Facts sind gefragt - Was bringen Surveys und Datenbanken?
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<strong>Facts</strong> <strong>sind</strong> <strong>gefragt</strong> - <strong>Was</strong> <strong>bringen</strong> <strong>Surveys</strong> <strong>und</strong> <strong>Datenbanken</strong>?<br />
Diskurs - Studien zu Kindheit, Jugend <strong>und</strong> Gesellschaft, Nr. 1 (1996), S. 14-19<br />
Jan H. Marbach, Renate Bauereiss, Hiltrud Bayer<br />
Zusammenfassung<br />
Forschung am DJI hat sich von jeher als praxisbezogen verstanden. Doch hat sich das<br />
Verständnis von Praxisnähe seit den 70er Jahren erweitert. Ein Aspekt dieses Wandels ist die<br />
Lebenslagenforschung der 80er Jahre, in deren Tradition die seit einem guten Jahrzehnt am<br />
DJI betriebene Umfrageforschung mit repräsentativen Zufallsstichproben von Erwachsenen<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong> die parallel dazu entstandene Regionaldatenbank stehen. Anhand von<br />
Beispielen <strong>und</strong> Erfahrungen zeigen wir, in welcher Form die Ergebnisse dieser beiden<br />
Forschungstypen im Sinne des Praxisverständnisses der Lebenslagenforschung wirksam<br />
werden können.<br />
Summary<br />
By tradition social research at the German Youth Institute (DJI) aims at results of practical<br />
use for education, counseling, and social work. Yet since the seventies the meaning of how<br />
social research ought to impact practical work has changed. That change shows up in<br />
empirical research addressing living conditions of people and interventions by social work<br />
alike. Survey research based on probability samples is done by the DJI on a large scale since<br />
the mid eighties. It runs in the wake of exploring living conditions of children, adolescents,<br />
and adults. This holds also for a jointly established data base that contains official demographic<br />
data broken down to the county level. Relying on examples and experiences we try to<br />
demonstrate how survey research and the data base can contribute to practical issues.<br />
1. Praxisorientierung als Credo der Forschung am DJI - ein kurzer Rückblick<br />
Zu den Traditionen des DJI gehört es, Forschung unter besonderer Berücksichtigung von<br />
Erfordernissen der „Praxis“ zu betreiben. Vor allem in den 70er Jahren, in denen sozialpädagogische<br />
Reformen <strong>und</strong> Modellprojekte Konjunktur hatten, prägte ein starker Praxisbezug<br />
die Forschungsarbeit des Instituts. Im Mittelpunkt stand reformbegleitende, überwiegend<br />
qualitative Begleit- <strong>und</strong> Evaluationsforschung, die sich an sozialpolitische Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> Modelle (wie etwa das Tagesmüttermodell oder das reformpädagogische Programm<br />
„Soziales Lernen“ im Kindergarten) anlehnte. Im Ergebnis führte diese Forschung meist zur<br />
Entwicklung pädagogischer Materialien <strong>und</strong> Handreichungen (z. B. „Orientierungsmaterialien<br />
für Elternarbeit“ oder das medial vielfältig ausgestattete „Curriculum soziales Lernen“).<br />
Damit war zugleich weitgehend bestimmt, an welche Art von Praxis sich diese Forschung<br />
wandte. In erster Linie handelte es sich um sozialpädagogisch tätige Fachkräfte in Regeleinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Modellprojekten der Kinderbetreuung <strong>und</strong> der Jugend- <strong>und</strong> Familienhilfe.<br />
Auch Aktive in pädagogischen <strong>und</strong> gemeinwesenbezogenen Initiativen <strong>und</strong> Selbsthilfegruppen<br />
gehörten zum Kreis der Praktiker, an denen sich die Arbeit des DJI orientierte. Andere,<br />
im weiteren Sinn ebenfalls „praktisch“ tätige Adressaten, wie Kommunal- <strong>und</strong> Landespolitiker,<br />
Verbandsfunktionäre, Journalisten, Lehrkräfte an Einrichtungen der Erwachsenenbildung,<br />
Berater in der Familien- <strong>und</strong> Erziehungsberatung, Lehrer oder Geistliche waren erst<br />
in zweiter Linie angesprochen.<br />
Im Lauf der 80er Jahre differenzierte sich die Forschungslandschaft <strong>und</strong> mit ihr auch die<br />
1
Praxisorientierung der Forschung am DJI. Teils auf Initiative des Instituts, teils aufgr<strong>und</strong><br />
veränderter Erwartungen der Auftraggeber traten an die Seite der Begleitforschung in zunehmendem<br />
Maß Projekte, die unter dem Titel „Lebenslagenforschung“ firmierten. Dies<br />
waren vereinzelt qualitative (z.B. Wahl et al. 1980), überwiegend aber quantitative Erhebungen<br />
in der Tradition der empirischen Sozialforschung (z. B. die Umfrage „Familien in den<br />
80er Jahren“, später die Familien- <strong>und</strong> Jugendsurveys). Sie bemühten sich um Antworten auf<br />
