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Exkursionsbericht - Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Landbaues

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Pfingstexkursion 2012<br />

Italien<br />

28. Mai bis 01. Juni 2012<br />

Technische Universität München – Weihenstephan<br />

<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftslehre</strong> <strong>des</strong> Landbaus<br />

Organisation der Exkursion: Prof. Dr. Alois Heißenhuber


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis 2<br />

Abbildungsverzeichnis 5<br />

Tabellenverzeichnis 6<br />

Programm 7<br />

Route in Italien 8<br />

Teilnehmerliste 9<br />

1. Allgemeine Informationen über Italien 11<br />

1.1 Wirtschaft 12<br />

1.2 Landwirtschaft Südtirol 14<br />

2. Finanzkrise der EU unter besonderer Berücksichtigung Italiens 15<br />

3. Landwirtschaft in Italien 17<br />

3.1 Allgemeine Informationen 17<br />

3.2 Pflanzenbau 19<br />

3.3 Tierhaltung 19<br />

4. Die Landwirtschaft der Emilia Romagna 20<br />

5. Betrieb Grana Padano Familie Nordera 22<br />

5.1 Milchvieh 22<br />

5.2 Forellenzucht 23<br />

5.3 Kaninchenmast 24<br />

6. Die Stadt Parma 25<br />

7. Antica Corte Pallavicina, Restaurant Al Cavallino Bianco 27<br />

8. Käserei „Parmigiano Reggiano“ 29<br />

9. Besichtigung Betrieb Torre<br />

(Parmigiano Reggiano Produktion) 32<br />

10. Stadtführung Verona 34<br />

10.1 Daten und Fakten 34<br />

10.2 Geschichtliches 34<br />

10.3 Geographische Lage 34<br />

10.4 Sehenswürdigkeiten 35<br />

2


11. Besichtigung Schweinebetrieb Aldo Montolli 37<br />

11.1 Allgemeines 37<br />

11.2 Fütterung 38<br />

11.3 Maststall 38<br />

11.4 Sauenanlage mit angeschlossener Ferkelaufzucht 38<br />

12. Geschichte Südtirols 40<br />

12.1 Urgeschichte 40<br />

12.2 Tirol im 14. Jahrhundert 40<br />

12.3 Eroberung durch Bayern und Zeit <strong>des</strong> Andreas Hofer 41<br />

12.4 Zeit <strong>des</strong> ersten Weltkriegs 42<br />

12.5 Südtirol im zweiten Weltkrieg 42<br />

12.6 Erringen der Autonomie 42<br />

13. Tourismus in Südtirol 43<br />

14. Die Landwirtschaft in Südtirol 45<br />

14.1 Flächenverteilung Südtirols 45<br />

14.2 Geschichte der Landwirtschaft in Südtirol 45<br />

14.3 Landwirtschaft heute. 46<br />

14.4 Obstbau 46<br />

14.5 Weinbau 47<br />

14.6 Milchwirtschaft 48<br />

15. Besichtigung Weinkellerei Tramin 49<br />

15.1 Überblick über die Landwirtschaft in Südtirol 49<br />

15.2 Kellerei Tramin 49<br />

15.3 Jahreskreis <strong>des</strong> Weinbaues 50<br />

15.4 Führung durch den Betrieb 51<br />

15.5 Weinverkostung 51<br />

16. Die Stadt Bozen 53<br />

17. Freie Universität Bozen 56<br />

17.1 Landwirtschaft in Südtirol (Vortrag <strong>des</strong> Vizedirektors<br />

<strong>des</strong> Südtiroler Bauernbun<strong>des</strong> SBB, Ulrich Höllrigl) 57<br />

17.1.1 Geschichte 57<br />

17.1.2 Die Landwirtschaft in Südtirol nach<br />

3


dem zweiten Weltkrieg bis heute 58<br />

17.1.3 Herausforderungen <strong>für</strong> die Zukunft 58<br />

17.2 Obstbauwirtschaft in Südtirol (Dr. Wolfgang Drahorad) 59<br />

18. Betriebsbesichtigung Obsthof Troidner 61<br />

19. Versuchszentrum Laimburg 65<br />

19.1 Geschichte 65<br />

19.2 Allgemeines zum Versuchszentrum 65<br />

19.3 Apfelanbau 66<br />

19.4 Sortenprüfung 67<br />

19.5 Clubsorten 67<br />

19.6 Lagerung 68<br />

20. Felsenkeller Laimburg - Weinverkostung 69<br />

20.1 Weißweine 70<br />

20.2 Rotweine 71<br />

21. Obstgenossenschaft Cafa Meran 73<br />

21.1 Eckdaten 73<br />

21.2 Produktionsablauf 73<br />

21.3 Abrechnung und Vermarktung 74<br />

22. Betriebsbesichtigung Pflegerhof – Kräuterhof 75<br />

22.1 Allgemeines über den Pflegerhof 75<br />

22.1.1 Betriebsstruktur 75<br />

22.1.2 Philosophie 76<br />

22.2 Anbau der Kräuter 76<br />

22.2.1 Ausstattung 76<br />

22.2.2 Kräuter 76<br />

22.2.3 Vorgehensweise beim Anbau 77<br />

22.2.4 Ernte und Konservierung 77<br />

22.2.5 Verarbeitung und Verkauf der Produkte 78<br />

4


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Route in Italien 8<br />

Abbildung 2: Karte Italien 13<br />

Abbildung 3: Parmigiano Reggiano und Parmaschinken 26<br />

Abbildung 4: Dom und Baptisterium von Parma 26<br />

Abbildung 5: Käseherstellung 29<br />

Abbildung 6: Käsereifung 30<br />

Abbildung 7: Andreas Hofer 41<br />

Abbildung 8: Übernachtungen und Ankünfte in Südtirol 44<br />

Abbildung 9: Obstbau 46<br />

Abbildung 10: Weinbau 47<br />

Abbildung 11: Milchwirtschaft 48<br />

Abbildung 12: Panoramabild Bozen und Brennerautobahn 53<br />

Abbildung 13: Bozen und Dolomiten 54<br />

Abbildung 14: Dom Maria Himmelfahrt in Bozen 54<br />

Abbildung 15: Hofladen Troidner 64<br />

Abbildung 16: Versuchszentrum Laimburg 65<br />

Abbildung 17: Clubsorten Südtirol 67<br />

Abbildung 18: Lagerschäden an Äpfel 68<br />

Abbildung 19: Logo Versuchszentrum Laimburg 68<br />

Abbildung 20: Felsenkeller Laimburg 69<br />

Abbildung 21: Kräuterhof Pfleger 79<br />

Abbildung 22: Zitronenbaum als Thermometer 79<br />

5


Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: BIP Italien 14<br />

Tabelle 2: Landnutzung in Italien 17<br />

Tabelle 3: Betriebsstruktur 2007 18<br />

Tabelle 4: Produktion ausgewählter Früchte 18<br />

Tabelle 5: Studiengänge im Bereich Agrarwissenschaften 56<br />

6


Programm<br />

Tag Zeitplan Details<br />

Mo<br />

28.05.12<br />

Di<br />

29.05.12<br />

Mi<br />

30.05.12<br />

Do<br />

31.05.12<br />

Fr<br />

01.06.12<br />

6.30 Uhr Abfahrt am Parkplatz an der Sauwiese in Freising<br />

12.30 Uhr Mittagessen<br />

14:00-16:00 Uhr Milchviehbetrieb F.lli Nordera e Figli<br />

17:30 -21:00 Uhr Antica Corte Pallavicina<br />

Restaurant Al Cavallino Bianco<br />

Besichtigung: Parmaschinken, Black-Pig<br />

mit anschließendem Essen<br />

Übernachtung Verona (Sud Point)<br />

7:00 Uhr Abfahrt<br />

8:15 Uhr Molkereibesichtigung - Parmigiano Reggiano<br />

12:00 - 13:30 Uhr Betriebsbesichtigung- Milchvieh - Parmigiano<br />

Reggiano<br />

13:00 - 14:30 Uhr Mittagessen<br />

14.30 - 16:00 Uhr Besichtigung von Parma<br />

17:30 - 20:00 Uhr Stadtführung Verona<br />

anschließend Aben<strong>des</strong>sen in Verona<br />

Übernachtung Verona (Sud Point)<br />

8:30 Uhr Abfahrt<br />

9:30- 12:00 Uhr Betriebsbesichtigung von Montolli Aldo<br />

(Schweinebetrieb)<br />

12:30- 14:00 Uhr Mittagessen<br />

16:00 - 18:00 Uhr Kellereibesichtigung mit Weinverkostung<br />

Kellerei Tramin (SBB Obmann Leo Tiefenthaler)<br />

Übernachtung Bozen Rentschner Hof<br />

9:00 Uhr Abfahrt<br />

9:30 -12:00 Uhr Uni Bozen, Führung und Vortrag mit Herrn Prof.<br />

Schamel<br />

12:00 - 13:30 Uhr Mittagessen<br />

14:00 - 15:00 Uhr Obsthof Kohl-Troidner<br />

16:30- 18:00 Uhr Besichtigung Versuchszentrum Laimburg<br />

18:00- 20:30 Uhr Führung und Merende mit Weinverkostung<br />

im Felsenkeller mit Lan<strong>des</strong>hauptmann Durnwalder<br />

21:00 Uhr Tschurtschkeller Auer<br />

Übernachtung Bozen Rentschner Hof<br />

9:30 Uhr Abfahrt<br />

10:00 - 11:30 Uhr Obstgenossenschaft Cafa Meran<br />

12:00 - 13:15 Uhr Mittagessen<br />

14:00 - 15:00 Uhr Pflegerhof Kräuteranbau, Kastelruth<br />

15:00 Uhr Rückfahrt. Ankunft in FS etwa 20:00 Uhr<br />

7


Route in Italien<br />

B: Milchviehbetrieb F..lli Nordera e Figli<br />

C: Antica Corte Pallavicina<br />

D: Verona<br />

E: Parma<br />

F: Verona<br />

G: Tramin (Kellerei)<br />

H: Bozen<br />

I: Versuchszentrum Laimburg<br />

J: OG Cafa Meran<br />

K: Pflegerhof, Kastelruth<br />

8


Teilnehmerliste<br />

Name Vorname<br />

1 Altenburger Christian<br />

2 Aumann Roswitha<br />

3 Bauer Simon<br />

4 Bauerdick Josef<br />

5 Bilgeri Anna<br />

6 Böhm Monika<br />

7 Braun Patricia<br />

8 Braun Sascha<br />

9 Brunlehner Eva-Maria<br />

10 Caroli Maria-Theresa<br />

11 Dehoff Andrea<br />

12 Gehling Martina<br />

13 Göschl Barbara<br />

14 Hagl Georg<br />

15 Harrer Markus<br />

16 Heimsoeth Jana<br />

17 Heinze Claudia<br />

18 Henne Kilian<br />

19 Höcherl Susanne<br />

20 Hofbauer Maximilian<br />

21 Hoffmann Dominik<br />

22 Kappauf Katharina<br />

23 Klarer Max<br />

24 Koller Regina<br />

25 Kotschenreuther Martin<br />

9


26 Landwehr Maximiliane<br />

27 Lang Toni<br />

28 Lederer Elisabeth<br />

29 Lenz Johannes<br />

30 Metz Christian<br />

31 Mittelberger Cilli<br />

32 Obermaier Sabine<br />

33 Petershammer Silke<br />

34 Raddatz Mirco<br />

35 Ries Elke<br />

36 Schütz Stefan<br />

37 Seiler Sarah<br />

38 Sojer Dominik<br />

39 Stäbler Rupert<br />

40 Steindl Matthias<br />

41 Überacker Johannes<br />

43 Vandieken Hubert<br />

43 Vinzent Beat<br />

44 Weber Anne<br />

45 Wenig Johannes<br />

46 Wenninger Ludwig<br />

47 Wohlschläger Melanie<br />

Begleitpersonen<br />

48 Dr. Paulicks Brigitte<br />

49 Culiuc Nicoleta<br />

50 Prof. Dr. Heißenhuber Alois<br />

51 Lechner Hermann<br />

10


1. Allgemeine Informationen über Italien<br />

Das Land besteht zu ca. 80% aus Bergen und Hügeln. Umgeben wird Italien von gut<br />

8000 Kilometern Küste, die völlig unterschiedlich ist: einerseits flach und sandig, aber<br />

auch steinig und steil. Der äußerste Norden Italiens gehört zu den Alpen und wird unter<br />

anderem durch den Brenner-Pass mit Österreich und durch den Gotthard (Tunnel und<br />

Passstraße) mit der Schweiz verbunden. Zu den längsten Flüssen zählen neben dem<br />

Po und dem Arno auch die Etsch und der Tiber. Die bekanntesten und auch größten<br />

Seen sind der Lago di Garda oder Bènaco, der Lago di Como und der Lago Maggiore<br />

in Norditalien, sowie der Lago di Bolsena und der Lago Trasimeno nördlich von Rom.<br />

Seit Mitte der 1940er Jahre ist Italien eine parlamentarische Republik. Ferner ist Italien<br />

Mitglied in einigen Organisationen. So gehört das Land seit Ende der 1940er Jahre der<br />

NATO an, ist seit Mitte der 1950er Jahre Mitglied der Vereinten Nationen und zudem<br />

noch Gründungsmitglied der Europäischen Union sowie ein G-8 Mitglied. Italien ist in<br />

20 eigenständige Regionen aufgeteilt, von der jede eine eigene Regierung hat. Neben<br />

der staatlichen Amtssprache Italienisch werden in Trentino-Südtirol Deutsch und<br />

Ladinisch, in Friaul-Julisch Venetien auch Slowenisch gesprochen. Im Aostatal spricht<br />

man Französisch. Aber auch verschiedene andere Sprachen, wie zum Beispiel<br />

Albanisch, Franko-Provenzalisch, Furlan, Griechisch, Katalanisch, Sardisch und einige<br />

so genannte Dialektsprachen genießen einen Schutz durch die Verfassung.<br />

Die Lan<strong>des</strong>hauptstadt Rom liegt in der Region Latium in der Mitte <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> und ist<br />

nach Mailand und Neapel die drittgrößte Stadt mit ca. 4 Millionen Einwohnern. Die<br />

„Ewige Stadt“ wurde der Sage nach von Romulus im Jahre 753 vor Christus gegründet<br />

und ist seit dem Ende <strong>des</strong> Kirchenstaates um 1870 die Hauptstadt <strong>des</strong> neuen Italien.<br />

Mitten in Rom befindet sich der eigenständige Vatikanstaat. Der Sitz <strong>des</strong> Papstes ist<br />

allerdings <strong>für</strong> die Öffentlichkeit nicht zugänglich.<br />

Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist der Weinanbau in Italien, denn das Land ist<br />

weltweit bekannt <strong>für</strong> seine qualitativ hochwertigen Weine. Die wirtschaftliche und<br />

industrielle Lage in Italien ist zwischen Nord und Süd sehr unterschiedlich. Während im<br />

Norden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> große Industriebetriebe ansässig sind, ist der Süden Italiens eher<br />

von landwirtschaftlichen Betrieben geprägt.<br />

Seit der Antike spielt Italien eine sehr große Rolle, wenn man über Kunst und Kultur<br />

spricht. Viele namhafte Maler und Bildhauer wie Leonardo da Vinci, Michelangelo und<br />

11


Giotto stammen aus Italien. Bauwerke wie das Colosseum in Rom, der schiefe Turm<br />

von Pisa und die Lagunenstadt Venedig sind nur einige Highlights.<br />

Auch in sportlicher Hinsicht ist Italien weltweit bekannt. Viele berühmte Fußballvereine<br />

wie Juventus Turin, Inter Mailand oder der AS Rom sorgen immer wieder <strong>für</strong><br />

Schlagzeilen. Außerdem rangiert Italien hinter Brasilien mit vier Fußball-<br />

Weltmeistertiteln. Italien ist auch eine motorsportbegeisterte Nation. Sportarten wie die<br />

Formel-1 und der Motorradsport sind sehr weit verbreitet und erfreuen sich immer<br />

größerer Beliebtheit. Aber auch der Radsport kommt hier nicht zu kurz. Fahrer wie<br />

Giacomo Agostini, Felice Gimondi, Marco Pantani und Mario Cipollini dürften<br />

hinreichend bekannt sein. Jährlich veranstaltet das Land den Giro d’Italia; nach der<br />

Tour de France das zweitwichtigstes Radrennen der Welt.<br />

Der Exportschlager der Italiener ist jedoch die italienische Küche. Italien bietet vom<br />

Norden bis zum Süden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> eine immense Vielfalt an kulinarischen Gerichten<br />

und gilt nicht nur unter Kennern als die beste Küche <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong>. Italiener haben<br />

auch aufgrund ihrer Ernährung eine der höchsten Lebenserwartungen weltweit.<br />

Wirklich wegen der Ernährung? Außerdem sorgt das <strong>für</strong> viele Menschen immer noch<br />

existierende Dolce Vita (Lebensweise) <strong>für</strong> einen ausgeglichenen Lebensstil.<br />

1.1 Wirtschaft<br />

Die Industrie, der Tourismus und die Landwirtschaft sind die drei Standbeine der<br />

italienischen Wirtschaft. Viele Produkte Italiens sind weltberühmt und Firmennamen<br />

wie Fiat oder Benetton stehen <strong>für</strong> das Label "Made in Italy". Über die Hälfte der Fläche<br />

Italiens wird <strong>für</strong> die Agrarwirtschaft genutzt. Allen voran der Obstanbau mit Oliven,<br />

Äpfeln, Orangen oder Datteln bis hin zu Feldfrüchten wie Tomaten, Artischocken,<br />

Rüben oder Mais ist <strong>für</strong> das Bruttosozialprodukt bedeutend. Das Sonnenland im Süden<br />

Europas rangiert ebenso bei der Herstellung und beim Export von Wein in alle Welt<br />

ganz vorn. Aber auch der Käse ist berühmt: Gorgonzola, Pecorino und Parmesan sind<br />

erfolgreiche Exportschlager.<br />

Ein großes Problem Italiens stellt das starke Gefälle <strong>des</strong> Nordens zum Süden dar, in<br />

dem die Zahl der Arbeitssuchenden dreifach so groß ist. Inwieweit die organisierte<br />

Kriminalität bzw. die Mafia mitmischt, kann nur geraten werden. Industrielles Zentrum<br />

ist dagegen Mailand und die Umgebung. Viele Italiener erhoffen sich dort Arbeit in den<br />

vielen kleinen und mittelständigen Betrieben oder im Tourismus.<br />

12


Erst spät wurden große staatliche Konzerne z.B. in den Bereichen Telekommunikation,<br />

Stahl, Elektronik oder Luftfahrt privatisiert. Man erhofft sich dadurch mehr Wettbewerb<br />

und mehr Innovation, auch im Vergleich zu den anderen EU-Ländern. Nennenswerte<br />

Bodenschätze sind Erdgas und Petroleum. Da aber auch in Italien der Staat und die<br />

Städte verschuldet sind, lässt ein deutliches Wirtschaftswachstum noch auf sich<br />

warten.<br />

13


1.2 Landwirtschaft Südtirol<br />

Die Landwirtschaft beschäftigt 7,8 % der Südtiroler Erwerbsbevölkerung (2005). Im<br />

Etsch- und Eisacktal dominiert der Anbau von Äpfeln und Wein, während im Pustertal,<br />

Wipptal und anderen Seitentälern die Milchwirtschaft überwiegt.<br />

Die Apfelproduktion nimmt einen hohen Stellenwert innerhalb der Landwirtschaft ein.<br />

Südtirols Landwirte produzieren auf 18.000 ha rund 10 % der in der EU angebauten<br />

Äpfel beziehungsweise 2 % der Weltproduktion.<br />

Neben dem Apfelanbau hat auch der Weinbau eine lange Tradition in Südtirol. Die<br />

bedeutendsten Sorten sind Vernatsch und Weißburgunder. Besonders in den letzten<br />

20 Jahren hat sich Südtirol als eine der besten Weißweinregionen Italiens einen<br />

Namen gemacht. Dabei steht Südtirol besonders <strong>für</strong> trockene und fruchtige<br />

Weißweine. Südtirol gehört mit ungefähr 5100 ha zu den kleinsten italienischen<br />

Weinbauregionen (weniger als ein Prozent der Gesamtfläche), ist aber durch den<br />

hohen Anteil an Qualitätsweinen überaus erfolgreich.<br />

Der Südtiroler Bauernbund (SBB) vertritt den Bauernstand in wirtschaftlicher, sozialer,<br />

kultureller und politischer Hinsicht und versucht, ihn zu stärken und zu festigen. Er<br />

vertritt den Stand und die eigenen Mitglieder gegenüber Behörden, Gewerkschaften<br />

und wirtschaftlichen Organisationen. Gegründet wurde er 1904 als Tiroler Bauernbund<br />

und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut und zu SBB umbenannt.<br />

Deutschland Bayern Italien Südtirol<br />

BIP (mio €) 2.476.800 429.900 1.556.029 17.059<br />

BIP pro Kopf (€) 30.300 34 397 25.700 34.193<br />

Fläche (in km²) 357.108 70.552 301.338 7.400<br />

Einwohner (in Mio.) 82,2 12,5 60,6 0,5<br />

Bevölkerungsdichte<br />

(pro km²)<br />

Landwirtschaftliche<br />

Nutzfläche (in ha)<br />

229 178 201,2 68,6<br />

17 Mio. 3,1 Mio. 12,4 Mio. 272.000<br />

Ø – Betriebsgröße (ha) 45 26 11 2<br />

14


2. Finanzkrise der EU unter besonderer<br />

Berücksichtigung Italiens<br />

Monika Böhm<br />

Die Finanzkrise der EU, auch als Staatsschuldenkrise im Euroraum bezeichnet,<br />

entstand aus den Verschuldungskrisen einiger Mitgliedsstaaten der Eurozone. Diese<br />

können ihren Zahlungsverpflichtungen aus ihrer Verschuldung ohne Unterstützung<br />

