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Psychologische Ästhetik und kogni- tive Ergonomie

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FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />

PSYCHOLOGISCHE ÄSTHETIK UND KOGNITIVE<br />

ERGONOMIE<br />

AN DER FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE<br />

Stand Oktober 2008<br />

1


FORSCHUNGSSCHWERPUNKT:<br />

PSYCHOLOGISCHE ÄSTHETIK UND KOGNITIVE ERGONOMIE<br />

03 VORWORT<br />

INHALT<br />

05 01. DER FORSCHUNGSSCHWERPUNKT PSYCHOLOGISCHE<br />

ÄSTHETIK UND KOGNITIVE ERGONOMIE<br />

08 02. METHODEN UND EXPERIMENTE<br />

09 2.1 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

12 2.2 Praxis<br />

15 03. PSYCHOLOGISCHES LABOR<br />

18 04. MITGLIEDER DES FORSCHUNGSSCHWERPUNKTES (FSP)<br />

19 4.1 Mitglieder des FSP<br />

22 4.2 Organisationsstruktur der 4 FSP an der Fakultät für Psychologie<br />

23 05. FORSCHUNGSKOOPERATIONEN NATIONAL UND<br />

INTERNATIONAL<br />

25 06. GESCHICHTE DER PSYCHOLOGISCHEN ÄSTHETIK<br />

26 6.1 Zur Geschichte der psychologischen <strong>Ästhetik</strong><br />

43 6.2 Weiterführende Literatur<br />

44 07. AKTIVITÄTEN<br />

45 7.1 Forschungsprojekte<br />

46 7.2 Ausgewählte Publikationen zum FSP<br />

49 7.3 Gastvorträge<br />

50 08. FORSCHUNGSSCHWERPUNKT UND LEHRE<br />

54 09. GLOSSAR<br />

57 IMPRESSUM<br />

2


VORWORT<br />

GRÜNDUNG UND ENTWICKLUNG DES FORSCHUNGSSCHWER-<br />

PUNKTES PSYCHOLOGISCHE ÄSTHETIK UND KOGNITIVE ERGONO-<br />

MIE<br />

Das Schöne ist mittlerweile fast allgegenwärtig. In Mode, Design, als Gegenstand<br />

von „Schönheits-“ Operationen <strong>und</strong> als Ästhetisches in der Kunst.<br />

Die Rolle des Schönen ist zwar schon seit Gründung der akademischen Psychologie<br />

ein Thema, so richtig ins Zentrum des Interesses gerät es aber erst<br />

jetzt wieder, da die Psychologie zu ahnen scheint, dass es die affek<strong>tive</strong>n Bewertungen,<br />

die Emotionen sind, die wesentlich zum Verständnis menschlichen<br />

Erlebens beitragen. An der Fakultät für Psychologie wurde der Forschungsschwerpunkt<br />

psychologische <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong> (des<br />

Weiteren als FSP bezeichnet), neben drei anderen Forschungsschwerpunkten,<br />

im November 2004 im Rahmen des Entwicklungsplans der Universität<br />

Wien begründet. Die Aufgabe des Forschungsschwerpunktes ist es, neue<br />

Forschungsfelder zu öffnen, die Forschung zu stärken <strong>und</strong> die bestehenden<br />

Fächer zu garantieren. Es sollen über ihn in einschlägigen Forschungsbereichen<br />

Trends in “Exzellenz“ gesetzt werden.<br />

<strong>Psychologische</strong> <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong><br />

Evolutions- <strong>und</strong> kulturpsychologische Theorien aus der sozialen Kognitionsforschung<br />

sowie ein Modell der ästhetischen Erfahrung bei der Kunstbetrachtung<br />

liefern den Rahmen für den Forschungsschwerpunkt. Anhand ästhetischer<br />

Verarbeitung liefert der Forschungsschwerpunkt Beiträge zum<br />

Gr<strong>und</strong>verständnis menschlichen Erlebens sowie deren Transfer in Anwendungsfelder.<br />

Untersucht werden Fragestellungen zu einfachen Präferenzen,<br />

biologischen Gr<strong>und</strong>lagen von Schönheit <strong>und</strong> Attraktivität, der Anmutung von<br />

Kunst (Malerei, Musik, Architektur) <strong>und</strong> innova<strong>tive</strong>m Design. Dabei bedienen<br />

wir uns einer breiten Palette von Forschungsmethoden <strong>und</strong> Ansätzen, das<br />

empirische Vorgehen bedient sich u. a. der Methoden der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Psychologie<br />

<strong>und</strong> der Neuropsychologie. Der Beitrag der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n <strong>Ergonomie</strong> ist der<br />

Transfer von psychologisch-ästhetischen Theorien auf die Designanmutung<br />

<strong>und</strong> –evaluation, in denen es besonders relevant ist dynamische Adaptionen,<br />

interindividuelle Unterschiede <strong>und</strong> ästhetisch motivierte Präferenzen zu verstehen.<br />

So erforschen wir, warum Innovationen gefallen <strong>und</strong> wie sich Präferenzen<br />

über die Zeit verändern.<br />

Die vorliegende Broschüre informiert über den aktuellen Stand der Forschung<br />

<strong>und</strong> die bisherigen Leistungen des Forschungsschwerpunkts, es werden<br />

die einzelnen Mitglieder <strong>und</strong> Forschungskooperationen aufgezeigt. Wir<br />

stellen in dieser Broschüre unsere Methoden <strong>und</strong> Labore <strong>und</strong> ausgewählte<br />

Fragestellungen vor.<br />

3


Interessierten Studierenden soll durch diese Broschüre zudem die Möglichkeit<br />

gezeigt werden, die Themenstellungen <strong>und</strong> Forschungsergebnisse<br />

des FSP für ihr Studium zu nutzen <strong>und</strong> daran zu partizipieren.<br />

Ziel des Forschungsschwerpunktes ist es, die Vernetzung auf der Ebene<br />

von Forschung <strong>und</strong> Lehre interdisziplinär als auch international weiter auszubauen<br />

<strong>und</strong> einen wichtigen Beitrag für den Wissenschafts- <strong>und</strong> Wirtschaftsstandort<br />

Wien zu leisten!<br />

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre dieser Broschüre viel Vergnügen<br />

Univ.- Prof. Dr. Helmut Leder<br />

Sprecher des Forschungsschwerpunktes<br />

4


1. DER FSP PSYCHOLOGISCHE ÄSTHETIK UND<br />

KOGNITIVE ERGONOMIE<br />

5


Mission Statement<br />

Forschungsschwerpunkt "<strong>Psychologische</strong> <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong><br />

<strong>Ergonomie</strong>"<br />

Warum bevorzugen Personen bestimmte Objekte? Welche Objekte sind<br />

es, die als schön oder angenehm empf<strong>und</strong>en werden? Und was sind die sozialen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Vorbedingungen ästhetischen Erlebens <strong>und</strong> Verhaltens?<br />

Diese Fragen bilden den Forschungsfokus im Forschungsschwerpunkt<br />

<strong>Psychologische</strong> <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> Kogni<strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong> an der Fakultät für Psychologie<br />

der Universität Wien. Darin bündeln wir Forschung, die die Prozesse<br />

untersucht, die an ästhetischen Erlebnissen mit bildender Kunst <strong>und</strong> anderen<br />

visuellen Phänomenen, inklusive Design, Architektur <strong>und</strong> menschlichen Gesichtern,<br />

beteiligt sind.<br />

Der Forschungsschwerpunkt (kurz „FSP“) fasst psychologische <strong>Ästhetik</strong><br />

bewusst relativ weit. So umfassen die wissenschaftlichen Fragestellungen<br />

z. B. Untersuchungen zur sublimen Präferenz, dem ästhetischen Genuss bei<br />

der Betrachtung von Kunstwerken <strong>und</strong> dem Verständnis <strong>und</strong> Wertschätzen<br />

von innova<strong>tive</strong>m Produktdesign. Die bisherige Forschung ist stark vom Arbeitsbereich<br />

Allgemeine Psychologie koordiniert, der durch die Neuberufung<br />

von Helmut Leder erst seit Ende 2004 in seiner jetzigen Mitarbeiterstruktur<br />

etabliert wurde. Auch eine enge sozialpsychologische <strong>und</strong> neuropsychologische<br />

Forschungsperspek<strong>tive</strong> ist für das Forschungsprogramm angestrebt.<br />

Die Basis der aktuellen <strong>kogni</strong>tiv-psychologischen Forschung bildet ein Modell<br />

der ästhetischen Erfahrung, das von der Arbeitsgruppe entwickelt wurde<br />

(siehe Kapitel 2.1 Theorie: Modell des ästhetischen Erlebens). So versucht<br />

der FSP, sich der Faszination, die Kunst für viele Menschen bedeutet, von<br />

experimentalpsychologischer Seite her anzunähern. Der FSP ist nicht nur<br />

eingeb<strong>und</strong>en in ein internationales Forschungsnetzwerk, sondern kooperiert<br />

auch vor Ort mit Kunstakademien <strong>und</strong> Museen. Die aktuelle Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

zur psychologischen <strong>Ästhetik</strong> umfasst eine Vielzahl von Fragestellungen:<br />

Wir untersuchen Präferenzen („warum gefällt Ihnen das?“), die Verarbeitung<br />

von Stil <strong>und</strong> Eingängigkeit in der Kunst, den Zusammenhang von Informationen,<br />

die zu einem Kunstwerk gegeben werden <strong>und</strong> seinem Gefallen.<br />

Wir erforschen emotionale Gr<strong>und</strong>lagen ästhetischer Erfahrungen, die Verarbeitung<br />

von Gesichtsschönheit, <strong>und</strong> inwieweit Experten die Dinge anders beurteilen.<br />

Dabei suchen wir Austausch mit angrenzenden Fächern, wie der<br />

Kulturpsychologie <strong>und</strong> den biologischen Wissenschaften.<br />

Kogni<strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong> wiederum stellt ein angewandtes Feld der <strong>Ästhetik</strong><br />

dar. Sie beschäftigt sich mit dem Design <strong>und</strong> der Innovation von Konsumgütern,<br />

wie z. B. Autos oder Handys. Ausgangspunkt ist die Idee, dass die<br />

Funktionalität von Objekten untrennbar mit emotionalen <strong>und</strong> sinnlichen As-<br />

6


pekten verb<strong>und</strong>en ist. In unserem Forschungsschwerpunkt behandeln wir unter<br />

dem Thema im Wesentlichen Fragen der Designwahrnehmung <strong>und</strong> Wirkung.<br />

Hier untersuchen wir unter anderem Fragen nach der Wirkung von Innovation,<br />

wem sie warum gefällt <strong>und</strong> wie sich Produktanmutungen über die<br />

Zeit verändern.<br />

Auf beiden Gebieten, der <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n <strong>Ergonomie</strong>, umfasst<br />

der FSP Methoden <strong>und</strong> Theorien aus dem Bereich der Kogni<strong>tive</strong>n Psychologie<br />

<strong>und</strong> Neuro-Kognitionswissenschaft, sowie Forschungen mit quantita<strong>tive</strong>n<br />

Methoden. Im Sinne einer möglichst ergiebigen Forschung bestehen Kooperationen<br />

mit Experten aus anderen Gebieten, darunter Neurobiologie, Humanethologie,<br />

Design, Kunst- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften <strong>und</strong> Philosophie.<br />

Univ.- Prof. Dr. Helmut Leder <strong>und</strong> PD Dr. Claus-Christian Carbon<br />

7


2. METHODEN UND EXPERIMENTE<br />

8


2.1 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Annahmen eines Modells der ästhetischen Erfahrung<br />

aus <strong>kogni</strong>tionspsychologischer Perspek<strong>tive</strong><br />

Gr<strong>und</strong>pfeiler einer erfolgreichen Wissenschaft sind die zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Theorien der Forscher. Welches Gebiet könnte geeigneter sein, um <strong>Ästhetik</strong><br />

zu erforschen, als die Kunst? Nie war Kunst allgegenwärtiger. Große Ausstellungen<br />

ziehen heute h<strong>und</strong>erttausende von Besuchern an <strong>und</strong> so wird der kulturelle<br />

Wert einer Stadt nicht unwesentlich durch die großen Kunstmuseen<br />

mitbestimmt.<br />

Was passiert, wenn wir Kunst betrachten? Einer der theoretischen Pfeiler<br />

unsere Forschung zur <strong>Ästhetik</strong> ist ein Modell, mit dem wir beschreiben, welche<br />

psychologischen Prozesse ein Mensch durchläuft, wenn er an einem<br />

Kunstwerk ästhetische Erfahrungen erlangt. Wie kann man sich so ein Modell<br />

vorstellen?<br />

Abb.: Modell der ästhetischen Erfahrung von Leder, H., Belke, B., Oeberst, A., & Augustin,<br />

D. (2004).<br />

Die theoretische Gr<strong>und</strong>lage für den FSP bildet das Modell der ästhetischen<br />

Erfahrung von Leder, Belke, Oeberst <strong>und</strong> Augustin (2004) 1 . Es wurde<br />

spezifisch für experimentelle Untersuchungen zur visuellen Wahrnehmung<br />

von Kunstwerken entwickelt.<br />

1<br />

Leder, H., Belke, B., Oeberst, A., & Augustin, D. (2004). A model of aesthetic appreciation and aesthetic<br />

judgements. British Journal of Psychology, 95, 489-508.<br />

9


Es stellt fünf Stadien des Kunsterlebens vor, von denen jede sequentielle<br />

Verarbeitungsstufe mit einem bestimmten Typus der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Analyse verb<strong>und</strong>en<br />

ist. Begleitend läuft ein in unterschiedlichem Maße bewusster oder<br />

unbewusster affek<strong>tive</strong>r Bewertungsprozess mit, der durch kulturell <strong>und</strong> lebensgeschichtlich<br />

erlernte Bewertungsmuster bedingt ist.<br />

Bei den angeführten Stadien perzeptuelle Analyse, implizite Gedächtnisintegration,<br />

konkrete Klassifikation, <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> Bewältigung <strong>und</strong> Evaluation handelt<br />

es sich nicht um eine stringente <strong>und</strong> stufenweise fortschreitende Verarbeitung,<br />

sondern um einen Wahrnehmungsprozess der im Verlauf der Verarbeitung<br />

auch wieder auf frühere Phasen zurück fallen kann, wodurch Rückkoppelungseffekte<br />

möglich sind. Diese sind im Modell als Feedbackschleifen gekennzeichnet.<br />

Ferner ist der affek<strong>tive</strong> Ausgangszustand in dem sich das Individuum<br />

zu Beginn des Wahrnehmungsvorgangs befindet von Bedeutung.<br />

Als „Input“ wird ein Kunstwerk der modernen bildenden Kunst des 20. <strong>und</strong><br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts angenommen, das durch seinen kulturellen Kontext definiert<br />

wird. Das heißt, Kunsterleben findet dann statt, wenn der Betrachter weiß,<br />

dass es sich um ein Kunstwerk handelt. Das heißt, ein erster Schritt muss<br />

das Kunstwerk erst einmal als solches identifizieren.<br />

1. Die erste Verarbeitungsstufe der perzeptuellen Analyse (Perceptual Analysis)<br />

bildet die sinnliche Wahrnehmung. Hier geht es um das Erkennen<br />

von Merkmalserfassung <strong>und</strong> Gestaltbildungsvorgängen auf denen die wesentlichen<br />

Variablen, wie Komplexität, Kontrast, Farbe, Symmetrie, Ordnungsfaktoren<br />

<strong>und</strong> Gruppierungseffekte wahrgenommen werden. Diese<br />

Merkmale beeinflussen natürlich schon die ästhetische Reaktion, beispielsweise<br />

durch die Präferenzen für bestimmte Farben.<br />

2. In der zweiten Verarbeitungsstufe, der impliziten Gedächtnisintegration<br />

(Implicit Memory Integration) geht es um die Integration von unbewussten<br />

Gedächtnisinhalten. Es kommt zu Aspekten der Vertrautheit oder Fremdheit,<br />

aber auch zur Wahrnehmung von Prototypikalität, d. h. dem Ausmaß,<br />

in dem ein Wahrnehmungsgegenstand den Vorstellungen eines “Typus“<br />

entspricht. Auf dieser Ebene wird deutlich, wie vorher erworbene Erfahrungen<br />

über das Gedächtnis auf neue Bewertungsvorgänge Einfluss nehmen<br />

<strong>und</strong> es zu Rückkoppelungseffekten innerhalb des Modells kommen<br />

kann.<br />

3. Auf der dritten Verarbeitungsstufe, der konkreten Klassifizierung (Explicit<br />

Classification), geht es um das Erfassen inhaltlicher Bedeutungen <strong>und</strong> der<br />