die Frage: Wie leben die Menschen, die zuvor - im Rahmen der Begleitforschung - hauptsächlich<br />
als „Adressaten“ oder „Betroffene“ sozialpolitischer Maßnahmen ins Blickfeld<br />
getreten waren?<br />
Die zitierte Untersuchung von Wahl et al. (1980) markiert beispielhaft dieses erweiterte<br />
Praxisverständnis. Den zeitgenössischen Hintergr<strong>und</strong> bildete das bildungspolitische Reformziel,<br />
allen Bevölkerungsteilen einen chancengleichen Zugang zu Bildung <strong>und</strong> so indirekt<br />
zu einem besseren Lebensstandard zu ermöglichen. Damit einher ging das Motiv, Bildungsreserven<br />
in der Bevölkerung auszuschöpfen, um in der internationalen Konkurrenz um<br />
Standortbedingungen der technischen Zivilisation bestehen zu können. Im weiteren Umfeld<br />
dieser Intentionen standen Bemühungen der Eltern- <strong>und</strong> Familienbildung der 70er Jahre, ihr<br />
von Mittelschichten dominiertes Publikum in den Kreis der Unterschichten <strong>und</strong> sozial Benachteiligten<br />
auszudehnen. Als sich zeigte, daß diese Bemühungen meist erfolglos blieben,<br />
gab es wissenschaftliche Aktivitäten, die im wesentlichen auf zwei Wegen zur Verbesserung<br />
der Lage beizutragen versuchten:<br />
* durch eine pädagogische Optimierung der Bildungsangebote<br />
* durch bessere Informationen über die Zielgruppen.<br />
Erkenntnisinteressen dieser Art kennzeichneten auch das Forschungsprojekt zur Elternarbeit<br />
am DJI, in dessen Rahmen die Studie von Wahl et al. (1980) entstand. Während aber<br />
üblicherweise diese beiden Forschungsziele getrennt voneinander - verteilt auf verschiedene<br />
Fachdisziplinen <strong>und</strong> Einzelprojekte - verfolgt <strong>und</strong> Informationen über die Zielgruppen durch<br />
Befragungen von Teilnehmern an Veranstaltungen der Eltern- <strong>und</strong> Familienbildung erhoben<br />
wurden, bemühte sich das DJI-Projekt um einen integrierten Ansatz. Dieser orientierte sich<br />
nicht an Bildungszielen <strong>und</strong> Organisationsvorgaben der Anbieter von Eltern- <strong>und</strong> Familienbildung<br />
<strong>und</strong> betrachtete auch nicht aus deren Perspektive die aktuellen <strong>und</strong> potentiellen<br />
Teilnehmer, sondern beleuchtete den Erziehungsalltag der vermeintlich „bildungsabstinenten“<br />
Arbeiterfamilien aus deren eigener Sicht. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage war die Frage nach Sinn<br />
<strong>und</strong> Nutzen von Eltern- <strong>und</strong> Familienbildung neu zu stellen. Zum Beispiel war es diesen<br />
Familien schwerlich zuzumuten, eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, die ihnen mit<br />
der Begründung, es gehe um eine Kompensation ihrer defizitären Erziehungsleistungen<br />
(Bäuerle 1973, Behren 1976), gleichsam als Publikumsbeschimpfung serviert wurde.<br />
Mit der Neuorientierung unvermeidlich verb<strong>und</strong>en war eine Emanzipation der Forschung von<br />
den unmittelbaren Verwertungsinteressen der Praktiker an der „Front“ der Bildungsmaßnahmen,<br />
denn nun ging es nicht mehr in erster Linie um „Handreichungen“, sondern um<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliches der Angebote <strong>und</strong> ihrer Organisation. Zugleich traten als Adressaten der<br />
Forschungsergebnisse andere „Praktiker“ mit eher dispositiven Funktionen sowie die allgemeine<br />
Öffentlichkeit in den Vorderg<strong>und</strong>. Das Beispiel der ebenfalls im Rahmen des Elternarbeitsprojekts<br />
entworfenen <strong>und</strong> ins Leben gerufenen Mütterzentren zeigt im übrigen, daß die<br />
größere Distanz zu etablierten Einrichtungen, Maßnahmen <strong>und</strong> Sichten nicht nur der Forschung,<br />
sondern auch bedarfsgerechter Praxis zugute kommt.<br />
2
Parallel zu dieser Entwicklung war auch in anderen Tätigkeitsfeldern des DJI, etwa in der<br />
Jugendhilfeforschung, die Praxisorientierung der 70er Jahre ins Gerede gekommen.<br />
Allzusehr schien die Evaluationsforschung in das Fahrwasser der - durchaus verständlichen -<br />
Professionalisierungsinteressen der Praktiker in den begleiteten Projekten geraten zu sein.<br />
Die Arbeit dieser sozialpädagogischen Fachkräfte war - <strong>und</strong> ist teilweise auch heute noch -<br />
geprägt von niedriger Arbeitsplatzsicherheit, Defiziten an öffentlicher Akzeptanz, geringen<br />
Verdiensten <strong>und</strong> Aufstiegschancen, Loyalitätskonflikten zwischen Anstellungsträgern <strong>und</strong><br />
Klienten, unklaren Standards professioneller Arbeit <strong>und</strong> fließenden Qualifikationsanforderungen.<br />
