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Hanse-Express auf Schleichfahrt - der Fahrgast

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<strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong><br />

Norddeutschland<br />

<strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> <strong>auf</strong> <strong>Schleichfahrt</strong><br />

er <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> Hamburg – Rostock<br />

D (RE 1) ist in seiner Konzeption eine<br />

noch junge Linie. Entstanden ist sie im Dezember<br />

2002, als die Verkehrgesellschaft<br />

Mecklenburg-Vorpommern (VMV) in Abstimmung<br />

mit <strong>der</strong> Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft<br />

(LVS) Schleswig-<br />

Holstein die Regionalexpress-Linie Kiel<br />

– Lübeck – Rostock nach Bad Kleinen zurückzog<br />

und dafür die Regionalexpress-<br />

Linie Hamburg – Schwerin über Bad Kleinen<br />

nach Rostock verlängerte.<br />

Der neue RE Hamburg – Rostock verkehrte<br />

wie heute im Zweistundentakt, im<br />

Abschnitt Hamburg – Schwerin werktags<br />

in <strong>der</strong> Hauptverkehrszeit zu einem angenäherten<br />

Stundentakt verdichtet. Zum<br />

Einsatz kamen mit E-Loks <strong>der</strong> Baureihe<br />

112 bespannte, aus vier mo<strong>der</strong>nisierten<br />

früheren DR-Doppelstockwagen bestehende<br />

Züge. Trotz <strong>der</strong> nicht mehr zeitgemäßen<br />

Fahrzeuge honorierten die<br />

Fahrgäste das neue Verkehrsangebot:<br />

Hamburg, Schwerin und Rostock wurden<br />

durch eine RE-Linie verbunden, in Rostock<br />

bestand Anschluss nach Warnemünde<br />

und Stralsund sowie weiter nach Rügen.<br />

Auch die atttraktive Fahrtzeit von zweieinhalb<br />

Stunden für über 200 Kilometer<br />

führte zu einem erheblichen Anstieg <strong>der</strong><br />

Nachfrage sowohl im Pendler- als auch im<br />

Freizeitverkehr. Überfüllte Züge häuften<br />

sich bald.<br />

Im Jahr 2004 wurde die RE-Linie<br />

Hamburg – Rostock im Rahmen des Wettbewerbsnetzes<br />

„Ostseeküste“ zusammen<br />

mit <strong>der</strong> RE-Linie Rostock – Stralsund –<br />

Sassnitz/Binz ausgeschrieben. Die Fe <strong>der</strong>führung<br />

hatte dabei <strong>auf</strong>grund des<br />

maßgeblichen Streckenanteils die VerkehrsgesellschaftMecklenburg-Vorpommern<br />

(VMV) inne, weiterhin beteiligt<br />

waren die Landesweite Verkehrsservicegesellschaft<br />

(LVS, Schleswig-Holstein) und<br />

die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt (BSU).<br />

Zunächst sahen die Planungen vor, dass<br />

die RE-Linie Hamburg – Rostock im Abschnitt<br />

Büchen – Bad Kleinen durch eine<br />

RB-Linie Büchen – Wismar ergänzt wer-<br />

den sollte. Letztendlich wurde das heute<br />

bestehende Betriebskonzept ausgeschrieben,<br />

das Ausschreibungsvolumen reduzierte<br />

sich um zirka 400 000 Zugkilometer.<br />

Allerdings wurde angesichts <strong>der</strong> steigenden<br />

Nachfrage die vorgegebene Sitzplatzkapazität<br />

<strong>auf</strong> <strong>der</strong> RE-Linie Hamburg –<br />

Rostock erhöht.<br />

In <strong>der</strong> Ausschreibung setzte sich<br />

schließlich DB Regio Nordost durch, unter<br />

an<strong>der</strong>em gegen die Ostmecklenburgische<br />

Eisenbahn (OME), heute Ostseelandverkehr<br />

(Ola). DB Regio beschaffte für die<br />

nun als <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> bezeichnete RE-Linie<br />

1 E-Loks <strong>der</strong> Baureihe 120, die mit Nahverkehrspaket<br />

ausgerüstet wurden, 25<br />

neue Doppelstockwagen sowie 5 FLIRT-<br />

Triebwagen, die östlich von Rostock zum<br />

Einsatz kommen.<br />

RE tritt an – Nachbesserungen<br />

bald erfor<strong>der</strong>lich<br />

Der <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> startete im Dezember<br />

