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Miriamgemeinde Bonames - Kalbach - Miriamgemeinde Frankfurt

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2<br />

Frühlingsglaube<br />

Die linden Lüfte sind erwacht,<br />

sie säuseln und weben Tag und Nacht,<br />

sie schaffen an allen Enden.<br />

O frischer Duft, o neuer Klang!<br />

Nun, armes Herze, sei nicht bang!<br />

Nun muss sich alles, alles wenden.<br />

Besinnung<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

nun muss sich alles, alles wenden! Nicht wenige sind geneigt,<br />

das zu hoffen und zu glauben in diesem bisher so ereignisreichen<br />

Jahr 2011: Volksaufstände in mehreren arabischen Diktaturen,<br />

die Katastrophe in Japan mit der nachfolgenden Mehrheit<br />

für eine schnelle Energiewende in Deutschland und Wahlen,<br />

die die politische Landschaft nachhaltig verändern – so<br />

viel Umbruch hat es lange nicht mehr gegeben. Fast scheint<br />

es, als würde jetzt wirklich zwar nicht alles, aber doch einiges<br />

anders.<br />

Ähnlich ist es Ludwig Uhland ergangen, als er 1812 sein be-<br />

kanntestes Gedicht verfasste: „Frühlingsglaube―. Veränderung lag in der Luft, so wie in den ersten lauen<br />

Frühlingstagen, die wir im April erleben, während ich diesen Artikel schreibe: die Landesfürsten riefen Versammlungen<br />

ein, in denen über Verfassungen beraten wurde. Uhland wurde später Landtagsabgeordneter in<br />

Württemberg und saß 1848 im linken Flügel der <strong>Frankfurt</strong>er Paulskirche. Das Scheitern der „Deutschen Revolution―<br />

hat er selbst noch miterlebt: Unter uns Menschen scheint es, bei allem Fortschritt, doch ähnlich zuzugehen<br />

wie in der Natur – was gewesen ist, kommt wieder.<br />

Wird es auch mit den Veränderungen dieses Frühjahrs so<br />

sein? Menschen vergessen ja schnell! In vier Monaten jährt<br />

sich der 11. September 2001 zum 10. Mal. Ich erinnere<br />

mich noch, wie es in den ersten Tagen immer wieder hieß:<br />

„Nichts wird so sein wie es einmal war.“ Für ein paar Tage<br />

verzichteten sogar die privaten Fernsehsender auf die Ausstrahlung<br />

besonders brutaler und gewalttätiger Filme. Aber<br />

bald ging, bis auf verschärfte Sicherheitsvorschriften, alles<br />

wieder seinen gewohnten Gang.<br />

Anders ist das im jüdischen und christlichen Glauben: Am<br />

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,<br />

man weiß nicht, was noch werden<br />

mag,<br />

das Blühen will nicht enden.<br />

Es blüht das fernste, tiefste Tal:<br />

nun, armes Herz, vergiss der Qual!<br />

Sederabend eines jeden Passahfests erinnert sich das jüdische Volk an die Sklaverei und den Auszug aus<br />

Ägypten, als wäre es gestern gewesen. Und am Ostermorgen feiern Christinnen und Christen die Auferstehung<br />

Jesu, als hätte sie heute und für alle Zeiten Bedeutung. Was geschehen ist, soll nicht vergessen werden,<br />

damit es das Leben heute, hier und jetzt zum Guten wenden kann: Die Erinnerung an die Zeit des Mose<br />

macht ein für allemal klar, dass Gott freie Menschen will und keine ausgebeuteten und gefangenen. Dahinter<br />

gibt es kein Zurück! Darum treten auch Christinnen und Christen heute<br />

für Menschenrechte und Gerechtigkeit ein – manchmal übrigens auch<br />

gemeinsam mit der israelischen Friedensbewegung gegen den israelischen<br />

Staat. Und die Erinnerung an Tod und Auferstehung von Jesus<br />

Christus macht ein für allemal klar, dass Katastrophen, Vernichtung,<br />

Tod und Vergänglichkeit nicht das letzte Wort über die Geschichte und<br />

auch nicht über unser Leben behalten werden. Gut dran ist, wer sein<br />

Leben schon jetzt, bei allen persönlichen und globalen Schwierigkeiten<br />

davon bestimmt sein lässt, denn für den oder die gilt in der Tat nicht<br />

nur zur Frühlingszeit dieser so himmlisch wohltuende Satz von Ludwig<br />

Uhland: „Nun, armes Herz, vergiss die Qual! Nun muss sich alles, alles wenden.―<br />

Ihr Gemeindepfarrer Thomas Volz

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