Das Gütesiegel der „Praxisrelevanz“ verdiente sich Forschung unter diesen<br />
Vorzeichen am leichtesten, wenn sie vornehmlich den Interessen der Praktiker an einer Verbesserung<br />
ihrer professionellen Situation zuarbeitete. In Initiativen <strong>und</strong> Selbsthilfegruppen,<br />
die sich oft nur widerstrebend der Forschung öffneten, wurde wissenschaftliche Parteinahme<br />
für die Belange der Aktiven - etwa bei der Erschließung von Fördermitteln - meist noch deutlicher<br />
verlangt. Nahrung fanden solche Erwartungen in methodischen Postulaten, die von<br />
einer „radikalen“ Variante der Begleitforschung, der „Aktions“- bzw. „Handlungsforschung“,<br />
erhoben wurden (vgl. Haag 1975, Iben 1981, Schweitzer u. a. 1976). Den Kern dieser<br />
Forderungen bildete der Anspruch an die Forschung, den Standpunkt fachlicher Objektivität<br />
zugunsten expliziter Parteinahme für die Belange der Praktiker aufzugeben, ferner die<br />
Funktions- <strong>und</strong> Rollentrennung zwischen Praktikern <strong>und</strong> Forschern zu beseitigen <strong>und</strong> beide<br />
gleichermaßen in Praxis <strong>und</strong> Forschung einzubinden.<br />
Schien eine solche Ausrichtung von Forschung aus der Sicht der “Praxis” ein legitimes<br />
Interesse zu sein, so drohte die damit verb<strong>und</strong>ene perspektivische <strong>und</strong> fachliche Verkürzung<br />
längerfristig kontraproduktiv für Forschung <strong>und</strong> Praxis zu werden. Denn zum einen entfernte<br />
sich die Forschung von den professionellen Standards wissenschaftichen Arbeitens, zum<br />
anderen verlor sie dadurch ihre legitimatorische Kraft für die Praxis. Zudem gefährdete ein<br />
solches Verständnis von Praxisnähe den Anschluß der Forschung an Bestrebungen innerhalb<br />
der Jugendhilfe, ihre traditionelle Funktion als Auffangeinrichtung für Randgruppen zugunsten<br />
einer flächendeckenden, infrastrukturell abgesicherten Dienstleistung für alle Jugendlichen<br />
zu überwinden. Denn diese Dienstleistungsstrategie, die durch das Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendhilfegesetz (KJHG) mittlerweile auch gesetzlich sanktioniert ist, verlangt in erster<br />
Linie f<strong>und</strong>ierte Informationen über Befindlichkeit <strong>und</strong> Bedarfsprofil der „K<strong>und</strong>en“ von<br />
Jugendhilfe <strong>und</strong> erst in zweiter Linie Aufklärung über die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter.<br />
Unter dieser Voraussetzung ist die Forderung nach Praxisnähe zu differenzieren. <strong>Was</strong> die<br />
Erforschung von Lebenslagen angeht, scheint Praxisnähe am ehesten gewährleistet, wenn es<br />
gelingt, eine möglichst authentische Abbildung von Lebensverhältnissen <strong>und</strong> ihrer subjektiven<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> Bewertung durch die darin lebenden Menschen zu garantieren.<br />
Die Forderung nach Praxisnähe mündet hier vorrangig in einem Ansporn zur Verbesserung<br />
empirischer Forschung. Die beruflichen Interessen der Praktiker geraten dabei nicht aus dem<br />
Blickfeld, denn die am DJI in vielen Projekten nach wie vor betriebene Begleit- <strong>und</strong> Evaluationsforschung<br />
sieht darin weiter einen ihrer Schwerpunkte (vgl. den Beitrag von M.<br />
Schumann in diesem Heft). Doch werden diese Interessen klarer als früher im Licht<br />
gesellschaftlicher Anforderungen gesehen.<br />
3
2. Der Praxisbezug der am DJI - <strong>und</strong> anderswo - betriebenen Umfrageforschung<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser kursorisch nachgezeichneten Entwicklung ist nun die Frage zu<br />
klären, in welcher Form die derzeit am DJI betriebene quantitativ empirische Sozialforschung<br />
in Gestalt verschiedener Umfragen praxisrelevante Informationen liefert. Auf den ersten<br />
Blick scheint Umfrageforschung mit vollstandardisierten Interviews auf Zufallsstichprobenbasis<br />
von Praxis weiter entfernt zu sein als jeder andere am DJI vertretene Forschungstyp.<br />
Soweit unter Praxis die unmittelbare sozialpädagogische Arbeit „am Klienten“ verstanden<br />
wird, trifft das wohl auch zu (vgl. Pieper 1988). Wie aber der Rückblick zeigen sollte, ist die<br />
Arbeit am Klienten weder die einzig denkbare Art von relevanter Praxis, noch ist Lieferung<br />
von pädagogischen Materialien die ausschließliche Form des Praxisbezugs.<br />
Die Praxisorientierung der Familien- <strong>und</strong> Jugendsurveys in einem weiteren Sinn liegt zunächst<br />
darin begründet, daß sie in der Tradition der Lebenslagenforschung stehen. Unter dem<br />
