Binnendünen und Sandrasen - Blumenamwegesrand.de
Binnendünen und Sandrasen - Blumenamwegesrand.de
Binnendünen und Sandrasen - Blumenamwegesrand.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Biotope in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg 1<br />
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
von<br />
Thomas Breuning <strong>und</strong> Gabriele Thielmann
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Umweltministerium<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Postfach 103439<br />
7000 Stuttgart 10<br />
Verantwortlich für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>und</strong> zu beziehen über:<br />
Lan<strong>de</strong>sanstalt für Umweltschutz<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Postfach 210752<br />
7500 Karlsruhe 21<br />
Redaktion: Thomas Sattler<br />
Anschriften <strong>de</strong>r Autoren:<br />
Dipl.-Geogr. Thomas Breunig,<br />
Institut für Botanik <strong>und</strong> Landschaftsk<strong>und</strong>e<br />
Rüppurrer Straße 130<br />
7500 Karlsruhe l<br />
Dipl.-Geogr. Gabriele Thielmann<br />
Marburger Straße 7<br />
6000 Frankfurt 90<br />
Bildnachweis:<br />
Generallan<strong>de</strong>sarchiv Karlsruhe 2, Kusch,<br />
Plass 3, Sattler 7, Schach, Steinmetz 10,<br />
Trautner 2, Westrich, Winterhoff7<br />
Titelbild:<br />
Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne -<br />
Pferdstrieb", Foto: Steinmetz<br />
Gestaltung:<br />
merz grafik,<br />
umweltorientierte <strong>de</strong>signagentur<br />
hei<strong>de</strong>lberg<br />
Litho <strong>und</strong> Druck:<br />
Heinz Holler<br />
Druck <strong>und</strong> Verlag GmbH<br />
Karlsruhe<br />
Alle Rechte, auch die <strong>de</strong>s auszugsweisen Nachdrucks, <strong>de</strong>r Übertragung in Bildstreifen<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Übersetzung vorbehalten.<br />
2
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Sand <strong>und</strong> Wind - wo immer bei<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Natur zusammentreffen, entstehen<br />
Dünen; an <strong>de</strong>r Nordseeküste ebenso wie in <strong>de</strong>r Sahara...<br />
Weitgehend unbekannt ist, dass es auch in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg Dünen gibt.<br />
Sie stellen eine Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r nördlichen Oberrheinebene dar <strong>und</strong> sind<br />
gleichzeitig Zeugen einer lange vergangenen Zeit.<br />
Heute bieten Dünen- <strong>und</strong> Flugsandgebiete einen einzigartigen Lebensraum<br />
für sehr seltene <strong>und</strong> gefähr<strong>de</strong>te Tiere <strong>und</strong> Pflanzen. Deshalb wur<strong>de</strong>n<br />
beson<strong>de</strong>rs wertvolle Biotoptypen dieser Gebiete, wie offene <strong>Binnendünen</strong>,<br />
<strong>Sandrasen</strong> <strong>und</strong> naturnahe Kiefernwäl<strong>de</strong>r, durch das Biotopschutzgesetz, das<br />
am l. Januar 1992 in Kraft trat, unter Schutz gestellt.<br />
Einen Auszug <strong>de</strong>s neuen Biotopschutzgesetzes, das dazu beitragen soll, die<br />
Vielfalt <strong>de</strong>r Flora <strong>und</strong> Fauna in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg zu bewahren, fin<strong>de</strong>t man<br />
im Anhang.<br />
Diese Broschüre, die in Zusammenarbeit <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sanstalt für Umweltschutz<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg mit <strong>de</strong>m ba<strong>de</strong>n-württembergischen Umweltministerium<br />
entstand, stellt die außergewöhnlichen Biotope <strong>und</strong> ihre Bewohner vor. Ein<br />
wesentlicher Gr<strong>und</strong> für ihre Gefährdung liegt darin, dass nur wenige die<br />
wertvollen, aber oft unscheinbaren Biotope kennen.<br />
3<br />
Karte aus <strong>de</strong>m Jahr 1784 mit Darstellung <strong>de</strong>r Dünen von Oftersheim
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Verbreitung<br />
Flugsand <strong>und</strong> Dünen gibt es nicht nur an Meeresküsten <strong>und</strong> in Wüsten,<br />
son<strong>de</strong>rn auch im Binnenland Mitteleuropas. Hier kommen sie entlang <strong>de</strong>r<br />
großen Flussläufe vor <strong>und</strong> sind Zeugen früherer Klimaverhältnisse, als<br />
Mitteleuropa am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r letzten Eiszeit nur von einer spärlichen Vegetation<br />
be<strong>de</strong>ckt war <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Wind ungehin<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Sand aus <strong>de</strong>n Schotterfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />
Flüsse ausblasen konnte.<br />
In Ba<strong>de</strong>n-Württemberg sind Flugsandgebiete <strong>und</strong> Dünen eine Beson<strong>de</strong>rheit<br />
<strong>de</strong>r nördlichen Oberrheinebene. Sie kommen hier auf einem bis zu 12<br />
Kilometer breiten <strong>und</strong> etwa 100 Kilometer langen Band von Rheinmünster im<br />
Sü<strong>de</strong>n bis zur hessischen Lan<strong>de</strong>sgrenze im Nor<strong>de</strong>n vor. Von dort aus reichen<br />
sie weiter nach Nor<strong>de</strong>n bis in die Gegend um Frankfurt <strong>und</strong> Aschaffenburg.<br />
Auch linksrheinisch gibt es Flugsandgebiete, im Hagenauer Forst, im<br />
Bienwald, bei Speyer <strong>und</strong> zwischen Mainz <strong>und</strong> Bingen.<br />
Steiler Dünen – Ostabhang im Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne –<br />
Pferdstrieb“<br />
In Ba<strong>de</strong>n-Württemberg sind Flugsandablagerungen eng an die<br />
würmeiszeitliche Nie<strong>de</strong>rterrasse <strong>de</strong>s Rheins geb<strong>und</strong>en; fast alle Dünen liegen<br />
auf <strong>de</strong>n sandigkiesigen Sedimenten dieser eiszeitlichen Ablagerung. Vom<br />
Käfertal-Viernheimer Sand im Nor<strong>de</strong>n, bis zur Iffezheimer Hardt im Sü<strong>de</strong>n gibt<br />
es sieben größere Sandgebiete. Sie sind durch die Nie<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m<br />
Rhein zufließen<strong>de</strong>n Bäche <strong>und</strong> Flüsse voneinan<strong>de</strong>r getrennt (Neckar,<br />
Leimbach, Kraich, Saalbach, Alb <strong>und</strong> Murg). Im Westen wer<strong>de</strong>n sie von <strong>de</strong>r<br />
holozänen Rheinaue <strong>und</strong> im Osten von <strong>de</strong>r ehemals feuchten Nie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />
früheren Kinzig-Murg-Flußsystems begrenzt.<br />
Die Mächtigkeit <strong>de</strong>r Sandablagerungen ist in <strong>de</strong>n einzelnen Gebieten sehr<br />
unterschiedlich. Hohe Dünen entstan<strong>de</strong>n vor allem in <strong>de</strong>r Iffezheimer <strong>und</strong><br />
Hockenheimer Hardt sowie im Schwetzinger Sand.<br />
4
Der Wind als formen<strong>de</strong> Kraft<br />
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Während <strong>de</strong>r letzten Kaltzeit führte <strong>de</strong>r Rhein weitaus größere Wassermengen<br />
als heute. San<strong>de</strong> <strong>und</strong> Kiese, die er <strong>und</strong> seine Zuflüsse aus <strong>de</strong>n Alpen <strong>und</strong><br />
Mittelgebirgen anlieferten, wur<strong>de</strong>n im Oberrheingraben auf großen<br />
Schotterflächen als Nie<strong>de</strong>rterrasse abgelagert. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kaltzeit, vor r<strong>und</strong><br />
10 000 Jahren, schnitt sich <strong>de</strong>r nun nicht mehr so wasserreiche Rhein in die<br />
Nie<strong>de</strong>rterrasse ein <strong>und</strong> zog sich somit auf seine heutige, durch das<br />
Hochgesta<strong>de</strong> begrenzte Aue zurück. Weite Bereiche <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rterrasse fielen<br />
dadurch trocken <strong>und</strong> waren nicht mehr <strong>de</strong>n Überflutungen <strong>de</strong>s Rheins<br />
ausgesetzt.<br />
5<br />
Verbreitung <strong>de</strong>r Flugsandgebiete in <strong>de</strong>r Oberrheinischen Tiefebene nach <strong>de</strong>r<br />
Geologischen Übersichtskarte 1:200 00, B<strong>und</strong>esanstalt für Geowissenschaft<br />
<strong>und</strong> Rohstoffe, 1986
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Während dieser Übergangsphase zu unserer jetzigen Warmzeit konnte <strong>de</strong>r<br />
Wind die feineren Bestandteile aus <strong>de</strong>n Schotterflächen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rterrasse<br />
<strong>und</strong> Rheinaue ausblasen, da diese nur von einer lichten, steppenartigen<br />
Vegetation bewachsen waren. Er sortierte sie nach ihrer Größe:<br />
San<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n nur über wenige Kilometer verweht <strong>und</strong> noch in <strong>de</strong>r<br />
Rheinebene abgesetzt, die feineren Staubpartikel sehr viel weiter transportiert<br />
<strong>und</strong> als Löß abgelagert. Starke Stürme konnten sogar kleine Kieselsteine<br />
transportieren - sie sind vielfach in schmalen Streifen in <strong>de</strong>n Flugsand eingebettet.<br />
Da <strong>de</strong>r Rhein aus seinem Einzugsgebiet viel kalkhaltiges Material<br />
anlieferte, waren auch die Flugsan<strong>de</strong> kalkhaltig.<br />
links: Hockenheimer Hardt; rechts: Käfertal-Viernheimer Sand<br />
Blieb die Landoberfläche längere Zeit <strong>de</strong>m Wind ausgesetzt, wur<strong>de</strong> solange<br />
Feinmaterial ausgeweht, bis ein Steinpflaster entstand. Diese geschlossene<br />
Schicht aus Grobkiesen schützte <strong>de</strong>n darunter liegen<strong>de</strong>n Sand vor<br />
Verwehung. Die Kiese <strong>de</strong>s Steinpflasters sind oft glattgeschliffen <strong>und</strong> kantig<br />
(Windkanter); <strong>de</strong>r darüberstreichen<strong>de</strong>, sandbela<strong>de</strong>ne Wind wirkte wie ein<br />
Sandstrahlgebläse. Die Ablagerung <strong>de</strong>s San<strong>de</strong>s erfolgte als bis zu zwei Meter<br />
mächtige Flugsand<strong>de</strong>cken, die Rinnen <strong>und</strong> ebene Flächen verhüllten, o<strong>de</strong>r es<br />
wur<strong>de</strong>n bis zu 20 Meter hohe Dünen aufgeweht. Wegen ihrer Lage im<br />
Binnenland wer<strong>de</strong>n sie <strong>Binnendünen</strong> genannt. Beson<strong>de</strong>rs auffällig sind die<br />
mehrere Kilometer langen Dünenzüge am Ostrand <strong>de</strong>r Sandgebiete, daneben<br />
