgl. Steiner, 1921, S. 13 ff.<br />

769 Werner, 1998, S. 8.<br />

770 Werner, 1998, S. 6 f.<br />

771 Bleicher, 1992, S. 68.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

beiter dachten, das neue System bedeute ausschliesslich Mehrarbeit, und bekamen<br />

so eine negative Einstellung dazu. In der ersten Region wendeten nach kurzer Zeit<br />

über 100 Filialen das System an, in der zweiten gerade mal fünf. Das fehlende Verständnis<br />

führte dazu, dass die Mitarbeiter keine Motivation hatten und auch keine<br />

Eigeninitiative entwickelten, um die Innovation umzusetzen.<br />

5.4.2.2.7 Förderung der Innovationskultur durch innovationsförderndes<br />

Handeln<br />

Innovationsfördernde Führung darf sich nicht in Absichtserklärungen erschöpfen,<br />

sondern wird an den Taten gemessen, die <strong>Innovationen</strong> auslösen und zu ihrer erfolgreichen<br />

Umsetzung führen. „[...] management create cl<strong>im</strong>ate not by what they say but<br />

by their actions. It is through visible actions over t<strong>im</strong>e rather than through s<strong>im</strong>ple<br />

statements that employees begin to cement perceptions. It is only when employees<br />

see things happening around them, and do things that push them towards innovation,<br />

that they begin to internalise the values of innovation.“ 773 In der Befragung der Han-<br />

delsmanager kommt diese Forderung u. a. durch die Aussage „viel Handlung, wenig<br />

Reden“ zum Ausdruck (vgl. Abbildung 84). Die gelebte innovationsfördernde Führung<br />

ist ein zentraler Erfolgsfaktor für die Motivation der Mitarbeiter, innovationsfördernd<br />

zu handeln. Die verschiedenen Fallbeispiele in diesem Kapitel sind alle ein Beispiel<br />

dafür, wie innovationsfördernde Führung gelebt und in Taten umgesetzt wird. Diese<br />

Umsetzungskompetenz der Unternehmenskultur 774 wird durch das innovationsfördernde<br />

Handeln der Führung massgeblich best<strong>im</strong>mt. Für die Transferleistung der<br />

Führung vom innovationsfördernden Denken zum innovationsfördernden Handeln ist<br />

die zuvor erläuterte Bewusstseinsleistung der Führung eine notwendige Voraussetzung,<br />

um den Sinn und die Notwendigkeit von innovationsförderndem Handeln zu<br />

erkennen. Anreizsysteme, Handlungsfreiräume und Methoden zum Innovationsmanagement<br />

(vgl. die Abschnitte 5.2.3.4, 5.2.3.5, 5.2.3.6, 5.3.2.4 und Kapitel 4) können<br />

nur die Rahmenbedingungen für diese Transferleistung gestalten. Dieser Aspekt der<br />

innovationsfördernden Führung ist für den Handel besonders wichtig, da in vielen<br />

Handelsunternehmen die zukunftssichernde (Informationstechnologie schafft Kostenvorteile<br />

und Profilierungschancen) und zukunftsgestaltende (beispielsweise Internet<br />

und Interaktiv-TV schaffen neue Vertriebswege) Bedeutung von technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> auf der Ebene der Führung noch nicht erkannt wurde. 775<br />

772 Zur Sinngebung vgl. auch Bleicher, 1992, S. 67 f.; Staehle, 1989, S. 799 und Sprenger, 1991,<br />

S. 198 f.<br />

773 Ahmed, 1998, S. 39.<br />

774 Zum Begriff der Umsetzungskompetenz vgl. Kapitel 7.<br />

775 Vgl. o. V., 1997 (k), S. 46.<br />

279


280<br />

5.4.2.2.8 Kommunikation und Verpflichtung zu innovationsfördernder Führung<br />

Der zuvor angesprochene Transfer vom innovationsfördernden Denken zum innovationsfördernden<br />

Handeln wird durch die Kommunikation der Führungsgrundsätze<br />

<strong>im</strong> Unternehmen erleichtert. Ein Leitbild für die Führung <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

erfüllt in diesem Zusammenhang drei Funktionen: 776<br />

• Es gilt als Richtlinie für die Führungskraft und zeigt, welches die Vorgaben, Ziele<br />

und Methoden der Führung <strong>im</strong> Innovationsprozess sind.<br />

• Es verpflichtet die Führung gegenüber den Mitarbeitern.<br />

• Es gibt den Mitarbeitern <strong>im</strong> Innovationsprozess die Möglichkeit, die Führung an<br />

den Führungsleitsätzen zu messen.<br />

Die Entwicklung und Einführung von Führungsleitbildern soll an dieser Stelle nicht in<br />

vollem Umfang diskutiert werden; es sei hier lediglich auf die relevante Literatur verwiesen.<br />

777 Es soll aber auf wichtige Aspekte hingewiesen werden, die für den erfolgreichen<br />

Einsatz von Leitbildern von Bedeutung sind. Das Führungsleitbild sollte nicht<br />

diktiert, sondern <strong>im</strong> Unternehmen partizipativ mit den betroffenen Führungskräften<br />

entwickelt und so formuliert werden, dass es unmittelbar erfahrbar ist, um Akzeptanz<br />

und Glaubwürdigkeit sicherzustellen. 778 Insofern sind die hier aufgeführten Hinweise<br />

für eine innovationsfördernde Führung als Vorschläge zu verstehen, die situativ für<br />

das einzelne Unternehmen geprüft und gegebenenfalls daran angepasst werden<br />

müssen. Es reicht nicht, „[...] ein Führungsleitbild in die Welt zu setzen und zu verteilen<br />

und dann mit bürokratischer Naivität auf dessen automatische Realisierung zu<br />

hoffen.“ 779 Vielmehr ist es notwendig, die Informationspolitik, strukturellen Rahmenbedingungen,<br />

Beurteilungs- und Anreizsysteme und Schulungen für die Führung an<br />

dem Führungsleitbild auszurichten. 780 „Von entscheidender Bedeutung bei der Umsetzung<br />

ist neben der Bekanntmachung und instrumentellen Fundierung solcher<br />

Leitbilder das persönliche Vorbild oberer Führungskräfte. Ihr Verhalten wird auch als<br />

symbolische Interpretation der real und tatsächlich gültigen Leitbilder verstanden.“ 781<br />

Das folgende Beispiel eines Führungsleitbildes fasst die hier geforderten Eigenschaften<br />

einer innovationsfördernden Führung zusammen. An dieser Stelle soll noch<br />

einmal betont werden, dass es nicht um ein allgemeines Führungsleitbild für das gesamte<br />

Unternehmen geht, sondern um ein Führungsleitbild für das Innovationsmanagement,<br />

weswegen auch nicht alle möglichen, sondern nur die für das Innovationsmanagement<br />

relevanten Leitsätze enthalten sind.<br />

776<br />

Vgl. Wunderer, 1993, S. 109.<br />

777<br />

Vgl. Wunderer, 1993, S. 172 ff. und Hermeier/Weibler, 1995, S. 56 ff.<br />

778<br />

Vgl. Wunderer, 1993, S. 221 und 181 sowie Hermeier/Weibler, 1995, S. 56.<br />

779<br />

Wunderer, 1993, S. 221.<br />

780<br />

Vgl. Wunderer, 1993, S. 127 und 221 sowie Hermeier/Weibler, 1995, S. 58 ff.<br />

781<br />

Wunderer, 1993, S. 221; vgl. auch Hermeier/Weibler, 1995, S. 56.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

1. Situativer Führungsstil<br />

Unsere Führungskräfte sind aufgefordert, ihr Verhalten <strong>im</strong> Innovationsprozess den situativen<br />

Herausforderungen und Gegebenheiten anzupassen. Grundsätzlich vertreten wir einen ko-<br />

operativen Führungsstil, d. h. Entscheidungen werden gemeinsam gefällt und getragen.<br />

2. Akzeptanz von Fehlern<br />

Fehler <strong>im</strong> Innovationsprozess sind notwendig, damit wir neue Erfahrungen machen und aus<br />

ihnen lernen können. Fehler werden deswegen nicht verurteilt oder bestraft, sondern als notwendiger<br />

Schritt für eine erfolgreiche Innovation betrachtet.<br />

3. Honorierung von Erfolgen<br />

Erfolge von einzelnen oder Teams <strong>im</strong> Innovationsmanagement sind die Grundlage für unsere<br />

Innovationskraft am Markt. Deswegen honorieren wir Erfolge als besondere Leistung<br />

der Mitarbeiter <strong>im</strong> Innovationsprozess.<br />

4. Risikobereitschaft steigern<br />

Risikobereitschaft auf allen Ebenen unseres Unternehmens eröffnet uns Innovationspotentiale.<br />

Deswegen ist jeder aufgefordert, risikobewusst zu handeln und Risiken nicht als Bedrohung,<br />

sondern als Chance für die Entwicklung des Unternehmens zu betrachten. Der verantwortungsvolle<br />

Umgang mit Risiken sichert die Überlebensfähigkeit unseres Unternehmens.<br />

5. Motivation durch Empowerment<br />

Entscheidungen <strong>im</strong> Innovationsprozess werden dort gefällt, wo sie anfallen. Umfassende<br />

Entscheidungs- und Handlungsfreiräume motivieren uns zu verantwortungsvollem Handeln.<br />

6. Sinngebung anstelle von politischem Verhalten<br />

Wir erkennen den Sinn und die Notwendigkeit unseres Handelns <strong>im</strong> Innovationsprozess.<br />

Diese Erkenntnis verbietet uns ein Verhalten, das den Innovationserfolg und damit den Erfolg<br />

unseres Unternehmens am Markt behindert.<br />

7. Innovationsförderndes Handeln<br />

Unser Handeln <strong>im</strong> Innovationsprozess ist auf die Generierung und Realisierung von <strong>Innovationen</strong><br />

ausgerichtet. Innovationsförderndes Denken ist gut, innovationsförderndes Handeln<br />

ist besser.<br />

8. Verpflichtung zu diesem Leitbild<br />

Die Mitarbeiter auf allen Ebenen des Unternehmens verpflichten sich, <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

diese Leitsätze zu leben und sich an ihrer Umsetzung messen zu lassen.<br />

Schaukasten 31: Beispiel für ein innovationsförderndes Führungsleitbild<br />

Ob diese Grundsätze auf das gesamte Unternehmen angewendet werden, bleibt<br />

dem einzelnen Unternehmen überlassen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die<br />

allgemeinen Führungsleitbilder wie z. B. dasjenige von Karstadt 782 nicht so weit<br />

gehen wie die hier geforderten Eigenschaften einer innovationsfördernden Führung.<br />

Das Leitbild in Schaukasten 31 ist bewusst sehr weitreichend und teilweise<br />

provokant formuliert, um die Notwendigkeit der einzelnen Bestandteile zu<br />

verdeutlichen. Insbesondere dem Handel werden einige Aspekte auf den ersten Blick<br />

unrealistisch oder realitätsfern erscheinen. Aber auch eine abgeschwächte oder<br />

782 Vgl. Unternehmensverfassung „Spirit“ von Karstadt.<br />

281


282<br />

stufenweise Einführung dieser Führungsleitsätze in Handelsunternehmen wird dazu<br />

führen, dass sich eine innovationsfördernde Kultur entwickelt.<br />

5.5 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

konzeptionellen Kräftefeld<br />

5.5.1 Ausprägungen des konzeptionellen Kräftefeldes<br />

Das konzeptionelle Kräftefeld bezieht sich auf die Strategien und Konzepte des ganzen<br />

Unternehmens, mit denen die Konzepte der einzelnen technologischen Innovation<br />

inhaltlich harmonisieren müssen. Diese Anforderung wird <strong>im</strong> ersten Schritt des<br />

Vorgehenskonzeptes in Kapitel 4 berücksichtigt. Auch das Technologiepotentialportfolio<br />

greift diesen Aspekt mit dem Profilierungsfit auf (vgl. 4.2.3.2.1). Eine fehlende<br />

Marktorientierung, unklare Formulierungen oder endlose Darstellungen der<br />

Innovationskonzepte können dagegen hinderlich sein und vom eigentlichen Ziel, der<br />

Innovation, ablenken. Die Konzepte werden von den befragten Handelsmanagern<br />

nach der kulturellen D<strong>im</strong>ension als zweitwichtigster Erfolgsfaktor bei der Umsetzung<br />

von technologischen <strong>Innovationen</strong> genannt (vgl. Abbildung 78). In Verbindung mit der<br />

Ausgestaltung der Informationsflüsse <strong>im</strong> organisatorischen Kräftefeld spielt die<br />

Kommunikation der Konzepte eine besonders wichtige Rolle. „Managing information<br />

flows is an <strong>im</strong>portant part of successful innovation [...]. In this sense, the most innovative<br />

firm in an industry is likely one that best manages its [...] information flows.“ 783<br />

Die Kommunikation der Innovationskonzepte und -strategien gewinnt an Bedeutung,<br />

wenn das Strategieverständnis von Tushman/O´Reilly zugrunde gelegt wird: „Strategy<br />

is not reserved for senior levels. It is a critical part of every manager´s job.“ 784<br />

Dieses kooperative Verständnis besitzt besondere Gültigkeit für das Innovationsmanagement,<br />

wie auch die Ausführungen zu den anderen Kräftefeldern bereits gezeigt<br />

haben. Die Ergebnisse der schriftlichen Befragung zeigen, dass die klare Zielsetzung<br />

bezüglich <strong>Innovationen</strong> sowohl für erfolgreiche als auch für nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

von Bedeutung ist (vgl. Abbildung 86). 785 Wichtigste Ausprägung <strong>im</strong> konzeptionellen<br />

Kräftefeld für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> ist die Marktorientierung der Konzepte<br />

(vgl. Abbildung 86). Die qualitative Forschung dieser Arbeit bestätigt diese<br />

Forderung.<br />

783 Rogers, 1982, S. 111.<br />

784 Tushman/O´Reilly, 1997, S. 41.<br />

785 Vgl. Frage 19 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das konzeptionelle Umfeld, in<br />

dem die Innovation realisiert wurde?“


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Konzepte des<br />

Unternehmens<br />

sind "agierend"<br />

Konzepte<br />

werden gut<br />

kommuniziert<br />

Innovationsabsicht ist<br />

<strong>im</strong> Unternehmen<br />

als Ziel formuliert<br />

Konzepte <strong>im</strong><br />

Unternehmen sind<br />

marktorientiert<br />

Konzepte wurden<br />

schriftlich fixiert<br />

klare Zielsetzung<br />

bzgl. <strong>Innovationen</strong><br />

7<br />

5,57<br />

5,52<br />

5,65<br />

6<br />

5,13<br />

5,18<br />

5,01<br />

5,29<br />

5,39<br />

5<br />

5,06<br />

4,24<br />

4,41<br />

4<br />

3,88<br />

Mittelwert<br />

3<br />

2<br />

Konzepte des<br />

Unternehmens<br />

sind "reagierend"*<br />

Konzepte<br />

werden nicht<br />

kommuniziert*<br />

Konzepte <strong>im</strong> Innovationsabsicht ist<br />

Unternehmen sind <strong>im</strong> Unternehmen<br />

innenorientiert nicht als Ziel formuliert<br />

konzeptionelles Kräftefeld<br />

Konzepte wurden<br />

nicht<br />

schriftlich fixiert<br />

1<br />

unklare Zielsetzung<br />

bzgl.<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für die Fähigkeit "Konzepte werden nicht/gut kommuniziert" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).<br />

Abbildung 86: Mittelwertvergleich konzeptionelles Kräftefeld (nicht erfolgreiche<br />

vs. erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)<br />

283


284<br />

5.5.2 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des<br />

konzeptionellen Kräftefeldes 786<br />

5.5.2.1 Marktorientierung der Innovationskonzepte<br />

Es hat sich gezeigt, dass die Marktorientierung der Innovationskonzepte die wichtigste<br />

Voraussetzung für den Erfolg von <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> konzeptionellen Kräftefeld ist<br />

(vgl. Kapitel 4.2). Auch in der Literatur wird die Marktorientierung der <strong>Innovationen</strong><br />

als der kritische Erfolgsfaktor beurteilt, die Ausführungen dazu aus Kapitel 4.2 sollen<br />

hier nicht wiederholt werden. 787 „Bezeichnend für den Handel ist, dass marktorien-<br />

tierte Bereiche wie z. B. Marktforschung unterentwickelt sind.“ 788 Diese Aussage bestätigte<br />

sich auch in den anderen Expertengesprächen. Abbildung 87 zeigt, welche<br />

Methoden und Vorgehensweisen <strong>im</strong> Handel eingesetzt werden, um neue Ideen und<br />

<strong>Innovationen</strong> zu generieren. Auf den ersten Blick scheinen marktorientierte Methoden<br />

stark vertreten zu sein. Die Expertengespräche zeigten jedoch, dass in der<br />

Regel hinter den Kundengesprächen keine Systematik steht und auch eine aggregierende<br />

Auswertung nicht erfolgt. Das Problem <strong>im</strong> Handel besteht demnach weniger in<br />

der Häufigkeit des Austauschs mit dem Kunden als vielmehr in der systematischen<br />

Auswertung und Nutzung dieser Kontakte. Beispielsweise gibt es in der GMSG keine<br />

Marktforschungsabteilung, auch Marktforschung in Kooperation mit Externen wird<br />

eher sporadisch durchgeführt. Die Marktforschung der GMSG beschränkt sich auf<br />

die Auswertung von Reklamationen, Kundenbriefen und kleineren Befragungen, die<br />

von den Mitarbeitern der Filialen durchgeführt werden. Diese Situation ist <strong>im</strong> Handel<br />

häufig anzutreffen. „Vielleicht gibt es einmal einen Assistenten der Geschäftsführung,<br />

der die Aufgabe hat, ein wenig Marktforschung zu betreiben, meistens <strong>im</strong> Sinne einer<br />

Analyse der GfK-Zahlen, um daraus Schlüsse auf die eigenen Kunden zu ziehen.“ 789<br />

Im Vergleich zu den systematischen Marktforschungsanstrengungen der Industrie<br />

fehlt diese Systematik und Kontinuität in vielen Handelsunternehmen. 790 Wenn<br />

Marktforschung <strong>im</strong> Handel wie bisher üblich durchgeführt wird, ist dies oft der Grund<br />

dafür, warum Innovationsprozesse <strong>im</strong> Handel nicht stattfinden oder in die falsche<br />

Richtung gelenkt werden. Für ein erfolgreiches Innovationsmanagement ist die Ausrichtung<br />

der Innovationskonzepte auf den Kunden notwendig, und die Marktforschung<br />

ist ein wichtiges Instrument dafür.<br />

786 Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

787 Vgl. Rudolph, 1998, S. 353; Rudolph, 1999, S. 262; Roberts/Burke, 1974, S. 21 ff.; Miche, 1987,<br />

S. 114 f.; Cooper, 1975, S. 322 ff.; Boutellier/Völker, 1997, S. 43 ff.; Pfeiffer, 1992, S. 172; Kieser,<br />

1985, S. 354.<br />

788 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

789 Aussage eines Handelsexperten in einem Expertengespräch.<br />

790 Vgl. auch Tomczak et al., 1998, S. 82.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Methoden/Vorgehensweisen<br />

Brainstorming<br />

Kundengespräche<br />

Benchmarking<br />

Innovationsteams<br />

Informationsbeschaffung<br />

(Literatur usw.)<br />

MA-Gespräche<br />

Kundenbefragungen/<br />

-informationen/-reakt.<br />

Marktstudien/<br />

-analysen/-umfragen<br />

Konkurrenzbeobachtung<br />

Projektteams/<br />

-gruppen<br />

Workshops<br />

Taskforces<br />

3,5%<br />

2,7%<br />

15,0%<br />

14,2%<br />

13,3%<br />

11,5%<br />

10,6%<br />

21,2%<br />

24,8%<br />

44,2%<br />

44,2%<br />

54,0%<br />

0% 20% 40% 60% 80%<br />

Anteil (n = 113)<br />

Lesebeispiel: 54% von 113 befragten Unternehmen setzen "Brainstorming" ein, um<br />

neue <strong>Innovationen</strong> und Ideen für ihr Unternehmen zu finden.<br />

Mehrfachnennungen waren möglich.<br />

Abbildung 87: Ansatzpunkte, um <strong>Innovationen</strong> und Ideen zu finden<br />

285


286<br />

Neue Technologien machen heute das Handelsgeschäft transparenter, so dass der<br />

Handel mehr über seine bisher unbekannten Kunden erfährt. Die Auswertung von<br />

Scanningdaten und Sekundärstatistiken kann aber nur ein Teil der Marktforschung<br />

sein, da diese Instrumente vergangenheitsorientiert sind. Für das Innovationsmanagement<br />

ist eine zukunftsorientierte Marktforschung notwendig, die Trends und künftige<br />

Bedürfnisse erkennen hilft. Das Vorgehenskonzept in Kapitel 4 ist darauf ausgerichtet,<br />

Innovationskonzepte marktorientiert zu entwickeln. Instrumente wie die<br />

Trend- und Bedürfnisanalyse und das Technologiepotentialportfolio sollen <strong>im</strong> Planungsprozess<br />

die zukunftsgerichtete Marktorientierung gewährleisten. Zukunftsorientierte<br />

Marktforschungsmethoden müssen den Planungs- und Realisierungsprozess<br />

begleiten <strong>im</strong> Sinne eines marktorientierten Controlling. Das besagt, dass durch eine<br />

begleitende Marktforschung sichergestellt werden kann, dass der Innovationsprozess<br />

marktorientiert verläuft und sich nicht von den ursprünglich identifizierten Bedürfnissen<br />

der Kunden entfernt. Beispielsweise hat Bertelsmann für das Projekt „neues<br />

Ladenkonzept“ eine Marktforschungsabteilung gegründet, was für das Unternehmen<br />

neu war. Auch bei Bertelsmann wurde die Frage gestellt, warum eine Marktforschungsabteilung<br />

notwendig ist. Man war der Meinung, dass die Verkaufszahlen<br />

ausreichten, um das Geschäft marktorientiert zu führen. Aus den vergangenheitsorientierten<br />

Zahlen waren aber die Bedürfnisse der Verbraucher nicht zu erkennen,<br />

auch die Wettbewerbsaktivitäten waren dabei nicht berücksichtigt. Die Marktforschungsabteilung<br />

entwickelte ein Panel, das den Innovationsprozess kontinuierlich<br />

begleitete. Dadurch erhielt das <strong>Management</strong> schnelle Rückmeldungen auf realisierte<br />

Massnahmen und konnte nötigenfalls Korrekturen <strong>im</strong> Innovationsprozess vornehmen.<br />

Geeignete Methoden für eine zukunftsorientierte Marktforschung sind beispielsweise<br />

die empathische Kundenbeobachtung, Kundengesprächskreise, Interviews<br />

und Befragungen mit qualitativen Inhalten. Einige dieser Methoden wurden<br />

bereits in Abschnitt 4.2.2.2 behandelt. Für das Innovationsmanagement sind besonders<br />

die Methoden von Bedeutung, durch die eine Interaktion mit dem Kunden möglich<br />

ist, da, wie zuvor beschrieben, latente Bedürfnisse nicht standardisiert abgefragt<br />

werden können. Ein Instrument, das diese Anforderung erfüllt, ist der Kundengesprächskreis,<br />

der <strong>im</strong> folgenden Fallbeispiel Superquinn näher beschrieben wird.<br />

Auch die Akzeptanzmessung, wie <strong>im</strong> Fallbeispiel Kaufhof für mult<strong>im</strong>ediale Informationssysteme<br />

in Abschnitt 3.1.1 beschrieben, entspricht einem marktorientierten Controlling<br />

<strong>im</strong> Innovationsprozess und führt dazu, dass technologische <strong>Innovationen</strong> auf<br />

die Bedürfnisse der Anwender ausgerichtet und marktorientiert entwickelt werden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Fallbeispiel Superquinn:<br />

Der Eigentümer und Geschäftsführer von Superquinn in Irland, Feargel Quinn, nutzt<br />

das Instrument Kundengesprächskreis konsequent, um neue Profilierungsideen und<br />

<strong>Innovationen</strong> für seine Geschäfte zu finden. In regelmässigen Abständen findet in<br />

jeder Filiale ein solcher Gesprächskreis unter seiner persönlichen Leitung statt.<br />

Feargel Quinn fasst seine Erfahrungen in den folgenden acht Hinweisen für die erfolgreiche<br />

Durchführung von Kundengesprächskreisen zusammen: 791<br />

1. In selecting your panel, touch all the bases but don´t worry too much about being<br />

fully representative<br />

Die 12 bis 14 ausgewählten Kunden <strong>im</strong> Gesprächskreis sollten ein möglichst breites Spektrum<br />

der tatsächlichen Kundensegmente abdecken. Wichtig ist die Vielfalt der Perspektiven<br />

und nicht die statistische Repräsentativität, die mit derartigen Methoden sowieso nicht erreicht<br />

werden kann.<br />

2. Don´t pay your panel members<br />

Bei Superquinn hat man die Erfahrung gemacht, dass die Gesprächsteilnehmer, die freiwillig<br />

ohne Bezahlung teilnehmen, eine höhere Motivation haben und auch eher bereit sind, Kritik<br />

zu üben, da sie keine Verpflichtung haben. Trotzdem wird die Teilnahme auch bei<br />

Superquinn durch ein kleines Geschenk honoriert, aber als Überraschung am Schluss und<br />

nicht als Bezahlung <strong>im</strong> voraus.<br />

3. Let the customers set the agenda<br />

Häufig wird der Fehler gemacht, den Gesprächskreis zu stark zu strukturieren. Der Sinn dieses<br />

Instruments besteht aber darin, dass die Kunden die Themen anschneiden und diskutieren,<br />

die für sie selbst wichtig sind. Trotzdem kann der Gesprächsleiter einzelne Fragen in<br />

das Gespräch einbringen, die für das Unternehmen von Interesse sind. Dies ist besonders<br />

wichtig für den Fall, dass die Reaktion auf <strong>Innovationen</strong> getestet werden soll.<br />

4. Keep your side as small as possible<br />

Der Kundengesprächskreis ist eine Veranstaltung der Kunden. Deswegen sollte das Unternehmen<br />

so wenig wie möglich in Erscheinung treten. Ein Moderator und ein Schriftführer<br />

reichen für die Betreuung der 12 bis 14 Teilnehmer.<br />

5. Be aware of the flattery obstacle<br />

Die Kunden scheuen sich in der Regel, Kritik zu üben, weil sie meinen, einzelne Mitarbeiter<br />

werden dafür verantwortlich gemacht. Diese Befürchtung muss der Moderator den Kunden<br />

nehmen.<br />

6. Don´t answer back<br />

Wenn die Teilnehmer Kritik üben, ist die Versuchung für den Moderator gross, zu antworten<br />

und vielleicht sogar sich zu rechtfertigen. Dieses Verhalten kostet aber nur wertvolle Zeit <strong>im</strong><br />

Gesprächskreis und erreicht nur einen Kunden, nicht aber alle diejenigen, die wie er das<br />

gleiche Problem kritisieren.<br />

7. Circulate a report on each customer panel widely within your organisation<br />

Damit nicht nur der Moderator und der Schriftführer von dem Gesprächskreis profitieren,<br />

muss ein Protokoll angefertigt werden, das dann alle Unternehmensbereiche durchläuft. Das<br />

791 Vgl. Quinn, 1990, S. 86 ff.<br />

287


288<br />

<strong>Management</strong> sollte das Protokoll zusätzlich besprechen, um daraus gemeinsam Massnahmen<br />

abzuleiten.<br />

8. Take action on the comments, suggestions and criticisms<br />

Die Nachbereitung der Gesprächskreise und die Ableitung von Massnahmen sind wichtig,<br />

um von den Anregungen und Vorschlägen der Kunden profitieren zu können. Ausserdem<br />

können sie intern und extern belegen, dass die Zeit und Aufwendungen, die die Gesprächskreise<br />

erfordern, sich lohnen. „So do not use panels just to get a feel for the marketplace –<br />

use them also as the basis for making decisions.“ 792<br />

Fallbeispiel dm-drogerie markt:<br />

Bei dm-drogerie markt wurde ein grossangelegter Test durchgeführt, um zu prüfen,<br />

ob Marktforschung regelmässig betrieben werden sollte. In 33 Filialen wurden 3.000<br />

Kunden befragt. Die Ergebnisse waren sehr aufschlussreich und führten dazu, dass<br />

die Marktforschung für alle Filialen institutionalisiert wurde. Ein 20köpfiges Team mit<br />

speziell für diese Aufgabe geschulten Mitarbeitern befragt pro Verkaufsstelle 100<br />

Kunden, 25.000 pro Jahr. Nach zwei Jahren wird die Befragung wiederholt, um die<br />

Auswirkungen von eingeleiteten Massnahmen überprüfen zu können. Die Umfragen<br />

entsprechen der Strategie von dm, den Dialog mit dem Kunden zu intensivieren.<br />

5.5.2.2 <strong>Innovationen</strong> als Vision und Ziel<br />

Zu der innovationsfördernden Ausgestaltung des konzeptionellen Kräftefeldes gehört<br />

die Formulierung der Innovationsabsicht als Ziel. Dies bestätigen die Ergebnisse der<br />

Befragung (vgl. Abbildung 86) und die Expertengespräche. Drei Ebenen, die aufeinander<br />

aufbauen, sind dabei zu unterscheiden: die Unternehmensvision, die Projektvision<br />

und die Projektziele. Rudolph hat für Innovationsprojekte herausgefunden: „Mit<br />

dem Aufstellen konkreter Projektziele samt einer marktorientierten Vision lassen sich<br />

Probleme auf der konzeptionellen Ebene zu Beginn von Innovationsprojekten verhindern.“<br />

793 Demzufolge sind für Innovationsprojekte in jedem Fall die Projektvision und<br />

die Projektziele notwendig. 794<br />

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu<br />

beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit zu erleichtern,<br />

sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem endlosen weiten<br />

Meer.“ 795<br />

792 Quinn, 1990, S. 92.<br />

793 Rudolph, 1999, S. 262.<br />

794 Zur Vision <strong>im</strong> Innovationsprozess vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 149 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

„Die Vision ist ein konkretes Zukunftsbild, nahe genug, dass wir die Realisierbarkeit<br />

noch sehen können, aber schon fern genug, um die Begeisterung der Organisation<br />

für eine neue Wirklichkeit zu erwecken.“ 796 Die Verankerung der Innovationsabsicht<br />

in der Unternehmensvision betont die Innovationsorientierung des gesamten Unternehmens<br />

und sollte nur dann erfolgen, wenn <strong>Innovationen</strong> eine strategische<br />

Stossrichtung des Handelsunternehmens sind. In der Literatur werden Vision, Verfassung<br />

und Leitbilder inhaltlich unterschieden. 797 In der Handelspraxis werden diese<br />

Begriffe häufig synonym verwendet. Die folgenden zwei Beispiele zeigen, wie auf<br />

Unternehmensebene in einem Leitbild bzw. einer Verfassung die Innovationsabsicht<br />

verankert wurde.<br />

Fallbeispiel Karstadt:<br />

In der Unternehmensverfassung „Spirit“ von Karstadt bringen zwei Regeln die Innovationsabsicht<br />

des Unternehmens zum Ausdruck: 798<br />

„Regel 4: Führungskräfte verpflichten sich zur Veränderung<br />

Alle Führungskräfte leisten Beiträge zur Stärkung der Innovationskraft von Karstadt. Das sind<br />

über die Verbesserungen der betriebswirtschaftlichen Kennziffern hinaus alle Beiträge zur<br />

Zukunftssicherung unseres Geschäfts. Insbesondere sind es Beiträge zur Weiterentwicklung<br />

eigener sowie der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zur Zukunftssicherung<br />

gehört ebenfalls die Verbesserung von Rahmenbedingungen, um unseren Verkäuferinnen<br />

und Verkäufern zu helfen, Karstadt zu einem kundenbewegten Unternehmen zu entwickeln.<br />

Regel 5: Führungskräfte lassen sich an ihren Beiträgen zur Veränderung messen<br />

Alle Führungskräfte akzeptieren, dass eine ihrer wichtigsten Aufgaben die Stärkung der Innovationskraft<br />

unseres Unternehmens ist. Dazu gehört auch, dass Führungskräfte sich zukünftig<br />

an ihrem Beitrag zur Veränderung messen lassen.“<br />

Fallbeispiel Kaufhof:<br />

Kaufhof formuliert die Innovationsabsicht in seinem Unternehmensleitbild nicht so<br />

explizit wie Karstadt, fordert die Mitarbeiter aber auch zu Veränderungen auf: 799<br />

„Wir gehen folgende Wege, um unsere Ziele zu erreichen: [nachfolgend ist nur ein Grundsatz<br />

aufgeführt, da sich nur dieser auf die Innovationsabsicht bezieht.]<br />

Den Weg, Gewohntes in Frage zu stellen.<br />

Es ist wichtig, Routineverhalten und eingefahrene Wege in Frage zu stellen, um auf diese<br />

Weise zu neuen Problemlösungen und effizienteren Arbeitsweisen zu kommen.“<br />

Allerdings hat das blosse Drucken und Verteilen von Unernehmensleitlinien und Visionen<br />

keinen Einfluss auf die Unternehmenskultur, sondern ist eher Ausdruck einer<br />

Kultur. Die Mitarbeiter müssen gefragt werden, welche Vorstellung sie von dem Un-<br />

795 Antoine de Saint-Exupéry; zitiert nach Bleicher, 1992, S. 21.<br />

796 Vgl. Boston Consulting Group, 1988, S. 7; zur Bedeutung der Vision für die Unternehmensführung<br />

vgl. auch Collins/Porras, 1991, S. 30 ff.<br />

797 Vgl. Bleicher, 1992, S. 82 f. und 185 f.<br />

798 Vgl. Karstadt, 1998.<br />

289


290<br />

ternehmen und ihrem Arbeitsplatz haben. Vision und Leitlinien können nur „bottom<br />

up“ und nicht „top down“ funktionieren. Ziel ist es, dass Lebensziele der Mitarbeiter<br />

mit den Zielen des Unternehmens übereinst<strong>im</strong>men. Reine Gewinnopt<strong>im</strong>ierungsabsichten<br />

reichen für eine motivierende Vision sicher nicht aus.<br />

Auf Projektebene ist es sinnvoll, vergleichbare Visionen oder Leitbilder zu formulieren.<br />

Der Unterschied zum Unternehmensleitbild sollte in der Konkretisierung der Inhalte<br />

bestehen. Für technologische Innovationsprojekte kann in einem ersten Schritt<br />

eine Vision allgemein formuliert werden, z. B.: „Durch den Einsatz neuer Technologien<br />

wollen wir die Bedürfnisse unserer Kunden besser befriedigen“. Im Vorgehenskonzept<br />

würde eine solche Vision <strong>im</strong> ersten Schritt aufgestellt. Wenn dann ein konkretes<br />

Technologieprojekt <strong>im</strong> vierten Schritt ausgewählt wurde, sollte die Vision für<br />

die Realisierung projektspezifisch konkretisiert werden, z. B.: „Durch den Einsatz der<br />

Internettechnologie wollen wir unseren Kunden mehr Bequemlichkeit be<strong>im</strong> Einkaufen<br />

ermöglichen und uns als innovatives Handelsunternehmen präsentieren“ oder:<br />

„Durch den Einsatz von DWH-Technologie und Direct Marketing wollen wir unsere<br />

Kunden individuell ansprechen und bedienen und ihnen das Gefühl eines persönlichen<br />

Eingehens auf sie vermitteln“. Visionen und Leitbilder geben den Mitarbeitern<br />

Orientierung, müssen aber auf Unternehmens- und Projektebene in konkrete Ziele<br />

heruntergebrochen werden. Auf Unternehmensebene ist die Balanced-Scorecard ein<br />

geeignetes Planungs- und Controllinginstrument, um Innovationsziele gleichwertig<br />

neben anderen Zielen zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 4.2.7). 800 Auf der Ebene des<br />

einzelnen Innovationsprojektes wurde in Abschnitt 4.2.5 die Zielplanungstabelle vorgestellt,<br />

die dazu geeignet ist, die Projektvision auf operationale Ziele herunterzubrechen.<br />

Auch wenn das Innovationsmanagement organisatorisch dauerhaft institutionalisiert<br />

ist wie <strong>im</strong> Beispiel von Kaufhof, müssen Ziele die Vision operationalisieren.<br />

Beispielsweise hat Kaufhof explizit das Ziel formuliert, für 1998 die „Technologieführerschaft<br />

bei mult<strong>im</strong>edialen Kundeninformations-Systemen“ zu erreichen 801 – eine<br />

klare Vorgabe für den Bereich Innovationsmanagement, an der sich dieser am Ende<br />

des Jahres messen lassen muss.<br />

5.5.2.3 Kommunikation der Innovationskonzepte zum richtigen Zeitpunkt<br />

Marktorientierte Konzepte reichen für eine innovationsfördernde Ausgestaltung des<br />

konzeptionellen Kräftefeldes nicht aus. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass<br />

schriftliche Fixierung und gute Kommunikation der Konzepte <strong>im</strong> Unternehmen charakteristisch<br />

sind für das <strong>Management</strong> erfolgreicher <strong>Innovationen</strong> (vgl. Abbildung 86).<br />

Die Ergebnisse der Expertengespräche weisen darauf hin, dass ausserdem das<br />

T<strong>im</strong>ing für den Innovationsprozess wichtig ist. Damit ist zum einen der Zeitpunkt an-<br />

799 Vgl. Kaufhof, 1998.<br />

800 Vgl. Kaplaln/Norton, 1997, S. 27 und 94 ff.<br />

801 Vgl. o. V., 1997 (c), S. 6.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

gesprochen, an dem das <strong>Management</strong> einen best<strong>im</strong>mten Schritt auslöst, zum anderen<br />

die Schnelligkeit, mit der es eine Innovation auf den Markt bringt („T<strong>im</strong>e to market<br />

period“). Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Befragung, wonach die Handelsmanager<br />

ein wesentliches Erfolgssteigerungspotential <strong>im</strong> Zeitmanagement des Innovationsprozesses<br />

sehen (vgl. Abbildung 77).<br />

Innovationshemmnisse können dadurch gefördert werden, dass die richtige Mass-<br />

nahme zum falschen Zeitpunkt ergriffen wird (es entstehen z. B. Unsicherheit und<br />

Ablehnung bei den Mitarbeitern, weil sie nicht wissen, was eine einzelne Massnahme<br />

für sie bedeutet). Es reicht nicht, die richtige Konzeption zu haben. Vielmehr muss<br />

die Prozessleitung dabei die zeitliche Abst<strong>im</strong>mung der Massnahmen berücksichtigen,<br />

was etwa in folgenden Fragen zum Ausdruck kommen kann: Wann wird das Innovationskonzept<br />

kommuniziert, welche Mitarbeitergruppen werden wann einbezogen<br />

und zu welchem Zeitpunkt werden welche Prozessschritte ausgelöst. Die interviewten<br />

