14.01.2013 Aufrufe

Kolumne Deppe vs. Osswald Teil 7 - Deutscher Arbeitskreis für ...

Kolumne Deppe vs. Osswald Teil 7 - Deutscher Arbeitskreis für ...

Kolumne Deppe vs. Osswald Teil 7 - Deutscher Arbeitskreis für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

52 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

<strong>Osswald</strong>: Da hat uns die DGZMK ja was<br />

Schönes eingebrockt, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie meinen den Kasten da oben in<br />

der Mitte, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Gerade waren wir fertig mit<br />

dieser Folge, schon müssen wir ganz von<br />

vorne anfangen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man muss die Feste feiern, wie<br />

sie fallen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das sagen Sie in Ihrem jugendlichen<br />

Leichtsinn, <strong>Deppe</strong>. Kaum kämpft<br />

man zwei Jahre <strong>für</strong> die Interessen der Allgemeinzahnärzte,<br />

schon geht es holterdiepolter.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die DGZMK hatte von der zahnärztlichen<br />

Öffentlichkeit unbemerkt die<br />

vom BVAZ kritisierte, unsinnige Kofferdam-Leitlinie<br />

abgeändert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Aus dem Passus „eine Kofferdamisolierung<br />

hat bei jeder Sitzung einer<br />

Wurzelkanalbehandlung zu erfolgen“, war<br />

„eine Kofferdamisolierung soll bei jeder<br />

Sitzung einer Wurzelkanalbehandlung er-<br />

01_2008 www.dental-barometer.de<br />

Erfolg auf der ganzen Linie<br />

Erklärung der DGZMK zu wissenschaftlichen<br />

Stellungnahmen<br />

Die DGZMK-Statements dienen als<br />

Orientierungshilfe <strong>für</strong> die gesamte<br />

Kollegenschaft. Sie sind als Handlungsempfehlungen<br />

anzusehen und haben<br />

- auch forensisch gesehen - keinen<br />

bindenden Charakter. Formal sind sie<br />

nach der AWMF-Klassifikation analog<br />

S-1-Leitlinien einzustufen. Die DGZ-<br />

MK legt in Übereinstimmung mit der<br />

BZÄK Wert auf die Feststellung, dass<br />

die Stellungnahmen nicht als Ein-<br />

schränkung der fächerübergreifenden<br />

Berufsausübung, die dem Zahnarzt als<br />

Generalist kraft seiner Approbation<br />

zukommt, zu interpretieren sind. Die<br />

wissenschaftlichen Stellungnahmen der<br />

DGZMK finden sehr starkes Interesse<br />

und erfreuen sich hoher Akzeptanz.<br />

Sie haben in jüngster Zeit allerdings<br />

vereinzelt auch zu Rückfragen geführt.<br />

Um missverständliche Aussagen<br />

auszuräumen, werden einige DGZMK-<br />

Statements derzeit überarbeitet. Die<br />

Statements werden künftig in Abstimmung<br />

mit der Arbeitsgemeinschaft<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

folgen“ geworden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auf diesem schönen Erfolg <strong>für</strong> den<br />

Berufsverband der Allgemeinzahnärzte in<br />

Deutschland (www.bvaz.de) hatten wir<br />

unser ganzes Gespräch aufgebaut…..<br />

<strong>Osswald</strong>: ... nochmal richtig Gas gegeben<br />

und schlüssig begründet, warum das nur<br />

ein erster Schritt in die richtige Richtung<br />

sein kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und aus heiterem Himmel setzt<br />

sich plötzlich die Vernunft durch, und….<br />

<strong>Osswald</strong>: ...wir müssen unseren Beitrag in<br />

der Rundablage entsorgen, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann ist es jetzt eben kein <strong>Teil</strong>erfolg<br />

mehr, sondern ein Erfolg auf der<br />

ganzen Linie.<br />

<strong>Osswald</strong>: So ganz allein kann sich der<br />

BVAZ diesen Orden allerdings nicht an<br />

die Brust heften. Da waren schon auch<br />

andere beteiligt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Als da wären, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zum Beispiel Prof. Meyer. Als<br />

scheidender Präsident der DGZMK hat er<br />

der Wissenschaftlich-Medizinischen<br />

Fachgesellschaften (AWMF) formuliert<br />

und dort angemeldet. Dies ermöglicht<br />

es, Anregungen verschiedener Gruppierungen<br />

innerhalb und außerhalb<br />

der Zahnärzteschaft bereits im Vorfeld<br />

mehr als bisher zu berücksichtigen.<br />

Vorschläge aus der Zahnarztpraxis werden<br />

dabei ausdrücklich begrüßt.<br />

Einstimmig verabschiedet vom<br />

Vorstand der DGZMK<br />

Düsseldorf, den 21.11.2007<br />

letztlich doch noch deutlich gemacht, dass<br />

er sich durchsetzen kann, wenn es unerträglich<br />

wird. Da<strong>für</strong> unseren herzlichen<br />

Dank, verbunden mit einem aufrichtigen<br />

Glückwunsch an seinen Nachfolger!<br />

<strong>Deppe</strong>: Michael Logies dürfen wir nicht<br />

vergessen. Seine in der Diskussion mit<br />

den Vertretern des BVAZ geborene Idee,<br />

im Internet von Allgemeinzahnärzten<br />

Leitlinien auf höherem Evidenzniveau als<br />

dem der DGZMK zu erstellen, hat sicher<br />

zusätzlichen Druck erzeugt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ganz wesentlich war auch die<br />

überraschende Schützenhilfe durch Prof.<br />

Hülsmann. Nachdem er angefangen hatte,<br />

durch die Regenbogenpresse zu tingeln,<br />

um <strong>für</strong> seine Kunden Patienten aufzureißen,<br />

war <strong>für</strong> alle durchschaubar geworden,<br />

wohin die Reise <strong>für</strong> die Allgemeinzahnärzte<br />

gehen sollte. Henry Schneider<br />

sollten wir auch nicht unerwähnt lassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Henry Schneider?<br />

<strong>Osswald</strong>: Um der Vernunft zum Durch-


uch zu verhelfen, <strong>Deppe</strong>, braucht man<br />

viele Väter. Das kann nur gelingen, wenn<br />

alle, die sich einig sind, dass es in die<br />

falsche Richtung geht, an einem Strang<br />

ziehen. Spezialisierung hin oder her. Die<br />

Endodontologen hatten den Bogen in einer<br />

Weise überspannt, dass er einfach brechen<br />

musste.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass sich die Allgemeinzahnärzte<br />

durchgesetzt haben, zeigt, dass sie Entwicklungen<br />

in einem guten Sinne beeinflussen<br />

und verändern können, wenn sie<br />

sich organisieren und auf der Basis fundierter<br />

Allgemeinzahnheilkunde zur Wehr<br />

setzen, anstatt wie die Lemminge auf eine<br />

Klippe zuzumarschieren, die sich – durch<br />

das Beispiel der ärztlichen Kollegen belegt<br />

- bereits in Sichtweite befindet.<br />

<strong>Osswald</strong>: Den Satz „Die DGZMK-Statements<br />

dienen als Orientierungshilfe <strong>für</strong><br />

die gesamte Kollegenschaft. Sie sind als<br />

Handlungsempfehlungen anzusehen und<br />

haben - auch forensisch gesehen - keinen<br />

bindenden Charakter“ kann <strong>für</strong> Allgemeinzahnärzte,<br />

die sich vor Gericht mit<br />

cleveren Anwälten konfrontiert sehen, gar<br />

nicht hoch genug bewertet werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Diese Seite im Heft sollte jeder<br />

Allgemeinzahnarzt, <strong>für</strong> den Fall der Fälle,<br />

sehr sorgfältig aufbewahren. Keine forensische<br />

Bindungswirkung - das hat ja nun<br />

wirklich forensische Bedeutung. Der „Berufsverband<br />

der Allgemeinzahnärzte in<br />

Deutschland“ hat sich um die Sache der<br />

Allgemeinzahnärzte verdient gemacht!<br />

<strong>Osswald</strong>: Dem BVAZ hatte schon unsere<br />

letzte Folge zahlreiche Mitglieder zugeführt.<br />

Seine Arbeit erfährt eine Welle<br />

der Zustimmung, nicht nur von vielen<br />

Kolleginnen und Kollegen, sondern auch<br />

von ihren Vertretern. So haben sich beispielsweise<br />

sowohl die Kammer als auch<br />

die KZV in Niedersachsen hinter seine<br />

Forderungen gestellt. Das ist umso bemerkenswerter,<br />

als beide Gremien von<br />

gegensätzlichen politischen Verbänden<br />

dominiert werden. Der BVAZ eint also<br />

dort, wo früher bis aufs Messer gestritten<br />

wurde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man sieht daran, wie überfällig<br />

die Gründung eines integrierenden Berufsverbandes<br />

war, der die medizinischen<br />

Interessen der Allgemeinzahnärzte vertritt,<br />

die durch die berufspolitischen Streitereien<br />

der vergangenen Jahre beinahe unter<br />

die Räder geraten wären.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das erkennen die Kolleginnen<br />

und Kollegen an. Es sieht so aus, als würden<br />

sie jetzt sehr deutlich sehen, dass es<br />

<strong>für</strong> uns Allgemeinzahnärzte ums Eingemachte<br />

geht. Von den jahrelangen berufspolitischen<br />

Streitereien, die ihnen keinen<br />

messbaren Vorteil gebracht haben, haben<br />

sie die Nase offensichtlich gestrichen voll.<br />

<strong>Deppe</strong>: Der Zulauf zum BVAZ wundert<br />

mich nicht, wenn man Schlagzeilen wie<br />

diese liest: „Ärzte bekommen ab 2009<br />

deutlich mehr Honorar. Allgemeinärzte<br />

sind mit 21 Prozent plus Gewinner der<br />

Honorarreform.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Daran kann man erkennen,<br />

was der BVAZ erreichen kann, wenn noch<br />

deutlich mehr Kolleginnen und Kollegen<br />

beitreten und mitarbeiten. Ich bin überzeugt,<br />

dass er, auf eine breite Mitgliederbasis<br />

gestützt, sogar die epidemisch auftretende<br />

Masteritis ausheilen könnte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Quasi wie ein potentes Desinfektionsmittel,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Coole Überleitung, <strong>Deppe</strong>! Die<br />

Allgemeinärzte sind allerdings sehr viel<br />

besser aufgestellt als wir Allgemeinzahnärzte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Richtig, <strong>Osswald</strong>. Sie haben inzwischen<br />

einen sehr hohen Organisationsgrad.<br />

Aber nicht nur die DGZMK hat ihre<br />

Position revidiert. Die Bundesversammlung<br />

der Bundeszahnärztekammer hat<br />

einem Antrag der Sachsen und Thüringer<br />

zur Einheit des Berufsstandes zugestimmt<br />

und ohne Gegenstimme beschlossen, die<br />

Aufteilung der zahnärztlichen Versorgung<br />

in einzelne Spezialdisziplinen abzulehnen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Vergessen Sie nicht die einstimmigen<br />

Beschlüsse in Hessen und der Pfalz,<br />

<strong>Deppe</strong>. Alles durch den BVAZ initiierte<br />

Schritte in die richtige Richtung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Jetzt muss man abwarten, ob und<br />

wann aus den zahllosen, im Sinne der Allgemeinzahnheilkunde<br />

positiven Beschlüssen<br />

berufspolitische Tatsachen werden,<br />

immerhin widersprechen sie den Tendenzen,<br />

die von den Hochschullehrern im<br />

Weißbuch 2 dargelegt werden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Frage bleibt, inwieweit die<br />

DGZMK ihre Leitlinien einseitig als forensisch<br />

nicht bindend bezeichnen kann.<br />

Dass sie die jetzt überfällige Veränderung<br />

zahlreicher Leitlinien jedoch beherzt in<br />

Angriff nimmt, erkennt man daran, dass<br />

im Internet bereits einige mit dem Zusatz<br />

„wird gerade überarbeitet“ versehen sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Inzwischen geht es bereits in die<br />

nächste Runde. In einer konzertierten<br />

Aktion haben sich zahlreiche Hochschullehrer<br />

in der vorletzten Quintessenz zur<br />

Zukunft der Zahnheilkunde und insbe-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

sondere zur Notwendigkeit eines Dialoges<br />

zwischen Medizin und Zahnmedizin geäußert.<br />

Dabei ist ein Heft mit sehr beachtlichem<br />

Inhalt herausgekommen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Frage, <strong>Deppe</strong>. Was da<br />

in einem einzigen Heft über Rück- und<br />

Wechselwirkungen zwischen Allgemeinzahnheilkunde<br />

und unterschiedlichen<br />

medizinischen Fachbereichen berichtet<br />

wird, sollte jeder Allgemeinzahnarzt wissen<br />

und jeder zukünftige Zahnmediziner<br />

während seines Studiums lernen.<br />

<strong>Deppe</strong>: In der Tat, <strong>Osswald</strong>. Viele Themata,<br />

mit der sich die Hauptvorlesung<br />

sinnvoll ergänzen und erweitern lässt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn die einzelnen Abteilungen<br />

der Unis zukünftig zusammen- und nicht<br />

gegeneinander arbeiten, jeder Dozent <strong>für</strong><br />

seinen Bereich den notwendigen Stoff<br />

prüfungsrelevant vermittelt, mit aussagekräftigen<br />

Fallbeispielen belegt und diese<br />

gleichzeitig nachvollziehbar in Beziehung<br />

zu seinen Nachbarfächern stellt, sollte es<br />

eigentlich kein unüberwindbares Problem<br />

darstellen, die Forderungen des Wissenschaftsrates<br />

an die Lehre zu erfüllen.<br />

<strong>Deppe</strong>: An den Studenten wird das sicher<br />

nicht scheitern. Die Medizinstudenten<br />

müssen das <strong>für</strong> die unterschiedlichen<br />

Fachbereiche schließlich auch lernen, und<br />

gerade Zahnmedizinstudenten haben ja<br />

heute in aller Regel ausgesprochen gute<br />

Abiturnoten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was sich mir nach Durchsicht<br />

auch dieses Heftes immer noch nicht<br />

wirklich erschlossen hat, ist die Antwort<br />

auf die Frage, wie man aus dem dort<br />

richtig Dargestellten die Forderung nach<br />

noch mehr Fachzahnärzten, Master oder<br />

gar Bachelors ableiten kann bzw. in den<br />

Augen einiger der Protagonisten sogar<br />

zwingend muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das geht mir nicht anders, <strong>Osswald</strong>.<br />

Anerkennenswert ist, dass Prof. Noack<br />

zurückrudert, indem er dem von ihm<br />

im Weißbuch postulierten „Hauszahnarzt<br />

mit eingeschränktem Behandlungsspektrum“<br />

umgehend seine volle zahnärztliche<br />

Kompetenz zurückgibt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da<strong>für</strong> an dieser Stelle ein großes<br />

Dankeschön, Kollege Noack!<br />

<strong>Deppe</strong>: Vom Begriff „Hauszahnarzt“<br />

wollen er und viele andere dennoch nicht<br />

lassen. Im Gegensatz zu den Spezialisten<br />

war es <strong>für</strong> uns Allgemeinzahnärzte noch<br />

nie ein Problem, unser Behandlungsspektrum<br />

zu erweitern. Natürlich können wir<br />

problemlos im Sinne von Prävention untersuchend<br />

und beratend tätig werden.<br />

53<br />

www.dental-barometer.de 01_2008


54 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Die Gretchenfrage, die es zuvor zu beantworten<br />

gilt, ist natürlich, wer uns da<strong>für</strong><br />

bezahlt und wie viel er bereit ist, da<strong>für</strong><br />

aufzuwenden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Eine weitere, in meinen Augen<br />

noch viel bedeutendere Frage ist, ob es sich<br />

um eine Phantasie handelt, oder ob Kollege<br />

Noack das mit den Kostenträgern und<br />

dem da<strong>für</strong> zuständigen Berufsverband der<br />

Allgemeinärzte bereits abschließend diskutiert<br />

und sich der einhelligen Zustimmung<br />

versichert hat, ehe er damit an die<br />

Öffentlichkeit gegangen ist. Offensichtlich<br />

ist ja geplant, dass wir mit den Allgemeinärzten<br />

um ihre Patienten konkurrieren<br />

und aus ihrem Topf bezahlt werden.<br />

Wenn ja, hat er versäumt, die betroffenen<br />

Allgemeinzahnärzte an diesen Gesprächen<br />

zu beteiligen. Wenn nein, stimme ich ihm<br />

uneingeschränkt zu, wenn er fordert, einmal<br />

ganz allgemein die Qualität der Diskussionskultur<br />

im Berufsstand innerhalb<br />

der verschiedenen Gremien und Interessengruppen<br />

zu thematisieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie kann man eine Diskussion<br />

kultivieren, die gar nicht stattfindet? Ganz<br />

offensichtlich zieht es doch Kollege Noack<br />

vor, allein an unserer Nase herumzufummeln.<br />

Wie kann man - bei allem Respekt<br />

- überhaupt auf die Idee kommen,<br />

wir Allgemeinzahnärzte würden uns vor<br />

vollendete Tatsachen stellen lassen und<br />

ohne Not eine veränderte, unsere zahnheilkundlichen<br />

Fähigkeiten schon semantisch<br />

einschränkende Berufsbezeichnung<br />

akzeptieren?<br />

<strong>Osswald</strong>: Quidquid id est, timeo Danaos<br />

et dona ferentes!<br />

<strong>Deppe</strong>: Wir sind schließlich schon Spezialisten,<br />

die Spezialisten <strong>für</strong> die gesamte<br />

Zahnheilkunde.<br />

<strong>Osswald</strong>: Darüber klärt Prof. Wagner<br />

die Allgemeinzahnärzte ein paar Seiten<br />

weiter hinten auf, wenn er über die Folgen<br />

der von der Hochschule geforderten<br />

Schwerpunktbildung und ihr hauszahnärztliches<br />

Versorgungskonzept referiert<br />

und dabei die Büchse der Pandora öffnet.<br />

Da fallen nämlich Schlagworte wie<br />

„gebührenrechtliche Auswirkungen der<br />

Schwerpunktbildung“ und „Budgetaspekte<br />

der Zuteilung (sektorale Honorarverteilungsmaßstäbe)“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nachtigall, ick hör dir trapsen,<br />

<strong>Osswald</strong>. Da kann man mal sehen, wie<br />

weit das alles schon vorausgedacht, im<br />

Geheimen diskutiert und nicht weniger<br />

heimlich beschlossen worden ist. Das einzige,<br />

das von uns Allgemeinzahnärzten<br />

01_2008 www.dental-barometer.de<br />

erwartet wird, ist, dass wir wie die Esel<br />

mit dem Kopf nicken, nach der Möhre<br />

schnappen und ein fröhliches Iiiii-(J)<br />

aaaa… anstimmen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Für die Hochschullehrer sind<br />

und bleiben wir dusselige Studenten, <strong>Deppe</strong>,<br />

und das offensichtlich ein Leben lang.<br />

Das ist genau die Streitkultur, die die<br />

Hochschule im Umgang mit studierenden<br />

Kollegen pflegt, und wie sie Kollege Noack<br />

auch von uns Allgemeinzahnärzten<br />

wie selbstverständlich erwartet. Dabei<br />

übersieht er aber Entscheidendes. Wir<br />

sind keine Studenten und die Hochschule<br />

muss ihre Diskussionskultur verändern,<br />

wenn sie wirklich an einem Dialog mit in<br />

fachübergreifender Zahnheilkunde erfahrenen<br />

Allgemeinzahnärzten interessiert<br />

ist. Bisher sieht das nun wirklich nicht so<br />

aus.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man könnte fast meinen, die<br />

Kollegen, die vor zwei Jahren den BVAZ<br />

gegründet haben, hätten das zweite Gesicht<br />

gehabt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Jetzt übertreiben Sie, <strong>Deppe</strong>.<br />

Wir sollten die Bedeutung des Begriffs<br />

„Sektoraler HVM“ nichtdestotrotz erläutern.<br />

Der ist <strong>für</strong> Allgemeinzahnärzte neu.<br />

Den gab es bisher ja nur bei den Medizinern.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das bedeutet im Klartext, dass<br />

Kollege Wagner und seine Hochschulkollegen<br />

die Auffassung vertreten, dass man<br />

nicht nur deutlich mehr Fachzahnärzte<br />

und Master braucht, sondern dass es in der<br />

Folge auch zu deutlichen Verschiebungen<br />

in der Honorarverteilung kommen muss.<br />

<strong>Osswald</strong>: Will heißen, dass diejenigen,<br />

die diese Schwerpunktbildung (Spezialisierung)<br />

mit Leben erfüllen, <strong>für</strong> dieselbe<br />

Leistung und möglicherweise Leistungen,<br />

die nur sie erbringen dürfen, ein anderes<br />

Honorar bekommen werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass er dabei niedrigere Honorare<br />

im Auge hat, kann ich mir jetzt gerade<br />

nicht so recht vorstellen, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Können Sie nicht, <strong>Deppe</strong>?<br />

Um höhere Honorare durchsetzen zu<br />

können, sollen sektorale Budgets gebildet<br />

werden, das heißt, der HVM soll so<br />

umgestaltet werden, dass er nicht mehr<br />

<strong>für</strong> alle Zahnärzte gleich ist. Der bisher<br />

gemeinsame Kuchen soll in unterschiedliche<br />

Stücke geteilt werden, von denen die<br />

Allgemeinärzte und die Spezialisten sich<br />

jeweils allein ernähren müssen. Da die<br />

Spezialisten wie selbstverständlich davon<br />

ausgehen, dass sie höhere Honorare verdienen,<br />

wird das Kuchenstück, das sich<br />

die Allgemeinzahnärzte zukünftig teilen<br />

sollen, zwangsläufig kleiner.<br />

<strong>Deppe</strong>: Es soll also genau so laufen wie<br />

weiland bei den Ärzten. Erst werden neue<br />

Titel geschaffen, die anschließend als Legitimation<br />

dienen, sich bei den Honoraren<br />

der niederen Kasten zu bedienen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und das wird gerade semantisch<br />

vorbereitet, indem man uns nicht<br />

mehr Allgemeinärzte, sondern nachgerade<br />

penetrant Hauszahnärzte nennt und uns<br />

einreden will, das wäre doch ein schöner<br />

Titel, auf den wir stolz sein können. Die<br />

Bezeichnung Hauszahnarzt sollte sich jeder<br />

Allgemeinzahnarzt deutlich vernehmbar<br />

verbitten, wenn immer er so genannt<br />

wird.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich finde, Hauszahnarzt klingt<br />

schon deutlich weniger honorarintensiv.<br />

Da wird auf den ersten Blick verständlich,<br />

dass es nachgerade ungerecht wäre, wenn<br />

er nicht deutlich geringere Honorare bekommen<br />

würde als der Fachzahnarzt oder<br />

der Master mit der Lizenz zur lege artis-<br />

Behandlung.<br />

<strong>Osswald</strong>: In diesem Zusammenhang sei<br />

daran erinnert, dass den Hausärzten zur<br />

Begründung der deutlich höheren Honorare<br />

der Fachärzte weiland vorgeworfen<br />

wurde, dass sie ja nur eine Art Schmalspurausbildung<br />

hätten. Genau das versuchen<br />

uns die Hochschullehrer mit der Mär von<br />

der Wissensexplosion gerade einzureden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Daraufhin haben sich die<br />

Hausärzte zu Fachärzten <strong>für</strong> Allgemeinmedizin<br />

weitergebildet.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das hat ihnen aber zunächst<br />

gar nichts genützt. Erst als sie schon mit<br />

einem Fuß jenseits der Klippe standen,<br />

ist es ihnen durch die Gründung eines<br />

starken Berufsverbandes gelungen, die<br />

Fachärzte in die Position zurückzudrängen,<br />

die ihnen zukommt. Soweit sollten<br />

wir es in der Zahnheilkunde erst gar nicht<br />

kommen lassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da trifft es Prof. Dr.med. Dr.med.<br />

dent. Kunkel schon deutlich besser, wenn<br />

er sagt, dass sich der Allgemeinzahnarzt<br />

zum Fach(zahn)arzt <strong>für</strong> orale und periorale<br />

Medizin weiterentwickeln muss.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da man Arzt per Definition<br />

nur durch ärztliche Approbation werden<br />

kann, wird es, wie vom BVAZ vorausgesagt,<br />

wohl auf den vom Wissenschaftsrat<br />

geforderten „Fachzahnarzt <strong>für</strong> Oralmedizin“<br />

<strong>für</strong> alle Allgemeinzahnärzte hinauslaufen,<br />

der die Bevölkerung mit der<br />

eingeforderten synoptischen, fachgebietsübergreifenden<br />

Zahnheilkunde versorgt.


KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Abb.1: Unterkiefermolar mit großer apikaler Aufhellung Abb.2: Verlaufskontrolle ein Jahr nach Anwendung der Depot-Phorese mit<br />

röntgenologisch vollständiger knochendichter Ausheilung<br />

Das müssen Hochschule und Kammern<br />

zukünftig leisten. Dann braucht die<br />

Hochschule ihre Ressourcen auch nicht<br />

<strong>für</strong> die kostenpflichtige postgraduierte<br />

Weiterbildung überflüssiger Master und<br />

Bachelors zu vergeuden, die das flächendeckend<br />

nicht einmal im nächsten Jahrhundert<br />

leisten können werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was kostet eigentlich die Mitgliedschaft<br />

im BVAZ, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: 10 Euro im Monat. Wobei im<br />

ersten Jahr der Mitgliedschaft nur die anteiligen<br />

Monate berechnet werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist gegenüber den Beiträgen<br />

zum Freien Verband geradezu ein<br />

Schnäppchen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zurück zur Medizin, <strong>Deppe</strong>.<br />

Ein Kollege hatte uns gebeten, zur Knappwost-Methode<br />

Stellung zu beziehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie soll ich jetzt dahin die<br />

Kurve kriegen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zeigen Sie, was Sie drauf haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Also gut. Wie fühlt man sich<br />

denn, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Fühlt man sich als was, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Als der letzte Mohikaner, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Roman, USA, 1826, James<br />

Fenimore Cooper, immer noch lesenswert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Setzen, <strong>Osswald</strong>, sehr gut. Cooper<br />

ist tot, Walkhoff schon lange gestorben,<br />

Sargenti auch eine ordentliche Weile,<br />

und gerade ist auch noch Knappwost von<br />

uns gegangen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Bravo, <strong>Deppe</strong>! Ausgesprochen<br />

anmutige Kurve. Noch bin ich aber nicht<br />

der einzige, der die Fahne des medizinischen<br />

Ansatzes bei der Infektionskontrolle<br />

in der Endodontie hochhält. Da<br />

sind noch die Südamerikaner, z. B. Gomes<br />

und Siqueira ...<br />

<strong>Deppe</strong>: ... immerhin zwei international<br />

sehr anerkannte Endodontologen ...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... die Fälle, die sie nach dem<br />

Goldstandard der Amis nicht ausheilen<br />

können, erfolgreich mit Billig-CMCP-Lösungen<br />

behandeln, die sie allerdings wegen<br />

der bekannten Ätzwirkung ungesättigter<br />

Chlorphenollösungen mit Kalziumhydroxit<br />

vermischen müssen, was die Desinfektionswirkung<br />

naturgemäß sehr deutlich<br />

behindert, wie das Pharmakologische Institut<br />

der Universität Berlin bereits in den<br />

1920er Jahren gezeigt hat. Sie können sich<br />

aber gegen die US-amerikanische Mechanik-Doktrin<br />

nicht durchsetzen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Genau so wenig wie Sie, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Viele Kollegen auf meinen Vorträgen<br />

verstehen es, genau wie alle Patienten<br />

und Helferinnen. Das ist ja schon<br />

mal eine ganze Menge. Und die ärztlichen<br />

Kollegen reiben sich verwundert die Augen,<br />

dass es darüber überhaupt zu einer<br />

langen Diskussion kommt. Die einzigen,<br />

die es nicht verstehen wollen, sind die<br />

Endodontologen. Aber das ist ja nur eine<br />

Splittergruppe.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie fühlen Sie sich also?<br />

<strong>Osswald</strong>: Na ja, ein bisschen schon wie<br />

Theo gegen den Rest der Welt, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Spielfilm, Deutschland, 1980,<br />

Marius Müller-Westernhagen, auch heute<br />

noch absolut sehenswert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Chapeau, <strong>Deppe</strong>! Dass es soweit<br />

gekommen ist! Schließlich beschreibe<br />

ich nur die indikationsgerechte Behandlung<br />

einer einfachen bakteriellen Infektionskrankheit<br />

in einem seit mehr als 100<br />

Jahren anatomisch vollständig beschriebenen<br />

Umfeld. Ich werbe ja nicht <strong>für</strong> die<br />

Implementierung der Verkapselung der<br />

Antipinoxe auf astraler Basis.<br />

<strong>Deppe</strong>: Häh? Das lassen Sie auch mal<br />

besser, <strong>Osswald</strong>. Wir wollen schließlich<br />

nicht noch mehr Verwirrung stiften.<br />

<strong>Osswald</strong>: Angesichts der Aggressionen,<br />

die ich in nicht allgemeinzahnärztlich interessierten<br />

Kreisen auslöse, ist es immerhin<br />

ausgesprochen tröstlich, dass die von<br />

Ihnen genannten Kollegen alle sehr alt<br />

geworden ...<br />

<strong>Deppe</strong>: ... und eines natürlichen Todes<br />

gestorben sind.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Witze, <strong>Deppe</strong>. Danke<br />

übrigens <strong>für</strong> den Versuch, mich mit diesen<br />

Koryphäen in eine Reihe zu stellen.<br />

Da führt leider kein Weg hin. Im Gegensatz<br />

zu Walkhoff, Sargenti und Knappwost<br />

habe ich überhaupt nichts Eigenes<br />

erforscht, entwickelt oder auch nur ausgedacht.<br />

Ich erzähle lediglich nach, mische<br />

medizinisches Basiswissen hinzu, perfektioniere<br />

Walkhoffs Protokoll und bemühe<br />

mich, da<strong>für</strong> zu sorgen, dass die Notwendigkeit<br />

des medizinischen Ansatzes bei<br />

der Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten<br />

auch in der Zahnheilkunde<br />

anerkannt wird.<br />

<strong>Deppe</strong>: Erschwerend kommt allerdings<br />

hinzu, dass Sie berufspolitisch Folgerungen<br />

ableiten und Konsequenzen ziehen.<br />

Wie dem auch sei. Knappwost ist<br />

besonders bemerkenswert. Er war zwar<br />

ein Wissenschaftler, der weit über den eigenen<br />

Tellerrand hinausschauen konnte,<br />

aber kein Zahnarzt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das hat ihn aber nicht davon abgehalten,<br />

der zahnärztlichen Wissenschaft<br />

den Mechanismus der Kariesentstehung<br />

und Remineralisation zu erläutern.<br />

<strong>Deppe</strong>: Genau so wenig hat er sich davon<br />

abhalten lassen, ihr nach Walkhoff<br />

und Sargenti zum dritten Mal zu erklären,<br />

dass man das gesamte endodontische<br />

Hohlraumsystem vor dem definitiven<br />

Verschluss sehr sorgfältig und geduldig<br />

55<br />

www.dental-barometer.de 01_2008


56 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

mit potenten Medikamenten chemisch<br />

desinfizieren muss und dass die Endodontologie<br />

mit ihrer Fixierung auf die Hauptkanäle<br />

auf dem Holzweg ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mir gefällt an der Knappwost-<br />

Methode, dass sie das Behandlungsprotokoll<br />

der Endodontologen in einer Weise ad<br />

absurdum führt, wie ich es mit meinem<br />

Protokoll gar nicht könnte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wahrscheinlich muss erst der<br />

„Bachelor of Nebenkanäle and Tubuli“<br />

erscheinen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen Sie einmal auf die<br />

Abbildung 1. Große apikale Aufhellung<br />

am Zahn 36 vor der Behandlung mittels<br />

Depotphorese. Die Abbildung 2 zeigt die<br />

vollständig knochendichte Ausheilung anlässlich<br />

der Verlaufskontrolle nach einem<br />

Jahr.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und nicht ein Hauch von coronal<br />

leakage! Obwohl man die Krone distal nun<br />

wirklich nicht gerade als dicht bezeichnen<br />

kann. Da müssten sich die Keime aus der<br />

Mundhöhle nicht einmal zwischen Krone<br />

und Zahnstumpf hindurchquetschen, um<br />

müde und ausgehungert den Apex zu erreichen,<br />

um dort ihre eigentliche Bestimmung<br />

zu erfüllen und ein Granulom zu<br />

produzieren. Erstaunlich, dass sich diese<br />

Methode nicht durchgesetzt hat.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wirklich, <strong>Deppe</strong>? Knappwost<br />

lässt ja nicht einmal die Hauptkanäle<br />

vollständig aufbereiten. Und Abfüllen<br />

lässt er auch nur bis an das apikale Drittel.<br />

Eine solche Methode kann sich gar<br />

nicht durchsetzen, wenn die Endodontologen<br />

nicht einmal die Notwendigkeit<br />

der geduldigen Langzeit-Desinfektion mit<br />

potenten Desinfektionsmitteln in Kombination<br />

mit ordentlicher Aufbereitung als<br />

allein zielführend akzeptieren. Ihr offizieller<br />

Wettbewerb läuft schließlich um den<br />

röntgenologischen Beleg des „most amazing<br />

shape“ und nicht um die Ausheilung<br />

apikaler Ostitiden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schöner neuer Titel, <strong>Osswald</strong>,<br />

„Bachelor <strong>für</strong> ästhetische Endodontie“!<br />

Das Verfahren nach Knappwost hat ja<br />

aber zweifellos auch Nachteile. Es eignet<br />

sich nur schlecht zur routinemäßigen Anwendung,<br />

weil mehrere, jeweils recht lange<br />

dauernde Sitzungen notwendig sind. Außerdem<br />

können die Zähne stark verfärbt<br />

werden. Hauptnachteil ist zweifellos, dass<br />

das Ergebnis in aller Regel keine richtlinienkonforme<br />

Wurzelfüllung darstellt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die neuen Richtlinien sind<br />

dann wohl der Todesstoß. Jeder Endodontologe<br />

wird einen solchen Zahn revi-<br />

01_2008 www.dental-barometer.de<br />

dieren, wenn er ihn vor sein Mikroskop<br />

bekommt. Nach der astreinen VitE, die in<br />

einem Prozentsatz von nicht einmal 90<br />

% erfolgreich ist, ist die Revision nicht<br />

beherdeter Zähne immerhin die zweit erfolgreichste<br />

Disziplin der Spezialisten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sind sie dann überhaupt indiziert,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Einen Zahn mit einer solchen<br />

WF würde ich beobachten, <strong>Deppe</strong>. Ehe<br />

ich ihn allerdings in eine prothetische<br />

Versorgung einbeziehen würde, würde ich<br />

ihn ganz sicher auch revidieren. Man sieht<br />

ihm schließlich nicht an, dass er vollständig<br />

desinfiziert wurde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Na ja, erfolgreiche Revisionen bei<br />

nicht beherdeten Zähnen sind aber doch<br />

kein valider Parameter <strong>für</strong> die Qualität<br />

eines endodontischen Behandlungsprotokolls.<br />

<strong>Osswald</strong>: Richtig. Entscheidend sind allein<br />

die Ausheilungsquoten bei primären<br />

und sekundären Wurzelkanalbehandlungen<br />

an Zähnen mit röntgenologisch<br />

nachgewiesener apikaler Aufhellung. Da<br />

man beschwerdefreie Zähne schlecht resizieren<br />

und histologisch untersuchen<br />

kann, ist die röntgenologisch knochendichte<br />

Ausheilung der einzige objektive<br />

Parameter.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da fällt die Erfolgsquote der Spezialisten<br />

sehr deutlich auf 70 %, bei Revisionen<br />

mit apikaler Ostitis sogar auf nur<br />

60 %.<br />

<strong>Osswald</strong>: Bei der konservierenden Ausheilung<br />

apikaler Aufhellungen scheidet<br />

sich die Spreu vom Weizen. Daran, und<br />

nur daran, kann man den Wert eines Protokolls<br />

bestimmen und objektivieren. Alles<br />

andere ist reine Makulatur.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wo haben Sie das mit den guten<br />

Erfolgsquoten der Endodontologen bei<br />

Revisionen nicht beherdeter Zähne überhaupt<br />

her?<br />

<strong>Osswald</strong>: Lehrbuch <strong>für</strong> Endodontie, <strong>Deppe</strong>.<br />

Hülsmann und Schäfer. Haben Sie das<br />

etwa immer noch nicht gelesen?<br />

<strong>Deppe</strong>: Also ich muss doch sehr bitten,<br />

<strong>Osswald</strong>, ich habe doch schon beim letzten<br />

Mal….<br />

<strong>Osswald</strong>: Und? Wie fanden Sie es?<br />

<strong>Deppe</strong>: Dick, schwer, teuer. Mir hat der<br />

Titel gut gefallen: „Probleme in der Endodontie“.<br />

Davon haben die Endodontologen<br />

zweifellos mehr als ihnen lieb sein<br />

kann.<br />

<strong>Osswald</strong>: Den Umschlag ziert der Ausguss<br />

eines endodontischen Hohlraumsystems.<br />

Da sieht man auf den ersten Blick,<br />

warum das Behandlungsprotokoll, das in<br />

dem Buch gelehrt wird, gar nicht überzeugend<br />

funktionieren kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich fand das Vorwort am besten,<br />

in dem die Autoren schreiben, dass man<br />

sehr bald eine neue Auflage erwerben<br />

muss, weil sich das Wissen in der Endodontologie<br />

so dramatisch und schnell verändert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich kann mich an kein brandneu<br />

herausgekommenes Lehrbuch erinnern,<br />

in dem ein Behandlungsprotokoll<br />

beschrieben wird, das in wesentlichen<br />

<strong>Teil</strong>en international bereits seit Jahren als<br />

gescheitert angesehen wird, ohne das in<br />

irgendeiner Weise zu erwähnen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auf 600 Seiten kein einziges<br />

Wort über die Geschichte der Endodontie<br />

und den Verlust des medizinischen Ansatzes<br />

bei der Behandlung septischer Zustände<br />

beim Menschen. Kann man denn<br />

trotzdem etwas lernen, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Lernen kann man immer was,<br />

<strong>Deppe</strong>. Wenn Sie beispielsweise Mühe<br />

haben, Wurzelkanäle zu finden und ordentlich<br />

aufzubereiten oder sich <strong>für</strong> ordentliche<br />

Mechanik bei exotischen Fällen<br />

interessieren, die man als Allgemeinzahnarzt<br />

nicht einmal in 20 Jahren alle zu<br />

sehen bekommt, sind die weit über 200<br />

Seiten, die sich damit beschäftigen, genau<br />

das Richtige. Wenn Sie die Hauptkanäle<br />

bereits ordentlich aufbereiten können und<br />

die endodontische Infektionskrankheit indikationsgerecht<br />

behandeln wollen, dann<br />

ist der Preis <strong>für</strong> die 40 Seiten, die das ausgesprochen<br />

nachlässig, unvollständig und<br />

teilweise nicht wahrheitsgetreu beschreiben,<br />

extrem hoch.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zeigen die Autoren denn wenigstens<br />

schwierige, aber dennoch ausgeheilte<br />

Fälle?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das schon, <strong>Deppe</strong>, aber auch<br />

jede Menge nicht ausgeheilter. Wenn man<br />

auf der anderen Seite bedenkt, dass in diesem<br />

Buch die Fälle von insgesamt zehn<br />

Spezialisten und Universitäten gesammelt<br />

wurden, sind eine einzige ausgeheilte Zyste<br />

und ein oder zwei Fistelfälle dann doch<br />

eher weniger beeindruckend.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was sonst noch an Zahnerhaltung<br />

gezeigt wird, ist auch nicht gerade<br />

prickelnd. Und wenn man in den Bildlegenden<br />

liest, was so alles als „ausgedehnte<br />

Aufhellung“ bezeichnet wird, stellt sich<br />

die Frage nach der zugrunde liegenden<br />

Indikationsstellung zum Zahnerhalt doch<br />

sehr nachhaltig.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es werden praktisch nur Einzel-


Abb.3: Klinisch uncharakteristische Beschwerden im Juli 2006 bei röntgenologisch<br />

unauffälligem Befund<br />

Abb.5: Erneute klinische Symptomatik im Sinne einer Paro-Endo-Läsion im<br />

Februar 2007<br />

fälle gezeigt. Um zu belegen, dass es sich<br />

dabei nicht um Sonntagsfälle handelt,<br />

würde man zahllose Dubletten oder auch<br />

die eine oder andere Triolette erwarten.<br />

Obwohl in diesem Lehrbuch 10 Autoren<br />

ihre besten Fälle zusammentragen, wird<br />

nur ein einziger Fall gezeigt, bei dem<br />

mehrere apikale Ostitiden beim selben Patienten<br />

ausgeheilt sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und dieser einzige ist noch von<br />

einem Endodontologen ausgeliehen, der<br />

nicht Autor des Buches ist. Da<strong>für</strong> sieht<br />

man einige Versuche, zwei apikale Ostitiden<br />

bei einem Patienten auszuheilen, wobei<br />

bei der Nachkontrolle einer der beiden<br />

Zähne fehlt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit Dubletten kann ich Sie tot<br />

schmeißen, <strong>Deppe</strong>, obwohl ich nach Noack<br />

nur ein dusseliger Hauszahnarzt mit<br />

eingeschränktem Behandlungsspektrum<br />

bin. Schauen Sie auf die Abbildung 3. Der<br />

Patient stellte sich im Juli 2006 mit uncharakteristischen<br />

Beschwerden im dritten<br />

Quadranten vor. Alle Zähne waren vital,<br />

eher ein klein wenig hypersensibel. Wegen<br />

einer deutlichen Gingivitis haben wir eine<br />

professionelle Zahnreinigung durchge-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Abb.6: Diesmal mit Fistelbildung an 36<br />

führt und die Okklusion eingeschliffen,<br />

weil wir eine Überlastung vermuteten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Röntgenologisch eher unauffällig.<br />