gibt es zahlreiche Einzeldünen <strong>und</strong> eine Reihe von Dünenfel<strong>de</strong>rn, die aus<br />
vielen unregelmäßig angeordneten Dünen bestehen. Die Hohlformen<br />
zwischen <strong>de</strong>n Dünen, aus <strong>de</strong>nen Sand ausgeblasen wur<strong>de</strong>, wer<strong>de</strong>n als<br />
Deflationswannen bezeichnet.<br />
Die damals wie heute vorherrschen<strong>de</strong> Windrichtung aus Südwesten <strong>und</strong><br />
Westen bewirkte, dass die meisten Flugsan<strong>de</strong> rechtsrheinisch abgelagert<br />
wur<strong>de</strong>n. Die wenigen linksrheinischen Flugsandgebiete entstan<strong>de</strong>n durch<br />
San<strong>de</strong>, die aus <strong>de</strong>n Schwemmfächern <strong>de</strong>r Pfälzer Bäche ausgeweht wur<strong>de</strong>n.<br />
6
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Auch aus <strong>de</strong>r aerodynamischen Form <strong>de</strong>r Dünen lässt sich die<br />
Hauptwindrichtung während ihrer Entstehung ablesen: Der flachere Anstieg<br />
befin<strong>de</strong>t sich zumeist auf <strong>de</strong>r westlichen, win<strong>de</strong>xponierten Seite <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
steilere Abfall im Lee auf <strong>de</strong>r Ostseite.<br />
Die wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n <strong>Binnendünen</strong> kamen erst zum Stillstand, als sich im Zuge<br />
<strong>de</strong>s wärmer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Klimas die Vegetations<strong>de</strong>cke schloss <strong>und</strong> eine<br />
Bewaldung einsetzte.<br />
Mit <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>r San<strong>de</strong> begann die Entkalkung <strong>de</strong>r oberflächennahen<br />
Bereiche <strong>und</strong> damit die Bo<strong>de</strong>nbildung. Heute sind Brauner<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Bän<strong>de</strong>r-<br />
Parabrauner<strong>de</strong>n die typischen Bö<strong>de</strong>n aus Flugsan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Oberrheinebene.<br />
Bän<strong>de</strong>r-Parabrauner<strong>de</strong>n zeichnen sich durch einen gebän<strong>de</strong>rten Unterbo<strong>de</strong>n<br />
aus: durch Verwitterung entstan<strong>de</strong>ne Tonpartikel wer<strong>de</strong>n in unregelmäßigen,<br />
nur wenige Millimeter mächtigen Bän<strong>de</strong>rn durch das Sickerwasser in tiefere<br />
Schichten verlagert.<br />
Eine weitere Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r Flugsandbö<strong>de</strong>n stellen Osteokollen dar -<br />
Kalkkonkretionen, die man in tieferen Bo<strong>de</strong>nschichten fin<strong>de</strong>n kann. Sie<br />
entstehen dadurch, dass Kalk, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Sickerwasser aus <strong>de</strong>m Oberbo<strong>de</strong>n<br />
verlagert wird, in tieferen Schichten an <strong>de</strong>n Wurzeln von Bäumen wie<strong>de</strong>r<br />
ausfällt.<br />
Der Mensch greift ein<br />
Vermutlich bevor ein geschlossener Waldbestand vorhan<strong>de</strong>n war, griff <strong>de</strong>r<br />
Mensch in das kaum stabilisierte Landschaftsgefüge ein <strong>und</strong> brachte die<br />
Flugsan<strong>de</strong> erneut in Bewegung. Durch sein Wirtschaften zerstörte er die<br />
Vegetations<strong>de</strong>cke o<strong>de</strong>r lichtete sie soweit auf, dass <strong>de</strong>r Sand ungeschützt <strong>de</strong>r<br />
Erosionskraft <strong>de</strong>s Win<strong>de</strong>s ausgesetzt war. Beson<strong>de</strong>rs im Mittelalter kam es zu<br />
Verwehungen größeren Umfangs; die <strong>Binnendünen</strong> begannen wie<strong>de</strong>r zu<br />
wan<strong>de</strong>rn.<br />
Die wichtigsten Eingriffe waren die Rodung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s, um Ackerflächen zu<br />
gewinnen, <strong>und</strong> die extensive Waldwei<strong>de</strong>. Durch Beweidung entstand eine<br />
parkartige Landschaft, die stellenweise große vegetationslose Flächen<br />
aufwies. Wie wichtig die Waldwei<strong>de</strong> über Jahrh<strong>und</strong>erte war, kann man in alten<br />
Aufzeichnungen nachlesen. Endlose Streitigkeiten über Wei<strong>de</strong>rechte <strong>und</strong><br />
Verordnungen, die diese zu regeln <strong>und</strong> die Ressourcen zu schützen<br />
versuchten, sind hier dokumentiert. Namen von Waldabteilungen wie „Oberer<br />
Saubusch" o<strong>de</strong>r „Schaftrieb" erinnern an diese Zeit.<br />
Auch durch Streunutzung setzte <strong>de</strong>r Mensch <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn zu: Die Entnahme<br />
von Laub- <strong>und</strong> Na<strong>de</strong>lstreu als Dünger für die Äcker <strong>und</strong> übermäßiges<br />
Holzsammeln entzogen <strong>de</strong>m Wald ständig Nährstoffe; die Bö<strong>de</strong>n verarmten.<br />
7
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
links: Bän<strong>de</strong>r-Parabrauner<strong>de</strong><br />
rechts: Für Flugsandbö<strong>de</strong>n typische „Taschenbildung“<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>r Industrialisierung wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r schnell wachsen<strong>de</strong> Bedarf an<br />
Energie durch Holz ge<strong>de</strong>ckt. Dies führte zu einem weiteren Raubbau am Wald<br />
<strong>und</strong> zur Entwaldung ganzer Landstriche. Im Mannheimer Raum war Mitte <strong>de</strong>s<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts das für <strong>Sandrasen</strong> charakteristische Silbergras<br />
(Corynephorus canescens) „sehr verbreitet <strong>und</strong> zuweilen die einzige Spur <strong>de</strong>r<br />
Vegetation"» wie SCHMIDT in seiner „Flora von Hei<strong>de</strong>lberg" beschreibt.<br />
Die bekannteste landwirtschaftliche Nutzung, die auf Dünen betrieben wird<br />
o<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>, ist <strong>de</strong>r Spargelanbau. Aber auch für <strong>de</strong>n Weinbau waren die<br />
Dünen als einzige nennenswerte Erhebungen <strong>de</strong>r Rheinebene von<br />
Be<strong>de</strong>utung. Oftersheim mit seinen hohen Dünen war zeitweise die größte<br />
Weinbaugemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>r badischen Rheinebene. Auf <strong>de</strong>n Dünenkämmen wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Wein- <strong>und</strong> Spargelanbau jedoch vielfach wie<strong>de</strong>r aufgegeben, da die<br />
Sandverwehungen - vor allem während winterlicher Frostperio<strong>de</strong>n — zu stark<br />
waren. Heute zeugen nur noch Gewannamen wie „Wingertsbuckel" von <strong>de</strong>m<br />
ehemaligen Weinanbau, während <strong>de</strong>r Spargelanbau noch weit verbreitet ist.<br />
Die durch <strong>de</strong>n Menschen verursachten Sandverwehungen sind an <strong>de</strong>n<br />
Bo<strong>de</strong>nprofilen sichtbar: Wo die von Natur aus entkalkten oberen<br />
Bo<strong>de</strong>nschichten fehlen o<strong>de</strong>r von jungen Kalksan<strong>de</strong>n über<strong>de</strong>ckt sind, haben wir<br />
Zeugen einer meist mittelalterlichen Überformung vor uns. Auf diesen<br />
geologisch gesehen sehr jungen Sandverwehungen entstan<strong>de</strong>n kalkhaltige,<br />
humusarme Rohbö<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Pararendzinen, die sich <strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>n Bän<strong>de</strong>r-<br />
Parabrauner - <strong>de</strong>n älterer Dünen mit langer Bo<strong>de</strong>nentwicklung unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Dünenwan<strong>de</strong>rungen in geschichtlicher Zeit wer<strong>de</strong>n auch durch die Reste einer<br />
bronzezeitlichen Siedlung belegt, die unter einer 20 Meter hohen Düne bei<br />
Oftersheim ausgegraben wur<strong>de</strong>. Erst durch gezielte Wie<strong>de</strong>raufforstungen mit<br />
Wald-Kiefern (Pinus sylvestris) brachte man <strong>de</strong>n Sand zur Ruhe <strong>und</strong> wan<strong>de</strong>lte<br />
8
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
die für die Landwirtschaft unattraktiv gewor<strong>de</strong>ne Flächen in Na<strong>de</strong>lforste um.<br />
Wenige offene, unbewal<strong>de</strong>te Dünen blieben als Zeugen vergangener<br />
Nutzungen bestehen <strong>und</strong> faszinieren Naturfre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Wissenschaftler mit<br />
ihrer beson<strong>de</strong>ren Pflanzen- <strong>und</strong> Tierwelt.<br />
Silbergras-Flur im Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne, Pflege Schönau-<br />
Galgenbuckel“<br />
Offene <strong>Binnendünen</strong>: Eine Welt für sich<br />
Die nicht bewal<strong>de</strong>ten <strong>Binnendünen</strong> heben sich schon auf <strong>de</strong>n ersten Blick von<br />
ihrer Umgebung ab. Das liegt nicht nur an ihrer „hervorragen<strong>de</strong>n"<br />
Morphologie, auch das Pflanzenkleid unterschei<strong>de</strong>t sie <strong>de</strong>utlich. Flora <strong>und</strong><br />
Fauna sind hier etwas Beson<strong>de</strong>res - <strong>de</strong>r Standort ist „eine Welt für sich".<br />
Welche Faktoren sind es nun, die unbewal<strong>de</strong>te <strong>Binnendünen</strong> von ihrer<br />
Umgebung unterschei<strong>de</strong>n?<br />
Der sandige Bo<strong>de</strong>n ist nicht in <strong>de</strong>r Lage, größere Mengen an Wasser zu<br />
speichern, die Nie<strong>de</strong>rschläge versickern o<strong>de</strong>r verdunsten schnell. Schon kurz<br />
nach einem Regen kann man trockenen Fußes über Dünen wan<strong>de</strong>rn, die<br />
Oberfläche ist schon nach kurzer Zeit durch Sonne <strong>und</strong> Wind völlig<br />
abgetrocknet. So entsteht Wassermangel, <strong>de</strong>r auch die Verfügbarkeit von<br />
Nährstoffen für die Pflanzen einschränkt.<br />
Ein weiteres Kennzeichen <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong> ist ihre schnelle <strong>und</strong><br />
starke Erwärmbarkeit <strong>und</strong> Auskühlung. Die oberen Bo<strong>de</strong>nschichten können im<br />
Sommer um 30 bis 40 Grad wärmer sein als die umgeben<strong>de</strong> Luft. Doch schon<br />
eine halbe St<strong>und</strong>e, nach<strong>de</strong>m die direkte Sonnenbestrahlung aufgehört hat,<br />