Handelsmanager berichteten, dass die strategische Konzeption in vielen Handelsunternehmen<br />

unterentwickelt ist und deshalb viele Entscheidungen einfach aus<br />

dem Bauch heraus getroffen werden. Häufig fehlt eine klare Konzeption mit allen<br />

dafür notwendigen Massnahmen wie z. B. Marktanalyse, Bedürfnisanalyse, Potentialeinschätzung<br />

usw. Der Handel arbeitet sehr <strong>im</strong>pulsiv und verfällt <strong>im</strong>mer wieder in<br />

einen kurzfristigen Aktionismus. Götz Werner von dm-drogerie markt bezeichnet dieses<br />

Vorgehen als „urhändlerisch“ und fordert für das konzeptionelle Kräftefeld eine<br />

längerfristige, stärker strategisch ausgerichtete Vorgehensweise. 802 Um dies zu erreichen,<br />

muss sich die Projektführung in der Startphase ausreichend Zeit für das Innovationskonzept<br />

nehmen. Dies scheint der Forderung nach einer kurzen T<strong>im</strong>e to<br />

market period zu widersprechen. Eine ausgereifte Konzeption führt jedoch dazu,<br />

dass die Realisierung besser durchdacht wird und Probleme in der Realisierungsphase,<br />

die in der Regel kosten- und zeitaufwendig sind, frühzeitig ausgeschlossen<br />

werden. Wenn sich die Projektführung in der Konzeptionsphase zu wenig Zeit lässt,<br />

besteht die Gefahr, dass Prozesse ausgelöst werden, die Hemmnisse fördern und<br />

den Innovationsprozess gefährden. Das Vorgehenskonzept in Kapitel 4 hilft den Innovationsprozess<br />

zu strukturieren, damit das richtige T<strong>im</strong>ing der Prozessschritte erreicht<br />

wird. In den Expertengesprächen kritisierten die Handelsmanager, dass sie<br />

selbst zu oft den Fehler machen, dass Innovationskonzepte zur Chefsache erklärt<br />

und lange unter Verschluss gehalten werden. Dieses Verhalten kann aber gerade in<br />

der Startphase des Innovationsprozesses aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein.<br />

Zum einen werden keine Hoffnungen, Erwartungen oder auch Misstrauen und<br />

Unsicherheiten bei den Mitarbeitern geweckt. Zum anderen wird die Innovation vor<br />

einer zu frühen Imitation durch Konkurrenten geschützt. Jedoch spätestens dann,<br />

wenn es um die Realisierung der <strong>Innovationen</strong> geht, müssen die Konzepte auf allen<br />

Ebenen des Unternehmens bekannt sein, damit jeder Mitarbeiter Verständnis für<br />

802 In Anlehnung an das Expertengespräch mit G. Werner.<br />

291


292<br />

notwendige Änderungen entwickeln kann und keine Gerüchte oder Ängste entstehen.<br />

Das richtige T<strong>im</strong>ing <strong>im</strong> Innovationsprozess kann <strong>im</strong> Rahmen einer Theorie nicht<br />

allgemeingültig definiert werden. Die Kommunikation der Innovationskonzepte bewegt<br />

sich auf einer Gratwanderung zwischen zu wenig bzw. zu später und zu viel<br />

bzw. zu früher Kommunikation. Im ersten Fall bringt das eine fehlende Partizipation,<br />

<strong>im</strong> zweiten eine gesteigerte Unsicherheit der Mitarbeiter und daraus resultierende<br />

personelle Hemmnisse mit sich. Die Projektleitung muss sich dieser Konsequenzen<br />

bewusst sein und in Abhängigkeit von der Unternehmenskultur, den potentiellen Innovationshemmnissen<br />

und der Innovation selbst das T<strong>im</strong>ing und die Kommunikation<br />

der Konzepte festlegen. Die Kommunikation der Konzepte sollte nicht nur in Form<br />

von Aushängen oder Rundschreiben erfolgen. Besser ist die Verbreitung der Kon-<br />

zepte durch eine dialogorientierte Kommunikation, z. B. in Form von Workshops oder<br />

Abteilungssitzungen. Dadurch haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Bedenken<br />

und Ängste zu äussern, und es besteht die Chance, frühzeitig Unklarheiten oder<br />

Probleme, die <strong>im</strong> Verlauf des Innovationsprozesses zu Hemmnissen werden können,<br />

zu klären.<br />

Fallbeispiel GMSG:<br />

Neben Schulungen und Veranstaltungen, in denen das Innovationspaket BoSS erläutert<br />

wurde, gab es für den Mitarbeiterkreis, der in das Projekt involviert war, ein<br />

regelmässiges Infoblatt, das über den Stand und die aktuellen Entwicklungen <strong>im</strong><br />

Projekt berichtete. Das Infoblatt war auch für alle anderen Mitarbeiter verfügbar.<br />

Diejenigen Mitarbeiter, die an der Konzepterarbeitung für einzelne Teile des Innovationsprojektes<br />

beteiligt waren, informierten die Projektleiter zusätzlich in Informationsveranstaltungen<br />

über den Fortschritt und die Realisierung ihrer Konzepte.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Ladenkonzept 803 :<br />

Das Zeitmanagement <strong>im</strong> Innovationsprozess ist für Bertelsmann ein wichtiger Erfolgsfaktor<br />

für das Innovationsmanagement. Die Einführung eines neuen Kassenund<br />

Warenwirtschaftssystems bei Bertelsmann sollte ursprünglich 2-3 Jahre dauern.<br />

Die verantwortlichen Projektmanager haben jedoch gefordert, die Systeme in 6 Monaten<br />

fertigzustellen, da in 2-3 Jahren das Umfeld schon wieder ganz anders aussehen<br />

dürfte. Denn gerade bei technologischen Projekten ist Schnelligkeit besonders<br />

wichtig, damit sie nicht ins Leere laufen und die Innovation veraltet ist, bevor sie umgesetzt<br />

wurde.<br />

803 Mit dieser Aufgabe waren auch technologische <strong>Innovationen</strong> wie z. B. ein geschlossenes WWS<br />

und Informationssystem verbunden.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.6 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

technologischen Kräftefeld<br />

5.6.1 Ausprägungen des technologischen Kräftefeldes<br />

Eine Besonderheit <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> ist, dass <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

technologische Hemmnisse auftreten können, so z. B. Kompatibilitätsprobleme oder<br />

fehlendes technologisches Know-how bei Mitarbeitern und Kunden. Technologische<br />

Hemmnisse wurden von den befragten Handelsmanagern als zweithäufigste<br />

Hemmnisart genannt, die den Innovationsprozess behindert (vgl. Abbildung 74).<br />

Abbildung 88 zeigt den Mittelwertvergleich für das technologische Kräftefeld für erfolgreiche<br />

und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>. 804 Die Ausprägungen dieses Kräftefeldes<br />

unterscheiden die technologischen <strong>Innovationen</strong> massgeblich von anderen<br />

<strong>Innovationen</strong>, z. B. von Betriebstypen- oder Sort<strong>im</strong>entsinnovationen. Von den aufgeführten<br />

Einflussgrössen sind zwei personalbezogen und unterstreichen die Bedeutung<br />

des personellen Kräftefeldes (vgl. Abschnitt 5.3), in diesem Zusammenhang<br />

allerdings mit dem Fokus auf die technologischen Fähigkeiten des Personals.<br />

Für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> ist das technologische Kräftefeld besonders dadurch<br />

gekennzeichnet, dass das Unternehmen insgesamt technologisch sehr innovativ ist,<br />

technologisches Know-how <strong>im</strong> Unternehmen existiert und die Mitarbeiter offen sind<br />

für neue Technologien. Diese Anforderungen werden in den Ansatzpunkten zur<br />

innovationsfördernden Ausgestaltung des technologischen Kräftefeldes aufgegriffen.<br />

804 Vgl. Frage 16 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das technologische Umfeld, in<br />

dem die Innovation realisiert wurde?“<br />

293


294<br />

Unternehmen ist<br />

technologisch<br />

sehr innovativ<br />

viel Förderung von<br />

technologischem Know-how,<br />

z. B. durch Schulungen<br />

MA öffnen sich für die<br />

neuen Technologien, die mit<br />

der Innovation verbunden sind<br />

Kunden (Zielgruppen)<br />

haben sehr viel technisches<br />

Verständnis<br />

technologisches Know-how<br />

ist <strong>im</strong> Unternehmen<br />

sehr viel vorhanden<br />

7<br />

5,51<br />

5,42<br />

6<br />

4,94<br />

5,13<br />

5<br />

3,82<br />

4,18<br />

4,29<br />

4,35<br />

4<br />

4,29<br />

Mittelwert<br />

3<br />

3,24<br />

2<br />

Unternehmen ist<br />

technologisch gar<br />

nicht innovativ*<br />

keine Förderung von<br />

technologischem Knowhow,<br />

z. B. durch Schulungen<br />

MA verschliessen sich neuen<br />

Technologien, die mit der<br />

Kunden haben gar kein<br />

technisches Verständnis<br />

(z. B. Internetnutzung)<br />

1<br />

technologisches Know-how<br />

ist <strong>im</strong> Unternehmen<br />

gar nicht vorhanden*<br />

Innovation verbunden sind*<br />

technologisches Kräftefeld<br />

Abbildung 88: Mittelwertvergleich technologisches Kräftefeld (nicht<br />

erfolgreiche vs. erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)<br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für das technologische Umfeld "kein/viel technol. Know-how" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

5.6.2 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des<br />

technologischen Kräftefeldes 805<br />

5.6.2.1 Förderung von technologischem Know-how<br />

Technologisches Know-how aufzubauen, ist eine wichtige Zukunftskompetenz <strong>im</strong><br />

Handel, wie die Ergebnisse der Befragung bestätigen (vgl. Abbildung 88). Insbesondere<br />

<strong>im</strong> technologischen Kräftefeld muss von den Handelsunternehmen dafür mehr<br />

Benchmarking betrieben werden, um eine Standortbest<strong>im</strong>mung vorzunehmen und<br />

nicht Gefahr zu laufen, <strong>im</strong> Wettbewerb mit anderen Handelsunternehmen oder neuen<br />

Anbietern zu unterliegen. Ein Grund für die mangelnde Förderung von technologischem<br />

Know-how <strong>im</strong> Handel hat sich in den Expertengesprächen herauskristallisiert.<br />

Das mittlere <strong>Management</strong> in Handelsunternehmen, das teilweise 10-30 Jahre diese<br />

Positionen besetzt, tendiert dazu, in seiner Entwicklung (vor allem in bezug auf den<br />

Stand der Technologie) stehenzubleiben. Teilweise arbeiten diese Manager selbst<br />

nicht mit Technologien (z. B. PC oder Internet). In einer internationalen Befragung<br />

zeigte sich, dass diese Feststellung nicht nur auf das mittlere <strong>Management</strong> zutrifft.<br />

Laut der Studie „bekunden 33 Prozent der Vorstände, ihre Geschäfte hingen von der<br />

Leistungsfähigkeit der Informationstechnologie <strong>im</strong> Unternehmen ab.“ Jedoch „rund<br />

70 Prozent zweifeln an ihren eigenen Fähigkeiten, <strong>im</strong> Unternehmen und innerhalb<br />

des Vorstandes ausreichend über Informationstechnologien kommunizieren zu<br />

können.“ 806 Es stellt sich die Frage, ob von diesen Verantwortlichen erwartet werden<br />

kann, dass sie technologische <strong>Innovationen</strong> generieren und umsetzen können. Für<br />

die Förderung von technologischem Know-how ist es daher wichtig zu fragen, ob bei<br />

Innovationsprozessen die richtigen Leute an den richtigen Stellen sitzen. Externe<br />

Beratung kann diese Defizite nur in der Konzeptionsphase, nicht jedoch in der Realisierungsphase<br />

beheben (vgl. auch Abschnitt 5.2.3.2). Die Schlüsselpositionen müssen<br />

mit Führungskräften besetzt sein, die diese neuen Technologien auch wirklich<br />

leben. Dies ist bei der Besetzung der Leitungsfunktionen in der temporären oder<br />

dauerhaften Innovationsorganisation zu berücksichtigen. Schulungen und Verhaltenstrainings<br />

können den etablierten Managern zwar helfen, ihre Defizite <strong>im</strong> technologischen<br />

Bereich zu beheben, doch lässt sich auch dadurch ein Technologiefeind<br />

nicht zu einem Technologiefreund bekehren. Für die Realisierung einschneidender<br />

Veränderungen <strong>im</strong> Marketing plädieren Belz und Senn für einen Personalwechsel an<br />

der Spitze der Marketingabteilung: „Jeder Wechsel mit guten Leuten entwickelt eine<br />

starke Schubkraft, und es ist oft erstaunlich, wie lange manche Unternehmungen mit<br />

einer erforderlichen Umbesetzung zuwarten.“ 807 Gleiches gilt für das Innovationsmanagement<br />

und die Förderung von technologischem Know-how durch die Führung;<br />

auch hier kann ein Führungswechsel oder eine personelle Veränderung <strong>im</strong><br />

verantwortlichen <strong>Management</strong> neue Akzente setzen und vor allem das technolo-<br />

805 Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

806 Vgl. auch Ronke, 1998.<br />

807 Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 52.<br />

295


296<br />

gische Know-how des Unternehmens fördern. Die schnelle Entwicklung in ihrem<br />

technologischen Umfeld erlaubt es den Handelsunternehmen heute nicht mehr abzuwarten,<br />

bis ein natürlicher Generationenwechsel <strong>im</strong> <strong>Management</strong> eingetreten ist.<br />

In der Handelspraxis beweisen dies Beispiele wie Karstadt und Bertelsmann, wo<br />

durch personelle Neubesetzungen auf oberster <strong>Management</strong>ebene die Priorität der<br />

<strong>Innovationen</strong> und Technologien deutlich gemacht wurde, was sich bald darauf in der<br />

Ressourcenzuteilung, den Projekten und Aktivitäten niederschlug.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann: 808<br />

Bertelsmann hat anfänglich die Internettechnologie als Distributionskanal für die eigenen<br />

Produkte unterschätzt und kein eigenes technologisches Know-how aufgebaut.<br />

Erst ein neuer Anbieter, Amazon, zeigte mit einem Umsatz von 116 Mio. $ <strong>im</strong><br />

zweiten Quartal 1998, dass der Verkauf von Büchern via Internet ein Bedürfnis der<br />

Kunden traf, obwohl der Erfolg aufgrund des negativen Ergebnisses (über 21 Mio. $<br />

Verlust <strong>im</strong> zweiten Quartal, was allerdings in etwa den Marketingausgaben entspricht)<br />

umstritten ist. Nun erkannte auch Bertelsmann die Entwicklung und kaufte<br />

sich be<strong>im</strong> grössten Wettbewerber von Amazon, bei der Web-Tochter von Barnes and<br />

Noble, für 200 Mio. $ ein. Die Trendwende war mit einer personellen Neubesetzung<br />

auf oberster <strong>Management</strong>ebene verbunden. Weitere hohe Investitionen werden notwendig<br />

sein, um den Vorsprung von Amazon aufzuholen und das technologische<br />

Know-how aufzubauen. Auch wenn die Aufholjagd gelingt, hat Bertelsmann den „first<br />

mover´s advantage“ <strong>im</strong> Bewusstsein der Kunden verloren.<br />

5.6.2.2 Mitarbeiter auf Technologien vorbereiten<br />

Die Befragung hat gezeigt, dass die Offenheit der Mitarbeiter für neue Technologien<br />

sich für erfolgreiche und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> signifikant unterscheidet.<br />

Auch in der Fallstudie GMSG sah sich das <strong>Management</strong> mit drei Typen von Mitarbeitern<br />

konfrontiert:<br />

1. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> aufgeschlossen sind und ihre Benutzung<br />

entweder schon beherrschen oder schnell und leicht erlernen;<br />

2. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> aufgeschlossen sind, aber Probleme<br />

bei ihrer Benutzung haben;<br />

3. diejenigen, die gegenüber den <strong>Innovationen</strong> eine grundsätzlich ablehnende<br />

Haltung einnehmen, unabhängig davon, ob sie diese leicht oder schwer beherrschen<br />

bzw. ihre Benutzung leicht oder schwer erlernen können.<br />

Die Typen zwei und drei zeigen die Motive für eine verschlossene Haltung gegenüber<br />

technologischen Neuerungen. Typ zwei will die <strong>Innovationen</strong> anwenden, ihm<br />

808 Zu den Angaben <strong>im</strong> Fallbeispiel vgl. Rode, 1998, http://www.lz-net.de; vgl. auch o. V., 1998 (m),<br />

S. 44 f.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

fehlen aber die Kenntnisse dafür. Schulungen und eine umfassende Einführung in<br />

neue Systeme helfen diesem Typ, neue Technologien selbst anzuwenden. Typ drei<br />

lehnt technologische Neuerungen kategorisch ab. „Selbst wenn Fähigkeiten zur kognitiven<br />

Bewältigung der Innovation vorhanden sind, heisst das nicht, dass auch der<br />

Wille gegeben ist, das Neue zu akzeptieren, durchzusetzen und Altes aufzugeben.“<br />

809 Gründe für diese ult<strong>im</strong>ative Ablehnung sind in der Regel nicht logische Ar-<br />

gumente, sondern Emotionen wie z. B. Angst vor dem Arbeitsplatzverlust, Unverständnis<br />

für den Nutzen der Technologie oder eine grundsätzliche Technologieaversion.<br />

810 Für diese Mitarbeiter reichen Schulungen in der Regel nicht aus, hier ist die<br />

Führung gefordert und ein direktes Gespräch vonnöten. Schaukasten 32 zeigt mögliche<br />

Gründe für Widerstände, auf die <strong>im</strong> Gespräch besonders geachtet werden sollte.<br />

Ziel muss es sein, durch Fragen die Motive des betroffenen Mitarbeiters zu erkennen,<br />

um dann Vorbehalte ausräumen zu können. 811 So kann die Angst vor einem<br />

Arbeitsplatzverlust durch die Erklärung der Neuerungen, der Absichten und der Ziele,<br />

die dahinterstehen, den betroffenen Mitarbeitern genommen werden (vgl. zur Sinngebung<br />

Abschnitt 5.4.2.2.6). Wenn das fehlende Nutzenverständnis Grund für die<br />

Ablehnung ist, muss dieser Nutzen dem Mitarbeiter verdeutlicht werden (vgl. Abschnitt<br />

3.1). Es kann aber auch eine Vielzahl anderer Gründe eine Rolle spielen,<br />

denn „wer nicht will, findet auch <strong>im</strong>mer einen Grund für seinen Widerstand“ 812 . Problematisch<br />

für die Führung ist, dass gemäss der Transaktionsanalyse dieser Widerstand<br />

mit rationalen Argumenten nicht überwunden werden kann. 813 Wenn dies der<br />

Fall ist und eine grundsätzliche Technologieaversion besteht, die eine erfolgreiche<br />

Umsetzung der Innovation verhindert, Massnahmen der direkten Führung aber keine<br />

Wirkung erzielen können, dann müssen gemäss den in Abschnitt 5.6.2.1 gemachten<br />

Ausführungen personelle Konsequenzen in Betracht gezogen werden.<br />

Das Fallbeispiel Wal-Mart zum bereichsübergreifenden Denken (vgl. Abschnitt<br />

5.2.3.8) zeigt, wie Mitarbeiter, die nichts mit Technologien zu tun haben, trotzdem in<br />

den Prozess <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> eingebunden werden können. Eine weitere<br />

Chance zur Sensibilisierung der Mitarbeiter für technologische Möglichkeiten<br />

und Neuerungen sind „Innovations- oder Technologie-Workshops“, die bereits in Abschnitt<br />

4.2.3.1 beschrieben wurden. Dabei werden Mitarbeiter verschiedener Bereiche<br />

mit technologischen Neuerungen, die ein Projektteam oder der Bereich Innovationsmanagement<br />

aufgrund einer Vorauswahl zusammengetragen hat, konfrontiert.<br />

Jeder Mitarbeiter soll die Möglichkeiten und Konsequenzen dieser Technologien für<br />

seinen Aufgabenbereich darstellen. Besonders die oben beschriebenen, ablehnend<br />

809 Hauschildt, 1997, S. 136.<br />

810 Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 203.<br />

811 Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 206 f.<br />

812 Hauschildt, 1997, S. 139.<br />

813 Vgl. Blakeney, 1987, Sp. 1957 ff. und Doppler/Lauterburg, 1994, S. 203.<br />

297


298<br />

eingestellten Mitarbeiter sollten an diesen Workshops teilnehmen und damit die<br />

Möglichkeit nutzen, ihre Bedenken und Ängste abzubauen.<br />

Lohn/Gehalt<br />

Werden direkte Einkommenseinbussen oder andere, indirekte finanzielle Nachteile erwartet?<br />

Sicherheit<br />

Wird ein Wechsel oder gar der Verlust des Arbeitsplatzes befürchtet – oder werden andere<br />

unkalkulierbare Risiken gesehen?<br />

Kontakt<br />

Drohen gute persönliche Beziehungen – zum Vorgesetzten, zu Kolleginnen und Kollegen, zu<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – verlorenzugehen? Ist in der neuen Situation der Zwang<br />

zur Zusammenarbeit mit besonders schwierigen oder unangenehmen Menschen zu befürchten?<br />

Anerkennung<br />

Bestehen Befürchtungen, in der neuen Arbeitssituation fachlich oder persönlich überfordert<br />

zu sein oder nicht mehr über die Mittel zu verfügen, die notwendig sind, um die Aufgabe erfolgreich<br />

zu erfüllen? Ist die neue Aufgabe oder der neue Arbeitsort mit einem schlechten<br />

Ruf <strong>im</strong> Hause behaftet?<br />

Selbständigkeit<br />

Ist der Verlust von Entscheidungsbefugnissen oder persönlichem Handlungsspielraum zu<br />

befürchten? Bestehen in der gegenwärtigen Situation aufgrund persönlicher Beziehungen<br />

indirekte Einflussmöglichkeiten, die in Zukunft nicht mehr gegeben wären?<br />

Entwicklung<br />

Welche Lernbedürfnisse und Karriereambitionen liegen vor? Welche Möglichkeiten sind in<br />

der gegenwärtigen Situation gegeben – und wie ist die zukünftige Konstellation diesbezüglich<br />

einzuschätzen?<br />

Schaukasten 32: Mögliche Gründe für Widerstände 814<br />

Diese Workshops können auch gleichzeitig zur Ideengenerierung und Vorselektion<br />

attraktiver Technologien genutzt werden. Eine ähnliche Massnahme hat der britische<br />

Lebensmitteleinzelhändler Sainsbury´s realisiert (vgl. Fallbeispiel Sainsbury´s). Insgesamt<br />

sind alle genannten Ansatzpunkte zu den sechs Kräftefeldern darauf ausgerichtet,<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen, die Widerstände abbauen sowie Vertrauen<br />

und Initiative aufbauen. Die möglichst frühe Einbindung der betroffenen Mitarbeiter in<br />

den Innovationsprozess trägt vor allem dazu bei, die Identifikation zu steigern, und<br />

beugt dadurch Widerständen vor bzw. baut diese ab.<br />

814 Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 207.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Fallbeispiel Sainsbury´s: 815<br />

Im April 1996 wurde bei Sainsbury´s das TARDIZ-Land für Mitarbeiter eröffnet.<br />

TARDIZ steht für Technical Infrastructure Advanced Research Development and Innovation<br />

Zone und ist ein Innovationszentrum für neue Technologien. „The Tardiz is<br />

a showcase for the latest hardware, software and infrastructure, which will be used to<br />

demonstrate new technologies, such as video conferencing to staff and to st<strong>im</strong>ulate<br />

creative ideas to enhance the business.“ 816 Das TARDIZ-Land wird in Kooperation<br />

mit den Technologielieferanten von Sainsbury´s betrieben z. B. Hewlett-Packard,<br />

Microsoft, Oracle usw. und ständig aktualisiert. Die Mitarbeiter sollen durch die Konfrontation<br />

mit den technologischen Möglichkeiten neue Ideen und kreative Lösungen<br />

entwickeln, wie diese Technologien bei Sainsbury´s eingesetzt werden können, damit<br />

Sainsbury´s als <strong>technologischer</strong> Innovator am Markt führend bleibt. Ausserdem<br />

sollen Barrieren und Ängste abgebaut werden.<br />

815 Zu dem Fallbeispiel vgl. http://www.j-sainsbury.co.uk, Juni 1996 und Rudolph, 1997, S. 78.<br />

816 Vgl. . http://www.j-sainsbury.co.uk, Juni 1996.<br />

299


300<br />

5.7 Empirische Ergebnisse und Gestaltungshinweise zum<br />

wirtschaftlichen Kräftefeld<br />

5.7.1 Ausprägungen des wirtschaftlichen Kräftefeldes<br />

<strong>Innovationen</strong> erfordern einen hohen Kapitaleinsatz. 817 Besonders technologische <strong>Innovationen</strong><br />

sind aufgrund der notwendigen technologischen Hard- und Software mit<br />

erheblichen finanziellen Investitionen für das Handelsunternehmen verbunden.<br />

Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess können sich bei diesen <strong>Innovationen</strong> leicht aus<br />

der mangelnden Verfügbarkeit von Ressourcen ergeben. „Für den Ökonomen ist es<br />

selbstverständlich, dass der Mangel an finanziellen Ressourcen den Handlungsspielraum<br />

des Innovationsmanagements erheblich einschränken kann.“ 818 Trotzdem beschäftigt<br />

sich die Literatur zum Innovationsmanagement mit diesem Aspekt nur selten.<br />

819 Ein Grund dafür sind die geringen Einflussmöglichkeiten auf die verfügbaren<br />

Ressourcen. Besonders kleine und mittlere Handelsunternehmen haben Probleme,<br />

die Risiken, die mit technologischen <strong>Innovationen</strong> verbunden sind, finanziell zu tragen.<br />

820 Die Möglichkeiten für technologische <strong>Innovationen</strong> werden durch finanzielle<br />

Restriktionen wie z. B. erwirtschaftete und einbehaltene Gewinne oder den Rahmen<br />

der Fremdfinanzierung begrenzt. Konzepte wie das Venture Capital versuchen diesen<br />

Engpass zu überbrücken, sind aber stark auf technologische Start-up-Unternehmen<br />

konzentriert. 821<br />

Fallbeispiel Konsumgenossenschaft Dortmund/Kassel:<br />

Die Erfahrungen bei der Konsumgenossenschaft Dortmund/Kassel beschreiben einen<br />

Kreislauf, der die Interaktion von Ressourcenstärke und Innovationsfähigkeit erläutert.<br />

Die Konsumgenossenschaft war ursprünglich ein sehr innovatives Unternehmen.<br />

Als die Expansion nicht mehr in dem Masse voranschritt, wie man es aus der<br />

Vergangenheit gewohnt war, bekamen die Mitarbeiter Angst um ihre Arbeitsplätze.<br />

Bereits vorhandenes Wissen war Macht, die durch die Abwehr neu zu erwerbenden<br />

Wissens gesichert werden sollte. Demzufolge durften Mitarbeiter mit Veränderungsprojekten<br />

nicht erfolgreich sein, weil die organisatorische Veränderung den eigenen<br />

Arbeitsplatz betreffen könnte. Erschwerend kam hinzu, dass zu diesem Zeitpunkt die<br />

Unternehmensvision „back to the roots“ von der Geschäftsleitung ausgegeben<br />

wurde, was seinerseits keine Veränderungen förderte, da die eigentlichen „roots“ <strong>im</strong><br />

Sinne des genossenschaftlichen Geistes nicht mehr vorhanden waren. Aufgrund der<br />

wirtschaftlichen Veränderungen fehlten die finanziellen Mittel, um freigiebiger in die<br />

einzelnen Innovationsprojekte zu investieren. Neue Projekte sollten von Anfang an<br />

817<br />

Hauschildt, 1997, S. 384; vgl. auch Riekhoff, 1986, S. 11.<br />

818<br />

Hauschildt, 1997, S. 32.<br />

819<br />

Vgl. Brockhoff, 1994, S. 339 ff. und Hauschildt, 1997, S. 32.<br />

820<br />

Belz und Senn sprechen von einer „Zersplitterung“ des Marketing, die besonders bei KMUs<br />

aufgrund der beschränkten Ressourcen und Kräfte auftritt. Vgl. Belz/Senn, 1997, S. 46.<br />

821<br />

Vgl. Servatius, 1988, S. 48 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Ertrag bringen, und da das in den seltensten Fällen realistisch ist, wurden viele Projekte<br />

gar nicht erst gestartet. Das wirtschaftliche und das kulturelle Kräftefeld interagierten<br />

sehr stark, was dazu führte, dass in dem Unternehmen keine zukunftsgerichteten<br />

Veränderungen mehr stattfanden.<br />

Vor allem in der Umsetzungsphase hängt die Realisierung vieler <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

von der Ressourcenstärke des Handelsunternehmens ab. Die Multiplikation<br />

in das gesamte Filialnetz gerät dabei häufig in einen Engpass. Auch die befragten<br />

Handelsmanager bestätigen, dass die wirtschaftlichen Hemmnisse in Form von<br />

Ressourcenknappheit zu 50% in der Diffusionsphase auftreten (vgl. Abbildung 75).<br />

Diese Einschätzung erscheint unter Berücksichtigung der beurteilten technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> plausibel (vgl. Abbildung 68). Beispielsweise bei der Einführung<br />

eines Scanningsystems spielt die wirtschaftliche Ressourcenstärke insbesondere<br />

hinsichtlich der Verbreitung und Multiplikation eine grosse Rolle, da in jeder Verkaufsstelle<br />

beträchtliche Investitionen getätigt werden müssen. Dennoch werden die<br />

Finanzen von den befragten Handelsmanagern als vergleichsweise unbedeutender<br />

Erfolgsfaktor für die Umsetzung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> beurteilt (vgl.<br />

Abbildung 78). Diese Einschätzung scheint den zuvor gemachten Ausführungen zu<br />

wiedersprechen. Der Grund dafür ist in der Zusammensetzung der Stichprobe, in der<br />

62% der Handelsunternehmen einen Umsatz von mehr als 150 Mio. Sfr./DM machen<br />

und entsprechende kapitalstark sind, zu suchen (vgl. Abbildung 10).<br />

Fallbeispiel Markant-Südwest:<br />

Die für technologische <strong>Innovationen</strong> zuständige Tochtergesellschaft der Markant-<br />

Südwest entwickelte ein mult<strong>im</strong>ediales Informationssystem für die Weinabteilung.<br />

Dieses System sollte 1997 in drei Märkten getestet werden. Die Entwicklung des Systems<br />

war relativ problemlos. Die Umsetzung war aufgrund der hohen Stückkosten<br />

von 30.000,- DM pro Terminal wirtschaftlich nicht für alle Filialen realisierbar. Für 100<br />

Filialen wäre damit eine Investitionssumme von 3 Mio. DM erforderlich gewesen. Bei<br />

einem Gesamtergebnis von 11 Mio. DM <strong>im</strong> Jahr 1996 war dieser Betrag nicht verfügbar,<br />

da auch andere wichtige Projekte anstanden.<br />

Ein Mittelwertvergleich hinsichtlich des Erfolges der Innovation ergab nur einen signifikanten<br />

Mittelwertunterschied (vgl. Abbildung 89). 822 Die Angaben zu den ROI-Erwartungen<br />

in der Befragung widersprechen den Ergebnissen aus den Expertengesprächen<br />

und Fallstudien insofern, als sich gezeigt hat, dass der Handel kaum mit<br />

der Grösse ROI operiert. „Kein Händler konnte <strong>im</strong> vornherein eine ROI-Erwartung<br />

oder nach Abschluss eines Innovationsprojektes einen genauen ROI berechnen.“ 823<br />

Das liegt vor allem auch an der Komplexität der Innovationsprojekte, die es kaum<br />

822 Vgl. Frage 18 des Fragebogens in Anhang C: „Wie beschreiben Sie das wirtschaftliche Umfeld, in<br />

dem die Innovation realisiert wurde?“<br />

301


302<br />

zulässt, verlässliche Daten für eine ROI-Berechnung zu erhalten. 824 Der scheinbare<br />

Widerspruch zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsergebnissen löst<br />

sich auf, wenn die Angaben in der schriftlichen Befragung als reine Renditeerwartungen<br />

betrachtet werden, die ja nicht zwangsläufig dazu führen müssen, dass der ROI<br />

auch tatsächlich berechnet wird. Werden auch die nicht signifikanten Ausprägungen<br />

des wirtschaftlichen Kräftefeldes für erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> berücksichtigt, so zeigen<br />

sich eine höhere Umsatzrendite, stärkere Unterstützung der <strong>Innovationen</strong> durch<br />

den Finanzbereich und tendenziell ein stärkeres Budgetdenken bzw. Denken in<br />

Profitcentern.<br />

Auswertungen nach der Unternehmensgrösse, ausgedrückt in Umsatzklassen, zeigen<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu verschiedenen Aussagen in der Literatur in der vorliegenden<br />

Untersuchung keine signifikanten Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der<br />

Handelsunternehmen (vgl. Abschnitt 1.4.2.1.6). Wichtiger ist die Frage nach dem<br />

Erfolg und der Ertragskraft des Unternehmens, gemessen am durchschnittlichen<br />

Wachstum des Gewinns in den vergangenen fünf Jahren. Ein Vergleich von wachsenden<br />

und stagnierenden/schrumpfenden Handelsunternehmen 825 zeigte, dass ein<br />

Zusammenhang zur Innovationskraft besteht. Bereits in Abschnitt 1.4.2.1.6 wurde<br />

darauf hingewiesen, dass die befragten Handelsmanager aus wachsenden Handelsunternehmen<br />

diese als innovativer bezeichneten und in ihren Unternehmen die<br />

sechs Kräftefelder insgesamt innovationsförderlicher ausgeprägt sahen. Besonders<br />

deutlich wird dies auch be<strong>im</strong> wirtschaftlichen Kräftefeld. In wirtschaftlich<br />

erfolgreicheren Unternehmen ist das wirtschaftliche Kräftefeld <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

weniger erfolgreichen Unternehmen durch eine höhere Umsatzrendite, starke<br />

Unterstützung von <strong>Innovationen</strong> durch den Finanzbereich und eine höhere ROI-<br />

Erwartung gekennzeichnet. 826<br />

823 Aussage eines Technologieexperten für den Handel.<br />

824 Vgl. Abschnitt 2 und 3.2.3.1.2.<br />

825 Es wurden nach der Entwicklung des Unternehmenserfolges in den vergangenen fünf Jahren zwei<br />

Gruppen gebildet: Wachstum grösser 0% (Wachstum) und Wachstum gleich 0% bzw. kleiner 0%<br />

(Stagnation/Schrumpfung).<br />

826 Die Vergleiche beziehen sich auf signifikante Mittelwertunterschiede.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

hoher<br />

Eigenkapitalanteil<br />

wenig<br />

Budgetdenken<br />

hohe<br />

ROI-Erwartungen<br />

Finanzbereich<br />

unterstützt<br />

Neuerungen sehr<br />

überdurchschnittliche<br />

Umsatzrendite<br />

7<br />

6<br />

4,97<br />

5,21<br />

4,87<br />

4,53<br />

4,25<br />

5<br />

4,88<br />

4,65<br />

4<br />

4,00<br />

3,88<br />

Mittelwert<br />

3,70<br />

3<br />

2<br />

geringer<br />

Eigenkapitalanteil<br />

starkes Budgetdenken<br />

(Profitcenter)<br />

geringe<br />

ROI-Erwartungen*<br />

wirtschaftliches Kräftefeld<br />

nicht erfolgreiche Innovation (n = 17) erfolgreiche Innovation (n = 67)<br />

Finanzbereich bremst<br />

Neuerungen stark<br />

1<br />

unterdurchschnittliche<br />

Umsatzrendite<br />

* = signifikanter Mittelwertunterschied<br />

Lesebeispiel: Signifikant bedeutet, dass sich die Mittelwerte zwischen den beiden Gruppen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% tatsächlich unterscheiden.<br />

Zum Beispiel für die Rahmenbedingung "geringe/hohe ROI-Erwartungen" ist der Mittelwertunterschied zwischen den beiden Gruppen signifikant.<br />

Definition: Unternehmen mit einer nicht erfolgreichen Innovation beantworten Frage 10 mit "st<strong>im</strong>me gar nicht zu" (1) bis "neutral" (4); Unternehmen mit einer<br />

erfolgreichen Innovation antworten mit "st<strong>im</strong>me zu" (6) und "st<strong>im</strong>me voll zu" (7).<br />

Abbildung 89: Mittelwertvergleich wirtschaftliches Kräftefeld (nicht erfolgreiche<br />

vs. erfolgreiche <strong>Innovationen</strong>)<br />

303


304<br />

5.7.2 Ansatzpunkte für die innovationsfördernde Gestaltung des<br />

wirtschaftlichen Kräftefeldes 827<br />

5.7.2.1 Wirtschaftlichkeit der technologischen Innovation<br />

Da technologische <strong>Innovationen</strong> für den Handel keinen Selbstwert haben, muss ihre<br />

Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden (vgl. auch Abschnitt 3.2.3.1). Die einfachste<br />

Methode zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ist der Systemvergleich. Dabei werden<br />

das alte und das neue System auf Basis einer Kosten- und Ertragsbetrachtung<br />

verglichen. Dieser Vergleich setzt voraus, dass es ein altes vergleichbares System<br />

gibt. Sinnvoll ist der Systemvergleich z. B. dann, wenn informationstechnologische<br />

Hardware ausgetauscht wird oder eine bestehende Software ersetzt wird. Sofern ein<br />

altes System existiert, sollte ein Vergleich der „Hard- und Softsavings“ angestellt<br />

werden, um die Wirtschaftlichkeit des neuen Systems zu belegen.<br />

Bei <strong>Innovationen</strong>, die kein altes System ersetzen wie z. B. die Einführung von internen<br />

Netzwerken oder eines Internetauftritts, kann kein Systemvergleich angestellt<br />

werden. Hier stehen die politischen oder visionären Begründungen und Plausibili-<br />

tätsüberlegungen <strong>im</strong> Vordergrund (z. B. bessere Kommunikation, Schnelligkeit usw.).<br />

Beispielsweise müsste <strong>im</strong> Falle eines modernen Warenwirtschaftssystems dieses mit<br />

einer „steinzeitlichen“ Warenkartei verglichen werden. Aus Plausibilitätsüberlegungen<br />

wird aber die Warenkartei gar nicht berücksichtigt und somit die Notwendigkeit einer<br />

automatisierten Warenwirtschaft nicht in Frage gestellt (zumindest nicht, solange die<br />

Kosten nicht unrealistisch hoch sind). Die einfachste Methode zur Überprüfung der<br />

Wirtschaftlichkeit bei derartigen Innovationsprojekten ist die Kostenplanung. 828 Dabei<br />

wird ein Kostenbudget auf Projektebene aufgestellt und auf einzelne Teilschritte heruntergebrochen.<br />

Die Kostenkontrolle sorgt dafür, dass das Projekt nicht mehr Investitionen<br />

bindet, als dafür aufgrund von Kosten-Nutzen-Überlegungen eingeplant wurden.<br />

Beispielsweise wurde eine Kostenplanung bei dem Projekt My world von<br />

Karstadt durchgeführt, da kein vergleichbares System vorher existierte und detailliertere<br />

Renditeprognosen nicht möglich waren.<br />

Neben dem Systemvergleich und der Kostenplanung für die wirtschaftliche Beurteilung<br />

einer technologischen Innovation besteht die Möglichkeit, Investitionsrechnungen<br />

und Pay-back-Analysen durchzuführen. Die Expertengespräche haben ergeben,<br />

dass sowohl Investitionsrechnungen als auch Pay-back-Methoden in der Praxis zum<br />

