Behindertenforum Mitgliedorganisationen
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An einer solchen Aufgabe wächst man<br />
Anne-Marie Ochsner hat gelernt Prioritäten zu setzen und<br />
eine Selbsthilfegruppe aufzubauen<br />
«Wer fragt, wie es mir geht?» Angehörige von Parkinsonpatienten<br />
leisten viel. Die Frage nach ihrem<br />
Wohlergehen kommt manchmal zu kurz. Anne-Marie<br />
Ochsner hat deshalb eine Selbsthilfegruppe gegründet.<br />
bim. «Die Diagnose war erlösend», Anne-Marie<br />
Ochsner hat diesen Satz schon oft gesagt und auch<br />
gehört. Überrascht sind nur diejenigen, die noch nie<br />
mit dieser Krankheit konfrontiert worden sind. Die<br />
Krankheit heisst Parkinson. Meist haben die Betroffenen<br />
über längere Zeit unter verschiedenen Beschwerden<br />
und Einschränkungen zu leiden, ohne zu wissen,<br />
woher sie rühren und wie sie zu behandeln sind. Die<br />
Umwelt ist irritiert, Angst und Unsicherheit macht<br />
sich breit. Anne-Marie Ochsner hat das bei ihrem<br />
Mann erlebt. «Es begann mit Kleinigkeiten», erinnert<br />
sie sich. Der schleppende Gang ist ihr schon früh aufgefallen.<br />
Ihr Mann reagierte verärgert, wenn sie ihn<br />
darauf ansprach. Dann machte sich eine weitere Auffälligkeit<br />
bemerkbar: die veränderte Mimik. Immer<br />
öfter sah sie ein völlig ausdrucksloses Gesicht vor sich<br />
2.2009<br />
Foto: Mirjam Spinnler<br />
Thema<br />
und musste sich fragen ‹hat er nicht zugehört oder ist<br />
er wohl eingeschlafen?› Manchmal sei er tatsächlich<br />
eingeschlafen und dies mit offenen Augen, erzählt<br />
Anne-Marie Ochsner. Müdigkeit und verlangsamte<br />
Bewegung gehörten auch bald zum Erscheinungsbild.<br />
Doch all die Symptome wurden lange nicht als solche<br />
erkannt. Man fand immer wieder eine mögliche Erklärung<br />
und tatsächlich ging es zwischendurch auch<br />
wieder besser. Insgesamt wurde die Situation aber<br />
zunehmend belastend und die Verunsicherung nahm<br />
zu. Als die Diagnose Parkinson bekannt wurde, erhielt<br />
dieser diffuse, unangenehme und zuweilen auch<br />
unheimliche Zustand einen Namen.<br />
«Raus damit»<br />
Das Ehepaar Ochsner engagiert sich in mehreren Vereinen<br />
und pflegt einen grosses Freundes- und Bekanntenkreis.<br />
Anne-Marie Ochsner ist eine lebhafte, kontaktfreudige<br />
und aktive Frau. Nach Bekanntgabe der<br />
Diagnose stellte sie deshalb ihrem Mann sogleich die<br />
Frage «willst du dich nun verstecken?» Parkinson ist<br />
je nach Stadium und Ausprägung mit Symptomen<br />
verbunden, die in der Öffentlichkeit auffallen und<br />
den Betroffenen und ihren Angehörigen auch sehr<br />
unangenehm sein können. Das Zittern, die verlangsamten,<br />
zeitweise erstarrten oder unkontrollierten<br />
Bewegungen, die schwache Stimme, das zuweilen<br />
ausdruckslose Gesicht – man sieht sich Blicken und<br />
leider auch negativen Reaktionen ausgesetzt. Nicht<br />
selten werden Parkinson-Erkrankte für betrunken,<br />
dement oder psychisch behindert gehalten.<br />
Die Frage nach dem Verstecken ist deshalb bedeutungsvoll.<br />
Wird sie bejaht, geraten die Betroffenen<br />
mitsamt ihren Angehörigen in die Isolation. Anne-<br />
Marie Ochsner war deshalb froh, dass ihr Mann ihr<br />
sogleich ein klares «raus damit» zur Antwort gab.<br />
Informiert man sein Umfeld ohne Scheu, sind die<br />
Leute meistens verständnisvoll und hilfsbereit, das<br />
weiss Anne-Marie Ochsner mittlerweile aus Erfahrung.<br />
Auch als Partnerin war sie nun aufgefordert sich<br />
dieser Krankheit mit all ihren Folgeerscheinungen zu<br />
stellen. Dass sie diese Herausforderung annehmen<br />
würde, war für sie keine Frage. «Das ist mein Mann,<br />
da stehe ich dazu», sagt sie ohne Umschweife.<br />
«Ich halte an einigen Aktivitäten fest.»<br />
Ihr Einsatz wurde unmerklich grösser: da und dort<br />
eine Hilfeleistung, eine Begleitung oder Unterstützung,<br />
mehr und mehr Präsenz und sei es nur im Hin-<br />
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