sind sie um 5 Grad kühler.<br />
9
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Die Temperaturschwankungen <strong>de</strong>r oberen Bo<strong>de</strong>nschichten sind Ausdruck <strong>de</strong>s<br />
Mikroklimas, das aufgr<strong>und</strong> fehlen<strong>de</strong>r Schattenspen<strong>de</strong>r durch hohe<br />
Sonneneinstrahlung <strong>und</strong> hohe Temperaturen <strong>de</strong>r bo<strong>de</strong>nnahen Luftschicht<br />
gekennzeichnet ist.<br />
Das bewirkt eine hohe Verdunstungsrate, die durch <strong>de</strong>n ungehin<strong>de</strong>rt über die<br />
Dünen streichen<strong>de</strong>n Wind noch erhöht wird. Hitze, Trockenheit <strong>und</strong> eine<br />
angespannte Nährstoffsituation sind es also, womit die Bewohner <strong>de</strong>r<br />
waldfreien Dünen leben müssen.<br />
Initialstadium <strong>de</strong>r Blauschillergras-Flur<br />
Spezialisten bestimmen die Szene<br />
Auf <strong>de</strong>n offenen <strong>Binnendünen</strong> bleibt das Feld Spezialisten überlassen, die<br />
durch verschie<strong>de</strong>ne Strategien mit <strong>de</strong>n ungünstigen Lebensbedingungen -<br />
Trockenheit <strong>und</strong> starker Erwärmung - zurechtkommen:<br />
Einjährige Arten wie das Sand-Hornkraut (Cerastium semi<strong>de</strong>candrum) o<strong>de</strong>r<br />
das Sand-Vergißmeinnicht (Myosotis stricta) schließen ihren Lebenszyklus vor<br />
Beginn <strong>de</strong>r Sommertrockenheit ab <strong>und</strong> überdauern die für sie ungünstige<br />
Jahreszeit als Samen. Der Scharfe Mauerpfeffer (Sedum acre) <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re<br />
Sukkulenten speichern Wasser in ihren verdickten Blättern. Viele Dünenpflanzen<br />
haben „wassersparen<strong>de</strong>" Einrichtungen zur Verringerung <strong>de</strong>r<br />
Transpiration: eingesenkte Spaltöffnungen, eine Wachsschicht o<strong>de</strong>r filzige<br />
10
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Behaarung wie die Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium). Das<br />
Wurzelwerk vieler Dünenpflanzen ist ausge<strong>de</strong>hnt. Sie haben entwe<strong>de</strong>r sehr<br />
tiefreichen<strong>de</strong> Wurzeln - o<strong>de</strong>r sie entwickeln zwei Wurzelsysteme, ein<br />
oberflächennahes, um Nährstoffe <strong>und</strong> frisch gefallenes Regenwasser<br />
aufzunehmen, <strong>und</strong> ein zweites, in die Tiefe reichen<strong>de</strong>s, um auch in<br />
Trockenzeiten an Wasser zu gelangen. Oberflächennah ist das<br />
Wurzelgeflecht sehr dicht, die Pflanzen haben seitlich weit reichen<strong>de</strong> Wurzeln.<br />
Diese scharfe Wurzelkonkurrenz bedingt die lockere Vegetation <strong>de</strong>r offenen<br />
Dünen: unterirdisch sind alle Plätze belegt.<br />
Wurzelverhältnisse in <strong>de</strong>r Blauschillergras-Flur nach VOLK (1931). Man erkennt<br />
ein bo<strong>de</strong>nnahes Wurzelsystem neben weit in die Tiefe reichen<strong>de</strong>n Wurzeln.<br />
So erfolgreich Dünenpflanzen auf trockenwarmen Standorten sind, so wenig<br />
Chancen haben sie auf „normalen" Standorten, wo sie <strong>de</strong>r Konkurrenz<br />
starkwüchsiger Arten unterliegen. Die meisten dieser Pflanzen haben <strong>de</strong>shalb<br />
eine enge Bindung an die Sandgebiete <strong>de</strong>r Oberrheinebene <strong>und</strong> fehlen in<br />
an<strong>de</strong>ren Landschaften Ba<strong>de</strong>n-Württembergs.<br />
Dies gilt beson<strong>de</strong>rs für die kontinentalen Pflanzen <strong>de</strong>r kalkhaltigen Flugsan<strong>de</strong><br />
zwischen Mannheim <strong>und</strong> Walldorf. Sie haben ihre Hauptverbreitung in <strong>de</strong>n<br />
Steppengebieten Osteuropas <strong>und</strong> besitzen in Mitteleuropa nur wenige, sehr<br />
isolierte Teilareale. Die meisten dieser Arten sind heute stark gefähr<strong>de</strong>t. Gäbe<br />
es nicht die bei<strong>de</strong>n Naturschutzgebiete bei Sandhausen, stün<strong>de</strong> die durch ihre<br />
filzige Behaarung auffällige Silberscharte (Jurinea cyanoi<strong>de</strong>s) kurz vor <strong>de</strong>m<br />
Aussterben, <strong>und</strong> die noch seltenere .Sand - Radmel<strong>de</strong> (Köchin laniflora) wäre<br />
in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg schon verschw<strong>und</strong>en.<br />
11
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Blauschillergras-Flur mit <strong>de</strong>r Silberscharte (Jurinea cyanoi<strong>de</strong>s).<br />
Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne – Pferdstrieb“, aufgenommen im<br />
August 1991.<br />
Charakteristisch für kalkfreie Flugsan<strong>de</strong> sind dagegen eine Reihe atlantisch<br />
verbreiteter Pflanzenarten. Die meisten von ihnen sind Pioniere, die rasch neu<br />
entstan<strong>de</strong>ne, offene Sandflächen besie<strong>de</strong>ln können. Deshalb - <strong>und</strong> wegen <strong>de</strong>r<br />
größeren Verbreitung <strong>de</strong>r kalkfreien Flugsan<strong>de</strong> — sind sie nicht so stark<br />
gefähr<strong>de</strong>t wie die kontinentalen Steppenpflanzen mit ihren sehr speziellen<br />
Standortansprüchen. Der Rückgang von mageren, lückig bewachsenen Sandflächen<br />
macht jedoch auch viele von ihnen zu Kandidaten für die Rote Liste.<br />
Eine typische Pflanze kalkfreier Flugsan<strong>de</strong> ist das horstförmig wachsen<strong>de</strong>,<br />
graublaue Büschel bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Silbergras (Corynephorus canescens). Es wird<br />
durch eine leichte. Übersandung geför<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> kann sich rasch auf<br />
brachgefallenen Sandäckern o<strong>de</strong>r in aufgelassenen Sandgruben einstellen.<br />
Dazu ist es jedoch nötig, dass in <strong>de</strong>r Nähe schon Silbergras-Bestän<strong>de</strong> vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind; lei<strong>de</strong>r ist dies immer seltener <strong>de</strong>r Fall.<br />
An ähnlichen Standorten wie das Silbergras <strong>und</strong> häufig mit diesem zusammen<br />
wachsen Früher Schmielenhafer (Aira praecox) <strong>und</strong> Nelken-Schmielenhafer<br />
(Aira caryophyllea). Diese bei<strong>de</strong>n hübschen <strong>und</strong> nur wenige Zentimeter hohen<br />
Gräser sind wenig trittempfindlich. Sie können <strong>de</strong>shalb auch an Rän<strong>de</strong>rn von<br />
Sandwegen wachsen <strong>und</strong> bil<strong>de</strong>n dort manchmal schmale, filigrane Säume.<br />
Eine weitere bemerkenswerte Pflanzengruppe <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong> sind<br />
die submediterranen Arten. Sie wer<strong>de</strong>n hier durch das warme Klima <strong>und</strong> die<br />
Trockenheit <strong>de</strong>r Bö<strong>de</strong>n gegenüber an<strong>de</strong>ren Pflanzen begünstigt. Die meisten<br />
allerdings sind nicht eng an Flugsandgebiete geb<strong>und</strong>en, son<strong>de</strong>rn können auch<br />
auf an<strong>de</strong>ren trockenwarmen Standorten ge<strong>de</strong>ihen. So kommt das<br />
Zwergsonnenröschen {Fumana procumbens) nicht nur auf offenen <strong>Binnendünen</strong><br />
vor, son<strong>de</strong>rn wächst auch auf <strong>de</strong>n Trockenhängen <strong>de</strong>s Kaiserstuhls.<br />
Der Zwerg-Schneckenklee {Medicago minima) mit seinen auffällig gedrehten<br />
<strong>und</strong> mit Wi<strong>de</strong>rhaken besetzten Hülsen ist sogar in <strong>de</strong>r Lage, anthropogene<br />
Standorte wie Bahnschotter o<strong>de</strong>r Schlackenbo<strong>de</strong>n zu besie<strong>de</strong>ln.<br />
12
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Auch die Flechten- <strong>und</strong> Pilzfora <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong> ist bemerkenswert.<br />
Sobald die <strong>Sandrasen</strong> ein Initialstadium überschritten haben <strong>und</strong> es zu keiner<br />
Sandverlagerung mehr kommt, stellen sich zahlreiche Erdflechten ein, die<br />
zusammen mit einigen Moosarten die Lücken zwischen <strong>de</strong>n Höheren Pflanzen<br />
weitgehend füllen.<br />
Ausgesprochen artenreich ist die Pilzflora <strong>de</strong>r <strong>Binnendünen</strong>. Vor allem auf<br />
kalkhaltigen Flugsan<strong>de</strong>n wachsen in <strong>Sandrasen</strong> <strong>und</strong> Kiefern-Wäl<strong>de</strong>rn (siehe<br />
Seite 20) viele seltene Pilzarten, darunter die hübschen <strong>und</strong> auffälligen<br />
Erdstern-Arten. Die meisten von ihnen sind wie <strong>de</strong>r Rauhe Erdstern<br />
(Geastrum campestre) in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg sehr eng an die kalkhaltigen<br />
Dünen zwischen Mannheim <strong>und</strong> Walldorf geb<strong>und</strong>en.<br />
Rauher Erdstern (Geastrum campestre), Sandhausen<br />
Die Pflanzengemeinschaften <strong>de</strong>r offenen<br />
<strong>Binnendünen</strong><br />
<strong>Sandrasen</strong><br />
Die typischen Pflanzengemeinschaften <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong> sind <strong>Sandrasen</strong>.<br />
Es können, in Abhängigkeit vom Basengehalt <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns, Alter <strong>de</strong>s<br />
Bestands <strong>und</strong> Grad <strong>de</strong>r menschlichen Eingriffe, verschie<strong>de</strong>ne Typen von<br />
<strong>Sandrasen</strong> vorkommen. Gemeinsam sind ihnen die Zusammensetzung aus<br />
charakteristischen Sandpflanzen, eine lückige Vegetations<strong>de</strong>cke <strong>und</strong> ein<br />
hoher Anteil an einjährigen Pflanzenarten. Dadurch unterschei<strong>de</strong>n sie sich von<br />
<strong>de</strong>n in mancher Hinsicht ähnlichen Magerrasen.<br />
13
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
<strong>Sandrasen</strong> können sich auf offenen Sandflächen rasch einstellen. In <strong>de</strong>r<br />
Regel sind Gräser <strong>und</strong> Kräuter die Erstbesiedler, Moose <strong>und</strong> Flechten folgen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Sand gefestigt ist. Nach einigen Jahren erreichen sie ihre<br />
Optimalphase, in <strong>de</strong>r sie sich bis zu einigen Jahrzehnten halten können.<br />
Bleiben Bo<strong>de</strong>nstörungen aus, wer<strong>de</strong>n sie unter heutigen Klimabedingungen<br />