Einsatz kommen (vgl. Fallbeispiel Wal-Mart). Vor allem bei technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

und den damit verbundenen Unsicherheiten und Risiken ist es in der Regel<br />

aber schwer möglich, <strong>im</strong> voraus detaillierte Angaben über die Aufwendungen und<br />

Erträge zu machen, die mit der Innovation verbunden sind. Werden diese unsicheren<br />

827 Die Ansatzpunkte leiten sich aus der Befragung, den Expertengesprächen und der Literatur ab.<br />

828 Vgl. Lang, 1997, S. 48 ff.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

Daten in Investitionsrechnungen verarbeitet, ist die Aussagekraft dieser Methoden<br />

sehr gering. Sensitivitäts- und Risikoanalyse können zwar Bandbreiten aufzeigen,<br />

innerhalb derer sich das wirtschaftliche Ergebnis bewegen wird, jedoch ist dies nur<br />

sinnvoll, wenn die Inputdaten selbst eine begrenzte Schwankungsbreite aufweisen.<br />

829<br />

Die Expertengespräche haben gezeigt, dass der ROI eine sehr prägnante Grösse<br />

zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von <strong>Innovationen</strong> ist. Dabei handelt es sich um<br />

eine Verhältniszahl aus dem durchschnittlichen Gewinn der Investition und dem<br />

durchschnittlich investierten Kapital für die Innovation. 830 Der ROI berücksichtigt nicht<br />

die Verzinsung des Kapitals und kann das oben geschilderte Problem der Datenqualität<br />

auch nicht lösen. Während die mit technologischen <strong>Innovationen</strong> verbundenen<br />

Investitionen noch verhältnismässig gut zu ermitteln sind (Hardwarekosten, Entwicklungskosten,<br />

Schulungskosten usw.), ist es häufig besonders problematisch, den<br />

Gewinn, der durch die Innovation erwirtschaftet wird, zu beurteilen. Viele Handelsunternehmen,<br />

die mit dem ROI arbeiten, setzen Schätzgrössen ein, wobei diese für<br />

kundennahe Technologien wie z. B. das Internet einfacher zu schätzen sind als für<br />

Backoffice-Technologien. Trotzdem erscheint der ROI als eine einfache Grösse für<br />

die wirtschaftliche Beurteilung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> geeignet. Ein besonderer<br />

Vorteil dieser Kennzahl ist die Vergleichbarkeit mit anderen Investitionen und<br />

Projekten. Für die Erhebung der benötigten Daten gibt es keine Patentlösung, begründete<br />

Schätzgrössen sind eine Möglichkeit. Vor allem ist darauf zu achten, dass<br />

aufgrund der Unsicherheit der Daten die Aussagekraft der wirtschaftlichen Controllinggrössen<br />

begrenzt ist, so dass vor Fehlinterpretationen gewarnt werden muss.<br />

In den Expertengesprächen hat sich gezeigt, dass <strong>im</strong> Handel häufig nach Realisierung<br />

der <strong>Innovationen</strong> kein Investitionscontrolling stattfindet, weil die Investitionen<br />

getätigt sind und neue Projekte anstehen. Deswegen ist es wichtig, dass <strong>im</strong> Vorfeld<br />

der Realisierung wirtschaftliche Ziele definiert werden, z. B. ROI-Erwartungen in Anlehnung<br />

an vergleichbare Investitionsprojekte oder Kostenbudgets (Schritt fünf <strong>im</strong><br />

Vorgehenskonzept; vgl. Abschnitt 4.2.5), damit <strong>im</strong> Verlauf des Innovationsprozesses<br />

und nach Realisierung der <strong>Innovationen</strong> aufgrund der Schätzgrössen und berechneten<br />

Werte die Zielerreichung beurteilt werden kann (vgl. Abschnitt 3.2.3 und 4.2.7).<br />

Die hier vorgestellten Ansatzpunkte zur Wirtschaftlichkeit der Innovation fliessen <strong>im</strong><br />

Vorgehenskonzept in die Schritte „Zielsetzung“ und „Controlling“ ein und sollen als<br />

Vorgaben in der Zielplanungs- und Controllingtabelle berücksichtigt werden.<br />

829 Vgl. Staehelin, 1992, S. 104 ff.<br />

830 Vgl. Horngren/Sundem, 1993, S. 346 f.<br />

305


306<br />

Fallbeispiel Wall-Mart:<br />

Bei Wal-Mart ist der ROI als Messgrösse eine wichtige Grundlage für die Eigenverantwortlichkeit.<br />

Dadurch kennt jeder seinen persönlichen Erfolgsbeitrag. Ausserdem<br />

wird dadurch Informationstransparenz erzielt. Wichtig ist es, quantitative Zielsetzungen<br />

wie z. B. den ROI nach einem Jahr zu überprüfen. Als bei Wal-Mart das<br />

Automated Replenishment System entwickelt wurde, konnten die Beteiligten aufgrund<br />

der damit verbundenen Kosteneinsparungen den ROI für die einzelne Verkaufsstelle<br />

relativ genau ermitteln. Die Ergebnisse der ersten Berechnungen forderten,<br />

dass mehr Verkaufsstellen in den Prozess eingebunden werden mussten, um<br />

die Vorteile des Systems breiter nutzen und die mit der Innovation verbundenen hohen<br />

Investitionskosten auf eine grössere Anzahl Verkaufsstellen verteilen zu können.<br />

In einem anderen Fall benötigte ein Projektmitarbeiter, der an der Entwicklung des<br />

DWH für Wal-Mart beteiligt war, Computer für einen Prototyp. Er wurde gefragt, wozu<br />

er die Geräte brauchte, und musste die Notwendigkeit der Anschaffung begründen.<br />

Der ROI des gesamten Projektes wurde auf mindestens 1% des Umsatzwachstums<br />

veranschlagt (begründete Schätzgrösse). Die Gesamtinvestitionen in das Projekt betrugen<br />

$ 100 Mio., doch der ROI sollte weit höher sein. 831 Der Jahresumsatz pro<br />

Quadratmeter stieg von 1986 bis 1994 von $ 1.500,- auf $ 2.500,-. Der grösste Wettbewerber<br />

Kmart konnte <strong>im</strong> gleichen Zeitraum keine Verbesserung erreichen und stagnierte<br />

bei $ 1.400,-. Diese Entwicklung wurde bei Wal-Mart zu einem erheblichen<br />

Anteil den technologischen <strong>Innovationen</strong> zugeschrieben. Besonders die DWH-Technologie,<br />

die in diesem Zeitraum eingeführt wurde, trug zu diesem Erfolg bei. Der<br />

Quadratmeterumsatz diente als Kontrollgrösse für den Erfolg der Innovation.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Internet:<br />

Im Konzernumfeld bei Bertelsmann war es für das Projekt Buchclub-Internet schwierig,<br />

eine konkrete Marktentwicklung vorauszusagen. Im Rahmen eines Business-<br />

Plans konnte ein ROI berechnet werden, der aber entsprechend der Entwicklung des<br />

Mediums sehr unsicher war. Für die Internet-Aktivitäten des Buchclubs gab es ein<br />

klares Renditeziel, dessen Realisierung allerdings hinsichtlich des Zeitpunktes, wann<br />

das Projekt rentabel sein sollte, noch nicht abgeschätzt werden konnte.<br />

Fallbeispiel eines Lebensmittelhändlers:<br />

Bei der Einführung des Scanningsystems, dessen Nutzen p<strong>im</strong>är in der Kosteneinsparung<br />

durch Personaleinsparungen gesehen wurde, waren die Investitionen bekannt.<br />

Nach der Einführung des Systems wurden in den Filialen planmässig (Pay-back und<br />

ROI) Arbeitsstunden gestrichen. Wenn Beschwerden aus den Filialen kamen, dann<br />

war die Planung falsch und musste den Gegebenheiten angepasst werden. Dies war<br />

aber in der Regel schon in den Testfilialen zu erkennen gewesen. Wenn keine Be-


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

schwerden kamen, dann waren die Annahmen in der Planungsphase richtig und der<br />

prognostizierte ROI bzw. Pay-back wurde eingehalten. Dagegen wurde in dem gleichen<br />

Unternehmen ein DWH eingeführt, weil man der Überzeugung war, es als künftige<br />

Kernkompetenz (Informationen) des Handels zu benötigen. Eine Pay-back- oder<br />

ROI-Berechnung gab es nicht. In der Planung wurden die Kosten zugewiesen und<br />

Nutzenerwartungen gestellt, die sich schon nach kurzer Zeit erfüllten. Be<strong>im</strong> DWH<br />

waren allerdings die Kosten nicht entscheidend, es wurde als Projekt zur Zukunftssicherung<br />

betrachtet (F&E-Projekt).<br />

5.7.2.2 Förderung von <strong>Innovationen</strong> durch den Finanzbereich<br />

Bereits in Abschnitt 5.5.2.2 wurde auf die Bedeutung des Commitments der obersten<br />

Führung für die Innovationsbereitschaft hingewiesen. Es reicht aber nicht aus, die<br />

Absicht zur Innovation auf oberster Führungsebene zu äussern und dann Innovationsprojekte<br />

durch zu starre Anforderungen und Verfahrensweisen des Finanzbereichs<br />

noch in der Startphase scheitern zu lassen. 832 Auch die Ergebnisse der Befragung<br />

haben gezeigt, dass die Förderung von <strong>Innovationen</strong> durch den Finanzbereich<br />

eine wichtige Eigenschaft erfolgreicher Handelsunternehmen ist (vgl. Abschnitt<br />

5.7.1). „Fast jedes grosse Unternehmen kommt einmal an den Punkt, wo sein <strong>Management</strong><br />

weniger Zeit und Energie darauf verwendet, neue Chancen auszuloten als<br />

darauf, das gegebene Geschäft abzusichern. In einem solchen Kl<strong>im</strong>a bekommt jeder,<br />

der neue Chancen propagiert, erstmal die Frage zu hören: ‚Wie würde sich das auf<br />

den jetzigen Ertragsstrom auswirken?‘ So berechtigt diese Sorge ist, den Erfindungsgeist<br />

des Unternehmens kann sie lähmen.“ 833<br />

Eine innovationsfördernde Finanzpolitik <strong>im</strong> Unternehmen kommt z. B. durch Investitionsfreiräume<br />

für <strong>Innovationen</strong>, die den Führungskräften und Mitarbeitern eingeräumt<br />

werden, zum Ausdruck. Bei einem grossen deutschen Handelsunternehmen<br />

dürfen die Führungskräfte nur Entscheidungen bis 500,- DM selbst trefffen, darüber<br />

hinaus muss der Vorstand entscheiden. Bei Beträgen über 5.000,- DM muss der<br />

Vorstand den Aufsichtsrat fragen. Diese Grenzen lassen für Exper<strong>im</strong>ente und <strong>Innovationen</strong><br />

praktisch keinen Freiraum, auch wenn in der Praxis diese Regelungen zum<br />

Teil umgangen werden bzw. umgangen werden müssen, da z. B. der Aufsichtsrat nur<br />

vierteljährlich tagt. Investitionsfreiräume sind eng verbunden mit den zuvor angesprochenen<br />

Entscheidungs- und Handlungsfreiräumen.<br />

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass das wirtschaftliche Kräftefeld für erfolgreiche<br />

<strong>Innovationen</strong> durch weniger Budgetdenken gekennzeichnet ist – ein Ergebnis,<br />

831 Eine genaue Zahl durfte von dem Gesprächspartner nicht genannt werden.<br />

832 Zur Notwendigkeit von Flexibilität und finanziellen Spielräumen für eine agile Marketingrealisierung<br />

vgl. Belz/Senn, 1997, S. 43.<br />

833 Hamel/Prahalad, 1992, S. 45.<br />

307


308<br />

das auch in den Expertengesprächen bestätigt wurde, in denen die Handelsmanager<br />

die Profitcenter-Organisation als kontraproduktiv für das Innovationsmanagement<br />

bezeichneten. „In manchen Unternehmungen verhindert das Prozedere, ja der<br />

Kampf von Spezialisten, um Budgets, flexibel neue Chancen zu ergreifen und ganzheitlich<br />

vorzugehen.“ 834 Ein innovationsförderndes Finanzkonzept, das be<strong>im</strong> Individuum<br />

ansetzt, ist das Intrakapital. Das Intrakapital ist ein Bestandteil des Intrapreneuring<br />

nach Pinchot, das in Kapitel 7 aufgegriffen wird. 835 Pinchot sieht das Intrakapital<br />

als Äquivalent zum Eigenkapital des Unternehmers, mit dem Unterschied, dass<br />

das Intrakapital ausschliesslich für das Unternehmen verwendet werden kann und<br />

nicht alternativ zur Befriedigung privater Bedürfnisse genutzt werden darf. 836 „Intrakapital<br />

ist ein zeitlich ungebundenes, frei verfügbares Budget. Es wird vom Intrapreneur<br />

verdient und dazu benutzt, neue Intraprises und innovative Vorhaben für das<br />

Unternehmen zu finanzieren.“ 837 Das Intrakapital hat eine starke Motivationsfunktion<br />

für die Intrapreneure, da es ihnen die Freiheit gibt, die für <strong>Innovationen</strong> notwendig<br />

ist. 838 Neben den Freiräumen des einzelnen kann der Finanzbereich auf Unternehmensebene<br />

<strong>Innovationen</strong> fördern. Das Konzept des internen Venture Capitals ist in<br />

verschiedenen Industrieunternehmen realisiert und fördert den internen Wettbewerb<br />

sowie die Motivation der Mitarbeiter. Das als hoch innovativ bekannte Unternehmen<br />

3M hat beispielsweise eine „Innovations-Bank“ eingerichtet, um internes Venture<br />

Capital für Innovationsprojekte zur Verfügung zu halten. 839 Dieses Konzept ist auch<br />

für den Handel verwendbar, vergleichbar einem ausgebauten Vorschlagswesen. Beispielsweise<br />

wird jährlich ein Betrag x als internes Innovationskapital ausgeschrieben.<br />

Die Mitarbeiter und Führungskräfte können innovative Ideen einbringen. Eine Kommission<br />

entscheidet über die Zuteilung des Kapitals für die innovativsten Projekte,<br />

die dann von den Mitarbeitern, die sie vorgeschlagen haben, realisiert werden können.<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Das Projekt My world bei Karstadt wurde auf Vorstandsebene initiiert. Der Machtpromotor<br />

auf Vorstandsebene trieb das Projekt stark voran und war selbst unabhängig<br />

genug, um neue Wege zu gehen. Auch die oberste Führungsebene zeigte in finanzieller<br />

Hinsicht Risikobereitschaft, indem sie ein Investitionsbudget von 65 Mio.<br />

DM bewilligte (ein Drittel davon für My world, der Rest für weitere mult<strong>im</strong>ediale Projekte,<br />

z. B. Kiosksysteme), ohne eine Renditegarantie zu haben. Damit hat der Aufsichtsrat<br />

hat bei Karstadt zum ersten Mal ein Budget bewilligt, ohne dass ihm eine<br />

interne Verzinsung versprochen wurde. Diese Entscheidung war ein Signal für alle<br />

beteiligten Mitarbeiter, etwas Neues zu gestalten, das es bisher in Deutschland noch<br />

834 Belz/Senn, 1997, S. 44.<br />

835 Vgl. Pinchot, 1988, S. 317 ff.<br />

836 Vgl. Pinchot, 1988, S. 318.<br />

837 Pinchot, 1988, S. 317.<br />

838 Vgl. Pinchot, 1988, S. 319.


Kapitel 5: Ergebnisse der empirischen Untersuchung und Gestaltungshinweise<br />

nicht gegeben hatte. Dadurch waren alle Mitarbeiter enorm engagiert und motiviert.<br />

Für My world war es wichtig, dass durch das oberste <strong>Management</strong> Risikokompetenz<br />

840 bewiesen wurde.<br />

839 Vgl. Kieser/Kubicek, 1992, S. 392.<br />

840 Zur Risikokompetenz vgl. Kapitel 7.<br />

309


310<br />

6 Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

Nachdem <strong>im</strong> vorangegangenen Kapitel 5 die Ergebnisse der empirischen Untersuchung<br />

für jedes Kräftefeld einzeln dargestellt worden sind, ist es Ziel dieses Kapitels,<br />

die Ausgangshypothese über das Zusammenspiel der sechs Kräftefelder <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

zu überprüfen. Es sollen die Erfolgsfaktoren und deren Beitrag zum<br />

Innovationserfolg ermittelt werden. Dazu müssen die kausalen Abhängigkeiten mit<br />

einer Kausalanalyse überprüft werden, die „[...] konfirmatorischen Charakter [hat],<br />

d. h. sie ist den hypothesenprüfenden statistischen Verfahren zuzurechnen“. 841 Der<br />

LISREL-Ansatz 842 ist eine solche Kausalanalyse und wird in den folgenden Abschnitten<br />

angewendet.<br />

6.1 Empirische Analyse der Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

6.1.1 Ausgangshypothesen für die Kausalanalyse<br />

Bereits in Kapitel 1 wurden die zentralen Forschungsfragen und Zielsetzungen dieser<br />

Arbeit erläutert. Die Frage nach den Erfolgsfaktoren wird durch zwei Hypothesen<br />

konkretisiert und in den folgenden Abschnitten durch die Kausalanalyse empirisch<br />

überprüft.<br />

Hypothese 1:<br />

Das Innovationsmanagement als verbindendes Element der sechs Kräftefelder best<strong>im</strong>mt<br />

durch seinen ganzheitlichen Ansatz in positiver Weise den Innovationserfolg<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel.<br />

Hypothese 2:<br />

Die sechs Kräftefelder müssen <strong>im</strong> Innovationsmanagement berücksichtigt werden,<br />

tragen aber in verschiedenem Ausmass zum Innovationserfolg bei.<br />

841 Backhaus et al., 1996, S. 324; vgl. auch Backhaus et al., 1996, S. 344; Fritz, 1995, S. 115.<br />

842 LISREL = Linear Structural Relationship


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

6.1.2 Grundlagen zum LISREL-Ansatz<br />

In diesem Abschnitt sollen kurz die allgemeinen Grundlagen zum LISREL-Ansatz<br />

dargestellt werden. Auf eine ausführliche Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet;<br />

statt dessen wird auf die umfassendere Literatur verwiesen. 843<br />

Der LISREL-Ansatz hat die Besonderheit, „dass mit seiner Hilfe Beziehungen zwischen<br />

latenten, d. h. nicht direkt beobachtbaren (manifesten) Variablen überprüft<br />

werden können.“ 844 Die latenten Variablen bezeichnet Backhaus auch als hypothetische<br />

Konstrukte, für die es Messindikatoren geben muss. 845 Gerade um diese nicht<br />

direkt beobachtbaren hypothetischen Variablen geht es, wenn die sechs Kräftefelder<br />

und ihr Einfluss auf das Innovationsmanagement untersucht werden. 846 Der theoretisch<br />

abgeleitete kausale Zusammenhang, der zwischen den hypothetischen Konstrukten<br />

besteht, wird in einem sogenannten Strukturmodell abgebildet. 847 Darin werden<br />

exogene (= unabhängige latente Variablen) und endogene (= abhängige latente<br />

Variablen) Grössen unterschieden und durch griechische Kleinbuchstaben dargestellt.<br />

848 Das Strukturmodell wird ergänzt durch die sogenannten Messmodelle für die<br />

latenten endogenen Variablen und für die latenten exogenen Variablen. Gemeinsam<br />

bilden das Strukturmodell und die Messmodelle ein vollständiges Kausalmodell. 849<br />

„Diese Messmodelle enthalten empirische Indikatoren für die latenten Grössen und<br />

sollten die nicht beobachtbaren latenten Variablen möglichst gut abbilden.“ 850 Dennoch<br />

ist es unwahrscheinlich, dass die endogenen Variablen durch die unterstellten<br />

Variablenbeziehungen vollständig erklärt werden. Zum einen entstehen Messfehler<br />

bei der Erhebung der Daten. Zum anderen ist davon auszugehen, dass „ein gegebenes<br />

Hypothesensystem nicht <strong>im</strong>mer alle relevanten Variablen erfasst, die auf die<br />

endogenen Variablen <strong>im</strong> Kausalmodell Einfluss nehmen.“ 851 Deswegen arbeitet der<br />

LISREL-Ansatz mit sogenannten Residualvariablen oder Irrtumsvariablen, „die mögliche<br />

Messfehler und/oder Drittvariableneffekte in einer Grösse zusammenfasst“. 852<br />

Als Datengrundlage für diese Berechnungen werden die Korrelationen und Kovarianzen<br />

der beobachtbaren Variablen verwendet. 853 Ausgangspunkt der Analyse ist die<br />

aus dem empirischen Datensatz errechnete Korrelationsmatrix oder die Kovarianzmatrix.<br />

854 Aus den Korrelationen oder Kovarianzen der beobachtbaren Variablen be-<br />

843<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 322 ff.; Fritz, 1995, S. 115 ff.; Rudolph, 1999, S. 265 ff.<br />

844<br />

Backhaus et al., 1996, S. 324; vgl. auch Rudolph, 1999, S. 265.<br />

845<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 325.<br />

846<br />

Zum Einsatz der LISREL-Analyse vgl. auch Rudolph, 1999, S. 265 ff.<br />

847<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 325.<br />

848<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 326.<br />

849<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 266 und Backhaus et al., 1996, S. 326.<br />

850<br />

Backhaus et al., 1996, S. 326.<br />

851<br />

Backhaus et al., 1996, S. 337.<br />

852<br />

Backhaus et al., 1996, S. 337; zu den Messfehlern vgl. auch Rudolph, 1999, S. 266.<br />

853<br />

Vgl. Amos Users´ Guide, 1997, S. 205; Rudolph, 1999, S. 266 und Backhaus et al., 1996, S. 327.<br />

854 Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 326.<br />

311


312<br />

st<strong>im</strong>mt das LISREL-Verfahren die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den<br />

latenten Variablen. 855 „Die Beziehungen zwischen latenten Variablen und Indikatorvariablen<br />

können mit Hilfe der Faktorenanalyse best<strong>im</strong>mt werden, während die<br />

Schätzung der Beziehungen zwischen den latenten Grössen mit Hilfe der Regressionsanalyse<br />

erfolgt.“ 856 Im Strukturmodell bilden die Pfadkoeffizienten diese Beziehungen<br />

ab. Sie geben die Stärke des kausalen Zusammenhangs wieder. 857<br />

Da die Beziehungen zwischen Indikatorvariablen und latenten Variablen, wie oben<br />

beschrieben, faktoranalytisch best<strong>im</strong>mt werden, soll <strong>im</strong> Zusammenhang der Kausalanalyse<br />

der Begriff des Kräftefeldes durch den Begriff des Erfolgsfaktors ersetzt<br />

werden. Wie in Abschnitt 1.5.1.7 beschrieben, wurde der Begriff des Kräftefeldes<br />

aufgrund der darin zum Ausdruck kommenden Offenheit gewählt. Kräftefelder können<br />

sowohl zu Hemmnissen als auch zu Erfolgsfaktoren werden. In der Kausalanalyse<br />

geht es aber ausschliesslich um den Erfolgsbeitrag der latenten Variablen für<br />

das Innovationsmanagement. Deswegen ist der Begriff des Kräftefeldes in diesem<br />

Zusammenhang eher irreführend. Treffender ist der Begriff des Erfolgsfaktors, da<br />

tatsächlich der Erfolgsbeitrag gemessen wird und die Indikatorvariablen faktoranalytisch<br />

in den Erfolgsfaktoren zusammengefasst werden. Der Begriff „Kräftefelder“ wird<br />

wieder in Abschnitt 6.2 aufgegriffen, wo es um die Zusammenführung der Kräftefelder<br />

<strong>im</strong> Innovationsmanagement geht.<br />

Die Berechnungen, d. h. die Modellbildung und die Schätzung der Parameter, wurde<br />

mit dem Softwareprogramm SPSS AMOS GRAPHIC´s 3.6 (1997) durchgeführt. Das<br />

Programm bietet unterschiedliche Parameter-Schätzverfahren, die von unterschiedlichen<br />

Annahmen ausgehen. 858 „Für einen Stichprobenumfang zwischen n = 100 und<br />

n = 200 bietet sich an erster Stelle das ULS-Verfahren an, wenn die Prämisse multivariater<br />

Normalverteilung nicht <strong>im</strong>mer erfüllt ist.“ 859 Da die vorliegende empirische<br />

Befragung zum Innovationsmanagement 113 Datensätze enthält und nicht alle Indikatorvariablen<br />

normal verteilt sind, wurde als Parameter-Schätzverfahren das<br />

Unweighted-Least-Squares-Verfahren (ULS) gewählt. 860<br />

855<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 326 und Rudolph, 1999, S. 266 f.<br />

856<br />

Backhaus et al., 1996, S. 349.<br />

857<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 266; Backhaus et al., 1996, S. 342.<br />

858<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 118; Amos Users´ Guide, 1997, S. 269, 255, 215, 227; Backhaus et al., 1996,<br />

S. 382.<br />

859<br />

Fritz, 1995, S. 118.<br />

860<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 118; Rudolph, 1999, S. 267.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

6.1.3 Kausalmodell zur Erklärung des Erfolges <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel<br />

6.1.3.1 Aufbau des Kausalmodells<br />

Ausgehend von den oben genannten Hypothesen, den Ergebnissen der Expertengespräche<br />

und der schriftlichen Befragung wurde in Abbildung 90 ein Kausalmodell für<br />

das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel zur Erklärung des Innovationserfolges aufgebaut.<br />

Wie bereits in Abschnitt 6.1.2 beschrieben, sind die sechs Erfolgsfaktoren<br />

theoretische Konstrukte, denen beobachtbare Indikatorvariablen aus dem Fragebogen<br />

zugewiesen wurden. Die Auswahl erfolgte aufgrund sachlogischer Überlegungen<br />

und des Anspruchs, die für jeden Erfolgsfaktor wichtigsten Aussagen zu berücksichtigen,<br />

so dass jeder Erfolgsfaktor möglichst umfassend erklärt wird. Auch der Innovationserfolg<br />

ist durch mehrere Indikatorvariablen zu messen (vgl. Kapitel 3). Zum einen<br />

ist in das Kausalmodell die gesamthafte Erfolgsbewertung durch die befragten<br />

Handelsmanager eingeflossen 861 , zum anderen wurde ein Zielerreichungs-Index gebildet,<br />

der die 20 abgefragten Zielgrössen des Fragebogens berücksichtigt (vgl. Abschnitt<br />

3.2.3.2).<br />

In den Ausgangshypothesen kommt die Vermutung zum Ausdruck, dass die sechs<br />

Erfolgsfaktoren in komplementärer und korrelativer Beziehung stehen (sogenannte<br />

Multikollinearität 862 ). Diese Vermutung wurde durch eine bivariate Korrelationsanalyse<br />

<strong>im</strong> Vorfeld bestätigt. 863 Deswegen können die sechs Erfolgsfaktoren nicht als<br />

voneinander unabhängig angenommen werden. Vielmehr ist es notwendig, ein<br />

Strukturgleichungsmodell zweiter Ordnung anzuwenden. 864 Dafür wurde eine latente<br />

Variable zweiter Ordnung eingeführt. 865 Die latente exogene Variable „Innovationsmanagement“<br />

steht für die notwendige Abst<strong>im</strong>mung der sechs Erfolgsfaktoren durch<br />

das <strong>Management</strong>, um den Innovationserfolg positiv zu beeinflussen. Die sechs Erfolgsfaktoren<br />

werden <strong>im</strong> Faktor zweiter Ordnung „Innovationsmanagement“ verdichtet.<br />

866 Je grösser die Faktorladung der einzelnen Erfolgsfaktoren auf den Faktor<br />

zweiter Ordnung (Innovationsmanagement) ist, um so höher ist der Einfluss des Erfolgsfaktors<br />

auf das Innovationsmanagement und damit auf den Innovationserfolg. 867<br />

861<br />

Vgl. Frage 10 des Fragebogens in Anhang C.<br />

862<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 33.<br />

863<br />

Zur bivariaten Korrelationsanalyse vgl. Brosius/Brosius, 1995, S. 449 ff.<br />

864<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 259.<br />

865<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 259; Bagozzi, 1981, S. 338 f. und Rudolph, 1999, S. 268.<br />

866<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 268 und Fritz, 1995, S. 267.<br />

867<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 267 und Rudolph, 1999, S. 268.<br />

313


314<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

λ 21<br />

λ 11<br />

λ 31<br />

λ 12<br />

λ 22<br />

λ 32<br />

λ13 λ23 λ 24<br />

λ 33<br />

λ 14<br />

λ 34<br />

λ 15<br />

λ 25<br />

λ 35<br />

λ16 λ26 λ 36<br />

ς 1<br />

η 1<br />

ς 2<br />

η 2<br />

ς 3<br />

η 3<br />

ς 4<br />

η 4<br />

ς 5<br />

η 5<br />

ς 6<br />

η 6<br />

γ 1,1<br />

γ 2,1<br />

γ 3,1<br />

γ 4,1<br />

γ 5,1<br />

γ 6,1<br />

ξ 1<br />

Wobei:<br />

η = endogene latente Variablen<br />

ξ = exogene latente Variablen<br />

y = manifeste Variablen der endogenen latenten Variablen<br />

γ = Pfadkoeffizienten innerhalb des Strukturmodells<br />

λ = Pfadkoeffizienten innerhalb der Messmodelle<br />

ζ = Messfehlervariablen der endogenen latenten Variablen<br />

ε = Messfehlervariablen <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Messung der<br />

endogenen latenten Variablen<br />

Abbildung 90: Strukturgleichungsmodell zweiter Ordnung zur Erklärung des<br />

Erfolges <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 868<br />

868 Darstellung in Anlehnung an Rudolph, 1999, S. 269.<br />

γ 7,1<br />

ς 7<br />

η 7<br />

λ 17<br />

λ 27<br />

λ 37<br />

y 1<br />

y 2<br />

y 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

6.1.3.2 Güte des Kausalmodells<br />

Die Güte des Kausalmodells wird nach verschiedenen Kriterien beurteilt. Die Gesamtstruktur<br />

des Modells wird mit sogenannten Globalkriterien überprüft. 869 „Zufriedenstellende<br />

globale Indices bedeuten aber nicht automatisch, dass einzelne Modellkomponenten<br />

ausreichend best<strong>im</strong>mt sind.“ 870 Deswegen ist es notwendig, mit<br />

Detailkriterien die Güte einzelner Modellkomponenten zu beurteilen. 871<br />

An dieser Stelle sollen nicht alle verfügbaren Gütekriterien aufgezeigt werden.<br />

Schaukasten 33 zeigt in Anlehnung an Rudolph eine Zusammenstellung der Kriterien,<br />

die auch in der vorliegenden Kausalanalyse verwendet wurden. Von Fritz empfohlene<br />

Werte zur Ablehnung oder Annahme eines Strukturgleichungsmodells sind in<br />

Schaukasten 34 aufgeführt. „Allgemein lässt sich sagen, dass bislang eindeutige kritische<br />

Werte, bei deren Über- bzw. Unterschreiten ein Kausalmodell insgesamt zu<br />

verwerfen ist, für die beschriebenen Fit-Indices nicht existieren, d. h. es fehlen eindeutige<br />

Falsifizierungskriterien für Lisrel-Modelle.“ 872<br />

Die Gütekriterien für das Kausalmodell zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel sind in Schaukasten 35 dargestellt. Die Gesamtstruktur kann als gut<br />

bezeichnet werden, da alle Globalkriterien die in Schaukasten 34 empfohlenen Referenzwerte<br />

einhalten. Die Detailkriterien sind nicht für alle Variablen gut erfüllt. Die<br />

Indikatorreliabilität ist in einigen Fällen unter .40 und in einem Fall sogar nur .29.<br />

Doch besonders bei diesem Kriterium gehen, wie in Schaukasten 34 ausgeführt, die<br />

Meinungen und Empfehlungen über die kritischen Werte auseinander. Die dazugehörigen<br />

Konvergenzvaliditäten haben alle gute bis sehr gute Werte. Da bei der Kausalanalyse<br />

die Untersuchung des Gesamtzusammenhanges <strong>im</strong> Vordergrund steht,<br />

wird, dem Kriterium der Konvergenzvalidität folgend, das Modell auch nach Einbezug<br />

der Detailkriterien angenommen. 873<br />

869<br />

Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 397 ff. und Fritz, 1995, S. 125 ff.<br />

870<br />

Rudolph, 1999, S. 271.<br />

871<br />

Vgl. Fritz, 1995, S. 128 und Rudolph, 1999, S. 271.<br />

872<br />

Rudolph, 1999, S. 271.<br />

873<br />

Vgl. Rudolph, 1999, S. 272.<br />

315


316<br />

Sämtliche globalen Anpassungsmasse beziehen sich auf die Diskrepanz zwischen den vom<br />

Modell reproduzierten Varianzen und Kovarianzen und den tatsächlichen Varianzen und Kovarianzen<br />

der zugrundeliegenden Stichprobe. Der konkrete Vergleich bezieht sich auf die<br />

Varianzen und Kovarianzen der manifesten Variablen. Deren tatsächliche Werte sind unmittelbar<br />

der Stichprobe zu entnehmen, während ULS die modelltheoretischen Werte<br />

schätzt. Je geringer diese Abweichung ist, um so besser ist die Anpassung des Modells an<br />

die Daten. 874<br />

1. Chi-Quadrat-Werte: Der Chi-Quadrat-Anpassungstest bezieht sich auf den Grad der<br />

Übereinst<strong>im</strong>mung der empirischen mit der modelltheoretischen Kovarianzmatrix. Chi-<br />

Quadrat-Werte erweisen sich als äusserst sensitiv bezüglich des Stichprobenumfangs.<br />

Zudem setzt der Test die Multinormalverteilung der manifesten Variablen voraus, was die<br />

Aussagekraft des Chi-Quadrat-Wertes bezogen auf das zugrundeliegende Untersuchungsdesign<br />

reduziert. Aus diesem Grunde wird nach Jöreskog und Sörbom der Chi-<br />

Quadrat-Wert als ein deskriptives Mass der Anpassungsgüte des postulierten Modells an<br />

die Daten der Stichprobe verstanden. 875 Die zu beurteilende kritische Grösse ergibt sich<br />

dabei aus dem Verhältnis des Chi-Quadrat-Wertes zur Anzahl der Freiheitsgrade des postulierten<br />

Modells.<br />

2. Goodness-of-Fit-Index (GFI): Dieser Index misst das relative Ausmass an Varianz und<br />

Kovarianz, die das Modell insgesamt erfasst, und entspricht dem Best<strong>im</strong>mtheitsmass <strong>im</strong><br />

Rahmen der Regressionsanalyse.<br />

3. Adjusted Goodness-of-Fit-Index (AGFI):Dieser Index dient ebenfalls als Mass für die<br />

durch das Modell erklärte Varianz, berücksichtigt aber zusätzlich die Zahl der Freiheitsgrade<br />

des postulierten Modells.<br />

4. Root-Mean-Square-Residuals-Index (RMR): Dieser Index misst die Restvarianz, welche<br />

durch das Modell nicht erklärt wird.<br />

Die Indikatorreliabilität dient als Reliabilitätsmass der einzelnen manifesten Variablen und<br />

wird von AMOS als „Squared Multiple Correlation“ ausgewiesen.<br />

Neben der Indikatorreliabilität wird die Konvergenzvalidität als Detailkriterium herangezogen,<br />

welche die Güte der Messung von latenten Variablen durch alle ihre Indikatoren zum<br />

Ausdruck bringt. Sie bezieht sich somit auf die Messung der Güte der einzelnen Messmodelle.<br />

Konkret beschreibt die Konvergenzvalidität das Ausmass, in dem unterschiedliche<br />

Methoden in der Lage sind, dasselbe Merkmal zu messen.<br />

Schaukasten 33: Anpassungsmasse der LISREL-Analyse 876<br />

874 Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 397 ff.<br />

875 Vgl. Jöreskog/Sörbom, 1988, S. 42.<br />

876 Rudolph, 1999, S. 270 f.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Globalkriterien:<br />

1. Chi-Quadrat-Werte: χ 2 /df < 5.00; χ 2 /df < 3.00 877<br />

2. Goodness-of-Fit-Index: GFI > .90<br />

3. Adjusted Goodness-of-Fit-Index: AGFI > .90<br />

4. Root-Mean-Square-Residuals-Index: RMR < .10<br />

Detailkriterien<br />

1. Indikatorreliabilität: 878 > .40; > .50 879<br />

2. Konvergenzvalidität: > .60<br />

Schaukasten 34: Ausprägungsempfehlungen für die Anpassungsmasse zur<br />

Annahme oder Ablehnung eines Strukturgleichungsmodells<br />

880<br />

1. Globalkriterien<br />

χ 2 = 220.86 GFI = .965<br />

df = 163 AGFI = .955<br />

χ 2 /df = 1.35 RMR = .065<br />

2. Detailkriterien<br />

(a) Modellebene 1. Ordnung<br />

Konstrukt<br />

1. Ordnung<br />

η1 =<br />

Organisatorischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

η2 =<br />

Konzeptioneller<br />

Erfolgsfaktor<br />

Beobachtbare<br />

(manifeste)<br />

Variablen<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

Faktorladung Indikatorreliabilität<br />

λ11 = .57<br />

λ21 = .67<br />

λ31 = .71<br />

λ12 = .62<br />

λ22 = .56<br />

λ32 = .71<br />

.33<br />

.45<br />

.50<br />

.38<br />

.31<br />

.50<br />

317<br />

Konvergenzvalidität<br />

881<br />

877<br />

Wünschenswerte Mindestausprägungen nach Fritz, keine Muss-Kriterien (vgl. Fritz, 1995, S. 140).<br />

878<br />

Die kritischen Werte für die Indikatorreliabilität sind umstritten. In der Literatur werden teilweise<br />

auch Indikatorreliabilitäten von unter 0.30 akzeptiert (vgl. Balderjahn, 1995, S. 256 und Rudolph,<br />

1999, S. 272).<br />

879<br />

Wünschenswerte Mindestausprägung nach Fritz, keine Muss-Kriterien (vgl. Fritz, 1995, S. 140).<br />

880<br />

Die genannten Ausprägungsempfehlungen stammen von Fritz, 1995, S. 140 und Backhaus et al.,<br />

1996, S. 397 ff.<br />

881<br />

Die Berechnung erfolgte nach der Formel für die Konvergenzvalidität bei Fritz, 1995, S. 134,<br />