Dritter nicht mehr nachkommen. Beginn dieser Krise war im Zeitraum Oktober 2009 bis<br />

April 2010. In diesem Zeitraum hat Griechenland nach einer neuen Regierungsbildung<br />

das tatsächliche Ausmaß seiner bisher verschleierten Haushaltsdefizite und seines<br />

Schuldenstan<strong>des</strong> offengelegt. Nach Griechenland waren auch Irland und Portugal von<br />

der Finanzkrise betroffen. Ebenso haben Italien und Spanien Probleme, am<br />

Kapitalmarkt Kredite aufzunehmen und werden daher genauso zu den Krisenstaaten<br />

gezählt. Die italienische Staatsverschuldung ist nach Griechenland die zweithöchste im<br />

Euroraum und betrug 2010 119% <strong>des</strong> BIP, was fast doppelt so hoch ist wie vereinbart.<br />

Festgestellt wurde das „excessiv deficit“ Italiens am 2. Dezember 2009 von der<br />

Europäischen Kommission. Daraufhin beschloss das italienische Parlament Ende Mai<br />

2010 ein Sparpaket in Höhe von 24 Milliarden Euro. Mit diesem Sparpaket sollte die<br />

jährliche Neuverschuldung bis 2014 unter die Grenze von 3% <strong>des</strong> BIP gesenkt werden.<br />

Weiterhin billigte das italienische Parlament im September 2011 zusätzliche<br />

Sparmaßnahmen. Dazu gehörten unter anderem weitere Einsparungen von 54<br />

Milliarden Euro, sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf<br />

21% und eine Schuldenbremse nach deutschen Vorbild, die 2014 in Kraft treten soll.<br />

Ziel ist es, einen ausgeglichenen Haushalt bis 2013 zu erreichen. Am 16. November<br />

2011 wurde nun Mario Monti neuer Ministerpräsident sowie Wirtschafts- und<br />

Finanzminister Italiens. Dieser brachte noch im Dezember 2011 ein erstes<br />

Reformpaket durch: „Salva Italia“, zu Deutsch „Rette Italien“. In den letzten Wochen<br />

von 2011 erhielt man mittels Auktion neue 10-jährige Staatsanleihen mit einem Zins<br />

von 6,98%, was im Vergleich zur vorangegangenen Auktion im November um 0,58%<br />

billiger war. Und auch bei dreijährigen Anleihen ist der Zins erheblich gefallen, von<br />

7,89% auf 5,62%. Im Vergleich muss beispielsweise Deutschland vielfach gar keine<br />

Zinsen zahlen. Insgesamt brauchte Italien 2012 440 Milliarden Euro um alte Kredite<br />

abzulösen, Zinsen zu zahlen und Haushaltslücken zu schließen.<br />

15


Als Gründe der Finanzkrise Italiens können die politische Agonie, der Schuldenberg,<br />

das Sparpaket und die lahmende Konjunktur genannt werden.<br />

Mit politischer Agonie ist der Politikstil Berlusconis gemeint. Dieser war durch seine<br />

Unberechenbarkeit nicht gerade vertrauensfördernd an den Finanzmärkten.<br />

Unberechenbar war er, weil er heute etwas ankündigt, es morgen doch wieder<br />

zurückzog und es schlussendlich dann doch umsetzte. Als Beispiel lässt sich das lange<br />

Hin und Her über das italienische Sparpaket nennen. Dabei kam es zum Streit mit dem<br />

damaligen Finanzminister Tremonti, was zu Unruhe führte. Außerdem war das Volk<br />

unzufrieden mit der Politik <strong>des</strong> Regierungschefs und wehrte sich gegen die<br />

Sparmaßnahmen mit Protesten in Rom.<br />

Ein weiterer Grund der Finanzkrise ist der hohe Schuldenberg Italiens. Dieser ergab<br />

sich aus den hohen Verbindlichkeiten Italiens; zudem liegt die Gesamtverschuldung<br />

schon seit Jahren über der Wirtschaftsleistung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>.<br />

Auch die Sparpakete werden als Grund aufgeführt. Neben den oben genannten<br />

Sparmaßnahmen wurde zusätzlich beschlossen, dass bei einem Einkommen über<br />

300.000€ eine Solidaritätsabgabe von 3% geleistet und das Rentenalter der Frauen<br />

angehoben werden soll. Außerdem sollen Energiekonzerne mit einer Sonderabgabe<br />

zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Ein wichtiger Punkt ist noch die schärfere<br />

Verfolgung von Steuerhinterziehern. Auch wenn diese Sparmaßnahmen durchaus<br />

nötig sind, stellt sich die Frage, ob man damit nicht die Konjunktur noch weiter abwürgt.<br />

Diese zusätzlichen Belastungen senken den Konsum und Italien läuft damit Gefahr,<br />

dass sich die Lage noch verschärfen könnte.<br />

Als letzter Grund ist die lahmende Konjunktur Italiens zu nennen. Italien hat schon seit<br />

Jahren ein chronisches Wachstumsproblem, was auch als ein Ergebnis der jahrelang<br />

verschleppten Strukturreformen in der Ära Berlusconi gesehen werden kann. Vor allem<br />

die Wettbewerbsfähigkeit hat darunter stark gelitten. Eine massive Schattenwirtschaft<br />

war ebenso die Folge. Allein 2009 schrumpfte die Wirtschaft um 5%. Somit steht Italien<br />

um einiges schlechter da, als andere große EU-Volkswirtschaften wie Deutschland und<br />

Frankreich.<br />

16


3. Landwirtschaft in Italien<br />

Matthias Steindl, Susanne Höcherl<br />

3.1 Allgemeine Informationen<br />

Die Landwirtschaft Italiens stellt immer noch einen bedeutenden Sektor der<br />

italienischen Volkswirtschaft dar. Die Erwerbstätigen in diesem Bereich haben mit 3,8%<br />

zwar nur einen geringen Anteil an der Gesamtheit der Beschäftigten, vergleicht man<br />

dies jedoch mit den 1,6% der Arbeitnehmer, die in der deutschen Landwirtschaft in<br />

2009 tätig waren, so zeigt sich hier die größere Bedeutung, die der Landwirtschaft in<br />

Italien zukommt. Im Jahr 2008 wurden durch die Landwirtschaft 2% <strong>des</strong> BIP erzeugt,<br />

wohingegen in Deutschland dieser Anteil bei lediglich 0,76% lag. Dieser Vergleich zeigt<br />

die relative Bedeutung der Landwirtschaft Italiens auf. Gemessen am absoluten<br />

Produktionswert zu Herstellungspreisen ist die Landwirtschaft Deutschlands mit 52<br />

Mrd. € jedoch noch leistungsfähiger als die Landwirtschaft Italiens mit 47 Mrd. €,<br />

jeweils im Jahr 2009. Zum Teil liegt das an der landwirtschaftlich genutzten Fläche: laut<br />

FAO wird von den 29 Mio. ha Landfläche nur etwa ein Drittel bewirtschaftet.<br />

Landnutzung in Italien<br />

Jahr 1995 2000 2005 2007 2009<br />

% der<br />

Gesamtfläche<br />

landwirtschaft-<br />

lich genutzt<br />

52,1 53,2 50,1 47,2 31,5<br />

bewaldet 30,3 32,1 33,9 34,6<br />

Ein weiterer Grund <strong>für</strong> die geringere Produktion Italiens könnte die Tatsache sein, dass<br />

49% der genutzten Fläche als benachteiligt oder Berggebiet gelten. So kommen ca.<br />

40% der landwirtschaftlichen Produkte aus der Poebene, auch als Kornkammer Italiens<br />

bezeichnet, da sie sich auf Grund der guten Böden, <strong>des</strong> flachen Gelän<strong>des</strong> und der<br />

Bewässerungsmöglichkeit hervorragend <strong>für</strong> die Landwirtschaft eignet. Nach Süden hin<br />

nimmt die Produktivität ab, das heiße Klima und das eher unwegsame Gelände spielen<br />

hier mit eine wichtige Rolle.<br />

17


Die folgende Tabelle zur Betriebsstruktur liefert u. a. Hinweise darauf, warum in Italien<br />

mehr Menschen in der Landwirtschaft tätig sind als in Deutschland.<br />

Betriebsstruktur 2007<br />

Betriebsgröße<br />

[ha]<br />

Betriebe in<br />

1000<br />

über 50 20 - 50 5 - 20 bis 5<br />

EU 27 698,11 804,31 2553,16 9644,82<br />

DE 85,36 81,94 119,62 83,57<br />

I 40,01 83,42 325,31 1230,70<br />

Die Statistik aus dem Jahr 2007 zeigt, dass Italien einen sehr hohen Anteil an<br />

Betrieben kleiner 5 ha aufweist, was 12,7% an der Gesamtheit dieser Betriebe in<br />

Europa ausmacht. Weiterhin liegt Italien mit 1,67 Mio. Betrieben insgesamt an dritter<br />

Stelle in Europa. Nur in Rumänien und Polen gibt es noch mehr. Der Unterschied<br />

zwischen großen und kleinen Betrieben in Italien ist vor Allem zwischen Südtirol und<br />

der Poebene deutlich und hat auch eine Auswirkung auf die Interessensvertretung der<br />

Landwirte. Es existiert kein einheitlicher Verband wie der BBV, sondern einer <strong>für</strong> die<br />

kleinen und ein anderer <strong>für</strong> die großen Betriebe.<br />

Auf Grund anderer klimatischer und geographischer Gegebenheiten unterscheiden<br />

sich die produzierten Güter und damit auch deren Mengen erheblich von der<br />

deutschen Landwirtschaft.<br />

Produktion ausgewählter Feldfrüchte<br />

Produkt Getreide Zuckerrüben Soja Gemüse Obst<br />

Produktionsfläche<br />

(1000 ha)<br />

DE 6500 383,6 0 107 47,7<br />

I 3143 60,6 165 487 428,6<br />

Italien ist beispielsweise auf Zucker- und Getreideimporte angewiesen, wohingegen z.<br />

B. 30% <strong>des</strong> nach Deutschland importierten Frischobsts aus Italien stammen.<br />

18


3.2 Pflanzenbau<br />

Der Obstanbau ist <strong>für</strong> Italien sehr bedeutsam. Im Vordergrund stehen dabei: Äpfel,<br />

Orangen, Feigen und Datteln. Aber auch Tomaten und Kartoffeln zählen als wichtige<br />

Agrarprodukte.<br />

Vor allem Weizen, Mais und Reis, aber auch Zuckerrüben, Obst- und Gemüse wird<br />

auf den Ackerflächen Norditaliens angebaut. Apfelsinen- und Zitronenbäume findet<br />

man hingegen in den Küstenregionen von Sizilien, Kalabrien, Kampanien und<br />

Sardinien, weil sie auf ein warmes, maritimes Klima und gut bewässerte Böden<br />

angewiesen sind. Sehr charakteristisch <strong>für</strong> das Landschaftsbild Italiens sind<br />

Ölbaumkulturen. So werden Oliven und Olivenöl hauptsächlich in Sizilien, Kalabrien<br />

und Apulien produziert. Italien gehört, was die Produktion von Olivenöl betrifft, weltweit<br />

zu den führenden Nationen und nimmt sogar den 2. Platz ein, gleich hinter Spanien.<br />

Auch der Weinbau ist in Italien weit verbreitet. Er nimmt eine Anbaufläche von mehr als<br />

908.000 ha ein. Nach Frankreich ist Italien sogar der zweitgrößte Produzent auf der<br />

Welt. So werden jährlich über 60 Mio. Hektoliter Wein hergestellt.<br />

3.3 Tierhaltung<br />

Neben dem Ackerbau nimmt die Rinderzucht und die Zucht von Schafen und<br />

Schweinen eine bedeutende Rolle ein. Die Emilia Romagna im Norden Italiens gilt als<br />

Zentrum <strong>für</strong> die Schweinezucht im Lande. So werden große Teile <strong>des</strong> Fleisches zu<br />

Wursterzeugnissen verarbeitet und anschließend exportiert.<br />

Die größte Bedeutung hat jedoch in Norditalien die Rinderzucht. Hier im Norden findet<br />

man auch die meisten Molkereien. Die Milchwirtschaft ermöglicht eine Herstellung von<br />

etwa 50 verschiedenen Käsesorten, zu denen auch der bekannte Parmesan oder<br />

Gorgonzola zählen.<br />

Nach Süden hin nimmt die Zahl von Rindern und Schweinen eher ab. Hier werden v.a.<br />

Ziegen und Schafe extensiv gehalten, da es hier zu trocken ist <strong>für</strong> ergiebige<br />

Weideflächen.<br />

19


4. Die Landwirtschaft der Emilia Romagna<br />

Sarah Seiler, Stefan Schütz<br />

Die Landwirtschaft der Emilia Romagna zeichnet sich durch die Erzeugung,<br />

Verarbeitung sowie Herstellung traditioneller Lebensmittel mit geografischer<br />

Ursprungsbezeichnung aus. Weltweit bekannt ist neben dem Parmaschinken<br />

(Prosciutto di Parma), der Parmesankäse (Parmigiano-Reggiano) oder der Balsamico-<br />

Essig (Aceto Balsamico Tradizionale di Modena). Trotz dieser Bekanntheit trägt die<br />

Landwirtschaft der Region nur mit 2,4% zu einem eher unbedeutend Teil <strong>des</strong> BIPs bei.<br />

5,5% der Bewohner <strong>des</strong> ländlichen Raumes sind in der Landwirtschaft beschäftigt.<br />

60% der Fläche werden landwirtschaftlich genutzt, davon 77,6% als Ackerland (ca. 1<br />

Mio. ha), 13,6% <strong>für</strong> Dauerkulturen und 8,7% als Dauergrünland. Die durchschnittliche<br />

Betriebsgröße beträgt 13,6 ha (Italien: 6,7 ha, EU 16 ha).<br />

Einige der größten Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen, wie Goldoni und Landini,<br />

sowie der auch in Deutschland bekannte Nudelproduzent Barilla sind hier ansässig.<br />

Die Biobranche ist ein aufstrebender Zweig, auch in der Emilia-Romagna. 2010 gab es<br />

1700 Biobetriebe, die 7,2% der Fläche ökologisch bewirtschafteten. Dies sind 2,5% der<br />

landwirtschaftlichen Betriebe in der Region. Außerdem waren 2010 über 400 Betriebe<br />

in der Umstellung. Dies zeigt die große Dynamik der Branche.<br />

Die Region wird unterteilt in neun verschiedene Provinzen. Im Norden wird die Region<br />

durch den Fluss Po begrenzt. Es schließt sich die besonders fruchtbare Poebene an,<br />

die ein sehr hohes Ertragsniveau ermöglicht. Hier wird eines der höchsten Verhältnisse<br />

von Aussaat und Ernte in Italien erreicht. Im Süden werden alle Provinzen, mit<br />

Ausnahme der Provinz Ferrara, vom Apennin durchzogen. Das Bergland nimmt ein<br />

Anteil von 25 % an der Gesamtfläche der Emilia Romagna ein. Die Provinz Rimini hat<br />

Anschluss an das Adriatische Meer. Hier spielt daher die Fischerei eine Rolle. Das<br />

gemäßigte Klima (700mm, 13°C) ermöglicht den Anbau verschiedenster Kulturen. Die<br />

geografischen Besonderheiten haben jedoch Auswirkungen auf die Auswahl an<br />

regional hergestellten landwirtschaftlichen Produkten. Die typischen Feldfrüchte sind<br />

Getreide (vor allem Weizen und Mais), Obst (Pfirsiche, Birnen, Äpfeln, Aprikosen,<br />

Pflaumen und Kirschen), sowie Gemüse (Fenchel, Tomaten, Salat, Rüben, Rettich,<br />

Karotten, Kartoffeln, Zucchini, Kürbis, Paprika, Gurken und viele andere). Wein wird<br />

auf bis zu 800 Meter Höhe auf über 55.000 ha angebaut. Die vorherrschenden<br />

Rebsorten sind Albana, Sangiovese und Trebbiano. Die daraus resultierenden Weine<br />

20


sind in der Regel leicht und einfach. International bekannt ist der Lambrusco, ein leicht<br />

schäumender Wein und der berühmte Balsamico-Essig, der aus weißen Weintrauben<br />

gewonnenen wird.<br />

Die Viehwirtschaft hat sich stark in die Richtung Schweine- und Rinderzucht entwickelt.<br />

Die Zucht <strong>des</strong> „Mora Romagnola“-Schweins, auch „Black Pig“, hat die Region in der<br />

Vergangenheit stark geprägt. Es wurde in den Tälern und Hügeln <strong>des</strong> romagnolen<br />

Apennin gehalten, spielt aber heute mit nur 1500 Exemplaren eine unbedeutende<br />

Rolle. Die Produktion der Rassen Large White, Landrance und Duroc ist bedeutender,<br />

da nur aus ihnen der Parmaschinken hergestellt wird.<br />

21


5. Betrieb Grana Padano Familie Nordera<br />

Dominik Hoffmann, Beat Vinzent<br />

Empfangen wurden wir nach einem kurzen Zwischenstopp in Verona von einem<br />

örtlichen Bauernverbandsfunktionär und der Betriebsleiterin. Der Betrieb befindet sich<br />

in der Nähe von Verona, einer sehr landwirtschaftlich geprägten Region. Von Ackerbau<br />

über Milchvieh bis Obst und Weinbau sind alle Kulturen vertreten. Bewirtschaftet wird<br />

der Betrieb als größerer Familienbetrieb mit fünf Fremd-AK <strong>für</strong> alle Betriebsbereiche.<br />

Der 1920 gegründete Betrieb wird heute in der dritten Generation geführt und stützt<br />

sich auf drei Standbeine.<br />

5.1 Milchvieh<br />

Der Milchviehbereich ist der arbeits- und kostenintensivste aber zugleich einträglichste<br />

Betriebszweig. Zum Bestand zählen 850 HF Tiere, wovon 400 , mit einer<br />

Jahresdurchschnittsleistung von 10100kg Milch, in der Laktation stehen. Bei zwei<br />

Melkzeiten täglich ergeben sich so ca. 12,5 t Milch pro Tag. 180 Kühe können in dem<br />

2007 errichteten Melkkarussel pro Stunde gemolken werden. Die Milch wird an Parma<br />

Latte geliefert, die größte Molkerei Italiens. Der Milchpreis liegt aktuell bei 38 Cent und<br />

wird alle 3 Monate neu verhandelt.<br />

Lan<strong>des</strong>weit liegt die Nutzungsdauer von Milchkühen laut Aussage <strong>des</strong><br />

Herdenmanagers bei 1,2 Laktationen pro Kuh, den dieser Betrieb mit 2,8 deutlich<br />

übertrifft. Als Hauptgrund <strong>für</strong> die niedrige Nutzungsdauer wurden<br />

Fruchtbarkeitsprobleme genannt. Die Erstbelegung erfolgt mit 17 Monaten. Die Kälber<br />

werden 2 Monate in Einzelboxen gehalten und bekommen die ersten 100 Tage Milch.<br />

Zusätzlich werden den jungen Kälbern zur besseren Entwicklung <strong>des</strong> Magen-<br />

Darmtraktes schon früh Baumwollsamen gefüttert, die durch ihre pelzige Schale einen<br />

hohen Rohfasergehalt aufweisen. Interessant zu erwähnen scheint noch, dass das<br />

Jungvieh im Herbst auch aus Gründen der Arbeitswirtschaft <strong>für</strong> einige Zeit auf die<br />

Weide kommt.<br />

Die Kühe sind in 3 Gruppen nach Leistungsklassen unterteilt, wobei die Fütterung über<br />

die täglich zugeteilte Futtermenge, nicht über die Futterzusammensetzung an die<br />

Milchleistung angepasst wird. Den <strong>für</strong> die Tierleistung widrigen hohen<br />

22


Sommertemperaturen wird durch eine Drosselung der Milchleistung durch geringere<br />

Futtervorlage sowie möglichst wenige Abkalbungen im Sommer Rechnung getragen.<br />

Die Betriebsinhaber haben vor, in Zukunft die Anzahl der Melkungen auf täglich drei zu<br />

erhöhen und noch 200 - 300 Kühe mehr zu halten . Dementsprechend soll auch die<br />

Betriebsfläche wachsen, die momentan 130 ha umfasst. Auf 100 ha wird Silomais<br />

(Ertragsniveau bis zu 60t FM/ha), auf dem Rest Luzerne und Heu produziert. Wegen<br />

<strong>des</strong> hohen Wirtschaftsdüngeranfalls und der schon heute damit verbundenen<br />

Nitratproblematik ist außerdem die Errichtung einer Biogasanlage geplant, die mit der<br />

anfallenden Rindergülle betrieben werden soll, was die hohen Ausbringungsmengen<br />

an Nitrat vermindern könnte. Eine Zupacht von Flächen ist bei einem Pachtniveau von<br />

derzeit ca. 200 – 300 €/ha kaum eine Lösung. Die Gesetzgebung bezüglich<br />

Höchstmengen an ausgebrachten Wirtschaftsdüngern und Sperrfristen sind den<br />

deutschen Regelungen sehr ähnlich. Zudem würde eine Biogasanlage die nach<br />

Angaben der Betriebsleiterin oft auftretende Geruchsproblematik und die damit<br />

verbundenen Anwohnerbeschwerden lösen. Wie in Deutschland existieren auch in<br />

Italien Förderprogramme <strong>für</strong> derartige Projekte (Vergütung zurzeit 20 Cent/KWh),<br />

deren Finanzierung in Zukunft allerdings als unsicher gilt.<br />

Auf Nachfrage teilte der Vertreter <strong>des</strong> Bauernverban<strong>des</strong> mit, dass trotz <strong>des</strong> hohen<br />