Zuordnung von Stilen. Über die jeweilig zur Verfügung stehenden Gedächtnisinhalte<br />

kommen Beurteilungskriterien ins Spiel. Diese Stufe ist<br />

auch durch den Übergang von automatischer Perzeption zu bewusster<br />

Verarbeitung gekennzeichnet. Kunstwerke können nämlich auf verschie-<br />

10


dene Arten verarbeitet werden. Man kann sich bei einem Gemälde auf das<br />

beziehen, was dargestellt wird, aber auch auf die Art, wie die Dinge dargestellt<br />

werden (“verfremdet, expressiv, abstrahiert“, den Stil).<br />

4. In der vierten Verarbeitungsstufe, der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Bewältigung (Cogni<strong>tive</strong><br />

Mastering) kommt es u. a. zu einer kunstspezifischen Interpretation. Hier<br />

versucht der Betrachter zu verstehen, was ihm das Kunstwerk bedeuten<br />

kann, was mögliche Interpretationen sind. Gerade im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert ist<br />

das Wissen dann oft genauso wichtig, wie das sinnliche Wahrnehmen.<br />

5. Der abschließende Prozess der Bewertung (Evaluation) umfasst nun die<br />

Bewertung des Ganzen. Habe ich etwas verstanden, spricht es mich an?<br />

Wichtig auf dieser Stufe ist auch der Umgang mit Ambiguität, d. h. der<br />

Mehrdeutigkeit des Kunstobjektes. Der ganze Prozess wird von sich ständig<br />

steigernden emotionalen Zuständen begleitet, die ihrerseits bewertet<br />

werden <strong>und</strong> zu einer ästhetischen Emotion führen. Die emotionale Reaktion<br />

kann im günstigsten Fall, durch gelungene Deutungen <strong>und</strong> Lösungen,<br />

als Genuss empf<strong>und</strong>en werden. Sind die Stufen durchlaufen, entsteht neben<br />

einer ästhetischen Emotion (wohl einem guten Gefühl) auch ein ästhetisches<br />

Urteil, nun kann man sagen, ob einem das Kunstwerk gefällt.<br />

Obwohl das Modell der ästhetischen Erfahrung hinsichtlich experimenteller<br />

Untersuchungen zur visuellen Wahrnehmung entwickelt wurde, ist es auch<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich auf alle anderen Formen der ästhetischen Wahrnehmung übertragbar.<br />

Dieses Modell wurde auch von Allesch in seinem Buch Einführung in die psychologische<br />

<strong>Ästhetik</strong> 2 als integra<strong>tive</strong>r Ansatz beschrieben.<br />

Download des deutschen Textes von<br />

Belke, B & Leder, H. (2006). Annahmen eines Modells der ästhetischen<br />

Erfahrung aus <strong>kogni</strong>tionspsychologischer Perspek<strong>tive</strong>, in: Sonderforschungsbereich<br />

626 (Hrsg.): Ästhetische Erfahrung: Gegenstände, Konzepte,<br />

Geschichtlichkeit. Berlin.<br />

unter den Onlineveröffentlichungen der Freien Universität Berlin:<br />

www.sfb626.de/veroeffentlichungen/online/aesth_erfahrung/aufsaetze/belke_l<br />

eder.pdf<br />

2<br />

Allesch, C. G. (2006). Einführung in die psychologische <strong>Ästhetik</strong>. Wien: WUV<br />

11


2.2 Praxis<br />

Beispiele für Anwendungsfragestellungen<br />

1. Betrachtung von Bildern: Wahrnehmung <strong>und</strong> Gefallen<br />

In vielen Lebensbereichen werden Bilder eingesetzt, zur Werbung, in der<br />

Kunst in Ausstellungen <strong>und</strong> Galerien. Auch Konsumgüter werden oft als Bilder<br />

präsentiert, <strong>und</strong> stehen somit auch für das Objekt. Wir haben in unseren<br />

Labors die Möglichkeit, zu messen, wo ein Betrachter zuerst hinschaut, wie<br />

lange bestimmte Merkmale betrachtet werden, <strong>und</strong> in welcher Reihenfolge<br />

Dinge betrachtet werden. Dabei kann man auch messen, worin sich zwei<br />

Produkte unterscheiden, <strong>und</strong> die Betrachtung welcher Merkmale dazu führt,<br />

dass etwas besonders gut gefällt. Die Messung von Augenbewegungen kann<br />

dabei Erkenntnisse liefern, die den Betrachtern gar nicht bewusst sind, da sie<br />

selbst häufig nicht sagen können, wohin sie geschaut haben.<br />

� Wir können somit z.B. die Effizienz von Werbe- <strong>und</strong> Informationsbotschaften,<br />

aber auch die Wirkung eines Bildes oder eines Designentwurfes messen.<br />

� Mit Hilfe von Augenbewegungskameras können wir das genaue Blickverhalten<br />

(„Eyetracking“) der Zielpersonen erfassen <strong>und</strong> anschaulich machen:<br />

� Welche Bereiche fixieren Personen überhaupt? Welche Bereiche<br />

„springen“ als erstes ins Auge? Wie häufig <strong>und</strong> wie lange werden bestimmte<br />

Bereiche fixiert?<br />

� Die Pupillengröße ist ein entscheidender Hinweis darauf, wie stark die<br />

Aufmerksamkeit der Person auf ein bestimmtes Objekt ist. Da die Pupillengröße<br />

nicht willentlich beeinflusst werden kann, ist die Erfassung der<br />

Pupillengröße („Pupillometrie“) eine essentielle Variable, da sie nicht von<br />

sozialer Erwünschtheit oder anderen störenden Faktoren verzerrt wird.<br />

Typische Fragestellungen, die durch diese Technik beantwortet werden<br />

können:<br />

� Welche Bereiche erregen am meisten Aufmerksamkeit? Was gefällt<br />

dem Betrachter besonders gut?<br />

2. Gefallen von innova<strong>tive</strong>n Produktdesigns<br />

Ein wesentliches Merkmal einer wettbewerbsstarken Ökonomie ist das<br />

Vorhandensein von Innovationen. Gerade im Sektor Produktdesign ist die<br />

Rolle technischer aber auch gestalterischer Designinnovationen nicht zu<br />

überschätzen. In einigen Studien (Leder & Carbon, 2005) haben wir aber gef<strong>und</strong>en,<br />

dass spontane Beurteilungen innova<strong>tive</strong> Produkte keineswegs bevorteilen:<br />

Unsere Betrachter bevorzugten eher klassische Designs. Erst nach<br />

einer kurzen, aber intensiven Phase der Beschäftigung wurden die innovati-<br />

12


ven Designs zunehmend bevorzugt, <strong>und</strong> sie wurden sogar weiterhin gleich<br />

innovativ eingeschätzt (Carbon & Leder, 2005).<br />

Welche Fragen interessieren uns in unserem Forschungsschwerpunkt?<br />

� Bevor Produkte die Marktreife erreichen, werden sie vielfältigen Tests <strong>und</strong><br />

Evaluationen ausgesetzt. Das Ziel ist, die Akzeptanz <strong>und</strong> die künftige<br />

Marktpersistenz zu optimieren. Um ein möglichst aussagekräftiges Bewertungsportfolio<br />

zu erhalten, orientiert man sich üblicherweise an typischen<br />

Konsumenten. Wie verändert sich das Gefallen über die Zeit?<br />

� Wir können das Gefallen von innova<strong>tive</strong>n Produktdesigns messen <strong>und</strong><br />

Vorhersagen über die Akzeptanz von Designs in der Zukunft treffen.<br />

� Unsere Forschung im Bereich Designevaluation kann zeigen, dass typische<br />

Konsumenten gerade in Hinblick auf innova<strong>tive</strong> <strong>und</strong> neuartige Designs<br />

überfordert sind; sie benötigen erst eine Phase des Verstehens von<br />

<strong>und</strong> Beschäftigens mit neuen Produkten, ansonsten können sie nicht adäquat<br />

einschätzen. Im Alltag geschieht genau dies: Konsumenten beschäftigen<br />

sich intensiv mit Produkten <strong>und</strong> deren Wettbewerbern, sie tauschen<br />

sich mit anderen Konsumenten aus <strong>und</strong> testen Produkte. Diese Phase<br />

können wir mit der von uns entwickelnden repeated evaluation technique<br />

(RET, Carbon & Leder, 2005) simulieren, um so aussagekräftigere Einschätzungen<br />

von Produkten zu erlangen. Es hilft, die Akzeptanz von Produkten<br />

besser vorherzusagen.<br />

� Was mögen K<strong>und</strong>en wirklich? Welche Designs gefallen zwar auf den ersten<br />

Blick, überzeugen aber nicht auf Dauer? Wie hoch wird die Akzeptanz<br />

von Produktdesigns in der Zukunft sein? Welche Produktdesigns werden<br />

auch in Zukunft die Aufmerksamkeit erhalten? Welche Designs sind auch<br />

morgen noch akzeptiert?<br />

� Der zusätzliche Einsatz von neurophysiologischen Testverfahren (EDA<br />

<strong>und</strong> Messung von Augenbewegungen) hilft, auch unbewusste Bewertungsprozesse,<br />

die nicht von sozialen Prozessen überdeckt werden, sichtbar<br />

zu machen.<br />

Muss man Kunst verstehen, um sie zu mögen?<br />

Wir haben erforscht, dass es sehr schnell geht die Qualitäten von Kunstwerken<br />

zu erkennen. Schon nach einem Bruchteil einer Sek<strong>und</strong>e kann man<br />

sagen, ob zwei Kunstwerke denselben Stil haben, noch schneller geht es jedoch<br />

den Inhalt grob zu erkennen (Augustin et al., 2008). Wir haben auch gezeigt,<br />

dass es eine Besonderheit der Kunst ist, dass man sie vielleicht nicht<br />

vollständig verstehen muss: Auch ein gewisses Maß an Ambiguität lässt sich<br />

durchaus gut an. Und wir haben genauer erforscht, welche zusätzlichen Informationen<br />

zu einem gesteigerten Kunsterleben führen. So werden abstrakte<br />

Kunstwerke besser verstanden (<strong>und</strong> gefallen auch besser), wenn man zu-<br />

13


sätzlich neue Informationen darüber erhält, wie die Kunstwerke gemalt wurden.<br />

4.Haptische Qualitätseinschätzungen<br />

In den letzten Jahren haben wir ein Labor zur Messung von haptischen Erfahrungen<br />

aufgebaut. Wir können erforschen, wie verschiedene Oberflächen<br />

wahrgenommen werden <strong>und</strong> auch welche Oberflächen besonders attraktiv<br />

sind.<br />

� In vielen Anwendungsfeldern ist die haptische Qualität von Produkten sehr<br />

wichtig. Dies umfasst Sicherheitsaspekte (z. B. guter Grip bei sicherheitsrelevanten<br />

Bedienungssettings), Bedienaspekte (z. B. Schalterqualitäten)<br />

<strong>und</strong> Wohlfühleffekte (z. B. Materialität von Sitzbezügen).<br />

� Wir können haptische Qualitätseinschätzungen messbar machen <strong>und</strong> so<br />

wichtige Impulse für das Design von Produkten mit haptischen <strong>und</strong> taktilen<br />

Qualitäten geben:<br />

� Unsere Forschung im Bereich Haptik kann zeigen, dass typische Konsumenten<br />

haptische Qualitäten kaum einschätzen können. Man kann diese<br />

Einschätzungsqualität jedoch stark verbessern, indem man sowohl szenariobasierte<br />

Settings verwendet als auch die von uns entwickelte RET einsetzt.<br />

Dadurch erreicht man deutlich verbesserte Vorhersagequalitäten für<br />

die Einschätzung von haptischen Qualitäten.<br />

� Welche Materialität sollte eine Produktoberfläche aufweisen, damit der<br />

Anwender diese als positiv erlebt? Welche Qualitäten sollten für spezifische<br />

Produkte innerhalb bestimmter Settings verwendet werden? Welches<br />

Ansprechverhalten sollen die Schalter im Bedienpanel von MP3-Playern<br />

der Zukunft besitzen?<br />

Dies sind ein paar Beispiele für die Fragen, die wir mit unseren Methoden im<br />

Forschungsschwerpunkt untersuchen.<br />

PD Dr. Claus-Christian Carbon <strong>und</strong> Univ.- Prof. Dr. Helmut Leder<br />

14


3. PSYCHOLOGISCHES LABOR<br />

15


EXPERIMENTALAUSSTATTUNGEN<br />

In unseren Labors sind wir auf die Untersuchungsmethoden der modernen<br />

Kognitions- <strong>und</strong> Wahrnehmungspsychologie spezialisiert. Neben klassischen<br />

Experimenten am Computer, mit Messungen der Reaktionszeit <strong>und</strong> Bewertung<br />

von dargebotenen Reizen, setzen wir auch verschiedene psychophysiologische<br />

Messungen ein.<br />

1. HARDWARE-AUSSTATTUNG<br />

1.1. EYETRACKING (Augenbewegungserfassung)<br />

� Ein stationärer Eyetracker: iView X TM High-Speed 1250 System (SMI,<br />

http://www.smivision.com)<br />

� Ein mobiler Eyetracker: iView XTM HED (SMI, http://www.smivision.com)<br />

� Ein System zur Bewegungserfassung: Fasttrack® Motion Tracker (Polhemus,<br />

http://www.polhemus.com)<br />

1.2. MESSUNG VON EEG (Elektroenzephalogramm),<br />

EOG (Elektrookulogramm)<br />

EDA (Elektrodermale Aktivität)<br />

� Ein stationärer Verstärker: Refa8 32 Channel Amplifier (TMSi,<br />

http://www.tmsi.com)<br />

� 8 mobile Aufzeichnungsgeräte: Mobi8-BP 12 Channel Amplifier (TMSi,<br />

http://www.tmsi.com)<br />

16


1.3. 3D-VERMESSUNG VON GESICHTERN<br />

� Eine Di3D 3D Face Camera FTP001 (Dimensional Imaging Ltd.,<br />

http://www.di3d.com)<br />

1.4. BEHAVIORALE MESSUNGEN<br />

� 3 PCs (potentiell 14 PCs)<br />

� 10 Macs<br />

� Button Boxes zur Erfassung von Reaktionszeiten im ms-Bereich<br />

� Ein VoiceKey (zur Erfassung von Reaktionszeiten über akustische Signale)<br />

1.5. EINGABEEINHEITEN<br />

� 2 Grafiktabletts: Intuos3 A4 (Wacom, http://www.wacom.com)<br />

1.6. PRÄSENTATIONSAPPARATUREN<br />

� hochauflösende Beamer<br />

� Fahrsimulation<br />

1.7. HAPTIKLABOR<br />

� Sensotact-V2-Referenzsystem<br />

� Testungen in realem Fahrzeugsetting<br />

� BlindSight-TactileBox<br />

1.8. FILESERVER<br />

� Ein Intel Core 2 Duo S775 E6400, 2GB, 1.4 TB, Linux<br />

� Ein Apple Power Mac G4, 320MB, 500GB, Mac OS X 10.3.9<br />

2. EXPERIMENTELLE PROZEDUREN<br />

RET (Repeated Evaluation Technique)<br />

17


4. MITGLIEDER DES FSP<br />

18


4.1 MITGLIEDER DES FSP<br />

INSTITUT FÜR PSYCHOLOGISCHE GRUNDLAGENFORSCHUNG<br />

ARBEITSBEREICH: ALLGEMEINE PSYCHOLOGIE<br />

Univ.-Prof. Dipl.-Psych. Dr. Helmut Leder<br />

Sprecher des FSP<br />

http://psychologie.univie.ac.at/gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

<strong>Ästhetik</strong> - Design- Gesichtswahrnehmung - Kunst<br />

PD Dr. Claus-Christian Carbon<br />

http://www.experimental-psychology.de/<br />

Empirische <strong>Ästhetik</strong>, Designanmutung, HCI, <strong>Ergonomie</strong> <strong>und</strong><br />

angewandte <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> Forschung.<br />

