Ausführliche Beschreibung des Mausoleums als ... - Gemeinde Noer
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Mausoleum <strong>Noer</strong><br />
Peter Schoß, 24214 Lindhöft, Alte Dorfstr. 26, Tel. (04346) 1608<br />
Im Mausoleum von <strong>Noer</strong> fanden Graf Friedrich Christian Carl August von <strong>Noer</strong> († am 25. 12.<br />
1881) und seine Frau, Gräfin Henriette Sophie Mathilde C armelita Eisenblat († 11. August<br />
1912) ihre letzte Ruhestätte.<br />
Nach seinem Tode am 25. Dezember 1881 wurde der G r a f zunächst auf dem Krusendorfer<br />
Friedhof in der <strong>Noer</strong>er Familiengruft beigesetzt, weil das Mausoleum noch nicht fertig war.<br />
Name „Mausoleum“<br />
In Halikarnassos, der Hauptstadt von Karien im<br />
Südwesten der Türkei, wurde für den König<br />
Maussolos um 350 v. Chr. ein herrliches Grabmal<br />
errichtet, das zu den 7 Weltwundern zählt. Nach<br />
diesem König Maussolos und seinem Grabmal<br />
werden seit der Römerzeit bedeutende Grabkapellen<br />
oder Grabdenkmale <strong>als</strong> „Mausoleum“ bezeichnet.<br />
Das Mausoleum ist ein Werk <strong>des</strong> Kieler Architekten<br />
Heinrich Moldenschardt (* 25. 1. 1839, † 1. 9.<br />
1891). Er wurde bekannt durch den Bau der Bahnhöfe<br />
Altenhof, Eckernförde, Gettorf. Bekannter noch<br />
wurde er durch das inzwischen abgerissene Thaulow-<br />
Museum in Kiel. Von ihm stammt auch das<br />
Hildebrandt-Mausoleum in Dänischenhagen.<br />
Moldenschardt war Schüler <strong>des</strong> berühmten<br />
Architekten Gottfried Semper († 1902). Auf diese<br />
Verbindung werde ich noch zurückkommen.<br />
Baubeschreibung<br />
Mausoleum <strong>Noer</strong> 28.11.2006<br />
Das Mausoleum beeindruckt durch seine Schlichtheit und Liebe zu Details, durch seine<br />
Proportionen und Farbigkeit. Der Sockel ist mit grauen Granitplatten verkleidet, die<br />
Außenwände darüber zeigen gelbe Ziegel und rote Terrakotten.<br />
Der kleine Zentralbau hat die Form <strong>des</strong> Oktogons. Die Zahl 8 spielt in der Zahlensymbolik eine<br />
bedeutende Rolle. Bei vielen Völkern ist die 8 eine Schicks<strong>als</strong>zahl, die nahe beim Tode liegt. Im<br />
Sanskrit erscheint das "Glücksrad" <strong>als</strong> Aschta mangala, wobei mit Glück das Schicksal gemeint<br />
ist. In der christlichen Zahlensymbolik bedeutet die 8 den neuen Anfang, das neue Leben, die<br />
Auferstehung. Die Auferstehung Christi erfolgte am 8. Tage nach seinem Einzug in Jerusalem<br />
(dem Palmsonntag). In der alten Wochenordnung begann nach der 7-Tage-Woche am Sonntag<br />
die neue Woche, das neue Leben. Die Tatsache, das viele Baptisterien (Taufkirchen) in<br />
Oktogon-Form gebaut wurden, deutet auf das neue Leben nach der Taufe hin.<br />
Die Seitenwände werden oben abgeschlossen mit einem Fries aus Eichenlaub und Ahornlaub in<br />
ständigem Wechsel. Auch hier sehen wir in der ständigen Wiederkehr einen Hinweis auf die<br />
Ewigkeit.