Maisanteils in der Fruchtfolge bei den meisten Betrieben Maiszünsler und<br />

Maiswurzelbohrer heute noch keine ernstzunehmenden Bedrohungen darstellen.<br />

Grüne Gentechnik wird vom Bauerverband nach Aussage <strong>des</strong> Verbandvertreters<br />

abgelehnt. Begründet wurde dies mit einer Zunahme der Gleichheit und<br />

Auswechselbarkeit von Lebensmitteln, die mit dem Gedanken einer hohen Qualität und<br />

Individualität der landwirtschaftlich erzeugten Produkte nicht einhergehe. Wirklich offen<br />

wollte sich zu diesem Thema aber niemand der Beteiligten äußern.<br />

5.2 Forellenzucht<br />

Das zweite Standbein der Familie bildet die Forellenzucht. Die Fische werden 14<br />

Monate lang in 13 - 16°C kaltem Wasser gemästet, wobei die Becken in einen<br />

vorhandenen Bach eingefügt wurden und nicht über eine zusätzliche Klärung verfügen.<br />

Während die Jungforellen früher noch zugekauft wurden, werden heute in jedem Jahr 1<br />

Mio. Eier zur Brut herangezogen, von denen am Ende 92% eingesetzt werden. Der<br />

tägliche Arbeitsaufwand besteht nur aus der Kontrolle und dem Füttern, sodass in<br />

diesem Betriebszweig eine AK arbeitet. Das Futter setzt sich überwiegend aus Soja<br />

23


und Fischmehl zusammen. Das Mastendgewicht der Forellen beträgt 300 - 400<br />

Gramm, wo<strong>für</strong> Preise von 2,30 €/kg Lebendgewicht gezahlt werden. Da es im Sommer<br />

in der Region um Verona oft hohe Temperaturen von über 30°C hat und die Forellen<br />

dann eventuell unter Sauerstoffmangel leiden könnten, wird das Wasser bei Bedarf zur<br />

O2-Anreicherung umgewälzt.<br />

5.3 Kaninchenmast<br />

Zum Abschluss warfen wir noch einen kurzen Blick in die betriebseigene<br />

Kaninchenmast, die den dritten Betriebszweig darstellt. 1,5 AK sind hier seit 1996 mit<br />

der Betreuung von 1500 Häsinnen betraut, die alle 49 Tage Nachwuchs zur Welt<br />

bringen. Die Wurfgröße beträgt etwa 7 - 10 Tiere, wobei die Würfe aufgrund der<br />

ausgeprägten Rangfolge und der damit verbundenen Gefahr von Kannibalismus<br />

möglichst bis zum Ende der Mast als Gruppe zusammenbleiben sollten., Vermarktet<br />

werden die Kaninchen lebend nach einer Mastdauer von 85 - 90 Tagen mit 2,5 kg<br />

Endgewicht. Die Erlöse betragen derzeit ca. 1,85 €/kg und werden jede Woche neu mit<br />

den Abnehmern ausgehandelt. Hier bestehen Partnerschaften mit großen<br />

fleischverarbeitenden Betrieben in der Region wie z.B. Aya und Veronesi. Bei der<br />

Rasse setzt der Betrieb auf französische Abstammungen, da diese unter anderem eine<br />

hohe Fruchtbarkeit aufweisen. Die Besamung der Kaninchen erfolgt künstlich, die<br />

Aufnahmeraten liegen im Schnitt bei 85 %.<br />

Zusammenfassend war der Betrieb ein sehr eindrucksvolles Beispiel <strong>für</strong> einen<br />

innovativen und stark vom Wachstum geprägten landwirtschaftlichen Betrieb, der<br />

größtenteils aber immer noch von einer Familie bewirtschaftet wird.<br />

24


6. Die Stadt Parma<br />

Roswitha Aumann<br />

Parma ist eine Großstadt mit 186.690 Einwohnern in der südwestlichen Poebene. Sie<br />

liegt in der Region Emilia Romagna und grenzt im Norden an die Lombardei und<br />

Venetien, im Westen und Süden an die Berge <strong>des</strong> toskanisch-romagnolischen<br />

Appennins und im Osten an die Adria.<br />

Die Po-Ebene ist ein etwa 50.000 km² großes, fruchtbares Tiefland, benannt nach dem<br />

größten Fluss Italiens, dem Po. Sie entstand seit dem Tertiär durch Sedimentation der<br />

Alpenflüsse in die vorgelagerte geologische Senke, die abwechselnd Festland bzw.<br />

Flachmeer war.<br />

Die Stadtgeschichte Parmas geht bis auf die Etrusker zurück: der römische Konsul<br />

Marcus Lepidus gründete die Stadt im Jahre 184 v. Chr am rechten Ufer <strong>des</strong> Flusses<br />

“Parma”.<br />

Heute ist Parma, neben Mailand, Bologna, Turin, Genua und Venedig, ein führen<strong>des</strong><br />

Wirtschaftszentrum Norditaliens, mit Schwerpunkt in der Lebensmittelindustrie.<br />

International tätige Unternehmen wie Barilla oder Parmalat haben ihren Sitz in Parma.<br />

Dies ist bereits ein Hinweis da<strong>für</strong>, wie gut die Region <strong>für</strong> die Landwirtschaft geeignet<br />

ist: Wegen der sehr fruchtbaren Böden in der Po-Ebene und dem eher kontinental<br />

geprägten Klima ist die Gegend prä<strong>des</strong>tiniert <strong>für</strong> Viehhaltung und Ackerbau. Besonders<br />

etabliert haben sich der Anbau von Mais, Weizen, Zuckerrüben und auch Wein. Früher<br />

wurde auch Reis angebaut, weshalb das Risotto eines der lan<strong>des</strong>typischen Gerichte<br />

Norditaliens ist.<br />

Die wohl bekanntesten Produkte aus Parma sind der Parmesankäse „Parmigiano<br />

Reggiano“ und der Parmaschinken,bei<strong>des</strong> Erzeugnisse mit geschützter<br />

Ursprungsbezeichnung. Dies bedeutet, dass die besonderen Merkmale und die<br />

Verbundenheit mit dem Ursprungsgebiet durch ein System von EU-Vorschriften<br />

garantiert werden, wodurch sowohl Verbraucher als auch Hersteller geschützt werden.<br />

25


So darf der Käse das Kennzeichen<br />

„Parmigiano Reggiano“ nur dann tragen,<br />

wenn er am Ursprungsort hergestellt und<br />

weiterverarbeitet wurde und die strengen<br />

Vorgaben bezüglich Herstellung,<br />

Ausgangsmaterialien und Kennzeichnung<br />

erfüllt.<br />

Die Milch <strong>für</strong> den Parmigiano Reggiano darf<br />

beispielsweise nur von Kühen stammen, die<br />

ausschließlich mit Gras und Grasprodukten<br />

gefüttert wurden. Futtermittel wie Silage und<br />

fermentiertes Futter, sowie Futtermittel tierischen Ursprungs und bestimmte<br />

Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie sind untersagt.<br />

Auch die Herstellung von Parmaschinken unterliegt strengen Regeln. Beispielsweise<br />

dürfen die Schweine, deren Fleisch <strong>für</strong> die Herstellung verwendet wird, nur aus 11<br />

festgesetzten Regionen Nord- und Mittelitalien stammen, müssen min<strong>des</strong>tens 9<br />

Monate alt sein und dürfen nicht weniger als 145 Kilo wiegen.<br />

Des Weiteren hat die 2002 gegründete „Europäische Behörde <strong>für</strong><br />

Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) ihren Sitz in Parma. Ihre Aufgabe ist es, über<br />

bestehende und neu auftretende Risiken in Zusammenhang mit der Lebensmittelkette<br />

zu informieren und wissenschaftliche Beratung anzubieten. Dabei deckt die Arbeit der<br />

Behörde alle Themen ab, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Lebensmittel-<br />

und Futtermittelsicherheit haben, einschließlich Tier- und Pflanzengesundheit. Die<br />

EFSA hilft effektive und zeitnahe Risikomanagemententscheidungen zu treffen, und<br />

berät bei der Zulassung geregelter Stoffe wie Pestiziden oder<br />

Lebensmittelzusatzstoffen.<br />

Natürlich hat Parma auch kulturell und kunstgeschichtlich einiges zu bieten. Der im<br />

Dom und Baptisterium von Parma<br />

26<br />

Parmigiano Reggiano und Parmaschinken<br />

11.Jahrhundert erbaute Dom „Santa Maria<br />

Assunta“ mit dem achteckigen Baptisterium,<br />

das 985 gegründete Kloster „San Giovanni<br />

Evangelista“ und der Palazzo della Pilotta sind<br />

nur Beispiele aus der großen Anzahl an<br />

Sehenswürdigkeiten.


7. Antica Corte Pallavicina, Restaurant Al<br />

Cavallino Bianco<br />

Martin Kotschenreuther, Patricia Braun<br />

Am ersten Tag waren wir bei den Brüdern Spigaroli zu Besuch, die bekannt <strong>für</strong> die<br />

Herstellung <strong>des</strong> Culatello-Schinkens sind. Bei diesem Schinken handelt es sich nicht<br />

um Parma-Schinken, da sich die Herstellung maßgeblich unterscheidet, wie Massimo<br />

Spigaroli betonte. Für den Culatello werden nur die oberen Hinterviertel von Schweinen<br />

der alten Rasse „Mora Romagnola“ (Black Pig) verwendet, welche zuvor zwei Jahr in<br />

Freilandhaltung auf der Basis von Mais, Eicheln und Kastanien auf ca. 250 Kilogramm<br />

gemästet wurden.<br />

Haut und Fett werden nach der Schlachtung entfernt sowie der Schinken entbeint. Der<br />

zwischen 15 und 20 Kilogramm schwere Schinken wird dann mit Pfeffer, Salz und<br />

Knoblauch sowie dem rotem Fortana-Wein einmassiert. Danach wird der Culatello-<br />

Schinken in eine durchlöcherte Schweineblase eingenäht. Dadurch erlangt der<br />

Schinken sein typisch birnenförmiges Aussehen.<br />

Die komplette Verarbeitung darf nur in den Monaten Oktober bis Februar erfolgen.<br />

Grund hier<strong>für</strong> ist das feuchte Klima der Po-Ebene, welches <strong>für</strong> die hohe Qualität<br />

notwendig ist. 15 bis 18 Monate Trocknung und Reifung im Hause Spigaroli sind dann<br />

bei geöffnetem Fenster <strong>des</strong> Kellers nötig. Durch die Bildung von Edelschimmel erhält<br />

der Schinken seinen typischen Geschmack. Da<strong>für</strong> ist jedoch, wie bereits<br />

angesprochen, das Klima der Po-Ebene nötig. Während der Reife verliert der Schinken<br />

mehr als 50 Prozent seines Gewichts. Somit bleiben nach der Reife nur noch sechs<br />

Kilogramm feinster Schinken übrig. Das Kilogramm kostet jedoch min<strong>des</strong>tens 60 Euro.<br />

Von der Herstellung und der Qualität <strong>des</strong> Schinkens konnten wir uns im Keller <strong>des</strong><br />

Antica Corte Pallavicina persönlich überzeugen. Nachdem wir uns zwischen den<br />

schätzungsweise 5000-6000 Schinken, die von den Decken <strong>des</strong> Kellers herunter<br />

hingen, hindurch geschlängelt hatten, war <strong>für</strong> unsere Gruppe bereits eine Schinken-<br />

Verköstigung mit hauseigenem Fortana-Wein und Salami hergerichtet.<br />

Neben den Schweinen werden auch noch Kühe sowie Geflügel bei den Brüdern<br />

Spigaroli gehalten. Der hergestellte Schinken wird kaum exportiert, da auf eine<br />

regionale Vermarktung bei den Brüdern Spigaroli sehr viel Wert gelegt wird. Da<strong>für</strong><br />

stehen auch die zwei von ihnen betriebenen Restaurants zur Verfügung.<br />

27


Wir konnten abschließend noch im Restaurant Al Cavallino Bianco die hauseigenen<br />

Köstlichkeiten bei einem Aben<strong>des</strong>sen probieren, bevor es wieder zur Übernachtung<br />

nach Verona ging.<br />

28


8. Käserei „Parmigiano Reggiano“<br />

Maximiliane Landwehr, Anna Bilgeri<br />

Am zweiten Exkursionstag besuchten wir die Produktionsstätte <strong>des</strong> bekannten Käses<br />

„Parmigiano Reggiano“. Diese Spezialität ist fest mit dem Gebiet seines Ursprungs,<br />

„zona d´origine“, verbunden. Die Milch <strong>für</strong> dieses Produkt wird in den Provinzen<br />

Modena, Reggio-Emilia, Parma und Bologna produziert, ebenso wird der Rohstoff in<br />

diesen Gebieten verarbeitet. Nur Milch von Kühen, die nach strengen Vorschriften<br />

gefüttert werden, darf zur Herstellung verwendet werden. So dürfen die Tiere weder mit<br />

Silage noch mit anderem vergorenem Futter gefüttert werden. Bestimmte Futtermitteln<br />

aus der Lebensmittelindustrie und Futtermittel tierischen Ursprungssind verboten. Da<br />

die Kühe ausschließlich Futtermittel in Form von Heu und Kraftfutter aufnehmen, erhält<br />

der Käse seine typische Struktur und seinen milden Geschmack. In der Käserei wird<br />

die Milch von ca. 270.000 Kühen verarbeitet. Parmigiano Reggiano wird ohne Zugabe<br />

von Zusatzstoffen ausschließlich aus Rohmilch hergestellt. Im Folgenden werden die<br />

einzelnen Schritte der Produktherstellung näher erläutert.<br />

Die Abendmilch wird über Nacht im Aufrahmbecken gelagert. Von dort wird sie am<br />

nächsten Morgen, teilentrahmt, mit der rohen Vollmilch <strong>des</strong> Morgens in Kupferkesseln<br />

(der Betrieb besitzt 18 Kessel) vermischt. Der anfallende Rahm wird verkauft oder<br />

teilweise zur Butterherstellung verwendet. Nach dem Erwärmen der Milch wird diese<br />

mit sogenannten Säureweckern, einer Kultur von natürlichen Milchfermenten, die man<br />

Käser teilen den Kesselinhalt in zwei gleich große<br />

Stücke<br />

29<br />

aus der Restmolke der Herstellung<br />

vom Vortag erhält, versetzt.<br />

Anschließend wird Lab zugegeben<br />

und somit die Gerinnung der Milch<br />

eingeleitet. Die geronnene Milch<br />

wird mit dem „Spino“ (=Käseharfe)<br />

in kleine Körnchen zerkleinert. Im<br />

nächsten Schritt wird der<br />

Kesselinhalt 10 min auf 55 °C<br />

erwärmt. Hierbei wird dem eben<br />

gewonnenen Bruch Wasser<br />

entzogen. Darauf folgt eine einstündige Ruhephase in der sich aus den Körnchen eine


homogene Masse bildet. Die entstandene Käsemasse wird in einem Leintuch per<br />

Hand zu einem kompakten Stück geformt. Als Nebenprodukt entsteht Molke, die <strong>für</strong><br />

die Käseherstellung <strong>des</strong> nächsten Tages verwendet oder an Schweine verfüttert wird.<br />

Die Käser heben die Masse nun aus dem Kessel und schneiden sie in zwei gleich<br />

große Stücke. Aus einem Kupferkessel, der 120 Liter fasst, entstehen also nur zwei<br />

Käselaibe. Diese werden dann <strong>für</strong> zwei bis drei Tage in spezielle Formen „fascera“<br />

gegeben, durch die dieser Käse auch seine typische Form erhält. Bevor der Käse<br />

weiter bearbeitet wird, erhält er seine speziellen Ursprungsmakierungen. Danach wird<br />

auf dem gesamten Umfang <strong>des</strong> Käses der gepunktet Schriftzug „Parmigiano<br />

Reggiano“ eingeprägt und die Registrierungsnummer der Molkerei und das Jahr der<br />

Herstellung wiedergegeben. Außerdem wird auf der Oberseite eine Kaseinplakette<br />

angebracht. Mithilfe dieser Kennzeichnung kann jeder einzelne Laib identifiziert<br />

In diesen Regalen findet die<br />

Reifung statt<br />

30<br />

werden. Anschließend wird der Käse 20 Tage in eine<br />

definierte Salzlake getaucht. Dabei wird das Salz<br />

absorbiert, was <strong>für</strong> den Geschmack <strong>des</strong> Käseteiges<br />

und <strong>für</strong> die lange Reifung entscheidend ist. Das Salz<br />

benötigt min<strong>des</strong>tens acht Monate, bis es auch in den<br />

Kern <strong>des</strong> Käselaibes eingedrungen ist. An diesen<br />

Schritt schließt die Reifung an. Die Laibe werden in<br />

Holzregale geschichtet, dort werden „junge Laibe“<br />

ca. alle fünf Tage und „alte Laibe“ ca. alle 14 Tage<br />

mit Hilfe einer speziellen Maschine gebürstet und<br />

anschließend gewendet. Durch diesen Arbeitsschritt<br />

wird eine Schimmelbildung verhindert. Die Reifezeit<br />

dauert bis zu 24 Monate und länger. Während dieser<br />

Zeit verfeinern sich dich die Aromen und der Käse<br />

erhält seine typische Struktur. Nach Beendigung der Min<strong>des</strong>treifezeit (12 Monate) wird<br />

jeder Laib einer Expertise unterzogen. Hierbei werden das Äußere <strong>des</strong> Käses, seine<br />

Struktur und die Beschaffenheit <strong>des</strong> Käseteiges bewertet. Die Prüfer beklopfen den<br />

Käse mit einem Hämmerchen und erkennen am Klang die Qualitätsstufen <strong>des</strong><br />

Parmesans. Werden die Kriterien erfüllt, erhält der Laib das Gütesiegel in Form eines<br />

Brandsiegels. Dies trägt den ovalen Schriftzug „Parmigiano- Reggiano Consorzio<br />

Tutela“ und das Jahr der Herstellung. Käselaibe, die Fehler aufweisen, bekommen eine<br />

Markierung in Form von Rillen, die den ganzen Laib umziehen. Diese werden


aussortiert und z.B. zu Reibekäse verarbeitet. Nach der Führung durch die Käserei<br />

gab es noch eine Parmesanverkostung.<br />

31


9. Besichtigung Betrieb Torre (Parmigiano<br />

Reggiano Produktion)<br />

Sascha Braun, Dominik Sojer<br />

Am Dienstagvormittag, 29.05.2012, besichtigten wir den Milchviehbetrieb der Familie<br />

Torre in der Region Parma. Der Betrieb hält 270 Tiere der Rasse Holstein-Friesian; die<br />

Betriebsfläche beträgt 50 Hektar. Die 100 Milchkühe werden in 5 Boxen zu je 20 Tieren<br />

getrennt gehalten, die in 5 Leistungsgruppen eingeteilt sind. Der Liegebereich war als<br />

Tiefstreubox ausgelegt, von wo aus die Tiere in den Laufhof gehen können, der<br />

planbefestigt ist und in den Fütterungsbereich übergeht; der planbefestigte<br />

Betonboden wird mit Schiebeentmistung abgeräumt.<br />

Der Juniorchef <strong>des</strong> Betriebes klärte uns über die Futterration auf. Parmesan ist ein<br />

Heumilchkäse, es darf also weder Gras- noch Maissilage verfüttert werden. Deshalb<br />

wird ausschließlich Luzerneheu und Heu aus Dauergrünland ad libitum verfüttert,<br />

zusätzlich zu den 10kg Kraftfutter, bestehend aus Mais, Getreide, Mineralfutter und<br />

Sojaschrot. Die Milchleistung der Tiere liegt im Durchschnitt bei 30kg und maximal bei<br />

50kg pro Tag, daraus ergibt sich eine Jahresleistung von 9.000 bis 10.000 Liter,<br />

welche in einem Doppel-5er-Fischgrätenmelkstand ermolken wird. Die Laktationsdauer<br />

beträgt 300 Tage, 4 bis 5 Laktationen lang. Die Milch wird zweimal täglich warm<br />

abgeholt und in der Molkerei direkt weiterverarbeitet. Der Eiweißgehalt der Milch liegt<br />

bei 3,5% bis 3,7%. Der Fettgehalt sollte nicht über 4,0% steigen, da es sonst Abzüge<br />

durch die Molkerei gibt.<br />

Auf den 50 Hektar Grund, der teilweise gepachtet ist, stand zum Großteil<br />

Dauergrünland. Auf der restlichen Fläche wurde Luzerne zum Heuen <strong>für</strong> 4 bis 5 Jahre<br />

angebaut und im Anschluss <strong>für</strong> 1 bis 2 Jahre Weizen oder anderes Getreide. Das<br />

Luzerneheu wies eine außerordentlich gute Qualität auf, da es mit speziellen<br />

Maschinen gewendet wird. Das Stroh zum Einstreuen wird teilweise auf dem eigenen<br />

Betrieb erzeugt und teilweise <strong>für</strong> 11 Euro je 100kg zugekauft. Durch den vielen<br />

anfallenden Mist erspart sich der Betriebsleiter organischen Dünger, den er sonst<br />

kaufen müsste. In diesem Sommer wurde auch Luzerneheu <strong>für</strong> 13 Euro je 100kg<br />

zugekauft, das allerdings eine wesentlich schlechtere Qualität hatte, da es nur aus<br />

Stielen bestand.<br />

32


Am Ende erklärte uns der Seniorchef seine Zuchtstrategie. Bei den 30% künstlichen<br />

Besamungen wird hauptsächlich auf Spitzensamen von kanadischen Bullen gesetzt,<br />

um die Genetik aufzubessern. Die restlichen 70% der Kühe werden vom eigenen<br />

Bullen im Natursprung gedeckt, der nur 2 Jahre am Hof bleibt, um Inzucht zu<br />

vermeiden. (Der Seniorchef betonte, dass sie als Italiener besonders auf den Spaß der<br />

Kühe und so längere Nutzung setzen und <strong>des</strong>halb den Bullen bevorzugen!) Die<br />

männlichen Kälber werden nach zwei Wochen <strong>für</strong> 60 – 70 Euro verkauft.<br />