Vielleicht eine klitzekleine Aufhellung an 37.<br />

Das ist so einer der Zähne, von denen man<br />

dann sagt: „Sind sie vital, haben sie nichts,<br />

sind sie devital, ist das eine Aufhellung.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Nur einen Monat später stellte<br />

sich der Patient erneut vor. Wie in Abbildung<br />

4 zu sehen ist, hatte sich eine deutliche<br />

Paro-Endo-Läsion mit einem fistelnden<br />

37 entwickelt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Paro-Endo-Fälle laufen manchmal<br />

ausgesprochen foudroyant und sind<br />

dann nur sehr schwer in den Griff zu bekommen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Damit war es leider nicht ausgestanden,<br />

wie man in Abbildung 5 sieht.<br />

Denn im Februar 2007 stellte sich der<br />

Patient mit einer Exazerbation der Paro-<br />

Endo-Problematik vor. Man hätte jetzt<br />

an einen Misserfolg der Wurzelkanalbehandlung<br />

an 37 denken können, aber der<br />

zeigte sich im Gegensatz zu 36 knallfest<br />

und symptomlos. Jetzt war es vielmehr der<br />

36, der – wie auf Abbildung 6 zu sehen –<br />

seinerseits eine Fistel entwickelt hatte und<br />

Abb.4: Im August 2006 hat sich eine Fistel am 37 entwickelt.<br />

mit L=II sehr deutlich gelockert war. Die<br />

Abbildung 7 zeigt den 36 nach konservierender<br />

Ausheilung der Fistel unmittelbar<br />

nach WF im April 2007.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist schon beeindruckend,<br />

wie in einem solchen Fall der Knochen<br />

schmilzt. Wie der Schnee an der Sonne.<br />

<strong>Osswald</strong>: Tut er das wirklich so schnell,<br />

<strong>Deppe</strong>? Die Abbildung 8 zeigt die erste<br />

Verlaufskontrolle im August 2007 mit<br />

knallfesten Zähnen, ausgeheilten Fisteln,<br />

klinischer Beschwerdefreiheit und wundersamem<br />

Knochengewinn. Dieser Fall<br />

wurde übrigens von unserem Ausbildungsassistenten<br />

gelöst. Seine erste Dublette<br />

von vielen, die da noch kommen werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei der Aufbereitung muss er<br />

schon noch etwas zulegen, oder?<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit der sorgfältigen Desinfektion<br />

klappt es, wie man sieht, da<strong>für</strong> aber<br />

schon sehr ordentlich.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie bei jedem, der sie konsequent<br />

und geduldig anwendet. Wundersamer<br />

Knochengewinn?<br />

<strong>Osswald</strong>: „Wundersam“ nenne ich diesen<br />

Knochengewinn deshalb, weil der Knochen<br />

gar nicht weg war. Wenn der Kno-<br />

57<br />

www.dental-barometer.de 01_2008


58 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Abb.7: Unmittelbar nach WF an 36 nach Ausheilung der Fistel im April<br />

2007<br />

chen zu ca. 30 % entmineralisiert ist, ist<br />

er röntgenologisch schon nicht mehr vollständig<br />

darstellbar. Deshalb kann man<br />

eine Zyste röntgenologisch auch nicht von<br />

einer einfachen apikalen Aufhellung unterscheiden.<br />

Wenn man den bakteriellen<br />

Infekt allerdings geduldig ausheilt, remineralisiert<br />

der Knochen und wird röntgenologisch<br />

wieder darstellbar. Das dauert<br />

allerdings seine Zeit, weil er stoffwechselmäßig<br />

gegenüber anderen Geweben eher<br />

langsam ist. Das ist übrigens der Grund<br />

da<strong>für</strong>, warum man Studien über den Knochengewinn<br />

bei parodontalen Eingriffen<br />

ausgesprochen kritisch gegenüber stehen<br />

sollte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn man den Fall unbedarft<br />

anschaut, weil man Ihr endodontisches<br />

Protokoll nicht kennt, könnte man meinen,<br />

Sie wären der größte noch lebende<br />

Parodontologe. Sind Sie das, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sischer dat! Im Ernst: Ich<br />

könnte Ihnen jetzt erzählen, dass ich das<br />

selbstverständlich alles in den USA gelernt<br />

habe, weil das hier in Deutschland eh’ keiner<br />

kann, dass ich diese neuen Membranen<br />

und biogenen Mittelchen anwende,<br />

die Sie im Anschluss mit Vortragsrabatt<br />

bei meinem Sponsor erwerben können,<br />

die zwar dreimal so teuer sind wie die, die<br />

schon in Ihrem Schrein liegen, obwohl sie<br />

mindestens eineinhalb Mal besser wirken….<br />

. Nein, nichts davon ist hier passiert.<br />

Hier wurde lediglich der zugrunde<br />

liegende bakterielle Infekt indikationsgerecht<br />

behandelt und ausgeheilt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Mein Schrein, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Jeder Allgemeinzahnarzt hat einen<br />

Schrein in seiner Praxis, <strong>Deppe</strong>. Da bewahrt<br />

er die Materialien und Geräte<br />

auf, die er nach einer Fortbildung voller<br />

Begeisterung gekauft und dann nicht benutzt<br />

hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man könnte fast meinen, Sie<br />

01_2008 www.dental-barometer.de<br />

hätten grundsätzlich etwas gegen Augmentationen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das wird man mir vorwerfen.<br />

Das trifft es aber nicht. Ich augmentiere in<br />

bestimmten Fällen, auch wenn ich nicht<br />

sehr häufig eine medizinische Indikation<br />

da<strong>für</strong> sehe. Die Voraussetzung jeglicher<br />

Augmentationsmaßnahme ist allerdings<br />

die vorausgegangene, genau so sorgfältige<br />

wie geduldige Desinfektion. Ehe der bakterielle<br />

Infekt nicht vollständig ausgeheilt<br />

ist, sind alle augmentativen Maßnahmen<br />

kontraindiziert. Und, wie man an diesem<br />

Fall sehr deutlich sieht, erübrigen sich<br />

dann invasive Therapien gar nicht so selten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Paro-Endo-Läsionen gelten ja als<br />

die am schwierigsten auszuheilenden Fälle<br />

von allen. In diesem Fall auch noch mit<br />

Fistelbildung an beiden Zähnen. Ausgesprochen<br />

aussagekräftige Dublette.<br />

<strong>Osswald</strong>: Einzelfälle hat jeder, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auch ein blindes Huhn trinkt<br />

gerne mal einen Korn, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dass das momentan als Goldstandard<br />

bezeichnete Endodontieprotokoll<br />

je nach Indikationsstellung zum<br />

Zahnerhalt in nur rund 70 % der Fälle erfolgreich<br />

ist, kann man als das eigentliche<br />

Drama der Endodontie bezeichnen. Wenn<br />

es nur in 30 % erfolgreich wäre, würde die<br />

Wissenschaft eifriger nach einer erfolgreicheren<br />

Alternative suchen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Gehen denn Hülsmann und<br />

Schäfer in ihrem Lehrbuch auf diese Problematik<br />

ein?<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit keinem Wort, <strong>Deppe</strong>. Sie<br />

tun vielmehr so, als würde das Problem<br />

gar nicht existieren. Sie erwähnen nicht<br />

einmal, dass darüber international diskutiert<br />

wird und man nachgerade verzweifelt<br />

auf der Suche nach einem potenten Medikament<br />

<strong>für</strong> die Langzeitdesinfektion ist,<br />

das dieses offensichtliche Problem endlich<br />

Abb.8: Verlaufskontrolle mit „wundersamem“ Knochengewinn bei klinischer<br />

Beschwerdefreiheit im August 2007<br />

heilen kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Damit wird ausgesprochen deutlich,<br />

wie weit die Endodontologen noch<br />

von dem entfernt sind, was der Wissenschaftsrat<br />

unter dem Stichwort „Oralmedizin“<br />

von der Hochschule einfordert. Das<br />

ist mir auch bei der Lektüre der Quintessenz<br />

aufgefallen. An einer Stelle wird zwar<br />

über die Bedeutung von emotionalem<br />

Stress gesprochen, das Wort Depression<br />

kommt aber nicht ein einziges Mal vor.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dabei spielt sie doch bei CMD<br />

eine herausragende Rolle. Im Buch von<br />

Hülsmann und Schäfer fehlt bei den differentialdiagnostischen<br />

Überlegungen zum<br />

Zahnschmerz nicht nur jeglicher Hinweis<br />

auf die Projektion von psychogenen<br />

Schmerzen in die Zahnreihe, es wird vielmehr<br />

sogar bestritten, dass es diese in einer<br />

bemerkenswerten Zahl gibt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da<strong>für</strong> verlegen sie das Cholesteatom<br />

aus dem Mittelohr an die Wurzelspitze.<br />

Da sind die Allgemeinzahnärzte aber<br />

schon erheblich weiter als die Spezialisten.<br />

Über solche Fälle kann doch praktisch jeder<br />

berichten. Das gibt es ja auch reichlich<br />

bei CMD.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen wir uns beispielsweise<br />

den Fall einer Patientin aus Abbildung 9<br />

an, die den Kollegen Grummt mit Zahnschmerzen<br />

aufsuchte, nachdem sie bereits<br />

zwei Zähne auf der kontralateralen Seite<br />

verloren hatte. Die Schmerzen projizierten<br />

sich eindeutig in den apikalen Bereich von<br />

15. Anamnestisch gab sie an, dass sie ihren<br />

Zahnarzt vor längerer Zeit wegen starker<br />

Schmerzen am 24 aufgesucht hatte, woraufhin<br />

dieser eine Wurzelkanalbehandlung<br />

durchgeführt hatte. Nach einem<br />

beschwerdefreien Intervall sei es zu einer<br />

Exazerbation gekommen, worauf der Kollege<br />

eine WSR durchgeführt habe. Nach<br />

erneut beschwerdefreiem Intervall, erneute<br />

Exazerbation und Extraktion. Danach sei


eine zeitlang Ruhe gewesen, ehe sie ihren<br />

Zahnarzt mit neuen Schmerzen aufsuchen<br />

musste. Diesmal war der 25 betroffen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Allerspätestens zu diesem Zeitpunkt<br />

hätten bei dem Kollegen die roten<br />

Lampen angehen müssen. Der Verlauf<br />

mit Schmerzen, therapeutischem Eingriff,<br />

beschwerdefreiem Intervall, Exazerbation,<br />

erneutem Eingriff, erneutem beschwerdefreien<br />

Intervall, erneute Exazerbation usw.<br />

ist geradezu pathognomonisch <strong>für</strong> eine<br />

psychogene Problematik.<br />

<strong>Osswald</strong>: Der Kollege hatte offensichtlich<br />

vollständig auf Grün geschaltet, denn er<br />

hat auch den Zahn 25 in gleicher Weise<br />

bis zur Extraktion behandelt. Man darf<br />

aber nicht vergessen, wie überzeugend<br />

die Patienten die Symptomatik schildern<br />

und wie nachhaltig sie auf eine kausale<br />

Behandlung drängen. Sie bilden sich diese<br />

Schmerzen schließlich nicht ein, sie haben<br />

sie ja tatsächlich. Schmerz wird zentral<br />

wahrgenommen, so dass seine Projektion<br />

nicht, oder nur mit ausgesprochen viel Erfahrung,<br />

zu unterscheiden ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass man in dieser Situation einmal<br />

eine eigentlich nicht indizierte Wurzelkanalbehandlung<br />

durchführt, oder<br />

auch einmal eine Resektion, oder im ganz<br />

extremen Ausnahmenfall sogar einmal<br />

einen Zahn extrahiert, kann ich nachvollziehen.<br />

Aber bei derselben Patienten<br />

zweimal unmittelbar hintereinander?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich habe schon Patienten gesehen,<br />

denen bei sonst ordentlichen Zähnen ein<br />

ganzer Quadrant fehlte, <strong>Deppe</strong>. Das liegt<br />

dann eben auch am Endodontie-Protokoll:<br />

Mit einem indikationsgerechten Protokoll<br />

kann einem das nicht passieren, weil man<br />

ein Zwischenstadium erreichen kann, bei<br />

dem man mit ausgesprochen hoher Wahrscheinlichkeit<br />

sicher sein kann, dass die<br />

geschilderten Beschwerden nicht von dem<br />

betreffenden Zahn ausgehen können.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein solches Stadium kann man<br />

mit dem von den Endodontologen beschriebenen<br />

Protokoll natürlich nicht<br />

erreichen. Sie müssen jeden Zahn sofort<br />

dicht verschließen, weil sie <strong>für</strong>chten, dass<br />

der bakteriostatische Speichel die gangränöse<br />

Pulpa superinfiziert. Wenn die<br />

Schmerzen dann exazerbieren, wissen sie<br />

nicht, was los ist, und verordnen Antibiotika<br />

und Schmerzmittel. Wenn das nicht<br />

hilft, erfolgt die Resektion. Wenn die<br />

nicht hilft, wird extrahiert. Das koronale<br />

Abb.9: Ausgangsbefund vor Revision Abb.10: Messaufnahme<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Leck kann man zu diesem Zeitpunkt ja<br />

noch nicht verantwortlich machen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie dem auch sei, <strong>Deppe</strong>. Als<br />

die Patientin dann Schmerzen am kontralateralen<br />

15 entwickelte, wechselte<br />

sie den Behandler, weil sie zu der Auffassung<br />

gelangt war, ihr Zahnarzt wäre<br />

mit Wurzelbehandlungen überfordert.<br />

Schauen Sie auf Abbildung 10.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Grummt hat ja auch eine<br />

Revision gemacht! Wo ist da der Unterschied<br />

zum Vorbehandler?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nochmal, <strong>Deppe</strong>. Vergessen Sie<br />

nicht, wie dramatisch die Patienten in diesen<br />

Fällen ihre Beschwerden schildern und<br />

wie energisch sie auf eine kausale Therapie<br />

drängen. So völlig astrein war die WF<br />

ja nicht. Eine kleine apikale Aufhellung<br />

kann man auch nicht ausschließen. Natürlich<br />

konnte auch Kollege Grummt nicht<br />

100 %ig sicher sein, dass die Beschwerden<br />

nicht vielleicht doch von diesem Zahn<br />

herrührten. Der Unterschied zum Vorbehandler<br />

besteht in seinem überlegenen<br />

Protokoll. Er hat zwar revidiert, dabei aber<br />

einen Zustand hergestellt, bei dem er nahezu<br />

100%ig sicher sein konnte, dass die<br />

regelmäßig exazerbierenden Beschwerden<br />

Abb.11: Unmittelbar nach WF bei klinischer Beschwerdefreiheit Abb.12: Verlaufskontrolle nach einem Jahr bei anh. Beschwerdefreiheit.<br />

59<br />

www.dental-barometer.de 01_2008


60 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

nicht von diesem Zahn herrührten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hat er die Patientin dann zu<br />

einem Psychologen geschickt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nein, zu einem Schmerztherapeuten.<br />

Auf das Wort „Psychologe“<br />

reagieren viele Patienten ausgesprochen<br />

ablehnend. Die meisten Menschen wollen<br />

lieber körperlich als psychosomatisch<br />

krank sein. „Schmerztherapeut“ hört sich<br />

viel unverfänglicher an und wird daher<br />

viel leichter akzeptiert. Dass die Schmerzen,<br />

die sie haben, behandelt werden, wollen<br />

die Patienten ja. Schmerztherapeuten<br />

kennen sich mit psychosomatischen und<br />

somatopsychischen Erkrankungen sehr<br />

gut aus. Das ist quasi ihr täglich Brot.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich würde in diesem Fall auf Depression<br />

tippen. Sie kennen sicher diesen<br />

pauschalen Spruch „Keine Depression<br />

ohne körperliche Symptomatik“. Der<br />

wird zwar auch gelegentlich angezweifelt,<br />

eignet sich aber sehr schön zur Verdeutlichung<br />

des Problems.<br />

<strong>Osswald</strong>: In diesem Fall ist er korrekt,<br />

<strong>Deppe</strong>. Die einen werden sauer und bekommen<br />

Magenprobleme, die anderen<br />

können die Last auf dem Rücken nicht<br />

mehr tragen, den Dritten bricht das Herz,<br />

und die, die es einfach nicht mehr an den<br />

Zähnen haben können, kommen zu uns.<br />

Nach Einnahme eines spezifisch ausgewählten<br />

und richtig dosierten Antidepressivums<br />

wurde die Patientin sehr schnell<br />

beschwerdefrei, so dass Kollege Grummt<br />

abfüllen und die Behandlung abschließen<br />

konnte, wie die Abbildungen 11 und 12<br />

zeigen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und von psychosomatischen<br />

Erkrankungen, die als Endodontitis imponieren,<br />

steht wirklich nichts in diesem<br />

dicken Lehrbuch?<br />

<strong>Osswald</strong>: Da<strong>für</strong> berichten die Autoren<br />

über 3 bis 6 % von so genannten „atypischen<br />

Odontalgien“ nach endodontischer<br />

Behandlung. Das würde bedeuten,<br />

dass jede sechzehnte bis dreiunddreißigste<br />

Wurzelbehandlung in einem Alptraum<br />

endet. Bei einer solchen Frequenz hätte ich<br />

meine Feilen schon längst völlig verzweifelt<br />

aus der Hand gelegt. Die Extraktion<br />

oder die WSR sind aber nicht wirklich<br />

gute Alternativen, weil sie das Problem in<br />

den allermeisten Fällen nicht lösen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei einem indikationsgerechten<br />

Behandlungsprotokoll sollte die Frequenz<br />

eindeutig im einstelligen Promillebereich<br />

liegen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich habe das in 20 Jahren vielleicht<br />

5 Mal erlebt und ich mache sehr<br />

01_2008 www.dental-barometer.de<br />

viele Wurzelkanalbehandlungen, gerade<br />

auch in sehr schwierigen Fällen. Von diesen<br />

5 Patienten waren 3 zugänglich und<br />

konnten fachärztlich erfolgreich behandelt<br />

werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Autoren behaupten, dass ein<br />

psychisches Problem bei diesen Patienten<br />

in aller Regel nicht vorliegt, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie schreiben aber auch, <strong>Deppe</strong>,<br />

dass die medikamentöse Therapie mit<br />

Antidepressiva, MAO-Hemmern, Phenothiazinen<br />

und Fluphenazinen erfolgreich<br />

sein kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was denn jetzt, <strong>Osswald</strong>? Nicht<br />

psychogene Erkrankungen, die mit Psychopharmaka<br />

erfolgreich behandelt werden<br />

können? Das erscheint mir nicht gerade<br />

zwingend logisch.<br />

<strong>Osswald</strong>: In solchen schwierigen Behandlungssituationen<br />

kann es Sinn machen,<br />

einfach einmal unauffällig nach belastenden<br />

Lebensereignissen zu fragen, die<br />

in einem zeitlichen Zusammenhang mit<br />

dem Beginn der Zahnproblematik stattgefunden<br />

haben. Da wird man manchmal<br />

fündig. Ich hatte einmal eine Patientin,<br />

die zeitgleich mit einer Zahnbehandlung<br />

einen Abort erlitten hat. Sie hat ihre seelischen<br />

Schmerzen in einen Zahn projiziert,<br />

der gerade behandelt wurde. Die<br />

Beschwerden hatten selbst dann nicht<br />

aufgehört, nachdem der Zahn durch einen<br />

Kollegen extrahiert worden war. Zu<br />

mir kam sie, als sie sich zunehmend auf<br />

den Nachbarzahn verlagerten. Auch dieser<br />

Frau konnte geholfen werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ihr Gesamturteil, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Für den mechanisch Interessierten<br />

eine schöne Wiederholung, <strong>für</strong><br />

den medizinisch Interessierten praktisch<br />

nichts Neues. Gegenüber dem, was bereits<br />

zur Mitte des letzten Jahrhunderts bekannt<br />

war, eher ein Rückschritt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Konnten Sie denn gar nichts lernen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Eine meiner Hypothesen war<br />

seit jeher, dass bei parodontal sehr stark<br />

geschädigten Zähnen das gleichzeitige<br />

Vorliegen einer chronischen Pulpitis nicht<br />

auszuschließen ist, auch wenn der Zahn<br />

klinisch auf Kältereiz mehr oder weniger<br />

vital reagiert. Das hat sich in der Praxis<br />

ausgesprochen häufig bestätigt. Wenn<br />

man solche Zähne trepaniert, bluten sie<br />

häufig nicht hellrot arteriell, sondern es<br />

sickert eher dunkelrot venös. Lange bevor<br />

Tronstad in 2002 wissenschaftlich nachgewiesen<br />

hat, dass sich in tiefen parodontalen<br />

Taschen dasselbe Keimspektrum<br />

findet wie in gangränösen Zähnen und<br />

im Granulom, habe ich mein Behandlungsprotokoll<br />

bei fortgeschrittenen Fällen<br />

vorgeblich aggressiver und therapieresistenter<br />

Parodontitiden mit sehr gutem<br />

Erfolg in diesem Sinne modifiziert. In<br />

diesem Buch werden wissenschaftliche<br />

Studien zitiert, die meine klinische Hypothese<br />

nachhaltig bestätigen, die ich jedoch<br />

bisher nicht kannte. Da<strong>für</strong> bin ich<br />

ausgesprochen dankbar. Dies umso mehr,<br />

als Kollege Schäfer sich damit seine erstaunten<br />

Fragen noch einmal nachhaltig<br />

selbst beantwortet, die er mir bei meinem<br />

Vortrag in Mainz über mein erfolgreiches<br />

Zahnerhaltungsprotokoll in sehr weit<br />

fortgeschrittenen Fällen von angeblich aggressiver,<br />

therapieresistenter Parodontitis<br />

gestellt hat, die auch von Spezialisten in<br />

aller Regel als Extraktions- und Implantationsfälle<br />

angesehen werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da sieht man’s mal wieder, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sieht man was, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Zahnheilkunde hat kein wesentliches<br />

Problem von fehlendem, wissenschaftlich<br />

belegtem Wissen ….<br />

<strong>Osswald</strong>: ... aber ein ganz erhebliches<br />

Problem bei der Umsetzung des bekannten<br />

Wissens in erfolgreich praktizierbare<br />

Zahnheilkunde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was gibt es sonst noch Erfreuliches<br />

zu berichten?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zum Beispiel über das Editorial<br />

des Kollegen Blankenstein in der Zahnärztlichen<br />

Praxis.<br />

<strong>Deppe</strong>: Darin bezieht er sich auf unsere<br />

vorletzte Folge und greift unsere Auseinandersetzung<br />

mit dem Editorial des Kollegen<br />

Löst auf.<br />

<strong>Osswald</strong>: Er bescheinigt uns vergleichbare<br />

Kenntnisse der Fachliteratur und<br />

fordert die Hochschule auf, ihre störrische<br />

Haltung aufzugeben, nicht nur immer<br />

wieder über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher<br />

Borstenkonfigurationen<br />

von Zahnbürsten verschiedener Hersteller<br />

zu forschen, sondern endlich auch einmal<br />

eigene, evidenzbasierte Studien zur Endodontie<br />

vorzulegen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein schlechter Ansatz, <strong>Osswald</strong>!<br />