Titel „Sozialberichterstattung“ stellen die <strong>Surveys</strong> relevante <strong>und</strong> verläßliche Informationen<br />
über Lebensverhältnisse <strong>und</strong> Lebensführung von Personen bereit, die in anderen Zusammenhängen<br />
aktuelle oder potentielle Adressaten sozialpädagogischer Maßnahmen <strong>sind</strong>. Je<br />
mehr sich diese sozialpädagogischen Programme als Dienstleistungen (statt als „hoheitliche“<br />
Interventionen) verstehen, um so weniger fällt ins Gewicht, daß zwischen den Befragten<br />
einer Zufallsstichprobe <strong>und</strong> den Adressaten eines sozialpädagogischen Programms keine<br />
systematische, sondern nur zufällige Identität besteht (nebenbei sei bemerkt, daß diese Identität<br />
aus Datenschutzgründen auch keineswegs anzustreben ist). Durch die Repräsentativität<br />
der Stichproben (zumindest für die deutsche Bevölkerung, in bezug auf Ausländer besteht<br />
derzeit noch ein Defizit) ist gewährleistet, daß Umfrageergebnisse auf zwei Gebieten praxisrelevant<br />
werden können:<br />
(1) Sie bieten zuverlässige Informationen über die Verteilung von Populationsmerkmalen<br />
(z. B. das Vorhandensein einer nichtehelichen Partnerschaft in getrennten Haushalten),<br />
die dem gröberen Frageraster der amtlichen Statistik (Mikrozensus) in der Regel<br />
entgehen; diese Merkmalsverteilungen - <strong>und</strong> bei wiederholten Umfragen ihre Veränderungen<br />
- können herangezogen werden, um sozialen Problemdruck (oder das Gegenteil)<br />
zu signalisieren <strong>und</strong> daraus politischen Entscheidungs- <strong>und</strong> Handlungsbedarf<br />
abzuleiten.<br />
(2) Da große Stichproben eine tiefe Staffelung soziologisch relevanter Merkmale ermöglichen,<br />
erlauben sie statistische Feinanalysen, mit denen sich handlungsbezogene<br />
Alltagstheorien über ursächliche Zusammenhänge, auf die auch Praktiker sich häufig<br />
stützen, prüfen lassen.<br />
In gewissem Sinn entspricht die Funktion (1) der von der Sozialforschung früher besonders<br />
hervorgehobenen „Skandalisierung“ sozialer Probleme <strong>und</strong> Konfliktlagen, jedoch mit einem<br />
wesentlichen Unterschied: Die Skandalisierung durch öffentlichkeitswirksame Formulierung<br />
sozialpolitischer „issues“ zielt in der Regel auf Minderheiten (wie Hausmänner, homosexuelle<br />
Paare, Straßenkinder u. ä.), die in Umfragen, selbst wenn diese große Stichproben<br />
umfassen, entweder „untergehen“ oder gar nicht erreicht werden können, weil sie z. B. nicht<br />
in Privathaushalten leben oder aus anderen Gründen (Alter, Sprache usw.) Befragungen nicht<br />
zugänglich <strong>sind</strong>. Zwar gibt es das Instrument der Schneeballstichprobe, mit deren Hilfe auch<br />
schwer erreichbare Gruppen (z. B. Drogenabhängige) erfolgreich befragt worden <strong>sind</strong>, doch<br />
ändert das nichts an dem „Normalitätsbias“ der mit Zufallsstichproben arbeitenden Umfrageforschung,<br />
den man kritisch in Rechnung stellen muß. Mitunter werden ja Umfrage-<br />
4
ergebnisse dazu benutzt, Mißstände oder soziale Entwicklungen zu bagatellisieren (etwa das<br />
Armutsrisiko kinderreicher Familien, indem arithmetische Mittel herangezogen werden, die<br />
die u-förmige Verteilung der Kinderzahl nach Einkommenshöhe einebnen). Auch eine <strong>und</strong>ifferenzierte<br />
Rezeption seriöser Bef<strong>und</strong>e, gegen die auch der Familiensurvey nicht gefeit ist,<br />
bedarf kritischer Wachsamkeit. So wurde die Aussage von Nauck (1991), daß r<strong>und</strong> 85 %<br />
aller unter 18jährigen Kinder im Haushalt der leiblichen, verheiratet zusammenlebenden<br />
Eltern nach dem traditionellen Normalitätsmodell aufgewachsen <strong>sind</strong>, häufig nicht als Mittelwert<br />
über alle Kinder, die 1988 zwischen 0 <strong>und</strong> 18 Jahre alt waren, sondern als Beschreibung<br />
aktueller Verhältnisse gelesen, um daraus eine „Entwarnung“ in Sachen Kindheit abzuleiten.<br />
Auch solche mehr oder weniger bewußten Verzerrungen stellen eine Form der Indienstnahme<br />
von Informationen für praktische Zwecke dar.<br />
Es gibt indessen genug fachlich unbedenkliche Beispiele, in denen einfache Verteilungsinformationen<br />
praktische Bedeutung erlangt haben. Eines der bekanntesten ist der empirische<br />
Nachweis der „Stärke schwacher Bindungen“, den Granovetter (1973) mit der bloßen Häufigkeitsverteilung<br />
der Kontakte mit Personen, die seinen Befragten bei der Jobsuche geholfen<br />
hatten, führen konnte. Dieser Aufsatz ist nicht zuletzt deshalb zu einer der meistzitierten<br />
Publikationen der Soziologie geworden, weil er die soziale Effizienz <strong>und</strong> damit die praktische<br />
