BQB Nr. 9 / Herbst 2011 (pdf). - QSC Blog
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22 | lösungen & innoVaTionen | MaDe in gerMany<br />
MISStrAueN MISSGLÜcKt<br />
ende des 19. Jahrhunderts sollte die in großbritannien eingeführte Kennzeichnung „Made in germany“ eigentlich<br />
Misstrauen und ablehnung gegenüber deutschen produkten schüren. Tatsächlich verhalf sie der deutschen industrie zu<br />
einem Triumphzug.<br />
TexT: KrisTina saMii-MerKner<br />
„Made in Germany“ – mit dieser Kennzeichnung verbinden Verbraucher<br />
eine hohe Qualitätserwartung, die die Motivation eines<br />
Kunden, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, enorm<br />
steigert. So hat es das Oberlandesgericht<br />
Düsseldorf im April <strong>2011</strong> bestätigt.<br />
Das Gericht verhandelte eine Klage<br />
gegen ein unternehmen,<br />
das sein Besteck mit der Aufschrift<br />
„Made in Germany“ auf<br />
den Markt brachte, obwohl<br />
es zu 75 Prozent in china<br />
hergestellt wurde und im<br />
Anschluss nur noch die<br />
Politur in Deutschland erfolgte.<br />
eine Irreführung des<br />
Verbrauchers, urteilte das<br />
Gericht, und schützte so den<br />
inflationären Gebrauch der herkunftsbezeichnung.<br />
Denn bis heute vertraut man hierzulande,<br />
aber auch im Ausland Produkten<br />
aus deutscher Fertigung, hält sie für besonders<br />
sorgfältig hergestellt, qualitativ hochwertig,<br />
langlebig und sicher. „Made in Germany“ ist damit zu einem<br />
Gütesiegel für Verbraucher in aller Welt geworden, das es eigentlich<br />
nie sein sollte. Denn als die Briten 1887 dieses Label für Produkte<br />
einführten, die aus Deutschland auf den britischen Markt kamen,<br />
hatten die dortigen Gesetzgeber ganz anderes im Sinn: es sollte die<br />
britischen Verbraucher vor Billigkopien aus dem Deutschen reich<br />
schützen.<br />
Im 19. Jahrhundert hat Großbritannien anderen europäischen Ländern<br />
in puncto Industrialisierung einiges voraus. Doch die britische<br />
Industrie bekommt zunehmend die negativen Auswirkungen von Importprodukten<br />
zu spüren, die durch ähnliche Namen und ähnliches<br />
Aussehen beim britischen Verbraucher den eindruck erwecken sol-<br />
len, in england hergestellt worden zu sein. Der einführung der Nachahmerprodukte<br />
öffnete der Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführte<br />
Freihandel tür und tor.<br />
„Merchandise Marks Act“<br />
London hat schließlich genug und<br />
beschließt 1887 mit einer Neufassung<br />
des „Merchandise Marks<br />
Act“, dass Produkte aus dem<br />
Ausland mit der deutlichen<br />
herkunftsbezeichnung<br />
„Made in ...“ versehen<br />
werden müssen, um<br />
nicht mit britischen<br />
Produkten verwechselt<br />
zu werden.<br />
Doch die deutschen<br />
Produkte sind gar nicht<br />
mehr so schlecht wie ihr<br />
ursprünglicher ruf. Im Zuge<br />
der Weiterentwicklung der<br />
deutschen Wirtschaft setzen sie<br />
sich als hochwertige Industriewaren<br />
bald gegenüber konkurrierender Billigware<br />
durch. Dank der Kennzeichnung fällt den<br />
englischen Verbrauchern erst jetzt auf, was überhaupt<br />
alles aus Deutschland kommt – welches Werkzeug, welche Küchengeräte,<br />
welches Spielzeug. Aus der guten erfahrung mit diesen Alltagsgegenständen<br />
erwächst ein allgemeines Vertrauen in die deutsche<br />
Industrie.<br />
Nach dem ersten Weltkrieg setzt sich der erfolg der Waren fort, und<br />
nach 1945 wird „Made in Germany“ zum Inbegriff des deutschen<br />
Wirtschaftswunders. Bis 2009 erstmals china den höchsten Gesamtwert<br />
an Waren exportiert, ist Deutschland als exportweltmeister des<br />
21. Jahrhunderts kaum einzuholen. Der Grundstein für die erfolgsgeschichte<br />
als exportnation war ungewollt von den Briten gelegt<br />
worden.