Gilt übrigens auch <strong>für</strong> die Funktion. Die<br />

Arbeitsanleitung zum Funktionsstatut der<br />

DGZMK muss erweitert werden, z.B. um<br />

die Darstellung der ja endlichen Zahl von<br />

CMD-Krankheitsbildern – das ist <strong>für</strong> den<br />

Allgemeinzahnarzt wichtiger und verdienstvoller,<br />

als den Mikrometern nachzujagen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Kollege Hülsmann wäre bei-


Abb.13: Zustand nach Implantation und prothetischer Versorgung vor sieben Jahren<br />

spielsweise besser beraten, in einer Studie<br />

erst einmal den wissenschaftlichen Nachweis<br />

zu führen, dass er in seiner Hochschule<br />

bei der Ausheilung der apikalen<br />

Ostitis wenigstens die ohnehin nicht berauschenden<br />

internationalen Ergebnisse<br />

erreicht, ehe er in der Rentner-Bravo<br />

den Stab über die Allgemeinzahnärzte<br />

bricht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Blankenstein fordert den<br />

Kollege Löst auf, mit Ihnen öffentlich zu<br />

diskutieren, anstatt polemische Editorials<br />

zu verfassen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Gute Idee, Herr Kollege Löst,<br />

jederzeit! Am besten in der ZM oder der<br />

DZZ. Da gehört das nämlich hin. Während<br />

es früher guter akademischer Brauch<br />

war, über unterschiedliche Ansätze zur<br />

Lösung eines offensichtlichen Problems<br />

zum Wohle aller Patienten öffentlich auf<br />

hohem Niveau zu diskutieren, scheint<br />

man heute nachgerade systematisch bemüht,<br />

dies zu vermeiden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Erklärung der DGZMK aus<br />

dem Kasten könnte einen ersten Schritt in<br />

die richtige Richtung bedeuten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich <strong>für</strong>chte allerdings, lieber<br />

Kollege Blankenstein, dass Kollege Löst<br />

einen sehr triftigen Grund finden wird,<br />

Ihre Einladung nicht anzunehmen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sonst noch Reaktionen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Was wir über maximalinvasive<br />

implantologische Eingriffe geschrieben haben,<br />

um im Vergleich dazu minimalinvasive<br />

prothetische Versorgungen zu vermeiden,<br />

hat einigen überhaupt nicht gefallen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie wollen Sie dieser Kritik<br />

begegnen, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Indem ich wie immer ausnahmsweise<br />

einmal einen aussagekräftigen<br />

Fall zeige, <strong>Deppe</strong>! Schauen Sie einmal<br />

unauffällig auf Abbildung 13. Sie zeigt<br />

einen Zustand sieben Jahre nach festsit-<br />

zender Versorgung auf lediglich zwei Implantaten,<br />

bei dem der Kostenvoranschlag<br />

<strong>für</strong> insgesamt sechs Implantate im Unterkiefer<br />

nebst Knochenaugmentation bereits<br />

gestellt war. Das Implantat im linken unteren<br />

Quadranten hat eine Länge von nur<br />

acht Millimetern, wodurch dem Patienten<br />

eine maximal invasive Knochenaugmentation<br />

mit unsicherer Prognose erspart<br />

werden konnte. Er kann übrigens alles essen<br />

und seine Nahrung wunderbar <strong>für</strong> die<br />

Verdauung aufbereiten. Und Trompete<br />

spielt er nach wie vor ausgezeichnet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man wird auch hier sagen, dass<br />

es sich lediglich um einen Einzelfall handelt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit diesem Vorwurf beschäftigen<br />

wir uns dann in einer der nächsten<br />

Folgen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Einen guten Rutsch, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Prosit Neujahr, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein erfolgreiches Jahr auch dem<br />

Berufsverband der Allgemeinzahnärzte in<br />

Deutschland.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und auch allen Allgemeinzahnärzten<br />

und Spezialisten! Und ganz besonders<br />

Ihnen, Herr Ellermann. Herzlichen<br />

Dank <strong>für</strong> alles. Sie haben sich um die<br />

Allgemeinzahnärzte in Deutschland in<br />

jedem Fall verdient gemacht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auch wenn es <strong>für</strong> den Walkhoff-<br />

Preis nicht reichen wird, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schluss jetzt, <strong>Deppe</strong>!<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong>: ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München,<br />

Geschäftsführer des BVAZ und<br />

Referent der Akademie <strong>für</strong> Zahnheilkunde<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong>: lebt in Münster. Er<br />

vertritt hier seine persönliche Meinung<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 7<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Düsseldorf: 16.02.2008<br />

Ì Stuttgart: 08.03.2008<br />

Ì Frankfurt: 12.04.2008<br />

Ì Kaiserslautern: 31.05.2008<br />

Ì Bad Wörrishofen: 07.06.2008<br />

Ì Hamburg: 28.06.2008<br />

Ì Berlin: Juli 2008<br />

Ì Münster: September 2008<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebür: 249,- E (inkl. MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Dr. med. dent. Rüdiger <strong>Osswald</strong><br />

Fritz-Hommel-Weg 4<br />

D-80805 München<br />

Telefon: +49 (0)89 3618030<br />

Telefax: +49 (0)89 36100294<br />

E-Mail: ruediger.osswald@t-online.de<br />

Internet: www.tarzahn.de<br />

61<br />

www.dental-barometer.de 01_2008


56 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie waren die Feiertage, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Angenehm ruhig, <strong>Osswald</strong>. Bei<br />

Ihnen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich musste zwischen den Jahren<br />

so viele Zuschriften lesen, die sich mit<br />

unserer <strong>Kolumne</strong> beschäftigen, dass ich<br />

kaum zum Feiern gekommen bin.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wer hat uns diesmal geschrieben?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zum Beispiel Prof. Noack aus<br />

Köln über sein Editorial in der Quintessenz.<br />

Er sagt, dass er sich immer dann<br />

über Reaktionen auf seine Publikationen<br />

freut, wenn sie zustimmend sind. Über<br />

unsere Analyse seiner Einlassungen im<br />

Weißbuch Zahnmedizin hat er sich in der<br />

Folge mächtig geärgert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Weil wir falsch zitiert haben, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nein, <strong>Deppe</strong>, weil wir schwanken.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schwanken? Wir Allgemeinzahnärzte?<br />

In dieser <strong>für</strong> uns entscheidenden<br />

Phase in der Auseinandersetzung mit den<br />

jetzt nicht mehr so ganz geheimen Plänen<br />

der Hochschullehrer? Keinen Millimeter!<br />

Wie kommt er denn auf die Idee? Worauf<br />

sollten wir denn mit dem Kollegen Noack<br />

getrunken haben, nachdem er uns als<br />

„Zahnhausärzte mit eingeschränktem Behandlungsspektrum“<br />

bezeichnet hat? Aber<br />

wenn er einen guten Wein spendiert ...<br />

<strong>Osswald</strong>: Doch nicht physisch, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie dann, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Semantisch. Zwischen witzig,<br />

polemisch und beleidigend.<br />

<strong>Deppe</strong>: Witzig! Was <strong>für</strong> ein schönes Kompliment.<br />

Das unterscheidet uns allerdings<br />

ganz erheblich von ihm und seinen Kollegen<br />

Löst, Wagner und Hülsmann. Endlich<br />

einmal nicht genau so abgehobene wie<br />

sich langweilig wiederholende Verlautbarungen<br />

aus dem Elfenbeinturm, sondern<br />

vielmehr praxisnahe Fortbildung amüsant<br />

zu vermitteln, ist schließlich die schwierige<br />

Aufgabe, der wir uns hier stellen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Scheint ja auch ganz ordentlich<br />

zu klappen, <strong>Deppe</strong>, wenn man den<br />

02_2008 www.dental-barometer.de<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

Zuschriften glaubt, die uns in anderer als<br />

editorialer Form erreichen.<br />

<strong>Deppe</strong>: „Polemisch“ ist auch O.K. Polemik<br />

ist schließlich die Mutter der Satire.<br />

Wer abwegige Entwicklungen erkennt,<br />

und - solange er diese auf ausgesprochen<br />

freundliche Art zu kommunizieren versucht<br />

- systematisch ignoriert und an ihrer<br />

Veröffentlichung gehindert wird, muss<br />

eine ordentliche Schippe Kohlen drauflegen,<br />

damit der Zug aus dem Bahnhof<br />

kommt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Klappt ja auch ganz ordentlich,<br />

wenn man den Zuschriften glauben kann,<br />

die uns in Editorial-Form erreichen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was allerdings Beleidigungen betrifft<br />

...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... so gilt nach wie vor das<br />

Sprichwort, dass man im Wald nicht zu<br />

laut graben sollte, wenn man nicht will,<br />

dass einen der Schall trifft, obwohl man<br />

in der Grube steht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Der Vorwurf im Editorial von<br />

Prof. Löst, wir würden die Kollegen mit<br />

unserem Hinweis auf die medizinisch<br />

indikationsgerechte Behandlung der Endodontitis<br />

„auf wissenschaftlich nicht<br />

abgesichertes Terrain und damit auch in<br />

eine forensische Grauzone“ führen, war<br />

schließlich nicht von schlechten Eltern.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist doch keine Beleidigung,<br />

<strong>Deppe</strong>. Beleidigend ist, wenn wir antworten,<br />

dass im neuen Lehrbuch von Schäfer<br />

und Hülsmann wider besseren Wissens<br />

nicht berichtet wird, dass in Deutschland<br />

eine Kontraindikation <strong>für</strong> die Anwendung<br />

von konzentriertem NaOCl bei offenem<br />

Foramen apikale durch das Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Arzneimittel besteht, weil das das beschriebene<br />

Behandlungs-Protokoll ad absurdum<br />

führt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Genau wie dort verschwiegen<br />

wird, dass das daselbst gelehrte Protokoll<br />

der Spezialisten <strong>für</strong> Endodontie seit mehreren<br />

Jahren international als gescheitert<br />

angesehen wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Diese Liste ließe sich nahezu<br />

beliebig erweitern. Ich habe nun wirklich<br />

viele Lehrbücher in meinem Leben gelesen,<br />

und ich kann beileibe nicht behaupten,<br />

dass mir alle gefallen haben. Eine vergleichbar<br />

zielstrebige Beugung zugunsten<br />

durchsichtiger Interessen habe ich allerdings<br />

noch nie erlebt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Uns, wie der Kollege Noack das<br />

im Weißbuch praktiziert, ohne jegliche<br />

Diskussion den Titel „Allgemeinzahnarzt“<br />

zu entziehen und uns zu „Zahnhausärzten<br />

mit eingeschränktem Behandlungsspektrum“<br />

zu degradieren, ist auch deutlich<br />

mehr als nur ein unfreundlicher Akt.<br />

Dies insbesondere vor dem Hintergrund,<br />

dass es – wie der Wissenschaftsrat eindrucksvoll<br />

belegt - in Deutschland ganz<br />

erheblich an der Qualität von zahnmedizinischer<br />

Lehre und Forschung mangelt.<br />

Wer im Glashaus sitzt …<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist doch keine Beleidigung,<br />

<strong>Deppe</strong>. Beleidigend ist, wenn wir<br />

die Hochschullehrer im Gegenzug als<br />

<strong>Teil</strong>zahnärzte bezeichnen, die die kleinen<br />

<strong>Teil</strong>bereiche des ohnehin schon kleinen<br />

medizinischen Fachbereichs Zahnheilkunde<br />

künstlich aufblasen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Oder wenn wir sie wie der Wissenschaftsrat<br />

auffordern, ihren Beruf<br />

wieder gewissenhaft auszuüben, um uns<br />

junge Kollegen zur Weiterbildung in fachübergreifender,<br />

synaptischer Zahnheilkunde<br />

im Sinne von Oralmedizin in die<br />

Praxen schicken zu können, die ordentlich<br />

ausgebildet sind.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es ist absurd, dass den Studenten<br />

erzählt wird, richtige Zahnheilkunde<br />

könnten sie wegen der Wissensexplosion<br />

bei ihren Professoren frühestens in<br />

kostenpflichtigen, postgraduierten Curricula<br />

erlernen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn Prof. Wagner aus Mainz<br />

sich öffentlich über sektorale Budgets zu<br />

Lasten der Allgemeinzahnärzte und zu<br />

Gunsten seiner Spezialisten auslässt, ohne<br />

jemals darüber mit uns gesprochen zu haben,<br />

ist das auch nicht gerade eine vertrauensbildende<br />

Maßnahme.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich bitte Sie, <strong>Deppe</strong>, das ist


nun wirklich keine Beleidigung. Das<br />

kann man allenfalls als Kriegserklärung<br />

an uns Allgemeinzahnärzte bezeichnen.<br />

Er kündigt schließlich nur an, dass durch<br />

die Veränderung der Weiterbildungsordnung,<br />

die Bundeszahnärztekammer,<br />

DGZMK und der Verein der Hochschullehrer<br />

klammheimlich vorbereitet haben,<br />

das Geld aus unseren in die Taschen derjenigen<br />

umgeleitet werden soll, die den<br />

Hochschullehrern nach dem Studium<br />

Geld <strong>für</strong> eine Ausbildung bezahlen, die sie<br />

von ihnen als Studenten nicht bekommen<br />

haben, obwohl sie inzwischen sogar Studiengebühren<br />

bezahlen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schreibt Kollege Noack denn<br />

nichts Substantielles?<br />

<strong>Osswald</strong>: Doch. Er beklagt, dass er allein<br />

die Zahnerhaltung betreffend so viele Zeitungen<br />

lesen muss, dass ihm <strong>für</strong> die Studentenausbildung<br />

kaum noch Zeit bleibt.<br />

Und das auch noch auf Englisch. Er könne<br />

das gesamte Fachgebiet gar nicht mehr<br />

überblicken, weshalb er die Allgemeinzahnärzte<br />

ehrlich bewundere, weil sie das<br />

durch regelmäßige Fortbildung schaffen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was soll da erst einer sagen, der<br />

auch noch leidlich Französisch spricht.<br />

Vielleicht können wir ihm helfen? Das ist<br />

doch gar nicht so schwierig, wie es ihm<br />

erscheint.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es kommt eben – wie in der<br />

voraussagbar erfolgreich praktizierbaren<br />

Zahnheilkunde - immer auf das indikationsgerechte<br />

Protokoll an, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei den inzwischen zahllosen Endodontie-Journalen<br />

beispielweise reicht -<br />

wenn nicht schon die Überschrift - in aller<br />

Regel spätestens das Abstract. Da schafft<br />

man eine ganze Zeitschrift in aller Regel<br />

in weniger als 10 Minuten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Selbst eine französische. Den<br />

149. Aufsatz darüber, dass Ca(OH)2 als<br />

alleiniges Langzeitdesinfizienz in der Endodontie<br />

unzureichend ist, weil dagegen<br />

entscheidende Erreger völlig resistent sind,<br />

muss man nun wirklich nicht vollständig<br />

lesen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da reicht die Überschrift. Das<br />

wusste Walkhoff immerhin bereits vor<br />

beinahe 100 Jahren. Aber wie kommt es<br />

zu den ständigen Wiederholungen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Schöne Gelegenheit, einmal<br />

wieder seinen Namen zu erwähnen, <strong>Deppe</strong>.<br />

Der wird ja von der Hochschule nachgerade<br />

systematisch ausgeklammert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Na, über den nach ihm benannten<br />

Preis ist er klassisch abserviert, wie kürzlich<br />

auch Prof. Gängler zeigte, der ihn in<br />

einem Editorial in der Reihe der endodontischen<br />

Klassiker verschweigt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und wie soll man das jetzt kommentieren,<br />

<strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich habe nicht den Eindruck,<br />

dass es mit den Artikeln und der Wissensexplosion<br />

bei Füllungen anders ist,<br />

jedenfalls nicht so, dass das im Studium<br />

nicht mehr vermittelbar wäre. Die Bedingungen<br />

<strong>für</strong> eine ordentliche Prophylaxe<br />

ändern sich auch nicht gerade täglich, wie<br />

mich deucht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ansonsten sind wir Allgemeinzahnärzte<br />

eben mehr die praktischen Typen,<br />

die nicht schlaflose Nächte mit der<br />

lebenswichtigen, wissenschaftlich-neutralen<br />

Erforschung der unterschiedlichen<br />

Wirkung jeder einzelnen Borste der verschiedenen<br />

Zahnbürsten namhafter Hersteller<br />

verbringen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wir machen den Patienten einfach<br />

verständlich, dass es auf den genau so<br />

sorgfältigen wie regelmäßigen Gebrauch<br />

einer nicht völlig abgenutzten Zahnbürste<br />

ankommt und dass der Gebrauch von<br />

Zahnseide und/oder Interdentalbürstchen<br />

eine conditio sine qua non <strong>für</strong> den langfristigen<br />

Erhalt der eigenen Zähne ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn’s denn der Wissenschaft<br />

dient, darf ich vielleicht an dieser Stelle<br />

von meiner Frau ausrichten, dass sie als<br />

Ehefrau eines Zahnhauszahnarztes mit<br />

eingeschränktem Leistungsspektrum<br />

nach jeder Mahlzeit den Gebrauch der Interdentalbürstchen<br />

der Firma….<br />

<strong>Deppe</strong>: Stopp, <strong>Osswald</strong>! Keine Investition<br />

ohne Rendite!<br />

<strong>Osswald</strong>: Noack fordert uns des Weiteren<br />

auf, endlich seinem Beispiel zu folgen und<br />

die Begrenztheit unseres eigenen Handelns<br />

anzuerkennen, weil es den „Generalisten,<br />

der in allen Bereichen kompetent<br />

diagnostiziert und behandelt, aufgrund<br />

des enormen Wissenszuwachses in allen<br />

Fachgebieten in Zukunft nicht mehr geben<br />

wird“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist vor dem Hintergrund,<br />

dass es den schon sehr lange nicht mehr<br />

gibt, ein wirklich ausgesprochen wertvoller<br />

Hinweis.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine neue Polemik, <strong>Deppe</strong>!<br />

Wiederholen wir es lieber noch einmal,<br />

damit nicht auch noch Kollege Noack in<br />

eine Grauzone gerät: Wer die Forderung<br />

des Wissenschaftsrates nach der Versorgung<br />

breiter Bevölkerungskreise mit fachübergreifender,<br />

synoptischer Zahnheilkunde<br />

im Sinne von Oralmedizin erfüllen<br />

will, kommt am kompetent diagnostizie-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

renden und fachübergreifend behandelnden,<br />

den gesamten Fachbereich überblickenden<br />

Allgemeinzahnarzt nicht vorbei.<br />

Wer etwas anderes behauptet, versündigt<br />

sich an der Wahrheit oder überblickt das<br />

Problem nicht. Punktum.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum sollte sich die Zahnheilkunde<br />

an dieser Stelle auch von anderen<br />

medizinischen Fachbereichen wie beispielweise<br />

der Augen- oder Hals-Nasen-<br />

Ohren-Heilkunde unterscheiden, um nur<br />

zwei Beispiele zu nennen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum muss unbedingt ein<br />

„Fachzahnarzt <strong>für</strong> Milchzahnheilkunde“<br />

her?<br />

<strong>Deppe</strong>: Milchzahnarzt!<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Welt kommt schließlich<br />

auch sehr gut ohne den „Facharzt <strong>für</strong> Kinderaugenheilkunde“<br />

zurecht. Den oben<br />

beschriebenen, kompetenten Allgemeinzahnarzt<br />

muss die Hochschule im Sinne<br />

des „Fachzahnarzt <strong>für</strong> Oralmedizin“ endlich<br />

ausbilden. Das ist überfällig. Da<strong>für</strong><br />

muss sie die vorhandenen wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse endlich in praktizierbare<br />

Zahnheilkunde umsetzen. Wir<br />

haben schließlich keinen Mangel an wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen …<br />

<strong>Deppe</strong>: ... sondern erhebliche Defizite bei<br />

der Umsetzung des bekannten Wissens in<br />

praktizierbare Zahnheilkunde!<br />

<strong>Osswald</strong>: Das war, ist und bleibt die Aufgabe<br />

der Hochschule …<br />

<strong>Deppe</strong>: ... die sie nach Meinung des Wissenschaftsrates<br />

nicht erfüllt. Pläne zu<br />

schmieden, wie man mit dem sauer verdienten<br />

Honorar der Allgemeinzahnärzte<br />

die Taschen der eigenen Kundschaft füllt,<br />

gehören eindeutig nicht zu den Pflichten<br />

der Hochschule.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn Prof. Schlagenhauf im<br />

Weißbuch Zahnmedizin behauptet, 40 %<br />

der Deutschen litten unter einer aggressiven<br />

Parodontitis …<br />

<strong>Deppe</strong>: ... und Prof. Hülsmann in der<br />

Rentnerbravo schreibt, dass die Erfolgsquote<br />

bei Wurzelbehandlungen nur zwischen<br />

35 und 45 % liegt …<br />

<strong>Osswald</strong>: ... dann kann die Volksgesundheit<br />

nur von uns, den Allgemeinzahnärzten<br />

verbessert werden, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist so klar wie Kloßbrühe,<br />

<strong>Osswald</strong>! Von wem denn wohl sonst?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn die Hochschullehrer im<br />