Über der achteckigen Grundform erhebt sich die Kuppel. Die Form wechselt in die Rundform.<br />
Terrakottakassetten zeigen wieder in ständigen Wechsel Festons (bogenförmige Gehänge) mit<br />
Blumen und Früchten sowie Kränze. Hier wird ebenfalls symbolisch die immer wiederkehrende<br />
Erneuerung <strong>des</strong> Lebens dargestellt, wobei der Kranz in der christlichen Symbolik auch Zeichen<br />
der Auferstehung ist. Die Dreizahl in der Darstellung (Blumen, Früchte, Kranz) deutet auf die<br />
Dreifaltigkeit hin (siehe auch weiter unten bei der <strong>Beschreibung</strong> der Tür).<br />
Holztür<br />
Die schwere, kassettierte Holztür mit einem metallenen Löwenkopf mit Griffring zeigt nach<br />
Osten. Der Osten ist die Himmelsrichtung <strong>des</strong> neuen Tages, <strong>des</strong> Sonnenaufgangs, der<br />
Auferstehung. So wurden auch die meisten alten Kirchen mit dem Altar nach Osten gebaut, um<br />
diese Auferstehungssymbolik darzustellen.<br />
Über der Tür wölbt sich eine aus Terrakotta geformte Supraporte. Außen auf der Wölbung sind 3<br />
Akroterien (Spitzen) angebracht. Nach innen ist die Supraporte abgestuft. Im mittleren Feld ist in<br />
einem Dreieck, umgeben von einem Strahlenkranz, das Auge Gottes dargestellt.<br />
Das Dreieck ist in dieser Komposition Symbol für die Dreifaltigkeit, die Dreieinigkeit Gottes,<br />
das Auge Symbol für die Allwissenheit, Allgegenwart und Allmacht Gottes.<br />
Über dem Dreieck sind 10 Sterne <strong>als</strong> Symbol <strong>des</strong> Himmels angeordnet. Im abschließenden<br />
Halbrund <strong>des</strong> Innenfel<strong>des</strong> sehen wir eine Ranke aus Lotosblüten. Diese Lotosblüten könnten<br />
bewusst auf die Grabstätte eines Sanskritisten hinweisen.<br />
Der Türsturz und die Türpfeiler, welche die Supraporte tragen, sind mit gleichmäßigen<br />
Blattornamenten gestaltet.<br />
Innenraum<br />
Im Innern stehen 2 Särge: rechts der Sarg <strong>des</strong><br />
Grafen von <strong>Noer</strong>, gestorben am 25. 12. 1881<br />
und links der Sarg seiner Frau Carmelita<br />
Eisenblat, gestorben am 11. August 1912. Beide<br />
Särge stehen so, dass die Verstorbenen Richtung<br />
Osten gewandt sind, der aufgehenden Sonne,<br />
dem neuen Tag, der Auferstehung entgegen.<br />
Genauso beschreibt der Graf die letzte<br />
Ruhestätte Kaiser Akbars aus Indien, über den<br />
der Graf intensiv geforscht hat und ein<br />
zweibändiges Werk geschrieben hat.<br />
Der aus schwarzem, weißem und rötlichem<br />
Mausoleum <strong>Noer</strong> 27.11.2006<br />
Kleinmosaik gebildete Fußboden erinnert an<br />
römische Vorbilder. In der Mitte ist auf<br />
schwarzem Grund ein weißer Stern eingearbeitet, der sich auf die achteckige Grundform bezieht.<br />
Als Gegenstück zu dem Stern befindet sich in der Kuppel <strong>als</strong> Abschluss ein run<strong>des</strong> Buntglasfenster.<br />
Von drei Engeln mit Schalen (für Lichter) ist nur noch einer ganz erhalten, die übrigen wurden<br />
bei einem Einbruch beschädigt. Die Wände zeigen eine Marmorimitation (stucco lustro).<br />
Die 8 Wandflächen werden oben jeweils abgeschlossen durch ein dunkelrotes Architrav<br />
(Längsbalken über einer Säulenreihe) mit Bibelsprüchen in goldenen, gotischen Buchstaben.<br />
.<br />
.