2007. Die Züge Hamburg – Rostock wurden<br />

nun mit fünf statt vier Doppelstockwagen<br />

gebildet und dank des Einsatzes<br />

<strong>der</strong> leistungsstärkeren E-Loks <strong>der</strong> Baureihe<br />

120 die Fahrtzeiten um 5 bis 10 Minuten<br />

verkürzt. Ebenfalls neu eingerichtet<br />

wurde zu diesem Zeitpunkt <strong>der</strong> Taktknoten<br />

Büchen zur vollen Stunde. Dafür erhielt<br />

die RB-Linie Lübeck – Lüneburg in<br />

Büchen einen <strong>auf</strong> über 15 Minuten verlängerten<br />

Korrespondenz-Halt, wodurch sich<br />

die Fahrtzeit Lübeck – Lüneburg <strong>auf</strong> 75<br />

Minuten verlängerte.<br />

Bald zeigten sich jedoch Schwachpunkte<br />

des Betriebskonzeptes. Der <strong>Hanse</strong>-<br />

<strong>Express</strong> folgte in Richtung Hamburg ab<br />

Hagenow Land dicht hinter den verspätungsanfälligen<br />

IC/EC Dresden – Berlin –<br />

Hamburg, ebenso in <strong>der</strong> Gegenrichtung.<br />

Die Verspätungen <strong>der</strong> IC/EC übertrugen<br />

sich <strong>auf</strong> den <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong>, und durch<br />

dessen kurze Wendezeit in Hamburg Hbf<br />

verspäteten sich auch die Rückleistungen.<br />

Verschärft wurde diese Situation durch<br />

die weiter steigende Nachfrage: Überfüllte<br />

Züge führten zu Verzögerungen beim<br />

Regional<br />

Das Wettbewerb im SPNV bisweilen zu fragwürdigen Ergebnissen führt, kann man am Beispiel des<br />

<strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> Hamburg – Rostock beobachten. Seit mehr als drei Jahren müssen die Fahrgäste<br />

überfüllte Züge, Verspätungen und Anschlussverluste erleben. Der <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> liegt nicht nur im<br />

Spannungsfeld dreier Aufgabenträger, son<strong>der</strong>n auch parallel zu einer Intercity-Linie. Besserung ist<br />

<strong>der</strong>zeit nicht in Sicht, was PRO BAHN zum Anlass für ein eigenes Konzept nahm.<br />

<strong>Fahrgast</strong>wechsel, Haltezeiten an den Stationen<br />

waren nicht mehr zu halten. Die<br />

Verspätungen wuchsen noch an, Anschlussverluste<br />

waren die Folge.<br />

Auf Wunsch <strong>der</strong> VMV wurden zum<br />

Fahrplanwechsel im Dezember 2008 Än<strong>der</strong>ungen<br />

am Betriebskonzept vorgenommen.<br />

Der <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> verkehrt <strong>auf</strong><br />

<strong>der</strong> Fahrt nach Hamburg ab Hagenow<br />

Land nun vor den IC/EC aus Richtung Berlin,<br />

in <strong>der</strong> Gegenrichtung umgekehrt. Deren<br />

Verspätungen werden nicht mehr <strong>auf</strong><br />

den <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> übertragen. Auch wurde<br />

durch frühere Ankunft und spätere Abfahrt<br />

in Hamburg Hbf die Wendezeit verlängert.<br />

Ein negativer Effekt war jedoch, dass<br />

i n Büchen durch die frühere Abfahrt<br />

des <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> nach Hamburg beziehungsweise<br />

durch spätere Ankunft aus<br />

Hamburg die Anschlüsse zur RB-Linie<br />

Lübeck – Lüneburg sehr knapp sind. Durch<br />

angepasste Taktzeiten im Abschnitt Büchen<br />

– Lüneburg ist ein Taktfahrplan nicht<br />

mehr erkennbar, <strong>der</strong> Taktknoten Büchen<br />

zur vollen Stunde besteht nur noch <strong>auf</strong><br />

dem Papier. Gleichzeitig wurde das Angebot<br />

<strong>auf</strong> <strong>der</strong> schwach nachgefragten RB<br />

Aumühle – Büchen (Ausnahme: Schülerverkehr)<br />

im Vorgriff <strong>auf</strong> den neuen Verkehrsvertrag<br />

im schleswig-holsteinischen<br />

„Netz Ost“ halbiert, so dass hier im Grunde<br />

nur noch ein Zwei-Stunden-Takt besteht.<br />

Dafür erhielt <strong>der</strong> <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> einen<br />