Weißbuch schreiben, sie seien mit der Ausbildung<br />

der jungen Kollegen in Oralmedizin<br />

überfordert, und im Schulterschluss<br />

mit der DGZMK und der Bundeszahnärztekammer<br />

die Weiterbildungsordnung<br />

57<br />

www.dental-barometer.de 02_2008


58 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

kippen wollen, muss man sich nicht wundern,<br />

wenn wir Allgemeinzahnärzte unsere<br />

Sache selber in die Hand nehmen und<br />

uns so verhalten wie die Allgemeinärzte es<br />

uns vormachen. Die verabschieden inzwischen<br />

eigene Leitlinien und fordern sogar<br />

eigene KVen, ohne einen Zweifel daran<br />

aufkommen zu lassen, dass sie diese auch<br />

durchsetzen können, wenn sie sie wirklich<br />

wollen. Sie haben in ihrem Berufsverband<br />

allerdings einen Organisationsgrad von<br />

über 70 %. Von solchen Mitgliederzahlen<br />

ist der „Berufsverband der Allgemeinzahnärzte<br />

in Deutschland“ (www.bvaz.<br />

de) leider noch ein ganzes Stück entfernt,<br />

auch wenn seine Mitgliederzahlen gerade<br />

explodieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: An dieser Stelle bringen die Spezialisten<br />

normalerweise den Meniskus ins<br />

Spiel.<br />

<strong>Osswald</strong>: Welchen Meniskus?<br />

<strong>Deppe</strong>: Den eigenen! Sie sagen, dass sie<br />

sich, wenn sie Meniskus hätten, auch nicht<br />

vom im Dorf niedergelassenen Facharzt<br />

<strong>für</strong> Orthopädie behandeln lassen, sondern<br />

gerne 100 Kilometer in die Stadt zum<br />

Spezialisten fahren würden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Cooles Beispiel. Leider abwegig.<br />

Wenn man denn schon unbedingt ein<br />

ärztliches Beispiel geben will, dann doch<br />

bitte eines, das es auch trifft.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und das wäre?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nehmen wir einen Kollegen,<br />

der Kurzsichtigkeit hat. Sein Augenarzt<br />

wird ihn in 99 % der Fälle indikationsgerecht<br />

behandeln, ihm die richtige Brille<br />

verschreiben und ihm die weite Reise ersparen.<br />

In dem einen Prozent der Fälle, in<br />

der er eine sehr seltene Form der Kurzsichtigkeit<br />

diagnostiziert, wird er ihn selbstverständlich<br />

an einen Kollegen in der<br />

Stadt oder an der Universität überweisen,<br />

der sich <strong>für</strong> die Behandlung dieses Leidens<br />

einen besonderen Ruf erworben hat. Der<br />

nennt sich dann aber nicht „Oberfacharzt<br />

<strong>für</strong> Augenheilkunde“ oder „Master<br />

of Kurzsichtigkeit“, sondern genau wie er<br />

selbst „Facharzt <strong>für</strong> Augenheilkunde“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht sollten wir es noch einmal<br />

ganz deutlich und zum Mitschreiben<br />

formulieren, damit uns nicht immer wieder<br />

das Wort im Munde rumgedreht wird,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das wird trotzdem passieren,<br />

<strong>Deppe</strong>, aber von mir aus gerne: Die Allgemeinzahnärzte<br />

wehren sich nicht gegen<br />

mehrjährig auf einer Universität weitergebildete<br />

Fachzahnärzte, die wie die Kieferorthopäden<br />

und Kieferchirurgen nach der<br />

02_2008 www.dental-barometer.de<br />

Niederlassung allein in ihrem Fachbereich<br />

und nur auf Überweisung tätig werden.<br />

Zu Fachzahnärzten haben wir seit jeher<br />

besonders gelagerte Fälle überwiesen, die<br />

wir selber nicht behandeln wollten oder<br />

konnten. Unsere Ablehnung richtet sich<br />

allein gegen überflüssige, postgraduiert<br />

und berufsbegleitend gegen Geld und<br />

Sitzfleisch zu erwerbende Titel. Das ist<br />

mit uns nicht verhandelbar!<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie Kollege Noack auf die Idee<br />

kommt, da einen Gegensatz zwischen dem<br />

BVAZ und unseren Kollegen aus Brandenburg<br />

zu konstruieren, erschließt sich<br />

mir nicht einmal auf den zweiten Blick.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dass er nicht mitbekommen<br />

hat, dass wir dieses Missverständnis schon<br />

lange ausgeräumt haben, liegt vermutlich<br />

daran, dass er so viele englische Zeitschriften<br />

lesen muss, um den Anschluss<br />

an die Wissensexplosion nicht zu verlieren.<br />

Da kann man das wenige, was in der<br />

Zahnheilkunde heutzutage noch an Wesentlichem<br />

auf Deutsch publiziert wird,<br />

schon einmal überlesen. Das war vor dem<br />

2. Weltkrieg ja mal ganz anders.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht hat er ja auch nur die<br />

letzte Versammlung des Hochschullehrervereins<br />

geschwänzt, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Beleidigungen, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Ganz im Ernst. Da war der BVAZ<br />

ein großes Thema. Eigener Tagungsordnungspunkt.<br />

Wenn ich richtig informiert<br />

worden bin, sollen die Hochschullehrer<br />

auf Empfehlung des Kollegen Hickel<br />

aus München einen einstimmigen Beschluss<br />

gefasst haben, die diesbezüglich<br />

mehrfach und schriftlich vom Kollegen<br />

Kau, dem Präsidenten der Allgemeinzahnärzte,<br />

schriftlich vorgetragenen<br />

Forderungen, Vorschläge und Angebote<br />

schlicht und einfach zu ignorieren,<br />

um jegliche Diskussion zu unterbinden.<br />

Sie scheinen tatsächlich zu glauben, ihre<br />

Beschlüsse so aus sitzen zu können wie<br />

Weiland der Dicke.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da werden sie sich aber mächtig<br />

getäuscht sehen, <strong>Deppe</strong>. Das hat ja gerade<br />

die DGZMK versucht. Und das ist mal<br />

so richtig in die Hose gegangen. Wenn<br />

Ihre Quellen stimmen, wundert es mich<br />

nicht, dass Kollege Noack zum Abschluss<br />

scheinheilig bedauert, dass die von den<br />

Hochschullehrern so aufopfernd gelebte<br />

Unterstützung ihrer Zahnhausärzte von<br />

den Allgemeinzahnärzten nicht mehr<br />

anerkannt wird, wo doch gerade seine<br />

Quintessenz ein leuchtendes Beispiel da<strong>für</strong><br />

ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Leuchtendes Beispiel wo<strong>für</strong>, <strong>Osswald</strong>?<br />

Dass er als Herausgeber mit genau<br />

so schwachen wie durchschaubaren Begründungen<br />

die Veröffentlichung von<br />

Aufsätzen ablehnt, in denen den Allgemeinzahnärzten<br />

auf dem Boden alter und<br />

neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ein<br />

einfach praktizierbarer Weg aufzeigt wird,<br />

wie sie die seit mehr als 50 Jahren stagnierenden<br />

Erfolgsquoten der Spezialisten bei<br />

der Behandlung der bakteriellen Endodontitis<br />

verbessern können?<br />

<strong>Osswald</strong>: Da haben Sie Recht, <strong>Deppe</strong>.<br />

Das sieht dann doch eher so aus, als wolle<br />

die Hochschule eine Diskussion verhindern,<br />

um die Pfründe der Spezialisten und<br />

der eigenen Kunden nicht zu gefährden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist Kollege Noack jetzt witzig,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit Absicht auf keinen Fall,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Polemisch?<br />

<strong>Osswald</strong>: Da<strong>für</strong> liegt er viel zu weit neben<br />

dem Thema.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann seien Sie jetzt bitte wenigstens<br />

beleidigt!<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Spur. Ich fühle mich in<br />

dem, was ich sage, durch seine Reaktion<br />

ganz im Gegenteil ausdrücklich bestätigt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann müssen wir ein anderes Adjektiv<br />

benutzen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was halten Sie von … äääähhhh<br />

… unwissenschaftlich?<br />

<strong>Deppe</strong>: Nicht schlecht, <strong>Osswald</strong>. Immerhin<br />

würden wir heute noch denken, die<br />

Erde sei eine Scheibe, wenn es interessierten<br />

Kreisen auf Dauer gelungen wäre, die<br />

Diskussion darüber zu unterdrücken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine neue Polemik, <strong>Deppe</strong>!<br />

Zurück zur Medizin. Eigentlich wollten<br />

wir heute zeigen, was wir Allgemeinzahnärzte<br />

in der Zahnherhaltung drauf haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was im aktuellen Buch von Hülsmann<br />

und Schäfer von der Hochschule<br />

gezeigt wird, ist ja nun wirklich nicht besonders<br />

prickelnd.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nachdem wir jedoch den Kollegen<br />

Noack offensichtlich gestresst haben,<br />

machen wir heute einfach mal in Prothetik.<br />

Nicht, dass die Prothetiker, die ja<br />

auch einen Mastertitel anstreben, beleidigt<br />

sind, weil wir ihnen keine Gelegenheit<br />

einräumen, uns auch mal ein Editorial zu<br />

schreiben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich dachte eigentlich, die Deutschen<br />

wären längst Zahnersatzmeister,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das verwechseln Sie mit Weltmeister,<br />

<strong>Deppe</strong>.


<strong>Deppe</strong>: Dann zeigen Sie mal, was die<br />

Allgemeinzahnärzte prothetisch so drauf<br />

haben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch in der Prothetik geht es<br />

letztlich um Zahnerhaltung. Je mehr Pfeiler<br />

man hat, desto besser und langfristig<br />

erfolgreicher kann man prothetisch versorgen.<br />

Schäfer und Hülsmann schreiben<br />

in ihrem Lehrbuch, dass endodontisch<br />

behandelte Zähne nicht geeignet sind,<br />

herausnehmbaren Zahnersatz, also beispielsweise<br />

teleskopierende Versorgungen<br />

zu tragen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Weil wurzelbehandelte Zähne<br />

aufgrund des meist großen Substanzverlustes<br />

als prothetische Pfeiler wesentlich<br />

frakturgefährdeter sind als vitale Zähne?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist schon richtig. Nichtdestotrotz<br />

kann man auch extrem vorgeschädigte<br />

Zähne in telekopierende Versorgungen<br />

einbeziehen. Schauen Sie einmal<br />

auf die Abbildung 1.<br />

<strong>Deppe</strong>: Desolater Gebisszustand im Oberkiefer<br />

bei scheußlicher Bildqualität.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man in diesen modernen<br />

Zeiten ein Röntgenbild anfordert,<br />

bekommt man nicht selten einen grottenschlechten<br />

Ausdruck auf einem Fetzen<br />

Papier.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wem sagen Sie das.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen wir lieber auf die Einzelfilme<br />

in den Abbildungen 2 bis 6.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nicht mehr viel übrig von den<br />

Zähnen nach der Sanierung, <strong>Osswald</strong>.<br />

Auf diesen ausgesprochen schwachen<br />

Pfeilern wollen Sie wirklich eine teleskopierende<br />

Versorgung eingliedern?<br />

<strong>Osswald</strong>: Noch dazu ohne Gaumenplatte,<br />

<strong>Deppe</strong>. 7 Pfeiler, davon sogar ein vitaler,<br />

ist doch eine ordentliche Zahl. Das<br />

geht natürlich nur, wenn man sich auf<br />

ein Endodontie-Protokoll verlassen kann,<br />

dessen voraussagbarer Erfolg sehr nahe<br />

bei 100 Prozent liegt. Sonst ist das Risiko<br />

nicht kalkulierbar. Aus ihrer Sicht haben<br />

die Kollegen Hülsmann und Schäfer also<br />

durchaus Recht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass Sie sich auf Ihr endodontisches<br />

Protokoll verlassen können, sieht<br />

man deutlich am Zahn 11. Schöne Ausheilung<br />

einer nicht gerade kleinen Aufhellung.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die ist bei indikationsgerechter<br />

Behandlung voraussagbar, <strong>Deppe</strong>. Da<br />

man die Qualität der Pfeiler naturgemäß<br />

nicht weiter verbessern kann, muss man in<br />

solchen Fällen die Zahntechnik indikationsgerecht<br />

modifizieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und das bedeutet, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wir verblocken die Teleskope<br />

gruppenweise über individuelle, parallel<br />

gefräste Stege, wie in den Abbildungen 7<br />

und 8 zu sehen. Dadurch stabilisieren wir<br />

die Einzelpfeiler und beseitigen das ständige<br />

Genackel, das - ganz abgesehen vom<br />

Kauen und besonders bei überfälligen<br />

Unterfütterungen - allein schon beim<br />

Aus- und Eingliedern entsteht. Gleichzeitig<br />

schränken wir die Frakturgefahr damit<br />

sehr drastisch ein. Wir erreichen durch diese<br />

einfache Modifikation, dass die wurzelbehandelten<br />

und anschließend primär<br />

verblockten Pfeiler nicht stärker, vielleicht<br />

sogar weniger frakturgefährdet sind als<br />

vitale Einzelteleskop-Pfeiler. In der Prothetik<br />

geht es ja in aller Regel eher um statische<br />

als um medizinische Probleme.<br />

<strong>Deppe</strong>: Interessanter Ansatz, <strong>Osswald</strong>.<br />

Wie sind Sie darauf gekommen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die primäre Verblockung über<br />

Stege ist in der implantatgetragenen<br />

Prothetik inzwischen klassisch und die<br />

am besten untersuchte Form der Versorgung.<br />

Was bei starken, osseointegrierten<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

Implantaten gut ist, kann bei schwachen<br />

natürlichen Pfeilern ja nicht schlecht sein.<br />

Stege gelten seit jeher als ausgezeichnete<br />

prothetische Verbindungselemente, wurden<br />

dann ohne stichhaltige Begründung<br />

verlassen und erleben gerade weltweit eine<br />

Renaissance.<br />

<strong>Deppe</strong>: Gibt es noch andere Vorteile, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Jede Menge, <strong>Deppe</strong>. Man kann<br />

viel eher auf Gaumenplatten verzichten.<br />

Schauen Sie einmal auf das Sekundärteil<br />

in den Abbildungen 9 und 10.<br />

<strong>Deppe</strong>: Friktion?<br />

<strong>Osswald</strong>: Durch die Stege wird die Friktionsfläche<br />

stark vergrößert. Das bedeutet,<br />

dass der Techniker die Abzugskräfte pro<br />

Flächeneinheit sehr viel geringer einstellen<br />

kann. Eine solche Arbeit gleitet – eine<br />

gute Zahntechnik vorausgesetzt - hinein<br />

und hinaus wie eine Tresortür.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die Hygienefähigkeit ist<br />

doch deutlich schlechter. Das war doch<br />

das wesentliche Argument <strong>für</strong> die Abkehr<br />

von Stegversorgungen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man die Zahntechnik<br />

entsprechend modifiziert, ist genau das<br />

Gegenteil der Fall. Einzelteleskope sind <strong>für</strong><br />

den Patienten ja nicht besonders einfach,<br />

sondern vielmehr besonders schwierig zu<br />

reinigen, weil dem Interdentalbürstchen<br />

das Hypomochlion fehlt. Schauen Sie auf<br />

die Abbildungen 8 und 11. Auf der Abbildung<br />

8 sieht man kleine Halbbögen, die<br />

wir unmittelbar neben den Primärteilen<br />

in den Steg fräsen. Da findet das Interdentalbürstchen<br />

ein ideales Hypomochlion.<br />

In der Folge sind die primär verblockten<br />

Teleskope deutlich leichter zu reinigen als<br />

Einzelteleskope. Im Mund sieht das dann<br />

aus wie in den Abbildungen 12 und 13.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was ist bei Erweiterungen?<br />

Abb.1: Ausgangsbefund mit desolatem Gebisszustand im Oberkiefer Abbildung 2<br />

59<br />

www.dental-barometer.de 02_2008


60 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

Abb.3: Zähne 11 und 12 nach WF Abb.4: Zahn 15 nach Revision Abb.5: Zahn 22 nach WF<br />

Abb.6: Zahn 27 nach WF<br />

Abb.11: Ausgezeichnete Hygienefähigkeit<br />

02_2008 www.dental-barometer.de<br />

Abb.7: Primäre Verblockung der Teleskope<br />

Abb.9: Sekundärteil Aufsicht von unten<br />

Abb.8: Von lateral<br />

Abb.10: Sekundärteil von vorn<br />

Abb.12: Primärteile im Mund Abb.13: Sekundärteil eingegliedert


<strong>Osswald</strong>: Erweitern kann man eine solche<br />

Arbeit natürlich genau so wie jede andere.<br />

In der Folge dieser modifizierten Technik<br />

ist das jedoch deutlich weniger häufig<br />

notwendig als bei herkömmlichen Versorgungen.<br />

Das zeigt unsere jahrelange Erfahrung.<br />

Grundbedingung ist, das kann<br />

man gar nicht oft genug wiederholen,<br />

natürlich immer der voraussagbare und<br />

langfristige Erfolg der endodontischen<br />

Versorgung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Unterfütterungen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Durch die solide Abstützung<br />

sinkt die Frequenz von notwendigen Unterfütterungen<br />

sehr deutlich ab. Dasselbe<br />

Phänomen beobachtet man ja auch bei<br />

implantatgetragenen Stegversorgungen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Logisch. Je solider die primäre<br />

Abstützung, desto weniger Genackel,<br />

desto weniger Knochenverlust, desto weniger<br />

Unterfütterungen. Zu Unterfütterungen<br />

bei kombinierten Arbeiten gäbe es<br />

allerdings noch etwas Grundsätzliches zu<br />

sagen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich kann mir denken, was Sie<br />

ansprechen. Man muss beim Unterfüttern<br />

kombinierter Arbeiten unbedingt darauf<br />

achten, dass die Ankerelemente in ihrer<br />

Sollposition stehen. Man muss also die<br />

Sekundärteile maximal in diese Position<br />

pressen und dort fixieren, bis der Abdruck<br />

hart ist. Die Sättel darf man überhaupt<br />

nicht belasten. Also in keinem Falle zubeißen<br />

lassen. Erstaunlicherweise habe ich<br />

noch nie einen Ausbildungs-Assistenten<br />

gehabt, der das wusste.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist ja eigentlich logisch. Wenn<br />

man die Sättel belastet, formt man wenig<br />

anderes als die alte Situation ab.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da muss man sich dann über<br />

Druckstellen nicht wundern. Die sehen<br />

wir bei indirekten Unterfütterungen nur<br />

in seltenen Ausnahmefällen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dezementieren?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist neben der erschwerten<br />

Hygienefähigkeit das Standardargument<br />

gegen Verblockungen. Zum einen muss<br />

man natürlich die <strong>für</strong> Ober- und Unterkiefer<br />

gültigen prothetischen Regeln<br />

beachten. Zum anderen muss man steil<br />

präparieren, also keine Tipi-Zelte beschleifen.<br />

Zum Dritten muss man lang<br />

präparieren, also ganz konsequent beachten,<br />

dass eine Krone weder auf der<br />

Aufbaufüllung noch auf dem Stift hält,<br />

sondern allein auf ausreichender Zahnsubstanz.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie gewährleisten Sie denn bei<br />

derart desolaten Pfeilern eine ausreichende<br />

Stumpflänge?<br />

<strong>Osswald</strong>: Indem ich bis zum Boden der<br />

Tasche präpariere, also ganz nahe an den<br />

Knochen heran. Wenn das bei extrem<br />

geschädigten Zähnen nicht ausreicht,<br />

scheue ich mich keineswegs, sogar eine<br />

zirkuläre Rille in den Knochen zu präparieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ohne Rücksicht auf die Schleimhaut?<br />

<strong>Osswald</strong>: Schleimhaut ist das dankbarste<br />

Gewebe von allen. Egal, wo man sie gerade<br />

antrifft. Wenn die Mundhygiene einwandfrei<br />

ist, heilt das Zahnfleisch wunderbar<br />

ab.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das entzündungsfreie Zahnfleisch<br />

folgt immer dem Knochen und legt sich<br />

ihm in dünner Schicht glatt und rosa an.<br />

<strong>Osswald</strong>: Jetzt fragen Sie schon, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was denn, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Frage, <strong>Deppe</strong>, die an dieser<br />

Stelle immer kommt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ach ja, richtig: Was ist eigentlich<br />

mit der biologischen Breite?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn ich vor die Frage gestellt<br />

werde, die biologische Breite oder den<br />

Zahn zu erhalten, entscheide ich mich als<br />

Allgemeinzahnarzt grundsätzlich <strong>für</strong> den<br />

Zahn. Bei indikationsgerechter Versorgung<br />

und situationsgerechter Mundhygiene<br />

bleibt der biologischen Breite gar nicht<br />

anderes übrig als sich neu einzustellen.<br />

Das macht sie übrigens - wissenschaftlich<br />

belegt - sogar nach chirurgischer Kronenverlängerung.<br />

Dass man in solchen Fällen<br />

keine ausgeprägte Hohlkehle präparieren<br />

kann, versteht sich von selbst.<br />

<strong>Deppe</strong>: Weil sonst nicht mehr genug<br />

Zahn übrigbleibt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Genau. Auf die abwegige Idee,<br />

auf einen Pfeiler zu verzichten, nur weil<br />

man keine ausgeprägte Hohlkehle präparieren<br />

kann, kommt man als Allgemeinzahnarzt<br />

erst gar nicht<br />

<strong>Deppe</strong>: Schäfer und Hülsmann empfehlen<br />

in ihrem Lehrbuch die chirurgische<br />

Kronenverlängerung und, wenn der Kofferdam<br />

dann immer noch nicht hält, die<br />

Extraktion.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch auf diese abwegige Idee<br />

kommt ein Allgemeinzahnarzt nicht.<br />

Unabdingbar ist, dass die Kronenränder<br />

rasierklingenscharf auslaufen. Ein entzündungsfreies,<br />

adäquat gepflegtes Zahnfleisch<br />

verträgt einen minimal tastbaren<br />

Kronenrand sehr wohl. Umgekehrt gilt<br />

das jedoch in keinem Fall.<br />

<strong>Deppe</strong>: Eine letzte Frage <strong>für</strong> heute, <strong>Osswald</strong>.<br />