Bedeutung flüchtiger Beziehungen innerhalb eines weiten Netzwerks von Kontaktpersonen<br />
demonstriert hat. Ein anderes Beispiel jüngeren Datums <strong>sind</strong> Bef<strong>und</strong>e einer repräsentativen<br />
Umfrage von Laumann et al. (1994) über das Sexualverhalten der US-Bevölkerung.<br />
Die Autoren konnten u. a. zeigen, daß entgegen den Behauptungen der Homosexuellenverbände<br />
nicht 10 %, sondern nur r<strong>und</strong> 2 % der Bevölkerung homosexuelle Beziehungen<br />
unterhalten. Liegt in dem zuletzt genannten Beispiel die praktische Bedeutung darin, daß<br />
politische Ansprüche einflußreicher Interessengruppen relativiert werden, so gibt es ebenso<br />
Beispiele für den entgegengesetzten Fall, daß nämlich Umfragen Ansprüche bestimmter<br />
Gruppen auf mehr Beachtung ihrer Anliegen unterstützen. Beispielsweise hat die Panelbefragung<br />
geschiedener Paare von Napp-Peters (1995) ergeben, daß die Annahme, Kinder<br />
alleinerziehender Mütter seien wegen des abwesenden Vaters häufiger geschädigt als Kinder<br />
alleinerziehender Väter wegen der abwesenden Mutter, falsch ist.<br />
Praxisrelevante Informationen können Umfragen nicht nur über die Verteilung von Individualmerkmalen,<br />
sondern auch über Beziehungskonstellationen liefern. Der Familiensurvey<br />
bediente sich des 1988 noch wenig verbreiteten Instruments der Erhebung egozentrierter<br />
Netzwerke, um Familie als Geflecht gelebter Beziehungen zu erfassen <strong>und</strong> nicht, wie üblich,<br />
alles auszublenden, was den Einzelhaushalt überschreitet. Auf diese Weise konnte nicht nur<br />
gezeigt werden, daß im Familienalltag Kontakte mit den nächsten Verwandten auch heute<br />
eine sehr große Rolle spielen; es wurde zudem deutlich, daß diese Interaktionsdichte ihre<br />
Gr<strong>und</strong>lage in einer unerwartet hohen räumlichen Agglomeration der Verwandtschaft in einer<br />
Umgebung bis zu 15 Gehminuten hat (Bien/Marbach 1991). Damit scheint eine These von<br />
Bronfenbrenner (1976), daß der Schw<strong>und</strong> an Erziehungskraft der modernen nordamerikanischen<br />
Familie der Erosion eines - überwiegend verwandtschaftlichen - Unterstützungsnetzes<br />
im nahen räumlichen Umfeld zu verdanken sei, in Deutschland nicht zu gelten. Zumindest<br />
trifft die Annahme fehlender verwandtschaftlicher Ressourcen in räumlicher Nähe nicht<br />
zu. Daraus ergeben sich wiederum Ansatzpunkte für eine gemeinwesenbezogene Eltern- <strong>und</strong><br />
Familienarbeit, die weniger Sanierung von Erziehungsdefiziten als Infrastrukturhilfen für den<br />
sozialen Tausch in Familien im Auge hat.<br />
5
Aus der Vielzahl von Beispielen, die sich für die zweite Form praxisrelevanter Informationen<br />
aus der Umfrageforschung anführen lassen, seien hier nur zwei herausgegriffen. Mit Hilfe der<br />
Daten des „National Survey of Families and Households“ von 1988 konnte Aquilino (1994)<br />
u. a. ein für geschiedene Mütter ohne Sorgerecht sehr nachteiliges Vorurteil widerlegen. Da<br />
Sorgerechtsentscheidungen in Scheidungsfällen überwiegend zugunsten der Mütter fallen,<br />
gelten solche, für die das nicht zutrifft, gemeinhin als „Rabenmütter“. Der Autor konnte<br />
durch eine differenzierte Analyse zeigen, daß auch ehemals nichtsorgeberechtigte Mütter<br />
enge Beziehungen zu ihren (erwachsenen) Kindern pflegen, wenn sie nicht durch große<br />
geographische Entfernung <strong>und</strong>/oder eine Wiederheirat des sorgeberechtigten Exgatten daran<br />
gehindert werden. Da die Qualität der Beziehung zu den eigenen Kindern ohne Wiederheirat<br />
des Exgatten sich nicht von derjenigen sorgeberechtigter Mütter unterschied, bei Vorhandensein<br />
einer Stiefmutter aber eklatant litt, ließ sich der vermeintliche Rabenmuttereffekt als<br />
Stiefmuttereffekt dechiffrieren.<br />
Das zweite Beispiel knüpft an die Mütterthematik an. Wie frühere Untersuchungen gezeigt<br />
haben, leiden Frauen zwischen 40 <strong>und</strong> 50 Jahren unter einer Kluft zwischen sozialem <strong>und</strong><br />
biologischem Alter. Trotz höherer Lebenserwartung im Vergleich zu Männern gelten sie<br />
schon nach der Menopause als „alt“, weil sie als potentielle Mütter „ausgedient“ haben.<br />
Diese spezifische Benachteiligung motiviere Frauen im mittleren Lebensalter zu einer im<br />
Vergleich zu gleichaltrigen Männern stärkeren Bindung an ihre erwachsenen Kinder - so die<br />
Behauptung. Umgekehrt habe dies zur Folge, daß sich die jungen Eltern belästigt, beeinträchtigt<br />
oder durch unerwünschten Ratschlag verunsichert fühlten. Auf der Gr<strong>und</strong>lage einer<br />