Der Milchpreis betrug 2010 78 Cent pro Liter Milch und wird 2012 voraussichtlich auf<br />

60 Cent sinken. Allerdings wird der Preis nicht direkt ausgezahlt, sondern errechnet<br />

sich aus den Verkaufspreisen <strong>des</strong> fertigen Parmesans. Deshalb bekommen die<br />

Landwirte erst ca. 18 Monate später ihr Geld. Mit 50 ct/l Milch Produktionskosten<br />

ergeben sich mit 10 Cent Gewinn ähnliche Margen wie bei uns in Bayern.<br />

33


10. Stadtführung Verona<br />

Jana Heimsoeth, Mirco Raddatz<br />

10.1 Daten und Fakten<br />

Die Stadt Verona ist Hauptstadt der Provinz Verona und liegt an der Etsch in der<br />

Region Venetien. Mit rund 264.000 Einwohnern und ihren zahlreichen<br />

Sehenswürdigkeiten ist Verona einer der Hauptanziehungspunkte <strong>für</strong> den Tourismus in<br />

Norditalien. Die Region ist eine der wirtschaftlich stärksten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> und neben dem<br />

Fremdenverkehr hauptsächlich bekannt <strong>für</strong> Textil- und Lebensmittelindustrie sowie die<br />

Landwirtschaft. Die Altstadt von Verona wurde im Jahr 2000 von der UNESCO zum<br />

Weltkulturerbe erklärt. Je<strong>des</strong> Jahr besuchen etwa 7 Mio. Touristen die Stadt.<br />

10.2 Geschichtliches<br />

Die Wurzeln Veronas reichen zurück bis in die vorchristliche Zeit. Als Kolonie <strong>des</strong><br />

römischen Reiches entwickelte es sich zur größeren Stadt. In dieser Zeit entstand auch<br />

das noch heute genutzte Amphitheater. Im 12. Jahrhundert wurde Verona mit eigenen<br />

Stadtrechten selbstständig. Im Mittelalter während der Herrschaft der Scaliger wird<br />

Verona zu einem Zentrum der Kunst und Kultur. Ab 1387 gehörte es zu Mailand und<br />

fiel 1405 an die Republik Venetien. In dieser Zeit erlebte es eine kulturelle Blüte, in der<br />

viele der zahlreichen noch heute erhaltenen Baudenkmäler entstanden. Nach dieser<br />

Zeit gelangte es 1797 unter österreichische Herrschaft, bevor es 1866 an das<br />

Königreich Italien fiel.<br />

10.3 Geographische Lage<br />

Verona liegt wenige Kilometer entfernt vom Gardasee, dem größten See Italiens und<br />

einem beliebten Urlaubsziel. Nördlich Veronas erhebt sich die Dolomitenkette mit ihren<br />

bis zu über 3.300 Meter hohen Gipfeln. Im Süden erstreckt sich die weitläufige Po-<br />

Ebene von der Adriaküste bis an die Schweizer Grenze. Durch Verona fließt die Etsch<br />

(ital. Adige), die in den Ötztaler Alpen entspringt und am nördlichen Ende <strong>des</strong> Po-<br />

Deltas in die Adria mündet. In den vergangenen Jahrhunderten konnte Verona von<br />

seiner Lage im Zentrum <strong>des</strong> Dreiecks der bedeutenden Handelsstädte Venedig,<br />

Mailand und Bologna profitieren. Heute profitiert es neben seiner eigenen touristischen<br />

34


Anziehungskraft von seiner Lage im industriellen Zentrum Italiens und der räumlichen<br />

Nähe zu einigen der beliebtesten Urlaubsziele Europas.<br />

10.4 Sehenswürdigkeiten<br />

Eines der Wahrzeichen der Stadt ist das gut erhaltene und noch heute genutzte<br />

römische Amphitheater (Arena di Verona), gelegen an der Piazza Bra. Errichtet wurde<br />

es um 30 n. Chr., zur gleichen Zeit wie das Kolosseum in Rom, vor den Toren <strong>des</strong><br />

damaligen Verona. Heute ist es sowohl das drittgrößte als auch das besterhaltene<br />

Amphitheater der Welt. Bei einem Erdbeben im Jahre 1117 wurden Teile der<br />

Außenfassade zerstört. Genutzt wurde die Arena anfangs zu Wettkämpfen,<br />

Hinrichtungen sowie Stierkämpfen, die unter Napoleon verboten wurden, fasste etwa<br />

30.000 Zuschauer und gab damit mehr Menschen Platz, als Verona Einwohner hatte.<br />

Dies ist vermutlich auf die große Zahl an durchreisenden Legionären zurückzuführen.<br />

Erst ab 1913 wurde die Arena wieder regelmäßig <strong>für</strong> Aufführungen genutzt. Damals<br />

wurde zu Ehren von Giuseppe Verdi anlässlich <strong>des</strong>sen 100. Geburtstags die Oper Aida<br />

aufgeführt. Aufgrund der hervorragenden Akustik finden noch heute neben anderen<br />

Veranstaltungen jährlich die Opernfestspiele von Verona statt. Daneben werden aber<br />

auch Rock- und Popkonzerte veranstaltet. Das Bauwerk bietet heute 22.000<br />

Zuschauern Platz. Im Winter wird die Bühne abgebaut und dadurch der ursprüngliche<br />

Kampfplatz sichtbar. Die Piazza Bra umgibt die Arena und ist mit seinen zahllosen<br />

Restaurants einer der beliebtesten Plätze Veronas.<br />

Das nach dem Amphitheater am besten erhaltene römische Monument ist das<br />

dreigeschossige Stadttor Porta dei Borsari. Das aus Kalkstein bestehende Bauwerk<br />

öffnete die Stadtmauer zur Römerstraße Via Postumia hin. Diese führte über eine<br />

Länge von etwa 450 Kilometern von Genua über den Apennin, Piacenza, Cremona,<br />

Verona, Vicenza bis nach Aquileia und war eine bedeutende Handelsstraße. Errichtet<br />

wurde die Porta dei Borsari im 1. Jh. n. Chr. und im Jahr 265 durch den römischen<br />

Kaiser Gallienus restauriert. Ihr Name ist auf die Zöllner <strong>des</strong> alten Verona, die Bursari,<br />

zurückzuführen, die an den Stadtgrenzen Steuern erhoben. Heute ist nur noch die<br />

Außenfassade <strong>des</strong> Tores erhalten.<br />

Architektonisch herausragend ist das zwischen 1354 und 1376 im gotischen Stil<br />

errichtete Castelvecchio (dt. Alte Festung). Es besteht aus vier Hauptgebäuden im<br />

Inneren und sieben Wachtürmen. Umgeben war es von einem inzwischen<br />

trockengelegten Wassergraben der aus der Etsch gespeist wurde. Veronas damaliger<br />

35


Regent Cangrande II. della Scala (1332-1359) errichtete es als Festung und Residenz<br />

zur Abschreckung seiner mächtigen Nachbarn in Venedig. Das Castelvecchio wurde<br />

über die Jahrhunderte von den jeweiligen Machthabern mehrfach verändert, diente<br />

unter der Österreichischen Herrschaft als Kaserne und beherbergt heute ein Museum.<br />

Vom Castelvecchio aus führte die Ponte Scaligero (dt. Skaligerbrücke) nach Norden<br />

über die Etsch aus der Stadt hinaus. Die Brücke soll von der Herrscherfamilie Scala<br />

erbaut worden sein, um sich im Falle eines Volksaufstan<strong>des</strong> sicheres Geleit aus<br />

Verona zu sichern. Die Brücke ist insgesamt 133 Meter lang und wurde so robust<br />

gebaut, dass sie fünf Jahrhunderte lang unbeschadet überstand. Zur damaligen Zeit<br />

war sie die längste Segmentbogenbrücke der Welt. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie<br />

1945 wurde sie beim Rückzug der deutschen Wehrmacht aus Italien weitgehend<br />

zerstört, aber wenige Jahre später fast originalgetreu wieder aufgebaut.<br />

Das gleiche Schicksal ereilte die weiter östlich gelegene antike Ponte Pietra (dt.<br />

Steinbrücke) die jedoch schon um 100 v. Chr. erbaut worden sein soll. Auch sie wurde<br />

1957 aus dem Originalmaterial wiederaufgebaut.<br />

Weitere touristische Attraktionen sind einige Bauwerke, die sich auf das in Verona<br />

spielende Shakespeare-Drama Romeo und Julia beziehen sollen. Nahe der Piazza<br />

delle Erbe befindet sich ein mittelalterlicher Skaligerbau, der das Elternhaus der Figur<br />

Julia darstellen soll. Der im Innenhof <strong>des</strong> Anwesens befindliche berühmte Balkon<br />

wurde angeblich im Nachhinein angebaut. Dort gibt es auch eine Statue von Julia,<br />

deren Berührung angeblich Glück in der Liebe bringen soll. Auch das angebliche<br />

Anwesen der Familie Romeos findet sich in der Stadt. Für die Romanfiguren gibt es<br />

keine historischen Vorbilder. Das Anwesen gehörte tatsächlich einer Familie Capuleti.<br />

36


11. Besichtigung Schweinebetrieb Aldo Montolli<br />

Kilian Henne, Hubert Vandieken<br />

An unseren dritten Exkursionstag stand am Vormittag die Besichtigung <strong>des</strong><br />

Schweinebetriebs von Adlo Montolli in der Nähe von Mantova auf dem Programm.<br />

Direkt nach der Ankunft wurden wir mit Parmesan, Parmaschinken, Wein und Saft<br />

empfangen, und es bot sich <strong>für</strong> uns die Gelegenheit, in lockerer Atmosphäre etwas<br />

mehr über den seit 1978 existierenden Betreib zu erfahren.<br />

11.1 Allgemeines<br />

So erklärte uns der Betriebsleiter, dass der Betrieb jährlich zwischen 32.000 und<br />

33.000 Mastschweine, einer Hybridkreuzung aus Schweinen holländischen Ursprungs<br />

mit klassischen italienischen Rassen, erzeugt und diese dann im Alter von 9 Monaten<br />

mit einem Lebendgewicht von 170 bis 175 Kilogramm verkauft. Die lange Mastzeit ist<br />

notwendig, weil das Fleisch zur Herstellung von Rohschinken verwendet wird und<br />

dieser eine Reifezeit von 18 Monaten benötigt. Eine Reifung von solch langer Dauer ist<br />

nur dann möglich, wenn im Fett ein ausreichend großer Anteil an gesättigten<br />

Fettsäuren vorhanden ist, was nur bei min<strong>des</strong>tens 9 Monate alten Schweinen der Fall<br />

sei.<br />

.<br />

Der Betrieb besitzt insgesamt 1.400 Zuchtsauen an mehreren Standorten. Die<br />

Aufzucht der Ferkel ab 5 Kilogramm ist in Vertragsbetriebe in der Umgebung<br />

ausgelagert, die Mast ab 30 Kilogramm bis zum Verkauf an den Schlachthof findet<br />

wieder in den eigenen Stallungen statt. Der Preis <strong>für</strong> 1 kg Fleisch liegt momentan bei<br />

1,26 Euro plus Mehrwertsteuer (21%), was derzeitig ein ziemlich schlechter Preis ist.<br />

Der Betrieb bearbeitet 300 Hektar Ackerfläche im Umkreis von 50 Kilometern, auf<br />

denen Weizen und hauptsachlich Mais angebaut wird.Insgesamt werden 16<br />

Angestellte beschäftigt, die vor allem im Stall tätig sind, aber auch bei der Feldarbeit<br />

helfen und sämtliche Tiertransporte zwischen den Standorten übernehmen.<br />

Der Betrieb ist trotz seiner Größe in der Bevölkerung akzeptiert und hat keine<br />

Probleme bei der Gülleausbringung, da er über ausreichend Fläche verfügt.<br />

37


Außerdem ist der Betrieb Mitglied bei der Tourismusaktion „Agritourismo“, was in etwa<br />

mit dem deutschen „Urlaub auf dem Bauernhof“ vergleichbar ist.<br />

11.2 Fütterung<br />

Gefüttert werden Maiskornsilage, Soja, Milchpulver und Proteinzusatzfutter, jedoch<br />

keine Abfallstoffe aus der Lebensmittelproduktion, da deren Einsatz verboten ist. Die<br />

Genossenschaft überprüft die Inhaltsstoffe durch Kontrollen. Nur unter Verwendung<br />

dieser erlaubten Futterkomponenten darf das Fleisch später bei der Produktion von<br />

Parmaschinken benutzt werden, was eine geschützte Ursprungsbezeichnung der EU<br />

ist. Bei der Fütterung wird zunächst Maissilage mit Milchpulver vermischt, dann wird<br />

das Gemisch mit Soja und Kraftfutter versetzt. Die Fütterung erfolgt zweimal täglich,<br />

eine Sensorfütterung gibt es somit nicht. An heißen Tagen wird zusätzlich Wasser<br />

gegeben, das mit Milchpulver versetzt sind. Während der Fütterung erfolgt parallel die<br />

Tierkontrolle durch die Mitarbeiter.<br />

11.3 Maststall<br />

Nachdem wir uns einen kurzen Überblick über das Betriebsgeschehen verschaffen<br />

konnten, zogen wir uns Einweg-Schutzanzüge über, bevor wir einen Maststall mit<br />

1.300 Mastschweinen besichtigten. Je 10 bis 13 Schweine befinden sich in einer<br />

Bucht. Die Ferkel werden nach dem Absetzen und auch zur Aufstallung in die Mast<br />

nach Größe sortiert. Eine aktive Lüftung gibt es nicht in den Mastställen. Die Luft<br />

gelangt durch den First in den Stall und durch die Fenster und Türen wieder nach<br />

draußen. Die Fensteröffnungen sind über Klappen verstellbar. Bei besonders großer<br />

Hitze werden zusätzlich noch Beregnungsanlagen im Stall eingeschaltet.<br />

Auf vielen Dächern <strong>des</strong> Betriebes sind Photovoltaikmodule installiert; der dort<br />

gewonnene Strom wird teilweise selbst verbraucht.<br />

11.4 Sauenanlage mit angeschlossener Ferkelaufzucht<br />

Nach der Besichtigung der Hauptstelle fuhren wir vom Hauptstandort zur Sauenanlage<br />

mit angeschlossener Ferkelaufzucht, wo wir den Deck- und Wartestall sowie den<br />

Abferkelstall zu sehen bekamen. Der Betrieb arbeitet im Wochenrhythmus, so erfolgt<br />

38


das Abferkeln am Donnerstag, Freitag und Samstag. Rund 70 Sauen ferkeln pro<br />

Woche ab, dies ergibt etwa 800 Ferkel wöchentlich. Diese Ferkel werden ab dem 4.-5.<br />

Lebenstag mit Prestarter versorgt. Sofort nach dem Abferkeln wird Milchaustauscher<br />

angeboten. Die Ferkel werden prophylaktisch gegen Influenza, Circovirus, Parvovirus<br />

und Mycoplasen geimpft.<br />

Der Betrieb erzeugt die Nachzucht nicht selbst, sondern kauft bei 35 %<br />

Remontierungsrate pro Monat etwa 50 weibliche Zuchtläufer mit 7 kg Gewicht zu.<br />

Diese werden in einem separaten Stall aufgezogen. Dem Betriebsleiter zufolge gebe<br />

es trotz <strong>des</strong> Zukaufs keine Probleme mit eingeschleppten Krankheiten.<br />

Die Gruppenhaltung <strong>für</strong> tragende Sauen, welche ab 2013 verpflichtend ist, soll im<br />

bereits genehmigten Neubau umgesetzt werden. Bislang sind Deck- und Wartestall<br />

nicht getrennt, die Sauen werden durchgehend im Kastenstand gehalten. Die dadurch<br />

deutlich verminderte Bewegungsmöglichkeit der Tiere kann man kritisch betrachten.<br />

Deswegen muss der Betrieb auch viele Sauen aufgrund schlechter Fundamente oder<br />

einer hohen Umrauscherquote von 15 % aussortieren. Vor den Sauen befinden sich<br />

Ebergänge zur Stimulation <strong>für</strong> die künstliche Belegung. Das Sperma hier<strong>für</strong> wird durch<br />

eigene Eber selbst produziert.<br />

Eine Sau erreicht angeblich etwa acht bis neun Abferkelungen bei 2,43 Würfen/Jahr.<br />

Die Richtigkeit dieser Angaben ist allerdings sowohl angesichts der hohen<br />

Remontierungsrate als auch einer Güstzeit von 10 Tagen anzuzweifeln. Rund 25-26<br />

Ferkel werden pro Sau und Jahr abgesetzt. Ihr stehen im Abferkelstall 2,5 m 2 zur<br />

Verfügung.<br />

Zu schaffen machten dem Betrieb vor längerer Zeit Mikroplasmen, aktuell gibt es<br />

Probleme mit BLS.<br />

Die Stalltechnik <strong>des</strong> Betriebes wurde bisher alle 5 bis 10 Jahre aktualisiert.<br />

39


12. Geschichte Südtirols<br />

Elisabeth Lederer, Elke Ries<br />

12.1 Urgeschichte<br />

Vor 24tausend Jahren lag das Gebiet <strong>des</strong> heutigen Südtirols unter einer hohen<br />

Eisdecke. Die Klimaerwärmung ließ diese dann auf neuzeitliche Ausmaße schmelzen<br />

und prägte somit die Vegetation und Fauna Südtirols. Etwa 5000 vor Christus<br />

entstanden die ersten ständig bewohnten Siedlungen, in denen auch Ötzi, sicherlich<br />

einer der weltbekanntesten Südtiroler, lebte.<br />

12.2 Tirol im 14. Jahrhundert<br />

Das Land Tirol entstand durch eine Übergabe der Grafschaften um den Brenner an die<br />

Bischöfe von Brixen und Trient. Nach dem Tod Karls <strong>des</strong> Großen und den damaligen<br />

Teilungsverträgen lagen das heutige Nord- und Südtirol innerhalb der Grenzen <strong>des</strong><br />

deutschen Königreiches. Das Kerngebiet <strong>des</strong> heutigen Tirols gehörte jedoch zu<br />

Bayern.<br />

Südtirol wurde schon immer vom Einfluss der Kunst, dem geistig-kulturellem Leben der<br />

Maler, Mönche und Minnesänger <strong>des</strong> Mittelalters geprägt.<br />

Im 14. und 15. Jahrhundert entwickelte sich in Tirol die erste und älteste Demokratie<br />

auf dem europäischen Festland. Die Tiroler hatten eine Selbstständigkeit innerhalb<br />

Österreichs und ein Mitspracherecht der Bevölkerung bei der Regierung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>.<br />

In dieser Zeit kam es auch im Land zu einer Wirtschaftsblüte und zu Aufschwüngen in<br />

der Landwirtschaft, dem Bergbau, der Industrie und den Verkehrswegen. Dadurch galt<br />

Tirol als Schatzkammer <strong>des</strong> Hauses Österreich.<br />

40


12.3 Eroberung durch Bayern und Zeit <strong>des</strong> Andreas<br />

Hofer<br />

Anfang <strong>des</strong> Jahres 1809 wurde Tirol zuerst von Bayern erobert, aber bereits im<br />

<strong>des</strong>selben Jahres sofort wieder von der Österreichern zurückerobert.<br />

Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Aufzeichnungen über Andreas Hofer.<br />

Abb. 1: Gemälde „Andreas Hofer“ von Franz von Defregger<br />

Der heutige (süd)tiroler Nationalheld Andreas Hofer war Kommandant der Schützen in<br />

Sterzing und wurde zum Oberkommandant der Aufstände während der Bauernkriege<br />

und Gründer der Kriegspartei gegen Frankreich. Da er der Meinung war, dass<br />

Napoleon kein Recht hatte, den Krieg in Tirol während <strong>des</strong> offiziellen<br />

Waffenstillstan<strong>des</strong> dennoch fortzusetzen, schaffte er es die Tiroler von der Besetzung<br />

Frankreichs zu lösen und die zivile Verwaltung zu übernehmen. Hofer holte sich<br />

Berater aus allen Ständen um die Lan<strong>des</strong>verwaltung wieder notdürftig in Gang zu<br />

setzten. Nach dem Friedensschluss von Schönbrunn hatte Hofer allerdings keine<br />

Rückendeckung mehr aus den eigenen Reihen, da diese mit seinen Auffassungen und<br />

Handlungen überfordert waren. Daher flüchtete er in die Berge, womit das Ende seiner<br />

Ära – und nach einem Verrat auch das Ende seines Lebens besiegelt war. Am 20.<br />

Februar 1810 wurde Andreas Hofer in der norditalienischen Stadt Mantua nach kurzer<br />

Gerichtsverhandlung durch ein Erschießungskommando hingerichtet.<br />

1814 wurde Tirol nach langem Hin und Her wieder österreichisch. Mit dem ersten<br />

Tourismus entsteht 1890 ein neuer Wirtschaftszweig. Meran entwickelte sich schon in<br />

dieser Zeit zum Kurort, was den Standort Tirol auch wirtschaftlich verbesserte.<br />

41


12.4 Zeit <strong>des</strong> ersten Weltkriegs<br />

Allerdings ging auch der 1.Weltkrieg nicht spurlos an Tirol vorbei. Viele Gebäude und<br />

Kirchen wurden zerstört und die Zukunft Südtirols war ungewiss. Südtirol wurde vom<br />

einen Tag auf den anderen von Italien einvernommen und litt unter der Einführung der<br />

Lira als neuer Währung wirtschaftliche Not. Städte und Straßennamen wurde auf<br />

Italienisch umbenannt und auch Familiennamen mussten zwangsmäßig geändert<br />

werden, da es sonst zu Verfolgungen durch die neue Regierung kam. Außerdem<br />

wurde in allen Schulen Italienisch als Unterrichtssprache eingeführt und der<br />