Welche Zeitschrift bezeichnet der<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 8<br />

Volksmund eigentlich als Rentnerbravo?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Apotheken-Umschau,<br />

<strong>Deppe</strong>, die neue Publikationszeitschrift<br />

der „Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Endodontie<br />

und Traumatologie (AGET)“ innerhalb<br />

der „Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Zahnerhaltung.<br />

(DGZ)“ und der „Deutschen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Endodontie (DG-Endo)“<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong>: lebt in Münster. Er<br />

vertritt hier seine persönliche Meinung.<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong>: ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München, des<br />

BVAZ und Referent der Akademie <strong>für</strong><br />

praxisnahe Zahnheilkunde.<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Frankfurt: 12.04.2008<br />

Ì Kaiserslautern: 31.05.2008<br />

Ì Bad Wörrishofen: 07.06.2008<br />

Ì Hamburg: 28.06.2008<br />

Ì Berlin: 12.07.2008<br />

Ì Münster: September 2008<br />

Ì Köln/Bonn: Oktober 2008<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebühr: 249,- E (inkl.<br />

MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Dr. med. dent. Rüdiger <strong>Osswald</strong><br />

Fritz-Hommel-Weg 4<br />

D-80805 München<br />

Telefon: +49 (0)89 3618030<br />

Telefax: +49 (0)89 36100294<br />

E-Mail: ruediger.osswald@t-online.de<br />

Internet: www.tarzahn.de<br />

61<br />

www.dental-barometer.de 02_2008


54 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

<strong>Osswald</strong>: Wissen Sie, was ein EIE ist,<br />

<strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein „E“ zuviel am Ende, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich muss doch sehr bitten,<br />

<strong>Deppe</strong>. Den beschreibt der in Hamburg<br />

als Endodontologe niedergelassene Kollege<br />

Bargholz in der Dezemberausgabe der<br />

ZMK.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was soll das sein?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der „Endodontic Interappointment<br />

Emergency“, <strong>Deppe</strong>, also der<br />

endodontische Notfall zwischen zwei Sitzungen,<br />

wenn die Wurzelkanäle in erster<br />

Sitzung nicht definitiv abgefüllt wurden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Also dasselbe wie ein EIF?<br />

<strong>Osswald</strong>: Kein „F“ zuviel am Ende, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich muss doch sehr bitten, <strong>Osswald</strong>.<br />

Das ist der „Endodontic Interappointment<br />

Flare-up”, also die Exazerbation<br />

nach provisorischem Verschluss des<br />

oralen Zugangs zwischen zwei endodontischen<br />

Sitzungen zum nach wie vor akuten<br />

bakteriellen Infekt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Den erleben diejenigen, die<br />

trotz manifester Gangrän in jeden aufbereiteten<br />

Zahn ein biologisch verträgliches<br />

Desinfektionsmittel wie Ca(OH)2<br />

einrotieren und den Zahn primär dicht<br />

verschließen, ja öfter zum Leidwesen ihrer<br />

Patienten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist ja auch logisch. Wenn der<br />

Schmuddel nicht raus kann, breitet er sich<br />

nach innen aus. Das wusste Hippokrates<br />

schon vor 2500 Jahren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da wundert es nicht, dass es<br />

da<strong>für</strong> endlich auch amerikanische Ausdrücke<br />

gibt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zum Glück bahnt sich der Eiter<br />

seinen Weg in aller Regel in die vestibuläre<br />

Umschlagsfalte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Aber wehe, er verläuft sich einmal<br />

in die tiefen Logen. Dann kann sich<br />

das sehr schnell zu einer lebensbedrohlichen<br />

Erkrankung ausweiten, wegen der<br />

der Patient auf der Intensi<strong>vs</strong>tation landet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn man trotzdem irgendwie<br />

03_2008 www.dental-barometer.de<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

Beschwerdefreiheit erreicht, also beispielsweise,<br />

indem man Antibiotika verordnet,<br />

ohne den zugrunde liegenden bakteriellen<br />

Infekt vor dem definitiven Verschluss vollständig<br />

auszuheilen,…<br />

<strong>Osswald</strong>: ... was allerdings mit Antibiotika<br />

allein in keinem Fall gelingen kann,…..<br />

<strong>Deppe</strong>: ... kommt es dann zum EPD.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie meinen?<br />

<strong>Deppe</strong>: Dem „Endodontic Posttreatment<br />

Desease“, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Amerikanische Endodontologen-Akrobatik,<br />

<strong>Deppe</strong>: „Erkrankung<br />

nach behandelter Erkrankung“. Das muss<br />

man sich mal ganz langsam auf der Zunge<br />

zergehen lassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Früher hieß das schlicht und<br />

einfach „Dicke Backe nach missglückter<br />

Wurzelbehandlung“.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie hört sich das denn an,<br />

<strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Nach der Wahrheit, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: So direkt kann man die in unseren<br />

modernen Zeiten wohl nicht mehr<br />

aussprechen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kann man oder soll man nicht?<br />

<strong>Osswald</strong>: „Das ist mir jetzt aber unendlich<br />

peinlich, Frau Meier. Wenn ich mich<br />

an den seit 2500 Jahren gültigen Lehrsatz<br />

von Hippokrates „Ubi pus, ibi evacua“ gehalten<br />

hätte, hätte ich Ihnen die dicke Backe<br />

mit guter Wahrscheinlichkeit ersparen<br />

können. Das habe ich jetzt irgendwie richtig<br />

vermasselt!“<br />

<strong>Deppe</strong>: Da haben Sie Recht. Das klingt<br />

nun wirklich ganz schlecht. So drückt<br />

sich allenfalls ein Hauszahnarzt mit eingeschränktem<br />

Behandlungsspektrum aus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da hört sich das doch gleich viel<br />

spezialisierter an: „Was haben wir denn<br />

da im Röntgenbild <strong>für</strong> einen hässlichen<br />

dunklen Fleck über Ihrer Wurzelspitze,<br />

Herr Müller? Der war doch vorher nicht<br />

da! Sieht ganz so aus, als hätten Sie da ein<br />

Posttreatment Deseasechen entwickelt,<br />

mein Lieber!“<br />

<strong>Deppe</strong>: Da braucht man dann auch gar<br />

nicht mehr hinzufügen „Habe ich Ihnen<br />

eigentlich schon erzählt, mein Bester, dass<br />

ich mich in den USA fortgebildet habe?“<br />

<strong>Osswald</strong>: Und dann schreibt Kollege<br />

Bargholz noch, dass es unter „Praktikern“<br />

oftmals Usus ist, hochakute gangränöse<br />

Zähne temporär offen zu lassen, obwohl<br />

das doch nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand<br />

der Spezialisten nicht erforderlich<br />

ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da sind wir Allgemeinzahnärzte<br />

schon ein ordentliches Stück weiter. Vielleicht<br />

sollte er sich einmal fragen, warum<br />

er grundsätzliche medizinische Lehrsätze<br />

nicht befolgt und in der Folge über EIEs,<br />

EIFs und EPDs berichten muss.<br />

<strong>Osswald</strong>: In seine von der DGZMK veröffentlichen<br />

endodontischen Leitlinien<br />

hat er wohl auch schon lange nicht mehr<br />

reingeschaut. Da steht neuerdings, dass es<br />

sinnvoll ist, Zähne mit intradentalem Abszess<br />

temporär offen zu lassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Unter Kofferdam <strong>Osswald</strong>? Da<br />

sind sicher wieder wir dran schuld.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wer da<strong>für</strong> verantwortlich ist,<br />

ist doch völlig egal, <strong>Deppe</strong>. Hauptsache,<br />

es steht endlich drin und alle halten sich<br />

daran. Schauen Sie mal auf Abbildung 1.<br />

Die stammt von Oktober 1995. Zustand<br />

nach VitE.<br />

<strong>Deppe</strong>: Messaufnahme an den Zähnen<br />

46 und 47 ohne röntgenologisch diagnostizierbare<br />

apikale Aufhellung.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die erste Verlaufskontrolle im<br />

Oktober 98 zeigt apikale Aufhellungen an<br />

allen Wurzelspitzen nach im Großen und<br />

Ganzen beschwerdefreiem Verlauf. Und<br />

das wohlgemerkt trotz ausgesprochen ordentlicher<br />

Aufbereitung und Wurzelfüllung<br />

(Abbildung 2). Fast schon ein „amazing<br />

shape“.<br />

<strong>Deppe</strong>: So läuft es eben, wenn der zugrunde<br />

liegende bakterielle Infekt vor dem definitiven<br />

Abfüllen nicht vollständig ausgeheilt<br />

wurde. ViTE hin oder her. Man kann<br />

die akute Pulpitis eben klinisch nicht von<br />

der partiellen Gangrän unterscheiden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nicht einmal unter dem Mikroskop,<br />

<strong>Deppe</strong>. Vielleicht ist ja deshalb der


Abb.1: VitE, WK und WF im Oktober 1995 ohne apikale Aufhellungen<br />

Abb.3: Zustand nach 1. WSR im November 1998<br />

Ausdruck „Partielle Gangrän“ aus der Nomenklatur<br />

der als modern auftretenden<br />

Endodontologie plötzlich verschwunden.<br />

Dabei hat Otto Walkhoff schon vor beinahe<br />

100 Jahren histologisch nachgewiesen,<br />

dass es sie in einem erklecklichen<br />

Prozentsatz sehr wohl gibt. Und das auch<br />

in Fällen, die klinisch als astreine akute<br />

Pulpitis imponieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: In der logischen Folge hat er seinen<br />

Kollegen geraten, die Virulenz der <strong>für</strong><br />

den Infekt verantwortlichen Bakterien<br />

zum eigenen und zum Wohle der Patienten<br />

besser zu über- als zu unterschätzen.<br />

Daran hat sich bis heute nichts geändert.<br />

Und daran wird sich auch nichts ändern.<br />

Ätiologie und Pathogenese der bakteriellen<br />

Endodontitis sind schließlich seit nahezu<br />

100 Jahren vollständig aufgeklärt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Um den Infekt dann vielleicht<br />

doch noch in den Griff zu bekommen,<br />

erfolgt die erste WSR (Abbildung 3, November<br />

1998). Wenn Behandler und Patient<br />

Glück haben, wird die Keimzahl dabei<br />

chirurgisch in einem Maße reduziert, dass<br />

die Immunabwehr des Patienten mit dem<br />

Rest allein fertig werden kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn einer von beiden Pech hat,<br />

oder das Immunsystem nicht so leistungsfähig<br />

ist…..<br />

<strong>Osswald</strong>:... kommt es einige Zeit später<br />

zur Exazerbation und zur 2. WSR (Abbildung<br />

4, November 1999).<br />

<strong>Deppe</strong>: Patient und Behandler hoffen natürlich,<br />

dass der diesmal beauftragte Chirurg<br />

begnadete Hände hat….<br />

<strong>Osswald</strong>:... aber leider zeigt eine neuerliche<br />

röntgenologische Verlaufskontrolle<br />

im November 2002 (Abbildung 5, Folgeseite),<br />

dass die Resektionshöhlen wieder<br />

nicht röntgenologisch knochendicht ausgeheilt<br />

sind, …<br />

<strong>Deppe</strong>: ... was ein ausgesprochen<br />

schlechtes Zeichen ist. Natürlich kann es<br />

nach Resektion auch einmal zur bindegewebigen<br />

Ausheilung des Knochendefekts<br />

kommen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Hammerscher Restschatten!<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

Abb.2: Verlaufskontrolle im Oktober 98 mit Ausbildung von apikalen Aufhellungen<br />

an allen Wurzelspitzen<br />

Abb.4: Exazerbation im November 1999 und 2. Resektion<br />

<strong>Deppe</strong>: Sehr gut, <strong>Osswald</strong>! Leider ist die<br />

bindegewebige Ausheilung - genau wie in<br />

der konservierenden Endodontie - aber die<br />

seltene Ausnahme von der Regel.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und so nimmt das häufig als<br />

„schicksalhaft“ bezeichnete Geschehen<br />

mangels Reduzierung der Keimzahl durch<br />

die zahnärztliche Behandlung und/oder<br />

nicht ausreichend leistungsfähigem Immunsystem<br />

des Patienten seinen Verlauf.<br />

Nach Fistelbildung an 46 und nochmals<br />

vergrößerter Aufhellung an 47 (Abbildung<br />

6, Folgeseite) gehen beide Zähne den Weg<br />

alles Irdischen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Typischer Verlauf einer missglückten<br />

Wurzelkanalbehandlung im<br />

Doppelpack!<br />

<strong>Osswald</strong>: Können Sie sich bitte diese<br />

typisch hauszahnärztliche Diktion abgewöhnen,<br />

an der man sofort Ihr eingeschränktes<br />

Behandlungsspektrum erkennt,<br />

<strong>Deppe</strong>?: „Schicksalhafter Verlauf<br />

nach wiederholtem Endodontic Emergency<br />

und Interappointment Flare-up<br />

55<br />

www.dental-barometer.de 03_2008


56 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

Abb. 5: VK im November 2002 ohne röntgenologisch knochendichte Ausheilung<br />

der Resektionshöhlen<br />

wegen rezidivierendem, trotz Einleitung<br />

aller zahnrettender Maßnahmen nicht<br />

beherrschbarem Posttreatment Desease“<br />

lautet die korrekte Epikrise.<br />

<strong>Deppe</strong>: Entschuldigen Sie, <strong>Osswald</strong>, aber<br />

ich hatte bisher leider noch keine Gelegenheit,<br />

mich in den USA weiterzubilden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Apropos Walkhoff, <strong>Deppe</strong>. Wir<br />

haben uns schon wieder ein Editorial eingefangen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wo?<br />

<strong>Osswald</strong>: In der Zeitschrift Endo dontie.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wer?<br />

<strong>Osswald</strong>: Kollege Gängler, Witten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was?<br />

<strong>Osswald</strong>: Was er am Anfang über die<br />

Unterversorgung der Bevölkerung mit<br />

ordentlicher zahnerhaltender Endodontie<br />

im Gegensatz zu Überversorgung und<br />

ethischem Dilemma von Ersatzstrategien<br />

sagt, kann man uneingeschränkt unterschreiben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auch wenn er schreibt, dass bei<br />

der Lösung dieses Problems kein Weg an<br />

den Allgemeinzahnärzten vorbei führt<br />

…..<br />

<strong>Osswald</strong>: ... und Spezialisten allenfalls<br />

zur Lösung von Sonderfällen erforderlich<br />

sind .….<br />

<strong>Deppe</strong>: ... sehe ich keinen Grund, ihm<br />

zu widersprechen. Schließlich bilden<br />

Füllungstherapie, Endodontie, Parodontologie<br />

und Einzelkronen die Basis<br />

der Zahnerhaltung. Es wäre schon recht<br />

merkwürdig, wenn man dazu Fachzahnärzte,<br />

Master oder sonstige Spezialisten<br />

bräuchte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Leider verrät er uns nicht, wie er<br />

die von ihm postulierte Verbesserung der<br />

Volksgesundheit erreichen will. Mit dem<br />

an den Hochschulen gelehrten Endodontieprotokoll<br />

nach dem sogenannten Gold-<br />

03_2008 www.dental-barometer.de<br />

standard ist das ja erwiesenermaßen nicht<br />

zu schaffen. Das gilt international schon<br />

seit einigen Jahren als gescheitert und hat<br />

in mindestens den letzten 60 Jahren zu<br />

keinerlei Fortschritt bei der Behandlung<br />

der bakteriellen Endodontitis geführt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nicht einmal in den gelobten<br />

Ländern. Gerade ist in Schweden eine<br />

neue Studie von Eckerbom, Flygare und<br />

Magnusson veröffentlicht worden: „A<br />

20-year follow-up study of endodontic<br />

variables and apical status in a Swedish<br />

population.“ Das Ergebnis musste wie<br />

folgt zusammengefasst werden: „Es konnte<br />

keine Verbesserung bei der apikalen<br />

Gesundheit während der letzten 20 Jahre<br />

konstatiert werden!“<br />

<strong>Osswald</strong>: Offensichtlich scheint niemand<br />

der deutschen Endodontologen – ganz im<br />

Gegenteil zu den südamerikanischen, die<br />

aber offensichtlich nicht ernst genommen<br />

werden – auch nur den Hauch einer Idee<br />

zu haben, wie man diesen unsäglichen<br />

Zustand verbessern könnte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man wartet ganz offensichtlich<br />

darauf, dass die US-Amerikaner etwas<br />

Neues herausfinden, dass man dann nacherzählen<br />

kann.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das war vor dem 2. Weltkrieg<br />

einmal ganz anders, <strong>Deppe</strong>, da wurden die<br />

weltweit gültigen Standards wissenschaftlicher<br />

Zahnheilkunde in den deutschsprachigen<br />

Ländern gesetzt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum so fett, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Einmal als Herrenmensch tituliert<br />

zu werden, nur weil man unachtsam<br />

„Deutschland“ statt „deutschsprachige<br />

Länder“ geschrieben hat, reicht einem <strong>für</strong><br />

den Rest seines Lebens, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auch wenn „Deutschland“, insbesondere<br />

die Endodontie betreffend, ausgesprochen<br />

nahe an der Wahrheit liegt.<br />

Abb. 6: Im August 2007 Extraktion beider Zähne nach erneuter Exazerbation<br />

mit Fistelbildung am 46 und ausgeweiteter Aufhellung an 47<br />

<strong>Osswald</strong>: Daran wird sich auch dadurch<br />

nichts ändern, dass sich Kollege Gängler<br />

am Schluss seines Editorials nahtlos in<br />

die Reihe derjenigen deutschen Hochschullehrer<br />

einreiht, die die Leistungen<br />

des wohl genialsten Endodontologen und<br />

vielleicht auch Zahnarztes aller Zeiten,<br />

Prof. Dr. med. Dr. med. dent. et Dr. phil.<br />

Otto Walkhoff, zu ignorieren und totzuschweigen<br />

bemüht sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wörtlich schreibt er: „Wir können<br />

deshalb gut auf naive Mythen und autoritätssüchtige<br />

Dogmen verzichten, die über<br />

die „Herdlehre“ erst zum Exodontismus<br />

und dann zu massenhaften Wurzelspitzenresektionen<br />

führten und in der Mitte des<br />

vergangenen Jahrhunderts die Endodontologie<br />

als wissenschaftliche und klinische<br />

Disziplin fast zu Grabe trugen. Dank ihrer<br />

Stammväter Adolph Witzel, Bernhard<br />

Hermann und Kaare Langeland, deren<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse und klinischen<br />

Schlussfolgerungen die moderne<br />

Endodontologie prägen, ist es heute ein so<br />

bedeutendes klinisches Fachgebiet.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Bei dieser Aufzählung Otto<br />

Walkhoff nicht zu erwähnen, ist nachgerade<br />

unverzeihlich. Einmal ganz abgesehen<br />

davon, dass Zahnheilkunde das Fachgebiet<br />

ist und die Endodontologie allenfalls<br />

eine ihrer Disziplinen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da weiß man gleich gar nicht,<br />

wie man das bewerten soll. Unkenntnis<br />

der Geschichte der Zahnheilkunde ist<br />

schließlich das Letzte, was man einem<br />

Hochschullehrer unterstellen möchte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dann konzentrieren wir uns<br />

am bBsten auf das, was belegbar falsch ist,<br />

<strong>Deppe</strong>. Die so genannte „Fokaltheorie“,<br />

also die Lehre, dass jeder pulpatote Zahn<br />

einen „Herd“ darstellt, schwappte am Anfang<br />

des letzten Jahrhunderts aus den USA


KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

Abb.7: Ausgangsbefund im Dezember 1995 bei Zustand der WSR Abb.8: Exazerbation mit vestibulärer Abszessbildung im Oktober 2005<br />

nach Europa. Devitale Zähne galten mit<br />

einem Male als ursächlich verantwortlich<br />

<strong>für</strong> alles medizinische Elend dieser Welt.<br />

Von Rheuma über Hämorrhoiden bis hin<br />

zum Krebs.<br />

<strong>Deppe</strong>: Unzählige Patienten haben in der<br />

Folge ihre Zähne verloren, ihr Rheuma jedoch<br />

behalten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es war ohne jeden Zweifel Otto<br />

Walkhoff, der die moderne Endodontologie<br />

wissenschaftlich begründet und die<br />

Herdtheorie in seiner bereits 1931 veröffentlichten<br />

Streitschrift „Das Problem<br />

der dentalen Fokalinfektion und ihrer<br />

Bekämpfung durch die konservierende<br />

Zahnheilkunde“ sehr eindrucksvoll widerlegt<br />

hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Erreicht hat er das, indem er dem<br />

rein mechanistischen Therapieansatz der<br />

Amerikaner, in dem sie bis heute verhaftet<br />

sind, einen medizinischen Therapieansatz<br />

entgegen gestellt hat.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dessen Überlegenheit wurde zur<br />

Mitte des letzten Jahrhunderts von Castagnola<br />

durch eine Studie an 1000 Zähnen<br />

belegt, die nach der Walkhoff-Methode<br />

behandelt worden waren. Die Ausheilung<br />

apikaler Ostitiden gelang schon damals in<br />

einen mit heute vergleichbar hohen Prozentsatz.<br />

Seitdem keinerlei Fortschritt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und dies trotz aller mechanischer<br />