Befragung von drei familial verb<strong>und</strong>enen Generationen Erwachsener, die an den Familiensurvey<br />
anknüpfte, wurde diese These geprüft (Marbach 1994). Es stellte sich heraus, daß sich<br />
in der Tat fast jede zweite Mutter <strong>und</strong> mehr als jede dritte Schwiegermutter junger Eltern von<br />
kleinen Kindern in der Enkelbetreuung engagieren <strong>und</strong> dabei deutlich die eigenen männlichen<br />
Partner übertrifft. Auch eine kritische Reaktion, vorwiegend von Töchtern gegen die<br />
helfenden Mütter, trat zutage, <strong>und</strong> zwar wider Erwarten auch - <strong>und</strong> sogar stärker - im Mutter-<br />
Tochter-Verhältnis der beiden älteren Generationen, obwohl Enkelbetreuung dort keine Rolle<br />
mehr spielte. Es zeigte sich denn auch, daß nicht Enkelbetreuung, sondern die von der helfenden<br />
Mutter häufig - von der helfenden Schwiegermutter seltener - angestoßenen Gespräche<br />
über persönliche Angelegenheiten der Anlaß des Belästigungsgefühls der Töchter <strong>sind</strong>,<br />
das sich dementsprechend auch stärker gegen die eigene Mutter als gegen die Schwiegermutter<br />
richtet. Die jungen Mütter scheinen in der Kritik zurückhaltender, weil sie ein Eingehen<br />
auf die Gesprächswünsche der eigenen Mutter als zumutbares Opfer für die Hilfe bei der Betreuung<br />
der eigenen Kinder empfinden. Die Kritik der Töchter in der mittleren Generation an<br />
ihren Müttern fällt deutlicher aus, weil ein der Enkelbetreuung vergleichbares Äquivalent für<br />
ihre Gesprächsbereitschaft fehlt. Für die Praxis der Elternarbeit <strong>und</strong> Familienberatung läßt<br />
sich resumieren, daß Ausgewogenheit des Gebens <strong>und</strong> Nehmens auch im sozialen Tausch<br />
zwischen Generationen <strong>und</strong> Familienangehörigen Gr<strong>und</strong>lage zufriedenstellender Beziehungen<br />
ist.<br />
3. Der Praxisbezug der Regionaldatenbank des DJI<br />
Neben der Umfrageforschung gibt es eine weitere wichtige Quelle für die Familienforschung:<br />
die amtliche Statistik. Ihr Vorteil ist, daß sie Zahlen über die gesamte Bevölkerung (z. B. aus<br />
den Volkszählungen), sowie über repräsentative Erhebungen (z. B. Mikrozensus) zur Verfügung<br />
stellt, die deutlich größeren Stichproben entstammen, als sie die Sozialwissenschaften<br />
6
aus Kostengründen je realisieren könnten. Dieses Potential ermöglicht tiefer strukturierte<br />
Analysen, sowohl regional als auch auf spezifische Gruppen bezogen, welche wegen der<br />
großen Fallzahlen auch im statistischen Sinne aussagekräftig <strong>sind</strong>. (Bauereiss/Bayer 1995)<br />
Insbesondere der regionale Aspekt ist für die Sozialberichterstattung am DJI von Bedeutung.<br />
Eine Vielzahl von Studien konnte nachweisen, daß die Lebensverhältnisse in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland nicht nur entlang der traditionellen Dimension sozioökonomischer Ungleichheit<br />
variieren. Vielmehr macht es einen ganz erheblichen Unterschied, ob Familien in<br />
ländlichen oder städtischen Regionen leben <strong>und</strong> aus welchem Gebiet Deutschlands sie kommen.<br />
So lassen sich mit regionalen Daten Thesen empirisch überprüfen oder auch zurückweisen,<br />
wie sie etwa Hoffmann-Nowotny (1988) über die Individualisierung vorgelegt hat.<br />
Man kann zeigen, daß diese Aussagen in der B<strong>und</strong>esrepublik allenfalls auf die großen<br />
urbanen Zentren zutreffen, nicht aber auf die Vielzahl ländlicher Regionen (Bertram 1993).<br />
Ein systematischer Vergleich der Lebenslagen von Familien in der B<strong>und</strong>esrepublik nach<br />
regionalen Variationen fehlte jedoch. Daher hat das DJI 1988 begonnen, eine Datenbank<br />
aufzubauen, in der im weiteren <strong>und</strong> engeren Sinn familienbezogene Länder- <strong>und</strong> Kreisdaten<br />
aus unterschiedlichen Quellen der amtlichen Statistik gesammelt <strong>und</strong> dokumentiert werden.<br />
Inhaltlich lassen sich diese Daten in folgende Bereiche gliedern:<br />
Ehe <strong>und</strong> Familie:<br />
Haushaltsstrukturen<br />
Familienstand<br />
Eheschließungen<br />
Ehelösungen<br />
Kinder<br />
Geburten<br />
Bevölkerung:<br />
Bevölkerungsstand<br />
Bevölkerungsbewegungen<br />
Infrastruktur:<br />
Jugendhilfe<br />
Tageseinrichtungen für Kinder<br />
Medizinische Versorgung<br />
Soziale Sicherheit:<br />
Sozialhilfe<br />
Wohngeld<br />
Bildung:<br />
Bildungsstand<br />
Schulische Angebote<br />
Bildungsbeteiligung<br />
Wohnungsversorgung<br />
Werte:<br />
Konfessionszugehörigkeit<br />
Wahlverhalten<br />
Risiken:<br />
Verkehrsverletzte<br />
Verkehrstote<br />
Säuglingssterblichkeit<br />
Todesfälle<br />
Kriminalität<br />