neuen Halt in Müssen, um diesen Ort<br />

weiterhin stündlich im SPNV anzubinden.<br />

Fahrgäste und Kommunen werden aktiv<br />

Doch auch nach dem Fahrplanwechsel Dezember<br />

2008 hielten die Verspätungen<br />

des <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> an. Zudem machten<br />

sich die knappen Umsteigezeiten in Büchen<br />

bemerkbar: Anschlüsse wurden oft<br />

verpasst. Für viele Fahrgäste war mit den<br />

ständig überfüllten Zügen und dem als<br />

schlechter empfundenen Verkehrsangebot<br />

<strong>der</strong> RB Aumühle – Büchen <strong>der</strong> Bogen<br />

überspannt. Schon vor dem Fahrplanwechsel<br />

hatten sich Fahrgäste in <strong>der</strong> Initia-<br />

22 <strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong> 1/2011


Regional <strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong><br />

tive „Wir haben Kreuz“ zusammengefunden<br />

und mit Unterstützung <strong>der</strong><br />

Kommunen Schwarzenbek und Büchen<br />

gegen das reduzierte Angebot <strong>auf</strong> <strong>der</strong> RB<br />

Aumühle – Büchen protestiert. Immerhin<br />

reagierte die LVS und bestellte ein zusätzliches,<br />

<strong>auf</strong> den Schülerverkehr zugeschnittenes<br />

Zugpaar.<br />

Im Frühjahr 2009 verständigten sich die<br />

LVS und <strong>der</strong> Kreis Herzogtum Lauenburg<br />

als regionaler Aufgabenträger <strong>auf</strong> die Einführung<br />

eines zusätzlichen RE-Zugpaares<br />

„Hein Büchen“ Hamburg – Büchen in <strong>der</strong><br />

werktäglichen Hauptverkehrszeit, das die<br />

Pendler morgens schnell nach Hamburg<br />

und abends wie<strong>der</strong> zurück bringt. Gleichzeitig<br />

sollte <strong>der</strong> Busverkehr im Kreis Herzogtum<br />

Lauenburg durch Einführung eines<br />

Buslinien-Grundnetzes verbessert<br />

werden. In zwei Schritten wurde es 2009<br />

und 2010 auch realisiert.<br />

Inzwischen wurde die Anzahl <strong>der</strong> zusätzlichen<br />

RE-Zugpaare „Hein Büchen“<br />

<strong>auf</strong> drei erhöht, womit im Abschnitt<br />

Hamburg – Büchen in <strong>der</strong> werktäglichen<br />

Hauptverkehrszeit ein angenäherter<br />

Halbstundentakt besteht. Statt anfangs<br />

noch eingesetzter mo<strong>der</strong>nisierter Silberlinge<br />

verkehrt nun eine mo<strong>der</strong>ne Doppelstockwagen-Garnitur.<br />

Somit wurde die Situation<br />

für die Fahrgäste hinsichtlich <strong>der</strong><br />

bereitgestellten Sitzplatzkapazität spürbar<br />

verbessert. Die grundsätzlichen Probleme<br />

beim <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> sind aber geblieben:<br />

niedrige Pünktlichkeitswerte (in<br />

<strong>der</strong> Regel 70-80%), daraus resultierende<br />

Anschlussverluste, und Überfüllung.<br />

Das heutige <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong>-Angebot<br />