Deutschunterricht verboten. Das Land sollte somit seine nationale Identität verlieren,<br />

was natürlich zu Unmut und Widerstand führte.<br />

12.5 Südtirol im zweiten Weltkrieg<br />

Auch der 2.Weltkrieg hatte gravierende Folgen <strong>für</strong> Südtirol: Deutsche Truppen rückten<br />

über den Brenner vor und so begann die Herrschaft <strong>des</strong> Hackenkreuzes auch in<br />

Südtirol. Die ersten Opfer <strong>des</strong> neuen Regimes waren wenige Juden aus Meran, was<br />

jedoch von der Bevölkerung nicht groß realisiert wurde. Psychisch Kranke und geistig<br />

Behinderte wurden über den Brenner in Krankenhäuser geschickt zur Euthanasie.<br />

Circa 230 Südtiroler wurden verhaftet und in eine alte Schlossruine von Schloss<br />

Sigmundskron in ein Konzentrationslager gebracht. Als einziger aktiver Widerstand<br />

gegen die SS war der Andreas-Hofer-Bund zu verzeichnen.<br />

1945 kam es zur Brennerschlacht durch die amerikanischen Truppen, wodurch Hitler<br />

geschlagen wurde und die Alliierten das Land besetzten. Als das Kriegsende kurz<br />

bevorstand, übergaben die deutschen Militärbehörden am 3. Mai 1945 die<br />

Verwaltungsgeschäfte, wodurch die Zukunft Südtirols wieder einmal ungewiss war.<br />

12.6 Erringen der Autonomie<br />

Bis 1972 erfolgte der Wiederaufbau <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> und Südtirol erkämpfte sich nach<br />

langem Ringen endlich die Autonomie der Provinz Bozen. 1992 gab die italienische<br />

Regierung bekannt, dass das seinerzeit in Paris beschlossene Südtirolpaket nun<br />

komplett realisiert sei und Südtirol nun eine weitgehende Autonomie besitzt. Dadurch<br />

war der Weg zu einer der wohlhabenderen Regionen in Europa frei.<br />

42


13. Tourismus in Südtirol<br />

Josef Bauerdick, Melanie Wohlschläger<br />

Südtirol ist heute die nördlichste Provinz Italiens mit der Hauptstadt Bozen. Mehr als<br />

2/3 der Region sind deutschsprachig. Der Begriff Tourismus ist seit den 1980er Jahren<br />

gebräuchlich, bis dahin wurden der Wirtschaftszweig und dieses<br />

Gesellschaftsphänomen als Fremdenverkehr bezeichnet. Sowohl Tourismus als auch<br />

Fremdenverkehr stellen einen Überbegriff <strong>für</strong> Reisen, die Reisebranche, das<br />

Gastgewerbe und die Freizeitwirtschaft dar.<br />

Die Entwicklung <strong>des</strong> Tourismus setzte bereits in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts<br />

ein und hatte seinen Ursprung im Raum Meran um das Jahr 1830, als Kuraufenthalte<br />

<strong>für</strong> den damaligen Adel <strong>des</strong> Habsburger-Reiches aufkamen. Südtirol war<br />

insbesondere wegen der guten Luft und dem mildem Klima beliebt. Meran entwickelte<br />

sich von einer „Kuhstadt“ zu einer „Kurstadt“. Als Kaiserin Elisabeth dann 1870 ihren<br />

Feriensitz in das Südtiroler Schloss Trautmannsdorff verlegte, setzte ein bis heute<br />

ungebrochener Reisestrom ein. Die touristische Erschließung begann mit dem<br />

Eisenbahnbau und der Eröffnung der Brennerbahn im Jahr 1867, die den Boom <strong>des</strong><br />

ganzjährigen Tourismus im Durchgangsland Tirol auslöste.<br />

Doch dann brachen <strong>für</strong> den Tourismus ungünstige Zeiten an. Zunächst vollzog sich ein<br />

Wandel <strong>des</strong> Tourismus von der südlichsten Destination der Donau-Monarchie zur<br />

nördlichsten Destination Italiens während <strong>des</strong> ersten Weltkriegs. Zwar entwickelte sich<br />

ein gewisser Massentourismus der 20er und 30er Jahre aufgrund politischer<br />

Maßnahmen nach dem ersten Weltkrieg, die Bewohner Südtirols wurden jedoch erst<br />

nach dem zweiten Weltkrieg mit einbezogen. Im allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Aufschwung Europas erholte sich auch der Südtiroler Fremdenverkehr wieder. In den<br />

50er und 60er Jahren begann sich eine Erschließung der ländlichen Regionen zu<br />

entwickeln, da es v. a. deutsche Touristen von den Städten wie Meran und Bozen auf<br />

das Land zog. Hauptsächlich auf landwirtschaftlichen Betrieben wurde beispielsweise<br />

in Fremdenzimmer investiert.<br />

1979 wurde dann ein Stopp von weiteren Bauinvestitionen verordnet, welcher die<br />

Verschiebung von 1-2 Sterne Hotels zu 3-5 Sterne Betrieben nach sich zog. Das<br />

Angebot verschob sich von Quantität zu Qualität. Seit dem Jahr 2000 halten sich<br />

gastgewerbliche und nichtgastgewerbliche Beherbergungsbetriebe die Waage. Der<br />

43


Begriff nichtgastgewerblich beinhaltet sowohl Campingplätze, als auch den Urlaub auf<br />

dem Bauernhof.<br />

2007 lag die Zahl der Übernachtungen bei 27 Millionen, 2010 bei 28 Millionen. Dabei<br />

stieg die Zahl der Besucher an, während die Übernachtungszahlen nahezu konstant<br />

bleiben. Dies lässt sich auf die Zunahme der Kurzurlaube zurückführen. Im<br />

Fremdenverkehr sind ca. 30.000 Personen beschäftigt, dies entspricht 12% aller<br />

Beschäftigten. 58% der Beschäftigten sind hierbei Frauen. Insgesamt gibt es in Südtirol<br />

ca. 10.000 Beherbergungsbetriebe, diese bieten den Touristen etwa 214.000 Betten<br />

an. Den stärksten Übernachtungsanstieg verbuchen die deutschen Gäste. Besonders<br />

auffallend ist aber der kontinuierliche Übernachtungsanstieg der Gäste aus den<br />

„Nischenmärkten“ Schweiz, Polen und Russland.<br />

Zusammenfassend ist anzumerken, dass der Tourismus eine zentrale Rolle in der<br />

Wirtschaft <strong>des</strong> rohstoffarmen Lan<strong>des</strong> spielt. Besonders die Tallagen und die<br />

Wintersportzentren haben sich in den letzten 100 Jahren zu florierenden<br />

Fremdenverkehrszentren entwickelt. Einst wegen der Kurorte und <strong>des</strong> milden Klimas<br />

stark besucht, wurde Südtirol in den letzten Jahrzehnten zunehmend von Wintersport<br />

und sommerlichem Erlebnisurlaub geprägt.<br />

Entwicklung Wachstum Übernachtungen und Anzahl Ankünfte<br />

44


14. Die Landwirtschaft in Südtirol<br />

Überacker Johannes, Wenninger Ludwig<br />

14.1 Flächenverteilung Südtirols<br />

Die Fläche Südtirols umfasst insgesamt 740 Tausend Hektar, wobei lediglich 36%<br />

davon, also knapp 270 Tausend Hektar landwirtschaftlich genutzt werden. Ähnlich ist<br />

es bei der Nutzung der Waldfläche, die rund 40% (290 Tausend ha) der Gesamtfläche<br />

beträgt. Der Prozentsatz an Landfläche, der aufgrund <strong>des</strong> extremen Reliefs, seien es<br />

extreme Hanglagen oder sogar unbegrünte Felsen, nicht genutzt werden kann, liegt bei<br />

22,5%, also bei ca. 165 Tausend Hektar.<br />

14.2 Geschichte der Landwirtschaft in Südtirol<br />

Schon zu Zeiten von Andreas Hofer, einem Freiheitskämpfer gegen die bayerische und<br />

französische Besetzung Tirols, waren der Weinbau und die Viehzucht die wichtigsten<br />

Standbeine der Südtiroler Landwirtschaft. Der arbeitsintensivere Getreideanbau fand<br />

überwiegend in tieferen Lagen statt.<br />

1859-1890 kam es zu einer Krise in der Landwirtschaft. Als Gründe hier<strong>für</strong> sind unter<br />

anderem die Industrialisierung, das Fehlen von Ausbildungsstätten im Agrarsektor,<br />

Naturkatastrophen, beispielsweise die Überschwemmung <strong>des</strong> Etschtales 1882, die<br />

teilweise hohe Verschuldung der Höfe und das Fehlen einer Interessensvertretung der<br />

Bauern zu nennen. Infolge<strong>des</strong>sen gingen die Zahlen der in der Landwirtschaft<br />

Beschäftigten seit 1890 bis heute kontinuierlich zurück. Waren 1890 noch 65% der<br />

Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, waren es im Jahr 2006 lediglich noch 6,6 %<br />

(rund 15.000 Erwerbstätige).<br />

Um diesem Rücklauf entgegenzuwirken kam es mehr und mehr zur Gründung<br />

landwirtschaftlicher Genossenschaften, was eine Rationalisierung der Landwirtschaft<br />

zur Folge hatte. So entstand 1904 der Tiroler Bauernbund. Durch diesen erhoffte man<br />

sich mehr Durchschlagskraft auf politischer Ebene. Auch wurde zunehmend auf eine<br />

verbesserte Aus- und Weiterbildung der Landwirte geachtet, was die Produktivität im<br />

Agrarsektor auf eine höhere Stufe setzen sollte.<br />

45


Nach dem zweiten Weltkrieg entstand nicht nur der Südtiroler Bauernbund (SBB), der<br />

bis heute die Interessenvertretung der Südtiroler Bauern in wirtschaftlicher, politischer,<br />

sozialer und kultureller Hinsicht ist. Auch die Modernisierung, die Spezialisierung und<br />

eine umsichtige Lan<strong>des</strong>politik verhinderten das Bauernsterben nach der Krise.<br />

14.3 Landwirtschaft heute<br />

Etwa 6,6% der südtiroler Erwerbsbevölkerung ist heute noch ausschließlich in der<br />

Landwirtschaft tätig. Insgesamt existieren einschließlich Nebenerwerbslandwirten noch<br />

über 25 Tausend Landwirtschaftsbetriebe, wobei die Durchschnittsfläche pro Betrieb<br />

nur bei ca. 2 Hektar liegt.<br />

Neben der Milchwirtschaft im Pustertal und im Wipptal sind auch Weinbau und der<br />

Anbau von Äpfeln vor allem im Etsch- und Eisacktal von großer Bedeutung <strong>für</strong> die<br />

Region.<br />

14.4 Obstbau<br />

Auf einer Fläche von knapp 18.700 Hekrar produzieren rund 7.000 Bauern Obst. Von<br />

der gesamten Obstanbaufläche dienen ca. 99,8% dem Anbau von Äpfeln, wodurch im<br />

Jahre 2007 980 Tausend Tonnen Äpfel produziert wurden.<br />

Die Restanbaufläche verteilt sich auf Birnen (Eintausend Tonnen) und Kirschen, wobei<br />

dieser Prozentsatz relativ gering ist. Südtirol hat einen Anteil von 45,7% an der<br />

nationalen, rund 11 Prozent an der europäischen und rund 2 Prozent an der weltweiten<br />

Apfelproduktion.<br />

46


14.5 Weinbau<br />

Auch der Anbau von Wein ist essentiell <strong>für</strong> die Region. So wurden im Jahr 2007 auf<br />

einer Rebfläche von 5.256 Hektar von knapp 4.000 Bauern ungefähr 350 tausend<br />

Hektoliter Wein produziert. Aufgrund der durchschnittlichen Rebfläche pro Betrieb von<br />

nur einem Hektar produziert Südtirol zwar nicht die größte Menge an Wein, davon ist<br />

jedoch der Anteil an Qualitätswein umso größer. Bedeutende Weinsorten sind unter<br />

anderem Vernatsch (Rotwein) und Weißburgunder (Weisswein), die nach Italien,<br />

Deutschland, England, aber auch in die USA exportiert werden.<br />

47


14.6 Milchwirtschaft<br />

Als drittes Standbein der Südtiroler Landwirtschaft gilt die Milchwirtschaft. Im Jahr 2006<br />

wurden an die Molkereien und Sennereigenossenschaften knapp 400 Tausend Tonnen<br />

Milch angeliefert und verarbeitet. Ungefähr 22Tausend Tonnen wurden als Frischmilch,<br />

24 Tausend Tonnen als UHT-Milch, 3 Tausend Tonnen als Butter, 16Tausend<br />

Tonnenals Käse, und 90 Tausend Tonnenals Joghurt verarbeitet.<br />

In Südtirol werden 3 Prozent der italienischen Gesamtproduktion an Milch erzeugt.<br />

Dies bedeutet, dass ca. 2/3 der in Südtirol erzeugten Milch oder der daraus<br />

gewonnenen Produkte außer Lan<strong>des</strong> auf den Markt gebracht werden müssen. Die<br />

durchschnittliche Anlieferungsmenge pro Molkereimitglied betrug 2006 rund 61 Tonnen<br />

Milch im Jahr, der durchschnittliche Auszahlungspreis lag bei 0,3773 Euro je<br />

Kilogramm Milch.<br />

Neben diesen drei Standbeinen der Südtiroler Landwirtschaft kommt dem Tourismus<br />

eine immer größere Bedeutung zugute. So stieg in den letzten Jahren die Zahl der<br />

eingetragenen Beherbergungsbetriebe <strong>für</strong> „Urlaub auf dem Bauernhof“ auf knapp 2600<br />

an.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Landwirtschaft Südtirols eine<br />

Berglandwirtschaft mit enormer Vielfalt auf kleinstem Raum ist, die relativ stabil, zum<br />

einen in der Anzahl der Betriebe, zum anderen hinsichtlich der bewirtschafteten Fläche<br />

ist. Sie ist innovativ und ausbaufähig, genossenschaftlich stark organisiert und dadurch<br />

wirtschaftlich bedeutend.<br />

48


15. Besichtigung Weinkellerei Tramin<br />

Maximilian Hofbauer, Rupert Stäbler<br />

15.1 Überblick über die Landwirtschaft in Südtirol<br />

Am Anfang unserer Besichtigungstour durch Südtirol besuchten wir die Weinkellerei<br />

Tramin. Nachdem wir die herrliche Aussicht aus den Empfangsräumen der Kellerei<br />

über die Weinberge, bis hin zum Kalterer See bewundert hatten, gab uns Herr Leo<br />

Tiefenthal, Obmann <strong>des</strong> Südtiroler Bauernbun<strong>des</strong>, einen Überblick über die<br />

Landwirtschaft in Südtirol: Südtirol ist ein verhältnismäßig kleines Land mit ca. 500.000<br />

Einwohnern. Von der Lan<strong>des</strong>fläche sind nur 60 % grundsätzlich landwirtschaftlich<br />

nutzbar, der Rest der Fläche ist Hochgebirge etc. Hauptstandbeine der Landwirtschaft<br />

sind Viehhaltung, Obstbau (15.000 ha) und Weinbau (5.300 ha). Große Teile <strong>des</strong><br />

Weinbaugebietes befinden sich südlich von Bozen, wie eben auch um den Ort Tramin.<br />

Für fachliche Fragen und Neuerungen steht den Landwirten ein „Beratungsring“ mit<br />

Beratern <strong>für</strong> Wein- und Obstbau zur Verfügung. Mit Dr. Luis Durnwalder als<br />

Lan<strong>des</strong>hauptmann, der selbst aus der Landwirtschaft stammt, ist stets ein guter Draht<br />

der Landwirtschaft zur Politik gesichert. Vertreten wird der Bauernstand durch den<br />

Südtiroler Bauernbund (gegründet 1904) mit 21.000 Mitgliedern. Er kümmert sich um<br />

alle Belange der Landwirtschaft, von der Organisation von Erntehelfern bis hin zu<br />

Förderanträgen etc.<br />

15.2 Kellerei Tramin<br />

Der Weinbau ist eine bedeutende Säule der südtiroler Landwirtschaft. Nach der<br />

Weinkrise in den 70er und 80er Jahren aufgrund <strong>des</strong> Glykol-Skandals gingen die<br />

südtiroler Weinbauern einen neuen Weg: Qualität vor Quantität. So wird heute auf<br />

gleicher Fläche nur mehr die halbe Menge an Wein produziert - aber da<strong>für</strong> von<br />

erlesener Qualität. Zur Reduktion der Erntemenge ist es nötig, ungefähr die Hälfte der<br />

Gehänge manuell von den Weinstöcken zu entfernen um die Qualität der Trauben zu<br />

erhöhen Im gleichen Zug können die Aufwandmengen an Dünger, Pflanzenschutz und<br />

Bewässerung verringert werden. Auch hat sich in neuerer Zeit das Anbauspektrum von<br />

80% Rotwein und 20% Weißwein hin zu jeweils 50% Rot- und 50% Weißwein<br />

verschoben. Mit Weißwein können nämlich die klimatischen Bedingungen Südtirols mit<br />

einem starken Temperaturgefälle von kalten Nachttemperaturen und warmen<br />

49


Tagestemperaturen zur Erzeugung eines aromatischen und doch angenehm herben<br />

Weißweins von hoher Qualität ausgenutzt werden können. Ziel ist es, mit aromatischen<br />

Sorten wie Sauvignon, Müller Thurgau und Gewürztraminer sich schrittweise den<br />

italienischen Markt zu erarbeiten. Ein wichtiges Standbein ist hierbei der<br />

Gewürztraminer, der auf 20% der Gesamtweinbaufläche angebaut wird.<br />

Die Kellerei selbst ist eine Genossenschaft mit 270 Mitgliedern, die bei einer<br />

durchschnittlichen Anbaufläche von 0,8 ha zusammen 230 ha bewirtschaften. Vorteil<br />

dieser kleinstrukturierten Betriebe ist, dass <strong>für</strong> Terminarbeiten im Weinberg, wie z.B.<br />

die kurzfristig wetterabhängig innerhalb von wenigen Tagen zu erledigende Ernte,<br />

innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Arbeitskräften aus dem familiären Umfeld<br />

mobilisiert werden können.<br />

Von den 250 ha Fläche werden jährlich ca. 22.000 dt Weintrauben von Hand geerntet,<br />

was ca. 60-70 hl pro Hektar entspricht.<br />

Auf den Flächen der Mitglieder werden an Weißweinen Gewürztraminer, Ruländer,<br />

Weißburgunder, Sauvignon und Müller-Thurgau, an Rotweinen Vernatsch, Lagrein<br />

(bei<strong>des</strong> autochthone Südtiroler Sorten), Blauburgunder und Rosenmuskateller<br />

angebaut.<br />

Die Bezahlung der Mitglieder erfolgt nach der Erntemenge, aber auch der<br />

Zuckergehalt, die Qualität <strong>des</strong> Weines und die Lage <strong>des</strong> Weingartens werden<br />

berücksichtigt.<br />

Die Vermarktung der erzeugten Weine erfolgt zu 80% in „Gesamt-Italien“, davon etwa<br />

jeweils die Hälfte in Südtirol und in „Rest-Italien“. Von den 20-25%, die exportiert<br />

werden, geht circa die Hälfte nach Deutschland. Absatzwege sind vor allem<br />

Restaurants, Hotels und der Fachhandel, es werden ca. 2000 Kunden beliefert.<br />

15.3 Jahreskreis <strong>des</strong> Weinbaues<br />

Nach dem Rebschnitt im Winter beginnt im Mai die Traubenblüte, so dass im Juni die<br />

ersten grünen Beeren erscheinen. Ab August setzt dann die Aromabildung ein. Nach<br />

der Prüfung und Empfehlung eines Erntetermins durch die Kellerei <strong>für</strong> die jeweiligen<br />

Weingärten beginnen die Weinbauern im September mit der Weinlese. Die Trauben<br />

werden schonend in Kisten verpackt und sofort zur Kellerei geliefert, wo sie - nach<br />

einzelnen Weinlagen getrennt - am selben Tag noch gepresst werden. Vor dem<br />

Pressen erfolgt - mittlerweile voll automatisiert - eine Sortierung der Trauben. Eine<br />

Besonderheit an der Weinpresse ist, dass diese während <strong>des</strong> Pressvorganges mit N2<br />

50


geflutet wird, um ein vorzeitiges Gären <strong>des</strong> Traubensaftes außerhalb <strong>des</strong> Fasses zu<br />

verhindern. Aufgabe <strong>des</strong> Kellermeisters Willi Stürz ist hierbei, die verschiedenen<br />

Trauben zu sortieren, sodass sie innerhalb weniger Stunden weiterverarbeitet werden<br />

können.<br />

15.4 Führung durch den Betrieb<br />

Nachdem wir so unsere theoretischen Kenntnisse bezüglich <strong>des</strong> Weinbaues erweitert<br />

hatten, führte uns Herr Geier durch die beeindruckenden Räumlichkeiten der<br />

Weinverarbeitung, von der Presse bis hin zu den Lagerkellern. Der Architekt <strong>des</strong><br />

Gebäu<strong>des</strong>, Werner Tscholl, orientierte sich bei der Gestaltung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, welches<br />

Anfang 2010 eingeweiht wurde, an der Gestalt der Weinrebe und setzte dies im<br />

Außen- und im Innenbereich der Kellerei eindrucksvoll um. Besonders imponierend<br />

waren hier die Lagerbehälter vom kleinen Eichenfass über Eichenfässer in<br />

Zimmergröße bis hin zu großen Tanks aus Edelstahl oder Beton. Je nach Wahl <strong>des</strong><br />

Fasses hat dies unterschiedliche Auswirkungen auf den Geschmack <strong>des</strong> Weines.<br />

Holzfässer geben noch Geschmacksstoffe an den Wein ab, während die anderen<br />

Materialien sich bezüglich <strong>des</strong> Geschmackes vollkommen neutral verhalten. Zu der<br />