Ab 10.09.2008 karenziert.<br />

Dr. Ulrich Ansorge<br />

Unterschwellige Wahrnehmung, visuelle Aufmerksamkeit<br />

Gastprofessor vom 1.10.2008 bis 31.7.2009<br />

Dr. Matthew Arthur Paul<br />

Entscheidungsbeeinflussung von Stimulusmaterial im<br />

Zusammenhang mit Formgefallen<br />

Mag. Martina Jakesch<br />

Kunstwahrnehmung <strong>und</strong> Haptik<br />

Pablo Tinio, MMA<br />

<strong>Ästhetik</strong>, Präferenzen, komplexe Bildbearbeitung<br />

Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Slunecko<br />

Kulturpsychologie, Bildanalyse<br />

Ao. Univ.-Prof. Dr. Rainer Maderthaner<br />

Architekturwahrnehmung<br />

19


Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Hergovich<br />

http://homepage.univie.ac.at/andreas.hergovich/php/<br />

Anmutungsforschung - Gesichtsattraktivität<br />

Dr. Dorothee Augustin<br />

Kunstwahrnehmung, <strong>Ästhetik</strong><br />

Mitarbeit 2004-2007<br />

Dr. Florian Hutzler<br />

Wahrnehmung, Augenbewegungsmessung<br />

Mitarbeit 2004-2007<br />

Mag. Gernot Gerger<br />

Dynamische Aspekte der ästhetischen Verarbeitung,<br />

Physiologische Messungen<br />

Projektmitarbeiter.<br />

Mag. Stella Färber<br />

Dynamische Aspekte der ästhetischen Verarbeitung,<br />

Physiologische Messungen<br />

Projektmitarbeiterin.<br />

Dipl.-Ing. Andreas Gartus<br />

Methode <strong>und</strong> EDV Support<br />

Univ.-Ass. MMag. DDDr. Martin Voracek<br />

Institut für <strong>Psychologische</strong> Gr<strong>und</strong>lagenforschung,<br />

Arbeitsbereich Methodenlehre<br />

http://homepage.univie.ac.at/martin.voracek/<br />

Evolutionspsychologische Aspekte <strong>und</strong> biologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

physischer Attraktivität <strong>und</strong> der Personenwahrnehmung; Methoden der Synthese<br />

<strong>und</strong> Integration empirischer Forschungsergebnisse (Meta-Analyse).<br />

20


Brigitte Flatschacher<br />

Institutssekretariat<br />

Mag. Bibiane Florianz<br />

Dokumentationsassistentin<br />

Projekte, Werkverträge<br />

Mag. Sabine Koch<br />

Dokumentationsassistentin<br />

INSTITUT FÜR KLINISCHE, BIOLOGISCHE UND DIFFERENTIELLE<br />

PSYCHOLOGIE<br />

ARBEITSBEREICH: BIOLOGISCHE PSYCHOLOGIE<br />

Univ.-Prof. Dr. Herbert Bauer<br />

http://brl.psy.univie.ac.at/people/faculty/herbert-bauer/<br />

Untersuchungen biopsychologischer Aspekte nicht bewusster<br />

neurophysiologischer Gedächtnis- <strong>und</strong> Wahrnehmungsprozesse im<br />

Zusammenhang mit der psychologischen <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n<br />

…………..<strong>Ergonomie</strong>.<br />

Univ.-Doz. Mag.rer.nat. Dr. Peter Walla<br />

www.neuroconsult.at<br />

Mein Beitrag bezieht sich auf die biopsychologischen Aspekte<br />

neurophysiologischer Prozesse im Zusammenhang mit der<br />

psychologischen <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>r <strong>Ergonomie</strong>.<br />

INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE, BILDUNGSPSYCHOLO-<br />

GIE UND EVALUATION<br />

ARBEITSBEREICH: BILDUNGSPSYCHOLOGIE UND EVOLUTION<br />

Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Alfred Schabmann<br />

http://psychologie.univie.ac.at/bildungspsychologie/<br />

mitarbeiterinnen/alfred-schabmann/<br />

Spezialist für Modellierung komplexer Datenstrukturen, Evaluation<br />

des ästhetischen Modells von Leder et al. 2004.<br />

21


4.2 ORGANISATIONSSTRUKTUR DER 4 FSP AN DER<br />

FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE<br />

Institut für <strong>Psychologische</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

Arbeitsbereiche:<br />

Allgemeine Psychologie<br />

Sozialpsychologie<br />

Methodenlehre<br />

FSP<br />

<strong>Psychologische</strong><br />

<strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>kogni</strong><strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong><br />

EDV <strong>und</strong> Technik<br />

Institut für Entwicklungspsychologie<br />

<strong>und</strong> <strong>Psychologische</strong> Diagnostik<br />

Arbeitsbereiche:<br />

Entwicklungspsychologie<br />

<strong>Psychologische</strong> Diagnostik<br />

FSP<br />

Entscheidungen in<br />

Arbeit, Organisation<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft<br />

Fakultät für Psychologie<br />

Dekanat<br />

Die vier Forschungsschwerpunkte an der Fakultät für Psychologie<br />

22<br />

Studienprogrammleitung<br />

Institut für Wirtschaftspsychologie,<br />

Bildungspsychologie <strong>und</strong><br />

Evaluation<br />

Arbeitsbereiche:<br />

Wirtschaftspsychologie<br />

Bildungspsychologie <strong>und</strong> Evaluation<br />

FSP<br />

Life Long Learning:<br />

Förderung von<br />

Lebenslangem<br />

Lernen in<br />

Bildungsinstitutionen<br />

Institut für Klinische, Biologische<br />

<strong>und</strong> Differentielle Psychologie<br />

Arbeitsbereiche:<br />

Klinische Psychologie<br />

Biologische Psychologie<br />

Differentielle Psychologie<br />

Die Themenfelder stammen aus dem international anerkannten Fächerkanon der wissenschaftlichen Psychologie:<br />

Allgemeine <strong>und</strong> Experimentelle Psychologie, Arbeits-, Organisations- <strong>und</strong> Wirtschaftspsychologie, Bildungspsychologie,<br />

Biologische Psychologie, Differentielle Psychologie <strong>und</strong> Persönlichkeitsforschung, Entwicklungspsychologie,<br />

Klinische <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspsychologie, Methodenlehre <strong>und</strong> Evaluation, <strong>Psychologische</strong> Diagnostik, Sozialpsychologie.<br />

An der Fakultät für Psychologie wird die Profilbildung in der Forschung als ein dynamischer Prozess verstanden.<br />

Die Fakultät verfolgt in einem Entwicklungsprozess die angestrebte Schärfung des Forschungsprofils sowie ein<br />

ausgewogenes Verhältnis von Anwendungs- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagenorientierung innerhalb der etablierten Forschungsschwerpunkte.<br />

FSP<br />

Funktionelle<br />

Neuroanatomie der<br />

Interaktion von<br />

Emotion <strong>und</strong><br />

Kognition


5. FORSCHUNGSKOOPERATIONEN NATIONAL<br />

UND INTERNATIONAL<br />

23


KOOPERATIONSPARTNER NATIONAL UND INTERNATIONAL<br />

� Ford Forschungszentrum Aachen, DE.<br />

� LOE Language of Emotion Cluster, FU Berlin, DE.<br />

� Univ.- Prof. Dr. Arthur Jacobs, FU Berlin, DE.<br />

� PD Dr. Gyula Kovacs, Universität Regensburg, Deutschland <strong>und</strong> Budapest<br />

University of Technology and Economics, HU.<br />

� Dr. Stephen Langton, University of Stirling, UK.<br />

� Prof. Dr. Jan Schoormanns, Delft University of Technology, NL.<br />

� Prof. Dr. Paul Hekkert, Delft University of Technology, NL.<br />

� Prof. Jeff Smith, University of Otago, NZ.<br />

� Prof. Lisa Smith, University of Otago, NZ.<br />

� Prof. Dr. Piotr Winkielman, UCSD San Diego, US.<br />

� Marc Wittmann PhD, UCSD San Diego, US.<br />

� Prof. Norbert Schwarz, University of Ann Arbor, US.<br />

� Prof. Irving Biederman Ph. D., University of Southern California USC,<br />

Los Angeles, US.<br />

� Prof. Dr. Paul Locher, Montclair, State NJ, US.<br />

24


6. GESCHICHTE DER PSYCHOLOGISCHEN ÄSTHETIK<br />

25


6.1 ZUR GESCHICHTE DER PSYCHOLOGISCHEN ÄSTHETIK<br />

„Die Vertrautheit, mit der das Kunstwerk uns anrührt, ist<br />

zugleich <strong>und</strong> auf rätselhafte Weise Erschütterung <strong>und</strong> Einsturz<br />

des Gewohnten“ Hans-Georg Gadamer 1<br />

Die psychologische <strong>Ästhetik</strong> hat, wie die Psychologie selbst, ihre Wurzeln<br />

in der Philosophie; der deutschsprachige Kulturraum des 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

kann als die Wiege der psychologischen <strong>Ästhetik</strong> bezeichnet werden.<br />

Im Folgenden wird die historische Entwicklung dieser Disziplin aufgezeigt,<br />

unter Berücksichtigung der geisteswissenschaftlichen Bereiche Philosophie,<br />

Musik- <strong>und</strong> Kunstwissenschaft unter besonderer Berücksichtigung<br />

der wissenschaftlichen Atmosphäre Wiens.<br />

Alexander Gottlieb Baumgarten, der Ahnherr der psychologischen<br />

<strong>Ästhetik</strong><br />

Die Einführung der <strong>Ästhetik</strong> als eigenständige philosophische Disziplin<br />

geht auf den deutschen Philosophen Alexander Baumgarten (1714-1767) zurück.<br />

In seiner Tätigkeit als Professor an der Universität in Frankfurt a. d.<br />

Oder erscheint 1750/58 die zweibändige Schrift Aesthetica 2 , die auch von<br />

Immanuel Kant für seine Vorlesungen zur <strong>Ästhetik</strong> herangezogen wurde.<br />

Baumgarten verstand diese Disziplin als eine Wissenschaft von der sinnlichen<br />

Erfahrung (scientia cognitionis sensitivae). Die Definition dieses Begriffes<br />

ist bei ihm nicht auf den engeren Bereich der künstlerischen Produkte<br />

oder auf das „Schöne“ reduziert, <strong>und</strong> es geht auch nicht um eine „Wissenschaft<br />

vom Schönen <strong>und</strong> von den Künsten“ 3 , wie sie einem spekula<strong>tive</strong>n,<br />

norma<strong>tive</strong>n Verständnis entspricht. Er bezieht sich mit seiner Benennung auf<br />

die seit der griechischen Antike (Aristoteles) gängige Unterscheidung der Erfahrungsmöglichkeiten,<br />

die Unterscheidung zwischen aísthesis (sinnliche<br />

Wahrnehmung, Erfahrung die durch die Sinne vermittelt wird) <strong>und</strong> nóesis<br />

(geistige Erfahrung, jene Form die durch abstrakte Reflexion unabhängig von<br />

den Sinnen erfahrbar wird). In dieser Zuordnung ist die Erkenntnis enthalten,<br />

dass Wissen <strong>und</strong> Bewusstseinsinhalte sowohl durch den Gebrauch der Sinne,<br />

also Sehen, Hören, Tasten, Riechen <strong>und</strong> Schmecken, als auch durch den<br />

Verstand erfahrbar sind. Eine logische Figur kann z.B. nicht mit den Sinnen<br />

gesehen, gehört, ertastet, gerochen oder geschmeckt werden, sie kann nur<br />

durch die geistige Einsicht (nóesis) erfasst werden. Die <strong>Ästhetik</strong>, die sich mit<br />

1<br />

Zitiert nach Allesch, C. (2006). <strong>Psychologische</strong> <strong>Ästhetik</strong>. Wien: WUV, 8.<br />

2<br />

Baumgarten, A. G. (1970). Aesthetica. Repr. D. Ausg. Frankfurt/Oder (1750/1758). Hildesheim: Olms.<br />

3<br />

so die Konzeption des bedeutenden spätidealistischen Philosophen – <strong>und</strong> Zeitgenossen Fechners – F. Th.<br />

Vischer (1807-1887), in der Nachfolge Hegels <strong>und</strong> Platons.<br />

26


den Gesetzen <strong>und</strong> Bedingungen der sinnlichen Erfahrung beschäftigt, entwickelt<br />

sich somit als eine Paralleldisziplin zur Logik. Baumgarten hat mit dieser<br />

Benennung der <strong>Ästhetik</strong> die bis heute gebräuchliche Definition dieser Disziplin<br />

festgelegt.<br />

Immanuel Kant <strong>und</strong> die „kritische Wende“<br />

Der subjek<strong>tive</strong> Charakter des „ästhetischen Urteils“, in Baumgartens Systematik<br />

bereits angelegt, wird zentral in Immanuel Kants Kritik der Urteilskraft<br />

4 (1790), der letzten seiner „drei Kritiken“, behandelt. Kant (1724-1804),<br />

der zeitlebens als Professor in Königsberg wirkte, hat die Philosophie in seiner<br />

„kritischen Wende“ mit dem Einbezug des Subjek<strong>tive</strong>n auf eine völlig<br />

neue Basis gestellt. Das ästhetische oder Geschmacksurteil wird von Kant<br />

ausschließlich im urteilenden Subjekt, nicht im beurteilten Objekt verankert;<br />

es bleibt somit streng subjektiv, was auch zur Folge hat, dass daraus keine<br />

allgemeine Regel (Norm) für die Beurteilung des Objekts gewonnen werden<br />

kann.<br />

Die Wende zur Empirie<br />

Gustav Theodor Fechner (1801-1887), der Begründer der Psychophysik,<br />

entwickelte 1860 die ersten psychologischen Experimente zur ästhetischen<br />

Wahrnehmung. Sein erster Forschungsgegenstand war die ästhetische Wirkung<br />

von Proportionen des „goldenen Schnitts“. Die Ergebnisse seiner Experimente<br />

publizierte er in seiner 1871 erschienenen Schrift Zur experimentalen<br />

Aesthetik 5 .<br />

Der Dresdner Holbeinstreit als erstes Experiment<br />

Ebenfalls im Jahr 1871 fand in Dresden, zusammen mit der großen Holbein<br />

Ausstellung, der kunstwissenschaftliche Holbein-Kongress statt. Fechner<br />

entwickelte ein psychologisches Experiment für die Besucher, die die beiden<br />

zugleich ausgestellten <strong>und</strong> Holbein zugeschriebenen Gemälde Madonna des<br />

Bürgermeisters Meyer besichtigen wollten. Er erstellte einen Fragebogen zur<br />

subjek<strong>tive</strong>n Beurteilung der beiden Gemälde. Seine Ergebnisse wurden noch<br />

im selben Jahr in der Schrift Über die Echtheitsfrage der Holbein’schen Madonna<br />

publiziert 6 . Wenn auch die Kunstforschung zu einem anderen Resultat<br />

gelangte als er, so lag doch dem in Dresden abgehaltenen Holbein-<br />

Kongress 7 der gleiche Impuls zugr<strong>und</strong>e, nämlich die Ablehnung der spekula<strong>tive</strong>n,<br />

norma<strong>tive</strong>n <strong>Ästhetik</strong>, die sich am „Schönen“ orientiert <strong>und</strong> daher dem<br />

subjek<strong>tive</strong>n Zugang Fechners verschlossen bleibt. Anhand dieses Streites<br />

4<br />

Kant, I. (2006). Kritik der Urteilskraft (1790). Nachdruck Hamburg: Meiner.<br />

5<br />

Fechner, G. Th. (1978).Zur experimentalen Aesthetik. Beigeb<strong>und</strong>en zu G. Th. Fechner, Vorschule der <strong>Ästhetik</strong><br />

(1871). Nachdruck Hildesheimer: Olms.<br />

6<br />

Fechner, G. Th. (1871). Über die Echtheitsfrage der Holbein’schen Madonna. Leipzig: Breitkopf & Härtel.<br />

7<br />

Kultermann, U. (1996). Geschichte der Kunstgeschichte. München: Prestel-Verlag.<br />

27


werden die philosophisch entgegengesetzten Standpunkte, induktiv (a posteriori)<br />

versus deduktiv (a priori), exemplarisch ablesbar.<br />

Die Gründungsschrift: Vorschule der <strong>Ästhetik</strong><br />

Im Jahr 1876 ließ Gustav Theodor Fechner seine „Gründungsschrift“ der<br />

psychologischen <strong>Ästhetik</strong> mit dem Titel Vorschule der Aesthetik 8 veröffentlichen.<br />

Die Schrift war eine Kampfansage, mit der Fechner den Verfechtern<br />

der spekula<strong>tive</strong>n <strong>Ästhetik</strong>, die zumeist noch in Deutschland vertreten wurde,<br />

entgegentrat. Es ist ein Infragestellen der norma<strong>tive</strong>n Gr<strong>und</strong>lagen des „Guten,<br />

Wahren <strong>und</strong> Schönen“, der deduk<strong>tive</strong>n <strong>Ästhetik</strong>. Fechner forderte eine<br />

induk<strong>tive</strong> <strong>Ästhetik</strong>, eine <strong>Ästhetik</strong> „von unten“, die von den Einzelphänomenen<br />

auf das Allgemeine abzielt, statt „von oben“, vom Allgemeinen auf das Besondere,<br />

wovon die deduk<strong>tive</strong> <strong>Ästhetik</strong> ausgeht. Er begründete damit die experimentelle<br />