resultiert allerdings auch daraus, dass das<br />

Land Mecklenburg-Vorpommern <strong>auf</strong> dieser<br />

wichtigen Hauptstrecke im Jahr 2004<br />

von einem Stundentakt zwischen Rostock,<br />

Schwerin und Hamburg mit wechseln<strong>der</strong><br />

Bedienung durch Intercity und Regionalexpress<br />

ausging. Damit sollte die Tourismusregion<br />

an <strong>der</strong> Ostseeküste in Mecklen-<br />

Bis hierher und weiter: Hamburger<br />

wünschen sich eine Verstärkung des RE 1<br />

zwischen <strong>der</strong> <strong>Hanse</strong>stadt und Büchen.<br />

burg-Vorpommern attraktiv aus dem<br />

Ruhrgebiet und Südwestdeutschland<br />

erreichbar sein. Schon ein Jahr dar<strong>auf</strong><br />

än<strong>der</strong>te die DB Fernverkehr AG die Fahrplanlage<br />

<strong>der</strong> Intercity-Linie, so dass sich<br />

zwischen Rostock und Hamburg etwa ein<br />

90/30-Minuten-Takt ergab. Zudem wurden<br />

schwach nachgefragte Intercitys aus<br />

dem Fahrplan genommen, vor allem in<br />

den Abendstunden entstanden Lücken.<br />

Der zweistündliche <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> stellt<br />

dann das einzige Angebot dar. Für Rostock<br />

trifft dies für Fahrten nach Hamburg<br />

<strong>auf</strong> die Zeit schon ab 17 Uhr zu.<br />

Betriebskonzept von PRO BAHN<br />

für den <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong><br />

Ausgehend von den beschriebenen unbefriedigenden<br />

Zuständen <strong>auf</strong> dem <strong>Hanse</strong>-<br />

<strong>Express</strong> hat PRO BAHN Schleswig-Holstein/<br />

Hamburg Anfang des Jahres 2010 ein neues<br />

Betriebskonzept für den <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong><br />

<strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong> 1/2011 23


<strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong><br />

Exkurs: Das SPNV-Angebot im Bahnknoten Hamburg<br />

Hamburg ist als Endpunkt <strong>der</strong> meisten<br />

aus Süden kommenden ICE- und IC-Linien<br />

nicht nur im Fernverkehr, son<strong>der</strong>n<br />

auch im SPNV einer <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

deutschen Bahnknoten, schließlich<br />

treffen hier sieben Bahnstrecken (S-<br />

Bahn nicht eingerechnet) zusammen:<br />

Hamburg – Hannover<br />

Hamburg – Bremen<br />

Hamburg – Cuxhaven<br />

Hamburg – Kiel/ Flensburg/<br />

Westerland<br />

Hamburg – Kaltenkirchen<br />

Hamburg – Lübeck<br />

Hamburg – Berlin/Schwerin<br />

(– Rostock)<br />

Das SPNV-Angebot <strong>auf</strong> diesen sieben<br />

Bahnstrecken ist sowohl hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> angebotenen Taktfrequenzen als<br />

entwickelt. Es sieht im wesentlichen vor,<br />

die Fahrplanlagen des <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> so zu<br />