Kellerei gehört auch eine Abfüllanlage, welche bis zu 5000 Flaschen in der Stunde<br />

befüllt, sodass ein jährliches Abfüllvolumen von 1,8 MiIlionen Flaschen erreicht werden<br />

kann.<br />

15.5 Weinverkostung<br />

An diese Besichtigung schloss sich selbstverständlich noch eine Verkostung der Weine<br />

<strong>des</strong> Hauses an. Während wir den Blick über Weinberge und Kalterer See<br />

bewunderten, durften wir, nach Erklärung der richtigen Techniken <strong>des</strong> Wein-Trinkens<br />

und Beurteilens, von Weißburgunder, Gewürztraminer und Lagrein kosten. Wichtig ist<br />

es hierbei, den Wein mit allen Sinnen wahrzunehmen und zu beurteilen. Zunächst<br />

beginnen wir mit den beiden Weißweinen:<br />

Der Weißburgunder präsentiert sich den Augen kristallklar, vital und hat eine reine<br />

Form mit sehr guter Konsistenz. Der Geruch ist fruchtig und von mittlerer Intensität.<br />

Der hierauf gereichte Gewürztraminer ist kristallklar und von goldgelber Farbe, mit der<br />

Nase nimmt man einen intensiven und komplexen Geruch von würzigen Blumen und<br />

Früchten wahr. Geschmacklich nimmt man kaum Gerbstoffe wahr, allerdings spürt man<br />

eine sog. „Scheinwärme“ am Gaumen, die auf einen Alkoholgehalt von 13-14%<br />

51


hinweist. Nach dem Schlucken bleibt ein langer Abgang. Somit handelt es sich um<br />

einen harmonischen und gerade schon trinkreifen Wein, der aber auch gut noch<br />

mehrere Jahre gelagert werden darf.<br />

Lagrein ist eine Rotweinsorte, die im Eichenfass reift. Die Farbe ist ziegelrot und von<br />

leicht violettem Reflex. Man nimmt einen Geruch von Waldbeere und Zwetschge wahr.<br />

Die typischer Weise vorhandenen Gerbstoffe wirken leicht adstringierend im Gaumen.<br />

Insgesamt präsentiert sich Lagrein als Wein mit ausgeprägtem Charakter.<br />

Nach dieser Verkostung setzten wir fröhlich unsere Fahrt zu unserer Unterkunft in<br />

Bozen, dem Hotel Rentschner Hof, fort.<br />

52


16. Stadt Bozen<br />

Maria Theresa Caroli, Johannes Lenz<br />

Bozen, auch Bolzano<br />

(italienisch), Bulsan oder<br />

Balsan (ladinisch), Poutsn<br />

(südtirolerisch) sowie<br />

Bauzanum (lateinisch)<br />

genannt, ist die<br />

Lan<strong>des</strong>hauptstadt<br />

Südtirols. In dieser<br />

autonomen Provinz in<br />

Bozen Panoramabild mit der Brennerautobahn<br />

Italien sitzt sowohl die Südtiroler Lan<strong>des</strong>regierung als auch der Südtiroler Landtag.<br />

Bozen ist seit 1964 der Bischofssitz der Diözese Bozen-Brixen und seit 1998 mit der<br />

Freien Universität Bozen (FUB) Universitätsstadt. Die enge Altstadt Bozens ist<br />

mittelalterlich geprägt. Sehenswert sind die vielen prächtigen Bürgerhäuser und<br />

Laubengänge (17./18. Jahrhundert) der Stadt. Klöster und Burgen tragen zur<br />

historischen Bausubstanz bei, so z. B. die romanisch-gotische Kathedrale (13.-15. Jh.).<br />

Auch das Franziskanerkloster aus dem 14. Jahrhundert und einige Stadthäuser aus<br />

der Barockzeit sind sehenswert. Den neueren Stadtteil Bozens kennzeichnet die<br />

Architektur <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts. Die Industriegebiete liegen im Süden und Südwesten<br />

der Stadt.<br />

Bozen gilt als eine der größten urbanen Zentren im Alpenbogen und auf Grund ihrer<br />

Bikulturalität als wichtigster Begegnungsort der österreichisch-deutschen und der<br />

italienischen Kultur und Wirtschaft. Dr. Luigi Spagnolli von der demokratischen Partei<br />

(italienisch Partio Democratico, abgekürzt PD) ist bis voraussichtlich 2015 der<br />

amtierende Bürgermeister. Im Jahre 2009 wurde die Stadt zur Alpenstadt <strong>des</strong> Jahres.<br />

Bozen hatte im Jahr 2010 insgesamt 104.029 Einwohner, die in fünf Stadtteilen<br />

wohnen und die die Sprachen Deutsch (zu 26,3%), Italienisch (zu 73 %) und<br />

Ladinisch(zu 0,7%) sprechen. Die Stadtteile sind Zentrum-Bozner Boden-Rentsch,<br />

Oberau-Haslach, Gries-Qirein und die jüngeren Stadtteile Europa-Neustift und Don<br />

Bosco. Von der gesamten Bevölkerung lebten im Jahre 2008 schon 12,5%<br />

ausländische Staatsbürger in Bozen. Bozen besitzt zahlreiche Schulen, wie die<br />

Wolfgang-von-Goethe-Schule, das Humanistische Gymnasium „Walther von der<br />

53


Vogelweide“, das Franziskanergymnasium u. a. Neben der Universität beherbergt<br />

Bozen auch die nach der früheren Lan<strong>des</strong><strong>für</strong>stin Claudia dé Medici benannte<br />

Lan<strong>des</strong>fachhochschule <strong>für</strong> Gesundheitsberufe Claudiana. Desweiteren gibt es die<br />

Europäische Akademie EURAC und eine parauniversitäre Forschungseinrichtung mit<br />

Schwerpunkt Sprachminderheiten und Umwelt. Die ZeLIG, eine dreisprachige Schule<br />

<strong>für</strong> Dokumentarfilm, Fernsehen und Neue Medien ist weltbekannt. 2005 wurde Bozen<br />

zur Guggenmusik Hauptstadt Europas ernannt und im Juli 2005 wurde die 47.<br />

Europeade, eines der größten europäischen Trachten- und Folklorespektaktel,<br />

ausgetragen.<br />

Geografisch gesehen liegt Bozen nahe der<br />

Dolomiten an der Vereinigung zweier<br />

Alpentransversalen, der oberen Etschtal-<br />

und der Eisacktalfurche, die zum Reschen<br />

beziehungsweise Brenner führen und<br />

damit die Stadt seit jeher in den Mittelpunkt<br />

eines überregionalen Wegenetzes rücken.<br />

In der Stadt mündet die Talfer in die<br />

Eisack, die wiederum südlich der Stadt in<br />

die Etsch fließt. Aus diesem Grund wird die<br />

Stadt auch als Talferstadt bezeichnet. Die<br />

historische Stadt bestand nur aus der<br />

heutigen zwischen Talfer und Eisack bzw.<br />

zwischen Zollstange und Wangergasse<br />

gelegenen Altstadt. Trotz dieser<br />

räumlichen Beengung wohnten 1910<br />

schon etwa 45% der Bozner Bevölkerung<br />

im Altstadtbereich.<br />

Bozen Panoramabild mit den Dolomiten<br />

Dom Maria Himmelfahrt in Bozen<br />

In den Jahren zwischen 1170 und 1195 wurde die spätere Stadt Bozen als Markt mit<br />

einer Gasse und einem Platz errichtet. Bereits 1159 existierte ein Pfarrer, der <strong>für</strong> seine<br />

Tätigkeit die 1180 errichtete Marienkirche nutzte, die später vom heutigen Dom Maria<br />

Himmelfahrt abgelöst wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Stadt dann<br />

mehrmals unter anderem durch die bischöfliche Neustadt, Wangersche Vorstadt u.a.<br />

erweitert. In Bozen gab es auch immer wieder mehrere Jahrmärkte bzw. Messen, und<br />

54


so gewährte auch die Lan<strong>des</strong><strong>für</strong>stin Claudia dé Medici im Jahre 1635 das Bozner<br />

Merkantilmagistrat (Handelsgericht). Die Industrialisierung Südtirols ging von Bozen<br />

aus, wo 1848 die Baumwollspinnerei gegründet wurde. In der Landgemeinde<br />

Zwölfmalgreien entstanden vor der Eingemeindung (1911) weitere wichtige Bauwerke,<br />

wie der Bahnhof Bozen-Gries (1859), das E-Werk Kardaun (1901) sowie die Kohlerer<br />

Bahn (1908). Sowohl im Kurort Gries, also auch in Bahnhofsnähe entstanden mehrere<br />

Hotels, wie das heute noch bestehende Parkhotel Laurin (1910). Hier hatte der<br />

Tourismus anfangs seinen Schwerpunkt . Obwohl der Fremdenverkehr <strong>für</strong> Bozen sehr<br />

bedeutend ist, ist die Industrie <strong>für</strong> die Stadt immer noch der größte Wirtschaftsfaktor.<br />

Bozen selbst ist vor Meran mit 35.000, Brixen mit 20.000 und Bruneck mit 10.700 der<br />

größte Beschäftigtenstandort Südtirols. Zudem gehört Bozen zu den größten<br />

Weinbaugebieten Südtirols. Die Weine werden vor allem in St. Magdalena, Guntschna<br />

und Gries produziert und dann in der Kellerei Bozen gekeltert. 2004 wurde der Bau <strong>des</strong><br />

ersten größeren Einkaufszentrums in der Stadt endgültig abgewehrt. Die Südtiroler<br />

Raumordnung hemmt die Zersiedelung durch große Märkte und fördert somit den<br />

Einzelhandel. Die internationale Messe Bozen, mit Messegelände, Kongresszentrum<br />

und Messehotel, befindet sich im Süden von Bozen.<br />

Durch die Brennerautobahn A22 ist die Stadt sowohl nach Süden als auch nach<br />

Norden an das europäische Autobahnnetz angebunden. Bozen hat auch einen<br />

Flughafen, und mit Hilfe der Brennerbahn kann man Innsbruck, München, Mailand,<br />

Venedig und Rom direkt erreichen. Eine Straßenbahn existierte von 1909 bis 1948.<br />

Heute gibt es noch drei Seilbahnen, die Kohlerer Bahn, Seilbahn Jenesien und die<br />

Ritter Seilbahn, die zwei Gemeinden und eine Fraktion von Bozen mit der Stadt<br />

verbinden. Der innerstädtische öffentliche Verkehr wird heute zumeist mit<br />

methangasbetriebenen Bussen abgewickelt. Für den privaten Verkehr ist die Altstadt<br />

gesperrt. Die zweibahnigen Fahrradstreifen mit Mittelstreifen und Gegenverkehr<br />

können als Markenzeichen gelten. Der Fahrradanteil liegt bis jetzt bei 30 Prozent.<br />

Hohe Kosten verhindern den Bau einer Straßenbahn, die den andauernden<br />

Pendlerstau beseitigen sollte.<br />

55


17. Freie Universität Bozen<br />

Martina Gehling, Toni Lang<br />

Die Freie Universität Bozen (FUB) ist eine relative kleine und noch recht junge<br />

Universität. Sie wurde 1997 gegründet und befindet sich auf der zentralen Piazza<br />

Universitá in Bozen. Zur Zeit studieren dort über 3.500 Studenten aus 60<br />

verschiedenen Ländern.<br />

Die Lehre umfasst die 5 Fakultäten Natur und Technik, Wirtschaftswissenschaften,<br />

Design und Kunst, Informatik sowie Bildungswissenschaften an den drei Standorten<br />

Bozen, Brixen (Bildungswissenschaften) und Bruneck (Wirtschaftswissenschaften).<br />

Neben der fachlichen Ausbildung wird an der Universität Bozen auch auf die<br />

Sprachausbildung der Studierenden Wert gelegt. Die Kurse werden auf Deutsch,<br />

Englisch und Italienisch jeweils im selben Umfang abgehalten. Für die Zulassung zum<br />

Studium sind daher Sprachkenntnisse auf B2 Niveau nach CEFR in min<strong>des</strong>tens zwei<br />

der drei Sprachen Voraussetzung. Nach dem Studium sollte der Absolvent in einer der<br />

ersten beiden Sprachen das Niveau C1, in der anderen B2+ und in der dritten<br />

min<strong>des</strong>tens B2 erreicht haben. Die besondere Betonung der Dreisprachigkeit und der<br />

Sprachausbildung der Studenten machen die Universität Bozen einzigartig.<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> Master-Studiengangs “Environmental Management of Mountain<br />

Areas” gibt es Kooperationen mit den Universitäten in Trento und Innsbruck. Außerdem<br />

werden Partnerschaften mit vielen Universitäten innerhalb und außserhalb Europas<br />

unterhalten, wodurch der internationale Austausch der Studierenden zusätzlich<br />

gefördert wird.<br />

Die Studiengänge der Fachrichtung Agrarwissenschaften waren bis 2007 an der<br />

Fakultät <strong>für</strong> Wirtschaftswissenschaften angesiedelt, mit starker Betonung der<br />

wirtschaftlichen Fächer. 2007 wurde dann die Fakultät <strong>für</strong> Natur und Technik<br />

gegründet, an welcher zur Zeit insgesamt 219 Studenten unter anderem<br />

Agrarwissenschaften studieren.<br />

Angebotene Studiengänge im Fachbereich Agrarwissenschaften<br />

Bachelor Agricultural Science and Technology<br />

Master Fruit Science<br />

Promotionsstudium Management of Mountain Environment<br />

56


Neben den Bachelor- und Master-Studiengängen gibt es noch ein relativ verschultes<br />

Promotionsstudium mit nur 10 – 12 Plätzen pro Jahr.<br />

Für das Studium an der Universität Bozen fallen jährlich 1286,50 EUR<br />

Studiengebühren an. Bewerbungsschluss ist am 20. August.<br />

17.1 Landwirtschaft in Südtirol (Vortrag <strong>des</strong><br />

Vizedirektors <strong>des</strong> Südtiroler Bauernbun<strong>des</strong>, Ulrich<br />

Höllrigl)<br />

17.1.1 Geschichte<br />

Bis zur Krise 1870/80 war die Landwirtschaft Südtirols geprägt von Weinbau<br />

und Viehzucht, aber auch von arbeitsintensivem Getreideanbau. In den Jahren<br />

1870 bis 1880 kam es unter anderem durch eine Überschwemmung durch die<br />

Etsch zur landwirtschaftlichen Krise, im Zuge derer es z.B. zu schweren<br />

Maikäferplagen kam. Die Krise führte zur Revolution der Landwirtschaft. Es<br />

wurde vor allem in die Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich investiert. Im<br />

Zuge <strong>des</strong>sen wurden zum Beispiel 1874 die Landwirtschafts-Fachschule San<br />

Michele als erste Landwirtschaftsschule Tirols und im Jahre 1875 die<br />

Landwirtschaftsschule in Rotholz gegründet. Ab 1880 wurde das System der<br />

Kredit- und Vermarktungsgenossenschaften eingeführt. Bis zum heutigen Tag<br />

werden im Bereich Milchwirtschaft rund 98%, im Obstbau 95% und im Weinbau<br />

70% über Genossenschaften vermarktet.<br />

1904 wurde der Südtiroler Bauernbund (SBB) gegründet. Dieser fungiert bis<br />

heute als Interessensvertretung und teilweise auch Dienstleister der Bauern<br />

Südtirols.<br />

Nach dem ersten Weltkrieg wurde Südtirol 1918 dem Staat Italien<br />

zugesprochen, wodurch es zum Verbot <strong>des</strong> SBB und der Genossenschaften<br />

kam. Ausserdem wurden gezielt italienische Bauern in Südtirol angesiedelt und<br />

im Zuge der battaglia del grano Autarkie der Landwirtschaft angestrebt.<br />

57


17.1.2 Die Landwirtschaft in Südtirol nach dem zweiten<br />

Weltkrieg bis heute<br />

Die Entwicklung der Südtiroler Landwirtschaft seit dem zweiten Weltkrieg war durch<br />

Modernisierung und Spezialisierung der Betriebe gekennzeichnet. Dabei kam es<br />

allerdings nicht wie in vielen anderen Ländern zur Flurbereinigung, weshalb die Anzahl<br />

der Betriebe stabil blieb. Auch heute noch zeichnet sich die Region durch besonders<br />

viele kleine Betriebe aus, welche allerdings fast als übermechanisiert angesehen<br />

werden können. Zwischen 2000 und 2007 nahm die Zahl der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe in Südtirol nur um 10,7% ab, in Deutschland dagegen um über 20%. Die bis<br />

ins 19. Jahrhundert vorherrschende Diversität der Betriebsstrukturen wurde im Laufe<br />

<strong>des</strong> 20. Jahrhunderts durch zunehmend spezialisierte Betriebe verdrängt. Es<br />

herrschen die drei großen Bereiche Obstbau (vor allem Apfelanbau), Milchwirtschaft<br />

und Weinbau vor. Heute trägt die Landwirtschaft in Südtirol mit ca. 700 Mio. EUR 5-6%<br />

zum BIP <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> bei. Dieser relativ hohe Anteil wird durch die große Vielfalt der<br />

Berglandwirtschaft auf kleinem Raum, die hohe Stabilität der Betriebszahlen und der<br />

bewirtschafteten Fläche, sowie <strong>des</strong> Genossenschaftswesens mit Mitbestimmungsrecht<br />

der Bauern erreicht.<br />

Durch die sinkenden Milchpreise und die gleichzeitig steigenden Produktionskosten<br />

wird zur Zeit das Standbein “Urlaub auf dem Bauernhof” in der Region immer<br />

bedeutsamer. Damit soll die Zahl der Betriebe weiterhin gering gehalten und die<br />

familiäre Struktur der Landwirtschaft aufrechterhalten werden.<br />

17.1.3 Herausforderungen <strong>für</strong> die Zukunft<br />

In der Zukunft wird die Produktion erneuerbarer Energien auch in Südtirol ein immer<br />

wichtigerer Bestandteil der Landwirtschaft werden. Dabei ist dort vor allem die<br />

Produktion von Hackschnitzeln aus Waldwirtschaft bedeutend. Der Anbau von<br />

Energiepflanzen auf dem Feld z.B. zur Gewinnung von Biogas hat in Südtirol einen<br />

vergleichsweise niedrigen Stellenwert.<br />

Außerdem werden auch regionale Kreisläufe an Bedeutung gewinnen, welche zum<br />

Beispiel durch lokale Vermarktung unterstützt und gestärkt werden.<br />

58


Alles in allem ist Südtirol ein gelungenes Beispiel da<strong>für</strong>, dass auch die Beibehaltung<br />

und Förderung kleinbetrieblicher Strukturen und eine besondere Betonung und<br />

Wertschätzung der Landwirtschaft zu einer erfolgreichen Wirtschaft führen können.<br />

17.2 Obstbauwirtschaft in Südtirol (Dr. Wolfgang<br />

Drahorad)<br />

Als wichtigste Säule der Südtiroler Landwirtschaft wurde im Rahmen <strong>des</strong> Besuchs an<br />

der Uni Bozen noch die Obstbauwirtschaft vorgestellt. Vor allem die Apfelproduktion<br />

hat hierbei einen besonderen Stellenwert.<br />

Die klimatischen Ausgangsbedingungen in der Region sind von kontinentalem<br />

trockenem Klima mit Schnee im Winter und warmen trockenen Sommern geprägt.<br />

Daher ist vor allem im Sommer Bewässerung nötig. Diese wird in Form der<br />

wassersparenden Tröpfchenbewässerung realisiert. Im Frühjahr findet dagegen die<br />

sogenannte Frostberegnung als Schutz gegen Erfrieren der Pflanzen bei<br />

Kälteeinbrüchen Anwendung. Dabei wird die bei der Eisbildung frei werdende<br />

Gefrierwärme ausgenutzt um die Pflanzen vor den niedrigen Temperaturen zu<br />

schützen.<br />

Pflanzenschutz wird in Südtirol nach dem Schadschwellen-Prinzip betrieben. Dabei<br />

wird je nach Schädlingsbefall gezielt mit Pflanzenschutzmittel behandelt. Mit Hilfe von<br />

Pheromonfallen werden Insekten eingefangen und gezählt woraufhin die entsprechend<br />

notwendige Maßnahme durchgeführt wird. Außerdem steht die Schonung und<br />

Förderung von Nützlingen, z.B. durch Bereitstellung von Überwinterungsmöglichkeiten,<br />

im Vordergrund.<br />

Die Obstmade wird mit Hilfe der Verwirrtechnik bekämpft. Dabei werden hohen<br />

Konzentrationen an Pheromonen im Feld ausgebracht, welche die Paarfindung der<br />

Tiere erschweren und deren Vermehrung behindern. Mit dieser Technik spart man bis<br />

zu 80% der Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln ein.<br />

Insgesamt werden jährlich ca. 15 Behandlungen zum Zweck <strong>des</strong> Pflanzenschutzes<br />

durchgeführt, darunter u.a. 8-10 Behandlungen mit Fungiziden gegen Schorf und<br />

Mehltau und 2-3 Behandlungen mit Insektiziden.<br />

Neben dem Schädlingsbefall stellen auch die fast jährlichen Schäden durch<br />

Hagelschlag die Südtiroler Obstbauern vor Herausforderungen. Zum Schutz der<br />

Obstbäume werden Hagelnetze angebracht, welche gleichzeitig auch physiologische<br />

Wirkungen wie ein verstärktes Wachstum und eine geringere Farbausbildung nach sich<br />

59


ziehen. Per Gesetz ist aus Gründen <strong>des</strong> Landschaftsschutzes allerdings nur das<br />

Anbringen von schwarzen oder dunkelgrauen Netzen erlaubt.<br />

60


18. Betriebsbesichtigung Obsthof Troidner<br />

Barbara Göschl, Katharina Kappauf,<br />

Der Obsthof Troidner wird von der Familie Kohl bewirtschaftet und liegt auf dem Ritten<br />

in der Fraktion Unterinn. Auf 900 Metern über Meereshöhe werden seit ca. 20 Jahren<br />

verschiedenste Apfelsorten angebaut. Davor wurden die Flächen als Wiesen, Äcker<br />

und <strong>für</strong> die Viehhaltung genutzt, da früher der Erwerbs-Apfelanbau nur bis max. 750<br />