Über jeder Seitenwand befindet sich ein Halbkreisbogen, der wiederum ein Kreisfeld einschließt.<br />
Darüber erhebt sich das Kuppelfeld, eingefasst durch die Gurtbögen der Kuppel. . Kuppelfelder und<br />
Gurtbögen münden oben in das bereits erwähnte runde Buntglasfenster. .<br />
„Das Blau der Kuppelfelder, das Weiß der Pfeiler und das<br />
Rot <strong>des</strong> Architravs deuten auf die Lan<strong>des</strong>farben Schleswig-<br />
Holstein", so schreibt Klewitz in einer Arbeit über<br />
Moldenschardt. Diese Farbgebung ist aber nicht ursprünglich.<br />
Durch die Feuchtigkeit und die damit verbundene Auflösung<br />
der Farbe erscheinen in den Kuppelfeldern querliegende<br />
Rauten, Ornamentbänder und Sterne, auf den Gurtbögen<br />
aufeinandergereihte tulpen- oder kelchartige Ornamentformen.<br />
Hier tritt eine ursprüngliche Schablonenmalerei zu Tage.<br />
Moldenschardt war immerhin ein Schüler Sempers, der viel<br />
mit dieser Technik arbeitete, wie auch die renovierte Semper-<br />
Oper in Dresden zeigt<br />
Kuppelfenster 5.1.2007<br />
Im Jahre 2011 wurde mit der Restaurierung <strong>des</strong> Innenraumes begonnen. Wir hoffen, dass bis Ende<br />
2012 die Schablonenmalereien der Kuppel, die „stucco-lustro-marmorierten“ Wände, die goldenen<br />
Bibelworte und die lichttragenden Engel wieder in alter Schönheit zu bewundern sind.<br />
Die Idee zum Bau eines <strong>Mausoleums</strong><br />
Friedrich Christian Carl August Graf von <strong>Noer</strong> hatte in seinem Testament von Ende 1878 den<br />
Wunsch geäußert, auf englischem Boden begraben werden. Dies mag an seiner Bindung zu<br />
England gelegen haben durch sein Studium in Cambridge, durch seine Freunde und Bekannte aus<br />
diesem Land wie z. B. sein verehrter Lehrer Prof. Goldstücker. In einer Ergänzung seines<br />
Testamentes Ende 1880 aber überließ er seine Bestattung ganz dem Wunsch und Willen seiner<br />
Gemahlin. Der Graf starb am 1. Weihnachtstag 1881, abends um 10 ½ Uhr und wurde am gleichen<br />
Abend noch, wie Pastor Otto Clausen in seinen Erinnerungen schreibt, in der Familiengruft in<br />
Krusendorf beigesetzt.<br />
Der Graf hat aber dann doch auch seinen eigenen Wunsch über seine Bestattung geäußert, wie aus<br />
1<br />
einem Brief <strong>des</strong> Inspektors Koyen vom 13. Februar 1882 hervorgeht : Beisetzung in einer<br />
Grabkapelle im <strong>Noer</strong>er Schlosspark. Sehr interessant ist die in diesem Schreiben geschilderte<br />
Begründung bezüglich der Familiengruft in Krusendorf. Der Graf hat auch genau den Platz für<br />
das Mausoleum ausgesucht. Es gibt aber keinerlei Hinweise <strong>des</strong> Grafen für die Ausgestaltung, z.B.<br />
mit Blick auf seine Studien und Reisen.<br />
Hier sei der genannte Brief im Wortlaut angeführt:<br />
„An die Königliche Regierung zu Schleswig<br />
Betrifft: Bau einer Grabkapelle im Park zu <strong>Noer</strong><br />
<strong>Noer</strong>, den 13. Febr. 1882<br />
2<br />
Se Durchlaucht der Hr. Graf Friedrich von <strong>Noer</strong> hat kurz vor seinem Tode den Wunsch<br />
ausgesprochen, daß seine irdischen Überreste in einer im <strong>Noer</strong>er Park zu errichtenden Grabkapelle<br />
Aufnahme finden möchten, weil die auf dem Krusendorfer Friedhof befindliche Familiengruft<br />
unter Wasserandrang leidet und nicht leicht wasserfrei gehalten werden kann. Derselbe hat auch<br />
Selbst einen bestimmten Platz im Park für den Bau der Kapelle ausersehen.