verän<strong>der</strong>n, dass dieser künftig sowohl den<br />

Taktknoten Rostock als auch den Taktknoten<br />

Schwerin zur Minute 00 bedient. Der<br />

bisherige Taktknoten Büchen wird zuguns<br />

ten von Richtungsanschlüssen Hamburg<br />

– Ratzeburg und Lüneburg – Schwerin<br />

– Rostock <strong>auf</strong>gegeben. Der Abschnitt<br />

Hamburg – Schwerin wird werktags im<br />

Stundentakt bedient. Dabei erhalten die<br />

in Schwerin endenden Züge eine überschlagende<br />

Wende, dass heißt, die Züge<br />

fahren nicht sofort wie<strong>der</strong> nach Hamburg<br />

zurück, son<strong>der</strong>n erst mit dem nächsten<br />

Takt. Die Wendezeit in Hamburg Hbf wird<br />

<strong>auf</strong> fast 20 Minuten erhöht, um eine möglichst<br />

hohe Pünktlichkeit sicherzustellen.<br />

Die neuen Fahrplanlagen des <strong>Hanse</strong>-<br />

<strong>Express</strong> bedingen angepasste Fahrplanlagen<br />

<strong>der</strong> RB Lübeck – Lüneburg. Zugkreuzungen<br />

sollen nach Mölln und Lauenburg<br />

verlegt und <strong>der</strong> Korrespondenz-Halt in<br />

Büchen <strong>auf</strong> unter 10 Minuten reduziert<br />

werden, so dass die genannten Richtungsanschlüsse<br />

gewährleistet sind. Die Verbindung<br />

Lauenburg – Büchen – Hamburg<br />

wird wie bisher über die Buslinie Lauenburg<br />

– Büchen sichergestellt, die in Büchen<br />

Anschluss zum <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> von<br />

und nach Hamburg hat.<br />

Wegen <strong>der</strong> unterschiedlich ausgeprägte<br />

Nachfrage <strong>auf</strong> den einzelnen Abschnitten<br />

hält PRO BAHN eine weitere Verdich-<br />

auch <strong>der</strong> angebotenen Kapazität unterschiedlich<br />

ausgeprägt. Als Grundangebot<br />

(Stand Januar 2011) werden in <strong>der</strong> Regel<br />

<strong>auf</strong> allen Bahnstrecken zwei bis vier Fahrten<br />

pro Stunde angeboten, in <strong>der</strong> Hauptverkehrszeit<br />

sind es vier bis sechs Fahrten<br />

pro Stunde. Auf den Bahnstrecken Hamburg<br />

– Cuxhaven und Hamburg – Berlin/<br />

Schwerin (– Rostock) wird als Grundangebot<br />

lediglich ein Stunden- beziehungsweise<br />

Zwei-Stunden-Takt gefahren, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Hauptverkehrszeit <strong>auf</strong> einen angenäherten<br />

Halbstundentakt verdichtet wird.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Kapazität werden aus<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen kommend Doppelstock-<br />

Züge mit fünf bis sieben Wagen und aus<br />

Schleswig-Holstein Doppelstock-Züge mit<br />

vier bis sieben Wagen eingesetzt. Ausnahmen<br />

sind die Bahnstrecken Hamburg<br />

– Westerland/ Kiel/ Flensburg, <strong>auf</strong> <strong>der</strong><br />

noch Einstock-Züge mit fünf bis sechs Wagen<br />

(Married-Pairs <strong>der</strong> Nord-Ostsee-Bahn,<br />

tung des SPNV-Angebots für zwingend<br />

notwendig. So ist die Nachfrage im Abschnitt<br />

Hamburg – Büchen um mehr als<br />

50% höher als im Abschnitt Büchen –<br />

Schwerin. Folglich ist das Angebot <strong>der</strong><br />

zusätzlichen RE-Zugpaare „Hein Büchen“<br />

von heute drei <strong>auf</strong> künftig sechs bis sieben<br />

auszubauen, was in <strong>der</strong> werktäglichen<br />

Hauptverkehrszeit einen fast sauberen<br />

Halbstundentakt im Abschnitt Hamburg –<br />

Büchen ergibt. Der RE „Hein Büchen“ sollte<br />

in Büchen zudem Anschluss an die RB<br />

von und nach Lüneburg haben. Um das<br />

skizzierte Betriebskonzept realisieren zu<br />

können, sind allerdings <strong>auf</strong> mecklenburgischer<br />

Seite noch infrastrukturelle Voraussetzungen<br />

zu schaffen, namentlich die<br />

Sanierung von Abschnitten <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Bahnstrecke<br />

Schwerin – Rostock.<br />

Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> PRO-BAHN-Landesgruppe<br />

Mecklenburg-Vorpommern ist<br />

dieses Konzept als mittelfristige Lösung<br />

anzusehen, bis im Rahmen einer weiteren<br />

Optimierung des Integralen Taktfahrplanes<br />

in Mecklenburg-Vorpommern die<br />

Fahrplanlagen des <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> Hamburg<br />

– Rostock um 30 Minuten verschoben<br />

werden können. Damit würden in<br />

Schwerin und Rostock die favorisierten<br />

Knoten zur Minute 30 entstehen. Gleichzeitig<br />

macht die Anbindung aus Richtung<br />

Pasewalk – Szczecin (Stettin) nach Hamburg<br />

eine Fahrtzeiteinsparung von bis zu<br />

einer Stunde möglich. Vom Realisierungs-<br />

Regional<br />

IR-Wagen, mo<strong>der</strong>nisierte Silberlinge)<br />

eingesetzt werden, sowie die Bahnstrecke<br />

Hamburg – Kaltenkirchen, wo<br />

Dieseltriebwagen in Doppel- und Dreifachtraktion<br />

eingesetzt werden.<br />

Im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en <strong>auf</strong><br />