Meter über Meereshöhe durchgeführt wurde. Nun hat der Betrieb 6 ha Apfelbäume mit<br />

durchschnittlich 3000 bis 4000 Bäumen pro ha und 2 ha Wein. Die gesamte Weinernte<br />

wird an eine Genossenschaft geliefert.<br />

Auf dem hochgelegenen Betrieb werden verschiedene Apfelsorten angebaut. Jedoch<br />

hat sich der Betrieb Kohl auf besondere Apfelsorten spezialisiert. Darunter fallen<br />

Sorten wie Pinova und Jonagold, die als „nicht mehr modern“ gelten und daher <strong>für</strong> den<br />

Markt uninteressant geworden sind. Daneben sind aber auch Sorten, die im Anbau<br />

stark rückläufig sind, zu finden, wie die Sorte Elstar. Die Sorte Grafensteiner, die<br />

ebenfalls von Familie Kohl angebaut wird, ist eine alte Liebhabersorte, die<br />

Schwierigkeiten bereitet im Anbau und der Lagerung. Die alte Sorte Rubinette findet<br />

man in Südtirol nur noch auf dem Troidnerhof; sie eignet sich hervorragend <strong>für</strong> die<br />

Saftproduktion. Die Trends, welche Sorten gerade modern sind, werden durch den<br />

Großhandel vorgegeben, in dem er nur bestimmte Sorten listet und dadurch den Preis<br />

bestimmt.<br />

Die Bäume sind generell kleinwüchsig mit einer schwachwüchsigen Unterlage, auf die<br />

die gewünschten Edelsorten gepfropft sind. Sie werden als schlanke Spindeln gepflegt,<br />

was den Vorteil bietet, dass vom Boden aus gearbeitet werden kann und maximal eine<br />

kleine Erhöhung benötigt wird. Durch das schlanke Wachstum gelangt sehr viel Licht,<br />

Sonne und Luft in das Bauminnere und die Bildung von Schattenfrüchten verhindert,<br />

welche weniger Geschmack und Farbe beinhalten. Der Nachteil eines kleinen Baumes<br />

ist, dass er zeitlebens ein Gerüst bzw. Halteeinrichtung benötigt. Zudem ist<br />

Bewässerung notwendig, da auch das Wurzelsystem geringer ausgebildet ist und der<br />

Baum so nicht gegen Trockenheit geschützt ist. Aus diesem Grund ist eine<br />

Tropfenbewässerung eingerichtet worden. Dadurch ist eine optimale und sehr<br />

sparsame Verteilung <strong>des</strong> Wassers möglich (2 Liter pro Baum und Tag).<br />

Das Wasser wird auch zur Stickstoffdüngung verwendet (= Fertilisation). Die Düngung<br />

erfolgt lediglich sechs Wochen im Frühjahr, einmal wöchentlich vor, während und kurz<br />

61


nach der Blüte. Es werden nie große Gaben gegeben, damit es zu keiner<br />

Auswaschung kommt. Zudem werden Phosphor, Magnesium und Kalium gedüngt. Als<br />

organischer Dünger wird Stallmist händisch ausgebracht. Diesen erhält der Betrieb im<br />

Tausch gegen Apfeltrester als Viehfutter.<br />

Die Geräte <strong>des</strong> Pflanzenschutzes sind auf die ‚Hecke’ abgestimmt, dadurch gibt es<br />

keine Verluste. Gras zwischen den Baumreihen wird weitgehend beibehalten um<br />

Erosion zu vermeiden. Oft wird nur jede zweite Reihe gemulcht, damit die darin<br />

enthaltenen Nützlinge bzw. Schädlinge nach Entzug ihrer Lebensgrundlage nicht die<br />

Bäume besiedeln.<br />

Die Ernteausdünnung erfolgt Mitte Juni, da zu dieser Zeit klar ist, welche Anzahl an<br />

Äpfeln der Baum voll ausbilden möchte. Dabei werden überzählige Früchte per Hand<br />

oder mithilfe von chemischen Ausdünnungsmittel entfernt. Dadurch erreichen die<br />

restlichen Früchte eine optimale Größe und noch wichtiger den vollen Geschmack.<br />

Andernfalls würden sich die Inhaltsstoffe auf mehrere Früchte aufteilen. Auch der<br />

Baum wird dadurch entlastet und bildet <strong>für</strong> das darauffolgende Jahr ausreichend<br />

Blütenanlagen. So wird ein gleichmäßiger Ertrag über die Jahre erlangt und die<br />

Früchte bilden einen optimalen Geschmack aus. Bemerkenswert ist, dass schon 5%<br />

der Vollblüte <strong>für</strong> eine spätere Vollernte ausreichen.<br />

Zum Schutz der Früchte werden <strong>für</strong> zwei Hektar Hagelschutznetze verwendet. Dies<br />

war vor allem wichtig, als der Betrieb die Äpfel noch als Tafelware vermarktete.<br />

Nachteilig ist dabei, dass die Produktionskosten steigen und Mäuse sich zunehmend<br />

ausbreiten. Für Vögel sind diese Netze kein Problem. Sie werden nach der Ernte<br />

zusammengebunden und erst nach abgeschlossener Blüte wieder aufgespannt, damit<br />

die Insekten und der Wind während der Bestäubung nicht behindert werden.<br />

Die Ernte erfolgt im August per Hand in mehreren Pflückdurchgängen. Im Schnitt<br />

werden 150 AKh pro Hektar in 3 – 4 Durchgängen benötigt. In dieser Zeit werden acht<br />

Arbeitskräfte auf dem Hof beschäftigt. Während <strong>des</strong> restlichen Jahres sind es 2 – 4<br />

Arbeitskräfte.<br />

Im Jahr 2004 wurde mit der Apfelsaftproduktion im kleinen Rahmen begonnen. Der<br />

Verkauf erfolgte bereits über Direktvermarktung. 2009 kam es zu einer Erweiterung,<br />

und die Produktion wurde in zwei verschiedene Bereiche der ehemaligen Scheune<br />

aufgeteilt. Im oberen Raum werden die Äpfel (es werden nur gepflückte Äpfel und kein<br />

Fallobst verwendet) zunächst im Wasserbad gewaschen um sie von Staub zu befreien<br />

und daraufhin in einer Mühle zu Brei zermahlen. Dieser Brei fällt auf eine<br />

Einbahnpresse, welche zu Walzen führt, die den Saft herauspressen. Dieser wird dann<br />

62


über Nacht in einem Tank gelagert, damit sich die groben Anteile absetzen. Ist die<br />

Naturtrübung optimal, wird der Saft in den unteren Raum zum Abfüllen weitergeleitet,<br />

wenn nicht wird noch eine Zentrifuge dazwischen geschaltet. Im unteren Raum der<br />

Scheune wird der Saft am nächsten Tag pasteurisiert. Dies geschieht, indem der Saft<br />

<strong>für</strong> 25 Sekunden auf 80 °C erhitzt wird. Danach wird er ausschließlich in neue Flaschen<br />

abgefüllt. Der komplette Verarbeitungsvorgang erfolgt getrennt <strong>für</strong> jede Sorte.<br />

Damit die Maschinen besser ausgelastet sind, wird neben den eigenen Äpfeln (450 t<br />

Äpfel) auch <strong>für</strong> Privatpersonen Apfelsaft (300 t Äpfel) hergestellt.<br />

Im Dunkellager, das ca. 1500 m³ umfasst, werden die abgefüllten Flaschen dann<br />

temperaturneutral gelagert. Das Etikett wird aus Gründen der Zeitersparnis während<br />

der Erntezeit erst im Laufe <strong>des</strong> Jahres aufgebracht.<br />

Herr Kohl hat <strong>für</strong> sein hervorragen<strong>des</strong> Marketing 2011 den Marketing-Award<br />

gewonnen. Über das aufwändige Marketing werden die Säfte im höheren<br />

Preissegment vermarktet. Dabei gibt es Premiumsäfte, Gourmet Plus oder die<br />

klassische Linie. Eine Flasche sortenreiner Premiumsaft mit 0,75 Liter Inhalt kostet<br />

2,90€. Der Markt <strong>für</strong> diese Säfte ist in Südtirol relativ klein. Vorrangig gehen die Säfte<br />

nach Deutschland, Norditalien, Tschechien, Ukraine und Slowakei. Dort werden sie<br />

hauptsächlich in Großstädten verkauft.<br />

63


Regal im Hofladen mit verschiedensten Saftsorten<br />

Nach der Betriebsführung wurde im Verkaufsraum eine Saftverkostung durchgeführt.<br />

Jeder durfte den Saft der Sorte Jonagold und der Sorte Elstar probieren. Danach gab<br />

es auch noch die Gourmet Plus Variante mit Marille zum Verkosten. Es wurde deutlich,<br />

dass es sich hierbei um qualitativ sehr hochwertige Säfte handelt und so mancher<br />

staunte auch über den unterschiedlichen Geschmack, den die verschiedenen<br />

Apfelsorten hervorbringen können. Überzeugt von dem Geschmack und der Qualität<br />

kaufte nach der Verkostung ein Großteil der Exkursionsteilnehmer Produkte im<br />

Genussladen auf dem Troidner Hof.<br />

64


19. Versuchszentrum Laimburg<br />

Claudia Heinze, Eva-Maria Brunlehner<br />

19.1 Geschichte<br />

Im Jahr 1968 wurden die ersten Versuchsanlagen angelegt, und die offizielle Gründung<br />

<strong>des</strong> Versuchszentrums fand 1975 nach dem Lan<strong>des</strong>gesetz Nr. 53 vom 3. November<br />

statt.<br />

Bereits 1978 wurde das Versuchszentrum durch den Neubau der Hofstelle Mair am<br />

Hof in Dietenheim/Bruneck und die Übernahme <strong>des</strong> Außenbetriebes Seeburg erweitert.<br />

Das Agrikulturchemie Labor nahm 1979 seine Arbeit auf.<br />

Die Staatsgüter ONC-Höfe in Freiberg/Meran und der Ölleitenhof am Kalterer See<br />

wurden 1980 <strong>für</strong> Versuche im Obst- und Weinbau übernommen.<br />

Ein wichtiger Punkt in der Geschichte <strong>des</strong> Versuchszentrums Laimburg war der Bau<br />

<strong>des</strong> Felsenkellers von 1989 bis 1990; die Kellerei wurde bereits 1993 erweitert und<br />

2003/2004 nochmals ausgebaut.<br />

Versuchszentrum Laimburg<br />

19.2 Allgemeines zum Versuchszentrum<br />

65<br />

Die Gärten von Schloss<br />

Trauttmansdorff wurden ab<br />

1994 errichtet und 2001 <strong>für</strong><br />

Besucher geöffnet.<br />

Bedeutsam waren die<br />

Aufnahme der Arbeit am<br />

Molekularbiologischen Labor<br />

und der Beginn <strong>des</strong> Aufbaus<br />

der Genbank im Jahr 2002.<br />

In der Genbank werden alle<br />

Arten von Apfelsorten<br />

aufbewahrt (i.M. 150<br />

Genprofile).<br />

Das Versuchszentrum Laimburg wurde gegründet um praxisorientiert zu forschen und<br />

um die Südtiroler Landwirtschaft auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu gestalten.Derzeit<br />

arbeiten 200 Mitarbeiter plus 200 Saisonarbeitskräfte am Versuchszentrum. Die


Forschungsgebäude und die landwirtschaftlichen Flächen befinden sich in<br />

Lan<strong>des</strong>besitz und sämtliche Erzeugnisse werden auf herkömmlichem Weg vermarktet.<br />

Die landwirtschaftlichen Flächen befinden sich im Pustertal, im Vinschgau und in der<br />

Gegend rund um Brixen. Davon sind rund 160 Hektar Obstbau, 45 Hektar Weinbau<br />

und 15 Hektar Grünland. Der Obstbau findet auf Flächen statt, die auf 200 bis 800<br />

Metern Meereshöhe liegen. Die Grünlandbewirtschaftung erstreckt sich bis auf eine<br />

Höhe von 1800 Metern; die Almwirtschaft geht darüber hinaus.<br />

Am Versuchszentrum Laimburg befinden sich verschiedene Einrichtungen wie<br />

beispielsweise ein Bodenlabor oder auch ein Weinlabor.<br />

Hier werden in der Pflanzenschutz-Abteilung Mittel- und Verträglichkeitsprüfungen<br />

sowie Blatt- und Rückstandsuntersuchungen durchgeführt.<br />

Die Aufgabenschwerpunkte im Obstbau sind die Sortenprüfungen und die darauf<br />

basierenden Sortenempfehlungen. Im Weinbau werden verschiedene Anbauformen<br />

überprüft, dadurch können produktionstechnische Hinweise an die Landwirte<br />

weitergegeben werden. Die Analysen werden zu 60 Prozent im Auftrag der Winzer<br />

durchgeführt. Weitere Aufgaben <strong>des</strong> Weinbaulabors sind: Vergleich verschiedener<br />

Weinbehandlungsmittel, Studien hinsichtlich aktueller Weinkrankheiten und<br />

Durchführung von Reifetests <strong>für</strong> Keltertrauben. Insgesamt werden in der Kellerei<br />

jährlich 200.000 Flaschen Rot- und Weißwein abgefüllt und vermarktet.<br />

Auf dem Gelände <strong>des</strong> Versuchszentrums Laimburg ist die Fachschule <strong>für</strong> Ost-, Garten-<br />

und Weinbau angegliedert. Trotz der eigenständigen Verwaltung findet hier ein reger<br />

Austausch beispielsweise durch Projekte statt.<br />

Interessant zu erwähnen ist das Projekt „Originale“ in Zusammenarbeit mit der<br />

Universität Bozen. Ziel der Zusammenarbeit ist die Förderung regionaler Obst-,<br />

Fleisch- und Milchprodukte.<br />

19.3 Apfelanbau<br />

Durchschnittlich werden auf den Versuchsflächen 50 Tonnen pro Hektar geerntet; die<br />

frühesten Sorten bereits Mitte August. Danach kommen die Äpfel in die Sortieranlage<br />

und werden anschließend im eigenen Lagerhaus eingelagert. Die beliebtesten Sorten<br />

sind „Golden Delicious“, „Gala“ und „Red Delicious“. Die Preise liegen je nach Sorte<br />

zwischen 25 und 70 Eurocent pro Kilogramm.<br />

66


19.4 Sortenprüfung<br />

Die wechselnden Anforderungen <strong>des</strong> Marktes verlangen eine laufende Anpassung <strong>des</strong><br />

Apfelsortiments, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. In der Sortenprüfung<br />

werden <strong>des</strong>halb interessante Neuzüchtungen aus aller Welt auf ihre Eignung <strong>für</strong> das<br />

Südtiroler Anbaugebiet getestet. Geachtet wird dabei auf Fruchtqualität und günstige<br />

Baumeigenschaften.<br />

Durch eine eigene Züchtung sollen angepasste Sorten entwickelt werden, die in ihren<br />

Fruchteigenschaften den Anforderungen <strong>des</strong> Konsumenten entsprechen. Ein<br />

besonderes Augenmerk wird dabei auch auf die Resistenz gegenüber Schaderregern<br />

gelegt.<br />

Die Konservierung und Vorvermehrung von Apfelsorten garantiert dem<br />

Baumschulwesen und letzten En<strong>des</strong> dem Obstbauern kontrolliertes Pflanzmaterial.<br />

19.5 Clubsorten<br />

Clubsorten in Südtirol<br />

Sorten sind im Testanbau.<br />

67<br />

Unter Clubsorten versteht man<br />

Sorten, die exklusiv vermarktet<br />

werden. Der Clubinhaber übernimmt<br />

hierbei alle Aufgaben. Will ein<br />

Landwirt eine Clubsorte anbauen, so<br />

muss er eine Lizenzgebühr<br />

entrichten; da<strong>für</strong> werden Clubsorten<br />

auch zu höheren Preisen vermarktet.<br />

Die wohl wichtigsten Clubsorten sind<br />

„Cripps Pink“ und „Rosy Glow“. Sie<br />

werden unter dem Markennamen<br />

„Pink Lady®“ verkauft.<br />

Im Bioanbau ist bisher nur die Sorte „Evelina“ zugelassen.<br />

Bisher wurden 40.000 Sämlinge gepflanzt ; 5


19.6 Lagerung<br />

Die Erntefrische von Obst und Gemüse soll durch eine optimale Lagerung über einen<br />

möglichst langen Zeitraum hinweg erhalten bleiben. Dem Konsumenten stehen somit<br />

Lagerschäden an Äpfeln<br />

Lagerschäden vor.<br />

68<br />

Früchte länger in hochwertiger Qualität zur<br />

Verfügung, und es kann auf die saisonal<br />

bedingte Nachfrage <strong>des</strong> Marktes flexibel<br />

reagiert werden. Die Frische der geernteten<br />

Früchte wird mittels Anwendung<br />

konsumentenfreundlicher und<br />

umweltschonender Lagerverfahren erhalten.<br />

Angewandt wird bei der Lagerung die „ultra-<br />

low-oxygen-Methode“. Hierbei wird der<br />

Stoffwechsel <strong>des</strong> Apfels soweit verlangsamt,<br />

dass er sich praktisch in einer Art Winterschlaf<br />

befindet. Der Lagerraum wird dazu mit<br />

Stickstoff aufgefüllt; der Sauerstoffgehalt wird<br />

streng reguliert und liegt lediglich zwischen<br />

1,2 und 1,4 Prozent. Sind die Äpfel innen braun oder<br />

haben ein eher glasiges Fruchtfleisch, so liegen<br />

Logo <strong>des</strong> Versuchszentrums Laimburg


20. Felsenkeller Laimburg mit Weinverkostung<br />

Silke Petershammer, Regina Koller<br />

Im Felsenkeller<br />

Am Donnerstagabend hatten wir die Ehre, den Lan<strong>des</strong>hauptmann Luis Durnwalder im<br />

Felsenkeller besuchen zu dürfen. Dieser Felsenkeller wurde vor circa 18 Jahren in den<br />

Felsen eingefräst. Die Kosten beliefen sich dabei auf etwa 162 Euro pro m².<br />

In den Räumen können bis zu 86.000 Weinflaschen Platz zur Lagerung finden; derzeit<br />

lagern um die 18.000 Flaschen in diesem Keller. Es gibt einen eigenen<br />

Verkostungsraum, da der Lan<strong>des</strong>hauptmann immer wieder betont, landwirtschaftliche<br />

Produkte seien Botschafter <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Herr Durnwalder empfängt in diesem Keller<br />

seine Gäste, zu denen bereits der österreichische Bun<strong>des</strong>kanzler, Kommissare,<br />

Olympiasieger und jetzt wir, die Studenten der TU München, zählen. Der<br />

Verkostungsraum wurde mit einer Harzschicht verkleidet, um der Bildung von<br />

Kondensationswasser an der Decke vorzubeugen. Der Felsenkeller ist laut Herrn<br />

Durnwalder der Verwaltungssitz der landwirtschaftlichen Kulturgründe Südtirols.<br />

Zuständig sei die Verwaltung <strong>für</strong> ca. 13.000 Sozialwohnungen, <strong>für</strong> eine Forstwirtschaft<br />

mit ca. 12.000 ha Fläche und eine Landwirtschaft, die ungefähr 450 ha<br />

landwirtschaftliche Kulturgründe, 180 ha Obst, 50 ha Wein und 5 ha Gemüse<br />

beinhaltet.<br />

Bei seiner Ansprache betonte Herr Durnwalder die Bedeutung Südtirols in der<br />

Apfelproduktion. Jeder 10. Apfel in Europa werde in Südtirol produziert. Die Hälfte der<br />

Äpfel gehen in den Export nach Deutschland. Wichtig, aber auch problematisch sei<br />

dabei die Lagerung der Äpfel. Eine wichtige Aufgabe der Laimburg<br />

69


ist es <strong>des</strong>halb, die Forschung voran zu treiben. Gelte es doch, die verschiedenen<br />

Sorten mit deren jeweiligen Standorteigenschaften, die Düngung oder auch das<br />

richtige Zuschneiden von den Bäumen zu verbessern.<br />

Auch in Südtirol gäbe es einen zeitlichen Wandel. Hatte man früher beispielsweise<br />

1.500 große Bäume, jetzt hat man 4.500 kleine Bäume. Immerhin sind 50 % der Fläche<br />

Südtirols ausschließlich Wald, der nicht nur zur Holzgewinnung, also<br />

Biomasseproduktion dient, sondern auch eine wichtige Rolle bei der<br />

Landschaftsgestaltung, der Erholung und der Landschaftssicherheit hat und dies nicht<br />

zuletzt wegen den jährlich 6 Millionen Touristen.<br />

Der Weinbau ist in Südtirol auch außerordentlich wichtig. Laut Herrn Durnwalder sei<br />

dies nicht nur der Wein selbst, sondern auch dort wo der Wein angebaut wird, da hier<br />

ein anderes Klima, andere Sitten, andere Gebräuche und andere Kulturen zu finden<br />

sind. Aus diesem Grund erscheine Herrn Durnwalder der Felsenkeller auch der<br />

passende Ort <strong>für</strong> politische Verhandlungen. Trotz alledem versucht man in Südtirol<br />

Qualität statt Quantität vorherrschen zu lassen. Der Südtiroler Wein mache zwar nur<br />