Formel 1.11.<br />

.69<br />

.66


318<br />

2. Detailkriterien<br />

(a) Modellebene 1. Ordnung<br />

Konstrukt<br />

1. Ordnung<br />

η3 =<br />

Kultureller<br />

Erfolgsfaktor<br />

η4 =<br />

Personeller<br />

Erfolgsfaktor<br />

η5 =<br />

Technologischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

η6 =<br />

Wirtschaftlicher<br />

Erfolgsfaktor<br />

η7 =<br />

Innovationserfolg<br />

Beobachtbare<br />

(manifeste)<br />

Variablen<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

(b) Modellebene 2. Ordnung<br />

Konstrukt<br />

2. Ordnung<br />

ξ1 =<br />

Innovationsmanagement<br />

Konstrukte<br />

1. Ordnung<br />

η1<br />

η2<br />

η3<br />

η4<br />

η5<br />

η6<br />

η7<br />

Faktorladung Indikatorreliabilität<br />

λ13 = .62<br />

λ23 = .70<br />

λ33 = .72<br />

λ14 = .72<br />

λ24 = .71<br />

λ34 = .62<br />

λ15 = .33<br />

λ25 = .86<br />

λ35 = .55<br />

λ16 = .81<br />

λ26 = .63<br />

λ36 = .54<br />

λ17 = .70<br />

λ27 = .63<br />

.38<br />

.49<br />

.52<br />

.52<br />

.50<br />

.38<br />

.11<br />

.74<br />

.30<br />

.66<br />

.40<br />

.29<br />

.49<br />

.40<br />

Konvergenzvalidität<br />

881<br />

.72<br />

.72<br />

.62<br />

.70<br />

.61<br />

Faktorladung Reliabilität Konvergenzvalidität<br />

γ11 = .66<br />

.44<br />

.91<br />

γ21 = .89<br />

γ31 = .98<br />

γ41 = .97<br />

γ51 = .75<br />

γ61 = .37<br />

γ71 = .60<br />

Schaukasten 35: Kriterien zur Beurteilung des Kausalmodells zur Erklärung<br />

des Erfolges <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 882<br />

882 Zusammenstellung in Anlehnung an Fritz, 1995, S. 264 und Rudolph, 1999, S. 275.<br />

.79<br />

.96<br />

.94<br />

.56<br />

.14<br />

.36


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

6.1.4 Interpretation der Ergebnisse des Kausalmodells<br />

Das gesamte LISREL-Modell ist in Abbildung 91 vollständig dargestellt. Die Bedeutung<br />

der manifesten und latenten Variablen für das Modell ist in Schaukasten 36 aufgeführt.<br />

In diesem Schaukasten sind auch die berücksichtigten Fragen aus dem Fragebogen<br />

den latenten Variablen zugeordnet.<br />

Abbildung 91 und Schaukasten 35 zeigen einen positiven Einfluss des Innovationsmanagements<br />

auf den Innovationserfolg. Die Faktorladung von .60 bedeutet einen<br />

erklärten Varianzanteil 883 (auch Varianzaufklärung genannt 884 ) von 36%. Dies bestätigt<br />

einerseits die Hypothese 1, derzufolge das Innovationsmanagement den Innovationserfolg<br />

positiv beeinflusst. Andererseits ist eine Varianzaufklärung von 36% <strong>im</strong><br />

Vergleich zu anderen LISREL-Modellen 885 relativ gering, denn das heisst, dass 64%<br />

des Innovationserfolges durch andere Einflussgrössen, die in der Analyse nicht berücksichtigt<br />

wurden wie z. B. die Ideengenerierung und das Wettbewerbsumfeld, beeinflusst<br />

werden.<br />

Eine Erklärung für dieses Ergebnis liegt sicher in der hohen Komplexität und Unsicherheit<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>, da <strong>im</strong> <strong>Management</strong>prozess die Technologie<br />

als zusätzlicher Faktor eine Rolle spielt und die Beherrschbarkeit des Innovationsprozesses<br />

dadurch geringer ist als bei anderen Projekten. Staudt ist der Auffassung,<br />

dass Innovationsmanagement <strong>Management</strong> von Nichtroutineprozessen ist, die als<br />

solche nicht regelbar sind. 886 Das Ergebnis der Kausalanalyse kann als Bestätigung<br />

dieser Aussage verstanden werden und zeigt weiteren Forschungsbedarf auf. Interessant<br />

wäre es, ein vergleichbares Modell für die industrielle F&E zu erstellen. Es ist<br />

die Hypothese zu prüfen, ob ein zu erwartender höherer Varianzaufklärungsanteil in<br />

der industriellen F&E auf die geringe Entwicklungsstufe des Innovationsmanagements<br />

<strong>im</strong> Handel hinweist. Die Prozesse in der Industrie sind schon seit langem wesentlich<br />

klarer strukturiert und aufgrund von Erfahrungswerten opt<strong>im</strong>iert worden,<br />

während der Handel hier erst am Anfang steht.<br />

883 Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 358.<br />

884 Vgl. Backhaus et al., 1996, S. 219.<br />

885 Vgl. Rudolph, 1999, S. 273 und Fritz, 1995, S. 259 ff. Bei der Projektuntersuchung von Rudolph<br />

bleibt eine nicht erklärte Varianz von 47% für alle Projekttypen. Ein Modell ausschliesslich für<br />

innovative Projekte, von denen nicht alle technologische <strong>Innovationen</strong> behandeln, weist eine<br />

Varianzaufklärung von 38,4% auf (vgl. Rudolph, 1999, S. 278).<br />

886 Vgl. Staudt, 1992, S. 13.<br />

319


320<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ε 3<br />

Entscheidungsfreiräume<br />

(F 14 d)<br />

Grad der Flexibilität<br />

(F 14 b)<br />

Ausprägungsgrad der<br />

Hierarchie (F 14 a)<br />

Marktorientierung der<br />

Konzepte (F 19 c)<br />

Aktionsgrad der<br />

Konzepte (F 19 f)<br />

Kommunikation der<br />

Konzepte (F 19 e)<br />

Führungsstil<br />

(F 17 j)<br />

Akzeptanz von Fehlern<br />

(F 17 c)<br />

Förderung der<br />

Innovationskultur (F 17 k)<br />

Anerkennung von<br />

Leistung (F 15 m)<br />

Veränderungswille der<br />

Mitarbeiter (F 15 k)<br />

Teamarbeit<br />

(F 15 b)<br />

Technisches Verständnis<br />

der Kunden (F 16 b)<br />

Offenheit der MA für neue<br />

Technologien (F 16 c)<br />

Förderung von techn.<br />

Know-how (F 16 d)<br />

ROI-Erwartungen<br />

(F 18 c)<br />

Verhalten des<br />

Finanzbereichs (F 18 b)<br />

Umsatzrendite<br />

(F 18 a)<br />

.67<br />

.56<br />

.70<br />

.71<br />

.86<br />

.63<br />

.57<br />

.71<br />

.62<br />

.71<br />

.62<br />

.72<br />

.72<br />

.62<br />

.33<br />

.55<br />

.81<br />

.54<br />

ς 1<br />

Organisatorischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

ς 2<br />

Konzeptioneller<br />

Erfolgsfaktor<br />

ς 3<br />

Kultureller<br />

Erfolgsfaktor<br />

ς 4<br />

Personeller<br />

Erfolgsfaktor<br />

ς 5<br />

Technologischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

ς 6<br />

Wirtschaftlicher<br />

Erfolgsfaktor<br />

.98<br />

.97<br />

.89<br />

.75<br />

.66<br />

Innovationsmanagement<br />

.37<br />

.60<br />

.70<br />

Innovationserfolg<br />

Gesamthafter Erfolg<br />

der Innovation (F 10)<br />

.63<br />

Zielerreichungs-<br />

Index (F 9)<br />

Globalkriterien:<br />

χ 2 = 220.86 GFI = .965<br />

df = 163 AGFI = .955<br />

χ 2 /df = 1.35 RMR = .065<br />

Legende: F = Frage<br />

Abbildung 91: LISREL-Modell zum <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel<br />

ε 1<br />

ε 2<br />

ς 7


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Das vorliegende LISREL-Modell zeigt Ansatzpunkte in der Gestaltung der Rahmenbedingungen,<br />

die innovationsfördernd wirken (vgl. Kapitel 5 und 7). Es wäre falsch,<br />

aufgrund der Varianzaufklärung von 36% das Modell abzulehnen oder dem Innovationsmanagement<br />

keine Bedeutung beizumessen. Im Gegenteil, das Modell ist umfassend<br />

angelegt und berücksichtigt nahezu alle Handlungsfelder des <strong>Management</strong>s.<br />

Das Modell sagt nichts darüber aus, ob die für die Restvarianz verantwortlichen D<strong>im</strong>ensionen<br />

durch das <strong>Management</strong> beeinflussbar sind oder nicht. Deswegen sollte<br />

das Innovationsmanagement die in dieser Arbeit ausgeführten Hinweise und das<br />

entwickelte Vorgehenskonzept nutzen, um die beeinflussbaren erfolgsrelevanten D<strong>im</strong>ensionen<br />

innovationsfördernd zu gestalten. Eine erhebliche Restunsicherheit wird<br />

es bei technologischen Innovationsprojekten <strong>im</strong>mer geben, und sie wird deutlich höher<br />

sein als bei Routineaufgaben oder anderen Projekten mit klarem Weg und Ziel<br />

(vgl. auch Abschnitt 5.1.2). 887<br />

Die Einflüsse der einzelnen Erfolgsfaktoren auf den Innovationserfolg können aufgrund<br />

der Modellstruktur zweiter Ordnung 888 nur indirekt über die Höhe der Faktorladungen<br />

auf das theoretische Konstrukt „Innovationsmanagement“ beurteilt werden.<br />

889 Danach ergibt sich folgende Reihenfolge der sechs Erfolgsfaktoren nach ihrem<br />

Einfluss auf das Innovationsmanagement und damit auf den Innovationserfolg:<br />

kultureller Erfolgsfaktor, personeller Erfolgsfaktor, konzeptioneller Erfolgsfaktor,<br />

<strong>technologischer</strong> Erfolgsfaktor, organisatorischer Erfolgsfaktor und wirtschaftlicher<br />

Erfolgsfaktor. Die Faktorladungen und damit die Relevanz der ersten vier Erfolgsfaktoren<br />

liegen sehr eng beieinander. Einen deutlichen Abstand hat der wirtschaftliche<br />

Erfolgsfaktor. Dieses Ergebnis bestätigt die zweite Hypothese (vgl. Abschnitt<br />

6.1.1).<br />

Der wirtschaftliche Erfolgsfaktor hat mit .37 die geringste Faktorladung auf das Innovationsmanagement.<br />

Die manifeste Variable „Hohe ROI-Erwartungen“ hat für dieses<br />

theoretische Konstrukt mit .66 die höchste Indikatorreliabilität. Die Umsatzrendite hat<br />

mit .29 die schlechteste Indikatorreliabilität <strong>im</strong> gesamten Modell. Damit stellt sich die<br />

Vermutung, dass eine höhere Umsatzrentabilität zu einem besseren Innovationsergebnis<br />

führt, als falsch heraus, wenngleich ein Mittelwertvergleich gezeigt hat, dass<br />

Handelsunternehmen mit Wachstum signifikant innovativer sind als die schrumpfenden<br />

Handelsunternehmen. Der Mittelwertvergleich hat auch gezeigt, dass ein direkter<br />

Zusammenhang zwischen Wachstum und Umsatzrendite besteht. Diese Ergebnisse<br />

deuten darauf hin, dass „innovativ sein“ nur ein Aspekt ist und nicht zwangsläufig<br />

auch bedeutet, dass <strong>Innovationen</strong> erfolgreich umgesetzt werden können.<br />

887 Vgl. den Unterschied der Varianzaufklärung in den Kausalmodellen von Rudolph für alle<br />

komplexen Handelsprojekte und innovativen Handelsprojekte (Rudolph, 1999, S. 273 und 278).<br />

888 Vgl. Abschnitt 6.1.3.1.<br />

889 Vgl. Fritz, 1995, S. 267 und Rudolph, 1999, S. 270.<br />

321


322<br />

Der organisatorische Erfolgsfaktor gehört mit einer Faktorladung von .66 nicht zu den<br />

dominanten Erfolgsfaktoren. Wie in Abschnitt 5.2 beschrieben, hat er damit in der<br />

vorliegenden Befragung nicht die Bedeutung für das Innovationsmanagement, die<br />

ihm in der Literatur zugeschrieben wird. Dennoch verbergen sich gerade <strong>im</strong> organisatorischen<br />

Bereich <strong>im</strong> Handel noch Reserven (vgl. Abschnitt 5.2).<br />

Für den technologischen Erfolgsfaktor muss an dieser Stelle auf die geringe Indikatorreliabilität<br />

der manifesten Variablen „Technisches Verständnis der Kunden“ hingewiesen<br />

werden. Eine Erklärung dieses Wertes liegt in der Zusammensetzung der<br />

in der Befragung beurteilten technologischen <strong>Innovationen</strong> (vgl. Abbildung 68). Wirklich<br />

technisches Verständnis der Kunden ist bei den genannten <strong>Innovationen</strong> nur für<br />

die Internetinnovationen notwendig, die allerdings nur 17,7% der beurteilten <strong>Innovationen</strong><br />

ausmachen.<br />

Im vorliegenden Kausalmodell besitzt der konzeptionelle Erfolgsfaktor mit .89 eine<br />

hohe Faktorladung auf das Innovationsmanagement. Dieses Ergebnis unterstreicht<br />

die Bedeutung der konzeptionellen Ebene für Innovationsprojekte, wie sie auch von<br />

Rudolph identifiziert worden ist. 890 Zur Konzeption der technologischen <strong>Innovationen</strong><br />

gehören sowohl die konsequente Marktorientierung als auch die notwendige Technologieanalyse;<br />

beide Aspekte sind bereits in Kapitel 4 behandelt worden (vgl. auch<br />

Abschnitt 5.5.2.1).<br />

Dominante Erfolgsfaktoren sind neben dem konzeptionellen Erfolgsfaktor der personelle<br />

und kulturelle Erfolgsfaktor. Die vergleichsweise sehr hohe Indikatorreliabilität<br />

der verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren (Personal [.94] und Kultur [.96]) bestätigt<br />

die hohe Bedeutung, die dieser D<strong>im</strong>ension in der Literatur zum Innovationsmanagement<br />

zugeschrieben wird. 891<br />

Abschliessend lassen sich zur kausalanalytischen Betrachtung zwei wesentliche Ergebnisse<br />

festhalten:<br />

1. Das Innovationsmanagement für technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel fordert<br />

eine Zusammenführung der sechs Erfolgsfaktoren. Mit diesem Aspekt beschäftigt<br />

sich Abschnitt 6.2 (Bestätigung der ersten Hypothese).<br />

2. Einen besonders grossen Einfluss auf das Innovationsmanagement und damit auf<br />

den Innovationserfolg haben die verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren (Personal<br />

und Kultur) (Bestätigung der zweiten Hypothese). Deswegen konzentriert sich<br />

das siebte Kapitel auf verhaltensbezogene Ansätze zur Steigerung des<br />

Innovationserfolges.<br />

890 Vgl. Rudolph, 1999, S. 277 f.<br />

891 Vgl. Hauschildt, 1997, S. 120; Robert/Weiss, 1990, S. 144 f.; Bitzer, 1990, S. 178 ff.;<br />

Boutellier/Völker, 1997, S. 149 ff.; Little, 1988, S. 47 ff.; Maas, 1990, S. 78 ff.; Hauser, 1990, S. 31 ff.;<br />

Ahmed, 1998, S. 30 ff.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

(a) Modellebene 1. Ordnung<br />

Konstrukte 1. Ordnung<br />

η1 =<br />

Organisatorischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

η2 =<br />

Konzeptioneller<br />

Erfolgsfaktor<br />

η3 =<br />

Kultureller<br />

Erfolgsfaktor<br />

η4 =<br />

Personeller<br />

Erfolgsfaktor<br />

η5 =<br />

Technologischer<br />

Erfolgsfaktor<br />

η6 =<br />

Wirtschaftlicher<br />

Erfolgsfaktor<br />

892 Vgl. Fragebogen in Anhang C.<br />

Beobachtbare<br />

(manifeste) Variablen<br />

(Indikatoren)<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

y1<br />

y2<br />

y3<br />

323<br />

Bedeutung der beobachtbaren<br />

Variablen aus dem Fragebogen 892<br />

• Entscheidungsfreiräume<br />

(Frage 14 d)<br />

• Grad der organisatorischen<br />

Flexibilität (Frage 14 b)<br />

• Ausprägungsgrad der Hierarchie<br />

(Frage 14 a)<br />

• Marktorientierung der Konzepte<br />

(Frage 19 c)<br />

• Aktionsgrad der Konzepte<br />

(Frage 19 f)<br />

• Kommunikation der Konzepte<br />

(Frage 19 e)<br />

• Führungsstil (Frage 17 j)<br />

• Akzeptanz von Fehlern<br />

(Frage 17 c)<br />

• Förderung der Innovationskultur<br />

(Frage 17 k)<br />

• Anerkennung von Leistung<br />

(Frage 15 m)<br />

• Veränderungswille der<br />

Mitarbeiter (Frage 15 k)<br />

• Teamarbeit (Frage 15 b)<br />

• Technisches Verständnis der<br />

Kunden (Frage 16 b)<br />

• Offenheit der Mitarbeiter für neue<br />

Technologien (Frage 16 c)<br />

• Förderung von technologischem<br />

Know-how (Frage 16 d)<br />

• ROI-Erwartungen (Frage 18 c)<br />

• Verhalten des Finanzbereichs<br />

(Frage 18 b)<br />

• Umsatzrendite (Frage 18 a)


324<br />

(a) Modellebene 1. Ordnung<br />

Konstrukte 1. Ordnung<br />

η7 =<br />

Innovationserfolg<br />

(b) Modellebene 2. Ordnung<br />

Konstrukt 2. Ordnung<br />

ξ1 =<br />

Innovationsmanagement<br />

Beobachtbare<br />

(manifeste) Variablen<br />

(Indikatoren)<br />

y1<br />

y2<br />

Zugewiesene<br />

Faktoren 1. Ordnung<br />

η1<br />

η2<br />

η3<br />

η4<br />

η5<br />

η6<br />

η7<br />

Bedeutung der beobachtbaren<br />

Variablen aus dem Fragebogen 892<br />

• Gesamthafter Erfolg der<br />

Innovation (Frage 10)<br />

• Zielerreichungs-Index (Frage 9)<br />

Bedeutung der Faktoren 1. Ordnung<br />

• Organisatorischer Erfolgsfaktor<br />

• Konzeptioneller Erfolgsfaktor<br />

• Kultureller Erfolgsfaktor<br />

• Personeller Erfolgsfaktor<br />

• Technologischer Erfolgsfaktor<br />

• Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor<br />

• Innovationserfolg<br />

Schaukasten 36: Die Bedeutung der beobachtbaren (manifesten) und konstruierten<br />

(latenten) Variablen <strong>im</strong> Kausalmodell zum <strong>Management</strong><br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel 893<br />

893 Zusammenstellung in Anlehnung an Fritz, 1995, S. 263 und Rudolph, 1999, S. 274.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

6.2 Innovationsmanagement <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong><br />

Handel – <strong>Management</strong> der sechs Kräftefelder<br />

„Zunächst ist festzustellen, dass es kein universelles System der Erfolgsfaktoren eines<br />

technologie- und marktorientierten Innovationsmanagements gibt. Jedes Unternehmen<br />

muss in Anpassung an die individuell gegebene interne und externe Situation<br />

einen eigenen Weg finden.“ 894 Dennoch hat die Kausalanalyse gezeigt, dass die<br />

sechs Erfolgsfaktoren auf die technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel einen positiven<br />

Einfluss haben. Da in den meisten Handelsunternehmen nicht von vornherein<br />

die Kräftefelder als Erfolgsfaktoren konfiguriert sind, soll in diesem Abschnitt der Begriff<br />

„Kräftefeld“ wieder verwendet werden. Ziel des Innovationsmanagements ist es,<br />

die Kräftefelder zu Erfolgsfaktoren zu machen und damit ein Innovationsmanagement<br />

zu betreiben, das den Innovationserfolg fördert.<br />

Als theoretisches Erklärungsmodell ist die Chaostheorie ein geeigneter Ansatz, um<br />

das Zusammenspiel der sechs Kräftefelder, wie es durch die Kausalanalyse untersucht<br />

wurde, darzustellen. Die Analogie zur Chaostheorie entwickelte sich in den Expertengesprächen.<br />

Zwei Handelsexperten brachten den Vergleich mit der Chaostheorie,<br />

um ihre Aufgabe <strong>im</strong> Innovationsmanagement zu erläutern. Dies war Anlass<br />

für den Autor, sich mit der chaostheoretischen Sichtweise zu befassen. Da die<br />

Analogie treffend ist, wird der Bezug zur Chaostheorie hier aufgegriffen. Dazu sollen<br />

in einem Exkurs die Grundlagen der chaostheoretischen Sichtweise erläutert werden.<br />

„Wir lesen von der Chaostheorie als der grössten Entdeckung seit Einsteins Relativitätstheorie;<br />

sie revolutioniere jede Wissenschaft in ihren Grundlagen, und ihre Anwendung unterscheide<br />

den modernen Wissenschaftler, Manager [...] vom zurückgebliebenen Hinterwäldler.“<br />

895 Seit Ende der siebziger Jahre beschäftigen sich verschiedene Disziplinen der Naturwissenschaften<br />

mit der Erforschung des Chaos. 896 Die Chaostheorie befasst sich mit Unsicherheit,<br />

Zufall und Chaos 897 in unterschiedlichen Zusammenhängen. Worum es dabei genauer<br />

geht, beschrieb der französische Mathematiker Poincaré bereits 1908. „Eine sehr<br />

kleine Ursache, die uns verborgen bleibt, verursacht einen beträchtlichen Effekt, den wir<br />

nicht übersehen können, und dann sagen wir, dieser Effekt sei zufallsbedingt. Wenn wir die<br />

Naturgesetze und den Zustand des Universums zum Anfangszeitpunkt genau kennen würden,<br />

könnten wir den Zustand dieses Universums zu einem späteren Zeitpunkt exakt voraussagen.<br />

Aber, selbst wenn die Naturgesetze keine Gehe<strong>im</strong>nisse mehr für uns hätten,<br />

könnten wir doch den Anfangszustand nur näherungsweise kennen. Wenn uns das erlaubt,<br />

den späteren Zustand mit genauso guter Näherung vorauszusehen, ist das alles, was wir<br />

brauchen; wir sagen, dass das Phänomen vorausgesagt wurde, dass es Gesetzen unterliegt.<br />

894 Specht, 1986, S. 610.<br />

895 Seiler, 1994, S. 564.<br />

896 Vgl. Gleick, 1988, S. 7 ff.; Seiler, 1994, S. 563 und Feichtinger/Kopel, 1994, S. 8.<br />

897 In der vorsokratischen Naturphilosophie war Chaos wörtlich der leere Raum (vgl. Seiler, 1994,<br />

S. 563), heute verstehen wir unter Chaos ein Durcheinander oder Wirrwarr bzw. in der Mythologie den<br />

ungeordneten Urstoff vor der Weltschöpfung (vgl. Wahrig, 1985, S. 127).<br />

325


326<br />

Aber so ist es nicht <strong>im</strong>mer: Es kann vorkommen, dass kleine Differenzen bei den Anfangsbedingungen<br />

zu sehr grossen Differenzen bei den endgültigen Phänomenen führen; ein kleiner<br />

Fehler bei den ersteren wird ein gewaltiger Fehler bei den letzteren hervorbringen. Die<br />

Vorhersage wird unmöglich, und wir haben eine zufällige Erscheinung.“ 898<br />

Ein vielzitiertes und eindrückliches Beispiel aus der Naturwissenschaft zur Illustration der<br />

Chaostheorie ist das folgende: „Ein Taifun <strong>im</strong> pazifischen Ozean ist kein Zufall. Er ist zurückzuführen<br />

auf den Flügelschlag eines Schmetterlings in einer ganz anderen Region der Erde.<br />

Nur ist uns das Wissen über den Zusammenhang nicht zugänglich. Das Zusammenwirken ist<br />

viel zu komplex für uns, um es nachzuvollziehen oder vorherzusagen.“ 899 Dieser Effekt ist<br />

auch als der Schmetterlingseffekt bekannt geworden und besagt, „dass min<strong>im</strong>ale Abweichungen<br />

bei scheinbar unbedeutenden Parametern das Ergebnis in sein Gegenteil verkehren<br />

können“ 900 .<br />

Die Chaostheorie ist heute eines der aktuellsten Forschungsgebiete in der reinen, aber auch<br />

angewandten Mathematik. 901 Hier bedeutet Chaostheorie die Theorie nichtlinearer dynamischer<br />

Systeme. 902 Aufgrund ihres Ursprungs in der Mathematik und Physik hat sich die Chaostheorie<br />

auch zuerst in den naturwissenschaftlichen und technikorientierten Wissenschaften<br />

etabliert. Die Chaostheorie beschreibt nicht nur Phänomene, sondern versucht auch<br />

mathematische Steuerungsinstrumente zu entwickeln, um Chaos beherrschbar zu machen.<br />

903 Die von Poincaré beschriebenen „Zufälle“ gibt es nicht nur <strong>im</strong> Universum und in den<br />

Naturwissenschaften. Auch in der Volkswirtschaftslehre und konkret z. B. auf Finanzmärkten<br />

gibt es gleiche Phänomene. 904 Deswegen ist in den Wirtschaftswissenschaften die Chaostheorie<br />

zuerst in der Ökonomie angewendet worden. 905 Allerdings ist die Anwendung<br />

mathematischer Modelle in diesem Bereich schon schwerer, da „[...] wir von den Gesetzen<br />

und Zuständen noch weniger wissen als von denen der Natur“ 906 .<br />

In der Betriebswirtschafts- und <strong>Management</strong>lehre ist der Einsatz der chaostheoretischen<br />

Denkmuster noch relativ selten anzutreffen, obwohl in ihr auch für dieses Wissenschaftsgebiet<br />

grosse Potentiale gesehen werden. 907 Im Folgenden sind drei Aussagen zu den Möglichkeiten<br />

der Chaostheorie für die BWL aufgeführt:<br />

• „Gerade in der heutigen, durch schnelle Entwicklungen und abrupte Änderungen (Turbulenzen,<br />

Chaos) gekennzeichneten Wirtschaft muss das <strong>Management</strong> mit Diskontinuitäten<br />

umgehen, sich auf sie einstellen, sie analysieren, in die Planung mit einbeziehen,<br />

möglichst günstig beeinflussen oder sie selbst auslösen. Dazu sind neue Denkansätze,<br />

Planungs- und <strong>Management</strong>hilfen nötig.“ 908<br />

898 Poincaré, 1908; vgl. Crutchfield, 1987, S. 80 und Warnecke, 1992, S. 129.<br />

899 Durstberger, 1991, S. 244; vgl. auch Warnecke, 1992, S. 130.<br />

900 Warnecke, 1992, S. 130.<br />

901 Vgl. Feichtinger/Kopel, 1994, S. 8.<br />

902 Vgl. Feichtinger/Kopel, 1994, S. 8.<br />

903 Vgl. Kopel, 1996, S. 487 ff. und Pinkwart, 1993, S. 873 ff.<br />

904 Vgl. Seiler, 1994, S. 563.<br />

905 Vgl. Kopel, 1996, S. 488.<br />

906 Seiler, 1994, S. 563.<br />

907 Vgl. Feichtinger/Kopel, 1994, S. 9 ff.; Kopel, 1996, S. 488 und Seiler, 1994, S. 568 f.<br />

908 Roski/Dietz, 1988, S. 927.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

• „Die Entscheidungstheorie der Betriebswirtschaftslehre muss neben der deterministischen<br />

und stochastischen Betrachtungsweise nunmehr als weitere Alternative eine chaotische<br />

Betrachtungsweise – möglichst auf den bereits erarbeiteten Grundlagen der<br />

Chaos-Theorie – aufnehmen; [...] insbesondere müssen für die Phase der Kontrolle von<br />

Entscheidungsprozessen zusätzliche Methoden entwickelt werden, die eine Chaosgefährdung<br />

frühzeitig erkennen und die Entscheidungshilfen liefern, um Chaoszustände<br />

möglichst kurzfristig zu verlassen.“ 909<br />

• „Die Chaostheorie erweitert die Theorie der Unternehmensentwicklung und bietet einen<br />

Erklärungsansatz dafür, warum viele Prozesse langfristig nicht vorhersagbar sind.“ 910<br />

In der BWL findet die Chaostheorie in zweierlei Form Anwendung: zum einen als Erklärungsmodell<br />

für Phänomene, zum anderen durch mathematische Steuerungsinstrumente. 911<br />

Die Entwicklung und Anwendung chaostheoretischer Steuerungsinstrumente in der Be-<br />

triebswirtschaft ist noch sehr selten. Anwendungsgebiete sind z. B. die Analyse und Steuerung<br />

von Warte- und Bedienungssystemen, die Analyse der Auswirkungen verschiedener<br />

F&E-Strategien, die Marketing- und Werbeforschung sowie die Personalplanung. 912 Der zurückhaltende<br />

Einsatz der Chaostheorie in der BWL dürfte auf zwei Gründe zurückzuführen<br />

sein. Erstens sind die mathematischen Methoden und Modelle der Chaostheorie relativ kompliziert<br />

und gehören nicht zum mathematischen Standard in der BWL. „Die Theorie nichtlinearer,<br />

dynamischer Systeme stellt ein weitverzweigtes Gebäude dar, in welchem mathematisch<br />

tiefe Methoden zum Einsatz gelangen. Ihr Erlernen und ihre Beherrschung erfordert<br />

naturgemäss einigen Aufwand. So ist die Frage berechtigt, ob sich diese Investitionen für<br />

den Betriebswirt lohnen.“ 913 Zweitens ist die Quantifizierbarkeit betriebswirtschaftlicher Aktivitäten<br />

und Prozesse in Gleichungen und Formeln schwierig und teilweise unmöglich. Zwar<br />

lassen sich Teilbereiche durchaus mathematisch opt<strong>im</strong>ieren, aber für komplexere Abläufe<br />

fehlen die Daten. „In der betrieblichen Praxis ergibt sich das Problem, dass einerseits nicht<br />

hinreichend viele Daten zur Verfügung stehen, um eine statistische Validierung der Modelle<br />

zu gestatten, und andererseits Entscheidungssituationen zumeist nicht wiederholt werden<br />

können und irreversibel sind.“ 914 Die Anwendung chaostheoretischer Steuerungsinstrumente<br />

ist <strong>im</strong> Innovationsprozess wenig realistisch, da eine Abbildung in mathematischen Gleichungssystemen<br />

aufgrund fehlender Operationalisierung praktisch unmöglich ist.<br />

Schaukasten 37: Exkurs zur Chaostheorie<br />

Die genauere Untersuchung der Kräftefelder hat gezeigt, dass jedes Kräftefeld durch<br />

eine Vielzahl von Einflussgrössen best<strong>im</strong>mt ist (z. B. <strong>im</strong> personellen Kräftefeld:<br />

Teamarbeit, Kreativität, Weiterbildung, Konfliktfähigkeit usw.). Jede Einflussgrösse<br />

innerhalb eines Kräftefeldes kann eine für das Innovationsmanagement und damit für<br />

den Innovationserfolg positive (förderliche) oder negative (hemmende) Ausprägung<br />

909 Türschmann, 1990, S. 48.<br />

910 Pinkwart, 1992, S. 22.<br />

911 Vgl. Kopel, 1996, S. 489 ff.<br />

912 Vgl. Feichtinger/Kopel, 1994, S. 18 ff.<br />

913 Feichtinger/Kopel, 1994, S. 9.<br />

914 Feichtinger/Kopel, 1994, S. 28.<br />

327


328<br />

annehmen. Gemäss dem systemtheoretischen Grundsatz der Vernetztheit 915 best<strong>im</strong>mt<br />

das Zusammenwirken der einzelnen Kräfte die gesamte Ausprägung des<br />

Kräftefeldes dahingehend, ob es sich förderlich oder hemmend für das Innovationsmanagement<br />

auswirkt. Das Zusammenwirken der sechs Kräftefelder best<strong>im</strong>mt über<br />

den Erfolg der technologischen Innovation. Aufgabe des Innovationsmanagements<br />

ist es, die einzelnen Kräfte innerhalb der Kräftefelder so zu konfigurieren, dass jedes<br />

Kräftefeld eine für die Innovation förderliche Ausprägung ann<strong>im</strong>mt.<br />

Diese Betrachtungsweise basiert auf den Ausführungen zur System- und Chaostheorie<br />

916 und ist in Abbildung 92 dargestellt. Die Plus- und Minuszeichen zeigen die Vielzahl<br />

von Kräften innerhalb eines Kräftefeldes. Die Kräftefelder selbst sind durch den<br />

Sechsstern miteinander vernetzt. Die Interaktionen der grossen Anzahl von Kräften<br />

(wahrscheinlich ist nur ein Teil, nämlich die messbaren Kräfte, in der empirischen<br />

Untersuchung überhaupt erfasst worden) sind weitestgehend unbekannt. Deswegen<br />

können aufgrund der empirischen Ergebnisse nur Empfehlungen gegeben werden,<br />

welche der untersuchten Kräfte wichtig sind und wie sie konfiguriert sein sollten (vgl.<br />

Kapitel 5 und 7). Die Erkenntnisse aus der Chaostheorie machen uns bewusst, dass<br />

die falsche Konfiguration einer einzelnen Einflussgrösse dazu führen kann, dass sich<br />

der Fehler aufschaukelt und das System zum Umkippen, d. h. den Innovationsprozess<br />

zum Scheitern bringt. Deswegen ist die chaostheoretische Sichtweise für das<br />

Innovationsmanagement hilfreich, denn es geht nicht nur um die Opt<strong>im</strong>ierung und<br />

richtige Konfiguration einzelner Einflussgrössen und Kräftefelder. Vielmehr muss das<br />

gesamte am Innovationsprozess beteiligte System, bestehend aus den sechs Kräftefeldern,<br />

darauf eingestellt werden. „Die Entwicklung offener Systeme – und als solche<br />

sind Unternehmen zu begreifen – ist unvorhersehbar. Situationen wiederholen<br />

sich nie, daher sind Prognosen unmöglich. Entwicklungen sind nicht gestaltbar.“ 917<br />

Diese Aussage gilt <strong>im</strong> besonderen für den offenen, unsicheren und kreativen Innovationsprozess<br />

in Unternehmen. Sie soll nicht <strong>im</strong> Sinne einer fatalistischen Einstellung<br />

missverstanden werden. Sie soll aber die Illusion von der Kontrollierbarkeit und abschliessenden<br />

Planbarkeit innovativer Prozesse in Frage stellen.<br />

915 Vgl. Ulrich/Probst, 1988, S. 36 ff.<br />

916 Zur Systemtheorie vgl. Abschnitt 1.5.1.8.<br />

917 Durstberger, 1991, S. 244.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

- + +<br />

Organisatorisches<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

- + +<br />

Konzeptionelles<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

- + +<br />

Personelles<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

Innovationsmanagement<br />

Innovationserfolg<br />

- + +<br />

Kulturelles<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

- + +<br />

Technologisches<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

- + +<br />

Wirtschaftliches<br />

+ Kräftefeld -<br />

-<br />

+<br />

+ - -<br />

Abbildung 92: Ganzheitliches <strong>Management</strong> der sechs Kräftefelder<br />

Aus der Kausalanalyse und der chaostheoretischen Sichtweise ergibt sich die Forderung<br />

nach einem systemorientierten Vorgehen <strong>im</strong> Innovationsmanagement. „Ein System<br />

ist ein dynamisches Ganzes, das als solches best<strong>im</strong>mte Eigenschaften und<br />

Verhaltensweisen besitzt. Es besteht aus Teilen, die so miteinander verknüpft sind,<br />

dass kein Teil unabhängig ist von anderen Teilen und das Verhalten als Ganzes beeinflusst<br />

wird vom Zusammenwirken aller Teile.“ 918 Nach dieser Definition und den<br />

zuvor gemachten Ausführungen ist der Innovationsprozess als System zu verstehen.<br />

Die integrierte Projektablaufplanung von Rudolph (vgl. Abschnitt 1.5.1.8) entspricht<br />

einem systemorientierten, integrierten Vorgehen und ist auch für das Innovationsmanagement<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel ein geeignetes Instrument, allerdings<br />

mit dem Vorbehalt der bedingten Planbarkeit des Prozesses. 919 Durch eine<br />

sukzessive Planung und Anpassung während des Prozesses kann die Projektplanung<br />

flexibel gestaltet werden. Bei der Betrachtung der sechs Kräftefelder steht neben<br />

der Integration die ganzheitliche Sichtweise <strong>im</strong> Vordergrund. Natürlich müssen<br />

auch hier die einzelnen Kräftefelder und Massnahmen aufeinander abgest<strong>im</strong>mt werden<br />

und ineinandergreifen wie in dem Modell von Rudolph. Die Ausführungen zu den<br />

Ansatzpunkten in Kapitel 5 haben gezeigt, dass einzelne Massnahmen mehrere<br />

918 Ulrich/Probst, 1988, S. 30. Zum systemtheoretischen <strong>Management</strong>ansatz vgl. auch Abschnitt<br />

1.5.1.8.<br />

919 Vgl. Rudolph, 1998, S. 352.<br />

329


330<br />

Kräftefelder betreffen und dadurch eine Integration der Kräftefelder erreicht werden<br />

kann. Ein grosses Risiko liegt aber darin, dass einzelne Kräftefelder oder Kräfte <strong>im</strong><br />

Innovationsprozess aufgrund der grossen Komplexität übergangen werden. Die chaostheoretische<br />

Konsequenz kann das Umkippen des gesamten Systems sein. Im<br />

Innovationsprozess heisst das, dass die falsche Konfiguration einer einzigen Stellgrösse<br />

dazu führen kann, dass die Innovation zu lange braucht, zu teuer wird, keine<br />

Akzeptanz findet, kein Kundenbedürfnis anspricht und unter Umständen ganz scheitert.<br />

Deutlich wurde dies auch <strong>im</strong> Fallbeispiel Migros. Hier waren verschiedene Einflussgrössen<br />

innovationsfördernd ausgestaltet, andere stellten sich als Innovationshemmnisse<br />

heraus (vgl. Abbildung 32). Die wenigen Innovationshemmnisse haben<br />

dazu geführt, dass der Erfolg des Innovationspaketes ausblieb, obwohl vieles richtig<br />

gemacht wurde.<br />

Das in Kapitel 4 entwickelte Vorgehenskonzept zum Innovationsmanagement <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel macht den komplexen Innovationsprozess<br />

transparenter und reduziert die Unsicherheit durch ein systematisches Vorgehen.<br />

Durch den Einsatz von Methoden wie z. B. dem Trendmodell und dem Technologiepotentialportfolio<br />

sollen Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden, um eine Eskalation<br />

<strong>im</strong> chaostheoretischen Sinne zu vermeiden. Abbildung 93 zeigt zu jedem Vorgehensschritt<br />

eine Tabelle, die für jedes der sechs Kräftefelder kritische Fragen oder<br />

Checkpunkte enthält. Die Checklisten basieren auf der schriftlichen Befragung und<br />

erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie helfen, eine ganzheitliche Sichtweise<br />

<strong>im</strong> gesamten Innovationsprozess beizubehalten, und sollen verhindern, dass<br />

eine wichtige Einflussgrösse übersehen wird bzw. unberücksichtigt bleibt. Zu den<br />

