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Aus: NOZ Osnabrück, 13.August 2012<br />
http://www.noz.de/lokales/66025829/osnabrueck-experten-streiten-uebererzieherausbildung#comments<br />
Fachschule oder Universität?<br />
Osnabrück: Experten streiten über<br />
Erzieherausbildung<br />
Osnabrück. Der Weg zum Erzieherberuf führt über die Fachschulen. Doch Verbände<br />
und Wissenschaftler sprechen sich inzwischen für eine akademische Ausbildung aus.<br />
Wenn Ulrike Kläfker über die Erzieherausbildung spricht, dann geht das nicht ohne den<br />
Begriff „Breitbandausbildung“. Denn als solche sieht die Leiterin der evangelischen<br />
Fachschulen Osnabrück diesen vierjährigen Bildungsweg. Nach den ersten zwei Jahren folgt<br />
die Prüfung zum Sozialassistenten, nach zwei weiteren folgt die Erzieherprüfung.<br />
„Es sind vier Jahre bodenständiger Ausbildung, die Voraussetzung ist der<br />
Realschulabschluss“, führt Kläfker aus. Das „bodenständig“ hat Gewicht für sie. Es steht für<br />
den starken Praxisanteil, den die Ausbildung umfasst. In den ersten beiden Jahren absolvieren<br />
die Fachschüler neben den Unterrichtseinheiten drei Praxisblöcke in verschiedenen<br />
Arbeitsfeldern vom Hort über heilpädagogische Einrichtungen bis hin zu<br />
freizeitpädagogischen Maßnahmen.<br />
Später arbeiten sie zwei Tage in der Woche in Einrichtungen wie Heimen und<br />
Kindertagesstätten. Der schulischen Ausbildung sind drei Tage pro Woche vorbehalten. Dort<br />
befassen sich die Schüler mit Grundlagen der Pädagogik und der Psychologie. Sie lernen<br />
etwas über Elternarbeit, Gesundheit und Ernährung, Erste Hilfe und Rechtsfragen. Zudem<br />
seien in den vergangenen Jahren Lern- und Lehrtechniken sowie Naturwissenschaften und<br />
Spracherwerb gestärkt worden, erzählt Kläfker. Breitband eben.<br />
Doch das reicht der Landesvorsitzenden des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Gitta<br />
Franke-Zöllmer nicht. Sie verweist auf die europäischen Nachbarländer. In fast allen werden<br />
Erzieher an Hochschulen ausgebildet. „Die Erzieher bedienen höhere Ansprüche und müssen<br />
an den Hochschulen ausgebildet werden“, sagt sie.<br />
Inzwischen sind die Lern- und Entwicklungsprozesse von Kindern detailliert erforscht und<br />
untersucht. Die optimale Erziehung ist längst nicht <strong>mehr</strong> abhängig davon, dass einer ein gutes<br />
Händchen für Kinder hat. Sie lässt sich weitgehend objektivieren, messen und überwachen.<br />
Dadurch steigen die Anforderungen, die Wissenschaftler, Einrichtungen und nicht zuletzt<br />
Eltern an die Erzieher stellen.<br />
„Das muss man anerkennen und kann nicht wie bisher ausbilden“, sagt Franke-Zöllmer.<br />
Allerdings gebe es auch Probleme: Eine akademische Ausbildung müsste höhere Löhne nach<br />
sich ziehen. Bislang verdient beispielsweise eine Erzieherin in Diensten der evangelischen<br />
Kirche laut Tarifvertrag (TvL) bei einer Vollzeitstelle je nach Dienstalter 2200 bis 2830 Euro.<br />
Dieser Tarif gelte allerdings erst seit Anfang 2012, sagt Ulrike Heienbrok, Personalleiterin<br />
des Kirchenkreisamtes Osnabrück/Georgsmarienhütte. Zuvor seien es etwa 200 Euro weniger<br />
gewesen.
Außerdem müssten die Kapazitäten an den Hochschulen geschaffen werden. Doch um die<br />
entsprechenden Strukturen zu schaffen, müssten die Länder viel Geld ausgeben. Und gerade<br />
daran mangelt es oft.<br />
Dennoch könnte an der Universität Osnabrück demnächst der Modellstudiengang Elementar-<br />
und Primarpädagogik starten. Dieser Bachelor-Studiengang rücke die Kindheit in den<br />
Mittelpunkt, sagt Vizepräsidentin Martina Blasberg-Kuhnke. Darunter versteht sie die<br />
Altersgruppen unter zehn Jahren.„Diese Zeit ist von Übergängen geprägt“, sagt Blasberg-<br />
Kuhnke.<br />
Damit meint sie nicht nur den vom Kindergarten in die Schule, sondern auch solche in der<br />
Entwicklung der Kinder. Deshalb liege einer der beiden Schwerpunkte auf eben diesen<br />
Transitionsprozessen. Doch dadurch, dass der Studiengang laut Blasberg-Kuhnke das Kind<br />
und nicht die Institutionen in den Mittelpunkt stellt und die Arbeit mit Kindern in den<br />
Übergangsphasen betont, ergibt sich ein Problem: Die Absolventen sind nicht eindeutig für<br />
eine Institution wie Schule oder Kita ausgebildet. „Der Bachelor ist die Grundqualifikation“,<br />
sagt Blasberg-Kuhnke. Im anschließenden Masterstudium sollen die Studierenden dann<br />
Schwerpunkte wie Sozialpädagogik oder Grundschullehramt wählen – je nach angestrebtem<br />
Beruf.<br />
Fachschulleiterin Kläfker steht solchen Modellen skeptisch gegenüber. „An keiner<br />
Hochschule“, sagt sie, „gibt es eine so starke Praxisanbindung wie in den Fachschulen.<br />
Deshalb wird die Basisarbeit, die wir leisten, bleiben“.