im Laufe <strong>de</strong>r natürlichen Sukzession von Magerrasen, Halbtrockenrasen o<strong>de</strong>r<br />
Gehölzbestän<strong>de</strong>n abgelöst. Nur dort, wo durch Störungen immer wie<strong>de</strong>r<br />
offene Sandflächen entstehen, können <strong>Sandrasen</strong> über lange Zeit existieren.<br />
Allerdings dürfen diese Störungen nicht zu stark sein:<br />
Gegen Bebauung, Aufforstung <strong>und</strong> starke Trittbelastung ist noch kein Kraut<br />
gewachsen.<br />
In Ba<strong>de</strong>n-Württemberg gibt es folgen<strong>de</strong> <strong>Sandrasen</strong>:<br />
Blauschillergras-Flur<br />
Dieser am stärksten gefähr<strong>de</strong>te <strong>Sandrasen</strong> Ba<strong>de</strong>n-Württembergs <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland wächst auf kalkhaltigen Flugsan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> kommt<br />
in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg nur noch in kleinen Restbestän<strong>de</strong>n im beson<strong>de</strong>rs<br />
nie<strong>de</strong>rschlagsarmen Gebiet zwischen Mannheim <strong>und</strong> Sandhausen vor.<br />
Charakteristische Arten:<br />
Blaugraue Kammschmiele (= Schillergras; Koeleria glauca), Sand-Radmel<strong>de</strong><br />
(Kochia laniflora), Silberscharte (Jurinea cyanoi<strong>de</strong>s), Sand-Bergsteinkraut<br />
(Alyssum montanum ssp. gmelinii).<br />
14
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Sand-Radmel<strong>de</strong> (Kochia laniflora) <strong>und</strong> Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia<br />
seguieriana) aufgenommen im August 1991, Sandhausen<br />
Blaugraue Kammschmiele (Koeleria glauca)<br />
Silbergras-Flur<br />
Silbergras-Flur<br />
Ein aus Pionierarten aufgebauter <strong>Sandrasen</strong>, <strong>de</strong>r sich relativ schnell auf<br />
offenen, kalkfreien Sandflächen ansie<strong>de</strong>ln kann, aber durch die Intensivierung<br />
<strong>de</strong>r Landnutzung gefähr<strong>de</strong>t ist.<br />
15
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Charakteristische Arten:<br />
Silbergras (Corynephorusd canescens), Frühlings-Spörgel (Spergula<br />
morisonii), Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis), Sand-Wicke (Vicia lathyroi<strong>de</strong>s),<br />
Berg-Sandrapunzel (Jasione montana).<br />
Silbergras (Corynephorus canescens)<br />
Kegelleimkraut-Gesellschaft<br />
Ein seltener <strong>und</strong> stark gefähr<strong>de</strong>ter <strong>Sandrasen</strong> an basenreichen Standorten,<br />
<strong>de</strong>r aus einjährigen Arten aufgebaut ist.<br />
Charakteristische Arten:<br />
Kegelfrüchtiges Leimkraut (Silene conica), Zwerg-Schneckenklee (Medicago<br />
minima), Frühlings-Ehrenpreis (Veronica verna), Sand-Vergißmeinnicht<br />
(Myosotis stricta), Sand-Hornkraut (Cerastium semi-<strong>de</strong>candrum).<br />
Zwerg-Schneckenklee (Medicago minima)<br />
Kleinschmiel-Rasen<br />
Ein auf etwas verdichteten Bö<strong>de</strong>n, meist am Rand von Sandwegen<br />
wachsen<strong>de</strong>r <strong>Sandrasen</strong>, <strong>de</strong>r selten <strong>und</strong> nur kleinflächig vorkommt.<br />
16
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Charakteristische Arten:<br />
Früher Schmielenhafer (Aira praecox), Nelken-Schmielenhafer (Aira<br />
caryophyllea), Kleines Filzkraut (Filago minima), Acker-Filzkraut (Filago<br />
arvensis), Gewöhnliches Filzkraut (Filago vulgaris).<br />
Fe<strong>de</strong>rschwingel-Rasen<br />
Ein relativ weit verbreiteter <strong>Sandrasen</strong>, <strong>de</strong>r Ru<strong>de</strong>ralstandorte besie<strong>de</strong>ln kann<br />
<strong>und</strong> auch auf Bahnhöfen, in Industriegebieten, an Wegrän<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> auf<br />
Brachäckern vorkommt.<br />
Charakteristische Arten:<br />
Mäuseschwanz-Fe<strong>de</strong>rschwingel (Vulpia myuros), Dach-Trespe (Bromus<br />
tectorum), Quen<strong>de</strong>l-Sandkraut (Arenaria serpylli-folid), Sprossen<strong>de</strong>s<br />
Nelkenköpfchen (Petrorhagia proliferd).<br />
Magerrasen <strong>und</strong> Zwergstrauchhei<strong>de</strong>n<br />
Nicht alle offenen <strong>Binnendünen</strong> sind von <strong>Sandrasen</strong> bewachsen. Auch<br />
Magerrasen, Zwergstrauchhei<strong>de</strong>n, Besenginster-Gebüsche, Halbtrockenrasen<br />
<strong>und</strong> Steppenrasen sind charakteristische Pflanzengesellschaften dieses<br />
Biotoptyps. Sie stellen sich auf Sandbö<strong>de</strong>n ein, wenn diese mager (=<br />
nährstoffarm), aber nicht extrem trocken sind <strong>und</strong> kein Sand mehr verweht<br />
wird. Sie können auch als Folgevegetation <strong>de</strong>r <strong>Sandrasen</strong> auftreten, wenn<br />
sich <strong>de</strong>ren Standorte durch Humusanreicherung im Oberbo<strong>de</strong>n verän<strong>de</strong>rt<br />
haben <strong>und</strong> dadurch <strong>de</strong>r Wasserhaushalt etwas günstiger wird.<br />
Zwergstrauchhei<strong>de</strong> aus Hei<strong>de</strong>kraut (Calluna vulgaris) aufgenommen zur<br />
Blütezeit im August 1991, Schwetzingen<br />
Sandmagerrasen, Zwergstrauchhei<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Besenginster-Gebüsche sind an<br />
kalkfreie Sandbö<strong>de</strong>n geb<strong>und</strong>en. Sie beherbergen - wie die auf Kalksan<strong>de</strong>n<br />
17
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
vorkommen<strong>de</strong>n Halbtrockenrasen <strong>und</strong> Steppenrasen - eine Vielzahl von<br />
gefähr<strong>de</strong>ten <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Oberrheinebene seltenen Pflanzenarten. Bemerkenswert<br />
für die kalkfreien Standorte sind beispielsweise Berg-<br />
Sandrapunzel (Josiane montana), Sand-Straußgras (Agro-stis vinealis) <strong>und</strong><br />
nur noch selten Borstgras (Nardus stricta) <strong>und</strong> Kahles Ferkelkraut<br />
(Hypochoeris glabra).<br />
In <strong>de</strong>n Halbtrockenrasen <strong>und</strong> Steppenrasen <strong>de</strong>r Kalksan<strong>de</strong> wachsen<br />
Seltenheiten wie Grauscheidiges Fe<strong>de</strong>rgras (Stipa joannis) <strong>und</strong> Steppen-<br />
Segge (Carex supina), die in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg nur einen Wuchsort hat.<br />
Da Magerstandorte in <strong>de</strong>r Oberrheinebene „Mangelware" sind <strong>und</strong> immer<br />
seltener wer<strong>de</strong>n, sind all diese Pflanzengesellschaften mit ihren<br />
charakteristischen Arten bedroht <strong>und</strong> nur noch an wenigen Stellen zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Viel häufiger sind dagegen Landreitgras-, Glatthafer- <strong>und</strong> Quecken-Bestän<strong>de</strong>,<br />
die sich dann einstellen, wenn die Standorte offener <strong>Binnendünen</strong> durch<br />
Nährstoffeintrag (aus <strong>de</strong>r Luft, von angrenzen<strong>de</strong>n Ackerflächen, durch<br />
H<strong>und</strong>ekot) verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Solche Bestän<strong>de</strong> sind artenarm <strong>und</strong> setzen sich<br />
aus weit verbreiteten, konkurrenzstarken <strong>und</strong> nicht gefähr<strong>de</strong>ten Arten<br />
zusammen.<br />
18
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Natürliche Kiefern-Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Flugsandgebiete<br />
Pflanzengesellschaft vor <strong>de</strong>m Aussterben<br />
Die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) ist. <strong>de</strong>r charakteristische Waldbaum <strong>de</strong>r<br />
ba<strong>de</strong>nwürttembergischen Flugsandgebiete. Großflächig kommt dieser Baum<br />
in künstlich angelegten Forsten vor, nur sehr kleinflächig gibt es dagegen<br />
natürliche Kiefern-Wäl<strong>de</strong>r. Sie stocken als Pioniervegetation auf beson<strong>de</strong>ren<br />
Standorten, wo sie die erste <strong>und</strong> vielleicht auch noch die zweite Waldgeneration<br />
bil<strong>de</strong>n, bevor sie unter natürlichen Bedingungen von an<strong>de</strong>ren<br />
Wäl<strong>de</strong>rn abgelöst wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Weißmoos-Kiefern-Wald wächst auf durch Streunutzung (Entnahme <strong>de</strong>r<br />
Laub- <strong>und</strong> Na<strong>de</strong>lstreu) <strong>de</strong>gradierten Bö<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Wintergrün-Kiefern-Wald<br />
dagegen auf <strong>de</strong>n jungen Bö<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r im Mittelalter aufgewehten, kalkhaltigen<br />
<strong>Binnendünen</strong>.<br />
Bei<strong>de</strong> Waldtypen kommen heute nur noch auf sehr kleinen Flächen <strong>de</strong>s<br />
Schwetzinger San<strong>de</strong>s <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Hockenheimer Hardt vor; sie stehen kurz vor<br />
<strong>de</strong>m Aussterben. Gefähr<strong>de</strong>t sind sie durch zunehmen<strong>de</strong> Bo<strong>de</strong>nentwicklung,<br />
durch Nährstoffeinträge aus <strong>de</strong>r Luft, aber auch durch mo<strong>de</strong>rne forstliche<br />
Maßnahmen wie Laubholzunterbau o<strong>de</strong>r Tiefumbruch <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns.<br />
Beson<strong>de</strong>rs im Wintergrün-Kiefern-Wald wachsen viele seltene Pflanzenarten,<br />
die eng an diesen Waldtyp geb<strong>und</strong>en sind. Durch <strong>de</strong>n starken Rückgang<br />
dieses Wal<strong>de</strong>s sind auch sie akut gefähr<strong>de</strong>t. Nur an wenigen Stellen wachsen<br />
noch Sand-Veilchen (Viola rupestris), Hei<strong>de</strong>-Segge (Carex ericetorum),<br />
Wintergrün-Arten (Pyrola diverse species), Wohlriechen<strong>de</strong> Skabiose<br />
(Scabiosa canescens) <strong>und</strong> die für diesen Waldtyp charakteristischen<br />
Orchi<strong>de</strong>en. Beson<strong>de</strong>rs dramatisch ist die Bestandsentwicklung <strong>de</strong>s<br />
Winterliebs (Chimaphila umbellata): Noch um 1970 wuchs es in <strong>de</strong>n Kiefern-<br />
Wäl<strong>de</strong>rn bei Walldorf zu Tausen<strong>de</strong>n, heute gibt es an diesem letzten ba<strong>de</strong>n-<br />
19
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
württembergischen Wuchsort nur noch drei kümmern<strong>de</strong> Pflanzen. Auch b<strong>und</strong>esweit<br />