Kreisbeschreibung:<br />
Dichte<br />
Fläche<br />
Regionstypen<br />
Einkommen <strong>und</strong> Wohlstand:<br />
Einkommensniveau<br />
Kaufkraft<br />
Lohn- <strong>und</strong> Einkommenssteuer<br />
Eigentumsverhältnisse <strong>und</strong> Mieten<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Wirtschaftsstruktur<br />
Kommunale Finanzen<br />
Jeder dieser Bereiche gliedert sich nochmals in Unterbereiche auf, die die einzelnen Variablen<br />
enthalten. Wenn möglich, werden diese differenziert nach Geschlecht, Alter oder Nationalität<br />
abgelegt. So gliedert sich der Bereich „Bevölkerungsbewegungen“ in die Unterkategorien<br />
7
* Lebendgeborene<br />
* Totgeborene<br />
* Sterbefälle<br />
* Selbstmorde<br />
* Wanderungsbewegungen.<br />
Die Lebendgeborenen unterteilen sich nochmals nach Geschlecht, Alter der Mütter, Legitimation<br />
bei Geburt <strong>und</strong> Nationalität. Zudem wird jede Zahl in der Datenbank mit der<br />
zugehörigen Regionskennziffer <strong>und</strong> dem Erhebungsjahr abgelegt. Dadurch ist es zum einen<br />
leicht möglich, regionale Unterschiede - z. B. der Bevölkerungszusammensetzung, der infrastrukturellen<br />
Versorgung, des finanziellen Aufwands für Sozialleistungen usw. - darzustellen.<br />
Zum anderen können auch beliebige Verknüpfungen der Indikatoren untereinander hergestellt<br />
werden, etwa zwischen Kindergartenplätzen, erwerbstätigen Frauen, Kinderärzten <strong>und</strong><br />
der Anzahl der Kinder.<br />
Mittlerweile enthält die Regionaldatenbank mehr als 600 verschiedene Indikatoren <strong>und</strong> ist<br />
damit die umfangreichste Sammelstelle von familienbezogenen Daten auf Kreisebene in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik. Da die meisten Indikatoren inzwischen für mehrere Zeitpunkte vorliegen,<br />
<strong>sind</strong> auch Aussagen über zeitliche Entwicklungen bzw. Veränderungen auf regionaler Ebene<br />
möglich. Einen Ausschnitt dieser vielfältigen Möglichkeiten zeigt der 1993 von den Mitarbeitern<br />
des Projekts veröffentlichte Familien-Atlas (Bertram/Bayer/Bauereiss 1993).<br />
Entsprechend der föderalen Struktur der B<strong>und</strong>esrepublik ist die amtliche Statistik dezentral<br />
aufgebaut <strong>und</strong> organisiert. Sie wird institutionell im wesentlichen von den 16 statistischen<br />
Landesämtern getragen. Leider existieren nicht bei allen Erhebungen <strong>und</strong> Statistiken verbindliche<br />
Mindestveröffentlichungsprogramme für Länder- bzw. Kreiszahlen. Das hat zur<br />
Folge, daß die Landesämter häufig unterschiedliche Auswertungskriterien oder Erfassungskategorien<br />
anwenden. In diesen Fällen ist es erforderlich, die Daten vor der Übernahme in die<br />
Datenbank b<strong>und</strong>esweit zu vereinheitlichen. Ein typisches Beispiel dafür <strong>sind</strong> die Bildungsstatistiken,<br />
die auf die unterschiedlichen Ländergesetze <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen unterschiedlichen<br />
Definitionen von Bildungseinrichtungen zurückgreifen.<br />
Eine besondere Schwierigkeit tritt auf, wenn durch Gesetzesänderungen die Erfassungskategorien<br />
verändert werden oder neue Begriffe entstehen. Daten, die zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten erfaßt wurden, <strong>sind</strong> dann nicht mehr ohne weiteres vergleichbar. So wurde etwa<br />
nach der Neufassung des KJHG „sozialpädagogische Familienhilfe“ erstmalig begrifflich<br />
differenziert. Durch neue Kategorien wie diese entstehen zwangsläufig Verschiebungen<br />
innerhalb der anderen Kategorien, die Zeitvergleiche erschweren, sofern man sie nicht durch<br />
Umrechnung der alten Kategorien erreichen kann. Nicht alle Probleme können jedoch<br />
rechnerisch oder organisatorisch gelöst werden. Will man dennoch nicht auf die Haltung der<br />
Daten in der Datenbank verzichten, ist eine aufwendige Dokumentation notwendig, die neben<br />
den Variablendefinitionen auch die für die jeweilige Erhebungszeit gültigen Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
sowie Abweichungen <strong>und</strong> Besonderheiten der Erfassung beschreibt.<br />
Die Praxisrelevanz der Regionaldatenbank liegt darin begründet, daß sie eine für Praktiker<br />
inhaltlich wichtige, relativ schnell <strong>und</strong> flexibel nutzbare Informationsquelle über Daten der<br />
Sozialberichterstattung darstellt. Inbesondere seit der Wiedervereinigung hat der regionale<br />
Vergleich an Bedeutung gewonnen. Mit Hilfe der Regionaldatenbank ist es möglich, amtliche<br />
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Daten mit den Daten der Familien- <strong>und</strong> Jugendsurveys in Verbindung zu <strong>bringen</strong>. Die in den<br />