Behinderung, mit der die Kollegen damals<br />

fertig werden mussten. Peso-Bohrer,<br />

Beutelrock-Bohrer, Walkhoff-Erweiterer<br />

…..<br />

<strong>Osswald</strong>: Kein Wunder also, dass es keinen<br />

Fortschritt gibt. Die Altvorderen waren<br />

in der Mechanik behindert, die als<br />

modern auftretenden Endodontologen<br />

sind es in der Desinfektion. Der Schlüssel<br />

zum Erfolg ist, beide Strategien miteinander<br />

zu kombinieren, also ordentlich<br />

aufbereiten und genau so sorgfältig wie<br />

geduldig desinfizieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Eigentlich das Einfachste der Welt<br />

und völlig logisch.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dies insbesondere vor dem Hintergrund,<br />

dass ein hohler Zahn nachgerade<br />

optimale anatomische Bedingungen<br />

<strong>für</strong> die Anwendung wirklich potenter<br />

Desinfektionsmittel bietet.<br />

<strong>Deppe</strong>: In der Folge seiner Arbeiten hatte<br />

die Herdlehre zur Mitte des letzten<br />

Jahrhunderts in Europa ihre Bedeutung<br />

bereits weitgehend verloren, wie man in<br />

der 1954 von Walter Hess, Zürich, vollständig<br />

überarbeiteten 5. Auflage des<br />

1921 erstmals erschienenen Walkoffschen<br />

„Lehrbuches der konservierenden Zahnheilkunde“<br />

nachlesen kann.<br />

<strong>Osswald</strong>: Bernhard Hermann?<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Ahnung. Vielleicht hat er<br />

ja das Ca(OH)2 in die Endodontologie<br />

eingeführt, das die Endodontologen uns<br />

Allgemeinzahnärzten noch heute als alleiniges<br />

Mittel der Wahl verkaufen wollen,<br />

obwohl es von Walkhoff bereits vor 80<br />

Jahren als <strong>für</strong> die Behandlung der bakteriellen<br />

Endodontitis viel zu milde wirkendes<br />

Antiseptikum bezeichnet und verworfen<br />

wurde.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Witze, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich verstehe nicht, welcher tiefere<br />

Sinn dahinter steckt, dass die deutschen<br />

Hochschullehrer den Namen Walkhoff<br />

meiden wie der Teufel das Weihwasser.<br />

Immerhin nehmen sie da<strong>für</strong> in Kauf, die<br />

Geschichte der Zahnheilkunde nicht historisch<br />

sauber zu lehren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Frage ist leicht zu beantworten.<br />

Walkhoff hat das mechanistische<br />

Protokoll, das - in dem allgemeinen Bestreben,<br />

nach dem verlorenen 2. Weltkrieg<br />

genau so toll zu werden wie die US-Ameri-<br />

kaner - auch in Deutschland gelehrt wird,<br />

bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />

ad absurdum geführt. Zu Anfang dieses<br />

Jahrhunderts hat nun Kollege Nair aus<br />

Zürich in einer beeindruckenden prospektiven<br />

klinischen Studie <strong>für</strong> die als modern<br />

auftretende Endodontologie genau das<br />

belegt, was Walkhoff bereits vor beinahe<br />

einem Jahrhundert wissenschaftlich erforscht<br />

und veröffentlicht hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da hör ich sie wieder, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Stimmen, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich muss doch sehr bitten <strong>Osswald</strong>,<br />

die trappsende Nachtigall natürlich.<br />

Wenn man jetzt Otto Walkhoff nicht in<br />

der endodontischen Lücke der Geschichte<br />

der Zahnheilkunde verschwinden lassen<br />

würde, dann würde unübersehbar, dass<br />

…..<br />

<strong>Osswald</strong>: Egal, <strong>Deppe</strong>. Zurück zur genau<br />

so praktischen wie praktizierbaren und<br />

in aller Regel voraussagbar erfolgreichen<br />

Endodontie. Dass es auch anders geht<br />

als im ersten Beispiel, zeigt der nächste<br />

Fall. Schauen Sie auf Abbildung 7: 1995,<br />

Zustand nach WF und WSR vor einigen<br />

Jahren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hammerscher Restschatten!<br />

<strong>Osswald</strong>: In diesem Fall wohl eine Fehldiagnose.<br />

Keine bindegewebige Ausheilung,<br />

sondern der Aufhellung gebliebene Beleg<br />

<strong>für</strong> ein Gleichgewicht zwischen Angriff<br />

und Abwehr, das viele Jahren bestehen,<br />

aber auch plötzlich zusammenbrechen<br />

kann, wie wir hier sehen. Röntgenologisch<br />

kann man die Differentialdiagnose leider<br />

nicht stellen. Noch einmal resizieren oder<br />

konservierend revidieren würde man ohne<br />

klinische Symptomatik sicher aber auch<br />

nicht. Das ist das Dilemma.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da bleibt dann nur Abwarten und<br />

Kontrollieren.<br />

57<br />

www.dental-barometer.de 03_2008


58 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

Abb.9: Unmittelbar nach WF im Februar 2006 bei klinischer<br />

Beschwerdefreiheit<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Abbildung 8 zeigt den Zustand<br />

nach Exazerbation mit vestibulärer<br />

Abszessbildung 10 Jahre später im Oktober<br />

2005 anlässlich der Revision.<br />

<strong>Deppe</strong>: Posttreatment desease!<br />

<strong>Osswald</strong>: Abbildung 9 zeigt die Kontrollaufnahme<br />

unmittelbar nach WF im Februar<br />

2006 bei klinisch vollständiger Beschwerdefreiheit.<br />

Und Abbildung 10 zeigt<br />

die erste Verlaufskontrolle im November<br />

2007. Klinisch ist die Patientin nach wie<br />

vor völlig beschwerdefrei, und der Zahn<br />

ist voll belastbar.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die röntgenologisch knochendichte<br />

Ausheilung ist nahezu abgeschlossen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Bei einem solchen, klinisch<br />

Die Redaktion in eigener Sache:<br />

Der in der Dental Barometer Ausgabe<br />

02/2006 erschienene Grundsatzartikel<br />

des Herrn Dr. Dr. <strong>Osswald</strong> „Die indikationsgerechte<br />

Behandlung der Endodontitis“<br />

leitete diese Diskussionsrunde, an<br />

der sich äußerst viele Leser erfreuen und<br />

teilnehmen, ein.<br />

Auf Grund vieler Anfragen bei uns<br />

im Verlag hierzu, bieten wir Ihnen folgenden<br />

kostenlosen Service: Laden Sie<br />

sich den Beitrag und die <strong>Kolumne</strong> 2007<br />

unter www.dental-barometer.de herunter.<br />

Schreiben Sie uns an: redaktion@<br />

dental-barometer.de, mit dem Vermerk<br />

in der Betreffzeile „<strong>Deppe</strong> <strong>vs</strong>. <strong>Osswald</strong><br />

2007“.<br />

03_2008 www.dental-barometer.de<br />

und röntgenologisch belegtem, positiven<br />

Verlauf kann man mit sehr guter Wahrscheinlichkeit<br />

voraussagen, dass die vollständige<br />

Ausheilung innerhalb weniger<br />

Jahre abgeschlossen und das überpresste<br />

Wurzelfüllmaterial unter knochendichter<br />

Ausheilung vollständig resorbiert sein<br />

wird. Das zeigt die jahrelange Erfahrung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und solche Fälle sind wirklich voraussagbar<br />

erfolgreich?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das kommt ganz darauf an,<br />

einen wie viel prozentigen Erfolg man<br />

voraussagen will. Für den jeweiligen individuellen<br />

Einzelfall kann man das ja nie.<br />

Selbst bei 99 % Erfolgsquote trifft es rein<br />

statistisch einen von 100 Patienten. Wie<br />

soll man da voraussagen, wer das sein<br />

wird?<br />

<strong>Deppe</strong>: Nach der wissenschaftlichen Literatur<br />

erreichen die Endodontologen bei<br />

Revisionen von wurzelbehandelten Zähnen<br />

mit röntgenologisch nachgewiesener<br />

apikaler Ostitis eine Ausheilungsquote<br />

von nur knapp 60 %.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich will ja nicht strunzen - und<br />

kann das jetzt natürlich auch nicht spontan<br />

mit exakten Zahlen belegen - aber<br />

diese 60 % erreichen wir gefühlsmäßig<br />

bereits bei der Revision exazerbierender,<br />

bereits resizierter Zähne. Es kommt natürlich<br />

immer auf die Virulenz und Renitenz<br />

der Keime und den Umfang der infizierten<br />

Bereiche an. Voraussagen kann man den<br />

Erfolg bei einer derart langen Anamnese<br />

im Einzelfall sicher nicht. Es unter Einsatz<br />

indizierter Behandlungsprotokolle zu<br />

probieren, lohnt sich <strong>für</strong> Zahnarzt und<br />

Patient jedoch allemal.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da bleibt kaum mehr etwas zu sagen,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

Abb.10: Verlaufskontrolle bei anhaltender Beschwerdefreiheit und<br />

röntgenologisch nahezu abgeschlossener knochendichter Ausheilung im<br />

November 2007<br />

<strong>Osswald</strong>: Nichtsdestotrotz müssen wir<br />

einen würdigen Abschluss <strong>für</strong> die heutige<br />

Folge finden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was schlagen Sie vor?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wir könnten den Endodontologen<br />

ja ein paar aufmunternde Worte zurufen,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zum Beispiel?<br />

<strong>Osswald</strong>: „Die Grundlage erfolgreicher<br />

Endodontie ist die Infektionskontrolle,<br />

also die Elimination des bakteriellen<br />

Infektes. Dies ist eine universell gültige<br />

Wahrheit, die sowohl <strong>für</strong> den Allgemeinzahnarzt<br />

als auch <strong>für</strong> den technisch hochgerüsteten<br />

Spezialisten gilt.“<br />

<strong>Deppe</strong>: Whitworth, 2006!<br />

<strong>Osswald</strong>: Bravo, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Mit der alleinigen Anwendung<br />

von „biologisch verträglichem“ Ca(OH)2,<br />

dessen Anwendung die Endodontologen<br />

den Allgemeinzahnärzten in ihren Leitlinien<br />

als Mittel der Wahl gerne vorschreiben<br />

möchten, wird das aber ganz offensichtlich<br />

nicht gelingen, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: „Das vermag nur eine möglichst<br />

lange, <strong>für</strong> Wochen und Monate anhaltende<br />

Wirkung von genügend starken<br />

Kampfmitteln auf die Mikroorganismen<br />

zu erzielen.“<br />

<strong>Deppe</strong>: Walkhoff, 1929!<br />

<strong>Osswald</strong>: Setzen, <strong>Deppe</strong>, sehr gut! Je eher<br />

die Hochschule das tief verinnerlicht und<br />

endlich in Lehre umsetzt, desto besser <strong>für</strong><br />

die Volksgesundheit, deren Verbesserung<br />

primäres Ziel jeglichen ärztlichen Handelns<br />

ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Über die Frage, ob wir zur Lösung<br />

dieses aus internationaler Sicht mittlerweile<br />

auch in Deutschland nicht mehr<br />

zu übersehenden Problems nun wirklich


Generalisten und Spezialisten brauchen,<br />

kann man trefflich streiten ...<br />

<strong>Osswald</strong>:... in keinem Fall aber darüber,<br />

dass, wer immer auch endodontisch behandelt,<br />

vor dem definitiven Verschluss<br />

des Zugangs zum Ort des Geschehens, die<br />

<strong>für</strong> den bakteriellen Infekt verantwortlichen<br />

Bakterien möglichst vollständig<br />

eliminieren muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das hat der Kollege Schaffarzik<br />

anlässlich einer Diskussion auf der<br />

Logies-Liste sehr schön auf den Punkt<br />

gebracht: „... und genau dies ist das eigentliche<br />

Problem, meine Damen und<br />

Herren. Wenn man dann nach Jahren des<br />

Feilens und Fummelns Frust schiebt, weil<br />

die Erfolgsraten dürftig sind, ist es kein<br />

Wunder, dass die Endo zum Stiefkind<br />

und nur noch halbherzig betrieben wird.<br />

Anstatt den Kollegen weiszumachen, sie<br />

bräuchten ein Mikroskop und einen Master,<br />

muss man ihnen den Spaß und den<br />

Ehrgeiz bei der Endo zurückgeben. Das<br />

geht nur mit Erfolgserlebnissen. Ich habe<br />

diese Erfolgserlebnisse, seit ich das endodontische<br />

Protokoll des Kollegen <strong>Osswald</strong><br />

anwende. Seither ist auch mein Ehrgeiz,<br />

ordentliche Endos zu machen um 200 %<br />

angestiegen. Und damit erübrigt sich in<br />

aller Regel auch die Überweisung zum<br />

Spezialisten.“<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong> ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München, Geschäftsführer<br />

des BVAZ und Referent der<br />

Akademie <strong>für</strong> Praxisnahe Zahnheilkunde<br />

(APZ).<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong> lebt in Münster. Er<br />

vertritt hier seine ganz persönliche, eigene<br />

Meinung.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Dr. med. dent. Rüdiger <strong>Osswald</strong><br />

Fritz-Hommel-Weg 4<br />

D-80805 München<br />

Telefon: +49 (0)89 3618030<br />

Telefax: +49 (0)89 36100294<br />

E-Mail: ruediger.osswald@t-online.de<br />

Internet: www.tarzahn.de<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 9<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Kaiserslautern: 31.05.2008<br />

Ì Bad Wörrishofen: 07.06.2008<br />

Ì Hamburg: 28.06.2008<br />

Ì Berlin: 12.07.2008<br />

Ì Münster: 13.09 2008<br />

Ì Köln/Bonn: Oktober 2008<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebühr: 249,- E (inkl. MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

Flexibilität in Form und Service<br />

Unsere Möbellinien <strong>für</strong> Ihre Praxis, Rezeption oder Labor:<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

VERANET schlichte Eleganz - kostengünstig, eff ektiv und funktionell<br />

MALUMA innovatives Design - modernes Dekor mit mehr Flexibilität<br />

FRAMOSA hochwertig & funktionell - einzigartige Raumausnutzung<br />

VOLUMA round & straight - exklusives Design <strong>für</strong> hohe Ansprüche<br />

Ihre Vorteile:<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Farbenvielfalt - 180 RAL-Farben ohne Aufpreis<br />

Optimale Platzausnutzung - große Schubladen<br />

Sonderanfertigung nach speziellen Wünschen<br />

Keine Lieferkosten<br />

Friedrich-Ebert-Straße 28A - 99830 Treff urt<br />

Telefon: +49 (0) 3 69 23 / 8 08 84<br />

Telefax: +49 (0) 3 69 23 / 5 13 04<br />

E-Mail: service@le-is.de<br />

Internet: www.le-is.de<br />

Aktionsangebot:<br />

5er-Praxiszeile FRAMOSA schon ab:<br />

(zzgl. MwSt. Verkauf nur über den Fachhandel.)<br />

� 5.758,-<br />

Anzeige<br />

59<br />

www.siriusmedia.de


54 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

<strong>Deppe</strong>: Mal ehrlich, <strong>Osswald</strong>, wie lange<br />

wollen Sie sich das noch antun?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie meinen, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: So stur wider den Stachel löcken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Fachlich oder berufspolitisch?<br />

<strong>Deppe</strong>: Sowohl als auch, <strong>Osswald</strong>. Das<br />

ist doch hochgradig anstrengend. Warum<br />

machen Sie das?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil ich neben dem Saupark in<br />

Niedersachsen geboren bin, in Westfalen<br />

aufgewachsen und seit 30 Jahren in Bayern<br />

lebe?<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie Ärmster! Als Sturkopp geboren<br />

und immer unter Sturköppen gelebt.<br />

Wie heißt es noch? Man muss schon einen<br />

Scheffel Salz mit einem westfälischen<br />

Bauern gegessen haben….<br />

<strong>Osswald</strong>: Versenkt, <strong>Deppe</strong>! Mein Großvater<br />

war tatsächlich ein sturköpfiger<br />

Landwirt in Thüringen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ihr Vater?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ausgesprochen sturköpfiger<br />

Physiker.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und Ihre Mutter?<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch nicht von schlechten Eltern.<br />

Sturköpfige Tuchhändlerstochter im<br />

Freistaat Danzig.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie sind Sie nach Bayern gekommen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Auf der Flucht nach Italien in<br />

München hängen geblieben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wegen der Berge?<br />

<strong>Osswald</strong>: Gab’s da damals schon Berge?<br />

<strong>Deppe</strong>: Jetzt aber mal im Ernst, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Fachlich, solange die Endodontologen<br />

uns Allgemeinzahnärzten und<br />

neuerdings auch unseren Patienten über<br />

die Regenbogenpresse unter billigender<br />

Inkaufnahme der Falschinformation und<br />

Unkollegialität ein nicht indikationsgerechtes<br />

und international bereits als gescheitert<br />

angesehenes Behandlungsprotokoll<br />

als lege artis regelrecht „verkaufen“<br />

wollen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein weniger diplomatischer<br />

Mensch als Sie würde das möglicherweise<br />

sogar als Verbiegung der Wahrheit bezeichnen?<br />

04_2008 www.dental-barometer.de<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

<strong>Osswald</strong>: Danke, <strong>Deppe</strong>, endlich sagt es<br />

mal jemand.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass die Wahrheit verbogen wird,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Dass ich der geborene Diplomat<br />

bin, natürlich! Jetzt, da es Schrift geworden<br />

ist, kann ich es endlich zitieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: War mir ein Vergnügen. Und berufspolitisch?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich bin gerne Allgemeinzahnarzt<br />

und möchte mit keinem Spezialisten<br />

<strong>für</strong> <strong>Teil</strong>zahnheilkunde tauschen. Das<br />

wäre mir zu langweilig. Zahnheilkunde<br />

ist schließlich ein genau so schnuckeliger<br />

wie vom Einzelnen vollständig überschaubarer<br />

Fachbereich innerhalb der vielen<br />

medizinischen Fachrichtungen. Sie gehört<br />

zwar nicht zu den ganz großen Fächern<br />

wie Innere, Chirurgie, Gynäkologie<br />

oder Kinderheilkunde. Sie muss sich aber,<br />

wenn sie fachgebietsübergreifend ausgeübt<br />

wird, weiß Gott nicht hinter anderen<br />

kleinen Fächern wie beispielsweise der Augen-<br />

oder Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde<br />

verstecken.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was hat das jetzt mit Politik<br />

zu tun?<br />

<strong>Osswald</strong>: Eine ganze Menge. Schon mal<br />

einen niedersächsisch-westfälischen Bayern<br />

gesehen, der sich wie ein Ochse zur<br />

Schlachtbank führen lässt? Wer kämpft,<br />

kann verlieren, wer nicht kämpft, hat<br />

schon verloren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Brecht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Drei minus, <strong>Deppe</strong>. Soll er<br />

selbst nur zitiert haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Rosa Luxemburg?<br />

<strong>Osswald</strong>: Um unsere berechtigten Interessen<br />

erfolgreich zu vertreten, haben<br />

erfahrene Allgemeinzahnärzte den Berufsverbande<br />

der Allgemeinzahnärzte gegründet…..<br />

<strong>Deppe</strong>: ….der ja, zumindest politisch<br />

gesehen, die Arbeit macht, die man vom<br />

Freien Verband erwartet hätte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Der FVDZ der Gründungsväter<br />

hätte es garantiert als seine genuine<br />

Aufgabe begriffen, die Pläne von<br />

BZÄK, DGZMK und dem Verein der<br />

Hochschullehrer zu vereiteln, die Weiterbildungsordnung<br />

zum Nachteil von<br />

Allgemeinzahnärzten und Patienten zu<br />

kippen und unter die eigene Kontrolle zu<br />

bringen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein Verband, der sich in einem<br />

derart freien Fall befindet wie der ehemals<br />

freie, kann das nicht mehr leisten, weil er<br />

hochgradig inhomogen ist. Spätestens seit<br />

seiner bayerischen Affäre sind seine Ziele<br />

nicht mehr sicher auszumachen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zumindest nicht die gemeinsamen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Immerhin bemüht er sich mit seiner<br />

Initiative „young dentists“, neue Mitglieder<br />

zu gewinnen und seine überalterte<br />

Struktur zu verjüngen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und, <strong>Deppe</strong>, was macht er als<br />

Erstes?<br />

<strong>Deppe</strong>: Er nimmt den jungen Kolleginnen<br />

und Kollegen den Namen ihres Clubs und<br />

lässt ihn sich als Markenzeichen eintragen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch nicht gerade das, was man<br />

so als den Hit im Sinne von Vertrauen bildenden<br />

Maßnahmen bezeichnen würde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und deshalb wurde der BVAZ<br />

gegründet?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nicht nur deshalb, <strong>Deppe</strong>. Aufgrund<br />

meiner Anamnese habe ich nach<br />

wie vor sehr gute Kontakte zu ärztlichen,<br />

insbesondere allgemeinärztlichen Kreisen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das, was bei den Allgemeinärzten<br />

passiert, kommt mit der üblichen Verzögerung<br />

auch auf die Allgemeinzahnärzte<br />

zu.<br />

<strong>Osswald</strong>: Deshalb orientiert sich der<br />

BVAZ am Berufsverband der Allgemeinärzte.<br />

Die standen bereits mit einem<br />

Bein jenseits der Klippe, ehe es ihnen<br />

durch die Gründung ihres Berufsverbandes<br />

gelungen ist, die Fachärzte in die<br />

Position zurückzudrängen, die ihnen zukommt.<br />

Da<strong>für</strong> zu sorgen, dass es bei uns<br />

gar nicht erst so weit kommt, sind wir<br />

angetreten. In diesem Zusammenhang


möchte ich an dieser Stelle auf die Rede<br />

eines Allgemeinarztes hinweisen, die genau<br />

das beschreibt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nur zu, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wer Internet-Zugang hat:<br />

http://snipurl.com/21tm1. Wer keinen hat,<br />

sollte jemanden bitten, ihm das auszudrucken.<br />

Das sollte jeder Allgemeinzahnarzt<br />

in einer ruhigen halben Stunde sorgfältig<br />

lesen. Danach wird er keine Zweifel mehr<br />

haben, dass die Gründung des BVAZ notwendig<br />

und überfällig war.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wir Allgemeinzahnärzte brauchen<br />

in Zeiten des Umbruchs unbedingt<br />

einen bundesweit organisierten Verbund,<br />

der ganz besonders unsere medizinischen<br />

Interessen wahrnimmt. Die<br />

sind ja in den kriegerischen berufspolitischen<br />

Auseinandersetzungen der letzten<br />

Generation ziemlich unter die Räder gekommen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nur deshalb konnte es soweit<br />

kommen, dass wir zurzeit jedes Jahr 1,8<br />

Milliarden Euro <strong>für</strong> die Versorgung unserer<br />

Patienten verlieren und damit die<br />

maroden Krankenkassen ganz alleine sanieren.<br />

Noch dazu haben wir jetzt einen<br />

BEMA, der die Extraktion erhaltungswürdiger<br />

Organe vorschreibt, wenn der<br />

Patient ihren Erhalt nicht privat honorieren<br />

kann oder will. Das ist praktisch eine<br />

Aufforderung zur Körperverletzung, von<br />

der ich mir nicht vorstellen kann, dass sie<br />

vor Gericht Bestand hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Organerhalt nur noch <strong>für</strong> die<br />