ist diese Art schon fast verschw<strong>und</strong>en.<br />
Kiefern-Wald im Naturschutzgebiet „Sandhausener Düne – Pferdstrieb)<br />
Tierwelt<br />
Auch unter <strong>de</strong>n Tieren sind es an trockenwarme Son<strong>de</strong>rstandorte geb<strong>und</strong>ene<br />
Spezialisten, die charakteristisch sind für die offenen <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Sandrasen</strong>. Durch verschie<strong>de</strong>ne Lebensweisen kommen sie mit <strong>de</strong>n extremen<br />
Standortbedingungen zurecht <strong>und</strong> fin<strong>de</strong>n hier ihre ökologische Nische. Die<br />
lockeren Flugsan<strong>de</strong> bieten auch Vorteile gegenüber an<strong>de</strong>ren Standorten:<br />
Viele Tiere <strong>de</strong>r Dünen nisten im Bo<strong>de</strong>n, sie können im Sand leicht ihre Röhren<br />
<strong>und</strong> Nester graben, <strong>und</strong> es ist erstaunlich, in welche Tiefe sie dabei vordringen.<br />
Entsprechend <strong>de</strong>r geringen Größe <strong>de</strong>r oberrheinischen Flugsandgebiete sind<br />
die charakteristischen Tiere dieses Bereichs meist Arten mit einem geringen<br />
Flächenanspruch <strong>und</strong> Aktionsradius. Oft han<strong>de</strong>lt es sich wie bei <strong>de</strong>n Pflanzen<br />
um wärmelieben<strong>de</strong> Arten, die ihre Hauptverbreitung in <strong>de</strong>n Steppengebieten<br />
Südosteuropas o<strong>de</strong>r im Mittelmeergebiet haben. Viele von ihnen sind<br />
unscheinbar <strong>und</strong> schwer zu beobachten. Macht man sich die Mühe, zeigt sich<br />
eine faszinieren<strong>de</strong> <strong>und</strong> artenreiche Lebensgemeinschaft.<br />
Das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) ist unter <strong>de</strong>n Säugetieren <strong>de</strong>r<br />
einzige typische Bewohner <strong>de</strong>r Flugsandgebiete, es kann hier leicht seine<br />
ausge<strong>de</strong>hnten Höhlenbauten anlegen. Auch die Vogelwelt ist nur durch eine<br />
20
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
typische Sandart vertreten, die am Bo<strong>de</strong>n brüten<strong>de</strong>n Haubenlerche (Galerida<br />
cristata).<br />
Eine sehr große Be<strong>de</strong>utung besitzen die offenen <strong>Binnendünen</strong> dagegen für<br />
die Hautflügler, zu <strong>de</strong>nen unter an<strong>de</strong>rem Bienen, Wespen <strong>und</strong> Hummeln<br />
gehören. Von <strong>de</strong>n 429 in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg bekannten Wildbienenarten<br />
kommen weit über h<strong>und</strong>ert in <strong>de</strong>n Flugsandgebieten vor. Viele von ihnen sind<br />
eng an offene <strong>Binnendünen</strong> geb<strong>und</strong>en, weil nur hier ihre Nahrungspflanzen<br />
vorkommen o<strong>de</strong>r weil sie nur hier geeignete Habitate <strong>und</strong> Nistmöglichkeiten<br />
vorfin<strong>de</strong>n. Unter ihnen sind sehr seltene Arten: das Steppenbienchen<br />
Nomioi<strong>de</strong>s minutissimus, für das <strong>de</strong>r Sand-Thymian (Thymus serpyllum) eine<br />
wichtige Nahrungspflanze ist <strong>und</strong> das während Schlechtwetterperio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />
Eingang seines in <strong>de</strong>n Sand gegrabenen Nestes verschließt. Die<br />
Spargelbiene (Andrena chrysopus) ist an eine typische Sandpflanze<br />
geb<strong>und</strong>en, ihre einzige Pollenquelle ist <strong>de</strong>r wildwachsen<strong>de</strong> Spargel<br />
{Asparagus officinalis). Auf angebauten Spargel kann sie nicht ausweichen,<br />
weil dieser zur Flugzeit <strong>de</strong>r Spargelbiene geerntet wird <strong>und</strong> erst später zur<br />
Blüte kommt.<br />
Viele Wildbienen legen ihre Nester im Sandbo<strong>de</strong>n an, beispielsweise Andrena<br />
argentata, Lasioglossum brevicorne o<strong>de</strong>r Anthophora bimaculata, in <strong>de</strong>ren<br />
Brutkammern auch die „Kuckucksbiene" Ammobates punctatus ihre Eier legt.<br />
Die Larven dieses Brutparasits entwickeln sich auf Kosten <strong>de</strong>s Wirtes. Sie<br />
saugen das Wirtsei aus o<strong>de</strong>r töten die junge Wirtslarve. Beson<strong>de</strong>rs tiefe<br />
Nester legt die Hosenbiene Dasypoda hirtipes an - sie reichen bis in 60 cm<br />
Tiefe <strong>und</strong> sind leicht an etwa 5cm hohen Sandhaufen am Nesteingang zu<br />
erkennen.<br />
Auch die Kreiselwespe (Bembix rostrata) baut ihre Nester im Sandbo<strong>de</strong>n.<br />
Auffällig <strong>und</strong> für Stechimmen ungewöhnlich ist ihre Brutpflege. Sie versorgt<br />
ihre Larve während <strong>de</strong>ren gesamten Entwicklung mit Nahrung. Dazu gräbt sie<br />
mit ihren starken Vor<strong>de</strong>rbeinen <strong>de</strong>n Nesteingang frei, <strong>de</strong>n sie nach je<strong>de</strong>r<br />
Fütterung wie<strong>de</strong>r sorgfältig mit Sand zuschüttet.<br />
21
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Weibchen <strong>de</strong>r Kreiselwespe (Bembix rostrata) mit einer Fliege als Beutetier vor<br />
<strong>de</strong>m Nest im Sand<br />
Noch tiefer als die Wildbienen gräbt <strong>de</strong>r Stierkäfer (Typhoeus typhoeus): er<br />
legt Stollen an, die bis zu 1,5 m tief sind. Wollte ein Mensch eine<br />
vergleichbare Leistung vollbringen, müsste er etwa 250 m tief graben! Zur<br />
Versorgung seiner Larven dreht dieser Käfer Pillen aus Kaninchenkot, die er<br />
als, Futtervorrat mit <strong>de</strong>n Eiern in die Nestkammern legt.<br />
Dünen-Sandlaufkäfer<br />
Ein viel flinkeres Tier ist <strong>de</strong>r für lückige <strong>Sandrasen</strong> typische Dünen-<br />
Sandlaufkäfer (Cicin<strong>de</strong>la hybrida). Dank seiner dünnen, langen Beine kann er<br />
sich schnell auf offenem Sandbo<strong>de</strong>n bewegen, <strong>und</strong> sein Körper bat einen<br />
schützen<strong>de</strong>n Abstand von <strong>de</strong>r bis zu 70 Grad heißen Bo<strong>de</strong>noberfläche. Bei<br />
hohen Temperaturen, wenn sich viele Tierarten zurückziehen, entfaltet er<br />
seine größte Aktivität <strong>und</strong> geht auf Jagd.<br />
Schnelle Jäger sind auch die Springspinnen (Salticidae), die eine typische<br />
Spinnenfamilie <strong>de</strong>r Sanddünen darstellen. Sie bauen . kein Fangnetz, son<strong>de</strong>rn<br />
sind freijagend auf <strong>de</strong>m offenen Sandbo<strong>de</strong>n unterwegs. Ebenfalls typisch für<br />
Sanddünen <strong>und</strong> zugleich sehr selten ist die zu <strong>de</strong>n Röhrenspinnen gehören<strong>de</strong><br />
Harlekinspinne (Eresus cinnaberinus), <strong>de</strong>ren Männchen durch einen lebhaft<br />
roten, schwarz punktierten Körper auffallen. Sie gräbt Wohnröhren in <strong>de</strong>n<br />
Sand <strong>und</strong> verlässt diese nur zum Beutefang <strong>und</strong> zur Paarung.<br />
Auch <strong>de</strong>r Ameisenlöwe (Myrmeleon formicarius), die Larve <strong>de</strong>r<br />
Ameisenjungfer, gräbt im Sand. Er baut trichterförmige Vertiefungen, an <strong>de</strong>ren<br />
Gr<strong>und</strong> er - im Sand eingegraben <strong>und</strong> gut getarnt - auf Beute wartet. Tiere, die<br />
auf <strong>de</strong>m lockeren Sand <strong>de</strong>r Trichterböschungen herabrutschen, fallen ihm<br />
zum Opfer - häufig sind es Ameisen.<br />
22
Gefleckte Ameisenjungfer (Eurolon nostras)<br />
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Gut getarnt sind auch Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) <strong>und</strong><br />
Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens). Ihre auffällig blauen<br />
Hinterflügel wer<strong>de</strong>n erst sichtbar, wenn sie vom Sandbo<strong>de</strong>n auffliegen.<br />
Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipada caerulescens)<br />
Selbst Schnecken, die man eher mit feuchtschattigen Biotopen in Verbindung<br />
bringt, leben in <strong>Sandrasen</strong> <strong>und</strong> auf Dünen. Während Trockenperio<strong>de</strong>n müssen<br />
sie allerdings ihre Aktivitäten einschränken. Die Hei<strong>de</strong>schnecke (Helicella<br />
obvia) entzieht sich dann <strong>de</strong>r heißen Bo<strong>de</strong>noberfläche, klettert an<br />
Pflanzenstengeln empor <strong>und</strong> verschließt mit einem Sekret ihr Gehäuse. In<br />
dieser Trockenstarre wartet sie dort auf <strong>de</strong>n nächsten Regen.<br />
Unter <strong>de</strong>n zahlreichen Tierarten, die auf offenen <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> in<br />
<strong>Sandrasen</strong> leben, sind viele eng an diesen Biotoptyp geb<strong>und</strong>en. Mit <strong>de</strong>r<br />
Vernichtung dieser beson<strong>de</strong>ren Standorte wird ihnen die Lebensgr<strong>und</strong>lage<br />
entzogen - <strong>und</strong> nicht wenige Arten sind inzwischen vom Aussterben bedroht.<br />
23
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Beson<strong>de</strong>rs nachteilig machen sich stören<strong>de</strong> Ran<strong>de</strong>inflüsse <strong>und</strong> die zunehmen<strong>de</strong><br />
Isolation <strong>de</strong>r zumeist nur noch kleinflächigen <strong>Sandrasen</strong> bemerkbar.<br />
Eine Neubesiedlung mit dünentypischen Tierarten ist dadurch in vielen Fällen<br />
erschwert o<strong>de</strong>r nicht mehr möglich. Lokale Verluste einzelner Tierarten,<br />
beispielsweise durch ungünstige Witterung, können oft nicht mehr<br />
ausgeglichen wer<strong>de</strong>n.<br />
Lebensräume aus zweiter Hand<br />
Durch Erosion freigelegte Kieferwurzel<br />
Die Sandablagerungen <strong>de</strong>r Oberrheinebene sind heute durch Bebauung <strong>und</strong><br />
Bewaldung, aber auch durch erosionshemmen<strong>de</strong>, landwirtschaftliche Nutzungen<br />
so gefestigt, dass es kaum noch zu Sandverwehungen kommt. Von<br />
Natur aus entstehen <strong>de</strong>shalb keine offenen Sandflächen <strong>und</strong> Dünen mehr.<br />
Nur dort, wo <strong>de</strong>r Mensch eingreift, die schützen<strong>de</strong> Vegetation <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
humosen Oberbo<strong>de</strong>n beseitigt, entstehen offene Sandflächen, auf <strong>de</strong>nen sich<br />
<strong>Sandrasen</strong> mit ihrer typischen Flora <strong>und</strong> Fauna neu ansie<strong>de</strong>ln können. Solche<br />