<strong>Ästhetik</strong>, die bis heute von seinem empirischen Ansatz geprägt<br />

ist.<br />

Wilhelm W<strong>und</strong>t – die Etablierung des Experiments<br />

1879 konnte in Deutschland durch den Physiologen Wilhelm W<strong>und</strong>t (1832-<br />

1920) das erste Institut für Experimentelle Psychologie an der Universität<br />

Leipzig, damals noch innerhalb der Philosophischen Fakultät, gegründet werden.<br />

W<strong>und</strong>t gilt als Begründer der Psychologie als eigenständige Wissenschaft.<br />

Anerkannt blieb er in seiner Bedeutung durch die Einführung des Experiments,<br />

der Anwendung physiologischer <strong>und</strong> statistischer Methoden, die<br />

W<strong>und</strong>t u. a. während seiner Assistententätigkeit im physiologischen Labor<br />

von Hermann von Helmholtz übernommen <strong>und</strong> weiterentwickelt hatte. In seiner<br />

Schrift Gr<strong>und</strong>züge der physiologischen Psychologie 9 legte er seine Ansichten<br />

dar. Die Bewusstseinspsychologie W<strong>und</strong>ts geht primär von den elementaren<br />

Sinnesempfindungen aus; mit den Mitteln der Assoziation konstruiere<br />

das Bewusstsein die komplexen Wahrnehmungseindrücke. Der ästhetische<br />

Gegenstand wird als die Summe der Reizwirkungen der ihn aufbauenden<br />

Komponenten verstanden. W<strong>und</strong>t führte in Leipzig Untersuchungen<br />

zur Wirkung der Farben auf das emotionale Erleben durch, die zu den<br />

Pionierarbeiten der psychologischen <strong>Ästhetik</strong> zählen.<br />

Die Rezeption von Fechner in Österreich<br />

Eine entscheidende Weiterentwicklung der Ideen Fechners im Bereich der<br />

Psychophysik lieferte der Physiker, Philosoph <strong>und</strong> Wissenschaftstheoretiker<br />

Ernst Mach (1838-1916), der 1895 mit dem Programm der antimetaphysischen<br />

<strong>und</strong> auf Erfahrung gestützten Philosophie auf einen der damals drei<br />

Lehrstühle der Philosophischen Fakultät berufen wurde.<br />

8<br />

Fechner, G. Th. (1978). Vorschule der Aesthetik (1876). Hildesheim: Olms.<br />

9<br />

W<strong>und</strong>t, W. (1908). Gr<strong>und</strong>züge der physiologischen Psychologie (1873/1874). 3 Bände. Leipzig: Engelmann.<br />

28


Mach bezieht sich in seiner Schrift Die Analyse der Empfindungen von<br />

1886 auf den „Psychophysischen Parallelismus“ Fechners 10 , der besagt dass<br />

das „Psychische“ <strong>und</strong> „Physische“ relationale Eigenschaften des Menschen<br />

sind. Der Unterschied liegt in der Perspek<strong>tive</strong>, die „Selbsterscheinung“ <strong>und</strong><br />

die „Fremderscheinung“ betreffend, also die Beziehung, die eine Erscheinung<br />

zu demjenigen hat, dem sie gegeben ist.<br />

In der Analyse der Empfindungen stellt Mach eine Interaktion zwischen Innenwelt<br />

(Welt 1) <strong>und</strong> Außenwelt (Welt 2) her, welche von einem realistischen<br />

Weltbild, frei von jedem Idealismus, ausgeht <strong>und</strong> der Psychologie den Weg<br />

als naturwissenschaftliche Disziplin öffnet:<br />

„Mit einem Worte, zu allen psychisch beobachtbaren Einzelheiten von B<br />

[irgend einer Empfindung] haben wir die zugeordneten physikalischen Einzelheiten<br />

von N [denselben Nervenprozeß)] aufzusuchen 11 “. Mach kommt in seinen<br />

Ausführungen der heutigen Ansicht sehr nahe, dass die <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Fähigkeiten<br />

des Menschen ein Produkt der synergetischen Tätigkeit der neuronalen<br />

Netze des Gehirns <strong>und</strong> der Sinnesorgane sind 12 . Seine Arbeiten waren<br />

wegweisend für die Gestalttheorie von Christian von Ehrenfels <strong>und</strong> die sich<br />

entwickelnde Gestaltpsychologie. Auch Oswald Külpe (1862-1915), der Begründer<br />

der Würzburger Schule der Denkpsychologie, orientierte sich an<br />

Mach mit der Definition der Psychologie in seiner Schrift von 1893 Gr<strong>und</strong>riss<br />

der Psychologie. Auf experimenteller Gr<strong>und</strong>lage dargestellt. „Die Abhängigkeit<br />

der ‚Erlebnisse’ vom körperlichen Individuum zu untersuchen, bedeutet<br />

nichts anderes, als zu allen psychologisch beobachtbaren Einzelheiten die<br />

zugeordneten beobachtbaren physiologischen Einzelheiten aufzufinden“ 13 .<br />

Franz Brentano (1838 - 1917), deutscher Philosoph <strong>und</strong> Psychologe,<br />

stammte aus einer der bedeutendsten deutschen katholischen Intellektuellenfamilien.<br />

Die Geschwister seines Vaters waren die Schriftsteller Clemens<br />

Brentano <strong>und</strong> Bettina von Arnim. Brentano war von 1874 - 1880 Professor an<br />

der Universität Wien <strong>und</strong> danach bis 1895 Privatdozent. Auch er setzte sich,<br />

knapp zehn Jahre nach Erscheinen der Vorschule zur <strong>Ästhetik</strong>, im Rahmen<br />

seiner Vorlesung an der Wiener Universität im Studienjahr 1885/86 eingehend<br />

mit der induk<strong>tive</strong>n <strong>Ästhetik</strong> Fechners auseinander (veröffentlicht aus<br />

dem Nachlass 1956) 14 . Vorangegangen war ein reger Briefwechsel mit Fechner,<br />

in dem Brentano besagte induk<strong>tive</strong> <strong>Ästhetik</strong> einer sachlich-kritischen<br />

Auseinandersetzung unterzog.<br />

10<br />

Heidelberger, M. (2000). Fechner <strong>und</strong> Mach zum Leib-Seele-Problem. In: Andreas Arndt & Walter Jaeschke:<br />

Philosophie <strong>und</strong> Wissenschaft nach 1848. Hamburg: Meiner, 53-67.<br />

11<br />

Mach, E. (1886). Beiträge zur Analyse der Empfindungen. Jena: G. Fischer. Sechste Auflage unter dem<br />

Titel: Die Analyse der Empfindungen <strong>und</strong> das Verhältnis des Physischen zum Psychischen, 49.<br />

12<br />

Leinfellner, W. (1988). Physiologie <strong>und</strong> Psychologie – Ernst Machs "Analyse der Empfindungen". In: Rudolf<br />

Haller <strong>und</strong> Friedrich Stadler (Hrsg.). Ernst Mach – Werk <strong>und</strong> Wirkung. Wien: Hölder.<br />

13<br />

Benetka, G. (2002). Denkstile der Psychologie. Wien: WUV, 145.<br />

14<br />

Brentano, F.: Gr<strong>und</strong>züge der <strong>Ästhetik</strong>. Aus dem Nachlass herausgegeben von F.Mayer-Hillebrand (1959).<br />

Bern: A. Franke.<br />

29


Brentano führte den Begriff der „Intentionalität“ in seiner Arbeit Psychologie<br />

vom empirischen Standpunkte 15 ein. Kerngedanke seiner „Aktpsychologie“<br />

ist, dass jeder Wahrnehmungsakt <strong>und</strong> generell jedes Erleben „intentional“<br />

in dem Sinne ist, dass sein Inhalt „auf etwas gerichtet“ ist, auf einen „Gegenstand“<br />

Bezug nimmt. Sein Begriff ist in Abgrenzung zur induk<strong>tive</strong>n Psychologie<br />

zu verstehen. Die „Aktpsychologie“ erwies sich als Weichenstellung<br />

zur phänomenologischen Psychologie Edm<strong>und</strong> Husserls.<br />

Die phänomenologische <strong>Ästhetik</strong><br />

Als Schüler Brentanos machte Edm<strong>und</strong> Husserl (1859-1938, Ordinariat in<br />

Freiburg bis 1928) den Begriff der „Intentionalität“ zu einem zentralen Konzept<br />

der Phänomenologie – als neue philosophische Disziplin. Somit erweiterte<br />

er diesen Gedanken auf eine transzendentale Phänomenologie hin,<br />

welche sich zur Aufgabe machte, die Möglichkeiten von Bewusstseinsakten<br />

zu klären. Er modifizierte den Begriff der noesis – den Denkprozess – durch<br />

eine neue Kategorie: das noema, bzw. Denkurteil. Diese Unterscheidung zwischen<br />

Denkakt <strong>und</strong> Inhalt wird in der Phänomenologie konstitutiv bleiben<br />

(Heidegger, Sartre, Merleau-Ponty).<br />

Der intentionalistische Ansatz ist auch durch die Brentanoschüler Carl<br />

Stumpf (1848-1936) <strong>und</strong> Alexius Meinong (1853-1920) weiterentwickelt worden.<br />

Carl Stumpf schrieb 1868 seine Dissertation an der Universität Göttingen<br />

<strong>und</strong> habilitierte sich ebendort im Jahre 1870. Er unterrichtete in Göttingen,<br />

wurde Professor in Würzburg <strong>und</strong> später in Prag, Halle, München <strong>und</strong><br />

schließlich in Berlin. Er entwickelte eine Tonpsychologie, die er in seinem<br />

gleichnamigen Werk von 1883 16 darstellte. Stumpf legte den Gr<strong>und</strong>stein der<br />

Konsonanzforschung, indem er die musikalische Wahrnehmung nicht mehr in<br />

Perzeption <strong>und</strong> Apperzeption unterteilte, sondern von einer Verschmelzung<br />

der Tonwahrnehmung ausging.<br />

Alexius Meinong (1853-1920) wurde nach kurzer Lehrtätigkeit an der Wiener<br />

Universität im Jahr 1882 an die Universität Graz berufen. Er konnte 1894<br />

das erste österreichische experimentalpsychologische Laboratorium an der<br />

Universität Graz einrichten <strong>und</strong> begründete die „Grazer Schule der Gegenstandstheorie“.<br />

Darin erweiterte Meinong den von seinem Lehrer Brentano<br />

eingeführten Begriff der Intentionalität. Er kommt zu der Unterscheidung zwischen<br />

Akt – Vorstellen, Denken, Fühlen, Begehren –, Inhalt des Aktes – Objekte,<br />

Objek<strong>tive</strong>, Dignita<strong>tive</strong> <strong>und</strong> Desidera<strong>tive</strong> –, <strong>und</strong> dem Gegenstand, bzw.<br />

auf den Sachverhalt, auf den er gerichtet ist.<br />

15<br />

Brentano, F. (1955-68). Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874), 3 Bde. Nachdruck Hamburg:<br />

Meiner.<br />

16<br />

Stumpf, C. (1883). Tonpsychologie. Erster Band. Leipzig: Hirzel.<br />

30


Sein Schüler, der österreichische Philosoph Christian von Ehrenfels (1859-<br />

1932) veröffentlichte 1890 seine Schrift Über Gestaltqualitäten 17 . Die auf Aristoteles<br />

zurückgehende postulierte Hauptthese besagt: „Das Ganze ist mehr<br />

als die Summe seiner Teile“. Diese Schrift hatte großen Einfluss auf Philosophie<br />

<strong>und</strong> Psychologie <strong>und</strong> ist unter der Bezeichnung „Gestalttheorie“ in die<br />

Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Er prägte die Definition, nach der eine<br />

„Gestalt“ ein Ganzes sei, das über die Eigenschaften der „Übersummativität“<br />

<strong>und</strong> der „Transponierbarkeit“ verfüge.<br />

Das Demonstrationsbeispiel der Gestalttheorie ist die Melodie. Die Summe<br />

der nacheinander wahrgenommenen Töne bildet einen „Vorstellungskomplex“,<br />

der zwar ohne die ihn bildenden Einzeltöne nicht bestehen kann, aber<br />

eben mehr ist als die bloße Summe der Einzeltöne, da er als Melodie empf<strong>und</strong>en<br />

wird. In diesem Vorstellungskomplex wird eine Qualität sichtbar, die in<br />

den Einzeltönen, die dem Komplex zugr<strong>und</strong>e liegen, nicht sichtbar wird. Diese<br />

Gestaltqualität bleibt auch dann erhalten, wenn die Melodie in eine andere<br />

Tonart transponiert wird. In den an Ehrenfels anschließenden Forschungen<br />

haben sich die zwei Gestaltmerkmale „Übersummativität“ <strong>und</strong> „Transponierbarkeit“<br />

durchgesetzt <strong>und</strong> wesentlich zur Formulierung der späteren Gestaltgesetze<br />

beitragen.<br />

Die Berliner Schule der Gestaltpsychologie<br />

Die Begriffe der Übersummativität <strong>und</strong> Transponierbarkeit wurde von den<br />

Berliner Schülern Carl Stumpfs <strong>und</strong> Begründern der Berliner Schule der Gestaltpsychologie,<br />

Max Wertheimer (1880-1943), Kurt Koffka (1886-1941), Wolfgang<br />

Köhler (1887-1967) <strong>und</strong> Kurt Lewin (1890-1947), aufgegriffen <strong>und</strong> weiterentwickelt.<br />

Die an der Phänomenologie orientierte Gestaltpsychologie<br />

sieht, im Gegensatz zur Assoziationspsychologie W<strong>und</strong>ts, den im Bewusstsein<br />

vorhandenen komplexen Wahrnehmungseindruck als das Primäre.<br />

Im Folgenden sind einige der wichtigsten Gestaltprinzipien aufgeführt:<br />

Die Gestaltpsychologie versteht unter dem Begriff der Übersummativität,<br />

dass das Dominierende in der Wahrnehmung ein ganzheitlicher, gesamthafter<br />

Eindruck sei, ein Ensemble. Die ästhetische Wirkung einer Landschaft<br />

z.B. ist eine Ensemblewirkung <strong>und</strong> kann nicht einfach aus den sie charakterisierenden<br />

Eigenschaften summiert werden. Die Wahrnehmung wird daher im<br />

Sinne von Ehrenfels als übersummativ gekennzeichnet.<br />

Ein weiterer wichtiger theoretischer Begriff ist das Prägnanzprinzip oder<br />

die Prägnanzregel. Eine „gute Gestalt“ die auf ein Idealbild der Wahrnehmung<br />

verweist, erzeugt den Eindruck der „Geschlossenheit“. Weniger gelungene<br />

Gestalten erzeugen eine Präferenzreaktion, d.h. sie werden in „gute<br />

Gestalten“ umgedeutet. Die Elemente des Wahrnehmungsfeldes werden<br />

17<br />

von Ehrenfels, C. (1890). Über Gestaltqualitäten. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 14,<br />

249-292.<br />

31


nicht alle in der gleichen Ebene wahrgenommen, sondern einige Strukturen<br />

werden hervorgehoben, andere treten zurück.<br />

Bei dem Figur-Hintergr<strong>und</strong>-Verhältnis einer zweidimensionalen Abbildung<br />

kann es, wenn dem Hintergr<strong>und</strong> ebenfalls eine figura<strong>tive</strong> Bedeutung zugeschrieben<br />

werden kann, zu einem Auffassungswechsel, bzw. Gestaltwechsel<br />

kommen. Das Figur-Hintergr<strong>und</strong>-Verhältnis „kippt“. Wohlbekannte Beispiele<br />

multistabiler Wahrnehmungen stellen so genannte Vexierbilder dar, die dem<br />

Betrachter zum Beispiel einerseits eine Vase, andererseits zwei Gesichter<br />

präsentieren.<br />

Das Prinzip Ordnung in der Kunstwissenschaft<br />

Die im Wahrnehmungsfeld als ungeordnetes Material erscheinenden Elemente<br />

werden strukturiert, differenziert <strong>und</strong> gruppiert. Mit solchen Fragestellungen<br />

zum „Prinzip Ordnung“ hat sich auch Ernst Gombrich (1909-2001),<br />

britischer Kunsthistoriker österreichischer Herkunft, beschäftigt <strong>und</strong> in seinen<br />

Werken auf kunstwissenschaftliche Probleme angewendet. Sein einschlägiges<br />

Werk mit dem Titel Art and Illusion 18 erschien 1960. Eine interdisziplinäre<br />

Untersuchung des Themas Wahrnehmung auf den Gebieten Kunstgeschichte,<br />

Psychologie <strong>und</strong> Philosophie findet sich in Gombrichs Buch Kunst, Wahrnehmung<br />