Die verwitwete Frau Gräfin von <strong>Noer</strong> richtet demgemäß an die hohe Königliche Regierung die<br />
Bitte, die Ausführung dieses Baues gestatten zu wollen.<br />
Ein Situationsriß (= ein Lageplan) erfolgt anliegend.<br />
Ganz gehorsamst im Auftrage der Frau Gräfin Carmen zu <strong>Noer</strong><br />
Koyen, Insp.“<br />
.<br />
Situationsplan (Lageplan) vom 13. Februar 1882<br />
Anmerkung zu einigen Buchstaben:<br />
A = Herrenhaus <strong>Noer</strong>, B = Reitstall, C und D = Schuppen +Remise, beide nicht mehr<br />
vorhanden, E = Inspektorat, F und G = Dienerhaus + Nebengebäude, nicht mehr<br />
vorhanden. Dort steht jetzt das Feuerwehrgerätehaus, K = das projektierte Mausoleum<br />
Am 12. April 1882 erfolgte die behördliche Genehmigung durch den Landrat:<br />
„An die Frau Gräfin von <strong>Noer</strong> Hochgeboren auf <strong>Noer</strong><br />
Eckernförde, den 12. April 1882<br />
Euer Hochgeboren beehre ich mich, mit Bezug auf den der Königlichen Regierung seiner Zeit direct<br />
3<br />
vorgelegten Antrag ganz ergebenst mitzutheilen, daß die qu. Behörde die Erbauung einer<br />
Grabcapelle im Park zu <strong>Noer</strong>, an der in dem zurückfolgenden Situationsplan angedeuteten Stelle<br />
unter der Bedingung genehmigt hat, daß der Kirche und den Kirchendienern zu Krusendorf dadurch<br />
nichts an ihren Einkünften geschmälert wird. Gleichfalls setzt die Königliche Regierung voraus,<br />
daß das Königliche Kreisphysikat , welchem der Bauplan und eine Zeichnung und <strong>Beschreibung</strong><br />
der Umgebung noch vorzulegen ist, sanitäre Einwendungen nicht zu erheben hat und daß die<br />
Kapelle demnächst die kirchliche Weihe erhalten wird.<br />
Der comm. Landrath v. Bülow“
Auch das Kreisphysikat, das Kreisgesundheitsamt gab seine Erlaubnis zum Bau <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong>.<br />
Auftragsvergabe an Moldenschardt<br />
Der Landrat hatte in seinem Schreiben<br />
gefordert, „daß die Kapelle demnächst die<br />
kirchliche Weihe erhalten wird“. In den<br />
Unterlagen der Kirchengemeinde Krusendorf<br />
sind diesbezüglich keine Unterlagen zu finden.<br />
Entwurfszeichnung von<br />
Architekt H. Moldenschardt,<br />
Schleswig-Holsteinisches Archiv für<br />
Architektur und Ingenieurbaukunst<br />
(AAI) 2797 PL 14, 38 x 31 cm<br />
Inspektor Koyen von <strong>Noer</strong> erhielt im Januar 1882 ein Schreiben von Georg Hoffmann aus Kiel,<br />
Fleethörn 55 mit einer Empfehlung für den Architekten Moldenschardt.<br />
„Kiel, Fleethörn 55, 15. Januar 1882<br />
Geehrter Herr Koyen,<br />
ein guter Bekannter von mir, Herr Architekt Moldenschardt, Erbauer <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> der Gesellschaft<br />
der Armenfreunde, <strong>des</strong> Thaulow-Museums und mehrerer Kirchen in der Provinz, ein Künstler von<br />
großem Renommee, nimmt meine Vermittlung in folgender Sache in Anspruch.<br />
Er hat davon gehört, dass der Bau eines <strong>Mausoleums</strong> für den hochseligen Herren Grafen im Park<br />
von <strong>Noer</strong> beabsichtigt wird. Sollte für denselben noch kein anderer Techniker ins Auge gefasst sein,<br />
und nicht von vorn herein ein Anerbieten <strong>des</strong> Herrn Moldenschardt unerwünscht sein, so würde es<br />
ihm sehr angenehm sein, zu erfahren, welche Schritte er zu tun hätte, um seine Dienste zur Lösung<br />
einer solchen Aufgabe, die ihn interessiert, anzubieten.<br />
Ich würde Ihnen, Herr Koyen, sehr verbunden sein, wenn Sie diese meine Anfrage in bestimmter u.<br />
vertraulicher Weise beantworten wollten.<br />
Mit den besten Grüßen<br />
Ihr ergebener Georg Hoffmann“<br />
Auf dem Schreiben ist folgende Anmerkung von Koyen zu lesen:<br />