Checkpunkten sind die Kapitel angegeben, die sich mit der jeweiligen Fragestellung<br />

beschäftigen. Insofern stellen die Checklisten eine Verbindung zwischen dem Vorgehenskonzept<br />

und den Ansatzpunkten zu den Kräftefeldern her. Die Checklisten orientieren<br />

sich an technologischen <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel, wie sie in der Befragung<br />

untersucht wurden. Eine Konkretisierung für spezifische <strong>Innovationen</strong> und Handelsunternehmen<br />

kann den Nutzen der Checkliste steigern.<br />

Das Vorgehenskonzept, aber auch die Checklisten sollen eine Hilfestellung <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

sein, aber keinesfalls als Regeln verstanden werden, die eine zu<br />

starke Komplexitätsreduktion bewirken. „Wenn wir mit solchen bewusst geplanten<br />

Regelungen die Komplexität zu sehr reduzieren, beeinträchtigen wir die Lebensfähigkeit<br />

des Systems.“ 920 Dadurch würde eine grundlegende Eigenschaft des Innovationsprozesses<br />

ausgeschaltet und die Innovationsfähigkeit des Unternehmens verringert.<br />

920 Ulrich/Probst, 1988, S. 63.


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

331<br />

Vorgaben/Situationsanalyse Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Welche Vorgaben gibt es aus dem Marketingkonzept<br />

und der Unternehmensstrategie?<br />

• Gibt es eine klare Zielsetzung und Vision bzgl. <strong>Innovationen</strong>?<br />

• Werden die Innovationsabsicht und Vision kommuniziert?<br />

Organisatorisch • Wie ist das Innovationsmanagement verankert?<br />

• Gibt es eine Organisation auf Zeit oder auf Dauer?<br />

• Wer sind die Fach- und Machtpromotoren <strong>im</strong> Innovationsprozess?<br />

Gibt es einen Prozesspromotor?<br />

Kulturell • Welche kulturellen Stärken und Schwächen für das<br />

Innovationsmanagement gibt es <strong>im</strong> Unternehmen?<br />

Personell • Wie sind die personellen Voraussetzungen für das<br />

Innovationsmanagement quantitativ und qualitativ?<br />

• Kennen die Mitarbeiter ihre Grenzen und Spielräume<br />

bzgl. des Innovationsmanagements, in denen sie sich<br />

bewegen können?<br />

• Werden Teams <strong>im</strong> Innovationsmanagement eingesetzt?<br />

• Gibt es für das Innovationsmanagement Anreizsysteme?<br />

Technologisch • Welche technologischen Vorgaben gibt es <strong>im</strong> Unternehmen<br />

(bestehende Systeme/Technologien)?<br />

• Wird technologisches Know-how gefördert?<br />

Wirtschaftlich • Wie ist die wirtschaftliche Vitalität?<br />

• Welche Budgetrestriktionen gibt es?<br />

• Fördert der Finanzbereich innovative Vorhaben?<br />

• 4.2.1<br />

• 5.5.2.2<br />

• 5.5.2.3<br />

• 5.2.1<br />

• 5.2.3.1<br />

• 5.2.3.3<br />

• 7.2<br />

• 5.3.1<br />

5.3.2.6<br />

• 5.4.2.2.4<br />

• 5.3.2.1<br />

• 5.3.2.4<br />

• 4.2.3.2.2<br />

• 5.6.2.1<br />

• 5.7.1<br />

• 5.7.2.1<br />

• 5.7.2.2


332<br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

Trends und Bedürfnisse analysieren Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Welche Ziele werden mit der Trend- und<br />

Bedürfnisanalyse verfolgt?<br />

• Welche Methoden zum systematischen Vorgehen<br />

werden eingesetzt?<br />

• Gibt es ein Frühwarnsystem zur Erkennung von<br />

Trendveränderungen?<br />

• Werden Marktforschungsmethoden eingesetzt?<br />

• 5.5.2.2<br />

• 4.2.2<br />

• 4.2.2.1<br />

• 5.5.2.1<br />

Organisatorisch • Wer führt die Trend- und Bedürfnisanalyse durch? • 5.2.3.1<br />

Kulturell • Ist die Kultur offen und nach aussen, marktorientiert<br />

ausgerichtet?<br />

Personell • Sind die Mitarbeiter zur Trenderkennung ausgebildet<br />

und kennen sie die Instrumente?<br />

Technologisch • Haben die anvisierten Zielgruppen technologisches<br />

Know-how?<br />

Wirtschaftlich • Gibt es ein Budget oder eine Kostenplanung für die<br />

Trend-/Bedürfnisanalyse (Marktforschungsbudget)?<br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

• 7.1<br />

5.5.2.1<br />

• 5.3.2.7<br />

• 5.6<br />

3.1<br />

• 5.7.2.1<br />

Technologie analysieren Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Welche Ziele werden mit der Technologieanalyse<br />

verfolgt?<br />

• Welche Methoden zum systematischen Vorgehen<br />

werden eingesetzt (z. B. Portfolioanalyse)?<br />

Organisatorisch • Wer analysiert die Technologie und Innovationsmöglichkeiten?<br />

Kulturell • Fördert die Führung technologisches Know-how, z. B.<br />

durch Schulungen?<br />

Personell • Haben die Mitarbeiter technologisches Know-how?<br />

• Sind die Mitarbeiter zur Technologieanalyse ausgebildet<br />

und kennen sie die Instrumente?<br />

• Wird die Kreativität der Mitarbeiter gefördert, damit<br />

innovative Lösungen entstehen?<br />

Technologisch • Werden Technologien beobachtet?<br />

• Wird das Technologiepotentialportfolio eingesetzt?<br />

Wirtschaftlich • Gibt es ein Budget oder eine Kostenplanung für die<br />

Technologieanalyse?<br />

• 5.5.2.2<br />

• 4.2.3<br />

• 5.2.3.1<br />

• 5.6.2.1<br />

• 5.6.2.2<br />

• 5.3.2.7<br />

• 5.3.2.5<br />

• 4.2.3.1<br />

• 4.2.3.2<br />

• 5.7.2.1


Kapitel 6: Erfolgsfaktoren für das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

333<br />

Innovationsentscheid Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Welche Vorgaben gibt es aus dem Marketingkonzept<br />

und der Unternehmensstrategie für den Innovationsentscheid?<br />

• 4.2.1<br />

• Gibt es eine Gewichtung der Kriterien, die in den vorangegangenen<br />

Schritten angewendet wurden?<br />

• 4.2.4.1<br />

Organisatorisch • Welches Gremium fällt den Innovationsentscheid? • 5.2.3.1<br />

Kulturell • Werden Konflikte offen ausgetragen?<br />

• Steht die Sachentscheidung oder das politische Verhalten<br />

<strong>im</strong> Vordergrund?<br />

Personell • Werden die Mitarbeiter am Innovationsentscheid<br />

beteiligt?<br />

Technologisch • Werden die technologischen Vorgaben<br />

berücksichtigt?<br />

Wirtschaftlich • Wurde ein Investitionsplan für die Realisierung und<br />

Multiplikation erstellt?<br />

• Wurden alle finanziellen Restriktionen eingehalten?<br />

Gibt es Reserven für unerwartete Ereignisse <strong>im</strong> weiteren<br />

Prozess?<br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

5.2.3.3<br />

• 5.3.2.2<br />

• 5.4.2.2.6<br />

• 5.4.2.2.5<br />

• 4.2.3.2<br />

• 5.7.2.1<br />

• 5.7.2.2<br />

Definition der Ziele Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Werden die mit der technologischen Innovation<br />

verfolgten Ziele aufgestellt?<br />

• Werden die Ziele schriftlich fixiert?<br />

• Werden die Ziele <strong>im</strong> Unternehmen ausreichend kommuniziert?<br />

• 4.2.5<br />

• 5.5.2.2<br />

• 5.5.2.3<br />

Organisatorisch • Wer ist für die Definition der Ziele verantwortlich? • 5.2.3.1<br />

Kulturell • Ist die Führung kooperativ und fördert eine Innovationskultur?<br />

• 5.4.2.2<br />

Personell • Sind die Mitarbeiter an der Zielbildung beteiligt? • 5.4.2.2.5<br />

5.4.2.2.1<br />

Technologisch • Gibt es eine technologische Vorgabe, z. B. Pflichtenheft?<br />

• 4.2.5<br />

Wirtschaftlich • Wurden alle notwendigen finanziellen Kennzahlen<br />

und Ziele definiert?<br />

• 5.7.2.1<br />

4.2.7.1


334<br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

Realisierung Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Sind die sechs Kräftefelder für die Realisierung innovationsfördernd<br />

ausgestaltet?<br />

• Werden die Zielgrössen <strong>im</strong> Prozess überprüft und<br />

gegebenenfalls daran angepasst?<br />

Organisatorisch • Ist ein Übergang von der organischen zur mechanistischen<br />

Organisation notwendig?<br />

• Wie ist die Verankerung der Innovation in der permanenten<br />

Organisation (Übergang zur Routine)?<br />

Kulturell • Werden Fehler in der Realisierung akzeptiert?<br />

• Wie wird Leistung anerkannt?<br />

Personell • Ist die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern<br />

für den Veränderungsprozess ausreichend?<br />

• Findet die notwendige Aus- und Weiterbildung für die<br />

Anwendung der technologischen Innovation statt?<br />

• Werden Erfolge honoriert?<br />

Technologisch • Gibt es technologische Probleme bei der Realisierung,<br />

die den Prozess verzögern?<br />

• Wurden die Anwender wenn nötig auf die technologischen<br />

Neuerungen vorbereitet?<br />

Wirtschaftlich • Wird der aufgestellte Budget- und Kostenplan verfolgt<br />

und rollend angepasst?<br />

Vorgehensschritt<br />

Kräftefelder<br />

• 5<br />

• 4.2.7.2<br />

• 5.2.2<br />

• 5.2.3.1<br />

5.2.3.6<br />

• 5.4.2.2.2<br />

• 5.4.2.2.3<br />

• 5.3.2.3<br />

• 5.3.2.7<br />

• 5.4.2.2.3<br />

• 4.2.7<br />

• 5.6.2.2<br />

• 4.2.7<br />

5.7.2.1<br />

Innovationscontrolling Verweis<br />

auf Kapitel<br />

Konzeptionell • Wurden Messgrössen für die Ziele definiert?<br />

• Wurden Meilensteine und Termine festgelegt?<br />

• 4.2.7.1<br />

• 4.2.7.2<br />

Organisatorisch • Wer ist für das Innovationscontrolling verantwortlich? • 4.2.7.3<br />

Kulturell • Wird das unternehmerische Denken gefördert? • 5.2.3.8<br />

5.4.2.2<br />

5.7.2.2<br />

Personell • Wurden die Anreizsysteme auf die Controllingmassnahmen<br />

ausgerichtet?<br />

• 5.3.2.4<br />

Technologisch • Werden die technologischen Zielgrössen überprüft? • 4.2.7.1<br />

Wirtschaftlich • Werden finanzielle Kennzahlen und Zielgrössen<br />

überprüft und gegebenenfalls angepasst?<br />

• 4.2.7<br />

5.7.2.1<br />

Abbildung 93: Checklisten kritischer Fragen für eine ganzheitliche Vorgehensweise<br />

<strong>im</strong> Innovationsprozess


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

7 Verhaltensorientierte Förderung von<br />

Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Die empirischen Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel führen zu dem Schluss,<br />

dass eine ganzheitliche Vorgehensweise <strong>im</strong> Innovationsmanagement für technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel notwendig ist. Die Kausalanalyse in Kapitel 6 zeigt aber<br />

auch, dass die verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren besonders grossen Einfluss auf<br />

das <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> und damit auf den Innovationserfolg<br />

haben. Im Folgenden werden mit dem Begriff der verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren<br />

die beiden Kräftefelder Personal und Kultur zusammengefasst. 921 Technologische<br />

<strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel sind <strong>im</strong>mer auch Prozessinnovationen (vgl. Kapitel<br />

1.5), die sich dadurch auszeichnen, dass bei ihnen der Mensch <strong>im</strong> Mittelpunkt steht.<br />

„Alle glauben, dass ECR nur mit Technologie zu tun hat. Das st<strong>im</strong>mt nicht. ECR besteht<br />

schätzungsweise zu 80 Prozent aus Menschen und nur zu 20 Prozent aus<br />

Technologie.“ 922<br />

Die Ergebnisse der Kausalanalyse bestätigen die Aussagen der Expertengespräche<br />

und der Literatur zum Innovationsmanagement, die der Unternehmenskultur eine besondere<br />

Rolle be<strong>im</strong>essen: 923<br />

• „In attempting to build an enduring company, it is vitally <strong>im</strong>portant to understand<br />

the key role of the soft side of the organisation in innovation.“ 924<br />

• „Actively managing organizational cultures that can handle both incremental and<br />

discontinuos change is perhaps the most demanding aspect of the management<br />

of strategic innovation and change.“ 925<br />

• „However, becoming innovative demands more than debate and resources; it requires<br />

an organisational culture that constantly guides organisational members to<br />

strive for innovation and a cl<strong>im</strong>ate that is conductive to creativity.“ 926<br />

Aufgrund dieser besonderen Rolle der verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren konzentriert<br />

sich dieses Kapitel auf Ansatzpunkte zur verhaltensorientierten Förderung<br />

von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel. Ausgangspunkt ist die Unternehmenskultur. 927<br />

„Das Wesen einer Unternehmenskultur ist nicht ganz einfach zu erklären. Eine recht<br />

treffende, aber wenig tiefgründige Definition spricht davon, dass die Unternehmenskultur<br />

die Summe aller Selbstverständlichkeiten eines Unternehmens sei. In jedem<br />

921<br />

Diese Zusammenfassung dient der Vereinfachung und entspricht der in Kapitel 1 erläuterten<br />

Abgrenzungsproblematik.<br />

922<br />

Aussage von D. Dufek, zitiert nach Koeppen, 1996, S. 39.<br />

923<br />

Vgl. Schreyögg, 1989, S. 370; Berth, 1989, S. 374 ff.; Ahmed, 1998, S. 35 ff.; Kieser, 1984, S. 3 ff.<br />

924<br />

Ahmed, 1998, S. 42.<br />

925<br />

Tushman/O´Reilly, 1997, S. 35.<br />

926<br />

Ahmed, 1998, S. 30.<br />

927<br />

Boutellier/Völker sprechen in diesem Zusammenhang von der Schaffung eines effizienten<br />

Innovationskl<strong>im</strong>as (vgl. Boutellier/Völker, 1997, S. 149).<br />

335


336<br />

Unternehmen gibt es best<strong>im</strong>mte Äusserlichkeiten, Verhaltensweisen und Ansichten,<br />

die es von anderen Unternehmen deutlich unterscheidet, über die aber niemand<br />

weiter nachdenkt.“ 928 Der vorliegenden Arbeit liegt Pümpins Verständnis der Unternehmenskultur<br />

zugrunde; er definiert sie als „das gesamte Meinungs-, Norm- und<br />

Wertgefüge, welches das Verhalten der Führungskräfte und Mitarbeiter prägt.“ 929<br />

Die Massnahmen zur Gestaltung der kulturellen D<strong>im</strong>ensionen sind allerdings nicht<br />

ausschliesslich auf die verhaltensbezogenen D<strong>im</strong>ensionen zu reduzieren. „Die ‚harten‘<br />

<strong>Management</strong>faktoren beeinflussen die ‚weichen‘ Kernfaktoren und umgekehrt.“<br />

930 Diese Interaktion der Kräftefelder wurde bereits durch die Ausführungen zu<br />

den Ansatzpunkten in Kapitel 5 deutlich. Beispielsweise hat das betriebliche Vorschlagswesen<br />

pr<strong>im</strong>är verhaltensbezogene Ziele, allerdings sind von der Realisierung<br />

auch das organisatorische, wirtschaftliche und konzeptionelle Kräftefeld betroffen<br />

und müssen entsprechend verändert werden. Ausgangspunkt in diesem Kapitel ist<br />

die Unternehmenskultur, die mit Hilfe der anderen Kräftefelder innovationsfördernd<br />

gestaltet werden soll.<br />

Der Untersuchungsfokus der Arbeit liegt bei den technologischen <strong>Innovationen</strong>. Aus<br />

den Expertengesprächen hat sich ergeben, dass eine innovationsfördernde Kultur<br />

grundsätzlich für alle Arten von <strong>Innovationen</strong> notwendig ist und durch ähnliche<br />

Massnahmen best<strong>im</strong>mt wird. Deswegen besitzen die folgenden Ausführungen zur<br />

innovationsfördernden Kultur grundsätzlich auch für andere Innovationsarten Gültigkeit.<br />

Dort, wo es technologiespezifische Unterschiede gibt, werden diese ausgeführt.<br />

7.1 Eigenschaften innovationsfördernder Unternehmenskulturen<br />

Die Formulierung von pauschalen verhaltensbezogenen Handlungsempfehlungen für<br />

alle Handelsunternehmen würde der Verschiedenheit und Vielschichtigkeit von Unternehmenskulturen<br />

nicht gerecht werden. Deswegen ist es sinnvoll, die Unternehmenskulturen<br />

der Handelsunternehmen nach Eigenschaften zu unterscheiden, die<br />

für das Innovationsmanagement relevant sind, um dann Handlungsempfehlungen<br />

geben zu können, die der situativen Ausprägung dieser Eigenschaften <strong>im</strong> einzelnen<br />

Unternehmen gerecht werden. In der Literatur gibt es bereits verschiedene Typologisierungsversuche<br />

zur Unterscheidung von Unternehmenskulturen. 931 Kobi und<br />

Wüthrich sowie Kasper kritisieren, dass solche Typologien der Multid<strong>im</strong>ensionalität<br />

928<br />

Bleicher, 1990, S. 11.<br />

929<br />

Pümpin, 1992, S. 96; zur Definition der Unternehmenskultur vgl. auch Abschnitt 5.4.<br />

930<br />

Kobi/Wüthrich, 1986, S. 73.<br />

931<br />

Vgl. Ansoff, 1979, S. 120 ff.; Handy, 1978, S. 404 ff.; Harrison, 1982, S. 62 ff.; Deal/Kennedy, 1983,<br />

S. 107 ff.; Rüttinger, 1986, S. 143 ff.; Kets de Vries/Miller, 1986, S. 266 ff.; Kasper, 1987, S. 86 ff.;<br />

Kobi/Wüthrich, 1986, S. 120 f.; Heinen, 1997, S. 26 ff.; Miller/Friesen, 1978, S. 921 ff.; Berth, 1989, S.<br />

374 ff.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

der Unternehmenskultur nicht gerecht werden können. 932 Diese Kritik ist auch hier für<br />

den Fall der gesamthaften Beurteilung einer Unternehmenskultur massgebend. Bei<br />

der folgenden Unterscheidung der Unternehmenskulturen anhand von Eigenschaften<br />

geht es aber um einen spezifischen Aspekt der Unternehmenskultur, nämlich um die<br />

Frage, welche Kultureigenschaften die Innovationsfähigkeit der Unternehmenskultur<br />

beeinflussen. Um diese Frage beantworten zu können, wird <strong>im</strong> Folgenden eine<br />

Analogie zu der Persönlichkeit von Individuen gebildet. Die Persönlichkeit von Individuen<br />

wird in der Psychologie definiert als „ein bei jedem Menschen einzigartiges,<br />

relativ stabiles und den Zeitablauf überdauerndes Verhaltenskorrelat“. 933 Auch<br />

Hofstede definiert die Persönlichkeit eines Individuums als „dessen einzigartige persönliche<br />

Kombination mentaler Programme, die es mit keinem anderen Menschen<br />

teilt.“ 934 Wenn wir den Begriff der Kultur umgangssprachlich auf Nationen oder Lebensräume<br />

anwenden, beschreiben wir diese häufig wie eine Persönlichkeit anhand<br />

von typischen, einzigartigen Eigenschaften. Beispielsweise schreiben wir der amerikanischen<br />

Kultur andere Eigenschaften zu als der japanischen oder südeuropäischen.<br />

935 Hofstede hat diese Unterschiede anhand von fünf Kulturd<strong>im</strong>ensionen empirisch<br />

bestätigt. 936 Vergleichbar gehen wir vor, wenn wir Unternehmenskulturen beschreiben.<br />

Auch die Unternehmenskultur ist wie die menschliche Persönlichkeit ein<br />

mehrd<strong>im</strong>ensionales und vielschichtiges Konstrukt (vgl. Abschnitt 5.4). 937 Sie wird geprägt<br />

durch die Individuen, die in ihr arbeiten und sie führen. Die psychoanalytischen<br />

Ansätze in der Organisationsforschung greifen diese Sichtweise auf und gehen u. a.<br />

von der Kongruenz zwischen der Persönlichkeitsstruktur der Mitglieder einer Organisation<br />

und den Eigenschaften der Organisation aus. 938 Ein Beispiel für einen psychoanalytischen<br />

Zugang zur Unternehmenskultur ist die Typologie von Kets de Vries<br />

und Miller. Sie übertragen das neurotische Verhalten von Individuen auf die Unternehmenskultur<br />

und unterscheiden fünf „reine“ Typen (paranoide, depressive, dramatische,<br />

zwanghafte und schizoide Unternehmenskulturen). 939 Diese Typologie soll<br />

hier nicht <strong>im</strong> einzelnen diskutiert und bewertet werden, interessant ist aber, dass sie<br />

die Unternehmenskultur wie die Persönlichkeit eines Individuums betrachtet. So beschreibt<br />

auch Kasper das typische Vorgehen für diesen Ansatz: „Um die Organisationskultur<br />

zu verstehen und zu analysieren, geht man vom neurotischen Verhalten<br />

von Einzelpersonen aus und sucht gemeinsame, repräsentative Konfigurationen, die<br />

viele Organisationen charakterisieren und die in sich konsistent und zusammenpassend<br />

sind.“ 940 Dieses Vorgehen wird <strong>im</strong> Folgenden auch für den Aspekt der Innovationsfähigkeit<br />

der Unternehmenskultur angewendet. Die Unternehmenskultur wird in<br />

932<br />

Vgl. Kobi/Wüthrich, 1986, S. 120 und Kasper, 1987, S. 86.<br />

933<br />

Herrmann, 1976, S. 29.<br />

934<br />

Hofstede, 1993, S. 20.<br />

935<br />

Vgl. zu kulturellen Unterschieden auch Kets de Vries, 1996 (a), S. 80 ff.<br />

936<br />

Vgl. Hofstede, 1993, S. 35 ff.<br />

937<br />

Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 304 f.<br />

938<br />

Vgl. Kasper, 1987, S. 83; vgl. auch Gould, 1991, S. 25 ff.<br />

939<br />

Vgl. Kets de Vries/Miller, 1986, S. 266 ff.; Kets de Vries/Miller, 1991, S. 244 ff.<br />

337


338<br />

diesem Zusammenhang gemäss den oben angeführten Definitionen als „Persönlichkeit“<br />

des Unternehmens betrachtet. Die Eigenschaften von Individuen, die <strong>Innovationen</strong><br />

gegenüber besonders aufgeschlossen sind, untersucht die Konsumentenforschung.<br />

Diese Eigenschaften werden in den folgenden Abschnitten dargestellt.<br />

Anschliessend wird der Versuch unternommen, die zentralen Eigenschaften der Individuen<br />

auf die Unternehmenskultur zu transferieren. Dass sich diese Eigenschaften<br />

in den Führungspersönlichkeiten und Mitgliedern des Unternehmens wiederfinden<br />

müssen, damit eine nachhaltige Kulturprägung entsteht, entspricht der oben dargestellten<br />

interaktionellen Beeinflussung von Organisation und Organisationsmitgliedern.<br />

7.1.1 Eigenschaften von Innovatoren in der Konsumentenforschung<br />

In der Konsumenten- und Diffusionsforschung werden Innovatoren und Adoptoren<br />

(auch Imitatoren genannt) unterschieden. 941 Diese Unterscheidung wird <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit der Diffusion neuer Marktleistungen getroffen. „Unter Diffusion versteht<br />

man die Ausbreitung einer Neuigkeit (Innovation) in einem sozialen System von der<br />

Quelle bis zum letzten Übernehmer. Die Neuigkeit kann auch ein neues Produkt oder<br />

eine neue Dienstleistung sein.“ 942<br />

Zehn von dreizehn Studien haben gezeigt, dass Innovatoren gleichzeitig auch Meinungsführer<br />

sind, die eine Zielgruppe kaufentscheidend beeinflussen können. 943 Die<br />

Diffusionsforschung untersucht deswegen die Persönlichkeitsmerkmale und Eigenschaften<br />

der Innovatoren, um diese durch gezielte Kommunikationsmassnahmen<br />

ansprechen zu können. „Die Innovatoren sind die ersten, die eine Innovation übernehmen.<br />

Sie bilden sozusagen die Brückenköpfe bei der Ausbreitung eines neuen<br />

Produktes und sind für das Marketing strategisch wichtige Kontaktstellen.“ 944 Wieviel<br />

Prozent der Käufer eines neuen Produktes Innovatoren sind, lässt sich erst best<strong>im</strong>men,<br />

wenn man die Gesamtzahl der Käufer kennt. Ausserdem zeigt die Literatur produktabhängige<br />

und definitorisch unterschiedliche Klassifikationen. 945<br />

Zu unterscheiden sind produktspezifische und generelle Verhaltensweisen von Innovatoren.<br />

946 Produktspezifisch verhalten sich Innovatoren, die eine best<strong>im</strong>mte Produktkategorie<br />

kaufen, z. B. jede neue Uhr, weil sie diese sammeln, aber für andere<br />

940<br />

Kasper, 1987, S. 105.<br />

941<br />

Vgl. Kroeber-Riel, 1996, S. 639 ff.; Trommsdorff, 1989, S. 207 ff. und Kaas, 1973, S. 23 ff.<br />

Differenziertere Arbeiten unterscheiden zwischen Innovatoren, frühen Übernehmern, der frühen<br />

Mehrheit, der späten Mehrheit und Nachzüglern (vgl. Robertson, 1971, S. 30 f.; Moore, 1991, S. 12 ff.;<br />

Rogers/Shoemaker, 1971, S. 182 ff. und Kaas, 1973, S. 20 f.).<br />

942<br />

Kroeber-Riel, 1996, S. 639.<br />

943<br />

Vgl. Robertson, 1971, S. 105 und Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 574.<br />

944<br />

Kroeber-Riel, 1996, S. 639.<br />

945<br />

Vgl. Kaas, 1973, S. 23 f. und Robertson, 1971, S. 100 f.<br />

946<br />

Vgl. Trommsdorff, 1989, S. 207 f. und Robertson, 1971, S. 109.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Produktkategorien kein Interesse zeigen, z. B. niemals ein neues Erfrischungsgetränk<br />

probieren. Konsumenten, die praktisch jede Neuerung ausprobieren, egal ob<br />

Walkman, Inlineskating, Palmtopcomputer, Energydrink oder Hightech-Ski, sind als<br />

generelle Innovatoren zu bezeichnen. Robertson führt eine typische Aussage eines<br />

Innovators an, der auf die Frage, wie er darüber denke, neue Artikel zu kaufen, folgende<br />

Antwort gab: „I´m very interested in trying them. The minute I see new things<br />

advertised I try to find them in the stores.“ 947<br />

In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen zu den persönlichkeits- und<br />

kommunikationsbezogenen Merkmalen von Innovatoren. 948 Hier sollen nur diejenigen<br />

Eigenschaften <strong>im</strong> Vordergrund stehen, die generell für alle Innovatoren gelten,<br />

unabhängig von best<strong>im</strong>mten Produktkategorien. Die angeführte Auflistung fasst die<br />

Ergebnisse verschiedener Autoren zusammen und enthält demographische, soziodemographische<br />

und psychologische Eigenschaften. Danach sind Innovatoren<br />

durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 949<br />

• sozial besonders gut integriert<br />

• bessere Schulbildung<br />

• qualifizierterer Beruf<br />

• höherer Lebensstandard<br />

• jünger<br />

• Meinungsführer<br />

• selbstbewusster<br />

• aktiver<br />

• Aufgeschlossenheit und Weltoffenheit<br />

• weniger markentreu<br />

• wagemutiger<br />

• exper<strong>im</strong>entierfreudig und bereit, das Risiko des Neuen einzugehen<br />

• Leistungsmotivation, Anspruchsniveau<br />

• Motivation des Neuen<br />

Für alle genannten Merkmale wurden empirisch signifikante Korrelationen mit der<br />

Innovationsbereitschaft von Personen nachgewiesen. 950 Der erste Abschnitt der Aufzählung<br />

enthält Kriterien demographischer Natur, die wenig geeignet sind, um auf<br />

Unternehmenskulturen transferiert zu werden. Im zweiten Abschnitt sind die persönlichkeitsbeschreibenden<br />

Merkmale aufgeführt. Sechs der neun Merkmale lassen sich<br />

auf zwei Persönlichkeitseigenschaften zurückführen, die Risikobereitschaft und die<br />

947 Robertson, 1971, S. 108.<br />

948 Vgl. Kaas, 1973, S. 16 ff. und Robertson, 1971, S. 92 ff.<br />

949 Vgl. Robertson, 1971, S. 92 ff.; Kassarjian/Robertson, 1968, S. 362 ff.; Trommsdorff, 1989, S. 208;<br />

Kaas, 1973, S. 24 f.; Kroeber-Riel, 1996, S. 639 f. und Midgley, 1987, S. 205 ff.<br />

950 Vgl. Kaas, 1973, S. 25 ff.<br />

339


340<br />

Motivation. Diese wurden als besonders charakteristische Eigenschaften für Innovatoren<br />

identifiziert.<br />

Wagemut (venturesomeness) oder Risikobereitschaft wurde als eine der Kerneigenschaften<br />

des Innovators identifiziert. 951 „Mit dem Erwerb eines Konsumgutes ist ein<br />

doppeltes Risiko verbunden: das wirtschaftliche Risiko, dass die an seine Lebensdauer<br />

und an seinen Gebrauchswert geknüpften Erwartungen nicht erfüllt werden,<br />

und das soziale Risiko, dass die Hoffnungen auf den Prestigeeffekt des Produktes<br />

enttäuscht werden.“ 952 Der Innovator zeichnet sich durch eine höhere Bereitschaft<br />

aus, dieses Risiko zu tragen. Eine zweite zentrale Eigenschaft des Innovators ist die<br />

Motivation, etwas Neues auszuprobieren. 953 „It is probably true that new product<br />

purchases are seen by some as a path toward status, recognition, and the esteem of<br />

family and friends.“ 954 Aber Neuigkeit allein ist nicht die einzige Motivation zum Kauf.<br />

Der Konsument ist gewöhnlich auch kritisch und sucht den Nutzen der Neuerung. 955<br />

7.1.2 Eigenschaften von innovationsfördernden Unternehmenskulturen – drei<br />

innovationsfördernde Kulturkompetenzen<br />

In diesem Abschnitt werden die Erkenntnisse aus der Konsumenten- und Diffusionsforschung<br />

auf die Unternehmenskultur übertragen. Die Unternehmenskultur als<br />

Ganzes ist zwar mehr als die Summe ihrer einzelnen Träger, besteht aber dennoch<br />

aus einer Vielzahl von Individuen. Gussmann hat gezeigt, dass eine innovationsfördernde<br />

Unternehmenskultur nur entstehen kann, wenn die Innovationsbereitschaft<br />

der Individuen gefördert wird. 956 „Dabei sind drei Komponenten der Innovationsbereitschaft<br />

zu berücksichtigen:<br />

• Können<br />

• Wollen<br />

• Dürfen.“ 957<br />

Nieder und Z<strong>im</strong>mermann sprechen auf der Ebene des Individuums von Fähigkeitsund<br />

Bereitschaftsbarrieren, die als Hemmnisse den Innovationsprozess behindern.<br />

„Was man nicht kennt, das kann man nicht; was man nicht kann, das wagt man nicht;<br />

was man nicht wagt, das will man nicht; und wer nicht will, der handelt nicht oder an-<br />

951<br />

Vgl. Rogers, 1962 und Robertson, 1971, S. 106.<br />

952<br />

Kaas, 1973, S. 57; vgl. zum Konzept des Konsumrisikos Bauer, 1968, S. 187 ff. und Kroeber/Riel,<br />

1996, S. 386 f.<br />

953<br />

Vgl. Kroeber/Riel, 1996, S. 384 f.<br />

954<br />

Robertson, 1971, S. 15.<br />

955<br />

Vgl. Mueller, 1966, S. 37 und Robertson, 1971, S. 15 f.<br />

956 Vgl. Gussmann, 1988.<br />

957 Gussmann, 1988, S. 261.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

ders, als man es sich wünscht.“ 958 Nieder und Z<strong>im</strong>mermann berücksichtigen damit<br />

die gleichen Komponenten wie Gussmann, bringen sie aber zusätzlich in eine chronologische<br />

Abfolge. Sie sprechen auch von den weichen K (weil Kennen und Können<br />

leicht zu beeinflussen sind) und von den harten W (weil Wagen und Wollen nur<br />

schwer beeinflussbar sind). Huber und Schneider gehen von der Kurzformel: Innovationsfähigkeit<br />

= Kennen * Können * Wollen aus. 959 Damit vernachlässigen sie die Risikokomponente,<br />

die aber besonders für das Innovationsmanagement eine wichtige<br />

Rolle spielt.<br />

Wenn die Komponenten von Gussmann sowie Nieder und Z<strong>im</strong>mermann mit den beiden<br />

Haupteigenschaften der Innovatoren in der Diffusionsforschung zusammengeführt<br />

werden, entspricht die Motivation dem Wollen und die Risikobereitschaft dem<br />

Dürfen. Ob ein Mitarbeiter sich mit <strong>Innovationen</strong> auseinandersetzen will, hängt von<br />

seiner intrinsischen und extrinsischen Motivation ab, beide können durch kulturelle<br />

Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Ob ein Mitarbeiter sich mit <strong>Innovationen</strong><br />

befassen, innovativ verhalten und die damit für das Unternehmen verbundenen Risiken<br />

eingehen darf, hängt von der Risikobereitschaft des Unternehmens ab. Die Expertengespräche<br />

zur Unternehmenskultur haben gezeigt, dass beide Eigenschaften<br />

wichtige Merkmale innovativer Unternehmenskulturen sind. Sie werden <strong>im</strong> Folgenden<br />

als Motivationskompetenz bzw. Risikokompetenz innovationsfördernder Unternehmenskulturen<br />

bezeichnet. 960<br />

Im Vergleich zur Charakterisierung innovativer Konsumenten muss berücksichtigt<br />

werden, dass Unternehmen aus vielen Individuen bestehen und die Entscheidungsprozesse<br />

deshalb komplexer sind. Entscheidungen werden oft nicht von einzelnen<br />

Organisationsmitgliedern, sondern in Teams gefällt. Das Fallbeispiel Migros und die<br />

Expertengespräche haben gezeigt, dass die Umsetzung und Realisierung von <strong>Innovationen</strong><br />

<strong>im</strong> Handel oft an der fehlenden Umsetzungsbereitschaft und Entscheidungsfreudigkeit<br />

scheitern. Der Innovator kann selbst die Entscheidung für eine Innovation<br />

treffen und ist durch eine erhöhte Aktivität, die auch als Handlungsbereitschaft<br />

bezeichnet werden kann, gekennzeichnet (vgl. Abschnitt 7.1.1). Schein nennt<br />

die Handlungsorientierung als eine D<strong>im</strong>ension, die hinter dem menschlichen Handeln<br />

steht. „Die Handlungs-Orientierung stellt die Tat an sich in den Mittelpunkt.“ 961<br />

Wunderer und Kuhn sprechen in der Führungslehre von umsetzungsorientierten Fähigkeiten<br />

als einem grundlegenden Bereich unternehmerischen Verhaltens und meinen<br />

damit in Anlehnung an Schumpeter die Fähigkeit, <strong>Innovationen</strong> umzusetzen. 962<br />

958<br />

Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992, S. 385.<br />

959<br />

Vgl. Huber/Schneider, 1991, S. 169.<br />

960<br />

Vgl. Tushman/O´Reilly, 1997, S. 112 und Nieder/Z<strong>im</strong>mermann, 1992, S. 385.<br />

961<br />

Schein, 1995, S. 116.<br />

962<br />

Wunderer/Kuhn, 1995, S. 6. Wunderer spricht <strong>im</strong> Zusammenhang der umsetzungsfördernden<br />

Mitarbeiterführung auch von der Handlungskompetenz, die synonym zur hier definierten<br />

Umsetzungskompetenz verstanden werden kann (vgl. Wunderer, 1997, S. 109).<br />

341


342<br />

Bezogen auf die Unternehmenskultur soll diese Eigenschaft <strong>im</strong> Folgenden als Umsetzungskompetenz<br />

der innovationsfördernden Unternehmenskultur bezeichnet werden.<br />

Die Umsetzungskompetenz entspricht dem Können, der dritten Komponente der<br />

Innovationsbereitschaft nach Gussmann. Für das Unternehmen bedeutet Umsetzungskompetenz,<br />

dass nicht nur innovative Ideen entwickelt werden, sondern auch<br />

die Umsetzung erfolgt und das Unternehmen über die dafür notwendigen Fähigkeiten<br />

verfügt, denn „ohne Umsetzung bleibt jedes Konzept nur ein Wunschtraum". 963 Die<br />

drei Eigenschaften „Motivationskompetenz“, „Risikokompetenz“ und „Umsetzungskompetenz“<br />

sind nach der Meinung der in Expertengesprächen befragten Handelsmanager<br />

geeignet, um die Innovationsfähigkeit von Unternehmenskulturen zu<br />

beschreiben. 964<br />

Der Fragebogen in Anhang C ist nicht speziell auf die drei Kulturkompetenzen ausgerichtet,<br />

weshalb eine empirische Fundierung der drei Kompetenzen anhand der<br />

vorliegenden Daten nicht möglich ist. Trotzdem wurde eine explorative Analyse<br />

durchgeführt, in der nachträglich jeder Kulturkompetenz drei Items aus dem Fragebogen<br />

zugewiesen wurden. 965 Die Auswahl der Items wurde aufgrund der Expertengespräche<br />

durchgeführt, in denen nach typischen Merkmalen für jede Kompetenz<br />

gefragt wurde. Die aus der Auswertung resultierende Typologie soll hier aus den<br />

obengenannten Gründen nicht <strong>im</strong> Detail ausgeführt werden. Statt dessen sei hier<br />

lediglich ein Ergebnis der Auswertungen festgehalten:<br />

• 34,4% der von den Befragten beurteilten erfolgreichen <strong>Innovationen</strong> sind in einem<br />

Umfeld realisiert worden, in dem alle drei Kulturkompetenzen ausgeprägt sind.<br />

45,2% sind in einem Umfeld realisiert worden, in dem eine (19,4%) oder zwei<br />

(25,8%) Kulturkompetenzen erfüllt sind.<br />

• 60% der von den Befragten beurteilten nicht erfolgreichen <strong>Innovationen</strong> sind in<br />

einem Umfeld realisiert worden, in dem keine der drei Kulturkompetenzen ausgeprägt<br />

ist. 30% sind in einem Umfeld realisiert worden, in dem eine oder zwei Kulturkompetenzen<br />

erfüllt sind.<br />

Diese Auswertungen sind, wie oben ausgeführt, nur explorativ und dürfen deswegen<br />

nicht überinterpretiert werden. In der Tendenz zeigen sie aber, dass die Kulturkompetenzen<br />

eine erfolgreiche Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> fördern, vor<br />

allem dann, wenn alle drei Kompetenzen ausgeprägt sind. Um präzise Aussagen<br />

treffen zu können, müssten die drei Kompetenzen und ihr Einfluss auf den Innovationserfolg<br />

empirisch überprüft werden<br />

963 Belz/Senn, 1997, S. 40.<br />

964 Im Gespräch mit Prof. Shangavi wurde als notwendige Voraussetzung für innovative Kulturen das<br />

3-R-Prinzip (Risk, Reward, Result) diskutiert. Die drei Kompetenzen entsprechen diesem Konzept.<br />