Sek<strong>und</strong>ärbiotope gibt es in Sand- <strong>und</strong> Kiesgruben <strong>und</strong> an Straßenböschungen.<br />
Der heutige industrielle Sand- <strong>und</strong> Kiesabbau lässt <strong>de</strong>n Sandpflanzen aber<br />
nur wenig Zeit, sich anzusie<strong>de</strong>ln. Kaum sind vegetationsfreie Sandflächen<br />
entstan<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n sie schon wie<strong>de</strong>r abgebaggert, zugeschüttet, rekultiviert<br />
o<strong>de</strong>r bepflanzt.<br />
Viel günstiger waren die Verhältnisse noch vor wenigen Jahrzehnten: in vielen<br />
Gruben wur<strong>de</strong>n Sand <strong>und</strong> Kies in geringen Mengen, aber über einen langen<br />
Zeitraum hinweg abgebaut. Es entstan<strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>r offene<br />
Rohbo<strong>de</strong>nbiotope mit günstigen Lebensbedingungen für die Pflanzen- <strong>und</strong><br />
Tierwelt <strong>de</strong>r <strong>Sandrasen</strong>.<br />
Auch bei Baumaßnahmen entstehen immer wie<strong>de</strong>r offene Sandflächen.<br />
Sofern die Standorte nicht durch Bepflanzungen o<strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nverbesserungs-<br />
Maßnahmen, beispielsweise durch Rin<strong>de</strong>nmulch, verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, können<br />
24
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
sich auf diesen Flächen unter günstigen Voraussetzungen — vor allem wenn<br />
in <strong>de</strong>r Nähe noch <strong>Sandrasen</strong> vorkommen - wertvolle Biotope entwickeln.<br />
Dreiblütiger Nachtschatten (Solanum triflorum), ein Neubürger aus<br />
Nordamerika, Hochsommer 1991, Schwetzingen<br />
Gefährdungen<br />
Obwohl die offenen <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> die natürlichen Kiefern-Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Flugsandgebiete<br />
zu <strong>de</strong>n gefähr<strong>de</strong>tsten Biotoptypen Ba<strong>de</strong>n-Württembergs gehören<br />
<strong>und</strong> als Lebensraum für zahlreiche Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten von<br />
herausragen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sind, ist dies in weiten Kreisen <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
unbekannt.<br />
Das ist auch eine <strong>de</strong>r wesentlichen Ursachen ihrer Gefährdung. Offene Sandflächen<br />
wer<strong>de</strong>n in erster Linie als Landschaftsw<strong>und</strong>en angesehen, die es<br />
durch Bepflanzungen <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>nverbesserungsmaßnahmen zu heilen gilt -<br />
nicht aber als potentiell wertvolle Biotope.<br />
Viele <strong>Binnendünen</strong> sind bereits durch Abgrabungen vollständig o<strong>de</strong>r teilweise<br />
verschw<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> es gibt nur wenige, die ein völlig ungestörtes Relief<br />
aufweisen. Die noch vorhan<strong>de</strong>nen <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> Flugsandflächen wer<strong>de</strong>n<br />
größtenteils intensiv land- o<strong>de</strong>r forstwirtschaftlich genutzt o<strong>de</strong>r sind bebaut.<br />
Auch die wenigen Flächen, die nur extensiv, sporadisch o<strong>de</strong>r nicht mehr<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n, sind zum Teil durch Nährstoffeintrag (aus <strong>de</strong>r Luft, von<br />
angrenzen<strong>de</strong>n Flächen, durch H<strong>und</strong>ekot) so verän<strong>de</strong>rt, dass sie keine<br />
flugsandtypischen Lebensgemeinschaften mehr tragen.<br />
Offene <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> flugsandtypische Pflanzengesellschaften wie<br />
<strong>Sandrasen</strong> gibt es heute nur noch auf weniger als einem Prozent <strong>de</strong>r ba<strong>de</strong>nwürttembergischen<br />
Flugsandflächen. Meist sind es kleine Gebiete, die nur<br />
wenige Hektar groß sind o<strong>de</strong>r sogar kleiner als ein Hektar. Entsprechend stark<br />
sind die stören<strong>de</strong>n Ran<strong>de</strong>inflüsse <strong>de</strong>r intensiv genutzten Umgebung. In<br />
Ortsnähe o<strong>de</strong>r in innerörtlichen Bereichen sind die <strong>Sandrasen</strong> beson<strong>de</strong>rs<br />
25
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
starken Störungen ausgesetzt - wie zum Beispiel die Rennbuckeldüne in<br />
Karlsruhe.<br />
Die be<strong>de</strong>utendsten Gefährdungen für die wenigen noch vorhan<strong>de</strong>nen offenen<br />
<strong>Binnendünen</strong> sind anhalten<strong>de</strong>r Flächenverbrauch, Sand- <strong>und</strong> Kiesabbau,<br />
intensive landwirtschaftliche Nutzung, Aufforstung, starke Erholungsnutzung<br />
<strong>und</strong> Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Standorte, vor allem durch Eutrophierung<br />
(Nährstoffanreicherung).<br />
Einzelne Gefährdungsursachen:<br />
Eutrophierung:<br />
För<strong>de</strong>rt konkurrenzstarke, starkwüchsige Pflanzenarten <strong>und</strong> führt zum<br />
Verschwin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r dünentypischen „Hungerkünstler".<br />
Tritt:<br />
Schon ein mäßiger Tritteinfluss führt auf lockeren Sandbö<strong>de</strong>n zu<br />
einer Vernichtung <strong>de</strong>r Flora.<br />
Bepflanzungen, Einsaaten <strong>und</strong> Aufforstungen:<br />
Verhin<strong>de</strong>rn eine Besiedlung offener Sandflächen mit dünentypischen<br />
Pflanzenarten.<br />
Intensive Landwirtschaft:<br />
Beson<strong>de</strong>rs die Anlage von Spargeläckern auf <strong>Binnendünen</strong> hat zu<br />
einem Rückgang <strong>de</strong>r <strong>Sandrasen</strong> geführt.<br />
Starke Erholungsnutzung:<br />
Führt durch Trittbelastung <strong>und</strong> Nährstoffeintrag (Abfälle, H<strong>und</strong>ekot)<br />
zu einer starken Beeinträchtigung offener <strong>Binnendünen</strong>.<br />
Sukzession:<br />
Bleiben Bo<strong>de</strong>nstörungen <strong>und</strong> Sandverlagerungen völlig aus, schließt<br />
sich allmählich die Vegetation <strong>und</strong> es kommt zu Humusanreicherung.<br />
Dadurch wer<strong>de</strong>n die extremen Standortverhältnisse gemil<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> die<br />
typische Dünenflora verschwin<strong>de</strong>t.<br />
Schutzmaßnahmen<br />
Die heutige Situation ist für viele Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Kiefern-Wäl<strong>de</strong>r auf <strong>Binnendünen</strong> alarmierend. Ohne<br />
Schutz-, Pflege- <strong>und</strong> Entwicklungsmaßnahmen ist ihr Aussterben nur noch<br />
eine Frage von wenigen Jahren. Der zunehmen<strong>de</strong> Landverbrauch, die<br />
Intensivierung <strong>de</strong>r Landnutzung <strong>und</strong> die Aufgabe extensiver Landnutzungsformen<br />
engen ihre Lebensräume immer mehr ein.<br />
26
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Bisher stehen in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg nur drei Dünenbereiche <strong>und</strong> ein<br />
Flugsandfeld mit <strong>Sandrasen</strong> unter Naturschutz. Um die Vielfalt <strong>de</strong>r Sandflora<br />
<strong>und</strong> -fauna zu erhalten, ist jedoch die Unterschutzstellung weiterer Gebiete<br />
notwendig - zugleich muss eine geeignete Pflege beziehungsweise Nutzung<br />
<strong>de</strong>r Schutzgebiete gewährleistet sein. Ein schöner Erfolg wäre es, wenn je<strong>de</strong><br />
Ortschaft <strong>de</strong>r ba<strong>de</strong>n-württembergischen Flugsandgebiete wenigstens einen<br />
geschützten <strong>Sandrasen</strong> o<strong>de</strong>r eine geschützte offene Binnendüne hätte.<br />
Binnendüne mit Erdaufschüttung, die anschließend aufgeforstet wur<strong>de</strong><br />
Sich selbst überlassen, halten sich offene <strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong> eine<br />
Weile <strong>und</strong> unter günstigen Bedingungen auch einige Jahrzehnte. Letztendlich<br />
aber wachsen sie unter <strong>de</strong>n heutigen klimatischen Bedingungen mit Gehölzen<br />
zu. Es sind also gelegentliche Eingriffe nötig, durch die in sporadischen<br />
Abstän<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r offene o<strong>de</strong>r vegetationsarme Sandflächen geschaffen<br />
wer<strong>de</strong>n. Früher entstan<strong>de</strong>n solche Flächen nebenbei als Ergebnis extensiver<br />
landwirtschaftlicher Nutzungen o<strong>de</strong>r auch durch Übernutzung von Wäl<strong>de</strong>rn.<br />
Die heutigen Landnutzungen schaffen dagegen kaum noch solche Flächen.<br />
Im Naturschutzgebiet „Sandhausener Dünen" wer<strong>de</strong>n verfilzte <strong>und</strong> verbuschte<br />
<strong>Sandrasen</strong> abgeplaggt, das heißt zusammen mit <strong>de</strong>m humosen Oberbo<strong>de</strong>n<br />
abgetragen. So entstehen wie<strong>de</strong>r offene Sandflächen, auf <strong>de</strong>nen sich<br />
<strong>Sandrasen</strong> neu ansie<strong>de</strong>ln können. Zugleich wer<strong>de</strong>n die vorhan<strong>de</strong>nen<br />
<strong>Sandrasen</strong> vor einer Übernutzung durch <strong>de</strong>n Menschen geschützt. Aber selbst<br />
wenn das sensible Gleichgewicht zwischen notwendigen Bo<strong>de</strong>nstörungen <strong>und</strong><br />
Schutz vor zu starken menschlichen Eingriffen in so vorbildlicher Weise<br />
gewährleistet ist, garantiert dies allein noch keinen ausreichen<strong>de</strong>n Schutz für<br />
Sandflora <strong>und</strong> -fauna. Auch außerhalb von Schutzgebieten müssen<br />
Maßnahmen ergriffen wer<strong>de</strong>n,, um diese nicht zu völlig isolierten „botanischen<br />
Gärten" zu <strong>de</strong>gradieren.<br />
Bei <strong>de</strong>n wenigen noch vorhan<strong>de</strong>nen <strong>Sandrasen</strong> <strong>und</strong> offenen <strong>Binnendünen</strong> ist<br />
es notwendig, alle Flächen, nicht nur die als Naturschutzgebiete<br />
ausgewiesenen, durch rücksichtsvolles, überlegtes Verhalten zu schonen. Zu<br />
vermei<strong>de</strong>n sind vor allem die Trittbelastung <strong>de</strong>r empfindlichen Sandflora <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Nährstoffeintrag, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n vielen „Hungerkünstlern" unter <strong>de</strong>n Sandpflanzen<br />