„sofort an Moldenschardt geschrieben“
Zur Person von Georg Hoffmann:<br />
Vom Stadtarchiv Kiel erhielt ich dankenswerter Weise folgende Auskunft:<br />
„Laut Adressbuch von 1882 hat unter anderem ein Prof. Dr. G. Hoffmann in der Fleethörn 55<br />
gewohnt. Nach dem Verzeichnis der Professoren und Dozenten der CAU war ein Georg Hoffmann<br />
(1845 -1933) Professor für Orientalische Sprachen in Kiel.“<br />
Es sind zwei Daten bekannt, welche die Verbindung <strong>des</strong> Grafen von <strong>Noer</strong> zu Professor Hoffmann<br />
belegen.<br />
1.<br />
2.<br />
„5. März 1878. Heute empfing ich die akademische Deputation von Kiel, aus den<br />
Professoren Forchhammer, Thaulow, Hoffmann und Pichel bestehend, die mir das<br />
Ehrendoctordiplom der Philosophie überreichten.“<br />
Am 30. Juli 1878 und am 9. Dezember 1880 schrieb der Graf an Professor Hoffmann<br />
und berichtete über die Arbeit an dem Werk über Kaiser Akbar. So schreibt der Graf im<br />
ersten Brief: „Lieber Herr Professor, ich wollte Ihnen eigentlich nur danken, dass Sie<br />
5<br />
mir mit Rath und That in meinen Akbarsorgen so wacker beigestanden haben.“<br />
Der Kontakt <strong>des</strong> Grafen <strong>als</strong> Orientalist zu dem Fachmann aus Kiel ist klar belegt. So wundert es auch<br />
nicht, dass der Professor einen ihm gut bekannten Architekten für den Bau <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong><br />
empfiehlt.<br />
Am 23. Februar 1882 schickte Moldenschardt bereits den ersten Brief an die Gräfin mit seinen<br />
Vorstellungen für den Bau <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong>. Es erfolgte eine rege Korrespondenz zwischen dem<br />
Architekten und der Gräfin bzw. dem Inspektor, wobei es im Wesentlichen um Baufragen und<br />
Kosten ging. Eine ursprünglich größere Variante (Familiengrabstätte) lehnte die Gräfin aus<br />
Kostengründen ab. Es existieren auch im Lan<strong>des</strong>archiv Schleswig bzw. in der Lan<strong>des</strong>bibliothek<br />
Kiel mehrere Zeichnungen von Moldenschardt zum <strong>Noer</strong>er Mausoleum. Diese Zeichnungen sind<br />
6<br />
leider nicht datiert.<br />
Zu Moldenschardt gab es auch einen Konkurrenten: Die Firma „L. Arp & Sohn, Kiel,<br />
7<br />
Baugeschäft, Dampfsägerei und Holzbearbeitungsfabrik, Kirchhofallee 80.“<br />
Bei den Entwürfen für ein Mausoleum dieser Firma handelt es sich um 4 Tafeln mit<br />
unterschiedlichen Entwurfsskizzen für ein Mausoleum, die nur ganz geringe Ähnlichkeiten mit<br />
dem heutigen Bauwerk in <strong>Noer</strong> aufweisen und haben auf den ersten Blick nichts mit dem <strong>Noer</strong>er<br />
Mausoleum zu tun haben. Aber in Kombination mit der Akte Abt. 22 Nr. 1798 wird der Bezug zu<br />
<strong>Noer</strong> deutlich.<br />
Drei Briefe der Firma L. Arp & Sohn aus Kiel an den Inspektor Koyen in <strong>Noer</strong> von Februar und<br />
März 1882 mit Angaben zum Bau eines <strong>Mausoleums</strong> in <strong>Noer</strong> einerseits und andererseits die<br />
Unterschriften auf den Zeichnungen belegen eindeutig, dass diese Entwürfe für ein Mausoleum in<br />
<strong>Noer</strong> gedacht waren. Die Briefe weichen inhaltlich zum Teil von den Zeichnungen ab, aber die<br />
Zusammengehörigkeit ist klar zu erkennen.<br />
Bauzeit <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong><br />
Das Mausoleum ist mit Sicherheit in der Zeit zwischen Ende April 1882 und Mitte August 1883<br />
erbaut worden. Der Graf starb am 25.12.1881 und wurde zunächst in der Familiengruft in<br />
Krusendorf beigesetzt. Die Baugenehmigung seitens <strong>des</strong> Landrates wurde am 12.4.1882 erteilt, die<br />
<strong>des</strong> Kreisarztes am 21.4. Danach dürfte mit dem Bau begonnen worden sein.