965 Motivationskompetenz: Fragen 15 m, 17 d, 17 g; Risikokompetenz: Fragen 17 a, 17 c, 19 f;<br />

Umsetzungskompetenz: Fragen 14 d, 15 h, 17 e.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Risikokompetenz 966<br />

Die Risikokompetenz bezieht sich auf die Risikofreudigkeit der Unternehmenskultur.<br />

Das kulturelle Umfeld erfolgreicher <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel wurde<br />

von den befragten Handelsmanagern als signifikant risikofreudiger beurteilt (vgl.<br />

Abbildung 84). Unternehmenskulturen mit einer hohen Risikokompetenz sind zukunftsorientiert,<br />

eher bereit, Neues auszuprobieren, geben ihren Mitarbeitern Freiräume,<br />

innerhalb deren sie selbst Risiken eingehen dürfen, und akzeptieren Fehler.<br />

In einigen Unternehmen wird die Risikokompetenz bewusst beschnitten. Davon ist<br />

vor allem der Discountbereich betroffen, weil hier die klare Linie des Unternehmens<br />

verschw<strong>im</strong>mt, sobald die Mitarbeiter, besonders in den Filialen, zu viele Exper<strong>im</strong>ente<br />

machen.<br />

Motivationskompetenz 967<br />

Die Unternehmenskultur muss die Organisationsmitglieder zur Entwicklung und Realisierung<br />

innovativer Lösungen motivieren. Sie muss Motive liefern, damit sich die<br />

Mitarbeiter mit <strong>Innovationen</strong> auseinandersetzen und die Notwendigkeit dafür erkennen.<br />

Diese Fähigkeit wird als Motivationskompetenz der Unternehmenskultur bezeichnet.<br />

Erfolgshonorierung (materiell und <strong>im</strong>materiell) ist ein wichtiges Instrument<br />

der Motivationskompetenz (vgl. Abbildung 84).<br />

Umsetzungskompetenz<br />

Die Umsetzungskompetenz spricht zwei Aspekte an: zum einen die Fähigkeit der<br />

Generierung und Realisierung von technologischen <strong>Innovationen</strong>, zum anderen den<br />

Willen und die Entscheidungsfähigkeit zur Umsetzung. Es hat sich in der Fallstudie<br />

und den Expertengesprächen gezeigt, dass <strong>im</strong> Handel technologische <strong>Innovationen</strong><br />

oft stiefmütterlich behandelt werden. Entscheidungen werden nicht gefällt oder in unklaren<br />

Entscheidungsstrukturen verschleppt, Prioritäten und Notwendigkeiten nicht<br />

erkannt. Gute Ideen und realisierungsreife technologische <strong>Innovationen</strong> brauchen<br />

dann unnötig mehr Zeit und Geld, was sogar so weit führen kann, dass die Innovation<br />

ins Leere läuft. In der schriftlichen Befragung wurde das kulturelle Umfeld für<br />

nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> mit der Aussage „viel Reden, wenig Handlung“ charakterisiert,<br />

ein Indikator für mangelnde Umsetzungskompetenz.<br />

Schaukasten 38: Drei innovationsfördernde Kulturkompetenzen<br />

966 Vgl. auch das Risikobewusstsein als ein Kriterium der Kulturtypologie von Ansoff, 1979, S. 120 ff.<br />

967 Vgl. auch die Motivationsfunktion der Unternehmenskultur bei Dill/Hügler, 1997, S. 154 f.<br />

343


344<br />

7.1.3 Kritische Würdigung der innovationsfördernden Kulturkompetenzen<br />

Das entwickelte Konzept der drei Kulturkompetenzen lehnt sich an der Konsumenten-<br />

und Diffusionsforschung an und transferiert Erkenntnisse von Eigenschaften, die<br />

sich auf das einzelne Individuum beziehen, auf die ganze Unternehmenskultur. Die<br />

drei abgeleiteten Eigenschaften „Risikokompetenz“, „Motivationskompetenz“ und<br />

„Umsetzungskompetenz“ sind nicht geeignet, eine Unternehmenskultur umfassend<br />

zu charakterisieren. Die explorative Datenauswertung und die Expertengespräche<br />

sprechen aber dafür, dass sie zumindest geeignet sind, einen Aspekt der Unternehmenskultur,<br />

die Innovationsfähigkeit, genauer zu beschreiben. 968 Eine Weiterentwicklung<br />

der Kompetenzen zu einer Typologie sollte an den folgenden Punkten ansetzen:<br />

• empirische Überprüfung der drei Kompetenzen anhand geeigneter Kriterien<br />

• Gruppierung von Typen und Analyse der Verhaltensweisen einzelner Typen<br />

• Überprüfung der Kausalität von Kulturkompetenzen und Innovationserfolg<br />

• Überprüfung der Anwendbarkeit und des Nutzens der Typologie für die Handelspraxis<br />

7.2 Diagnose der Unternehmenskultur<br />

„Grundlage für eine erfolgreiche Gestaltung der Unternehmenskultur bildet eine<br />

sorgfältige Diagnose der kulturellen Ausgangslage.“ 969 Diese Selbstdiagnose soll der<br />

folgende Abschnitt ermöglichen, um dann entsprechende Gestaltungsmassnahmen<br />

gezielt einleiten zu können.<br />

7.2.1 Grundsätzliches zur Diagnose der Unternehmenskultur<br />

„Im Gegensatz zur schriftlich dokumentierten Strategie oder dem graphisch darstellbaren<br />

Organigramm ist die Unternehmenskultur in ihrer Gesamtheit schwer fassbar.“<br />

970 Diese Aussage gilt auch für den Teilaspekt „Innovationsfähigkeit“ der Unternehmenskultur.<br />

Kobi und Wüthrich vergleichen die Unternehmenskultur mit einem<br />

Eisberg. Fakten und Sachprobleme sind leicht erkennbar, der weitaus grössere Teil,<br />

bestehend aus Werten, Kl<strong>im</strong>a, Emotionen und Beziehungen, bleibt dem Auge verborgen.<br />

Ziel der Kulturdiagnose ist es, so viel wie möglich des Unbewussten und Unsichtbaren<br />

sichtbar und bewusst zu machen. 971<br />

Entsprechend der qualitativen Eigenschaften und der Komplexität der Unternehmenskultur<br />

sind verschiedene Diagnoseinstrumente notwendig, um eine umfassende<br />

968 Vgl. auch die Innovationsorientierung von Unternehmenskulturen bei Kobi/Wüthrich, 1986, S. 92<br />

und 119.<br />

969 Pümpin, 1990, S. 22.<br />

970 Kobi/Wüthrich, 1986, S. 68.<br />

971 Vgl. Kobi/Wüthrich, 1986, S. 73.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

und tiefgehende Kulturdiagnose durchführen zu können. 972 Abbildung 94 gibt eine<br />

Übersicht über die Diagnoseinstrumente, die <strong>im</strong> Folgenden kurz erläutert werden. 973<br />

Dokumentenanalyse<br />

Firmenrundgang<br />

Fragebogen<br />

Sitzungsbeobachtung<br />

Einzelgespräche<br />

ergänzende Erhebungen<br />

Abbildung 94: Übersicht über Diagnoseinstrumente zur Analyse der<br />

Unternehmenskultur 974<br />

Dokumentenanalyse<br />

Sie dient dem Einstieg, kann einen ersten Eindruck vermitteln und bietet Anhaltspunkte<br />

und Fragen für die weitere, vertiefende Diagnose. Zu den auswertbaren Dokumenten<br />

gehören der Geschäftsbericht, die Unternehmensstrategie (wenn sie in<br />

schriftlicher Form vorliegt), Organigramme, Stellenbeschreibungen, Führungsleitsätze<br />

usw.<br />

Über die Motivationskompetenz gibt besonders die Ausgestaltung der Anreizkonzepte,<br />

Honorierungskonzepte, Beförderungsregelungen und die schriftliche Fixierung<br />

der Innovationsabsicht Auskunft. Ob das Unternehmen Risikokompetenz besitzt und<br />

dem einzelnen Mitarbeiter einen „Risikoraum“ zuweist, in dem er sich bewegen darf,<br />

kann bereits aus den Stellenbeschreibungen, der Vision und den Organigrammen<br />

972 Vgl. Pümpin, 1990, S. 28; Kobi/Wüthrich, 1986, S. 75 und Levinson, 1991, S. 45 ff. Zum Problem<br />

der Erfassung und Messung von Unternehmenskulturen vgl. Drumm, 1988, S. 130 ff.; Osterloh, 1988,<br />

S. 140 ff.; Kasper, 1987, S. 23 f.<br />

973 Für ausführlichere Darstellungen vgl. Kobi/Wüthrich, 1986, S. 75 ff. und Pümpin, 1990, S. 28 ff.<br />

974 Kobi/Wüthrich, 1986, S. 75.<br />

345


346<br />

ersichtlich sein. Die Handlungskompetenz kann in den Führungsleitsätzen und Entscheidungsregeln<br />

abgelesen werden, sofern diese schriftlich fixiert sind.<br />

Firmenrundgang<br />

Der Firmenrundgang ist besonders sinnvoll, wenn ein externer Berater die Kulturdiagnose<br />

durchführt, aber auch ein interner Mitarbeiter kann durch den Besuch anderer<br />

Unternehmensbereiche Hinweise auf die Ausgestaltung der Kultur bekommen. Zu<br />

achten ist dabei auf den Arbeitsstil, die Gestaltung der Räumlichkeiten und Gebäude,<br />

das Verhalten der Mitarbeiter, die Atmosphäre oder St<strong>im</strong>mung, den Umgang untereinander,<br />

den Stil der Telefonate usw.<br />

Dieses Instrument ist besonders aussagefähig für die Motivationskompetenz, da sich<br />

nach Herzberg durch die Hygienefaktoren (z. B. Einrichtung und Arbeitsmaterial) Arbeitsunzufriedenheit<br />

verhindern lässt. 975<br />

Fragebogen<br />

Eine anonyme Mitarbeiterbefragung kann die kulturelle Wahrnehmung der Mitarbeiter<br />

erfassen. Besonders wichtig ist die glaubwürdige Zusicherung der Anonymität,<br />

bestenfalls wird die Befragung bzw. Auswertung durch einen externen Dienstleister<br />

durchgeführt. In einem speziell auf das Unternehmen zugeschnittenen Fragebogen<br />

sollten alle relevanten Kriterien der drei Kulturkompetenzen wie z. B. Zusammenarbeit,<br />

Hierarchien, Führungsverhalten, Karrieremechanismen, Anreizsysteme usw.<br />

enthalten sein.<br />

Die Befragung ist besonders gut geeignet, um die drei Kompetenzbereiche detailliert<br />

aus Sicht der <strong>im</strong> Unternehmen Betroffenen zu erfassen. Die Auswahl und Formulierung<br />

der Fragen ist dabei sehr wichtig, um einerseits die drei Kompetenzbereiche gut<br />

abzudecken und andererseits für die Befragten einen verständlichen Fragebogen zu<br />

erstellen, der keine erwünschten Antworten suggeriert.<br />

Sitzungsbeobachtung<br />

Die Beobachtung von Teamsitzungen, aber vor allem von Geschäftsleitungssitzungen<br />

gibt Aufschluss darüber, was den Führungskräften wichtig ist und welche Werte<br />

und Normen sie leben. Im Rahmen der Inhaltsanalyse werden die Tagesordnungspunkte,<br />

die Zeitverteilung auf die einzelnen Sitzungspunkte und die Anzahl interessierter<br />

bzw. desinteressierter Teilnehmer genauer betrachtet. Durch die Interaktionsanalyse<br />

werden die Häufigkeiten der Interaktionen der einzelnen Sitzungsteilnehmer<br />

und ihr Umgang miteinander registriert. Die Beobachtung von Ritualen und symboli-<br />

schen Handlungen ergänzt die Interaktionsanalyse. Beobachtet werden z. B. Sitz-<br />

975 Vgl. Herzberg et al., 1967 und Weinert, 1987, S. 268 ff.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

ordnung, M<strong>im</strong>ik, Gestik, Atmosphäre, Konfliktverhalten, Kritikverhalten, Vertrauen<br />

bzw. Misstrauen, Rollenverhalten usw.<br />

Die Sitzungsbeobachtung kann insbesondere Informationen über die Ausprägung<br />

der Umsetzungskompetenz liefern. Wird viel geredet und wenig entschieden bzw.<br />

gehandelt, oder verhält es sich umgekehrt? Sind <strong>im</strong> Unternehmen auch „Macher“<br />

vorhanden, die die notwendigen Kompetenzen zur Umsetzung besitzen? Auch die<br />

Risiko- und Motivationskompetenz können in Sitzungen beobachtet werden. Dabei<br />

ist besonders auf die Interaktion von Vorgesetzten und Mitarbeitern zu achten. Fördert<br />

und honoriert die Führung risikoreiches Verhalten, werden Leistungen anerkannt<br />

und gelobt, wie verhält sich die Führung, wenn Fehler festgestellt werden usw.?<br />

Einzelgespräche<br />

Einzelgespräche mit verschiedenen ausgewählten Mitarbeitern sind der Kern der<br />

Kulturdiagnose. Offene Fragen, Widersprüche, Missverständnisse und Unklarheiten<br />

können geklärt werden. Entscheidend ist die Fähigkeit des Interviewers, zuhören zu<br />

können.<br />

Auch dieses Diagnoseinstrument ist geeignet, alle drei Kompetenzen detailliert zu<br />

hinterfragen. Wichtig ist ein gut durchdachter und strukturierter Gesprächsleitfaden,<br />

der es dem befragten Mitarbeiter erleichtert, die Thematik zu verstehen, und ihn nicht<br />

dazu verleitet, sozial erwünschte Antworten zu geben. Deswegen ist es auch bei diesem<br />

Instrument hilfreich, wenn ein Unternehmensexterner die Gesprächsführung<br />

übern<strong>im</strong>mt.<br />

Weitere Diagnosemöglichkeiten<br />

Je nach Situation und Anforderungen können weitere Instrumente in die Diagnose<br />

einbezogen werden wie z. B. Kundenbefragungen, Lieferantenbefragungen, Gruppeninterviews,<br />

Teilnahme an Firmenevents, Testkäufe, Testanrufe usw.<br />

Die Ausführungen zeigen, dass es eine Vielzahl von Diagnoseinstrumenten gibt, die<br />

erst in der Kombination ein annähernd vollständiges Bild der Unternehmenskultur zu<br />

zeichnen erlauben. Dies gilt auch für die Diagnose der drei Kompetenzbereiche einer<br />

innovationsfördernden Unternehmenskultur. Eine vollständige Diagnose der drei<br />

Kompetenzen kann demnach hier nicht abschliessend erfolgen, da ein Grossteil der<br />

Instrumente vor Ort <strong>im</strong> Unternehmen selbst eingesetzt werden muss. Trotzdem soll<br />

hier der Versuch unternommen werden, pragmatische Hinweise zur Selbstdiagnose<br />

zu geben, die über die Ausprägungen der drei Kompetenzen <strong>im</strong> eigenen Unternehmen<br />

informieren. Dazu wird <strong>im</strong> folgenden Abschnitt eine Checkliste vorgestellt.<br />

Im Anschluss an die Diagnose müssen die Daten aufbereitet und interpretiert werden,<br />

damit die richtigen Gestaltungsempfehlungen abgeleitet werden können. Um<br />

347


348<br />

nicht aufgrund der herrschenden Betriebsblindheit nur die Dinge wahrzunehmen, die<br />

konform sind, ist es ratsam, die Ergebnisse mit externen Beratern zu diskutieren. 976<br />

Wenn sich in einzelnen Kompetenzen Defizite zeigen, dann sollten Massnahmen zur<br />

aktiven Beeinflussung dieser Kompetenzen eingeleitet werden (vgl. Abschnitt 7.3).<br />

Abbildung 95 veranschaulicht den hier beschriebenen Kulturdiagnoseprozess.<br />

Diagnosekriterien:<br />

•Risikokompetenz<br />

•Motivationskompetenz<br />

•Umsetzungskompetenz<br />

Tatsächliche Unternehmenskultur<br />

als Ganzes<br />

Symptome:<br />

•Rituale und Symbole<br />

•Kommunikation<br />

•Strukturen und Prozesse<br />

•Führungssysteme<br />

•Beziehungen zum Kunden<br />

•usw.<br />

Diagnoseinstrumente:<br />

•Checkliste<br />

•Dokumentenanalyse<br />

•Firmenrundgang<br />

•Sitzungsbeobachtung<br />

•Fragebogen<br />

•Einzelgespräche<br />

•usw.<br />

Auswertung, Visualisierung und Interpretation<br />

Abbildung 95: Der Kulturdiagnoseprozess 977<br />

976 Vgl. Pümpin, 1990, S. 29.<br />

977 In Anlehnung an Pümpin, 1990, S. 30.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

7.2.2 Checkliste zur Diagnose der innovationsfördernden Kulturkompetenzen<br />

Die folgende Checkliste ist nur ein ergänzendes Instrument zu den <strong>im</strong> vorhergehenden<br />

Abschnitt genannten Diagnoseinstrumenten, um die Innovationsfähigkeit der<br />

Unternehmenskultur zu prüfen. Sie kann aber relativ rasch darauf Antwort geben, in<br />

welcher Kulturkompetenz eventuell Defizite liegen und wo eine vertiefende Analyse<br />

gerechtfertigt ist. Deswegen kann die folgende Checkliste auch als Einstiegsinstrument<br />

betrachtet werden, dem eine vertiefende Analyse mit den genannten Diagnoseinstrumenten<br />

folgen sollte.<br />

Die Checkliste unterscheidet Risikokompetenz, Motivationskompetenz und Umsetzungskompetenz.<br />

Die Fragen sind einfach gehalten und beziehen sich auf die verschiedenen<br />

Symptome, durch die Unternehmenskulturen sichtbar werden (vgl.<br />

Abbildung 95). Die Zusammenstellung erfolgte aufgrund der Expertengespräche und<br />

der Auswertung der Literatur, wobei diese nicht explizit von den drei Kompetenzen<br />

ausgeht.<br />

Checkliste zur Diagnose der innovationsfördernden Kulturkompetenzen<br />

Fragen zur Risikokompetenz Ja Nein<br />

Wir beobachten und analysieren regelmässig das Unternehmensumfeld.<br />

Wir fragen uns regelmässig, wo unser Unternehmen in 10 Jahren steht, welche<br />

Leistungen wir für welche Kunden anbieten.<br />

Es gibt in unserem Unternehmen einen Risikofreiraum für jeden Mitarbeiter,<br />

d. h. jeder Mitarbeiter darf ein definiertes Mass an Risiko eingehen.<br />

Jeder Mitarbeiter kennt den Risikofreiraum, in dem er sich frei bewegen kann<br />

und soll.<br />

Wir akzeptieren Fehler, denn aus Fehlern können wir lernen.<br />

Wir treffen in unserem Unternehmen Entscheidungen vergleichsweise rasch.<br />

Neue Ideen, auch risikoreiche Projekte werden gefördert und finden finanzielle<br />

Unterstützung.<br />

Bei den zu treffenden Entscheidungen akzeptieren wir eine weite Spannbreite<br />

der möglichen Auswirkungen der Entscheidungen.<br />

Risikoreiche Entscheidungen werden durch ein Risikomanagement (Entscheidungsbaum,<br />

Analyse der möglichen Konsequenzen usw.) begleitet, um<br />

Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen.<br />

Ergebnis zur Risikokompetenz:<br />

349


350<br />

Fragen zur Motivationskompetenz Ja Nein<br />

Lob und Anerkennung sind in unserem Unternehmen eine weitverbreitete<br />

Vorgehensweise, um gute Leistungen zu honorieren.<br />

Wir versuchen die Aufgaben der Mitarbeiter möglichst umfassend, vielseitig<br />

und abwechslungsreich zu gestalten.<br />

Lob und Anerkennung kennen in unserem Unternehmen keine Hierarchien.<br />

Die Kommunikation in unserem Unternehmen ist sehr offen; es ist üblich,<br />

dass die obersten Hierarchien des Unternehmens regelmässig mit Mitarbeitern<br />

aller Hierarchiestufen kommunizieren.<br />

Die Mitarbeiter bringen sich stark ein, z. B. durch ihre Beteiligung am betrieblichen<br />

Vorschlagswesen oder in ausgeschriebenen Verbesserungsprojekten.<br />

Die Mitarbeiter haben Spass an der Arbeit.<br />

Die Bestrafung von Fehlern lehnen wir ab.<br />

Bei der Personalauswahl achten wir auf die intrinsische Motivation der Bewerber<br />

(Ehrgeiz, Spass an der Arbeit, Begeisterungsfähigkeit usw.).<br />

Ergebnis zur Motivationskompetenz:<br />

Fragen zur Umsetzungskompetenz Ja Nein<br />

In den Sitzungen und Besprechungen unseres Unternehmens wird nicht nur<br />

geredet, sondern auch viel beschlossen und gehandelt.<br />

Die Umsetzung unserer <strong>Innovationen</strong> und anderer Projekte erfolgt in der Regel<br />

ohne grössere Planungsabweichungen.<br />

Wir leiden phasenweise unter einem Projektoverload, können aber Prioritäten<br />

setzen und die verfügbaren Ressourcen opt<strong>im</strong>al lenken.<br />

Betroffene werden in Entscheidungen eingebunden und über Veränderungen<br />

informiert.<br />

Gerade wenn es um technologische <strong>Innovationen</strong> geht, verknüpfen wir uns<br />

stark mit Externen (Agenturen, Beratern, Experten).<br />

Innovationsprojekte werden systematisch verfolgt und begleitet.<br />

Die Entscheidungs- und Handlungskompetenz des einzelnen ist in unserem<br />

Unternehmen hoch.<br />

Ergebnis zur Umsetzungskompetenz:<br />

Anwendung:<br />

Beantworten Sie jede Frage möglichst objektiv. Am besten füllen mehrere Mitarbeiter des<br />

gleichen Unternehmens die Checkliste aus; dies kann individuell, aber auch gemeinsam<br />

durch Konsensfindung geschehen. Tragen Sie in der Zeile „Ergebnis“ die Anzahl der Ja- und<br />

Nein-Nennungen für jeden Abschnitt ein. Werden die Fragen in einem Abschnitt mehrheitlich<br />

mit Nein beantwortet, so ist diese Kulturkompetenz in Ihrem Unternehmen schwach ausgeprägt.<br />

Wenn sich dieser erste Eindruck durch eine genauere Analyse bestätigt, sollten Sie<br />

Massnahmen zur Förderung der Kulturkompetenzen einleiten (vgl. Abschnitt 7.3).<br />

Abbildung 96: Checkliste zur Diagnose der innovationsfördernden<br />

Kulturkompetenzen


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

7.2.3 Kritische Würdigung der Checkliste zur Diagnose der<br />

innovationsfördernden Kulturkompetenzen<br />

Da die Unternehmenskultur nicht greifbar und von Unternehmen zu Unternehmen<br />

verschieden ist, kann eine Checkliste keine vollständige Kulturdiagnose ermöglichen.<br />

Das war auch die einst<strong>im</strong>mige Meinung der befragten Handelsexperten. Dennoch<br />

gibt es einige Merkmale der drei Kulturkompetenzen, die <strong>im</strong>mer wieder in den Expertengesprächen<br />

genannt wurden. Diese Merkmale sind, ergänzt durch die Literatur,<br />

in der Checkliste erfasst.<br />

Versteht man die Checkliste als ersten Schnelltest, so kann sie, wenn sie seriös ausgefüllt<br />

wird, durchaus erste Schwachstellen aufzeigen. Voraussetzung ist, dass der<br />

Anwender versucht, objektiv und selbstkritisch zu sein, wobei nichts dagegen spricht,<br />

sich mit Kollegen oder Mitarbeitern abzust<strong>im</strong>men. Bevor jedoch umfassende Änderungen<br />

zur Steigerung der Innovationsfähigkeit eingeleitet werden, empfiehlt sich die<br />

genauere Analyse der Kompetenzen, z. B. durch eine Mitarbeiter- und <strong>Management</strong>befragung.<br />

Sinnvoll ist es auch, einen Externen in die Diagnose einzubeziehen, um<br />

Betriebsblindheit vorzubeugen. Für die Weiterentwicklung der Checkliste müssten<br />

empirisch Kriterien zur Messung der Kulturkompetenzen erhoben werden. Sobald<br />

dies geschehen ist, muss die Checkliste vervollständigt und ihre Treffsicherheit in der<br />

Praxis überprüft werden.<br />

7.3 Verhaltensbezogene Handlungsempfehlungen zur Gestaltung<br />

einer innovationsfördernden Unternehmenskultur<br />

Dieser Abschnitt gibt Empfehlungen zur Gestaltung der innovationsfördernden Unternehmenskultur.<br />

Dabei werden wie schon in der Kulturdiagnose die drei Kulturkompetenzen<br />

unterschieden. Es hat sich aber in den Expertengesprächen gezeigt,<br />

dass die Unterscheidung der drei Kompetenzen für die Diagnose zwar durchaus<br />

sinnvoll ist, die Gestaltungsmassnahmen sich aber nicht so eindeutig und trennscharf<br />

den einzelnen Kompetenzen zuordnen lassen. Abbildung 97 gibt einen Überblick<br />

über die Ansatzpunkte zur Förderung einer Innovationskultur und ordnet die Massnahmen<br />

den drei Kulturkompetenzen zu. Dabei wird eine Massnahme derjenigen<br />

Kompetenz zugeordnet, auf die sie am stärksten Einfluss hat. Andere Massnahmen<br />

betreffen zwei oder mehr Kompetenzen und sind dementsprechend in der Schnittmenge<br />

erfasst. Massnahmen, die einen umfassenden Charakter haben, d. h. alle drei<br />

Kompetenzen fördern, sind in der Mitte der Abbildung dargestellt. Die Auswahl und<br />

Zuordnung der Massnahmen stützt sich auf die Aussagen der in den Expertengesprächen<br />

befragten Handelsmanager und folgt Plausibilitätsüberlegungen.<br />

Die Ansatzpunkte zur Förderung der Innovationskultur sind Massnahmen nicht nur<br />

<strong>im</strong> Kräftefeld „Kultur“, sondern auch in den anderen Kräftefeldern (Organisation, Kon-<br />

351


352<br />

zept usw.). Die anderen Kräftefelder werden in diesem Zusammenhang instrumentalisiert,<br />

um gemäss der Aussage von Kobi und Wüthrich die Rahmenbedingungen<br />

für eine Innovationskultur zu gestalten.<br />

•Empowerment:<br />

Handlungsfreiräume<br />

und Kompetenzen<br />

•Personalentwicklung<br />

Umsetzungskompetenz<br />

•Tools zur Umsetzung,<br />

z.B. Projektmanagement<br />

•Innovationsförderndes<br />

Handeln der Führung<br />

•Förderung der<br />

Kommunikationskompetenz<br />

Motivationskompetenz<br />

•Teamzusammensetzung und Vertrauen<br />

•Honorierung von Erfolgen<br />

•Personalauswahl<br />

•Gruppenanreize<br />

•Vorschlagswesen oder andere Möglichkeiten,<br />

sich einzubringen<br />

•Tools zur Förderung von Kreativität<br />

•Intrapreneuring und<br />

Intrakapital<br />

•Kooperative Netzwerke<br />

mit externen Partnern<br />

•Innovationsprojekte<br />

systematisch fördern<br />

•Vision/Verfassung<br />

•Risikobereitschaft<br />

der obersten Führung<br />

(Machtpromotoren)<br />

•Fehlerakzeptanz<br />

Risikokompetenz<br />

•Früherkennung von Risiken<br />

•Risikoräume der MA<br />

schaffen und<br />

kommunizieren<br />

•Risikomanagement<br />

durch Innovationsmanagement<br />

und<br />

-controlling<br />

•Belohnung von<br />

risikoreichem<br />

Verhalten<br />

Abbildung 97: Ansatzpunkte zur Steigerung der Kulturkompetenzen für eine<br />

innovationsfördernde Unternehmenskultur<br />

Die Zusammenstellung in Abbildung 97 wirft die Frage auf, was an den genannten<br />

Ansatzpunkten technologie- und handelsspezifisch ist. Bereits in Abschnitt 7 wurde<br />

darauf hingewiesen, dass die innovationsfördernde Unternehmenskultur nicht nur für<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> eine grosse Bedeutung hat und die Massnahmen zur<br />

Gestaltung weitestgehend unabhängig von der Innovationsart sind. Der Bezug zum<br />

Handel wird in der Erläuterung der Ansatzpunkte berücksichtigt und durch verschie-


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

dene Kurzbeispiele aus dem Handel illustriert. Dadurch soll aufgezeigt werden, wie<br />

der Handel die Massnahmen realisiert (vgl. auch Kapitel 5).<br />

„Es gibt kein Kulturmanagement, sondern nur kulturbewusstes <strong>Management</strong>. Unternehmenskultur<br />

kann in diesem Sinne nicht ‚gemanagt‘, sondern nur ‚vorgelebt‘ und<br />

‚gelebt‘, allenfalls gestaltet werden.“ 978 Alle genannten Ansatzpunkte sind geeignet,<br />

die Kulturkompetenzen zu gestalten. Allerdings muss sich jedes Unternehmen darüber<br />

<strong>im</strong> klaren sein, dass die Umsetzung ausgewählter Massnahmen nicht sofort<br />

eine Kulturänderung zur Folge hat. „Making changes in structure and systems is relatively<br />

easy; making changes in culture is not.“ 979 Der Kulturveränderungsprozess ist<br />

ein langwieriger und sehr sensibler Prozess, bei dem kurzfristige Erfolgsmassstäbe<br />

ungeeignet sind. Das erlernte und durch Erfahrungen eingeübte Verhalten von Menschen<br />

soll geändert werden, doch das braucht Zeit. 980 „Wenn ein Unternehmen seine<br />

Kultur ändern will, bedeutet dies, dass die gewachsenen Wertvorstellungen der Mitarbeiter<br />

zu ändern sind. Angestammte und vertraute Verhaltensweisen müssen aufgegeben<br />

oder angepasst werden.“ 981<br />

„Die Veränderung der Unternehmung hin zu einer innovationsakzeptierenden und<br />

-fördernden Organisation ist selbst eine Innovation. Auch ihre Notwendigkeit muss<br />

erkannt, gewollt, sorgfältig geplant und durchgeführt werden.“ 982 Die Notwendigkeit<br />

zur Veränderung ergibt sich aus den Rahmenbedingungen des Marktes (vgl. Kapi-<br />

tel 1, Innovationschancen und Innovationsdruck). Die Innovationsorientierung muss<br />

als strategische Absicht bzw. Grundausrichtung des Handelsunternehmens formuliert<br />

werden (vgl. Abschnitt 4.2.1 und 5.5 zu den Vorgaben der Unternehmensstrategie);<br />

dies unterstützt den Kulturveränderungsprozess und signalisiert die Bedeutung des<br />

Themas. Die Selbstdiagnose hilft, Stärken und Schwächen der eigenen Innovationskultur<br />

zu erkennen, wobei die Massnahmen dazu beitragen können, die Defizite gezielt<br />

zu beheben. Besonders <strong>im</strong> Handel kann ein schrittweises Vorgehen notwendig<br />

sein, um den Kulturbruch nicht zu gross werden zu lassen. Dennoch gibt es auch<br />

gegen diese grundsätzlichen Veränderungen, die ein innovationsförderndes Unternehmen<br />

zum Ziel haben, erhebliche Widerstände: „There is no more delicate matter<br />

to take in hand, nor more dangerous to conduct, nor more doubtful in its success,<br />

than to be a leader in the introduction of changes. For he who innovates will have for<br />

enemies all those who are well off under the old order of things, and only lukewarm<br />

supporters in those who might be better off under the new.“ 983 Diese Aussage zeigt,<br />

wie wichtig die Führung <strong>im</strong> Veränderungsprozess ist. 984 Die gesamte Unterneh-<br />

978 Kobi/Wüthrich, 1986, S. 162.<br />

979 Tushman/O´Reilly, 1997, S. 35.<br />

980 Vgl. Pümpin, 1990, S. 24 f.<br />

981 Kobi/Wüthrich, 1986, S. 159.<br />

982 Berthel, 1987, S. 8.<br />

983 Machiavelli, 1985, S. 44.<br />

984 Vgl. Doppler/Lauterburg, 1994, S. 54 f. und 308 ff.<br />

353


354<br />

mensführung muss sich einig sein, innovationsfördernde Massnahmen umsetzen zu<br />

wollen und auch zu leben. Geschieht dies nicht, ist die Wahrscheinlichkeit gross,<br />

dass die ergriffenen Massnahmen zu Alibiveranstaltungen werden. Kobi und<br />

Wüthrich nennen die folgenden Voraussetzungen für eine bewusste Unternehmenskulturgestaltung:<br />

985<br />

• kultursensible Geschäftsleitung<br />

• die Mitarbeiter an der Gestaltung mit Erfolgserlebnissen teilhaben lassen<br />

• überschaubare Schwergewichte in der Gestaltung bilden (Schwerpunkt Innovationsfähigkeit)<br />

• Zeichen setzen, symbolische Handlungen vornehmen<br />

• Kombination von direkten (z. B. Aktionsprogramme, Projekte, Organisation usw.)<br />

und indirekten (z. B. Information, symbolische Handlungen, informelle Kontakte<br />

usw.) Mitteln<br />

Der Schwerpunkt in den folgenden Ausführungen liegt bei den Ansatzpunkten, die<br />

alle drei Kulturkompetenzen betreffen und somit eine innovationsfördernde Unternehmenskultur<br />

umfassend stärken (ausgenommen die Vision, da diese bereits in Abschnitt<br />

5.5.2.2 diskutiert wurde). Die anderen Massnahmen, die eine oder zwei Kulturkompetenzen<br />

betreffen, wurden bereits in Kapitel 5 als Ansatzpunkte zu den<br />

sechs Kräftefeldern behandelt. Im Folgenden werden sie nicht noch einmal ausgeführt,<br />

sondern lediglich mit ihren entsprechenden Abschnitten aufgezählt.<br />

Ansatzpunkte zur Steigerung der Umsetzungskompetenz<br />

• Empowerment: Handlungsfreiräume und Kompetenzen (5.4.2.2.5)<br />

• Tools zur Umsetzung, z. B. Projektmanagement (4.2)<br />

• Innovationsförderndes Handeln der Führung (5.4.2.2.7)<br />

• Förderung der Kommunikationskompetenz (5.3.2.7 und 5.4.2.2.6)<br />

Ansatzpunkte zur Steigerung der Motivationskompetenz<br />

• Teamzusammensetzung und Vertrauen (5.3.2.1)<br />

• Honorierung von Erfolgen (5.3.2.4 und 5.4.2.2.3)<br />

• Personalauswahl (5.3.2.6)<br />

• Gruppenanreize (5.3.2.4)<br />

• Vorschlagswesen (5.3.2.3)<br />

• Tools zur Förderung von Kreativität (5.3.2.5)<br />

• Personalentwicklung (5.3.2.7)<br />

985 Vgl. Kobi/Wüthrich, 1986, S. 164.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Ansatzpunkte zur Steigerung der Risikokompetenz<br />

• Früherkennung von Risiken (4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3)<br />

• Risikoräume der Mitarbeiter schaffen und kommunizieren (5.4.2.2.4)<br />

• Risikomanagement durch Innovationsmanagement und -controlling (4.2 und besonders<br />

4.2.7 und 5.7.2.1)<br />

• Belohnung von risikoreichem Verhalten (5.4.2.2.4 und 5.4.2.2.3)<br />

• Fehlerakzeptanz (5.4.2.2.2)<br />

• Risikobereitschaft der obersten Führung (5.4.2.2.8, 5.5.2.2, 5.7.2.2 und 5.2.3.3)<br />

Umfassende Ansatzpunkte für eine innovationsfördernde Unternehmenskultur<br />

• Innovationsprojekte systematisch fördern<br />

Die Rolle der Führung für eine innovationsfördernde Unternehmenskultur wurde bereits<br />

in Kapitel 5 betont. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass ein blosses Bekenntnis<br />

zu <strong>Innovationen</strong> nicht ausreicht, sondern konkrete innovationsfördernde<br />

Massnahmen initiiert werden müssen. Eine systematische Förderung von Innovationsprojekten,<br />

die den Mitarbeitern bekannt ist, sollte umfassend an den drei Kulturkompetenzen<br />

ansetzen. Sie sollte vor allem die intrinsische Motivation fördern, was<br />

etwa durch interessante Herausforderungen, Freiräume und Erweiterungen des Aufgabenfeldes<br />

geschehen kann. Sie sollte die Risikobereitschaft des Unternehmens<br />

kommunizieren und die Umsetzungskompetenz durch den Willen zum Handeln stärken.<br />

Diese Ziele können nur erreicht werden, wenn <strong>Innovationen</strong> nicht als Zufallsprodukt<br />

betrachtet, sondern als explizites Ziel formuliert und systematisch gefördert<br />

werden. Eine Massnahme, die diesen Anforderungen gerecht wird, steht bei Karstadt<br />

vor der Realisierung.<br />

Fallbeispiel Karstadt:<br />

Karstadt arbeitet an einem Konzept, das Mitarbeitern, vornehmlich Nachwuchsführungskräften,<br />

die Möglichkeit eröffnet, innovative Projekte selbst auszurufen und Projektgruppen<br />

zu installieren. Die Projektgruppen haben auf Vorstands- oder Direktionsebene<br />

einen Coach oder Mentor. Pro Jahr sollen max<strong>im</strong>al 20 Innovationsprojekte<br />

986 parallel zur bestehenden Organisation durchgeführt werden, ein Gremium<br />

entscheidet über die Auswahl der Vorschläge. Wichtig ist die Betreuung durch ein<br />

Mitglied der Unternehmensleitung, das sich als Machtpromotor einbringen soll. Alle<br />

anderen Projekte zur Opt<strong>im</strong>ierung usw. sollen in der bestehenden Organisation mit<br />

verbesserten Tools effizient abgewickelt werden.<br />

986 20 Projekte erscheinen auf den ersten Blick sehr viel, doch handelt es sich dabei auch um kleinere<br />

<strong>Innovationen</strong>. Die Erfahrungswerte werden zeigen, ob diese Zahl nach unten korrigiert werden muss.<br />

355


356<br />

Das Fallbeispiel zeigt, dass bei Karstadt nicht nur einzelne Einflussgrössen opt<strong>im</strong>iert<br />

werden, sondern eine Massnahme umgesetzt wird, die verschiedene einzelne innovationsfördernde<br />

Komponenten, die auch in Kapitel 5 ausgeführt wurden, integriert:<br />

− Für die betroffenen Mitarbeiter wird eine Herausforderung geschaffen, die ihr<br />