Umfragen erhobenen subjektiven Wahrnehmungen <strong>und</strong> Einstellungen auf individuellem<br />
Niveau lassen sich auf diese Weise mit einem vergleichsweise objektiven Hintergr<strong>und</strong> von<br />
Merkmalsverteilungen <strong>und</strong> sozialer Infrastruktur in Beziehung setzen. Darin liegt eine<br />
beträchtliche Erweiterung der Möglichkeiten, die erhobenen Daten nach beiden Seiten hin zu<br />
interpretieren.<br />
Die zunehmende Bedeutung der Regionalforschung in den Sozialwissenschaften <strong>und</strong> der<br />
Bedarf an rechnerisch <strong>und</strong> visuell aufbereiteten Regionaldaten werden in der wachsenden<br />
Zahl externer Anfragen von Be-hörden, Medien <strong>und</strong> Wissenschaftseinrichtungen sichtbar.<br />
Zum Beispiel verlangen viele Jugendämter oder gemeinnützige Institutionen nach Zahlen für<br />
ihre Bedarfsplanungen. Von wissenschaftlichen Einrichtungen wird häufig nach technischer<br />
Unterstützung beim Aufbau eigener Datensammlungen bzw. <strong>Datenbanken</strong> <strong>gefragt</strong>. Studenten<br />
nutzen die Dien-ste der Regionaldatenbank für ihre Semester- <strong>und</strong> Abschlußarbeiten, Journalisten<br />
untermauern ihre Artikel mit Zahlen aus der Regionaldatenbank.<br />
Neben den Regionalzahlen aus dem Bereich Jugend <strong>und</strong> Familie werden Zeit- <strong>und</strong> Regionsvergleiche<br />
sowie Spezialanalysen zu unterschiedlichsten Themen angefordert. Außerdem<br />
erreichen uns Einladungen zu fachlicher Mitarbeit an DJI-externen <strong>und</strong> -internen Forschungsvorhaben<br />
sowie zur Teilnahme an Veranstaltungen. Die Spanne reicht von einfachen<br />
Anfragen nach Zahlen bis hin zu fertig aufbereiteten Tabellen, Kar-ten oder Grafiken für<br />
Vorträge <strong>und</strong> Veröffentlichungen. Insbesondere die grafische Aufbereitung <strong>und</strong> Visualisierung<br />
erhöht die Verständlichkeit <strong>und</strong> erleichtert die Interpretation von Zahlen. Die Ausstattung<br />
des Projekts macht es möglich, diesen Anfragen unmittelbar nachzukommen. So wurde<br />
die Regionaldatenbank in den letzten Monaten sehr oft von Jugendämtern um regionale<br />
Hintergr<strong>und</strong>informationen gebeten. Da-bei geht es z.B. um die Zahl der Jugendlichen im<br />
Kreis, um eine Prognose des Jugendlichenanteils bis 2010, um die Bildungs- <strong>und</strong> Erwerbsbeteiligung<br />
von Jugendlichen sowie die Zahl arbeitsloser Jugendlicher, um ihre familiäre<br />
Situation usw.. Diese Informationen werden für die Erstellung von Jugendhilfeplänen auf<br />
Kreisebene nach § 80 KJHG benötigt.<br />
Die Regionaldatenbank des DJI ist insgesamt ein wichtiges Bindeglied zwischen der amtlichen<br />
Statistik <strong>und</strong> deren Nutzern. Denn die Beurteilung der Eignung von Daten der amtlichen<br />
Statistik für wissenschaftliche, politische, praktische oder journalistische Zwecke setzt eine<br />
gewisse Erfahrung sowie Kenntnisse über die föderale Struktur der amtlichen Statistik <strong>und</strong><br />
der sich daraus ergebenden Konsequenzen voraus. All das kann man nicht von jemandem<br />
erwarten, der sich nicht ständig mit dieser Materie beschäftigt, denn meist fehlt es an Kenntnissen<br />
über einschlägige Veröffentlichungen, Informationsstellen <strong>und</strong> Ansprechpartner sowie<br />
an etablierten Kontakten zu den Ämtern.<br />
4. Resumé<br />
Die praktische Bedeutung von Surveyforschung <strong>und</strong> <strong>Datenbanken</strong> im Rahmen der Sozialberichterstattung<br />
liegt in der Bereitstellung von Hintergr<strong>und</strong>wissen über gesellschaftliche<br />
Lebenslagen. Auf dieses Wissen <strong>sind</strong> Politik, Verwaltung, beratende Dienste <strong>und</strong> Sozialarbeit<br />
angewiesen, wenn sie Maßnahmen planen <strong>und</strong> zielgerecht umsetzen wollen. Die Verknüpfung<br />
von Umfrageforschung <strong>und</strong> Datenbank erlaubt es, aktuelle Informationen <strong>und</strong> Kumulation<br />
von Wissen methodisch kontrolliert miteinander zu verbinden <strong>und</strong> aufzubereiten. Auf<br />
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diese Weise lassen sich Fragen beantworten, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Komplexität eine große<br />
Tiefenschärfe der Daten <strong>und</strong> ausgefeilte Auswertungsmethoden voraussetzen. Zum anderen<br />
ist es möglich, zuverlässige Informationen bereitzustellen, die für den aktuellen Bedarf<br />
kurzfristig abgerufen werden können.<br />
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