Die Aufstellung der Ausgaben für den Bau <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong> datieren vom 20. Mai 1882 bis 27. Juni<br />
1883. Die Gesamtkosten beliefen sich nach dieser Aufstellung auf 15.524,70 Mark.<br />
Ein Bild der Prinzessin Carmen belegt die Fertigstellung <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong> im August 1883.<br />
Zeichnung der Komtess Carmen, 1883, Lan<strong>des</strong>archiv Schleswig-Holstein 22/1864<br />
Das Bild vom 14. August 1883 zeigt das neu erbaute Mausoleum in <strong>Noer</strong>. Es wurde von Komtess<br />
8<br />
Carmen, der Tochter <strong>des</strong> Grafen von <strong>Noer</strong>, im Alter von zwölf Jahren gemalt und trägt die<br />
Unterschrift: "Carmi" und das Datum 14. August 1883. Hinter dem Namen steht die Abkürzung<br />
9<br />
.fec" (= fecit: "hat es gemacht"), eine vertraute Signatur auf Stichen oder sonstigen Kunstwerken .<br />
Am Anfang <strong>des</strong> Weges zum Mausoleum sehen wir die Mutter, Gräfin Carmelita, mit den beiden<br />
Töchtern: rechts die ältere Tochter Carmen (12 Jahre), links die Tochter Louise (* 1.11.1873).<br />
Neben den vielen Details aus der Natur und der Parklandschaft (Tiere, Bäume, Sträucher) sind<br />
besonders die Einzelheiten <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong> hervorzuheben: die Form <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, die Kuppel,<br />
der Eingangsbereich. Links ist die Ostsee mit einem Segelboot zu erkennen.<br />
Eine kurze Lebensgeschichte <strong>des</strong> Grafen von <strong>Noer</strong><br />
Der Graf von <strong>Noer</strong> wurde am 16. November 1830 im Prinzenpalais in Schleswig <strong>als</strong> Friedrich<br />
Christian Carl August Prinz von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg geboren.<br />
Seine Eltern waren Prinz Friedrich Emil August Prinz zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-<br />
Augustenburg-<strong>Noer</strong> (bekannt durch die Provisorische Regierung 1848) und <strong>des</strong>sen 1. Ehefrau<br />
Gräfin Henriette Danneskjold-Samsø.<br />
Nach einer kurzen Militärzeit im Krieg 1848 machte er seine 1. große Reise über Australien nach<br />
Vorderindien und zurück über den vorderen Orient in die Heimat (vergl. sein Buch: Altes und<br />
Neues aus den Ländern <strong>des</strong> Ostens). 1852 begann er seine Studien in Cambridge.