<strong>und</strong> Wirklichkeit 19 .<br />

Wesentliche Beiträge zu speziellen Fragen der Kunst aus der Sicht der<br />

psychologischen <strong>Ästhetik</strong> haben weiters Kurt Koffka <strong>und</strong> Rudolf Arnheim geliefert.<br />

Rudolf Arnheim (1904-2007) studierte an der Berliner Universität bei Wolfgang<br />

Köhler, damals Direktor des <strong>Psychologische</strong>n Instituts, sowie bei Max<br />

Wertheimer, Kurt Koffka <strong>und</strong> Kurt Lewin. In seinem 1954 erschienenen<br />

Hauptwerk Art and Visual Perception: A Psychology of the Crea<strong>tive</strong> Eye 20<br />

geht Arnheim auf die Phänomene der visuellen Wahrnehmung <strong>und</strong> der bildenden<br />

Kunst ein.<br />

Der Einfluss der Denkpsychologie<br />

Karl Bühler (1879-1963) war einer der ersten, Anfang des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts, der sich auf die Forschung zur Gestalttheorie konzentrierte.<br />

Bühler promovierte 1903 zum Dr. med. bei Johannes von Kries in Freiburg,<br />

<strong>und</strong> ein Jahr darauf in seinem Zweitstudium, der Psychologie, zum<br />

Dr. phil. bei Clemens Bäumker an der Universität Straßburg. Anschließend<br />

verbrachte er einen zweijährigen Studienaufenthalt bei Carl Stumpf in Berlin.<br />

Ab 1906 war er als Assistent in Würzburg bei Oswald Külpe tätig, <strong>und</strong> 1907<br />

habilitierte er sich dort mit der Schrift Tatsachen <strong>und</strong> Probleme zu einer Psy-<br />

18<br />

Gombrich, E. (1986). Kunst <strong>und</strong> Illusion. Zur Psychologie der bildlichen Darstellung (1960). Stuttgart: Belser.<br />

19<br />

Gombrich, E. H., Hochberg, J. & Black, M. (1977). Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit. Frankfurt/Main:<br />

Suhrkamp.<br />

20<br />

Arnheim, R. (2000). Kunst <strong>und</strong> Sehen. Eine Psychologie des schöpferischen Auges. Berlin: de Gruyter.<br />

32


chologie der Denkvorgänge. Der Text gilt als gr<strong>und</strong>legend für die Würzburger<br />

Schule <strong>und</strong> löste die heftige Bühler-W<strong>und</strong>t-Kontroverse aus. 1909 habilitierte<br />

er sich auch in Bonn, <strong>und</strong> wurde dort außerordentlicher Professor; während<br />

dieser Zeit in Bonn forschte Bühler intensiv im Bereich der Gestaltpsychologie.<br />

Von 1912-1915 lehrt er dann an der Universität München, <strong>und</strong> leistete als<br />

Arzt während des Ersten Weltkrieges Kriegsdienst. Nach 1918 war er zunächst<br />

ordentlicher Professor an der TH Dresden, <strong>und</strong> dann ab 1922 (bis<br />

1938) ordentlicher Professor für Psychologie an der Philosophischen Fakultät<br />

in Wien.<br />

Die Ergebnisse seiner methodisch experimentellen Untersuchungen auf<br />

der Basis der von Christian von Ehrenfels 1890 formulierten Gestaltqualitäten,<br />

veröffentlichte er 1913 in seiner Schrift Die Gestaltwahrnehmungen. Experimentelle<br />

Untersuchungen zur psychologischen <strong>und</strong> ästhetischen Analyse<br />

der Raum- <strong>und</strong> Zeitanschauung 21 . Er formulierte damit als erster das Prinzip<br />

des „Gestaltsehens“.<br />

Aus den Stellungnahmen von Karl Bühler 22 <strong>und</strong> Otto Selz 23 in der Zeitschrift<br />

für Psychologie von 1926, die sich auf den Beitrag von Koffka „Psychologie“<br />

im Lehrbuch der Philosophie von Max Dessoir 24 beziehen, ist detailliert<br />

erkennbar, wie eng die Arbeiten der beiden Wissenschaftler zur Wahrnehmungs-<br />

<strong>und</strong> Denkpsychologie mit den späteren Forschungen der Berliner<br />

Schule zur Gestalttheorie zusammenhängen <strong>und</strong> ihnen nachhaltige Impulse<br />

verliehen haben 25 . Karl Bühler nimmt 1927 im Vorwort seiner Schrift Die Krise<br />

der Psychologie nochmals Bezug auf die Auseinandersetzung mit Koffka:<br />

Nach meinen eigenen Arbeiten über Gestalten wäre es überflüssig zu<br />

versichern, wie hoch ich die Bedeutung des Gestaltgedankens für die<br />

Psychologie einschätze; meine Kritik richtet sich erstens gegen die<br />

drohende Überdehnung des Begriffes im Rahmen der psychologischen<br />

Probleme selbst <strong>und</strong> zweitens gegen seine Übertragung auf<br />

das Gebiet der Physik. […] <strong>und</strong> wogegen ich mich sachlich wendete,<br />

war eine Nachlässigkeit im Zitieren <strong>und</strong> eine Verzeichnung des historischen<br />

Bildes vom Werdegang der neuesten Psychologie. 26<br />

21<br />

Bühler, K. (1913). Die Gestaltwahrnehmungen. Experimentelle Untersuchungen zur psychologischen <strong>und</strong><br />

ästhetischen Analyse der Rum-<strong>und</strong> Zeitanschauung. Stuttgart: Verlag von W. Spemann.<br />

22<br />

Bühler, K. (1926). Die „Neue Psychologie“ Koffkas. Zeitschrift für Psychologie, 99, 145-159.<br />

23<br />

Selz, O. (1926). Zur Psychologie der Gegenwart. Eine Anmerkung zu Koffkas Darstellung. Zeitschrift für<br />

Psychologie, 99, 160-198.<br />

24<br />

Koffka, K. (1925). Psychologie. In Max Dessoir (Hg.), Lehrbuch der Philosophie. Bd. 2: Die Philosophie in<br />

ihren Einzelgebieten. Berlin: Ullstein.<br />

25<br />

1927 erschien Koffkas Antwort auf die Artikel von Bühler <strong>und</strong> Selz in der Zeitschrift <strong>Psychologische</strong> Forschung,<br />

9, 163-183 mit dem Titel Bemerkungen zur Denkpsychologie.<br />

26<br />

Bühler, K. (1927). Die Krise der Psychologie. Jena: Fischer, VI.<br />

33


Brunswik bezeichnet in seiner problemgeschichtlichen Arbeit über die<br />

Prinzipienfragen der Gestalttheorie 27 Bühler als deren eigentlichen Begründer,<br />

da er den („psychistischen“) Ansatz der „Grazer Schule“ mit der Psychophysik<br />

der Gestalten überwindet. Bühlers Buch von 1913 sei das „erste größere<br />

Werk auf dem Forschungsgebiete“ gewesen 28 .<br />

Charlotte Bühler schrieb in ihrer postumen biographischen Skizze über Karl<br />

Bühler:<br />

1913, mehrere Jahre, bevor Köhler, Wertheimer <strong>und</strong> Koffka ihre Gestalttheorie<br />

entwickelten, führte Karl in experimentellen Untersuchungen<br />

den Nachweis, daß die Gestaltwahrnehmungen spezifischen Gesetzen<br />

folgen <strong>und</strong> nicht auf die Summe von Reaktionen auf singuläre<br />

Sinnesreize reduziert werden dürfen. In diesem Zusammenhang entstand<br />

auch Karls Buch über „Wahrnehmung“, bei dem es sich um eine<br />

theoretische Studie voll von Forschungsideen handelt, die sein<br />

Schüler Egon Brunswik zu einem späteren Zeitpunkt weitergeführt<br />

hat. 29<br />

Und Adorno geht noch einen Schritt weiter, indem er nach Bühlers Tod an<br />

Charlotte Bühler schrieb:<br />

es fehle Karl Bühlers Leben „nicht an einem Hauch von Tragik: daß<br />

einige ganz entscheidende Konzeptionen der modernen Psychologie,<br />

die er mindestens gleichzeitig mit anderen hatte, nicht so an seinen<br />

Namen geb<strong>und</strong>en sind, wie es sich geziemte“. Diese Bemerkung trifft<br />

in besonderem Maße auf Bühlers Arbeiten zur Gestaltpsychologie zu,<br />

die von der Forschung bis heute kaum zur Kenntnis genommen wurden,<br />

jedoch zu den wichtigsten Beiträgen aus der Frühzeit der Gestalttheorie<br />

gehören. 30<br />

Die Gründung des <strong>Psychologische</strong>n Instituts in Wien<br />

1922 trat Karl Bühler das Ordinariat mit der Bezeichnung Philosophie mit<br />

besonderer Berücksichtigung der experimentellen Psychologie an der Philosophischen<br />

Fakultät der Universität Wien an. Bühler stellte als Bedingung für<br />

seine Berufung die Errichtung eines psychologischen Instituts mit dazugehörigem<br />

Laboratorium. Seine Wünsche wurden erfüllt. Seiner Frau Charlotte<br />

27<br />

Brunswik, E. (1929). Prinzipienfragen der Gestalttheorie. In Egon Brunswik, Charlotte Bühler, Hildegard<br />

Hetzer, Ludwig Kardos, Josef Krug & Alexander Willwoll, Beiträge zur Problemgeschichte der Psychologie.<br />

Festschrift zu Karl Bühler’s 50. Geburtstag. Jena: G. Fischer.<br />

28<br />

Benetka, G. (1995). Psychologie in Wien. Wien: WUV, 92.<br />

29<br />

Bühler, C. (1984). Karl Bühler. Eine biographische Skizze. In: Achim Eschbach (Hrsg.). Bühler-Studien.<br />

Frankfurt a. M.: Suhrkamp.<br />

30<br />

So nachzulesen auf der Ankündigungsseite des Verlages Velbrück-Wissenschaft, Weilerswist, zur geplanten<br />

Veröffentlichungsreihe Bühler Werke Bd. 2 durch Achim Eschbach (Hrsg.).<br />

34


Bühler wurde 1929 eine a. o. Professur verliehen. Sie prägte das Bild des Instituts<br />

auf dem neuen Forschungsgebiet der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychologie.<br />

1927 wurde Egon Brunswik (1903-1955) Assistent bei Karl Bühler. Brunswik<br />

legte 1933 seine Dissertation bei Karl Bühler vor, sein Zweitbegutachter war<br />

Moritz Schlick, der gleichzeitig mit Karl Bühler den Lehrstuhl für Naturphilosophie<br />

(Philosophie der induk<strong>tive</strong>n Wissenschaften) an der Philosophischen<br />

Fakultät erhalten hatte.<br />

Moritz Schlick, der Begründer des Wiener Kreises <strong>und</strong> neben Rudolf Carnap<br />

u. a. einer der führenden Vertreter des Logischen Empirismus, lud auch<br />

Karl <strong>und</strong> Charlotte Bühler als Vortragende in diesen Zirkel ein. 1927 fand ein<br />

erstes Treffen zwischen Moritz Schlick <strong>und</strong> Ludwig Wittgenstein statt. Auf<br />

Wittgensteins Wunsch wurde auch das Ehepaar Bühler eingeladen 31 . In dieser<br />

Begegnung nahm die „logische Analyse der Sprache“ weitere Gestalt an.<br />

Unbestritten ist der Beitrag Bühlers zur Sprachtheorie, der ihn als einen<br />

der bedeutendsten Sprachtheoretiker des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ausweist. Sein<br />

Organon-Modell wurde von Roman Jakobson (1896-1982), einem der Hauptvertreter<br />

der strukturellen Linguistik, rezipiert <strong>und</strong> ausgebaut. Es gehört damit<br />

zum Kanon der modernen Sprachwissenschaft.<br />

Das Institut unter der Leitung des Ehepaares Bühler bestand sehr erfolgreich<br />

bis in das Jahr 1938. Durch den Einmarsch der Nationalsozialisten 1938<br />

wurde dieser Forschungsinstitution ein jähes Ende bereitet. Charlotte Bühler<br />

befand sich zum Zeitpunkt des Einmarsches auf einer Vortragsreise in Oslo.<br />

Karl Bühler wurde von der Gestapo für kurze Zeit inhaftiert. Ihm gelingt durch<br />

Intervention seiner Frau die Flucht nach Norwegen. 1940 emigrierte Karl Bühler<br />

in die USA. Seine Frau folgt ihm kurze Zeit später.<br />

Karl Bühler fand mit Hilfe des „Committee für Displaced Foreign Psychologist“<br />

der American Psychological Association (APA), dessen Mitglied auch<br />

Max Wertheimer war, eine Stelle am St. Scholastica College in Duluth im<br />

Nordosten des B<strong>und</strong>esstaates Minnesota 32 .<br />

Noch im selben Jahr wechselte Karl Bühler zum St. Thomas College in St.<br />

Paul, Minnesota. Charlotte Bühler konnte in St. Paul an einem College für<br />

Frauen unterrichten. 1945 wird Karl Bühler eine klinische Professur der Psychiatrie<br />

an der University of Southern California (Los Angeles) angeboten.<br />

Charlotte Bühler wird eine Stelle als Chefpsychologin am Los Angeles County<br />

Hospital angeboten. Die Bühlers übersiedeln daraufhin nach Los Angeles.<br />

Charlotte Bühler lehrte ebenfalls von 1950 bis zu ihrer Emeritierung 1958 als<br />

Professorin für Psychiatrie an der University of Southern California (Los An-<br />

31<br />

Stadler, F. (1997). Studien zum Wiener Kreis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.<br />

32<br />

Mandler, J. M. & Mandler, G. (1969). The Diaspora of Experimental Psychology: The Gestaltists and others.<br />

In: D. Fleming <strong>und</strong> B. Bailyn (Ed.), The Intellectual Migration: Europe and America, 1930-1960. Cambridge,<br />

Mass: Harvard University Press, 371-419.<br />

35


geles). Nach ihrer Emeritierung unterhielt Charlotte Bühler eine Privatpraxis<br />

in Beverly Hills 33 .<br />

Karl Bühler konnte sich aufgr<strong>und</strong> der damals vorherrschenden Richtung<br />

des Behaviorismus nicht in adäquater Weise in der amerikanischen Forschung<br />

etablieren. Seine Schriften wurden erst wieder nach seinem Tod, unter<br />

dem Einfluss der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Wende, aktuell.<br />

Politische Zäsur <strong>und</strong> die Umsetzung der Gestaltpsychologie in Amerika<br />

Die politischen Verhältnisse in Deutschland ab 1933, in Österreich ab<br />

1938 <strong>und</strong> der Zweite Weltkrieg bedeuten eine einschneidende Zäsur in der<br />

Entwicklung der psychologischen <strong>Ästhetik</strong>.<br />

In Deutschland wurden, neben vielen anderen bedeutenden Wissenschaftlern,<br />

die Vertreter der gestaltpsychologischen Schule schon früher zur Emigration<br />

gezwungen wie Max Wertheimer, Kurt Koffka, Wolfgang Köhler, Kurt<br />

Lewin <strong>und</strong> Rudolf Arnheim, 1938 folgten Karl <strong>und</strong> Charlotte Bühler. Mit dem<br />

Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 erlischt das öffentliche Interesse<br />

an ästhetischen Fragen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> schon bestehender, sehr guter wissenschaftlicher Beziehungen<br />

in Amerika, war es den Vertretern der Berliner Schule der Gestaltpsychologie<br />

möglich, wissenschaftliche Positionen an amerikanischen Institutionen zu erhalten<br />

<strong>und</strong> ihre Arbeit dort fortzusetzen.<br />

Max Wertheimer lehrte ab 1933 an der New School for Social Research (New<br />

York). Kurt Koffka war ab 1935 am Smith College (Massachusetts) tätig <strong>und</strong><br />

Wolfgang Köhler trat 1935 eine Professur am Swarthmore College (Pennsylvania)<br />

an. Kurt Lewin war ab 1933 an verschiedenen Universitäten tätig wie<br />

der Cornell University (Ithaka, New York); University of Iowa (Iowa); University<br />

of California (Berkeley); Massachusetts Institute of Technology, MIT (Boston,<br />

Massachusetts) <strong>und</strong> später an der Harvard University (Boston, Massachusetts).<br />

Nur Kurt Lewin gelang es sich in akademisch führenden Positionen<br />

zu etablieren.<br />

Obwohl die exilierten Vertreter der Berliner Schule der Gestaltpsychologie,<br />

mit Ausnahme von Kurt Lewin, an keinen führenden akademischen Institutionen<br />

lehrten, haben sie durch ihre Schülergeneration in Amerika der im Entstehen<br />

begriffenen Kognitionsforschung zur Infragestellung der damals vorherrschenden<br />