Tätigkeitsfeld erweitert und ihnen neue Entscheidungs- und Handlungsfreiräume<br />

erschliesst. Diese Personalentwicklung „on the job“ fördert die Motivationskompetenz<br />

des Unternehmens.<br />

− Die Begrenzung auf Innovationsprojekte sowie die Kommunikation und Realisierung<br />

dieses Programms zeigen deutlich die Bedeutung, die <strong>Innovationen</strong> für<br />

Karstadt haben. Dass diese Massnahme von der obersten Führung auch finanziell<br />

getragen wird, fördert in besonderem Masse die Risikokompetenz.<br />

− Das Promotorenmodell unterstreicht die Bedeutung der <strong>Innovationen</strong> und fördert<br />

durch die Tatsache, dass Entscheidungsträger der obersten Führungsebene<br />

in den Prozess involviert sind, die Umsetzungskompetenz. Die Erfahrungswerte,<br />

die durch die Anzahl innovativer Projekte pro Jahr entstehen, tra-<br />

gen dazu bei, dass Know-how, wie z. B. das Projektmanagement, <strong>im</strong> Umgang<br />

mit <strong>Innovationen</strong> systematisch aufgebaut wird. Auch dies wirkt sich positiv auf<br />

die Umsetzungskompetenz aus.<br />

• Kooperative Netzwerke mit externen Partnern<br />

In den Expertengesprächen hat sich gezeigt, dass der Handel bei der Realisierung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> in zunehmendem Masse Kooperationen mit externen<br />

Partnern eingeht. Der Begriff der Kooperation ist jedoch strenggenommen nicht treffend,<br />

da es sich in der Regel nicht um Kooperationsprojekte handelt, bei denen die<br />

Partner eine Ergebnisteilung vereinbaren und gleichberechtigt Ressourcen einbringen.<br />

987 Es wurde auch <strong>im</strong>mer wieder der Begriff des virtuellen Unternehmens verwendet,<br />

der aber ebenfalls nicht zutreffend ist, da kein gemeinsames Interesse an<br />

der Nutzung temporärer Marktchancen besteht und der Handel in der Regel als zahlender<br />

Partner eine dominante Stellung hat. 988 Genaugenommen handelt es sich um<br />

einfache Auftragsverhältnisse. Die Handelsexperten betonten aber, dass trotz der<br />

wirtschaftlich dominanten Rolle des Handels die Zusammenarbeit einer Kooperation<br />

bzw. einem virtuellen Unternehmen gleicht. Deswegen wird hier der Begriff der Kooperation<br />

beibehalten. Derartige Innovationskooperationen sind in der Industrie<br />

durchaus verbreitet. Wenn von der finanziellen Auftraggeberfunktion des Handels<br />

abgesehen und die Form der Zusammenarbeit, wie sie in den Gesprächen geschildert<br />

wurde, betrachtet wird (vgl. Fallbeispiele unten), dann bietet sich der Begriff der<br />

kooperativen Netzwerke für die Innovationskooperationen <strong>im</strong> Handel an. „Als kooperative<br />

Netzwerke werden solche Zusammenarbeitsformen bezeichnet, die mehrere<br />

gleichberechtigte Partner aus z. T. unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen verei-<br />

987 Vgl. Staudt et al., 1992, S. 3 ff. und Hauschildt, 1997, S. 191.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

nen.“ 989 Snow spricht von stabilen, Lorenzoni, Grandi und Boari von externen Netzwerken.<br />

In beiden Fällen werden Netzwerke beschrieben, die durch ein starkes fokales<br />

Unternehmen, das über zahlreiche enge Verbindungen zu anderen Unternehmen<br />

und Institutionen verfügt, gekennzeichnet sind. Dabei sind die Beiträge der Kooperationspartner<br />

für das fokale Unternehmen von grosser Bedeutung. 990 Diese Beschreibung<br />

entspricht den Kooperationen, die <strong>im</strong> Handel bei der Entwicklung und<br />

Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> zu finden sind.<br />

Die Vorteile der Kooperationen für den Handel liegen in der schnellen Erschliessung<br />

von Know-how, Kostenvorteilen und einer kürzeren T<strong>im</strong>e-to-market-period. 991 Der<br />

häufig bei Innovationskooperationen gefürchtete Nachteil des Verlustes von Knowhow<br />

spielt <strong>im</strong> Handel eine untergeordnete Rolle, da der Handel bei der Entwicklung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> stärker auf das Know-how der Kooperationspartner<br />

angewiesen ist. 992 Grösser ist die Gefahr, in eine Abhängigkeit zu geraten. Deswegen<br />

darf die Kooperation für den Handel nicht als blosse Lieferantenbeziehung, sondern<br />

muss als Quelle der Ausbildung und Organisationsentwicklung betrachtet werden.<br />

Denn nur so wird eigenes Know-how <strong>im</strong> Handel aufgebaut und dadurch die Unabhängigkeit<br />

aufrechterhalten. Die richtige Architektur und das <strong>Management</strong> von Kooperationen<br />

sollen hier nicht erläutert werden, da es den Rahmen der Arbeit sprengen<br />

würde. Berechtigt erscheint allerdings die Frage, warum diese organisatorische<br />

Massnahme in diesem Abschnitt behandelt wird und was für einen Einfluss sie auf<br />

die innovationsfördernde Unternehmenskultur und die drei Kulturkompetenzen hat. In<br />

den Expertengesprächen wurden verschiedene Auswirkungen dieser Massnahme<br />

angesprochen, die darauf hinweisen, dass die kooperativen Netzwerke die Innova-<br />

tionskultur umfassend fördern, d. h. die drei Kulturkompetenzen betreffen.<br />

− Die Risikokompetenz wird positiv beeinflusst, weil durch die Kooperationen<br />

das mit der Entwicklung verbundene Risiko kalkulierbarer wird (Kosten für den<br />

Kooperationspartner). Ausserdem verfügen die Kooperationspartner auf ihrem<br />

Fachgebiet, z. B. der informationstechnologischen Entwicklung eines DWH,<br />

über Spezialisten-Know-how und setzen ein professionelles Projektmanagement<br />

und Controlling ein. Die an der Kooperation beteiligten Mitarbeiter verfügen<br />

über einen erweiterten Risikoraum, da sie für das Handelsunternehmen<br />

Neuland betreten.<br />

− Vom Vorgehen und Know-how der Kooperationspartner kann das Handelsunternehmen<br />

profitieren und dadurch die eigene Umsetzungskompetenz stei-<br />

988<br />

Vgl. Schräder, 1996, S. 39; zur virtuellen Organisation vgl. auch Müller-Stewens, 1997 (a), S. 10 f.<br />

und Müller-Stewens, 1997 (b), S. 23 ff.<br />

989<br />

Vgl. Marxt/Staufer, 1998, S. 56.<br />

990<br />

Vgl. Snow, 1992, S. 11 ff.; Vier, 1995, S. 70 ff.; Originalquelle Lorenzoni et al., 1989, S. 5 f. Zu<br />

strategischen Netzwerken vgl. Sydow, 1992; Müller-Stewens, 1997, S. 11 f.<br />

991<br />

Zu den Erwartungen an Kooperationen und deren Nutzen vgl. die empirische Studie bei<br />

Marxt/Staufer, 1998, S. 57.<br />

992 Vgl. Marxt/Staufer, 1998, S. 58.<br />

357


358<br />

gern. Bei Karstadt My world ging das so weit, dass die an dem Projekt beteiligten<br />

Mitarbeiter aufgrund ihrer dabei erworbenen technologischen Fähigkeiten,<br />

die auch in anderen Bereichen angewendet werden konnten, innerhalb des<br />

Stammhauses sehr begehrt waren. Dazu gehört auch die Kommunikationsfähigkeit,<br />

die besonders für das Schnittstellenmanagement der Kooperationen<br />

sehr wichtig ist.<br />

− Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Organisationen sowie die<br />

damit verbundenen erweiterten Aufgaben und Kompetenzen wirken sich positiv<br />

auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter aus. Dazu kommt der Ausbildungseffekt<br />

durch das Lernen von den Kooperationspartnern. Beides zusammen<br />

fördert die Motivationskompetenz der Unternehmenskultur.<br />

Die folgenden zwei Fallbeispiele zeigen, wie die kooperativen Netzwerke in der Praxis<br />

aussehen, auch wenn sie teilweise anders bezeichnet werden.<br />

Fallbeispiel Bertelsmann Internet:<br />

Das Projekt Buchclub-Internet wird von seinem Leiter als virtuelles Unternehmen bezeichnet.<br />

Bezüglich der Grundfunktionen und der Abwicklung sind die Internetaktivitäten<br />

völlig an den Bertelsmann Club angebunden. In anderen Bereichen wird mit<br />

externen Agenturen zusammengearbeitet, z. B. mit kreativen Agenturen oder Agen-<br />

turen für die technische Integration. In den technischen Bereichen wie z. B. der technischen<br />

Umsetzung oder gestalterischen Kreativleistungen sieht der Projektleiter<br />

nicht die Kernkompetenz, die Bertelsmann haben und aufbauen will. Die Kernkompetenz<br />

sieht er in den Inhalten und in den Erfahrungen, ein Clubgeschäft zu führen.<br />

Dennoch soll das Netzwerk dazu dienen, sukzessive Know-how aus den anderen<br />

Bereichen, vor allem technologisches Know-how, aufzubauen, um keine Abhängigkeit<br />

entstehen zu lassen.<br />

Fallbeispiel Karstadt My world:<br />

Das Projekt My world vernetzte sich in der Entwicklungsphase sehr schnell mit verschiedenen<br />

externen Partnern. Es entstand ein virtuelles Unternehmen, das den<br />

Vorteil hatte, nicht nur Know-how zu bündeln, sondern auch zusätzliche Kapazitäten<br />

bereitstellen zu können, weil die eigenen Kapazitäten nicht ausreichten. Durch die<br />

enge Zusammenarbeit mit Technologielieferanten, Kreativagenturen usw. wurde<br />

Know-how aufgebaut, das heute auch in anderen Bereichen des Unternehmens gefragt<br />

ist. Mittlerweile befindet sich My world in einem routinierten Ablauf, vergleichbar<br />

mit einer echten Filiale, und das kooperative Netzwerk besteht nicht mehr in der Intensität<br />

wie in der Entwicklungsphase.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

• Intrapreneuring und Intrakapital<br />

„Die trostloseste Facette <strong>im</strong> Bild der Grossunternehmen von heute ist, dass sie verloren<br />

haben, was sie einmal gross gemacht hat: ihre Innovationskraft.“ 993 Peters und<br />

Waterman fordern deswegen, zu den „acht Grundtugenden erfolgreicher Unternehmensführung“<br />

zurückzukehren, wovon eine das Unternehmertum ist. 994 Pinchot hat<br />

die Eigenschaften des unabhängigen Unternehmers, auch Entrepreneur genannt,<br />

und des „Mannes innerhalb der Organisation“ in der Person des Intrapreneurs vereint.<br />

995 Im Unterschied zum Venture <strong>Management</strong> 996 , das sich stärker auf den organisatorischen<br />

Aspekt bezieht, setzt das Konzept des Intrapreneuring am einzelnen<br />

Individuum an. Während sich das Intrapreneuring mit dem Unternehmer <strong>im</strong> Unternehmen<br />

befasst, liegt der Fokus des Venture <strong>Management</strong>s be<strong>im</strong> Unternehmen <strong>im</strong><br />

Unternehmen (internes Venture <strong>Management</strong>). 997<br />

„Intrapreneurship ist ein Konzept zur Förderung unternehmerischen Verhaltens auf<br />

allen Ebenen einer bestehenden, grossen Organisation, welches zum Ziel hat, <strong>Innovationen</strong><br />

zu st<strong>im</strong>ulieren und zu realisieren, sowie der sinnentleerten und neuerungsfeindlichen<br />

Atmosphäre am Arbeitsplatz entgegenzuwirken. Dabei beinhaltet<br />

das Intrapreneurship neben der Identifikation und Förderung der Intrapreneure auch<br />

die Schaffung der entsprechenden innovationsfördernden Struktur sowie die unternehmenskulturellen<br />

Voraussetzungen, deren es zur Realisation des Konzeptes bedarf.“<br />

998 In Abschnitt 5.4.2.2.5 wurde das Empowerment diskutiert, das als ein erster<br />

Schritt in Richtung Intrapreneuring bezeichnet werden kann. Wüthrich zieht die Verbindung<br />

beider Konzepte, indem die Intrapreneure, die sich nach seiner Feststellung<br />

vornehmlich aus den Führungsteams rekrutieren, ihre „Untergebenen“ zu Mitarbeitern<br />

„by empowerment“ machen. 999 Das Konzept von Pinchot beschränkt sich keinesfalls<br />

nur auf Führungskräfte, doch „in den meisten Grossunternehmen sind Intrapreneure<br />

Mangelware“. 1000 Gründe dafür sind die geforderten Eigenschaften eines<br />

Intrapreneurs 1001 , aber auch die fehlende Förderung von Intrapreneuren bzw. die ungeeigneten<br />

Rahmenbedingungen. 1002 Die unternehmenskulturellen Voraussetzungen<br />

für das Intrapreneurship zeigt Abbildung 98. Es wird deutlich, dass die vorliegende<br />

Arbeit mit ihren Ansatzpunkten für eine innovationsfördernde Ausgestaltung der<br />

Kräftefelder sowie dem Vorgehenskonzept wesentliche Elemente des Intrapreneu-<br />

993<br />

Peters/Waterman, 1983, S. 235; vgl. auch Servatius, 1988, S. 8 ff.<br />

994<br />

Vgl. Peters/Waterman, 1983, S. 117 ff. und 235 ff.<br />

995<br />

Vgl. Pinchot, 1988, S. 13.<br />

996<br />

Vgl. Servatius, 1988, S. 158 ff.<br />

997<br />

Vgl. auch Bitzer, 1991, S. 17 f.<br />

998<br />

Bitzer, 1991, S. 17. Vgl. auch Schmid, 1987, S. 22; Bretz, 1988, S. 107 ff. und Little, 1988, S. 62.<br />

Zur unternehmerischen Mitarbeiterführung vgl. auch Wunderer, 1997, S. 106 ff.<br />

999<br />

Vgl. Wüthrich, 1995, S. 28.<br />

1000 Servatius, 1988, S. 229.<br />

1001 Vgl. Pinchot, 1988, S. 77 ff.<br />

1002 Vgl. Servatius, 1988, S. 229.<br />

359


360<br />

ring aufgreift. Dies trifft auch auf die organisatorischen Rahmenbedingungen zu. 1003<br />

Deswegen soll <strong>im</strong> Folgenden nicht weiter auf die Ausgestaltung und Anforderungen<br />

des Intrapreneuring eingegangen werden. 1004 Auch das zum Intrapreneuring gehörende<br />

Intrakapital soll an dieser Stelle nicht noch einmal aufgegriffen werden, da es<br />

bereits in Abschnitt 5.7.2.2 behandelt wurde.<br />

•Wandel •Wandel als als Chance Chance<br />

•Kontrolliertes •Kontrolliertes Risiko Risiko<br />

•Bereitschaft, •Bereitschaft, Fehler Fehler zu zu begehen begehen<br />

•Bedingungslose •Bedingungslose Unterstützung<br />

Unterstützung<br />

von von Ideen Ideen<br />

•Protektion •Protektion und und Unterstützung Unterstützung durch durch<br />

den den Sponsor Sponsor<br />

•Vision •Vision<br />

„intrapreneurial culture“ Bürokratische Kultur<br />

•Sinngebung •Sinngebung durch durch ganzheitlichen<br />

ganzheitlichen<br />

Ansatz Ansatz<br />

•Gegenseitiges •Gegenseitiges Vertrauen Vertrauen und und Freiheit Freiheit<br />

•Kundenorientierung<br />

•Auch •Auch kleine kleine <strong>Innovationen</strong> <strong>Innovationen</strong> werden werden<br />

gewürdigt gewürdigt<br />

•Wandel •Wandel als als Bedrohung Bedrohung<br />

•Defensive •Defensive Risikoaversion<br />

Risikoaversion<br />

•Angst •Angst vor vor Fehlern Fehlern<br />

•Infragestellen •Infragestellen neuer neuer<br />

Ideen Ideen<br />

•Gehorsam •Gehorsam gegenüber gegenüber dem dem<br />

Chef Chef<br />

•Instruktionen •Instruktionen und und Regeln Regeln<br />

•Sinnentleerung •Sinnentleerung durch durch<br />

Fragmentation<br />

Fragmentation<br />

•Kontrolle •Kontrolle<br />

•Innenorientierung<br />

•Innenorientierung<br />

•Big-Bang-Innovation<br />

Abbildung 98: Elemente einer dem internen Unternehmertum förderlichen<br />

Kultur 1005<br />

Betrachtet man die häufig zitierten zehn Gebote für Intrapreneure von Pinchot (vgl.<br />

Schaukasten 39), stellt sich die Frage, wie realistisch das Konzept des Intrapreneurs<br />

für den Handel und insbesondere für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel ist. Die<br />

zehn Gebote haben viel Aufsehen erregt und wurden von manchem als Anleitung zur<br />

Unternehmensrevolte und Anarchie verstanden. 1006 Tatsächlich sind sie eine konstruktive<br />

Provokation, bestehende Strukturen und Kulturen zu hinterfragen. Sie fordern<br />

dazu auf, „sich gegen unsinnige innerbetriebliche Konventionen, einengende<br />

1003 Vgl. Bitzer, 1991, S. 31 ff.<br />

1004 Für weitere Ausführungen vgl. Pinchot, 1988; Bitzer, 1991 und Servatius, 1988, S. 98 ff. und<br />

229 ff.<br />

1005 Bitzer, 1991, S. 37.<br />

1006 Vgl. Bitzer, 1991, S. 26.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Stellenbeschreibungen und übermässige Funktionsspezialisierung aufzulehnen,<br />

wann <strong>im</strong>mer dadurch die Realisation einer Innovation gefährdet wird.“ 1007<br />

1. Komme jeden Tag mit der Bereitschaft zur Arbeit, gefeuert zu werden.<br />

2. Umgehe alle Anordnungen, die Deinen Traum stoppen können.<br />

3. Mach alles, was zur Realisierung Deines Ziels erforderlich ist – unabhängig davon,<br />

wie Deine eigentliche Aufgabenbeschreibung aussieht.<br />

4. Finde Leute, die Dir helfen.<br />

5. Folge bei der Auswahl von Mitarbeitern Deiner Intuition, und arbeite nur mit den besten<br />

zusammen.<br />

6. Arbeite solange es geht <strong>im</strong> Untergrund – eine zu frühe Publizität könnte das Immunsystem<br />

des Unternehmens mobilisieren.<br />

7. Wette nie in einem Rennen, wenn Du nicht selbst darin mitläufst.<br />

8. Denke daran – es ist leichter um Verzeihung zu bitten als um Erlaubnis.<br />

9. Bleibe Deinen Zielen treu, aber sei realistisch in bezug auf die Möglichkeiten, diese<br />

zu erreichen.<br />

10. Halte Deine Sponsoren in Ehren.<br />

Schaukasten 39: Die zehn Gebote für Intrapreneure 1008<br />

In einem Workshop zum Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel am Forschungsinstitut<br />

für Absatz und Handel wurde bestätigt, was auch die quantitativen und qualitativen<br />

Forschungsergebnisse dieser Arbeit gezeigt haben: Der Mensch ist das zentrale Erfolgspotential<br />

<strong>im</strong> Handel und insbesondere für das Innovationsmanagement. Betrachtet<br />

man jedoch die Gegenüberstellung in Abbildung 98, trifft heute für den Handel<br />

häufiger das Modell der bürokratischen als das der „intrapreneurial culture“ zu.<br />

Deswegen muss der Handel sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass er die<br />

Defizite, die er selbst verursacht (Kultur und Personal), auch noch beklagt. Das Intrapreneurship<br />

ist ein geeigneter Ansatz für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel,<br />

um der erfolgskritischen Bedeutung von Mensch und Kultur gerecht zu werden. 1009<br />

Auch in einer empirischen Untersuchung von Zentes und Anderer sprechen sich die<br />

Handelsmanager für eine zunehmende Bedeutung des Intrapreneuring <strong>im</strong> Handel<br />

aus. Insbesondere die dezentralen Strukturen des Handels bieten sich für ein Intrapreneuring<br />

an. 1010 Auch wenn das gesamte Konzept als nicht erreichbarer Quantensprung<br />

erscheint, so liefert diese Arbeit mit verschiedenen Ansatzpunkten die Möglichkeit,<br />

den Weg der kleinen Schritte zu gehen (vgl. oben das Fallbeispiel Karstadt,<br />

in dem erste Ansatzpunkte eines Intrapreneuring zu erkennen sind). Das Fallbeispiel<br />

Wal-Mart fasst wichtige kulturelle Aspekte der Unternehmenskultur von Wal-Mart zusammen<br />

und zeigt, wie das Zusammenspiel verschiedener Komponenten den „intra-<br />

1007 Bitzer, 1991, S. 26.<br />

1008 Pinchot, 1988, S. 43.<br />

1009 Vgl. auch Tietz, 1993, S. 878 und Rosmanith, 1997, S. 4.<br />

1010 Vgl. Zentes/Anderer, 1994, S. 28 ff.<br />

361


362<br />

preneurial spirit“ fördern kann. In diesem Sinne ist das Intrapreneurship ein Konzept,<br />

das umfassend die drei innovationsfördernden Kulturkompetenzen steigert. Abschliessend<br />

zum Intrapreneuring soll dem Leser die Möglichkeit gegeben werden, mit<br />

der Checkliste in Schaukasten 40 für das eigene Handelsunternehmen zu prüfen, ob<br />

Intrapreneuring oder Ansätze dazu schon bestehen und gelebt werden. Diese kurze<br />

Checkliste zeigt deutliche Parallelen zur Checkliste für die Diagnose der Kulturkompetenzen<br />

in Abbildung 96 und unterstreicht damit den Zusammenhang mit den drei<br />

innovationsfördernden Kulturkompetenzen.<br />

1. Intrapreneure wählen sich ihre Aufgabe selbst, und das Unternehmen segnet diese<br />

selbstgewählte Aufgabe ab. Ermutigt Ihr Unternehmen den selbsternannten Intrapreneur?<br />

2. Es sollte nicht vorkommen, dass während des Innovationsprozesses die Mitarbeiter<br />

gewechselt werden. Gibt Ihr Unternehmen den Intrapreneuren die Möglichkeit, ihre<br />

Intraprise bis zum Schluss zu betreuen?<br />

3. Dürfen die Mitarbeiter Ihres Unternehmens ihre Aufgabe auf eigene Weise erledigen,<br />

oder müssen sie ihre Tätigkeit ständig unterbrechen, um Erklärungen abzugeben und<br />

um Erlaubnis zu fragen?<br />

4. Hat Ihr Unternehmen schnelle und informelle Methoden des Zugangs zu Ressourcen<br />

entwickelt, um neue Ideen zu erproben?<br />

5. Haben Sie Erfahrungen <strong>im</strong> <strong>Management</strong> von neuen Ideen und Geschäften?<br />

6. Fördert Ihr Unternehmen Risikofreudigkeit und Fehler?<br />

7. Kann Ihr Unternehmen beschliessen, etwas auszuprobieren und das Exper<strong>im</strong>ent<br />

lange genug durchzuführen, um zu sehen, ob es funktionieren wird, selbst wenn das<br />

Jahre dauern kann und mehrere Fehlstarts beinhaltet?<br />

8. Interessieren sich die Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen mehr für neue Ideen oder für<br />

die Verteidigung ihres Bereiches?<br />

9. Wie leicht ist es, funktionell vollständige, autonome Teams in der Umgebung Ihres<br />

Unternehmens zu bilden?<br />

10. Werden die Intrapreneure in Ihrem Unternehmen mit internen Monopolen konfrontiert,<br />

oder haben sie die Freiheit, die Ressourcen anderer Bereiche und externer Zulieferer<br />

zu nutzen?<br />

Schaukasten 40: Checkliste für das Intrapreneuring <strong>im</strong> eigenen<br />

Unternehmen 1011<br />

1011 Zusammenstellung nach Pinchot, 1988, S. 237 ff.; vgl. auch Servatius, 1988, S. 101.


Kapitel 7: Verhaltensorientierte Förderung von Innovationserfolgen <strong>im</strong> Handel<br />

Fallbeispiel Wal-Mart:<br />

Wal-Mart zeichnet sich durch eine sehr aggressive Innovationskultur aus und befähigt<br />

das Individuum, Entscheidungen zu treffen. Es geht dabei nicht nur um Delegation,<br />

sondern vielmehr um Empowerment. Es herrscht kein Budgetdenken. Es gibt<br />

keine Strafe für Fehler. Fehler werden akzeptiert und als Chance zu lernen betrachtet.<br />

Bei Wal-Mart wird der Teamgedanke konsequent verfolgt. Es gibt kaum Direktiven,<br />

die Teams sind vielmehr „free to work“. Das DWH bei Wal-Mart wurde von einem<br />

Team mit vier Schlüsselpersonen entwickelt. Das Know-how der Projektmitarbeiter<br />

ergänzte sich, so dass die volle Verantwortung be<strong>im</strong> Team lag. Die Teammitglieder<br />

hatten den erforderlichen Leistungsdrang und waren mit der notwendigen<br />

Macht ausgestattet, sie waren aus ihrer Sicht Intrapreneurs. Darüber hinaus herrscht<br />

bei Wal-Mart eine „open door policy“, was die Informations- und Kommunikationswege<br />

betrifft. Die Mitarbeiter sind durch Aktienoptionen auch materiell an ihren Erfolgen<br />

beteiligt. So konnte es geschehen, dass ein langjähriger LKW-Fahrer von Wal-<br />

Mart, der sonst nur nach Kilometern bezahlt wurde, durch seine Aktienoptionen nach<br />

einer Kurssteigerung fast zum Millionär wurde. Die Botschaft der Anreizsysteme bei<br />

Wal-Mart ist klar: „Wenn Wal-Mart erfolgreich ist, bist Du auch erfolgreich“. Wichtig<br />

für technologische <strong>Innovationen</strong> bei Wal-Mart ist das interne Marketing, was besagt,<br />

dass die Ideen <strong>im</strong> eigenen Haus verkauft werden müssen, indem die Führung von<br />

ihrem Nutzen zu überzeugen ist. Es müssen den Worten aber <strong>im</strong>mer Taten folgen,<br />

da sonst die Glaubwürdigkeit leidet. Sam Walton, der Eigentümer, verstand es sehr<br />

gut, diese Glaubwürdigkeit zu kommunizieren, nicht zuletzt durch sein persönliches<br />

Auftreten und direkte Gespräche mit den Mitarbeitern.<br />

363


364<br />

8 Zusammenfassung<br />

<strong>Innovationen</strong> sind ein wichtiges Instrument für Handelsunternehmen, um <strong>im</strong> intensiver<br />

werdenden Wettbewerb der Gefahr der Austauschbarkeit zu entfliehen und auf<br />

die sich rasch wandelnden Kundenbedürfnisse einzugehen. Aufgrund der technologischen<br />

Entwicklungen haben technologische <strong>Innovationen</strong> in den letzten Jahren für<br />

den Handel stark an Bedeutung gewonnen und werden ihn auch in Zukunft stark beeinflussen.<br />

Sie bieten dem Handel neue Profilierungs- und Rationalisierungschancen,<br />

bringen aber auch Gefahren wie z. B. die Substitution durch neue Anbieter mit<br />

sich. Die Ergebnisse der Expertengespräche deuten darauf hin, dass der Handel die<br />

Bedeutung und die Auswirkungen <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> noch nicht ausreichend<br />

erkannt hat. Häufig herrscht noch die Meinung, <strong>Innovationen</strong> seien allein Aufgabe<br />

der Industrie. Aber einzelne Beispiele wie etwa Wal-Mart zeigen, dass die<br />

Händler, die aufgrund von technologischen <strong>Innovationen</strong> ihre Prozesse beherrschen,<br />

effizient und zugleich profiliert am Markt auftreten können. Technologien bilden damit<br />

die Voraussetzung, um den Handel für die zunehmende Konzentration und Globalisierung<br />

zu rüsten. Der Handel ist deswegen aufgefordert, sich intensiver mit technologischen<br />

<strong>Innovationen</strong> auseinanderzusetzen.<br />

Die Auswirkungen <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> wurden in allgemeiner Form in Kapitel<br />

1 und am speziellen Fallbeispiel Migros in Kapitel 2 aufgezeigt. Kapitel 3 zeigt,<br />

dass der Erfolg von <strong>Innovationen</strong> sehr unterschiedlich gemessen wird und sich deshalb<br />

einer einheitlichen Definition widersetzt. Es wurden vier Einflussgrössen der<br />

Erfolgsmessung behandelt (Zeitpunkt der Messung, beurteilende Person, Beurteilungskriterien<br />

und Bezugsgrössen). Entscheidende Voraussetzung für den Erfolg<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> ist die Akzeptanz durch die Anwender. Die empirischen<br />

Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg anhand von quantitativen und qualitativen Zielgrössen<br />

gemessen wird, wobei die qualitativen Zielgrössen für technologische <strong>Innovationen</strong><br />

besonders relevant sind, da aufgrund der Komplexität und Unsicherheit der<br />

<strong>Innovationen</strong> quantitative Grössen wie z. B. der ROI nur schwer zu ermitteln sind.<br />

Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit bestand in der Entwicklung von Vorgehensweisen<br />

und Gestaltungshinweisen für ein marktorientiertes <strong>Management</strong> <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong>, um deren Akzeptanz und damit ihren Erfolg zu steigern. Aufgrund<br />

der eingesetzten quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden wurden<br />

drei Kernherausforderungen (Marktfit, Technologiefit, Umfeldfit) identifiziert, auf denen<br />

die Arbeit aufbaut. Ein besonderes Gewicht liegt bei der Realisierung der <strong>Innovationen</strong>,<br />

da Untersuchungen von Rudolph sowie die Expertengespräche und die<br />

schriftliche Befragung gezeigt haben, dass hier besondere Schwachpunkte liegen. In<br />

Kapitel 4 wurde ein Vorgehenskonzept entwickelt, das die drei Kernherausforderungen<br />

berücksichtigt und eine systematische, marktorientierte Entwicklung <strong>technologischer</strong><br />

<strong>Innovationen</strong> ermöglicht.


Kapitel 8: Zusammenfassung<br />

Der Marktfit fordert eine konsequente Marktorientierung der <strong>Innovationen</strong>. Mit Hilfe<br />

des in Abschnitt 4.2.2 dargestellten Trendmodells werden Veränderungen in den<br />

Kundenbedürfnissen frühzeitig erkannt, um sie durch innovative Lösungen befriedigen<br />

zu können. Der Technologiefit fordert eine systematische und umfassende Analyse<br />

der Technologien. Zu diesem Zweck wurde in Abschnitt 4.2.3 ein Technologiepotentialportfolio<br />

entwickelt. Die Integration von marketingbezogener und <strong>technologischer</strong><br />

Attraktivität der Technologie führt zu einer marktorientierten Technologieauswahl<br />

bzw. -entwicklung. Der Umfeldfit bezieht sich auf die Realisierung der <strong>Innovationen</strong><br />

und fordert eine innovationsfördernde Gestaltung der sechs Kräftefelder.<br />

Sie wurde durch die schriftliche Befragung und die Kapitel 5, 6 und 7 vertieft.<br />

In Kapitel 5 wurden die schriftliche Befragung ausgewertet und die sechs Kräftefelder<br />

für erfolgreiche und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong> dargestellt. Zusammen mit den<br />

Expertengesprächen zu den einzelnen Kräftefeldern liessen sich daraus für jedes<br />

von ihnen Gestaltungshinweise ableiten. Einige Ergebnisse sind in den folgenden<br />

Thesen zusammengefasst, sie zeigen auch die Ansatzpunkte der Gestaltungshinweise:<br />

1. Die Notwendigkeit für ein Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel hat in den letzten<br />

10 Jahren deutlich zugenommen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass<br />

ein Zusammenhang zwischen Innovationskraft und Erfolg des Handelsunternehmens<br />

besteht. Deswegen ist ein systematisches Vorgehen notwendig, um<br />

<strong>Innovationen</strong> erfolgreich zu entwickeln und umzusetzen und damit den Unternehmenserfolg<br />

zu steigern.<br />

2. Innovationsmanagement ist heute in den meisten Handelsunternehmen noch<br />

Chefsache oder wird durch externe Berater betrieben. Künftig sollten die ungenutzten<br />

Potentiale des gesamten Unternehmens und aller Mitarbeiter stärker in<br />

das Innovationsmanagement einbezogen werden. Die Gestaltungshinweise zu<br />

den Kräftefeldern berücksichtigen diese Forderung.<br />

3. Organisatorisch ist das Innovationsmanagement in den meisten Handelsunternehmen<br />

nicht verankert. Eine temporäre oder dauerhafte organisatorische Lösung,<br />

wie sie in der Industrie schon lange existiert, kann ein kontinuierliches Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel fördern. Die Gestaltungshinweise zum organisatorischen<br />

Kräftefeld zeigen Möglichkeiten auf, wie das Innovationsmanagement<br />

<strong>im</strong> Handel organisatorisch verankert werden kann.<br />

4. Eine besondere Herausforderung für das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel<br />

stellt die Gestaltung der Erfolgsfaktoren dar. Wichtige Erfolgsfaktoren aus Sicht<br />

der befragten Handelsmanager sind „Innovationsbereitschaft“, „Konzepte“,<br />

„Personalqualität“, „Unternehmenskultur“ und „Führung“. Diese müssen auf das<br />

Ziel „Innovation“ ausgerichtet werden. Von besonderer Bedeutung ist <strong>im</strong> kulturellen<br />

Kräftefeld die Führung <strong>im</strong> Innovationsprozess. Sie berührt alle anderen<br />

365


366<br />

Kräftefelder und ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Innovationsmanagement.<br />

5. Die Befragung identifiziert als häufigste Hemmnisse <strong>im</strong> Innovationsprozess<br />

„personelle Hemmnisse“, „technologische Hemmnisse“ und „kulturelle Hemmnisse“.<br />

In Verbindung mit den Erfolgsfaktoren muss das Innovationsumfeld so<br />

gestaltet werden, dass die Hemmnisse frühzeitig ausgeschaltet werden können,<br />

um nachträglich aufwendige Anpassungen zu vermeiden.<br />

6. Die Befragung zeigt Ansatzpunkte zur Steigerung des Innovationserfolges.<br />

Auch hier dominieren die weichen Faktoren wie z. B. „<strong>im</strong>materielle Anreize“<br />

(Lob, Anerkennung, Aufgabeninhalte), „Schaffung einer Innovationskultur“ (Freiräume,<br />

Unternehmertum, Verantwortung), „Förderung von Kreativität“ und „bessere<br />

interne Kommunikation“. Die Gestaltungshinweise zeigen, wie diese Verbesserungspotentiale<br />

umgesetzt werden können.<br />

7. Erfolgreiche innovative Unternehmen agieren marktorientiert. Deshalb müssen<br />

technologische <strong>Innovationen</strong> marktorientiert entwickelt werden. Das Vorgehenskonzept,<br />

aber auch die Gestaltungshinweise zum konzeptionellen Kräftefeld<br />

verfolgen eine konsequente Marktorientierung.<br />

8. Der Vergleich der sechs Kräftefelder für erfolgreiche und nicht erfolgreiche <strong>Innovationen</strong><br />

liefert konkrete Hinweise zum Innovationsumfeld für die Realisierung<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>. Die Ansatzpunkte zur innovationsfördernden<br />

Gestaltung der sechs Kräftefelder greifen diese auf.<br />

9. Eine Vision und konkrete Zielsetzungen sind <strong>im</strong> Innovationsprozess sehr wichtig.<br />

Zum einen lösen fehlende Ziele Flops aus, zum anderen sind Ziele notwendig,<br />

um den Erfolg von <strong>Innovationen</strong> messen und beurteilen zu können. Die<br />

Zielsetzung wird <strong>im</strong> Vorgehenskonzept berücksichtigt und steht in engem Zusammenhang<br />

mit dem Innovationscontrolling.<br />

Das Zusammenspiel der sechs Kräftefelder und deren Beitrag zum Innovationserfolg<br />

wurde in Kapitel 6 mit Hilfe einer Kausalanalyse untersucht. Es zeigte sich, dass alle<br />

sechs Kräftefelder einen Erfolgsbeitrag leisten, also ein ganzheitliches <strong>Management</strong><br />

der sechs Kräftefelder für ein erfolgreiches Innovationsmanagement erforderlich ist.<br />

Ausserdem zeigte sich in der Kausalanalyse, dass die verhaltensbezogenen Erfolgsfaktoren<br />

(Personal und Kultur) einen besonders grossen Einfluss auf den Innovationserfolg<br />

haben.<br />

Das siebte Kapitel greift die Ergebnisse der Kausalanalyse zu den verhaltensbezogenen<br />

Erfolgsfaktoren auf und beschäftigt sich mit den Eigenschaften und<br />

Gestaltungsmöglichkeiten einer innovationsfördernden Unternehmenskultur. Dazu<br />

wurde eine Analogie zur Konsumenten- und Diffusionsforschung gebildet, in der<br />

typische Eigenschaften von Innovatoren auf die innovationsfördernde<br />

Unternehmenskultur übertragen wurden. Es konnten drei innovationsfördernde<br />

Kulturkompetenzen (Motivationskompetenz, Risikokompetenz und Umsetzungs-


Kapitel 8: Zusammenfassung<br />

kompetenz) identifiziert werden. Hinweise zur Kulturdiagnose und eine Checkliste zur<br />

Selbstdiagnose ermöglichen die Überprüfung der Kulturkompetenzen <strong>im</strong> eigenen<br />

Unternehmen. Anschliessend wurden Gestaltungshinweise zur Förderung der drei<br />

Kulturkompetenzen gegeben. Dafür wurden die anderen Kräftefelder<br />

instrumentalisiert, da die Unternehmenskultur durch Massnahmen in den anderen<br />

Kräftefeldern wie z. B. Organisation, Konzept, Personal usw. geprägt wird. Ein<br />

Konzept, das die drei Kompetenzen umfassend fördert, ist das Intrapreneuring.<br />

Die vorliegende Arbeit hat erstmals das Thema Innovationsmanagement am Beispiel<br />

<strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> für den Handel empirisch untersucht und bietet eine<br />

Vorgehensweise sowie verschiedene Instrumente und Gestaltungshinweise an, die<br />

den Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> steigern sollen. Es stellt sich heraus, dass<br />

das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel viele Parallelen zum Innovationsmanagement<br />

in der Industrie aufweist. Das grundsätzliche Vorgehen scheint praktisch gleich<br />

zu sein. Die Ausgestaltung der Instrumente und Methoden unterscheidet sich aber<br />

vom industriellen Innovationsmanagement erheblich. Diese Unterschiede sind<br />

besonders auf die Eigenschaften der betrachteten <strong>Innovationen</strong> (sie betreffen das<br />

gesamte Unternehmen und sind demnach sehr komplex) sowie auf die Tatsache,<br />

dass der Handel praktisch keine Technologien selbst entwickelt, sondern lediglich<br />

anwendet, zurückzuführen. Insgesamt ist das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel<br />

noch nicht so weit entwickelt wie in der Industrie. Dies liegt zum einen an der bisher<br />

geringeren Bedeutung, zum anderen an den knapperen Ressourcen und der<br />

Mentalität <strong>im</strong> Handel, vieles aus dem Gefühl heraus machen zu wollen. Es hat sich<br />

gezeigt, dass das Innovationsmanagement für technologische <strong>Innovationen</strong><br />

besondere Anforderungen an das Vorgehen stellt wie z. B. die Technologieanalyse.<br />

Andererseits haben sich bei den Gestaltungshinweisen für die sechs Kräftefelder und<br />

insbesondere bei den verhaltensbezogenen Ansatzpunkten nur wenige spezifische<br />

Ausprägungen für technologische <strong>Innovationen</strong> ergeben. Dies führt zu offenen<br />

Fragen für weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema. Eine Erweiterung der<br />

Untersuchung auf <strong>Innovationen</strong> wie z. B. Serviceinnovationen kann darüber<br />

Aufschluss geben, ob das Umfeld für <strong>Innovationen</strong> tatsächlich unabhängig von der<br />

Innovationsart zu gestalten ist und damit die in dieser Arbeit gegebenen<br />

Gestaltungshinweise auch für andere <strong>Innovationen</strong> gültig sind. Um die Abgrenzung<br />

und die Unterschiede zur Industrie zu überprüfen, wäre ein empirischer Vergleich<br />

zwischen dem Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel und in der Industrie hilfreich. Die<br />

entwickelte Vorgehensweise und die Instrumente wie z. B. das Technologiepotentialportfolio<br />

müssen in der Praxis überprüft werden. Die drei Kulturkompetenzen<br />

sollten empirisch untersucht werden und durch geeignete Messgrössen<br />

operationalisiert werden. Weitere offene Forschungsfragen sind in den einzelnen<br />

Kapiteln angeführt.<br />

367


368<br />

„Ich habe bisher keine erfolgreichen <strong>Innovationen</strong> angetroffen, die aus Methodik und<br />

Konzeptarbeit folgten. <strong>Innovationen</strong> sind erlebtes Marketing; sie kommen aus dem<br />

Bauch und entspringen dem Gefühl.“ 1012 Die vorliegende Arbeit will dieser Aussage<br />

nicht widersprechen und behauptet auch nicht, dass <strong>Innovationen</strong> die einzig richtige<br />

Strategie für den Handel sind. Dennoch glaubt sie gezeigt zu haben, dass es für den<br />

Handel lohnend ist, sich mit dem Thema Innovation auseinanderzusetzen, da <strong>Innovationen</strong><br />

zumindest durch ein innovationsfreundliches Umfeld gefördert werden können<br />

und die Wahrscheinlichkeit von Misserfolgen durch ein systematisches Vorgehen<br />

reduziert werden kann. <strong>Innovationen</strong> entstehen <strong>im</strong> Menschen – insofern hat R.<br />

Benedick mit seiner Aussage recht. Aber die Idee allein reicht nicht aus, denn der<br />

häufigste Fehler ist, dass die Umsetzung der <strong>Innovationen</strong> genauso dem Zufall<br />

überlassen bleibt wie ihre Entstehung.<br />

„Without doubt the most innovative companies of the future will be dominated by<br />

those that do not s<strong>im</strong>ply focus energies upon product and technical innovation, but<br />

those who have managed to build enduring environments of human communities<br />

striving towards innovation through the creation of appropriate cultures and cl<strong>im</strong>ate.<br />

This will be the energy of renewal and the drive to a successful future.“ 1013<br />

1012 Rolando Benedick, Geschäftsführer der Manor AG, zitiert nach einer Präsentation von Chr. Belz.<br />

1013 Ahmed, 1998, S. 43.


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Anhang A: Leitfäden zu den Expertengesprächen<br />

Anhang A<br />

Leitfäden zu den Expertengesprächen<br />

403


404<br />

Explorative Gespräche:<br />

1. Einführung<br />

2. Kräftefelder<br />

2.1 Welche der gezeigten Kräftefelder sind relevante Einflussgrössen, welche<br />

nicht?<br />

2.2 Welche der gezeigten Kräftefelder sind Erfolgsfaktoren, welche Hemmnisse?<br />

2.3 Was ist Ihre Erfahrung bezüglich der Konfiguration dieser Kräftefelder, um<br />

eine erfolgreiche Realisierung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> zu erreichen?<br />

2.4 Können Sie Beispiele geben für ein „How-to-do“- oder „How-not-to-do“-<br />

Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel?<br />

3. Entwicklung/Entstehung von <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel<br />

3.1 Wie gestalten Sie die Organisationsstruktur für den Innovationsprozess in der<br />

Inventionsphase?<br />

3.2 Wie sollte die Organisation sein (extern, intern, F&E-Abteilung usw.)?<br />

3.3 Wie selektieren Sie <strong>Innovationen</strong>? Wann wird eine Innovation <strong>im</strong>plementiert,<br />

wann gestoppt (Innovationstrichter)?<br />

4. Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

4.1 Wie messen Sie den Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>?<br />

4.2 Wie können wir die Erfolgsrate der <strong>Innovationen</strong> verbessern?<br />

5. Die Zukunft <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong><br />

5.1 Welches sind Ihrer Meinung nach wichtige Zukunftstechnologien für den<br />

Handel?<br />

5.2 Welche Kunden- und Konsumentenbedürfnisse können durch diese<br />

Technologien in Zukunft befriedigt werden?