Seine 1. große Indienreise begann im September 1864. Sie wurde allerdings schon 1865 durch<br />
den Tod seines Vaters abgebrochen. 1867 startete der Graf (dam<strong>als</strong> noch Prinz, siehe weiter<br />
unten) zu seiner 2. großen Indienreise mit dem Hauptziel: Agra mit dem Grabmahl <strong>des</strong> Kaisers<br />
Akbar (1542 - 1605). Von diesem außergewöhnlichen Herrscher war der Graf fasziniert. Ihm<br />
widmete er sein ganzes wissenschaftliches Forschen und Arbeiten bis hin zu dem zweibändigen<br />
Werk: Kaiser Akbar.<br />
1869 kehrte der Graf nach <strong>Noer</strong> zurück und lernte hier<br />
Henriette Sophie Mathilde Carmelita Eisenblat (geb. 21.8.1848<br />
in La Guaira, Venezuela, Tochter eines Hamburger Kaufmanns)<br />
kennen. Er möchte diese Dame heiraten, aber sie ist<br />
bürgerlichen Stan<strong>des</strong>. Jedoch die Liebe war stärker. Sie fuhren<br />
gemeinsam nach Berlin zum damaligen König Wilhelm (später<br />
Kaiser Wilhelm I.). Von ihm ließ sich der Prinz am 12. April<br />
1870 zum Grafen von <strong>Noer</strong> ernennen. Damit war der Weg für<br />
die Liebe frei. Am gleichen Tag fand noch die Verlobung statt<br />
und am 17. Mai die Hochzeit. Die beiden bekamen zwei Töchter:<br />
Im Bild rechts Carmelita Louisa Henriette Laila<br />
(genannt Carmen) Komtesse zu <strong>Noer</strong> * 22. 4. 1871. Carmen<br />
blieb in <strong>Noer</strong> und starb am † 9. 5. 1948 und links Louise<br />
Wilhelmine Sophie Ines Theodora Komtesse zu <strong>Noer</strong> * 1. 11.<br />
1873, † 2. 6. 1955, verheiratet mit Prinz Handjéri, Manerbe,<br />
Frankreich.<br />
Am 5. März 1878 erhielt er von der Universität Kiel für seine wissenschaftlichen Arbeiten und<br />
Verdienste die Ehrendoktorwürde.<br />
Am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember 1881, starb der Graf im Schloss <strong>Noer</strong> im Kreis seiner<br />
Familie. Seine Frau Carmelita starb am 11. August 1912.<br />
<strong>Noer</strong>, im Januar 2007<br />
<strong>Ausführliche</strong> Lebensbeschreibung <strong>des</strong> Grafen bzw. <strong>Beschreibung</strong> <strong>des</strong> <strong>Mausoleums</strong> in Jahrbuch der<br />
Heimatgemeinschaft Eckernförde – Hütten – Schwansen – Dänischer Wohld 52. Jg. (1994, S. 227 – 252)<br />
1<br />
Alle Unterlagen: LA-SL Abt. 22 Nr. 1798, so weit nicht anders angegeben.<br />
2<br />
Dieser Brief ist ein Vorentwurf, weil er einige durchgestrichene, verbesserte Stellen aufweist.<br />
3<br />
qu. Behörde = quästionierte = fragliche, in Rede stehende Behörde<br />
4<br />
Kreisphysikat = Amt <strong>des</strong> Kreisphysikus = <strong>des</strong> Kreisarztes<br />
5<br />
Friedrich August Prinz von Schleswig-Holstein-Augustenburg Graf von <strong>Noer</strong>, Briefe und Aufzeichnungen<br />
aus seinem Nachlass, herausgegeben von Carmen Gräfin von <strong>Noer</strong>, Nördlingen 1886, S. 207 und 215 f.<br />
6<br />
<strong>Ausführliche</strong> Darstellung der Arbeiten von Moldenschardt in: Dietmar Klewitz, Heinrich Moldenschardt<br />
(1839 – 1891) Semperschüler, in Nordelbingen, Bd. 38, Heide in Holstein 1969, S. 51 – 83,<br />
Mausoleum <strong>Noer</strong> S. 60 – 63 und in: Heinrich Moldenschardt 1839 – 1891 Stilvolle Architektur in Schleswig –<br />
Holstein Hrg. Ulrich Höhns und Klaus Alberts Boyens Verlag Heide 2009<br />
7<br />
LA-SL Abt. 402 A 093 Nr. 10. Diese Akte trägt den Titel: „Entwürfe für ein Mausoleum, wahrscheinlich Gut<br />
<strong>Noer</strong>: Ansichten, Grundrisse, Schnitte 1882“.<br />
8<br />
Das Original (Format DIN A4) befindet sich im Lan<strong>des</strong>archiv Schleswig unter der Signatur: Abt. 22 Nr. 1864.<br />
Sie ist (merkwürdigerweise) in Abt. 22 Nr. 1864 mit dem Titel: Beileidsschreiben und letzte<br />
Weihnachtsgeschenke seiner Kinder eingeordnet.<br />
9<br />
Karl E. Demandt, Laterculus Notarum, Marburg 1994, 6. Aufl. S. 97<br />
.