0,8 % am gesamten italienischen Wein aus, aber 14 % der Auszeichnungen gingen an<br />

eben diese besonderen Weine.<br />

Die Weine werden in Holzfässer gelagert, da das Holz den Charakter <strong>des</strong> Weines<br />

unterstreichen solle. Die Fässer werden 6 – 8 Jahre <strong>für</strong> die Reifung <strong>des</strong> Weines<br />

verwendet und dann ausgewechselt. Die Weine werden alle 3, 5 und 10 Jahre<br />

verkostet, um zu wissen, wann derer geschmacklicher Höhepunkt erreicht ist. Für<br />

diese Verkostung werden auch Vergleichsweine aus aller Welt im Felsenkeller<br />

gelagert.<br />

Nach der sehr fesselnden und informativen Rede <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>hauptmanns ging es zur<br />

gemütlichen Weinprobe über. Alle Weine haben ihre Namen aus der nordischen<br />

Sagenwelt. Folgende Weine durften wir kosten:<br />

20.1 Weißweine<br />

Südtiroler Weißburgunder „Rayèt“ DOC<br />

(Rayèt = Strahlenstein mit Zauberkraft)<br />

Die Farbe ist ein strahlen<strong>des</strong> Gelb mit zartem Grün. Flüchtige Blütenaromen und<br />

Apfelduft können wahrgenommen werden. Die Säure hat eine tragende Struktur. Der<br />

Körper ist gut gebaut und zeigt Fülle und Nachhaltigkeit; trocken.<br />

70


Südtiroler Sauvignon „Oyèll“ DOC<br />

(Oyèll= kluge Herrin der Dolomiten)<br />

Die Farbe ist ein helles Strohgelb mit grünlichen Reflexen. Das<br />

Aroma ist ausgeprägt und markant nach Holunderblüten, Feigenmilch und<br />

Johannisbeeren. Ein mineralisch-salziger Wein. Gut strukturiert mit anregender Säure;<br />

trocken.<br />

Bis in die 90er Jahre wurde in Südtirol vermehrt Rotwein produziert.<br />

Jetzt werden 53 – 55 % Weißweine hergestellt.<br />

Südtiroler Gewürztraminer „Elyònd“ DOC<br />

(Elyònd = mutige Bergprinzessin mit goldenem Haar)<br />

Die Farbe ist ein kräftiges Goldgelb. Rosen, Lavendel und Zuckerfeigen prägen das<br />

Duftbild. Die angenehm begleitende Säure vermittelt Eleganz und Finesse. Opulent<br />

und ausgewogen; trocken.<br />

20.2 Rotweine<br />

Südtiroler Blauburgunder Riserva „Selyèt“ DOC<br />

(Selyèt = Glück bringende Wunderblume, die Welten offenbart)<br />

Die Farbe ist ein Dunkelrubin bis Purpurrot. Sein primäres Aroma erinnert an Maul- und<br />

Brombeeren. Extrakt, Herbe und Säure stehen mit den eingebundenen Aromen <strong>des</strong><br />

Eichenholzfasses im Gleichklang.<br />

71


Südtiroler Cabernet Sauvignon Riserva „Sass Roà” DOC<br />

(Sass Roà = glühend roter, magischer Stein im bleichen Fels)<br />

Die Farbe ist ein Dunkelpurpur mit granatroten Reflexen. Das Bukett ein Hauch<br />

von schwarzer Johannisbeere und Melisse, begleitet von den Lohestoffen der<br />

Eiche. Groß in seiner Struktur, reich an Gerbstoffen und lang anhaltend;<br />

trocken.<br />

Südtiroler Lagrein Riserva „Barbagòl“ DOC<br />

(Barbagòl = Hexenmeister, der die Sinne verzaubert)<br />

Die Farbe ist ein funkeln<strong>des</strong> Granatrot. Im Bukett sind Kirsche und Eichenholz<br />

angedeutet und bestens eingebunden. Weich beim Eintritt, kompakt und kräftig<br />

im Mittelbereich. Lang anhaltend und mit feiner körniger Herbe im Abgang;<br />

trocken.<br />

72


21. Obstgenossenschaft Cafa Meran<br />

Johannes Wenig, Markus Harrer<br />

21.1 Eckdaten<br />

Der Qualitätsleiter der Obstgenossenschaft Cafa Meran lieferte uns einen Einblick in<br />

die Abwicklung der verschiedenen Produktions- und Verarbeitungsphasen. Die<br />

Mitgliederzahl beträgt 349, von denen rund 1000 Hektar Anbaufläche stammen. 2011<br />

betrug die Anlieferungsmenge exakt 58.730,668 Tonnen Äpfel von 15 verschiedenen<br />

Sorten. Die beiden mengenmäßig bedeutendsten Sorten stellten dabei der Golden<br />

Delicious mit 48% und der Red Delicious mit 20% dar.<br />

21.2 Produktionsablauf<br />

Nach der Ernte im Herbst erfolgt eine optische Eingangskontrolle und Qualitätsprüfung.<br />

Dabei werden die Apfelkisten, die etwa 240 kg fassen, mit einem Barcode versehen,<br />

der die Rückverfolgbarkeit gewährleistet.<br />

Die Einlagerung in Kühlzellen läuft unter anderem mit Sauerstoffentzug ab. Das<br />

Verfahren heißt dynamische CA-Lagerung (DCA=Dynamic Controlled Atmosphere).<br />

Der Sauerstoffgehalt beträgt 0,3 bis 0,4 Prozent, um die Qualität der Früchte zu<br />

erhalten. Außerdem wird die Luftfeuchtigkeit auf 95% angehoben, sodass keine<br />

Schrumpfungserscheinungen auftreten.<br />

Eine weitere Methode Äpfel langfristig einzulagern, besteht in der Verwendung <strong>des</strong><br />

pulverförmigen MCP (Methylcyclopropen), einem Ethylenblocker. MCP ist nicht<br />

deklarationspflichtig, da keine Rückstände in den Früchten nachgewiesen werden<br />

konnten. Ethylen bewirkt bei Äpfeln das Voranschreiten <strong>des</strong> Reifeprozesses. Wird<br />

MCP eingesetzt, wird dieser nahezu vollständig zum Erliegen gebracht. Deshalb erfolgt<br />

die Anwendung mit MCP in der sogenannten ‚Smart Fresh‘ Qualitätssicherung zu<br />

einem genau definierten Zeitpunkt , um den genauen Reifegrad <strong>für</strong> die Auslieferung in<br />

den Handel festzulegen. In der Obstgenossenschaft dominiert jedoch die CA-<br />

Lagerung.<br />

Nach min<strong>des</strong>tens 5 bis 6 Monaten findet die Entnahme aus den Kühlzellen statt, die<br />

den ersten Schritt in Richtung Verkauf einleitet. Bei der vollautomatischen Sortierung<br />

mit Hilfe von Kameras auf bis zu 40 Qualitätsmerkmale, wie zum Beispiel Farbe und<br />

Größe, werden die Äpfel in drei Verkaufskategorien eingeteilt. Die erste Kategorie<br />

73


stellen Tafeläpfel dar. Äpfel mit kleinen Defekten wandern in die zweite Kategorie, die<br />

beispielsweise Discounter aufgrund <strong>des</strong> günstigeren Preises abnehmen. Äpfel, die<br />

große Defekte wie Hagelschäden aufweisen, und Fallobst gelangen als dritte Kategorie<br />

zur Verwertung in der Industrie. Diese stellt daraus Apfelsaft oder Obstbrände her. 70<br />

Kisten werden pro Stunde einsortiert. Der gesamte Transportweg läuft im Wasserbad<br />

ab, so dass die Äpfel vor Druckstellen bewahrt werden.<br />

21.3 Abrechnung und Vermarktung<br />

Ein Beratungsring informiert Landwirte über den rechtzeitigen Erntetermin. Kriterien<br />

hier<strong>für</strong> sind die Größe und die Farbe. Optimale Größen liegen zwischen 70 und 85<br />

Millimetern Durchmesser. Generell gilt: je mehr Äpfel der ersten Kategorie angeliefert<br />

werden, <strong>des</strong>to höher sind die Auszahlungsraten an die Obstbauern, die je nach<br />

Qualität im Durchschnitt bei 32 Cent pro kg liegen. In November erhalten die Betriebe<br />

zunächst eine kleine Anzahlung. Im Anschluss erfolgt alle drei Monate eine weitere<br />

Auszahlung. Die Endabrechnung über die erhaltene Menge wird erst ein Jahr nach der<br />

Ernte erledigt.<br />

Auslieferungen betreffen in Deutschland die Großkunden Edeka, Rewe, Lidl, Aldi und<br />

Tengelmann. Externe Gutachter stellen sicher, dass die qualitativ hochwertige Ware<br />

auch in den Regalen der Supermärkte ankommt. Qualitätsmängel haben Rücknahmen<br />

oder Preissenkungen zur Folge. In Italien verbleibt circa die Hälfte. Weitere Abnehmer<br />

sind Norwegen, Schweden, England und Spanien, aber es finden auch Exporte in<br />

Länder außerhalb der EU, wie Libyen und Ägypten, statt. Konsumenten in Nordafrika<br />

bevorzugen glänzende und knackig rote Äpfel. Auf diese Wünsche geht die<br />

Obstgenossenschaft mit speziellen Linien ein, die gewachst werden, um einerseits die<br />

Haltbarkeit auch bei höheren Temperaturen, andererseits das optisch gewünschte<br />

Erscheinungsbild zu gewährleisten.<br />

Doch auch innerhalb von Länders stellen Verbraucher unterschiedliche<br />

Qualitätsansprüche an Äpfel. Deutschland spaltet sich im Hinblick auf den Golden<br />

Delicious beispielsweise in Nord und Süd: der Norden verlangt grüne und kleine<br />

Früchte, wohingegen im Süden gelbliche und große Äpfel stärker nachgefragt werden.<br />

74


22. Betriebsbesichtigung Pflegerhof – Kräuterhof<br />

Andrea Dehoff, Anne Weber<br />

22.1 Allgemeines über den Pflegerhof<br />

Nach einer abenteuerreichen Busfahrt durch unwegsames Berggelände, mussten wir den<br />

restlichen Weg zu dem abgelegenen Kräuterhof „Pflegerhof“ der Familie Mulcher schließlich<br />

zu Fuß bestreiten.<br />

22.1.1 Betriebsstruktur<br />

Seit 1980 wird der in St. Oswald-Gemeinde Kastelruth gelegene Hof auf 800 m üNN<br />

biologisch bewirtschaftet. Als Urlauber aus dem Norden Deutschlands auf den<br />

Pflegerhof kamen, brachten sie die Idee eines Kräuterhofes mit. 1982 setzte die<br />

Familie neben anderen Betrieben dieser Region die Idee in die Tat um und<br />

bewirtschaftete zunächst 100 m 2 ,auf denen 10-15 Kräutersorten angebaut wurden.<br />

Unter Anleitung einer Gärtnerin aus der Familie und Seminarbesuchen seitens der<br />

anderen Familienmitglieder wurde mit Hilfe von weiteren Mitarbeitern, u.a. auch<br />

Studenten und Praktikanten, die Anbaufläche auf 2ha ausgeweitet. Auf dieser Fläche<br />

werden mittlerweile 80 verschiedene Kräutersorten und 500 verschiedene<br />

Kräuterjungpflanzen gezogen. Insgesamt gehören zum Betrieb 17ha wovon 5ha mit<br />

Kräutern bewirtschaftet werden.<br />

Der Anbau der Kräuter erfolgt auf Lehmböden, die ausgehoben und mit Sand<br />

vermischt werden, da die Kräuter auf diesen Böden besser wachsen. An wenigen<br />

Stellen der Felder befinden sich noch natürliche Sandböden.<br />

Trotz der hohen Lage wird der Anbau nicht nach Höhenlagen strukturiert. Neben den<br />

am Hof gezogenen Pflanzen werden auch Wildblumen verarbeitet, die zur Produktion<br />

von beispielsweise Sirup verwendet werden. Das Sammeln der Wildblumen<br />

erfordert jedoch einen sehr hohen Zeitaufwand.<br />

Die Hochsaison im Kräuteranbau ist von April bis Juni. Im November und Dezember<br />

findet das Verpacken der Mischungen, die Vorbereitungen <strong>für</strong> den Verkauf und die<br />

Reinigung der Felder statt.<br />

75


22.1.2 Philosophie<br />

Die Philosophie <strong>des</strong> Betriebes wird von dem Motto „Von Samen bis zum Endprodukt“<br />

getragen.<br />

Alle Pflanzen stammen aus eigener Nachzucht, wodurch die Gesundheit der Pflanzen<br />

der Erfahrung nach besser ist und Krankheitsausfälle verringert werden können. Der<br />

Pflegerhof ist ein anerkannter Biobetrieb, der mit dem Südtiroler Qualitätssiegel „Roter<br />

Hahn“ ausgezeichnet wurde. Die Leitung <strong>des</strong> Hofes folgt dem Grundsatz der<br />

Nachhaltigkeit und <strong>des</strong> umsichtigen Umgangs mit den zur Verfügung stehenden<br />

Rohstoffen. Problematisch könnte der Spritzmitteleinsatz der Nachbarn sein, da die<br />

eigenen Kräuter Spritzmittel aufnehmen könnten und somit kontaminiert wären. Bisher<br />

konnten jedoch keine Rückstände in den Kräutern nachgewiesen werden.<br />

22.2 Anbau der Kräuter<br />

22.2.1 Ausstattung<br />

Die Anzucht der Kräuter wird in 2 verschiedenen Gewächshäusern durchgeführt. Eines<br />

der Häuser wird im Winter mit einer Temperatur von 10°C -15°C beheizt, das andere<br />

ist ein doppelschichtiges Kalthaus, <strong>des</strong>sen Zwischenschicht erst ab einer<br />

Außentemperatur von minus sechs Grad Celsius beheizt wird. Dieses Haus dient dazu,<br />

die Pflanzen wetterfest zu machen und auf die natürlichen Bedingungen auf dem Feld<br />

vorzubereiten. Als Temperaturindikator dient ein Zitronenbaum, der sensibel auf<br />

Temperaturschwankungen reagiert.<br />

22.2.2 Kräuter<br />

Angebaut werden momentan 10 verschiedene Minze-Arten, die in<br />

Teemischungen Verwendung finden. Desweiteren sind zahlreiche Melisse-<br />

Sorten zu finden, die nur alle zwei Jahre angebaut werden. Zitronenmelisse<br />

beispielsweise ist mehrjährig.<br />

Genauere Informationen und die gesamte Produktpalette ist auf der Homepage<br />

<strong>des</strong> Pflegerhofs unter www.pflegerhof.com zu finden.<br />

76


22.2.3 Vorgehensweise beim Anbau<br />

Die Anzucht der Kräuter beginnt im Januar im beheizten Gewächshaus. Als Saatgut<br />

werden sowohl Samen aus eigener Zucht sowie Wildsamen verwendet. Die<br />

Auspflanzung der Wildpflanzen findet im Frühjahr statt.<br />

Früher wurde noch am Steilhang angebaut; aufgrund hoher Auswaschungen und der<br />

erschwerten Bearbeitung erfolgte aber eine Umstrukturierung auf Terrassenanbau.<br />

Angebaut werden die Pflanzen im Reihensystem, d.h. pro Reihe eine Kräuterart. Durch<br />

den Anbau in Mischkulturen profitieren die Pflanzen voneinander und beeinflussen sich<br />

positiv, was natürlich gute Kenntnisse hinsichtlich der Verträglichkeit und<br />

Unverträglichkeit verschiedener Pflanzen erfordert. Die Wege zwischen den einzelnen<br />

Reihen werden mit Hackschnitzeln aufgeschüttet, die einen festen Untergrund <strong>für</strong> den<br />

Transporter und die zahlreichen Besucher bildet, die auf Führungen den Pflegerhof<br />

besichtigen.<br />

Alle Felder werden von Hand gejätet, Schädlingsbekämpfung wird keine durchgeführt,<br />

da es sich um einen Biobetrieb handelt. Bisher hatte die Familie keine Probleme mit<br />

dieser Art der Bewirtschaftung.<br />

Gedüngt wird maximal dreimal jährlich mit Rhizinusschrot, dem Pressrückstand aus<br />

der Ölgewinnung, das aus Ungarn bezogen wird. Dieses ist in der Biobranche ein<br />

anerkannter Dünger, der sowohl im Gewächshaus als auch auf dem Feld ausgebracht<br />

wird. Hierbei ist jedoch genau auf die ausgebrachte Menge zu achten, da es bei zu<br />

hoher Düngung zu einer negativen Beeinflussung <strong>des</strong> Aromas kommt.<br />

Die Bewässerung der Flächen wird hauptsächlich über eine Genossenschaft geregelt.<br />

Hierbei steht jedem Betrieb ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung, in dem Wasser<br />

bezogen werden kann. Da die von der Genossenschaft zur Verfügung gestellte<br />

Wassermenge jedoch nicht ausreicht, wird über eine betriebseigene Quelle zusätzlich<br />

Wasser bezogen.<br />

22.2.4 Ernte und Konservierung<br />

Als 1982 mit dem Kräuteranbau begonnen wurde, waren aufgrund der geringen<br />

Anbaufläche noch drei Schnitte mit der Sichel möglich. Einen großen Nachteil dieser<br />

Erntemethode stellte jedoch der mechanische Druck auf die Kräuter dar, der auf den<br />

einzelnen Pflanzen viele Druckstellen hinterließ und durch den das gewünschte<br />

Ernteergebnis häufig nicht erzielt wurde.<br />

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Heute sind die Flächen <strong>für</strong> eine Ernte von Hand zu groß und es gibt schonendere<br />

Ernteverfahren. So wird eine Maschine eingesetzt, die eigentlich <strong>für</strong> den Schnitt von<br />

Stecklingen konstruiert ist. Das Gerät wird jeweils über eine Kräuterreihe gefahren,<br />

wobei ein Messbalken an der Maschinenunterseite die Pflanze abschneidet. Durch ein<br />

Gebläse wird das Schnittgut in einen Sack geblasen ohne dass es zu Quetschungen<br />

<strong>des</strong> empfindlichen Materials kommt. Obwohl die Erntemaschine sehr<br />

pflanzenfreundlich arbeitet, müssen vereinzelt Kräuter noch von Hand geerntet<br />

werden, wie beispielsweise die Ringelblume und die<br />

Malve. Bei der Kamille kommt die Kammernte zum Einsatz.<br />

Nach der Ernte werden die Kräuter in der Entfeuchtungsanlage bei 10-12°C<br />

entfeuchtet. Die Schubladen, in denen die Kräuter in der Maschine liegen, sind<br />

durchlöchert, wodurch die aufsteigende warme Luft die Feuchtigkeit der Pflanzen nach<br />

außen transportieren kann. Dieses Verfahren stellt eine wesentlich schonendere<br />

Möglichkeit der Trocknung dar als ein Warmlufttrockner, der früher eingesetzt wurde.<br />

Der Trocknungsvorgang dauert jetzt zwar länger, da<strong>für</strong> ist er sehr pflanzenschonend,<br />

bietet durch das Schubladensystem eine lockere Trocknung und die Kräuterfarbe bleibt<br />

besser erhalten. In der letzten Stunde der Trocknungsphase wird die Temperatur auf<br />

29°C erhöht, damit sich die Stängel der Pflanzen beim sogenannten „rebbeln“ leichter<br />

lösen lassen. Als Hilfsmittel dient eine Gebläsemaschine, die Stängel, Blätter und<br />

Staub voneinander trennt. Anschließend werden die getrockneten Kräuter eingefroren,<br />

um Eier, Larven und Insekten, die sich auf den Pflanzen befunden haben, abzutöten.<br />

Das Abfüllen <strong>des</strong> getrockneten Materials erfolgt manuell, da unerwünschte<br />

Bestandteile, wie eben die abgetöteten Insekten o.ä. bei einem maschinellen Abfüllen<br />

nicht ausselektiert werden können.<br />

22.2.5Verarbeitung und Verkauf der Produkte<br />

Neben Brotaufstrichen, Sirup, Kräuterkissen und -bädern werden hauptsächlich<br />

Kräuter sowie Kräuter- und Teemischungen aus eigener Produktion angeboten.<br />

Desweiteren können Jungpflanzen und Saatgut der jeweiligen Kräuter erworben<br />

werden. Kosmetika wie Cremes, die die Kräuter <strong>des</strong> Hofes beinhalten, müssen aus<br />

Gründen von Hygienegesetzen von einem externen Labor in Padua hergestellt werden.<br />

Im Laden ist ein Heft erwerblich, in dem die gesamte Produktpalette mit Bildern und<br />

der Beschreibung je<strong>des</strong> Krautes, sowohl was die Botanik als auch die Wirkung und<br />

Anwendung betrifft, zusammengefasst ist. Die Verpackungen der einzelnen Produkte<br />

sind mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet und folgen einer gemeinsamen<br />

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Marketinglinie. Zum einen soll die Verpackung die Qualität der Kräuter bewahren und<br />

somit nicht viel Licht einlassen, zum anderen möchte der Verbraucher auf einen Blick<br />

sehen, was er kauft. Auf speziellen Wunsch, ist die Zustellung der Ware auch per Post<br />

möglich. Der Verkauf der Produkte findet zu 50% im Hofladen und zu 50% auf<br />

Bauernmärkten, in Feinkostläden und an Restaurants statt. Auf dem Bauernmarkt wird<br />

jedoch nur eine geringe Produktauswahl angeboten, um die Kunden, die gesteigertes<br />

Interesse am Angebot haben, auf einen Besuch auf dem Hof zu animieren<br />

Schild am Hofeingang<br />

Danke<br />

Abschließend bedanke ich mich nochmals ganz herzlich bei den jeweiligen<br />

Gastgebern auf unserer Exkursion, die sich <strong>für</strong> uns viel Zeit genommen haben<br />

und uns auf alle Fragen bereitwillig antworteten. Ganz herzlich bedanke ich<br />

mich auch beim Lan<strong>des</strong>hauptmann Luis Durnwalder <strong>für</strong> das besondere Erlebnis<br />

eines Empfangs im Felsenkeller. Ein Dankeschön schließlich an die<br />

Studierenden <strong>für</strong> die engagierte Teilnahme, die Anfertigung der Protokolle und<br />

die überaus hilfreiche Mitwirkung bei der Organisation.<br />

Heißenhuber<br />

Zitronenbaum als Thermometer<br />

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