Hamburg zul<strong>auf</strong>enden Bahnstrecken<br />

ist für Hamburg – Berlin/Schwerin<br />

(– Rostock) und somit für den <strong>Hanse</strong>-<br />

<strong>Express</strong> festzustellen, dass die Angebotsqualität<br />

sowohl hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Taktfrequenz als auch <strong>der</strong> angebotenen<br />

Kapazität unterdurchschnittlich<br />

ist. Dieses Ergebnis steht im Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zu den im aktuellen schleswigholsteinischen<br />

Landesnahverkehrsplan<br />

(LNVP) 2008-2012 veröffentlichten Daten,<br />

wonach im Abschnitt Hamburg –<br />

Büchen in den Jahren 1995 bis 2007 <strong>der</strong><br />

stärkste prozentuale <strong>Fahrgast</strong>zuwachs<br />

(+153%) im schleswig-holsteinischen<br />

SPNV festgestellt worden ist.<br />

Auch im touristischen Verkehr gerät <strong>der</strong><br />

„<strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong>“ dank starker Nachfrage oft<br />

an die Grenzen angenehmen Reisens.<br />

horizont her gesehen wäre dies mit <strong>der</strong><br />

Übernahme <strong>der</strong> RE-Linie Lübeck – Szczecin<br />

durch einen möglicherweise neuen Betreiber<br />

zum Jahresfahrplan 2015 denkbar.<br />

Unterschiedliche Interessen<br />

<strong>der</strong> Aufgabenträger<br />

Der Umsetzung des hier skizzierten Betriebskonzeptes<br />

stehen nicht nur notwendige<br />

Infrastrukturmaßnahmen entgegen,<br />

son<strong>der</strong>n auch die unterschiedlichen Interessen<br />

<strong>der</strong> beteiligten drei Aufgabenträger.<br />

Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt verfolgt in erster<br />

Linie die Fertigstellung <strong>der</strong> U-Bahn-Linie 4<br />

in die Hafencity und die Realisierung <strong>der</strong><br />

24 <strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong> 1/2011


Regional <strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong><br />

für Hamburg unbestritten notwendigen<br />

Stadtbahn, danach folgt die ebenfalls unumstrittene<br />

S-Bahn-Linie 4 Hamburg – Ahrensburg.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Führung weiterer<br />

Regionalzüge aus dem Umland zum<br />

Hamburger Hbf zeigt man sich eher zurückhaltend,<br />

wie zuletzt die Landesnahverkehrsgesellschaft<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

(LNVG) bei <strong>der</strong> Ausschreibung des „<strong>Hanse</strong>-<br />

Netzes (Bremen – Hamburg – Uelzen)“ erfahren<br />

musste: Die erzielte Vereinbarung,<br />

weitere Regionalzüge zum Hamburger<br />

Hbf zu führen, ist vorerst bis Dezember<br />

2014 befristet.<br />

In einer vergleichsweise komfortablen<br />

Ausgangslage befindet sich <strong>der</strong> schleswigholsteinische<br />

Aufgabenträger LVS, wird<br />

doch bei einer Gesamtbetrachtung <strong>der</strong><br />

angebotenen Zugpaare <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong>,<br />

Hein Büchen und <strong>der</strong> RB-Linie Aumühle –<br />

Büchen <strong>auf</strong> seinem Gebiet schon ein<br />

stündliches SPNV-Angebot gewährleistet.<br />

Die Mehrleistungen des von PRO BAHN<br />

vorgeschlagenen Betriebskonzeptes halten<br />

sich dort in einem überschaubaren<br />

Rahmen.<br />

Für das Land Mecklenburg-Vorpommern<br />

hingegen wären die Mehrleistungen<br />

und -kosten erheblich. Schließlich<br />

würde <strong>der</strong> werktags östlich von Büchen<br />

angebotene Zweistundentakt zum Stundentakt<br />

verdichtet, womit die einst geplante,<br />

aber nicht realisierte RB-Linie Büchen<br />

– Wismar vom Leistungsvolumen her<br />

teilweise kompensiert würde. Dem steht<br />

gegenüber, dass <strong>der</strong> <strong>Hanse</strong>-<strong>Express</strong> das<br />