Anhang A: Leitfäden zu den Expertengesprächen<br />

Gespräche Fallstudie Migros:<br />

1. Einführung<br />

2. Entwicklung des MIS<br />

2.1 Wann wurde mit der Entwicklung begonnen, wer war beteiligt?<br />

2.2 Handelt es sich bei der Entwicklung des MIS um eine Eigen- oder<br />

Fremdentwicklung? Wurde mit externen Partnern zusammengearbeitet?<br />

2.3 Wie ist der Zusammenhang von BoSS, MIS, Scanning und Data Warehouse<br />

zu beurteilen?<br />

2.4 Welches sind die Gründe für die Entwicklung des MIS? Wie sind Sie auf die<br />

Idee gekommen, ein MIS zu entwickeln?<br />

2.5 Welchen Nutzen sollte das MIS der GMSG bringen? Wurden Ziele formuliert<br />

(schriftlich)? Wenn ja, welche?<br />

2.6 Haben Kundenbedürfnisse bei der Entwicklung eine Rolle gespielt? Wenn ja,<br />

wie sind diese in den Entwicklungsprozess eingeflossen?<br />

2.7 Wie gestalteten Sie die Organisationsstruktur für die Entwicklung des MIS?<br />

2.8 Nach welchen Kriterien haben Sie die eingesetzte Technologie ausgewählt?<br />

2.9 Welche Leistungsmerkmale beschreiben das MIS (Datenspeicher/-volumen,<br />

Arbeitsplätze usw.)?<br />

3. Umsetzung des MIS<br />

3.1 Welche Erfolgsfaktoren und welche Hemmnisse sind Ihnen begegnet?<br />

3.2 Was ist Ihre Erfahrung bezüglich der Konfiguration dieser Kräftefelder, um<br />

eine erfolgreiche Realisierung des MIS zu erreichen?<br />

3.3 Wer nutzt das MIS, für wen wurde es entwickelt?<br />

405


406<br />

4. Erfolg des MIS<br />

4.1 Wie messen Sie den Erfolg des MIS?<br />

4.2 Wie hoch waren die Investitionen für das MIS?<br />

4.3 Gibt es einen Return on Investment (ROI) für das MIS?


Anhang A: Leitfäden zu den Expertengesprächen<br />

Gespräche zu den Kulturkompetenzen:<br />

1. Einführung<br />

1.1. Werden technologische <strong>Innovationen</strong> <strong>im</strong> Handel zu wenig markt- und<br />

kundenorientiert entwickelt und eingeführt?<br />

1.2 Gibt es ein Innovationsmanagement allgemein bzw. speziell für neue<br />

Technologien in Ihrem Unternehmen? Wenn ja, wie sieht es aus?<br />

1.3 Welches sind aus Ihrer Erfahrung die Erfolgsfaktoren?<br />

1.4 Worin unterscheidet sich das Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel von dem der<br />

Industrie?<br />

2. Drei Kompetenzen der innovationsfördernden<br />

Unternehmenskultur<br />

2.1 Sind die drei Kompetenzbereiche für eine innovationsfördernde<br />

Unternehmenskultur realistisch?<br />

2.2 Gibt es weitere wichtige kulturelle Kompetenzen, die aus Ihrer Sicht auf die<br />

Innovationsfähigkeit Einfluss haben?<br />

2.3 Anhand welcher Kriterien lassen sich die drei Kompetenzen <strong>im</strong> Unternehmen<br />

identifizieren?<br />

3. Massnahmen zur Gestaltung der Kulturkompetenzen<br />

3.1 Welche Massnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen bzw. für ein konkretes<br />

Projekt zur Förderung der Risikokompetenz?<br />

3.2 Welche Massnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen bzw. für ein konkretes<br />

Projekt zur Förderung der Motivationskompetenz?<br />

3.3 Welche Massnahmen gibt es in Ihrem Unternehmen bzw. für ein konkretes<br />

Projekt zur Förderung der Umsetzungskompetenz?<br />

3.4 Wie messen Sie den Erfolg <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong>?<br />

407


408<br />

Anhang B<br />

Verzeichnis der Expertengespräche


Anhang B: Verzeichnis der Expertengespräche<br />

Experte Unternehmen Ort<br />

Herr Abraham<br />

Abteilungsdirektor<br />

Unternehmensplanung<br />

Herr Deines<br />

Geschäftsführer, Marketingleiter und<br />

Innovationsmanager<br />

Herr Fischbach<br />

Regionale Marketingleitung<br />

Herr Dr. Guldin<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Herr Lumpert<br />

Leiter Organisation, Leiter BoSS-<br />

Koordination, Mitglied des BoSS-<br />

Ausschusses Migros St. Gallen<br />

Karstadt AG Essen<br />

Markant-Südwest<br />

Handels AG<br />

Tengelmann Warenhandelsgesellschaft<br />

Pirmasens<br />

Telefoninterview<br />

St. Gallen<br />

Breuninger GmbH & Co Stuttgart<br />

Genossenschaft Migros<br />

St. Gallen<br />

Gossau/St. Gallen<br />

Herr Niederhausen Karstadt AG St. Gallen<br />

Herr Plegge<br />

Marketingmanager Handel<br />

Tandem Computers AG Bad Homburg<br />

Herr Pleines<br />

Abteilungsleiter Handelsonline<br />

Mult<strong>im</strong>edia DV-Hochtechnologie<br />

Karstadt AG Essen<br />

Herr Rettkowski<br />

Leiter Hintergrundsysteme (EDV,<br />

Logistik, Organisation) für<br />

Boulevard-Filialen, ehemals<br />

Konsumgenossenschaft<br />

Dortmund/Kassel e.G.<br />

Marketingleiter/Vertriebsleiter<br />

Bertelsmann Club GmbH Rheda-Wiedenbrück<br />

Mr. Sanghavi<br />

Manchester Business St. Gallen<br />

Senior Fellow in Retailing, Director<br />

of the Centre for Business Research<br />

School<br />

Herr Saxer<br />

Leiter Marketing/Consulting<br />

Decision-Support-Systeme<br />

Tandem Computers AG Bad Homburg<br />

Herr Dr. Schnieders<br />

Leitung Neue Medien<br />

Bertelsmann Club GmbH Rheda-Wiedenbrück<br />

Herr Schulthess<br />

Genossenschaft Migros Gossau/St. Gallen<br />

Verkaufschef, Mitglied des BoSS-<br />

Ausschusses Migros St. Gallen<br />

St. Gallen<br />

Herr Dr. Thaler<br />

Kaufhof Telefoninterview<br />

Direktor für Innovationsmanagement<br />

St. Gallen<br />

409


410<br />

Experte Unternehmen Ort<br />

Herr Werner<br />

Geschäftsführer und Gründer<br />

Herr Westerman<br />

Senior Consultant Decision-Support-<br />

Systeme Retail<br />

Herr Wilms<br />

Mitglied der Geschäftsleitung,<br />

Marketingleiter, verantwortlich für<br />

Boulevard-Filialen;<br />

ehemals dm-drogerie markt<br />

Verkaufsleitung<br />

dm-drogerie markt Telefoninterview<br />

St. Gallen<br />

Tandem Computers Inc.,<br />

vorher Wal-Mart<br />

Bad Homburg<br />

Bertelsmann Club GmbH Rheda-Wiedenbrück


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

Anhang C<br />

Fragebogen zur schriftlichen Befragung von<br />

Handelsmanagern<br />

411


412<br />

Fragebogen zum Forschungsprojekt<br />

Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel<br />

Scanning, Internetshopping, MIS, Teleshopping, ECR,<br />

Warenwirtschaftssysteme, Data Warehouse usw. sind technologische <strong>Innovationen</strong>,<br />

die den Handel heute stark beschäftigen. Um diese <strong>Innovationen</strong> möglichst<br />

erfolgreich zu entwickeln und umzusetzen, ist ein professionelles Innovationsmanagement<br />

notwendig. Der Frage nach dem richtigen Weg zur Entwicklung<br />

und Umsetzung <strong>technologischer</strong> <strong>Innovationen</strong> geht das Projekt<br />

„Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel“ an der Universität St. Gallen nach. Wenn Sie<br />

grundsätzlich zu diesem Thema keine Aussagen machen können, wären wir Ihnen<br />

sehr dankbar, wenn Sie den Fragebogen an einen kompetenten Kollegen<br />

weiterleiten könnten. Wir sind verpflichtet, Ihren Fragebogen streng vertraulich zu<br />

behandeln.<br />

Einsendeschluss ist der 13. Februar 1998.<br />

I. Definitionen und Begriffsklärungen zum besseren Verständnis<br />

Eine technologische Innovation <strong>im</strong> Handel (<strong>im</strong> Sinne dieses Fragebogens) ist eine<br />

Neuerung, die durch ihren Neuigkeitsgrad, die damit verbundene Unsicherheit (Risiko),<br />

Komplexität, einen Konfliktgehalt und das erforderliche technische Know-how charakterisiert<br />

ist. Sie basiert auf dem Einsatz oder der Anwendung einer Technologie, die in einem<br />

Handelsunternehmen eingeführt wird.<br />

Innovationsmanagement ist der Umgang mit Neuerungen und den damit verbundenen<br />

Herausforderungen (Neuigkeitsgrad, Risiko, Komplexität und Konfliktgehalt) in Unternehmen<br />

mit dem Ziel der Steigerung des Unternehmenserfolges.<br />

Innovationshemmnisse sind Störpotentiale und Störfaktoren <strong>im</strong> Innovationsprozess des<br />

Handelsunternehmens, die den Erfolg einer Innovation be- oder verhindern. Sie können<br />

überwindbar oder unüberwindbar, den Betroffenen bewusst oder unbewusst sein.<br />

Innovationsförderfaktoren sind Stellgrössen <strong>im</strong> Innovationsprozess des Handelsunternehmens,<br />

die den Erfolg einer Innovation fördern und zu Erfolgsfaktoren werden, wenn<br />

sie richtig eingestellt sind.<br />

II. Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel<br />

1. Wie schätzen Sie Ihr Unternehmen ein? Bitte machen Sie ein Kreuz.<br />

Gar nicht innovativ 1 2 3 4 5 6 7 sehr innovativ


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

2. Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen?<br />

Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

st<strong>im</strong>me gar st<strong>im</strong>me<br />

nicht zu voll zu<br />

Aussage 1 2 3 4 5 6 7<br />

(A) Der Handel ist langweilig und zu wenig<br />

innovativ.<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(B) Der Handel exper<strong>im</strong>entiert zu wenig. 1 2 3 4 5 6 7<br />

(C) Der Handel kopiert zu viel. 1 2 3 4 5 6 7<br />

(D) Technologische <strong>Innovationen</strong> sind <strong>im</strong><br />

Handel derzeit und künftig die wichtigsten<br />

<strong>Innovationen</strong>, die den Handel beschäftigen.<br />

(E) Die Notwendigkeit für ein<br />

Innovationsmanagement <strong>im</strong> Handel hat in<br />

den letzten 10 Jahren deutlich<br />

zugenommen.<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

3. Welche organisatorische Stelle oder Einheit beschäftigt sich in Ihrem<br />

Unternehmen <strong>im</strong> engeren Sinn mit Innovationsmanagement?<br />

Mehrfachnennungen sind möglich.<br />

A � Geschäftsführung D � Stabstelle F � Marketing H � Innovationsteam<br />

B � Externe Berater E � Projektteam G � Keine I � Alle<br />

C � Funktionsbereiche (z. B. Verkauf, Einkauf usw.) J � Innovationsbeauftragter<br />

K � Andere:_____________________________________________________________<br />

4. Bitte nennen Sie die drei wichtigsten aktuellen technologischen<br />

Innovationsprojekte Ihres Unternehmens:<br />

1.______________________________________________________________<br />

2.______________________________________________________________<br />

3.______________________________________________________________<br />

III. Beurteilung einer ausgewählten technologischen Innovation<br />

Bitte wählen Sie jetzt aus den in Ihrem Unternehmen realisierten <strong>Innovationen</strong> wenn möglich<br />

eine technologische Innovation aus (z. B. ECR, Internet, MIS, Scanning usw.), die Sie <strong>im</strong><br />

folgenden detaillierter beurteilen. Bitte wählen Sie eine Innovation, die entweder erfolgreich<br />

realisiert wurde oder gescheitert ist. Alle der nachfolgenden Fragen beziehen sich auf die<br />

von Ihnen auszuwählende Innovation.<br />

413


414<br />

5. Bitte benennen und beschreiben Sie die Innovation.<br />

1. Innovationsname: _____________________________________________<br />

2. Ziele der Innovation: _____________________________________________<br />

3. Inhalte der Innovation: _____________________________________________<br />

6. Die von mir ausgewählte Innovationsaufgabe lässt sich für mein<br />

Unternehmen beschreiben als ... Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

(A) wenig komplex 1 2 3 4 5 6 7 komplex<br />

(B) wenig neu 1 2 3 4 5 6 7 neu<br />

(C) wenig dringlich 1 2 3 4 5 6 7 dringlich<br />

(D) wenig risikoreich 1 2 3 4 5 6 7 risikoreich<br />

(E) der Kunde kommt mit der<br />

Innovation direkt in Kontakt<br />

(z. B. Internet, Verkaufskiosk)<br />

(F) finanziell wenig aufwendig<br />

(G) betrifft nur eine Abteilung<br />

(H) besitzt wenig Konflikt-<br />

potentiale (z. B.<br />

Realisierungs-widerstand bei<br />

der Umsetzung)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

der Kunde kommt mit der<br />

Innovation nicht direkt in<br />

Kontakt (z. B. MIS)<br />

finanziell aufwendig<br />

7. Wieviel Personen haben an der Entwicklung (Ideenfindung und<br />

Konzepterstellung, nicht Realisierung) der Innovation mitgearbeitet?<br />

______Personen<br />

betrifft das gesamte<br />

Unternehmen<br />

besitzt viel Konfliktpotentiale<br />

(z. B. Realisierungswiderstand<br />

bei der Umsetzung)<br />

8. Wieviel Monate vergingen vom Projektbeginn (Projektbest<strong>im</strong>mung) bis zur<br />

abgeschlossenen Umsetzung der Innovation?<br />

______Monate


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

9. Welches Ziel bzw. welche Ziele haben Sie mit dieser Innovation verfolgt und<br />

wurden diese Ziele erreicht? Bitte machen Sie in jeder Zeile zwei Kreuze (eins<br />

für die Ziele und eins für die Erfüllung der Ziele).<br />

Ziele<br />

Das Ziel verfolgten wir ...<br />

415<br />

Das Ziel erreichten wir ...<br />

gar nicht sehr stark gar nicht vollständig<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(A) bessere Bedürfnisbefriedigung<br />

der Kunden 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(B) quantitatives Wachstum 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(C) Überlebensfähigkeit sichern<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(D) innovatives Image (aufbauen)<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(E) Gewinn steigern (Shareholder<br />

Value)<br />

(F) guter Return on Investment (ROI)<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(G) wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

erhalten<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(H) Qualität der<br />

Unternehmensleistungen verbessern<br />

(I) Image, attraktiver Arbeitgeber zu<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

sein, aufbauen 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(J) Partizipation (Mitsprache der<br />

Mitarbeiter) 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(K) Prozessopt<strong>im</strong>ierung<br />

(Effizienzsteigerung)<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(L) Konkurrenzvorsprung aufholen<br />

(M) Marktführerschaft<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(Konkurrenzvorteil) aufbauen 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(N) Kundenbindung stärken 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(O) Kundenakquisition (bestehende<br />

Zielgruppen)<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(P) Kundenakquisition (neue<br />

Zielgruppen)<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(Q) Profilierung verbessern 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

(R) Rationalisierung<br />

(Kostenopt<strong>im</strong>ierung) steigern<br />

(S) schnellere Abläufe/Prozesse <strong>im</strong><br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

Unternehmen<br />

(T) Verbesserung der<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

Zusammenarbeit mit Partnern, z. B.<br />

Lieferanten<br />

(U) Andere:<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7


416<br />

10. Wie beurteilen Sie den Erfolg der Innovation?<br />

Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

st<strong>im</strong>me gar st<strong>im</strong>me<br />

nicht zu voll zu<br />

Aussage 1 2 3 4 5 6 7<br />

Gemessen an den mit der Innovation verbundenen<br />

Zielen und unter Berücksichtigung aller Aspekte war<br />

die Innovation gesamthaft ein Erfolg.<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

11. Im Fall einer nicht erfolgreichen Innovation: Warum war die Innovation Ihrer<br />

Meinung nach nicht erfolgreich?<br />

___________________________________________________________________<br />

___________________________________________________________________<br />

___________________________________________________________________<br />

___________________________________________________________________<br />

___________________________________________________________________<br />

12. Welches waren/sind nach Ihrer Meinung die Erfolgsfaktoren bei der<br />

Umsetzung der Innovation? Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

nein, kein ja, war<br />

Erfolgsfaktor Erfolgsfaktor<br />

Erfolgsfaktoren 1 2 3 4 5 6 7<br />

(A) Unternehmenskultur (Zusammenarbeit, Umgang, Freiräume<br />

usw.)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(B) Personalqualität (Ausbildung, Qualifikation) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(C) Innovationsbereitschaft (Veränderungsbereitschaft) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(D) Finanzen (verfügbare Ressourcen) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(E) Konzepte (Konzeptionen, Ideen, Methoden, Ziele) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(F) Organisationsstruktur 1 2 3 4 5 6 7<br />

(G) Technologische Fähigkeiten (der Mitarbeiter und Kunden) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(H) Personalquantität (Kapazitäten, Verfügbarkeit) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(I) Führung/Führungsstil 1 2 3 4 5 6 7<br />

(J) Andere:<br />

1 2 3 4 5 6 7


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

13. Bitte geben Sie an, in welcher Phase des Innovationsprozesses der von<br />

Ihnen ausgewählten Innovation Innovationshemmnisse aufgetreten sind.<br />

Bitte machen Sie in den entsprechenden Feldern ein Kreuz.<br />

Mögliche Hemmnisse<br />

(A) Kulturelle Hemmnisse, z. B.<br />

ungeeignete Arbeitsatmosphäre,<br />

schlechte Führung usw.<br />

(B) Personelle Hemmnisse, z. B.<br />

ungenügende Qualität des<br />

Personals usw.<br />

(C) Wirtschaftliche Hemmnisse,<br />

z. B. zu wenig verfügbare<br />

Ressourcen<br />

(D) Konzeptionelle Hemmnisse,<br />

z. B. fehlende Zielformulierung<br />

(E) Organisatorische Hemmnisse,<br />

z. B. unpassende<br />

Organisationsstruktur<br />

(F) Technologische Hemmnisse,<br />

z. B. fehlendes technologisches<br />

Know-how<br />

(G) Andere:<br />

(I)<br />

Inventionsphase<br />

Ideenfindung,<br />

Aufspüren von<br />

Neuem.<br />

(II)<br />

Innovationsphase<br />

Die Idee bis zur<br />

Marktreife weiterentwickeln,Konzeption,<br />

Realisierung<br />

vorbereiten.<br />

IV. Innovationskl<strong>im</strong>a und Umfeld, in dem die Innovation entstand<br />

417<br />

(III)<br />

Diffusionsphase<br />

Verbreitung und<br />

Durchsetzung der<br />

Innovation am<br />

Markt,<br />

Realisierung usw.<br />

Bitte beziehen Sie die folgenden Fragen auf das Umfeld, in dem die von Ihnen<br />

gewählte Innovation entwickelt und eingeführt wurde. Das kann Ihr gesamtes<br />

Unternehmen, aus Gründen der Grösse und Organisationsstruktur aber auch nur ein<br />

Teil davon sein.


418<br />

14. Wie beschreiben Sie das organisatorische Umfeld, in dem die Innovation<br />

stattgefunden hat? Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

(A) hierarchische Strukturen 1 2 3 4 5 6 7 flache Strukturen<br />

(B) starr (unbeweglich) 1 2 3 4 5 6 7 flexibel (beweglich)<br />

(C) Organisation auf Dauer<br />

(keine häufige Veränderung der<br />

Organisation)<br />

(D) wenig<br />

Entscheidungsfreiräume<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Organisation auf Zeit (z. B.<br />

Projektorganisation)<br />

viele Entscheidungsfreiräume<br />

(E) schlechter Informationsfluss 1 2 3 4 5 6 7 guter Informationsfluss<br />

(F) lange Entscheidungswege<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

kurze, direkte<br />

Entscheidungswege<br />

(G) keine Aufgabenkoordination<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

sehr gute<br />

Aufgabenkoordination<br />

(H) Sparten- und<br />

Bereichsdenken ist ausgeprägt<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

bereichsübergreifendes<br />

Denken ist ausgeprägt<br />

15. Wie beschreiben Sie das personelle Umfeld, in dem die Innovation<br />

entwickelt wurde? Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz. Das personelle<br />

Umfeld war gekennzeichnet durch ...<br />

(A) wenig Akademiker 1 2 3 4 5 6 7 viele Akademiker<br />

(B) wenig Teamarbeit 1 2 3 4 5 6 7 viel Teamarbeit<br />

(C) wenig Fluktuation 1 2 3 4 5 6 7 viel Fluktuation<br />

(D) homogene Teams 1 2 3 4 5 6 7 heterogene Teams<br />

(E) wenig kreative Mitarbeiter 1 2 3 4 5 6 7 stark kreative Mitarbeiter<br />

(F) Durchschnittsalter der<br />

Mitarbeiter hoch<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Durchschnittsalter der<br />

Mitarbeiter niedrig<br />

(G) wenig Generalisten 1 2 3 4 5 6 7 viele Generalisten<br />

(H) wenig Weiterbildung 1 2 3 4 5 6 7 viel Weiterbildung<br />

(I) wenig finanzielle Anreize 1 2 3 4 5 6 7 viel finanzielle Anreize<br />

(J) nicht konfliktfähige<br />

Mitarbeiter<br />

1 2 3 4 5 6 7 konfliktfähige Mitarbeiter<br />

(K) Mitarbeiter wollen gar nichts<br />

verändern<br />

(L) keine Aufstiegschancen für<br />

gute Leistung<br />

(M) wenig Anerkennung von<br />

Leistung<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Mitarbeiter wollen sehr viel<br />

verändern<br />

viel Aufstiegschancen bei<br />

guter Leistung<br />

viel Anerkennung von<br />

Leistung


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

16. Wie beschreiben Sie das technologische Umfeld, in dem die Innovation entwickelt<br />

wurde? (Es geht bei dieser Frage um den Einsatz von Technologien in Ihrem Unterneh-<br />

men, z. B. Informationssysteme, Verkaufsterminals, Scanning und Self-scanning,<br />

Internet usw., und um die dafür nötigen Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter und Kunden.)<br />

(A) technologisches Know-how<br />

technologisches Know-how ist<br />

ist <strong>im</strong> Unternehmen gar nicht 1 2 3 4 5 6 7 <strong>im</strong> Unternehmen sehr viel<br />

vorhanden<br />

(B) Kunden haben gar kein<br />

technisches Verständnis, z. B.<br />

Nutzung von Internet, CD-ROM<br />

(C) Mitarbeiter verschliessen<br />

sich den neuen Technologien,<br />

die mit der Innovation<br />

verbunden sind<br />

(D) keine Förderung von<br />

technologischem Know-how,<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

vorhanden<br />

419<br />

Kunden (Zielgruppe) haben<br />

sehr viel technisches<br />

Verständnis, z. B. Internet,<br />

CD-ROM<br />

Mitarbeiter öffnen sich für die<br />

neuen Technologien, die mit<br />

der Innovation verbunden<br />

sind<br />

viel Förderung von<br />

technologischem Know-how,<br />

z. B. durch Schulungen<br />

z. B. durch Schulungen<br />

(E) technologisch ist das Unternehmen<br />

gar nicht innovativ<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

technologisch ist das<br />

Unternehmen sehr innovativ<br />

17. Wie beschreiben Sie das kulturelle Umfeld, in dem die Innovation entwickelt<br />

wurde? Das kulturelle Umfeld war ...<br />

(A) risikofeindlich 1 2 3 4 5 6 7 risikofreudig<br />

(B) verschlossen gegenüber<br />

Einflüssen von aussen<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

offen gegenüber Einflüssen<br />

von aussen<br />

(C) Fehler werden verurteilt 1 2 3 4 5 6 7 Fehler werden akzeptiert<br />

(D) Mitarbeiter haben generell<br />

wenig Spass an der Arbeit<br />

(E) viel Reden, wenig Handlung<br />

(F) kein respektvoller Umgang<br />

zwischen den Abteilungen/<br />

Mitarbeitern<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Mitarbeiter haben generell<br />

viel Spass an der Arbeit<br />

viel Handlung, wenig Reden<br />

sehr respektvoller Umgang<br />

zwischen den Abteilungen/<br />

Mitarbeitern<br />

(G) Erfolge werden ignoriert 1 2 3 4 5 6 7 Erfolge werden honoriert<br />

(H) gar nicht innovativ 1 2 3 4 5 6 7 sehr innovativ<br />

(I) stark politisches Verhalten<br />

(Macht)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

wenig politisches Verhalten<br />

(J) autoritäre Führung 1 2 3 4 5 6 7 kooperative Führung<br />

(K) Führung förderte die<br />

Innovationskultur gar nicht<br />

(L) sehr egoistisches<br />

Abteilungsdenken<br />

(M) Konflikte werden nicht<br />

ausgetragen<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

Führung förderte die<br />

Innovationskultur sehr stark<br />

sehr unternehmerisches<br />

Denken<br />

Konflikte werden ausgetragen


420<br />

18. Wie beschreiben Sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen<br />

die Innovation entwickelt wurde?<br />

(A) unterdurchschnittliche<br />

Umsatzrendite<br />

(B) Finanzbereich bremst<br />

Neuerungen stark<br />

(C) geringe Return-on-<br />

Investment-(ROI)-<br />

Erwartungen<br />

(D) starkes Budgetdenken<br />

(Profitcenter)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

überdurchschnittliche<br />

Umsatzrendite<br />

Finanzbereich unterstützt<br />

Neuerungen sehr<br />

hohe Return-on-Investment-<br />

(ROI)-Erwartungen<br />

wenig Budgetdenken<br />

(E) geringer Eigenkapitalanteil 1 2 3 4 5 6 7 hoher Eigenkapitalanteil<br />

19. Wie beschreiben Sie die konzeptionellen Fähigkeiten des Umfelds, in dem<br />

die Innovation entwickelt wurde? Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

(A) unklare Zielsetzung bzgl.<br />

<strong>Innovationen</strong><br />

(B) die Konzepte wurden nicht<br />

schriftlich fixiert<br />

(C) die Konzepte <strong>im</strong><br />

Unternehmen sind<br />

innenorientiert<br />

(D) die Innovationsabsicht ist<br />

<strong>im</strong> Unternehmen nicht als Ziel<br />

formuliert<br />

(E) die Konzepte werden nicht<br />

kommuniziert<br />

(F) die Konzepte des<br />

Unternehmens sind<br />

reagierend<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

V. Methoden/Techniken/Tools <strong>im</strong> Innovationsmanagement<br />

klare Zielsetzung<br />

bzgl. <strong>Innovationen</strong><br />

die Konzepte wurden<br />

schriftlich fixiert<br />

die Konzepte <strong>im</strong> Unternehmen<br />

sind marktorientiert<br />

die Innovationsabsicht ist <strong>im</strong><br />

Unternehmen als Ziel<br />

formuliert, z. B. in<br />

Führungsleitsätzen<br />

die Konzepte werden gut<br />

kommuniziert<br />

die Konzepte des Unternehmens<br />

sind agierend<br />

20. Welche innovativen Methoden oder Vorgehensweisen setzen Sie ein, um<br />

neue <strong>Innovationen</strong> und Ideen für Ihr Unternehmen zu finden (z. B.<br />

Brainstorming, Kundengespräche, Innovationsteams, Benchmarking usw.)?<br />

Bitte nennen Sie mindestens zwei.<br />

1. _________________________________________________________________<br />

2. _________________________________________________________________


Anhang C: Fragebogen zur schriftlichen Befragung von Handelsmanagern<br />

21. Wie beurteilen Sie die Verbesserungspotentiale der folgenden Ansätze zur<br />

Steigerung des Innovationserfolges <strong>im</strong> Hinblick auf die von Ihnen<br />

ausgewählte Innovation? Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.<br />

gar kein sehr viel<br />

Potential Potential<br />

Ansatzpunkte zur Erfolgssteigerung von<br />

technologischen <strong>Innovationen</strong> 1 2 3 4 5 6 7<br />

(A) Bedürfnisse der Kunden in der Startphase besser analysieren 1 2 3 4 5 6 7<br />

(B) <strong>Innovationen</strong> bedürfnisgerechter gestalten 1 2 3 4 5 6 7<br />

(C) bessere Konkurrenzanalysen 1 2 3 4 5 6 7<br />

(D) Förderung von Kreativität und Freiräumen, um mehr<br />

<strong>Innovationen</strong> zu erzeugen<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(E) mehr Partizipation (Mitsprache der Mitarbeiter) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(F) Organisationsform stärker auf <strong>Innovationen</strong> ausrichten (z. B.<br />

Abteilung für <strong>Innovationen</strong> schaffen, Innovationsmanager usw.)<br />

421<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(G) mehr Ressourcen zur Verfügung stellen (Finanzen, Personal<br />

usw.)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(H) bessere Zusammenarbeit der beteiligten Stellen 1 2 3 4 5 6 7<br />

(I) Outsourcing des Innovationsmanagements, z. B. an Agenturen,<br />

Berater und Institute<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(J) <strong>Innovationen</strong> intern besser kommunizieren 1 2 3 4 5 6 7<br />

(K) <strong>Innovationen</strong> extern besser kommunizieren 1 2 3 4 5 6 7<br />

(L) materielle Anreize (Prämien, finanzielle Beteiligung usw.) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(M) <strong>im</strong>materielle Anreize (Lob, Anerkennung, Aufgabeninhalte) 1 2 3 4 5 6 7<br />

(N) das Zeitmanagement <strong>im</strong> Prozess verbessern 1 2 3 4 5 6 7<br />

(O) die Entstehungszeit für <strong>Innovationen</strong> verkürzen 1 2 3 4 5 6 7<br />

(P) den Einführungszeitpunkt von <strong>Innovationen</strong> besser/fundierter<br />

wählen<br />

(Q) eine Innovationskultur schaffen (Freiräume, Verantwortung,<br />

Unternehmertum)<br />

(R) den Innovationsprozess effizienter gestalten (Kostensituation<br />

verbessern)<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

(S) mehr interdisziplinäre Teams einsetzen 1 2 3 4 5 6 7<br />

(T) strengere Zielvorgaben, z. B. ROI formulieren 1 2 3 4 5 6 7<br />

(U) die Erfolgskontrolle verbessern 1 2 3 4 5 6 7<br />

(V) Methoden (wie z. B. Benchmarking, Interviews, Befragungen,<br />

Vorschlagswesen usw.) gezielter und systematischer einsetzen<br />

(W) Andere:<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

1 2 3 4 5 6 7


422<br />

VI. Fragen zum Unternehmen und zur Person<br />

22. In welcher/welchen Einzelhandelsbranche/n ist Ihr Unternehmen tätig?<br />

Mehrfachnennungen sind möglich.<br />

A � Lebensmittel D � Textil/Schuhe G � Versandhandel<br />

B � Unterhaltungselektronik E � Möbel/Hausrat/Einrichtung H � stationärer Handel<br />

C � Sport/Spiel/Freizeit F � Andere: ________________<br />

23. Welche Funktion üben Sie aus? Bitte machen Sie nur ein Kreuz.<br />

1 � Geschäftsführung 3 � Mitarbeiter eines Funktionsbereiches<br />

2 � Leitung eines Funktionsbereiches 4 � Stabsfunktion (z. B. U-Planung)<br />

(z. B. Marketing, Verkauf, Einkauf ...) 5 � Filialleitung<br />

6 � Andere: ___________________________________________________________<br />

24. Wie war die Entwicklung Ihres Unternehmenserfolges (Gewinn) <strong>im</strong><br />

Durchschnitt der letzten 5 Jahre? Bitte machen Sie nur ein Kreuz.<br />

1 � Wachstum über 10% 3 � Stagnation (Wachstum 0%)<br />

2 � Wachstum von 0-10% 4 � Schrumpfung (Veränderung kleiner 0%)<br />

25. Welchen Umsatz hat Ihr Unternehmen 1997 ca. erzielt?<br />

Bitte machen Sie nur ein Kreuz<br />

1 � unter 50 Mio. Sfr./DM 4 � 451 Mio. bis 999 Mio. Sfr./DM 7 � über 10 Mrd. Sfr./DM<br />

2 � 50 bis 150 Mio. Sfr./DM 5 � 1 Mrd. bis 5 Mrd. Sfr./DM<br />

3 � 151 bis 450 Mio. Sfr./DM 6 � 5,1 Mrd. bis 10 Mrd. Sfr./DM<br />

Name: ___________________________________________________<br />

Unternehmen: ___________________________________________________<br />

Strasse: ___________________________________________________<br />

PLZ/Ort: ___________________________________________________<br />

Vielen Dank für Ihre Unterstützung !


Lebenslauf<br />

Angaben zur Person:<br />

Name: Büchner<br />

Vorname: Max-Georg<br />

Geburtsdatum: 13.05.1970<br />

Geburtsort: Hannover<br />

Nationalität: Deutsch<br />

Werdegang:<br />

Lebenslauf<br />

1976 – 1989 Freie Waldorfschule Hannover, Abschluss Abitur<br />

1989 – 1991 Ausbildung zum Gross- und Aussenhandelskaufmann be<strong>im</strong> Otto<br />

Versand in Hamburg und Studium an der Wirtschaftsakademie in<br />

Hamburg<br />

1991 – 1995 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St.<br />

Gallen, Abschluss lic. oec.<br />

1995 – 1996 Doktorandenstudium an der Universität St. Gallen<br />

Oktober 1995 –<br />

Januar 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinsitut für Absatz<br />

und Handel (FAH) an der Universität St. Gallen (HSG) <strong>im</strong><br />

Kompetenzzentrum internationale Handelsdynamik und<br />

Doktorand an der Universität St. Gallen.<br />

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