zum Verhängnis wür<strong>de</strong>.<br />
27
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
In Flugsandgebieten sollten <strong>de</strong>shalb Spaziergänger auf Pfa<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Wegen<br />
bleiben, offene <strong>Binnendünen</strong> sollten nicht flächen<strong>de</strong>ckend betreten wer<strong>de</strong>n.<br />
Keine Abfälle in <strong>de</strong>r freien Landschaft zurückzulassen, ist hier beson<strong>de</strong>rs<br />
wichtig. Auch H<strong>und</strong>ekot ist eine ernsthafte Gefahr für <strong>Sandrasen</strong>; <strong>de</strong>shalb<br />
sollte man bei Spaziergängen mit H<strong>und</strong>en einen Bogen um die zumeist<br />
kleinflächigen <strong>Sandrasen</strong> machen.<br />
In stark frequentierten Naherholungsgebieten bieten sich<br />
Lenkungsmaßnahmen an, die durch Absperrungen, Markierungen <strong>und</strong><br />
Hinweise die Besucher auf <strong>de</strong>m „rechten" Weg halten. Unter Umstän<strong>de</strong>n kann<br />
auch die Einzäunung von beson<strong>de</strong>rs wertvollen o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs gefähr<strong>de</strong>ten<br />
Flächen notwendig sein. Wem solche „dirigistischen" Maßnahmen missfallen,<br />
<strong>de</strong>r sollte sich einmal Gedanken darüber machen, wie viele Flächen für<br />
an<strong>de</strong>re Zwecke - beispielsweise für Sportanlagen - eingezäunt wer<strong>de</strong>n. Der<br />
Anteil <strong>de</strong>r zum Schutz gefähr<strong>de</strong>ter Tiere <strong>und</strong> Pflanzen eingezäunten Flächen<br />
ist dagegen verschwin<strong>de</strong>nd gering.<br />
Nötig ist aber auch die Schaffung neuer, offener Sandstandorte, um die<br />
Isolation <strong>de</strong>r noch vorhan<strong>de</strong>nen <strong>Sandrasen</strong> <strong>und</strong> offenen <strong>Binnendünen</strong> zu<br />
verringern. Offene Sandflächen sind vor allem dann wertvolle Standorte für<br />
eine sandrasentypische Flora <strong>und</strong> Fauna, wenn <strong>de</strong>r Sand humus- <strong>und</strong><br />
nährstoffarm ist <strong>und</strong> die Flächen einige Jahre weitgehend ungestört bleiben.<br />
Dann kann sich mit <strong>de</strong>r Zeit eine typische Pflanzen- <strong>und</strong> Tierwelt einstellen -<br />
<strong>und</strong> sukzessive kommt es zur Entwicklung verschie<strong>de</strong>ner Typen von Sand-<br />
<strong>und</strong> Magerrasen. Günstige Voraussetzungen für Neuansiedlungen bieten vor<br />
allem Flächen, die in räumlicher Nähe zu noch vorhan<strong>de</strong>nen <strong>Sandrasen</strong><br />
liegen.<br />
Sofern im Rahmen von Baumaßnahmen, beispielsweise an Straßen- <strong>und</strong><br />
Bahnböschungen, offene Sandflächen entstehen, sollten diese künftig sich<br />
selbst überlassen bleiben <strong>und</strong> nicht durch Mutterbo<strong>de</strong>nauftrag, Rin<strong>de</strong>nmulch<br />
<strong>und</strong> an<strong>de</strong>re „Bo<strong>de</strong>nverbesserungsmittel", Einsaaten o<strong>de</strong>r Bepflanzungen<br />
verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Solche Maßnahmen sind wegen ihrer standortverän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Wirkungen „Gift" für Sandflora <strong>und</strong> -fauna. Sie för<strong>de</strong>rn Standort- <strong>und</strong><br />
naturraumfrem<strong>de</strong> Arten sowie ein stärkeres Pflanzenwachstum <strong>und</strong> erhöhen<br />
damit auch die Folgekosten für die Pflege. Offene Sandflächen erfor<strong>de</strong>rn<br />
dagegen nur einen geringen Pflegeaufwand <strong>und</strong> leisten zugleich einen<br />
wichtigen Beitrag zum Artenschutz.<br />
Die vielen kleinen offenen Sandflächen an Dünenanschnitten, Wald- <strong>und</strong><br />
Feldwegrän<strong>de</strong>rn, auf unbefestigten Wegen, Ackerbrachen <strong>und</strong> unter<br />
Strommasten können wichtige Vernetzungsstrukturen <strong>und</strong> Habitate sein. Sie<br />
sollten ebenfalls geschont <strong>und</strong> keinesfalls bepflanzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Als Ergänzung zur Erhaltung <strong>und</strong> Schonung offener Sandflächen sollten<br />
solche Gebiete gezielt geschaffen wer<strong>de</strong>n. Möglichkeiten hierzu gibt es auf<br />
öffentlichen Flächen, in Industrie- <strong>und</strong> Gewerbegebieten, aber auch in<br />
Privatgärten.<br />
28
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Durch Abtragen <strong>de</strong>s humosen Oberbo<strong>de</strong>ns könnten ohne großen Aufwand<br />
geeignete Standorte für <strong>Sandrasen</strong> entstehen, die in <strong>de</strong>r Folge nur einer<br />
geringen Pflege bedürfen. Das wäre auch ein Schritt weg vom rein<br />
konservieren<strong>de</strong>n, musealen Naturschutz - hin zu einem Naturschutz, <strong>de</strong>r die<br />
Landschaft in ihrer Gesamtheit umfasst, <strong>de</strong>r aber auch alle mit <strong>de</strong>r Landschaft<br />
beschäftigten <strong>und</strong> die Landschaft nutzen<strong>de</strong>n Personen <strong>und</strong> Institutionen<br />
for<strong>de</strong>rt.<br />
29<br />
Weiterführen<strong>de</strong> Literatur:<br />
/1/ HÖRN, H. 1986: Die Tierwelt <strong>de</strong>r Naturschutzgebiete.- In: Heimatbuch <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong> Sandhausen, S. 43-52, Sandhausen.<br />
/2/ KORNECK, D. 1974: Xerothermvegetation in Rheinland-Pfalz <strong>und</strong><br />
Nachbargebieten -<br />
Schriftenreihe f. Vegetationsk<strong>und</strong>e 7:<br />
1-196, Bonn-Bad Go<strong>de</strong>sberg.<br />
/3/ PHILIPPI, G. 1970: Die Kiefernwäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schwet-zinger Hardt<br />
(nordbadische Oberrheinebene) -<br />
Veröff. Lan<strong>de</strong>sst. Naturschutz Lan<strong>de</strong>spflege Bad.-Württ. 38:<br />
46-92, Ludwigsburg.<br />
/4/ PHILIPPI, G. 1971: Sandfluren, Steppenrasen <strong>und</strong> Saumgesellschaften<br />
<strong>de</strong>r Schwetzinger Hardt (nordbadische Rheinebene) unter beson<strong>de</strong>rer<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>r Naturschutzgebiete bei Sandhausen -<br />
Veröff. Lan<strong>de</strong>sst. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 39: 67-130,<br />
Ludwigsburg<br />
/5/ PHILIPPI, G. 1972: Erläuterungen zur vegetationsk<strong>und</strong>lichen Karte<br />
1:25000 Blatt 6617 Schwetzingen.- Lan<strong>de</strong>svermessungsamt Ba<strong>de</strong>n-Würt-<br />
temberg, 60 S., Stuttgart.<br />
/6/ PHILIPPI, G. 1973: Sandfluren <strong>und</strong> Brachen kalkarmer Flugsan<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
mittleren Oberrheingebietes-<br />
Veröff. Lan<strong>de</strong>sst. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 41: 24-62,<br />
Ludwigsburg.<br />
/7/ VOLK, 0. H. 1931: Beiträge zur Ökologie <strong>de</strong>r Sandvegetation <strong>de</strong>r<br />
oberrheinischen Tiefebene-<br />
Zeitschr. f. Botanik 24: 81-185, Jena.<br />
/8/ WESTRICH, P. 1990: Die Wildbienen Ba<strong>de</strong>n-Württembergs - 2.Aufl., 972 S.,<br />
Verlag Ulmer, Stuttgart.<br />
/9/ WINTERHOFF, W. 1975: Die Pilzvegetation <strong>de</strong>r Dünenrasen bei<br />
Sandhausen (nördliche Oberrheinebene).-<br />
Beitr. Naturk. Forschung Südw.DtId. 34: 445-462, Karlsruhe.
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
/10/ WINTERHOFF, W. 1986: Die Pflanzenwelt <strong>de</strong>r Sandhauser Dünen-<br />
In: Heimatbuch <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Sandhausen, S. 23-30, Sandhausen.<br />
Das Stuttgarter Umweltministerium gibt die umfangreiche Broschüre<br />
Leben - überleben<br />
Warum Biotopschutz so wichtig ist<br />
heraus.<br />
In diesem Heft wer<strong>de</strong>n alle Biotoptypen, die Anfang <strong>de</strong>s Jahres durch das<br />
neue Biotopschutzgesetz unter Naturschutz gestellt wur<strong>de</strong>n, beschrieben.<br />
Das Heft ist kostenlos <strong>und</strong> kann bestellt wer<strong>de</strong>n beim Umweltministerium<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Kennwort: Biotopschutz<br />
Postfach 103439<br />
7000 Stuttgart l<br />
Dünenpflanzen in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Von links:<br />
Sand-Bergsteinkraut (Alyssum montanum)<br />
Sand-Radmel<strong>de</strong> (Kochia laniflora)<br />
Zwergsonnenröschen (Fumana pracumbens)<br />
Sand-Thymian (Thymus serpyllum)<br />
30
31<br />
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Gefährdung Deutscher Name Wissenschaftlicher Name.<br />
- Sand-Straußgras Agrostis vinealis<br />
3 Nelken-<br />
2 Früher<br />
Schmielenhafer<br />
Schmielenhafer<br />
3 Kugel-Lauch Allium<br />
Aira caryophyllea<br />
Aira praecox<br />
sphaerocephahn<br />
2 Sand-Bergsteinkraut Alyssum montanum<br />
- Westamerikanischer<br />
Fuchsschwanz<br />
- Ausdauern<strong>de</strong><br />
Ambrosie<br />
ssp. Gmelinii<br />
Amaranthus blitoi<strong>de</strong>s<br />
Ambrosia<br />
psilostachya<br />
- Ruthenische H<strong>und</strong>skamille Anthemis ruthenica<br />
2 Sand-Grasnelke Armeria elongata<br />
- Feld-Beifuß Artemisia campestris<br />
3 Hei<strong>de</strong>-Segge Carex ericetorum<br />
3 Frühe Segge Carex praecox<br />
1 Steppen-Segge Carex supina<br />
- Sand-Hornkraut Cerastium semi<strong>de</strong>cändrum<br />
- Australischer Gänsefuß Chenopodium pumilio<br />
1 Winterlieb Chimaphila umbellata<br />
- Schmalflügeliger Wanzensame Corispermum leptopterum<br />
1 Grauer<br />
Wanzensame<br />
Corispermum marschallii<br />
3 Silbergras Corynephorus canescens<br />
3 Mauer-Pippau Crepis tectorum<br />
3 Steppen-Wolfsmilch Euphorbia seguieriana<br />
3 Duvals Schwingel Festuca duvalii<br />
3 Acker-Filzkraut Filago arvensis<br />
3 Kleines Filzkraut Filago minima<br />
1 Gewöhnliches Filzkraut Filago vulgaris<br />
1 Zwergsonnenröschen Fumana procumbens
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Gefährdung Deutscher Name Wissenschaftlicher Name.<br />
1 Sand-Strohblume Helichrysum arenarium<br />
2 Kahles Ferkelkraut Hypochoeris glabra<br />
1 Silberscharte Jurinea cyanoi<strong>de</strong>s<br />
1 Sand-Radmel<strong>de</strong> Kochia laniflora<br />
2 Blaugraue Kammschmiele Koeleria glauca<br />
3 Zwerg-Schneckenklee Medicago minima<br />
0 Zwerggras Mibora minima<br />