Position des Behaviorismus verholfen.<br />

Zu dieser Schülergeneration gehörte Rudolf Arnheim, der schon in Berlin<br />

Assistent bei Max Wertheimer war. Arnheim hielt von 1942 - 1969 Vorlesungen<br />

an der New School for Social Research. 1968 wurde er Professor für<br />

Kunstpsychologie am Carpenter Center for the Visual Arts der Harvard University.<br />

Von 1974 bis 1984 lehrte er als Dozent für Kunstpsychologie am<br />

kunsthistorischen Institut der University of Michigan in Ann Arbor. Arnheim<br />

33<br />

Ash, M. G. (1988). Österreichische Psychologen in der Emigration. Fragestellungen im Überblick. In: F.<br />

Stadler (Hrsg). Vertriebene Vernunft II. Wien: Jugend <strong>und</strong> Volk, 252-267.<br />

36


übernimmt eine wichtige Brückenfunktion in der Vermittlung zwischen europäischer<br />

<strong>und</strong> amerikanischer Kultur. Sein Werk bildet eine Systematik der bildenden<br />

Künste auf Basis der Gestalttheorie.<br />

Bei Kurt Koffka, der schon 1927 eine Gastprofessur am Smith College innehatte,<br />

studierte für kurze Zeit auch James J. Gibson (1904 - 1979). Gibson<br />

lehrte von 1929 - 1949 am Smith College <strong>und</strong> von 1949 an bis zu seinem Tode<br />

an der Cornell University. Sein Werk The Perception of the Visual World 34<br />

hatte großen Einfluss auf den Gebieten Design <strong>und</strong> <strong>Ergonomie</strong>.<br />

Ulric Neisser (geb. 1928 in Kiel) kam mit seinen Eltern 1931 in die USA<br />

<strong>und</strong> studierte später bei Wolfgang Köhler. Er promovierte 1956 an der Harvard<br />

University. In der Folge lehrte er an der Brandeis University, Emory University<br />

<strong>und</strong> der Cornell University. Sein Buch Kogni<strong>tive</strong> Psychologie aus dem<br />

Jahr 1967 war ein Schlüsselwerk der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Wende in der Psychologie<br />

Gustav Bergmann (1906 -1987) studierte Mathematik <strong>und</strong> Philosophie an<br />

der Universität Wien. Durch Besuche im Wiener Kreis kam er mit dem Logischen<br />

Empirismus in Verbindung. 1930 wurde er Assistent bei Albert Einstein<br />

in Berlin <strong>und</strong> auf dessen Empfehlung 1939 Assistenzprofessor bei Kurt Lewin<br />

an der University of Iowa. Bergmann gehörte in Wien zum engeren Zirkel des<br />

Wiener Kreises. Mit Kurt Lewin arbeitete er an einer Untersuchung über die<br />

mathematische Darstellung der Lewin’schen psychologischen Feldtheorie.<br />

1940 wurde Bergmann Assistenz Professor, ab 1950 ordentlicher Professor<br />

für Philosophie <strong>und</strong> Psychologie am Department of Philosophy der University<br />

of Iowa. Bergmann übte erheblichen Einfluss auf die zeitgenössische Philosophie<br />

aus, speziell des linguistic turn 35 . Unter der Leitung von Kurt Lewin<br />

<strong>und</strong> Gustav Bergmann wurde das Department of Philosophy der University of<br />

Iowa zu einer der führenden Institutionen der USA.<br />

Egon Brunswik erhielt 1936, während seiner Tätigkeit am Institut für Psychologie<br />

in Wien, den Ruf an die University of California (Berkeley), wo er bis<br />

zu seinem frühzeitigen Tod im Jahr 1955 lehrte. Er gilt als Begründer des<br />

ökologischen Ansatzes in der Psychologie (vergl. S. 42).<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Neuorientierung nach 1945<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte sich das Wissenschaftsfeld völlig<br />

neu. Die Psychologie ordnete sich in ihrem Gegenstands- <strong>und</strong> Methodenverständnis<br />

zunehmend den Naturwissenschaften zu <strong>und</strong> grenzte sich damit von<br />

der Philosophie <strong>und</strong> den übrigen Geisteswissenschaften ab. Sie folgte außerdem<br />

dem allgemeinen Trend zur Spezialisierung innerhalb der Psychologie,<br />

bzw. der Einzelwissenschaften generell 36 .<br />

34<br />

Gibson, J. J. (1950). The Perception of the Visual World. Boston: Houghton Mifflin.<br />

35<br />

Sandbothe, M. (2000). Die pragmatische Wende des linguistic turn. In: Mike Sandbothe (Hrsg.) Die Renaissance<br />

des Pragmatismus. Aktuelle Verflechtungen zwischen analytischer <strong>und</strong> kontinentaler Philosophie.<br />

Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.<br />

36<br />

vergl. Allesch, C. G. (2006). Einführung in die psychologische <strong>Ästhetik</strong>. Wien: WUV.<br />

37


Situation in Deutschland nach 1945<br />

Nachdem Max Wertheimer 1933 mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten<br />

in Deutschland in die U.S.A. emigriert war, wurde Wolfgang Metzger<br />

(1899 - 1979) zum stellvertretenden Leiter des Frankfurter Instituts für Psychologie,<br />

dessen Leiter Wertheimer seit 1931 war, ernannt. Metzger hatte in<br />

Berlin bei Max Wertheimer <strong>und</strong> bei Wolfgang Köhler studiert. 1931 folgte er<br />

Wertheimer nach Frankfurt, wo er sich 1932 habilitierte. Wolfgang Metzger<br />

versuchte die gestalttheoretische Tradition in Deutschland zu bewahren. Seine<br />

Hauptwerke, u. a. Gesetze des Sehens 37 , wurden in zahlreiche Sprachen<br />

übersetzt. Er stand in Verbindung zu gestalttheoretisch orientierten Forschern<br />

<strong>und</strong> Wissenschaftlern in Amerika, Japan <strong>und</strong> Italien.<br />

Zur ersten Schülergeneration der Berliner Schule der Gestaltpsychologie<br />

in Deutschland gehört auch Kurt Gottschaldt (1902 - 1991), der seine Dissertation<br />

bei Köhler <strong>und</strong> Koffka schrieb. 1947 erhielt er eine Professur an der<br />

späteren Humboldt-Universität zu Berlin. Das fast völlig zerstörte <strong>Psychologische</strong><br />

Institut baute er zu einem der seinerzeit größten <strong>und</strong> leistungsfähigsten<br />

psychologischen Institute in Europa aus. Ab 1962 lehrte er an der Universität<br />

Göttingen.<br />

Situation im angloamerikanischen Raum nach 1945<br />

In Amerika bildete sich erst in den späten Sechziger Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

durch den anglokanadischen Psychologen Daniel E. Berlyne (1924 -<br />

1977), Professor an der Universität von Toronto, ein weiterer wichtiger Ansatz<br />

für die psychologische <strong>Ästhetik</strong> heraus: Die new experimental aesthetics.<br />

Dieser Ansatz kann als neobehavioristisch charakterisiert werden, da die wesentlichen<br />

Arbeiten Berlynes aus einer Zeit stammen (1968 - 1974), als die<br />

im angloamerikanischen Raum vorherrschende behavioristische Richtung in<br />

der Psychologie bereits durch die „<strong>kogni</strong><strong>tive</strong> Wende“ abgelöst war. Sein wichtiges<br />

Werk dazu wurde 1960 mit dem Titel Conflict, Arousal and Curiosity 38<br />

veröffentlicht.<br />

New experimental aesthetics<br />

Der evolutionsbiologische Ansatz Daniel E. Berlynes definierte die empirische<br />

psychologische <strong>Ästhetik</strong> als eine Lehre von den lustbetonten Erlebnisreaktionen<br />

<strong>und</strong> deren spezifischen Auslösern, ein Spezialfall einer allgemeinen<br />

„Hedonik“.<br />

Kolla<strong>tive</strong> Reizeigenschaften, wie Komplexität, Neuheit, Ambiguität, Unbekanntheit,<br />

Uneinheitlichkeit u. a. bilden zusammen mit dem Faktor Reizintensität<br />

<strong>und</strong> ökologischen Hinweisfunktionen das Aktivierungspotential (arousal<br />

potential) eines ästhetischen Reizes. Dieser hervorgerufene Erregungszu-<br />

37<br />

Metzger, W. (1953). Gesetze des Sehens. 2. Aufl. Frankfurt/M.: Kramer.<br />

38<br />

Berlyne, D. E. (1974). Konflikt, Erregung, Neugier. Zur Psychologie der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n Motivation. Stuttgart:<br />

Klett-Cotta.<br />

38


stand wird zunächst als lustvoll, als ansteigender hedonischer Wert beobachtet.<br />

Nach Überschreiten eines Maximums wird der Reiz jedoch als immer weniger<br />

positiv <strong>und</strong> schließlich negativ im Sinne von Unlust empf<strong>und</strong>en, der hedonische<br />

Wert sinkt ab. Diese Theorie beschreibt eine umgekehrt U-förmige<br />

Abhängigkeitsbeziehung zwischen dem „hedonischen Wert“ eines Gegenstandes<br />

<strong>und</strong> dem Ausmaß des Aktivierungspotentials, das durch die ihm anhaftenden<br />

„kolla<strong>tive</strong>n“ Reizvariablen bewirkt wird. Bis heute bauen experimentelle<br />

Studien in der psychologischen <strong>Ästhetik</strong> in einem beachtlichen Ausmaß<br />

direkt oder indirekt auf dem Berlyne’schen Ansatz auf, obwohl Berlyne<br />

die new experimental aesthetics als experimentellen Ansatz im Sinne des<br />

Behaviorismus entwickelt hatte.<br />

Kogni<strong>tive</strong> Wende, Cogni<strong>tive</strong> Science<br />

Der Behaviorismus, der sich in seiner Ausrichtung streng gegen die psychologische<br />

Forschungsmethode der Introspektion richtete, wollte sich in seinen<br />

Methoden nur auf die Erforschung des Verhaltens beschränken. Als Metapher<br />

für <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> Prozesse, nach John B. Watson (1878-1958, amerikanischer<br />

Psychologe, der die psychologische Schule des Behaviorismus begründete),<br />

steht die „Black Box“. Alle im Gehirn ablaufenden Prozesse, die<br />

nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden direkt messbar, beschreibbar<br />

<strong>und</strong> reproduzierbar sind <strong>und</strong> daher auch nicht objektivierbar, können somit<br />

nicht Forschungsgegenstand sein.<br />

Die „Wende“ setzte mit einem Symposium ein, das von der Special Interest<br />

Group in Information Theory am Massachusetts Institute of Technology<br />

(MIT), im September 1956 organisiert wurde <strong>und</strong> die Konzeption für die spätere<br />

„Cogni<strong>tive</strong> Science“ lieferte. 1978 initiierte die Sloane Fo<strong>und</strong>ation ein interdisziplinäres<br />

Forschungsprojekt, das den Titel „Cogni<strong>tive</strong> Science“ trug.<br />

Damit war der Name geprägt. Sechs Disziplinen waren beteiligt: Psychologie,<br />

Linguistik, Neurowissenschaften, Computerwissenschaften, Anthropologie<br />

<strong>und</strong> Philosophie. Dieses Projekt beeinflusste nachhaltig die interdisziplinäre<br />

Forschung. Wissenschaftler wurden mit anderen Forschungsgebieten bekannt<br />

<strong>und</strong> lernten Erkenntnisse aus anderen Bereichen in ihre eigene Disziplin<br />

zu integrieren 39 .<br />

Informationstheorie <strong>und</strong> Computerwissenschaft<br />

Die Entwicklung des Informationsverarbeitungsansatzes in den Fünfziger<br />

<strong>und</strong> Sechziger Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts. war mit wichtigen Fortschritten<br />

in den Computerwissenschaften <strong>und</strong> auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz<br />

verb<strong>und</strong>en. Der informationstheoretische Ansatz sah das Gehirn als ein<br />

informationsverarbeitendes System das prinzipiell wie ein Computer arbeite.<br />

Es sollte daher eine abstrakte Beschreibung der geistigen Fähigkeiten mög-<br />

39<br />

Miller, A. G. (2003). The cogni<strong>tive</strong> revolution: a historical perspec<strong>tive</strong>.Trends in Cogni<strong>tive</strong> Sciences. 7, 141-<br />

144.<br />

39


lich sein, ohne direkt das Gehirn zu untersuchen. Die „Black-Box“ wurde einsehbar<br />

<strong>und</strong> durch das „Computermodell des Geistes“ abgelöst.<br />

Zu den frühen Vertretern dieses Ansatzes gehört James J. Gibson (1904-<br />

1979). Er wurde durch seinen Lehrer Kurt Koffka mit den Fragen zur Gestaltpsychologie<br />

bekannt gemacht. Gibson zählt zu den Pionieren des <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n<br />

Ansatzes, äußerte sich aber auch schon früh kritisch dazu. Er vertrat die<br />

These, dass die Wahrnehmung nicht primär durch die Objekte der Wahrnehmung<br />

bestimmt werden, sondern auch durch die Wahrnehmungserwartungen<br />

<strong>und</strong> -bereitschaften mit denen das Subjekt seiner Lebensumwelt gegenübertritt.<br />

Die Sinne des Menschen wären – Gibson zufolge – nicht nur Instrumente<br />

einer passiven Reizverarbeitung, sondern ak<strong>tive</strong> Systeme zur Suche nach<br />

bedeutsamen <strong>und</strong> lebensdienlichen Wahrnehmungsinhalten. In den vom<br />

Computer abgeleiteten hierarchisch-mechanischen Theorien der Informationsverarbeitung<br />

vermisste er auch deren ökologische Valenz, die Übertragbarkeit<br />

von Laborexperimenten auf alltägliche Lebenssituationen. Gibson<br />

stand in engem Austausch u. a. mit Wolfgang Metzger <strong>und</strong> Ernst Gombrich.<br />

Ulric Neisser nahm die Kritik Gibsons in seinem 1976 erschienenen Buch<br />

Congnition and Reality 40 auf. Er kritisierte die von der Informationstheorie<br />

ausgelöste Begeisterung hinsichtlich der perfekten Modellierbarkeit <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>r<br />

Abläufe durch Computerprogramme <strong>und</strong> deren Festhalten am Konzept von<br />

Informationsverarbeitung, das auf der modellhaften Übertragung von technisch-maschinell<br />

realisierten Informationsverarbeitungsvorgängen beruht.<br />

Kritik erfolgte auch schon 1969 von Rudolf Arnheim in seiner Schrift Visual<br />

Thinking 41 . Der Computer beginne „von unten“ (bottom up), von den einzelnen<br />

Elementen des Wahrnehmungsgegenstands ausgehend. Die Informationsverarbeitung<br />

des Menschen jedoch erfolge „von oben“ (top down) durch<br />

das Erfassen eines Wahrnehmungsfeldes.<br />

In seinem schon 1958 veröffentlichten Aufsatz Emotion and Feeling in<br />

Psychology and Art 42 äußert er sich kritisch zum traditionellen Emotionsbegriff<br />

in der Psychologie <strong>und</strong> versucht einen neuen theoretischen Ansatz der<br />

ästhetischen Erfahrung unter Berücksichtigung von Emotionen <strong>und</strong> Gefühlen<br />

zu entwickeln.<br />

Kogni<strong>tive</strong> Neurowissenschaft <strong>und</strong> Wahrnehmungspsychologie<br />

In neuerer Zeit haben sich interdisziplinäre Forschungskooperationen zwischen<br />

der Neurowissenschaft – einem Wissenschaftsbereich, der den Aufbau<br />

<strong>und</strong> die Funktionsweise von Nervensystemen untersucht – <strong>und</strong> der Kognitionswissenschaft,<br />

Psychologie <strong>und</strong> Philosophie gebildet.<br />

40<br />

Neisser, U. (1996). Kognition <strong>und</strong> Wirklichkeit. Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

41<br />

Arnheim, R. (2001). Anschauliches Denken. Köln: DuMont. (Deutsche Übersetzung).<br />

42<br />

Arnheim, R. (1980). Emotion <strong>und</strong> Gefühl in der Psychologie der Kunst (1958). In R. Arnheim, Zur Psychologie<br />

der Kunst. Frankfurt/M.: Ullstein, 220-242<br />

40


Spezielle Entwicklungen der Neurowissenschaft (Neuroscience) unter anderem<br />

auf dem Gebiet der sogenannten „Bildgebenden Verfahren“, helfen die<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden komplexen Hirnfunktionen besser zu verstehen <strong>und</strong> geben<br />