Bundesland Hamburg mit <strong>der</strong> Landeshauptstadt<br />

Mecklenburg-Vorpommerns<br />

verbindet (zum Vergleich: Der RE Hamburg<br />

– Kiel soll ab Ende 2014 im Halbstundentakt<br />

verkehren) und dass im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Ausschreibung „Netz Warnow“ auch<br />

im Abschnitt Schwerin – Rostock zusätzliche<br />

RE-Zugpaare abgefragt worden sind.<br />

Trotz unterschiedlicher Interessenlage<br />

gilt aber, dass drei Aufgabenträger sich<br />

zusammensetzen und gemeinsame Ziele<br />

ihrer unterschiedlichen Interessen formulieren<br />

sollten. Fahrgäste erwarten ein gutes<br />

SPNV-Angebot, pünktliche Züge und<br />

angemessene Sitzplatzkapazität und interessieren<br />

sich nicht für die Lokalinteressen<br />

einzelner Aufgabenträger.<br />

Stefan Barkleit, Marcel Drews<br />

Stefan Barkleit ist Vorsitzen<strong>der</strong> des PRO-<br />

BAHN-Landesverbandes Hamburg/Schleswig-Holstein,<br />

Marcel Drews ist Vorsitzen<strong>der</strong><br />

des PRO-BAHN-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Stundentakt – bitte mit Fernverkehr!<br />

Stundentakt nach Rostock klingt doch<br />

eigentlich gut. Was aber ist mit den<br />

Reisenden, die Fernverkehrskomfort<br />

wünschen, die eine Platzreservierung<br />

wünschen, denen es <strong>auf</strong> die Fahrzeit<br />

ankommt, die durchgehend bis Stralsund<br />

und Rügen fahren wollen? Spä-<br />

testens dann wird deutlich, dass diese<br />

Reisenden nur schwer mit einem ausschließlichen<br />

Regional-<strong>Express</strong>-Verkehr<br />

zu gewinnen sind. Mit an<strong>der</strong>en Worten:<br />

Zu einem Fahrplankonzept Hamburg<br />

– Rostock gehört auch <strong>der</strong> Fernverkehr,<br />

ohne Frage!<br />

Für uns Fahrgäste darf die Frage<br />

nicht die nach dem „Ob“, son<strong>der</strong>n es<br />

muss die nach dem „Wie“ sein. Hierzu<br />

ist eine Abschätzung <strong>der</strong> Potentiale<br />

eine zwingende Voraussetzung. Ein<br />

Stundentakt für Fern- und Nahverkehr<br />

dürfte für das reale Potential zu viel<br />

sein. Somit muss ein an<strong>der</strong>es Konzept<br />

her, dass beide Verkehre integriert. Ja,<br />

und dieses hatten wir auch schon in<br />

den 1990er Jahren <strong>auf</strong> dieser Strecke:<br />

Orientiert am Knoten Rostock, fuhren<br />

Auch für Müssen würde das PRO-BAHN-<br />

Konzept mehr Halte bringen.<br />

IR und RE jeweils zweistündlich, womit<br />

sich ein Stundentakt ergab. Ich persönlich<br />

glaube aus meinen Erfahrungen<br />

von dieser Strecke, dass ein solches<br />

Konzept den Wünschen aller Kunden<br />

am nächsten kommt.<br />

Wie seinerzeit <strong>der</strong> IR, muss <strong>der</strong> Fernverkehr<br />

auch mit den Fahrkarten des<br />

Grundpreisangebots des Nahverkehrs<br />

benutzbar sein und soll er dafür auch<br />

(geringe) Bestellerentgelte bekommen<br />

– so, wie er sie heute schon zwischen<br />

Rostock und Stralsund bekommt. Im<br />

Gegensatz zum IR kann ich mir durchaus<br />

vorstellen, dass Län<strong>der</strong>- und Wochenendtickets<br />

gegen einen Aufpreis<br />

(pro Person drei bis fünf Euro) anerkannt<br />

werden könnten.<br />

Der Kunde kann so gemäß seinen<br />

Komfort- und Schnelligkeitswünschen<br />

entscheiden.<br />

Karl-Peter Naumann,<br />

PRO-BAHN-Bundesvorsitzen<strong>der</strong>,<br />

Hamburg<br />

<strong>der</strong><strong>Fahrgast</strong> 1/2011 25

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