3 Hügel-Vergißmeinnicht Myosotis ramosissima<br />
3 Sand-Vergißmeinnicht Myosotis stricta<br />
2 Weiße Sommerwurz Orobanche alba<br />
2 Sand-Sommerwurz Orobanche arenaria<br />
- Sand-Wegerich Plantago indica<br />
5 Sand-Fingerkraut Potentilla arenaria<br />
3 Wohlriechen<strong>de</strong> Skabiose Scabiosa canescens<br />
1 Kegelfrüchtiges Leimkraut Silene conica<br />
3 Ohrlöffel-Leimkraut Silene otites<br />
- Glanzfrüchtiger Nachtschatten Solanum nitidibaccatum<br />
2 Frühlings-Spörgel Spergula morisonii<br />
3 Grauscheidiges Fe<strong>de</strong>rgras Stipa joannis<br />
2 Bauernsenf Teesdalia nudicaulis<br />
3 Sand-Thymian Thymus serpyllum<br />
- Flockige Königskerze Verbascum pulverulentum<br />
3 Frühlings-Ehrenpreis Veronica verna<br />
3 Sand-Wicke Vicia lathyroi<strong>de</strong>s<br />
3 Sand-Veilchen Viola rupestris<br />
3 Trespen-Fe<strong>de</strong>rschwingel Vulpia bromoi<strong>de</strong>s<br />
32
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Fett gedruckte Arten kommen bei uns ausschließlich auf Flugsand vor<br />
Gefährdung (nach <strong>de</strong>r Roten Liste <strong>de</strong>r Farne <strong>und</strong> Blütenpflanzen -- Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg)<br />
0 ausgestorben o<strong>de</strong>r verschollen<br />
1 vom Aussterben bedroht<br />
2 stark gefähr<strong>de</strong>t<br />
3 gefähr<strong>de</strong>t<br />
4 potentiell gefähr<strong>de</strong>t<br />
5 schonungsbedürftig<br />
- nicht auf <strong>de</strong>r Roten Liste<br />
Von links:<br />
Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana)<br />
Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium)<br />
Sand-Sommerwurz (Orobanche arenaria)<br />
Anhang: Auszug aus <strong>de</strong>m Gesetzestext<br />
§24 a<br />
Beson<strong>de</strong>rs geschützte Biotope.<br />
(1) Die folgen<strong>de</strong>n Biotope in <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Anläge zu diesem Gesetz beschriebenen<br />
Ausprägung sind beson<strong>de</strong>rs geschützt:<br />
33<br />
1. Moore, Sümpfe, naturnahe Bruch-, Sumpf- <strong>und</strong> Auwäl<strong>de</strong>r, Streuwiesen,<br />
Röhrichtbestän<strong>de</strong> <strong>und</strong> Rie<strong>de</strong>, seggen-<strong>und</strong> binsenreiche Nasswiesen;<br />
2. naturnahe <strong>und</strong> unverbaute Bach- <strong>und</strong> Flussabschnitte, Altarme fließen<strong>de</strong>r<br />
Gewässer, Hülen <strong>und</strong> Tümpel, jeweils einschließlich <strong>de</strong>r Ufervegetation,<br />
Quellbereiche, Verlandungsbereiche stehen<strong>de</strong>r Gewässer sowie naturnahe<br />
Uferbereiche <strong>und</strong> naturnahe Bereiche <strong>de</strong>r Flachwasserzone <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nsees;
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
3. offene <strong>Binnendünen</strong>, Zwergstrauch- <strong>und</strong> Wachol<strong>de</strong>rhei<strong>de</strong>n, Trocken- <strong>und</strong><br />
Magerrasen, Gebüsche <strong>und</strong> naturnahe Wäl<strong>de</strong>r trockenwarmer Standorte<br />
einschließlich ihrer Stau<strong>de</strong>nsäume;<br />
4. offene Felsbildungen, offene natürliche Block- <strong>und</strong> Geröllhal<strong>de</strong>n;<br />
5. Höhlen <strong>und</strong> Dolinen<br />
6. Feldhecken, Feldgehölze, Hohlwege, Trockenmauern <strong>und</strong> Steinriegel,<br />
jeweils in <strong>de</strong>r freien Landschaft.<br />
(2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung o<strong>de</strong>r erheblichen o<strong>de</strong>r nachhaltigen<br />
Beeinträchtigung <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs geschützten Biotope führen können, sind verboten.<br />
Weitergehen<strong>de</strong> Verbote in Rechtsverordnungen <strong>und</strong> Satzungen über geschützte<br />
Gebiete <strong>und</strong> Gegenstän<strong>de</strong> bleiben unberührt. (...)<br />
Anlage<br />
zu § 24 a Abs. l<br />
Definitionen <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs geschützten Biotoptypen (...)<br />
Vorbemerkung:<br />
a. Die nach § 24 a beson<strong>de</strong>rs geschützten Biotope wer<strong>de</strong>n anhand <strong>de</strong>r<br />
Standortsverhältnisse, <strong>de</strong>r Vegetation <strong>und</strong> sonstiger Eigenschaften <strong>de</strong>finiert.<br />
b. Zur Ver<strong>de</strong>utlichung <strong>de</strong>r Biotop<strong>de</strong>finitionen sind in <strong>de</strong>r Regel beson<strong>de</strong>re typische<br />
Arten aufgeführt. Insbeson<strong>de</strong>re bei Wiesen- <strong>und</strong> Waldbiotopen begrün<strong>de</strong>t<br />
nicht das Vorkommen einer einzigen typischen Art, son<strong>de</strong>rn erst die<br />
Kombination von mehreren <strong>de</strong>r genannten Arten das Vorliegen eines<br />
beson<strong>de</strong>rs geschützten Biotops.<br />
c. Bei <strong>de</strong>n Nummern 1.6, 1.8 <strong>und</strong> 3.5 sind zusätzlich die Kenn- <strong>und</strong> Trennarten<br />
<strong>de</strong>s jeweiligen Biotoptyps durch Fettdruck gekennzeichnet. Diese Arten<br />
kommen fast nur in beson<strong>de</strong>rs geschützten Grünlandbiotopen, in <strong>de</strong>r Regel<br />
aber nicht auf intensiv genutztem Grünland vor, erst wenn mehrere <strong>de</strong>r Kenn-<br />
<strong>und</strong> Trennarten auftreten, ist davon auszugehen, dass ein beson<strong>de</strong>rs<br />
geschütztes Biotop vorliegt.<br />
d. Als naturnah wer<strong>de</strong>n Biotope bezeichnet, die ohne gezielte Verän<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>s Standortes o<strong>de</strong>r ohne direkten menschlichen Einfluss entstan<strong>de</strong>n sind,<br />
nicht wesentlich vom Menschen verän<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> höchstens extensiv<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n, sowie künstlich geschaffene Biotope, die nach ihrer Entstehung<br />
einer weitgehend natürlichen Entwicklung überlassen wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> für<br />
<strong>de</strong>n Standort typische Pflanzen-<strong>und</strong> Tierarten aufweisen. Als naturnahe<br />
Wäl<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>r bezeichnet, <strong>de</strong>ren Baumschicht weitgehend aus<br />
standortheimischen Baumarten besteht <strong>und</strong> die eine weitgehen<strong>de</strong> Übereinstimmung<br />
von Standort, Wald-Standort, Waldbestand <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>nvegetation<br />
aufweisen. (...)<br />
3.1 Offene <strong>Binnendünen</strong><br />
Offene <strong>Binnendünen</strong> sind waldfreie, vom Wind aufgewehte Sandhügel. Die mehr o<strong>de</strong>r<br />
weniger lückige Vegetation besteht aus Pionierrasen, <strong>Sandrasen</strong> o<strong>de</strong>r Zwerg-<br />
strauchhei<strong>de</strong>n; einzelne Gehölze können eingestreut sein.<br />
34
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Beson<strong>de</strong>re typische Arten <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong> sind:<br />
Silbergras (Corynephorus canescens), Blaugraue Kammschmiele (Koeleria glauca),<br />
Sand-Hornkraut (Cerastium semi-<strong>de</strong>candrum), Sand-Strohblume (Helichrysum<br />
arenarium), Schmielenhafer-Arten (Aira spp.), Silberscharte (Jurinea cyanoi<strong>de</strong>s),<br />
Blauflüglige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans), Ameisenlöwe (Euroleon<br />
nostras). Sandbiene {Andrena argentata), Sandgängerbiene (Ammobates punctatus).<br />
(...)<br />
3.4 Trockenrasen<br />
Trockenrasen sind meist lückige, von niedrigwüchsigen Gräsern <strong>und</strong> Krauten<br />
geprägte, nicht genutzte o<strong>de</strong>r extensiv genutzte Magerrasen auf trockenen,<br />
flachgründigen Bö<strong>de</strong>n.<br />
Beson<strong>de</strong>re typische Arten <strong>de</strong>r Trockenrasen sind:<br />
Fe<strong>de</strong>rschwingel (Vulpia myuros u. Vulpia bromoi<strong>de</strong>s), Kleines Filzkraut (Filago<br />
minimal) Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis), Vogelfuß (Ornithopus perpusillus),<br />
Triften-Knäuelkraut (Scleranthus polycarpos), Zierliches Schillergras (Koeleria<br />
macrantha), Glanz-Lieschgras (Phleum phleoi<strong>de</strong>s), Sand-Grasnelke (Armeria<br />
elongata), Berg-Gaman<strong>de</strong>r (Teucrium montanum). Gewöhnliche Kugelblume<br />
(Globularia punctata), Zarter Lein (Linum tenuifolium). Zwergsonnenröschen (Fumana<br />
procumbens), Erd-Segge (Carex humilis), Fe<strong>de</strong>rgras-Arten (Stipa spp.) sowie Arten<br />
<strong>de</strong>r Magerrasen, <strong>de</strong>r offenen Felsbildungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r offenen <strong>Binnendünen</strong>. (...)<br />
3.6 Gebüsche <strong>und</strong> naturnahe Wäl<strong>de</strong>r trockenwarmer Standorte einschließlich<br />
ihrer Stau<strong>de</strong>nsäume (gekürzt: nur Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>Binnendünen</strong>)<br />
Naturnahe Wäl<strong>de</strong>r trockenwarmer Standorte sind Steppenhei<strong>de</strong>wäl<strong>de</strong>r <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re<br />
natürliche o<strong>de</strong>r naturnahe Wäl<strong>de</strong>r auf Felsstandorten, auf trockenen, flachgründigen<br />
o<strong>de</strong>r auf wechseltrockenen Bö<strong>de</strong>n sowie auf sonnigen, warmen Steinschutthängen.<br />
Dazu gehören (...) trockene o<strong>de</strong>r wechseltrockene, natürliche o<strong>de</strong>r naturnahe Kie-<br />
fernwäl<strong>de</strong>r, insbeson<strong>de</strong>re (...) Kalksand-Kiefernwäl<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Moos-Kiefernwäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
nördlichen Oberrheinebene (Dünengebiete).<br />
Beson<strong>de</strong>re typische Arten <strong>de</strong>r naturnahen Wäl<strong>de</strong>r trockenwarmer Standorte sind:<br />
(...) Wintergrün (Pyrola chlorantha), Winterlieb (Chimaphila umbellata), (...)<br />
Waldvögelein-Arten (Cephalanthera damasonium, Cephalanthera rubra....), (...)<br />
Vogelfuß-Segge (Carex ornithopoda).<br />
35
<strong>Binnendünen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sandrasen</strong><br />
Karte aus <strong>de</strong>m 17. Jahrh<strong>und</strong>ert „Gemein<strong>de</strong>wald“ Oftersheim<br />
36