Aufschluss über neuronale Verarbeitungen von Reizen im Gehirn.<br />

Ein Beispiel ist die Methode der Elektroenzephalographie (EEG), die es<br />

ermöglicht, das elektrische Feld, welches durch die Aktivität von Nervenzellen<br />

erzeugt wird, zu messen. Mit Hilfe von Messungen der elektrodermalen Aktivität<br />

(EDA), um ein anderes Beispiel zu nennen, lässt sich der Hautleitwert im<br />

Rahmen von psychophysiologischen Experimenten messen, um den – auf<br />

einen bestimmten Reiz bezogenen – Erregungszustand festzustellen. Ein<br />

„Fenster in das Gehirn“ ist die moderne Magnetresonanztomographie (MRT),<br />

mit ihr kann ein Reiz im Gehirn genau verortet werden. Das Gehirn kann heute<br />

im lebendigen Zustand <strong>und</strong> in seiner Aktion studiert werden. Die Forschung<br />

ist nicht mehr auf Spekulationen angewiesen.<br />

Die Neurowissenschaften liefern daher sowohl Anstöße für die wissenschaftliche<br />

Untersuchung von ästhetischen Fragen, als auch von Begriffen<br />

wie Emotionen, Bewusstsein, <strong>und</strong> Gedächtnis. In diesem Zusammenhang<br />

können Emotionen <strong>und</strong> Gefühle, als messbare Körperzustände, in die Forschung<br />

einbezogen werden. Sie ermöglichen den Einblick in einen komplexen<br />

geistigen Bewertungsprozess, mit darauf folgenden dispositionellen Reaktionen.<br />

Eines der führenden Forschungszentren auf diesem Gebiet befindet sich<br />

heute am Department of Psychology an der California University (San Diego,<br />

UCSD), das 1965 von George Mandler (geb. 1924 in Wien) gegründet wurde<br />

<strong>und</strong> mit dem der FSP in Verbindung steht. George Mandler spielte eine maßgebliche<br />

Rolle während der Kogni<strong>tive</strong>n Wende 43 . Er lieferte einschlägige Beiträge<br />

zur Analyse der Sprache der Psychologie <strong>und</strong> deren Wissenschaftstheorie<br />

44 sowie zum Thema Kognition, Gedächtnis <strong>und</strong> Emotion.<br />

Heute ist die psychologische <strong>Ästhetik</strong>, auch aus wirtschaftlicher Sicht interessant,<br />

z. B. in den Bereichen Design, Werbung <strong>und</strong> Kunst. Damit erhält<br />

diese Disziplin völlig neue Richtungen: es sind nicht nur Wissenschaftsdisziplinen,<br />

wie etwa die Medizin, oder technische Wissenschaften, sondern auch<br />

eine breite Palette der verschiedensten Wirtschaftsbranchen, wie beispielsweise<br />

die Design-, Elektronik- <strong>und</strong> Automobilindustrie, an Forschungsergebnissen<br />

zur psychologischen <strong>Ästhetik</strong> interessiert.<br />

Ausblick<br />

Der FSP ästhetische Psychologie <strong>und</strong> <strong>kogni</strong><strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong> positioniert<br />

sich innerhalb dieser weit gefächerten wissenschaftlichen Denk- <strong>und</strong> Forschungsrichtungen.<br />

43<br />

Mandler, G. (1984). Cogni<strong>tive</strong> Psychology. An Essay in Cogni<strong>tive</strong> Science. Hillsdale: Erlbaum.<br />

44<br />

Mandler, G., & Kessen, W. (1959). The Language of Psychology. New York: John Wiley & Sons, Inc. Reprinted<br />

in Science Editions.<br />

41


Aufgr<strong>und</strong> der geschichtlichen Verbindung der Fakultät für Psychologie der<br />

Universität Wien mit dem <strong>Psychologische</strong>n Institut vor 1938 stellt sich die<br />

Frage nach inhaltlichen Forschungsbezügen zu den Arbeiten von Egon<br />

Brunswik <strong>und</strong> Karl Bühler.<br />

Karl Bühler entwickelte eine eigene Axiomatik in kritischer Auseinandersetzung<br />

zu den Arbeiten W<strong>und</strong>ts <strong>und</strong> legte in seinem Organon-Modell 45 eine<br />

der Gr<strong>und</strong>lagen für eine moderne Sprach-, Zeichen-, <strong>und</strong> Kommunikationswissenschaft.<br />

Als Gr<strong>und</strong>modell der Kommunikation <strong>und</strong> Vorläufermodell zur<br />

Informationstheorie hat es in wesentlicher Hinsicht bis heute seine Gültigkeit<br />

behalten.<br />

Egon Brunswik betonte die Bedeutung der Umwelt für das nach gültigen<br />

Informationen suchende Subjekt <strong>und</strong> stand daher Laborversuchen kritisch<br />

gegenüber. Auf ihn geht das probabilistische Modell der Brunswik’schen Linse<br />

46 zurück. Bildlich gesprochen geht vom Umweltobjekt ein Fächer von<br />

mehrdeutigen Hinweisreizen aus, die vom Beobachter wieder mit einem bestimmten<br />

Grad an Wahrscheinlichkeit zu einem Urteil zusammengeführt werden.<br />

Er gilt als Begründer des ökologischen Ansatzes in der Psychologie 47 .<br />

Das Modell der ästhetischen Erfahrung von Leder et al. (2004) kann unter<br />

Bezugnahme auf das Bühler’sche Gr<strong>und</strong>modell, bzw. generell den Kontext<br />

der Semiotik, sowie der Wechselwirkung zwischen den Menschen <strong>und</strong> der<br />

von ihnen geschaffenen Symbolwelt untersucht werden, wobei auch die Frage<br />

nach der ökologischen Valenz <strong>und</strong> Urteilsfindung im kulturellen Umfeld<br />

gestellt werden kann.<br />

Der FSP lässt sich daher nicht nur im historischen Längsschnitt, sondern<br />

auch im Querschnitt der aktuellen Disziplinen, wie Informationstheorie, Neurowissenschaften<br />

<strong>und</strong> Semiotik verankern <strong>und</strong> steht innerhalb dieses Gefüges<br />

in einem offenen multidisziplinären <strong>und</strong> vielseitig produk<strong>tive</strong>n Forschungskontext.<br />

Mag. Sabine Koch<br />

45<br />

Bühler, K. (1999). Sprachtheorie. Stuttgart: Lucius & Lucius.<br />

46<br />

Brunswik, E. (1952). The conceptual Framework of Psychology. (International Encyclopedia of Unified<br />

Science, Volume 1, Number 10). Chicago: The University of Chicago Press.<br />

47<br />

Fischer, K. R. & Stadler, F. (1997). Wahrnehmung <strong>und</strong> Gegenstandswelt. Zum Lebenswerk von Egon<br />

Brunswik (1903-1955), (Hrsg.) Band 4 der Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis. New York: Springer.<br />

42


6.2 Weiterführende Literatur<br />

Zum historischen <strong>und</strong> interdisziplinären Kontext der psychologischen<br />

<strong>Ästhetik</strong><br />

Allesch, C. G. (1987). Geschichte der psychologischen <strong>Ästhetik</strong>. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Allesch, C. G. (2006). Einführung in die psychologische <strong>Ästhetik</strong>. Wien: WUV.<br />

Ash, M. G. (1995). Gestalt Psychology in German culture, 1890-1967. Cambridge<br />

University Press: Cambridge, MA.<br />

Benetka, G. (1995). Psychologie in Wien. Wien: WUV.<br />

Benetka, G. (2002). Denkstile der Psychologie. Wien: WUV.<br />

Berlyne, D. E. (1974). Konflikt, Erregung, Neugier. Zur Psychologie der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n<br />

Motivation. Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

Brunswik, E. (1952). The conceptual Framework of Psychology. (International<br />

Encyclopedia of Unified Science, Volume 1, Number 10). Chicago: The<br />

University of Chicago Press.<br />

Bühler, K. (1913). Die Gestaltwahrnehmungen. Stuttgart: Spemann.<br />

Bühler, K. (1934). Sprachtheorie. Jena: Gustav Fischer.<br />

Fischer, K. R. & Stadler, F. (1997). Wahrnehmung <strong>und</strong> Gegenstandswelt.<br />

Zum Lebenswerk von Egon Brunswik (1903-1955), (Hrsg.) Band 4 der<br />

Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis. New York: Springer.<br />

Fleming, D. & Bailyn, B. (1969). The Intellectual Migration: Europe and America,<br />

1930-1960. Cambridge/Mass: Harvard University Press.<br />

Gombrich, E., Hochberg, J. & Black, M. (1977). Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit.<br />

Frankfurt/ Main: Suhrkamp Verlag.<br />

Gombrich, E. H. (1986). Kunst <strong>und</strong> Illusion. Zur Psychologie der bildlichen<br />

Darstellung (1960). Stuttgart: Belser.<br />

Leder, H. (2002). Explorationen in der Bildästhetik. Lengerich: Papst.<br />

Leder, H. & Vitouch, O. (2006). Kunst- <strong>und</strong> Musikpsychologie. In: Kurt Pawlik<br />

(Hrsg.) Handbuch der Psychologie. Heidelberg: Springer, 895-901.<br />

Lück, H. E. & Miller, R. (2005). Illustrierte Geschichte der Psychologie (Hrsg.).<br />

Weinheim <strong>und</strong> Basel: Beltz.<br />

Mandler, G. (2007). A history of modern experimental psychology: From<br />

W<strong>und</strong>t and James to cogni<strong>tive</strong> science. Cambridge, MA: MIT Press.<br />

Metzger, W. (1953). Gesetze des Sehens. Frankfurt/Main: Kramer.<br />

43


7. AKTIVITÄTEN<br />

44


7.1 FORSCHUNGSPROJEKTE<br />

� „Psychologie der <strong>Ästhetik</strong>: Die Dynamik von <strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> Gefallen“<br />

(Leder&Carbon; FWF - Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung,<br />

2006-2009)<br />

� „Psychological evaluation of switches haptics in car interiors”<br />

(Carbon&Leder; Henry Ford Stiftung, 2006-2009)<br />

� "Cogni<strong>tive</strong> Maps of Europe"<br />

Kogni<strong>tive</strong> Karten Europas: zwischen historischen Ressentiments <strong>und</strong> zukünftigen<br />

Herausforderungen.<br />

(PD Dr. Claus-Christian Carbon, Stadt Wien, MA7 Kultur <strong>und</strong> Wissenschaft,<br />

2008)<br />

45


7.2 AUSGEWÄHLTE PUBLIKATIONEN ZUM FSP<br />

Gr<strong>und</strong>lagen psychologischer <strong>Ästhetik</strong><br />

Leder, H. (2002). Explorationen in der Bildästhetik. Lengerich: Papst.<br />

Leder, H. (2003). Familiarity versus fluency. Determinants of cogni<strong>tive</strong> and<br />

visual preference. Empirical Studies of the Arts, 21, 165-175.<br />

Leder, H., Belke, B., Oeberst, A., & Augustin, D. (2004). A model of aesthetic<br />

appreciation and aesthetic judgements. British Journal of Psychology, 95,<br />

489-508.<br />

Stich, C., Knäuper, B., Eisermann, J., & Leder, H. (2007). Aesthetic Properties<br />

of Everyday Objects. Perceptual and Motor Skills, 104, 1139-1168.<br />

Voracek, M., Fisher, M. L., Rupp, B., Lucas, D., & Fessler, D. M. T. (2007).<br />

Sex differences in rela<strong>tive</strong> foot length and perceived attrac<strong>tive</strong>ness of female<br />

feet: Relationships among anthropometry, physique, and preference<br />

ratings. Perceptual and Motor Skills, 104, 1123-1138.<br />

Fisher, M. L., & Voracek, M. (2006). The shape of beauty: Determinants of<br />

female physical attrac<strong>tive</strong>ness. Journal of Cosmetic Dermatology, 5, 199-<br />

204.<br />

Swami, V., Arteche, A., Chamorro-Premuzic, T., Furnham, A., Stieger, S.,<br />

Haubner, T., & Voracek, M. (2008). Looking good: Factors affecting the<br />

likelihood of having cosmetic surgery. European Journal of Plastic Surgery,<br />

30, 211-218.<br />

Voracek, M., & Fisher, M. L. (2002). Shapely centrefolds? Temporal change<br />

in body measures: Trend analysis. British Medical Journal, 325, 1447-<br />

1448.<br />

Voracek, M., & Fisher, M. L. (2006). Success is all in the measures: Androgenousness,<br />

curvaceousness, and starring frequencies in adult media actresses.<br />

Archives of Sexual Behavior, 35, 297-304.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Wahrnehmung <strong>und</strong> Kognition<br />

Carbon, C. C. (2008). Famous faces as icons. The illusion of being an expert<br />

in the recognition of famous faces. Perception, 37, 801-806.<br />

Carbon, C. C., & Leder, H. (2005a). Face adaptation: Changing stable representations<br />

of familiar faces within minutes? Advances In Cogni<strong>tive</strong> Psychology,<br />

1, 1-7.<br />

Carbon, C. C., & Leder, H. (2005b). When feature information comes first!<br />

Early processing of inverted faces. Perception, 34, 1117-1134.<br />

46


Carbon, C. C., & Leder, H. (2006a). The Mona Lisa effect: is 'our' Lisa fame or<br />

fake? Perception, 35, 411-414.<br />

Carbon, C. C., & Leder, H. (2006b). When faces are heads: View-dependent<br />

recognition of faces altered relationally or componentially. Swiss Journal of<br />

Psychology, 65, 245-252.<br />

Carbon, C. C., Schweinberger, S. R., Kaufmann, J. M., & Leder, H. (2005).<br />

The Thatcher illusion seen by the brain: An event-related brain potentials<br />

study. Cogni<strong>tive</strong> Brain Research, 24, 544-555.<br />

Carbon, C. C., Strobach, T. Langton, S., Harsányi, G., Leder, H., & Kovacs,<br />

G. (2007). Adaptation effects of highly familiar faces: immediate and long<br />

lasting. Memory & Cognition, 35, 1966-1976.<br />

Hutzler, F., Braun, M., Võ, M. L.-H., Engl, V., Hofmann, M., Dambacher, M.,<br />

Leder, H., & Jacobs, A. M. (2007). Welcome to the real world: Validating<br />

fixation-related brain potentials for ecologically valid settings. Brain Research,<br />

1172, 123-129.<br />

Leder, H. & Carbon, C. C. (2005). When context hinders! Context superiority<br />

versus learn-test-compatibilities in face recognition. Quarterly Journal of<br />

Experimental Psychology: Human Experimental Psychology, 58A, 235-<br />

250.<br />

Leder, H., & Carbon, C. C. (2006). Face-specific configural processing of relational<br />

information. British Journal of Psychology, 97, 19-29.<br />

Ruck, N., & Slunecko, T. (in press). A portrait of a dialogical self. Picture theory<br />

and the dialogical self. The International Journal of Dialogical Science.<br />

Volume 3.<br />

Slunecko, T., & Hengl, S. (2007). Language, cognition, subjectivity – a dynamic<br />

constitution. In: J. Valsiner & A. Rosa (eds.) The Cambridge Handbook<br />

of Social-Cultural Psychology. Cambridge University Press, 40-61.<br />

Psychologie <strong>und</strong> Kunst<br />

Augustin, M. D., & Leder, H. (2006). Art expertise: A study of concepts and<br />

conceptual spaces. Psychology Science, 48, 135-156.<br />

Augustin, M. D., Leder, H., Hutzler, F., & Carbon, C. C. (2008). Style follows<br />

content. On the microgenesis of art perception. Acta Psychologica, 128,<br />

127-138.<br />

Belke, B., Leder, H., & Augustin, M. D. (2006). Mastering style. Effects of explicit<br />

style-related information, art knowledge and affec<strong>tive</strong> state on appreciation<br />

of abstract paintings. Psychology Science, 48, 115-134.<br />

47


Kuchinke, L., Trapp, S., Jacobs, A. M., & Leder, H. (in press). Pupillary responses<br />

in art appreciation: effects of aesthetic emotions. Psychology of<br />

Aesthetics, Creativity and the Arts.<br />

Leder, H. (2007). Kunst: Zufall als Methode? Eine psychologische Betrachtungsweise.<br />

In: A. Zeilinger et al. (Hrsg). Der Zufall als Notwendigkeit. Wiener<br />

Vorlesungen. Wien: Picus Verlag, 51-70.<br />

Leder, H., & Belke, B. (2007). Art and Cognition. In C. Dorfman, P. Martindale,<br />

P. Locher & V. Petrov. (Eds.), Evolutionary and Neurocogni<strong>tive</strong> Approaches<br />

to Aesthetics, Creativity and the Arts. Baywood Press, 149-163.<br />

Leder, H., Carbon, C. C., & Ripsas, A.-L. (2006). Entitling Art: Influence of different<br />

types of title information on <strong>und</strong>erstanding and appreciation of paintings.<br />

Acta Psychologica, 121, 176-198.<br />

Lengger, P. G., Fischmeister, F. P., Leder, H., & Bauer, H. (2007). Functional<br />

Neuroanatomy of the Perception of Modern Art. A Dc-Eeg-Study on the Influence<br />

of Stylistic Information on Aesthetic Experience. Brain Research,<br />

1158, 93-102.<br />

Psychologie <strong>und</strong> Design<br />

Carbon, C. C., & Leder, H. (2005c). Innovation in design and aesthetics: How<br />

attributes of innovation influence attrac<strong>tive</strong>ness in the long run. Perception,<br />

34, 8.<br />

Carbon, C. C., & Leder, H. (2007). Design Evaluation: From typical problems<br />

to state-of-the-art solutions. Thexis, 2007(2), 33-37.<br />

Carbon, C. C., Hutzler, F., & Minge, M. (2006). Innovation in design investigated<br />

by eye movements and pupillometry. Psychology Science, 48, 173-<br />

186.<br />

Carbon, C. C., Michael, L., & Leder, H. (in press). Design evaluation by combination<br />

of repeated evaluation technique and measurement of electrodermal<br />

activity (EDA). Research in Engineering Design.<br />

Hekkert, P., & Leder, H. (2007). Product Aesthetics. In R. Schifferstein & P.<br />

Hekkert (Eds.). Product Experience. New York: Elsevier.<br />

Leder, H., Carbon, C. C., & Kreuzbauer, R. (2007). Product-Design Perception<br />

and Brand Strength. Thexis, 2007(2), 4-7.<br />

48


7.3 GASTVORTRÄGE 2005-2008<br />

Prof. Dr. Christof Körner, Karl-Franzens-Universität Graz, AT<br />

Blickbewegungsexperimente zum Gedächtnis bei der wiederholten visuellen<br />

Suche.<br />

Prof. Dr. Daphna Oyserman, University of Michigan, US<br />

Culture as Situated Cognition.<br />

Prof. Dr. Norbert Schwarz, University of Michigan, US<br />

The feeling of thinking: Beauty, judgement, and choice.<br />

Prof. Dr. Mike Burton, University of Glasgow, UK<br />

Recognising real faces: What should be on your passport photo?<br />

Prof. Dr. Piotr Winkielman, UCSD San Diego, US<br />

Why Do We Like Things?<br />

Prof. Dr. Paul Hekkert, Delft University of Technology, NL<br />

Metaphors in design: Communication and appreciation.<br />

Prof. Dr. Shigeru Akamatsu, Hosei University, Tokyo, JP<br />

Impressions of 3D Faces.<br />

OA Dr. Andreas Lüschow, Charité-Universitätsmedizin Berlin, DE<br />

Frühe neurophysiologische Korrelate bei normaler Gesichtererkennung <strong>und</strong><br />

angeborener Gesichtsblindheit (Prosopagnosie).<br />

Prof. Dr. G. Schwarzer, Justus-Liebig-Universität Gießen, DE<br />

Bedeutung sozialer <strong>und</strong> visueller Informationen bei der Entwicklung der Gesichtserkennung.<br />

Prof. Dr. G. Marty, University of the Balearic Islands, ES<br />

Aesthetic judgement, familiarity and art education.<br />

Prof. Dr. O. Huber, University of Fribourg, CH<br />

Entscheiden unter Risiko - jenseits des Glückspiel-Paradigmas.<br />

Prof. Dr. I. Biederman, University of Southern California, US<br />

The neural basis of perceptual and cogni<strong>tive</strong> pleasure.<br />

49


8. FORSCHUNGSSCHWERPUNKT UND LEHRE<br />

50


LEHRVERANSTALTUNGEN<br />

Die Vorlesungen Allgemeine Psychologie I-IV werden zyklisch im Sommer-<br />

<strong>und</strong> Wintersemester abgehalten.<br />

Die Vorlesungen I <strong>und</strong> III beinhalten die Gr<strong>und</strong>lagen zur Allgemeinen<br />

Psychologie, wie Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnis, Motivation etc.<br />

Die Vorlesungen II <strong>und</strong> IV beziehen sich direkt auf die Themen des FSP:<br />

„<strong>Psychologische</strong> Ansätze der <strong>Ästhetik</strong>“, in „Anwendungsfeldern der <strong>kogni</strong><strong>tive</strong>n<br />

Psychologie“, darunter auch Bezüge zum Design.<br />

Die Proseminare legen Gr<strong>und</strong>lagen. Sie sind standardisiert <strong>und</strong> vermitteln<br />

Fertigkeiten wie Literatursuche <strong>und</strong> Einführungen zum wissenschaftlichen<br />

Lesen <strong>und</strong> Schreiben. Am Beispiel englischer Fachartikel werden spezifische<br />

Themen aufbereitet, in Kurzvorträgen präsentiert <strong>und</strong> inhaltlich diskutiert. Einige<br />

dieser Proseminare werden bereits vollständig in Englisch gehalten.<br />

Darüber hinaus findet Lehre zum FSP im Fachliteraturseminar als Vorbereitung<br />

zur Diplomarbeitsphase <strong>und</strong> im Forschungsseminar als Begleitung<br />

in der Diplomarbeitsphase statt.<br />

In den Forschungspraktika, werden praktische Forschungsfertigkeiten,<br />

spezifische Methoden <strong>und</strong> Inhalte vermittelt.<br />

Die Veranstaltungen im Doktoratsstudium behandeln neben allgemeinen<br />

methodischen Ansätzen auch ausgewählte aktuelle Themen der psychologischen<br />

<strong>Ästhetik</strong> <strong>und</strong> Designwahrnehmung die im Rahmen dieser Veranstaltung<br />

gelesen <strong>und</strong> kritisch diskutiert werden.<br />

Aktuelle Details finden Sie unter dem Link:<br />

http://online.univie.ac.at/vlvz?extended=Y<br />

51


SOKRATES<br />

Outgoing:<br />

PD Dr. Claus Carbon: Universität Warschau, Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Incoming:<br />

Dipl.- Psych. Grit Herzmann von der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

ERASMUS<br />

Informationen:<br />

Forschungsservice <strong>und</strong> Internationale Beziehungen<br />

Informationen unter:<br />

http://international.univie.ac.at/de/portal/mobilitaet/studierende/<br />

OUTGOING:<br />

Joint Study Programme der Universität Wien<br />

Zielgruppe: Studierende der Universität Wien nach Absolvierung des ersten<br />

Studienabschnittes (für Bakkalaureatsstudierende: mindestens 2 Semester).<br />

Bei Studierenden des 1. Studienabschnitts wird es nach Abschluss des 2.<br />

Semesters empfohlen.<br />

Zielsetzung: Studieren an einer ausländischen Universität ohne Studiengebühren<br />

im Rahmen eines Austauschprogramms.<br />

Höhe: Lebenshaltungskosten können teilweise durch Stipendien abgedeckt<br />

werden.<br />

Dauer: zwischen einem Semester <strong>und</strong> einem Studienjahr.<br />

Einreichtermine: laufend abhängig vom Zielland.<br />

Einreichstelle: DLE Forschungsservice <strong>und</strong> Internationale Beziehungen der<br />

Universität Wien.<br />

Alle Joint Study Abkommen d. h. alle Austauschabkommen inklusive des Bewerbungsformulares<br />

finden Sie unter:<br />

http://international.univie.ac.at/de/portal/mobilitaet/studierende/jointstudy/ueb<br />

erblick/<br />

INCOMING<br />

Zielgruppe:<br />

Studierende, die einen Teil ihres Studiums an der Universität Wien absolvieren<br />

möchten <strong>und</strong> noch nie mit dem EU Programm LLP/ERASMUS im Ausland<br />

studiert haben.<br />

Zielsetzung:<br />

Vertiefung der akademischen Fachkenntnisse <strong>und</strong> Erweiterung um neue Ansätze;<br />

Erleben der Europäischen Dimension.<br />

Voraussetzungen:<br />

1. Studium an einer Universität im EU/EWR-Raum, bzw. der Schweiz oder<br />

52


der Türkei;<br />

2. Bilaterale LLP/ERASMUS Vereinbarung zwischen den Universitäten;<br />

3. Offizielle Nominierung des/der Studierenden von der Heimatuniversität;<br />

4. Anrechenbarkeit der Studienleistungen an der Heimatuniversität.<br />

Dauer:<br />

3 bis 12 Monate, abhängig von der bilateralen Vereinbarung zwischen den<br />

Universitäten<br />

Höhe des Stipendiums:<br />

von Staat zu Staat unterschiedlich; Studiengebühren werden aufgr<strong>und</strong> der<br />

bilateralen ERASMUS Vereinbarungen an der Gastuniversität erlassen.<br />

Bewerbungsfristen:<br />

1. Juli (für das folgende Wintersemester)<br />

1. Jänner (für das folgende Sommersemester)<br />

Akademischer Kalender:<br />

Wintersemester: 1. Oktober bis 31. Jänner<br />

Sommersemester: 1. März bis 30. Juni<br />

Allgemeine Anfragen:<br />

FORSCHUNGSSERVICE UND INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN<br />

UNIVERSITÄT WIEN<br />

Informationen unter:<br />

http://international.univie.ac.at/de/portal/mobilitaet/studierende/<br />

Ansprechperson am Institut für <strong>Psychologische</strong> Gr<strong>und</strong>lagenforschung:<br />

Fachliche Anfragen:<br />

Univ.- Prof. Dr. Helmut Leder<br />

Anschrift:<br />

Fakultät für Psychologie<br />

Institut für <strong>Psychologische</strong> Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

Liebiggasse 5<br />

A-1010 Wien<br />

Email: helmut.leder@univie.ac.at<br />

Telefonnummer: +43 1 4277 47821<br />

53


9. GLOSSAR<br />

54


GLOSSAR<br />

B: Begriffe; E: Experimente; I: Instrumente; M: Methode<br />

B Ambiguität: Begriff der Semiotik: Ein Zeichen hat mehrere Bedeutungen,<br />

z. B. Kippbilder bzw. Vexierbilder<br />

B Ästhetisches Urteil: Ursprünglich als ästhetische Kategorie von<br />

Kant als Gr<strong>und</strong>lage der subjek<strong>tive</strong>n <strong>Ästhetik</strong> definiert<br />

B Fluency Affect: Qualität bestimmter ästhetischer Phänomene, die<br />

in der Wahrnehmung besonders eingängig sind<br />

B Gesichtsstimuli: Reize in Form von Gesichtern, die während des<br />

Experiments den Versuchspersonen vorgegeben werden<br />

B Kogni<strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong>: Kogni<strong>tive</strong> <strong>Ergonomie</strong> stellt ein angewandtes<br />

Feld der <strong>Ästhetik</strong> dar. Es beschäftigt sich mit dem Design <strong>und</strong><br />

der Innovation von Konsumgütern, wie z. B. Autos oder Handys.<br />

Ausgangspunkt ist die Idee, dass die Funktionalität von Objekten<br />

untrennbar mit emotionalen <strong>und</strong> sinnlichen Aspekten verb<strong>und</strong>en<br />

ist.<br />

B Neuronale Korrelate: Hirnphysiologische Aktivität, die durch bestimmte<br />

Reize ausgelöst wird <strong>und</strong> anhand unterschiedlicher<br />

Messmethoden aufgezeichnet <strong>und</strong> analysiert werden kann (z. B.<br />

EEG, MEG, fMRI, …)<br />

B Priming: Erzeugung gerichteter Aufmerksamkeit<br />

E Behaviorale Experimente: Experimente in denen Verhaltensdaten<br />

(z. B. Reaktionszeiten) erhoben werden<br />

I 3D Stimuli: Dreidimensionale Stimuli<br />

I CT: Computertomographie/Schnittbildgebendes Verfahren.<br />

Die Computertomographie (v. griech. τομή "Schnitt" <strong>und</strong> γράφειν<br />

"schreiben"), Abkürzung CT, ist die rechnerbasierte Auswertung<br />

einer Vielzahl aus verschiedenen Richtungen aufgenommener<br />

Röntgenaufnahmen eines Objektes, um ein dreidimensionales Bild<br />

zu erzeugen (Voxeldaten). Es handelt sich dabei um ein schnittbildgebendes<br />

Verfahren.<br />

I Eyetracking: Augenbewegungsmessungsinstrument<br />

I Mobile EDAS: Mobiler Eyetracker, mit dem Blickverhalten in realen<br />

Situationen (z. B. beim Museumsbesuch) aufgezeichnet werden<br />

kann<br />

I EEG: Elektroenzephalographie/ Biofeedback-Gerät/ Bildgebendes<br />

Verfahren. Die Funktion des Gehirns basiert hauptsächlich auf der<br />

Interaktion von stark vernetzten Neuronen über elektrische Impulse<br />

(Neuronales Netz).<br />

Die Elektroenzephalografie (EEG, von griechisch ἐγκέφαλον<br />

55


„Gehirn“, γράφειν „schreiben“) ist eine Methode der medizinischen<br />

Diagnostik zur Messung der summierten elektrischen Aktivität des<br />

Gehirns durch Aufzeichnung der Spannungsschwankungen an der<br />

Kopfoberfläche. Das Elektroenzephalogramm (ebenfalls EEG abgekürzt)<br />

ist die graphische Darstellung dieser Schwankungen<br />

I EDA: Elektrodermale Aktivität (Hautwiderstandsmessung) . Biofeedback-Gerät/<br />

Bildgebendes Verfahren ist bedingt durch die typische<br />

Erhöhung des Sympathikotonus bei emotional-affek<strong>tive</strong>n Reaktionen.<br />

Dabei kommt es zu einer erhöhten Schweißsekretion, die<br />

ein kurzzeitiges Absinken des elektrischen Leitungswiderstandes<br />

der Haut bewirkt. Dadurch kommt es zu einer Zunahme der Hautleitfähigkeit<br />

(Hautleitwert). Mit Hilfe von Messungen der elektrodermalen<br />

Aktivität lassen sich psychophysische Zusammenhänge<br />

objektivieren<br />

I Facial EMG: Elektromyographie/ Biofeedback-Gerät/ Bildgebendes<br />

Verfahren<br />

EMG ist in der Humanmedizin eine elektrophysiologische Methode<br />

der Diagnostik in der Neurologie, bei der die elektrische Muskel-<br />

Aktivität gemessen wird<br />

I MRT: Eine Alterna<strong>tive</strong> zur CT stellt die Magnetresonanztomographie<br />

(MRT) dar, die auch als Kernspintomographie bezeichnet<br />

wird. Die beiden Hauptvorteile dieses Verfahrens gegenüber der<br />

CT sind, dass keine schädliche Röntgenstrahlung verwendet wird<br />

<strong>und</strong> die Möglichkeit, Organe <strong>und</strong> Gewebe auch ohne Kontrastmittel<br />

mit hohem Weichteilkontrast abzubilden. Nachteile sind unter anderem<br />

der höhere Anschaffungspreis der MRT-Geräte <strong>und</strong> längere<br />

Untersuchungszeiten<br />

M Feldforschung: Eine empirische Forschungsmethode zur Erhebung<br />

empirischer Daten mittels Beobachtung <strong>und</strong> Befragung in<br />

alltäglichen Lebenssituationen<br />

M RET: Repeated Evaluation Technique<br />

56


IMPRESSUM<br />

Für den Inhalt verantwortlich <strong>und</strong> Copyright:<br />

Universität Wien<br />

Fakultät für Psychologie<br />

Institut für <strong>Psychologische</strong> Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

Liebiggasse 5<br />

A-1010 Wien<br />

Österreich<br />

Konzept <strong>und</strong> Redaktion:<br />

Univ.-Prof. Dr. Helmut Leder & Mag. Sabine Koch<br />

Bildernachweis:<br />

Deckblatt: Universität Wien, Fakultät für Psychologie.<br />

Seite: 5, 8, 15, 18, 50, 54: Universität Wien, Fakultät für Psychologie<br />

Seite: 44: Carbon, C. C., Hutzler, F., & Minge, M. (2006). Innovation in design<br />

investigated by eye movements and pupillometry. Psychology Science,<br />

48, 173-186, S.182.<br />

Seite: 9: Leder, H., Belke, B., Oeberst, A., & Augustin, D. (2004). A model of<br />

aesthetic appreciation and aesthetic judgements. British Journal of Psychology,<br />

95, 489-508.<br />

Seite: 23: Ash, M. G. (1995). Gestalt Psychology in German culture, 1890-<br />

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