Reichen und Schönen. Dabei war die<br />

BEMA-Reform unter dem Vorzeichen der<br />

Begünstigung des Zahnerhalts angesetzt<br />

worden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist mit unserem Bild von<br />

Zahnheilkunde nicht zur Deckung zu<br />

bringen. Viel schlimmer ist, dass nach<br />

Professor Noacks Visionen ein Netzwerk<br />

von strahlenden Spezialisten, Mastern<br />

und Fachzahnärzten mit der Lizenz zur<br />

lege artis - Behandlung installiert werden<br />

soll.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wer behandelt dann die Patienten,<br />

die sich den Spezialisten nicht leisten<br />

können oder wollen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Noacks dusselige Hauszahnärzte<br />

mit eingeschränktem Behandlungsspektrum<br />

natürlich.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie werden die Patienten<br />

dann behandelt, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Irgendwie eben, <strong>Deppe</strong>. In den<br />

Augen der Hochschullehrer in keinem<br />

Fall jedoch lege artis.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das kann es ja wohl nicht sein.<br />

Da darf kein Weg hinführen.<br />

<strong>Osswald</strong>: In das bestehende berufspolitische<br />

Vakuum stößt die Hochschule vor<br />

und versucht, die Weiterbildungsordnung<br />

zu kippen und unter die eigene Kontrolle<br />

zu bringen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Gründung des BVAZ (www.<br />

bvaz.de) war vor diesem Hintergrund ein<br />

Glücksfall.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie wissen, wie ungern ich Ihnen<br />

widerspreche, <strong>Deppe</strong>. Aber ein Glücks-<br />

oder gar Zufall war die Gründung des<br />

BVAZ nun weiß Gott nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zurück zur Medizin. Schon die<br />

ZM gelesen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sicher. Ich bin ja nicht nachtragend.<br />

Deshalb lese ich auch Zeitschriften,<br />

zu deren Bezahlung ich gezwungen werde,<br />

selbst wenn sie sich schlecht oder gar nicht<br />

begründet weigern, meine Anmerkungen<br />

zur real existierenden Zahnheilkunde abzudrucken.<br />

Welche Ausgabe meinen Sie?<br />

<strong>Deppe</strong>: Nr. 4, Februar 2008, interaktive<br />

Fortbildung „Paro-Therapien“. Hier ist<br />

der Internet Link: www.zm-online.de/<br />

m5.htm. Da kann man die vorgestellten<br />

Fälle anschauen. Einfach auf das Heft<br />

4/2008 klicken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da habe ich schon den Titel<br />

nicht verstanden: „Von Fall zu Fall“. Und<br />

dann werden zwei mittelschwere Fälle<br />

vorgestellt, bei denen sich die Therapie in<br />

keiner Weise unterscheidet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht gibt es ja nur eine Therapie<br />

<strong>für</strong> alle Fälle, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sieht ganz so aus, <strong>Deppe</strong>. Die<br />

Behandlung der Parodontitis ist in der<br />

Tat sehr einfach, wenn sie systematisch<br />

erfolgt. Den bakteriellen Infekt betreffend<br />

gibt es aber immerhin zwei Alternativen.<br />

Man kann abhängig von Befund und Verlauf<br />

in den allermeisten Fällen ohne, muss<br />

aber in einer Minderheit von Fällen mit<br />

Antibiotikum behandeln.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und damit wollen die Parodontologen<br />

die Notwendigkeit eines Fachzahnarztes<br />

<strong>für</strong> Parodontologie begründen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sieht ganz so aus, <strong>Deppe</strong>. Wenn<br />

man näher hinschaut, können sie das aber<br />

gar nicht. Angeblich sollen ja 40 % der<br />

erwachsenen Deutschen an einer behandlungsbedürftigen<br />

Parodontitis leiden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn das wirklich so ist, dann<br />

handelt es sich um ein ernstes Problem der<br />

Volksgesundheit. Das ist mit Spezialisten,<br />

Mastern oder gar Fachzahnärzten nicht<br />

zu lösen. Da führt nun wirklich kein Weg<br />

am kompetent diagnostizierenden und<br />

indikationsgerecht therapierenden Allge-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

meinzahnarzt vorbei.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zumindest, wenn man noch in<br />

diesem Jahrhundert ein wenig vorankommen<br />

will. Ich weiß auch nicht, wie man auf<br />

solche Zahlen kommt. Ich kenne deutschlandweit<br />

eine große Zahl von kompetent<br />

behandelnden Allgemeinzahnärzten, aus<br />

deren Praxis sie nicht stammen können.<br />

<strong>Deppe</strong>: Möglicherweise handelt es sich<br />

um das selektierte Klientel einer Universitätsklinik.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das könnte es erklären.<br />

<strong>Deppe</strong>: Oder es handelt sich um die Untersuchung<br />

einer Hochrisikogruppe. Vielleicht<br />

ist es ja ähnlich wie bei den Kindern,<br />

bei denen eine relativ kleine Gruppe<br />

den gesamten Schnitt verdirbt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Vielleicht, <strong>Deppe</strong>. Aber gerade<br />

bei diesen Patienten kann ich mir nicht<br />

vorstellen, dass sie bei den Spezialisten<br />

Schlange stehen werden, um sich um die<br />

Mehrkosten zu reißen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Gerade in der Parodontologie<br />

wird exemplarisch deutlich, dass wir keine<br />

neuen Spezialisten, sondern vielmehr den<br />

fachübergreifend im Sinne von Oralmedizin<br />

behandelnden Allgemeinzahnarzt<br />

brauchen, der den gesamten Fachbereich<br />

überblickt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Deshalb fordert der Wissenschaftsrat<br />

die Hochschulen ja auch auf,<br />

endlich in diesem Sinne zu lehren und zu<br />

forschen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei der Parodontitis handelt es<br />

sich zweifellos um ein großes Krankheitsbild.<br />

Und große Krankheitsbilder sind in<br />

aller Regel multifaktoriell bedingt. Auch<br />

hier macht die Zahnmedizin garantiert<br />

keine Ausnahme von der Medizin.<br />

<strong>Osswald</strong>: Besonders was die Elimination<br />

von Kofaktoren betrifft, die bei der<br />

Entstehung der Defekte und der Aufrechterhaltung<br />

des entzündlichen Geschehens<br />

eine maßgebliche Rolle spielen,<br />

gibt es deutliche Notwendigkeiten, die<br />

über die Behandlung des bakteriellen<br />

Infektes weit hinausreichen. So ist beispielsweise<br />

die fachübergreifende Beurteilung<br />

von Funktionsstörungen nebst<br />

indikationsgerechter Therapie erheblich<br />

anspruchsvoller als die eigentliche Parodontalbehandlung<br />

<strong>Deppe</strong>: Das sieht man sehr schön an den<br />

in der ZM vorgestellten Fällen,…<br />

<strong>Osswald</strong>: ... bei denen einen der mächtige<br />

Kofaktor Funktionsstörung sowohl beim<br />

Blick auf das klinische als auch das röntgenologische<br />

Bild geradezu anspringt, <strong>Deppe</strong>.<br />

Im Grunde kann man mit Blick auf<br />

55<br />

www.dental-barometer.de 04_2008


56 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

das Röntgenbild sagen, wie das klinisch<br />

aussieht, wenn noch nicht entsprechend<br />

behandelt wurde, und umgekehrt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie meinen, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der Fall aus der Uni Würzburg<br />

betrifft eine Patientin mit Zustand nach<br />

kombiniert kieferorthopädisch-chirurgischer<br />

Therapie mit Vorverlagerung des<br />

Unterkiefers.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei dieser Anamnese müssten<br />

beim Behandler die roten Funktions-<br />

Lampen sofort aufleuchten. Nach kieferorthopädischen<br />

Behandlungen sind<br />

okklusale Früh- und Fehlkontakte nicht<br />

04_2008 www.dental-barometer.de<br />

gerade selten. Oftmals sind die Zähne<br />

zwar optisch schön gestellt, weisen<br />

aber häufig Früh- und Fehlkontakte auf<br />

oder werden durch Scherkräfte fehlbelastet.<br />

Da ist ein abschließender okklusaler<br />

Feinschliff in entspannter Zentrik<br />

indiziert, der oft nicht oder nicht<br />

sorgfältig genug vorgenommen wird.<br />

So genau kann man Zähne kieferorthopädisch<br />

eben nicht einstellen, dass sich ein<br />

abschließendes Einschleifen in entspannter<br />

Zentrik erübrigt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Würzburger Patientin hat<br />

im Schlussbiss klinisch deutlich erkenn-<br />

Abb.1: Aufgrund des sekundären Engstandes mit Mesialisierung der UK-Frontzähne kommt es zu<br />

einer systematischen Traumatisierung der OK-Frontzähne bei jedem Schlussbiss.<br />

Abb.3: Das Röntgenbild zeigt den durch Dauertrauma<br />

verursachten, massiven Knochenabbau.<br />

bare frontale Fehlkontakte. Da scheint<br />

mir der Unterkiefer etwas weit nach mesial<br />

geraten zu sein und die OK-Front zu<br />

traumatisieren, ohne dass das durch Einschleifen<br />

korrigiert wurde. Folgerichtig ist<br />

der Knochenabbau nur an den OK-Frontzähnen<br />

bei hohen Lockerungsgraden massiv<br />

ausgebildet. Die Auffächerung beginnt<br />

gerade. Im Seitenzahnbereich sind die Befunde<br />

bis auf einen Einbruch zwischen 36<br />

und 37 wenig auffällig und eher altersentsprechend.<br />

<strong>Deppe</strong>: Typisch iuvenile Parodontitis,<br />

<strong>Osswald</strong>!<br />

Abb.2: Zustand nach Revision der mesialen Wurzel<br />

wegen anhaltender Beschwerden nach WF<br />

Abb.4: Der sekundäre Engstand führt zu Schachtelstellung und Verlängerung der UK-Frontzähne mit<br />

Ausbildung eines typischen „Zahnsträußchens“.


<strong>Osswald</strong>: Keine Polemik, <strong>Deppe</strong>! Natürlich<br />

ventiliert die Autorin diese Diagnose.<br />

<strong>Deppe</strong>: Obwohl gerade dieser Fall sehr<br />

deutlich zeigt, auf welch schwachen Füßen<br />

sie steht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Diagnose, <strong>Deppe</strong>, die Diagnose!<br />

<strong>Deppe</strong>: Es sei denn, die Parodontologen<br />

wollen uns jetzt auch noch ernsthaft glauben<br />

machen, dass es sogar Bakterien gibt,<br />

die neben der Front isoliert die linken unteren<br />

Sechser befallen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nach dem Röntgenbild besteht<br />

jedenfalls der dringende Verdacht auf<br />

Früh- oder Fehlkontakte zu 26, der als<br />

verlängert imponiert. Schade, dass die Patientin<br />

oralmedizinisch nicht untersucht<br />

wurde. Schauen Sie einmal auf die Abbildung<br />

1, die eine verwandte Situation in<br />

der Front zeigt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sehr schöner Behandlungserfolg.<br />

Wurde die Parodontalbehandlung von<br />

einem Spezialisten durchgeführt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Keineswegs, <strong>Deppe</strong>. Von der<br />

ausgesprochen charmanten Kollegin<br />

Micheelsen. Sie ist Mitglied im BVAZ und<br />

praktiziert auf dem platten Land. Schauen<br />

Sie einmal auf die Wurzelkanalfüllung in<br />

Bild 2.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ganz nahe am amazing shape.<br />

Was ist mit der mesialen Wurzel?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der Kanal musste wegen anhaltender<br />

Beschwerden nach Wurzelkanalbehandlung<br />

nach dem so genannten<br />

Goldstandard der Endodontologen revidiert<br />

werden. Nachdem die Kollegin jetzt<br />

nach meinem Protokoll behandelt, hat sie<br />

die voraussagbar erfolgreiche Endodontie<br />

auch in etwas schwierigeren Fällen im<br />

Griff<br />

<strong>Deppe</strong>: Die fachübergreifende Zahnheilkunde,<br />

die der Wissenschaftsrat von der<br />

Hochschule einfordert, wird von kompetenten<br />

Allgemeinzahnärzten also bereits<br />

praktiziert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da hat die Hochschule einiges<br />

nachzuholen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist das auch ein kombiniert kieferorthopädisch-chirurgischer<br />

Fall?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die gehören ja eher zur Ausnahme<br />

von der Regel. In diesem Fall handelt<br />

es sich um einen ausgeprägten sekundären<br />

Engstand. Solche Fälle sind ausgesprochen<br />

häufig. Leider sieht man fast genau<br />

so regelmäßig, dass sie nicht indikationsgerecht<br />

behandelt werden. Die Abbildungen<br />

3 und 4 zeigen die sehr deutlich<br />

verlängerten UK-Frontzähne in pathognomonischer<br />

Schachtelstellung. Sowohl<br />

klinisch als auch röntgenologisch sind die<br />

Schäden, die eine solche Dauertraumatisierung<br />

verursacht, nicht zu übersehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie kommt es eigentlich zu diesen<br />

sekundären Veränderungen der Zahnstellung?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Okklusion ist ja nicht statisch,<br />

sondern vielmehr ausgesprochen<br />

dynamisch. Sie verändert sich ein Leben<br />

lang. Durch die Funktion, besonders<br />

aber durch Funktionsstörungen und/oder<br />

durch den unphysiologischen Gebrauch<br />

der Zähne im Sinne von schlechten Gewohnheiten<br />

werden diese Veränderungen<br />

mehr oder weniger stark beschleunigt.<br />

Das kann im individuellen Einzelfall eine<br />

ganz unterschiedliche Ausprägung haben,<br />

die sich in ganz unterschiedlichen klinischen<br />

und röntgenologischen Befunden<br />

manifestiert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Menschen sind weder alle<br />

gleich noch gleich gut ausgestattet. Genau<br />

wie es mehr oder weniger leistungsfähige<br />

Hirne, Lebern und Nieren gibt, gibt es natürlich<br />

auch unterschiedliche Qualitäten<br />

bei Zähnen, Zahnhalteapparat, Knochen<br />

und Immunsystem.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was der eine ein Leben lang<br />

aushält ...<br />

<strong>Deppe</strong>: … macht den anderen in relativ<br />

kurzer Zeit ziemlich fertig. Aber wie<br />

kommt es denn jetzt zu diesem so typischen<br />

Bild des „Sekundären Engstandes<br />

des Erwachsenen“?<br />

<strong>Osswald</strong>: Darüber, warum er sich in<br />

dieser Weise entwickelt, gibt es die abenteuerlichsten<br />

Theorien. Das „Wie“ und<br />

„Warum“ ist sicherlich jegliche Forschung<br />

wert, <strong>für</strong> die Therapie aber gar nicht so<br />

entscheidend. Tatsache ist, dass es mit<br />

fortschreitender Jugend ausgesprochen<br />

häufig zu einer Mesialisierung der UK-<br />

Seitenzähne kommt. Vielleicht haben<br />

Zähne auch nur eine angeborene Tendenz<br />

zur Mesialisierung, die ein Leben lang anhält,<br />

damit die Kontaktpunkte eng bleiben.<br />

Man beobachtet ja gelegentlich auch<br />

einen spontanen Lückenschluss, fast ohne<br />

Kippung und ohne jegliche kieferorthopädische<br />

Maßnahme.<br />

<strong>Deppe</strong>: Es sei denn, sie können unter<br />

funktioneller Belastung nach distal in<br />

eine Lücke wandern.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich denke jedoch, dass das auch<br />

eine ganze Menge mit funktionalen Kräften<br />

zu tun hat…<br />

<strong>Deppe</strong>: … also mit Kräften, die unter<br />

physiologischen, insbesondere aber nicht<br />

physiologischen Bedingungen auf die<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

Zähne einwirken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie dem auch sei, <strong>Deppe</strong>.<br />

Durch die Mesialisierung kommt es in<br />

jedem Falle zwangsläufig zu einem Platzmangel<br />

in der UK-Front. Die UK-Zähne<br />

müssen also ausweichen, weil zunehmend<br />

Platz fehlt, um entspannt und gerade nebeneinander<br />

zu stehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Es bleibt ihnen gar nichts anders<br />

übrig, als eine Schachtelstellung einzunehmen,<br />

wobei der eine oder andere nach<br />

frontal ausweicht, während der andere<br />

oder eine nach lingual gedrückt wird.<br />

Gleichzeitig verlängern sie sich und bilden<br />

das typische Zahnsträußchen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist in erster Linie eine Frage<br />

von Statik und Mechanik. Da immer<br />

mindestens ein Zahn nach frontal ausweicht,<br />

kommt es, wenn nicht gerade ein<br />

deutlicher Rückbiss vorliegt, nachgerade<br />

zwangsläufig zu traumatischen Frühkontakten<br />

mit den OK-Frontzähnen. Diese<br />

lockern sich, weil sie ebenfalls ausweichen<br />

müssen, und fächern dabei auf. Die jeweilige<br />

Ausprägung ist natürlich höchstindividuell<br />

und das jeweilige Ausmaß von<br />

vielen unterschiedlichen Qualitäten aller<br />

beteiligten Strukturen abhängig. Man<br />

sieht auch gar nicht selten Patienten, die<br />

in der Folge in das linguale Parodontium<br />

der OK-Frontzähne einbeißen und<br />

es traumatisch beschädigen oder gar ruinieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aufgrund der generell schlechteren<br />

Qualität des Oberkieferknochens<br />

gegenüber demjenigen im Unterkiefer<br />

nehmen die Oberkieferzähne in der Regel<br />

deutlich stärkeren Schaden als ihre Antagonisten.<br />

Natürlich gibt es auch Ausnahmen<br />

von der Regel.<br />

<strong>Osswald</strong>: Oben total, unten Stahl, ganz<br />

normal!<br />

<strong>Deppe</strong>: Häh?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zahnärztlicher Volksmund,<br />

<strong>Deppe</strong>. Den Spruch müssten Sie eigentlich<br />

kennen. Sie sind doch ein alter Knochen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie sind ja ausgesprochen charmant<br />

unterwegs, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die sich in einem ersten Stadium<br />

verbreiternden Parodontalspalten der<br />

unter Dauertrauma stehen OK-Frontzähne<br />

bilden einen locus minoris resistentiae,<br />

an dem die Bakterien den Verteidigungsring<br />

„Körperhülle“ überwinden<br />

können. Das müssen sie ja erst einmal<br />

schaffen. Dass die Körperabwehr bei<br />

Dauertrauma in ihrer Leistungsfähigkeit<br />

eingeschränkt ist, versteht sich eigentlich<br />

57<br />

www.dental-barometer.de 04_2008


58 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

Abb.5: Zustand nach Konturierung der UK-Front<br />

von selbst.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was heilen soll, muss ruhig gestellt<br />

werden ...<br />

<strong>Osswald</strong>: … ist einer der wesentlichen<br />

Lehrsätze der Medizin!<br />

<strong>Deppe</strong>: Insbesondere in der Nacht, wenn<br />

die notwendigen Reparaturarbeiten laufen,<br />

muss Ruhe herrschen. Wie kann man<br />

eigentlich so vermessen sein anzunehmen,<br />

fundamentale medizinische Lehrsätze<br />

würden in der Zahnheilkunde nicht gelten?<br />

<strong>Osswald</strong>: Jetzt sind die Bakterien also<br />

drin und finden in den erweiterten Parodontalspalten<br />

nachgerade optimale Bedingungen,<br />

sich zu ernähren und zu vermehren.<br />

Noch dazu können sie sich dort<br />

den „normalen“ Hygienebemühungen<br />

vollständig entziehen. Da muss die fortgebildete<br />

Assistentin ran.<br />

<strong>Deppe</strong>: Damit ist jetzt der Supergau <strong>für</strong><br />

den Zahnhalteapparat eingetreten ...<br />

<strong>Osswald</strong>: …die Kombination von bakteriellem<br />

Infekt und funktioneller Überlastung<br />

...<br />

<strong>Deppe</strong>: … die zu Knochenabbau führt. Je<br />

mehr Knochen abgebaut wird, desto weniger<br />

Zahn steht im Knochen, desto mehr<br />

steht im Mund, desto mehr wandert das<br />

Hypomochlion nach kaudal, desto größer<br />

ist die Auslenkung des nicht im Knochen<br />

stehenden Zahnanteils, desto größer sind<br />

die traumatischen Kräfte, die über die<br />

Wurzel auf den kontinuierlich kleiner werdenden<br />

Restknochen ausgeübt werden ...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... der noch dazu entzündlich<br />

04_2008 www.dental-barometer.de<br />

infiltriert und damit weniger widerstandsfähig<br />

ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Reine Physik der Mechanik, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Hebelgesetz von Archimedes,<br />

<strong>Deppe</strong>. Kraft mal Kraftarm ist gleich Last<br />

mal Lastarm.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein echter Teufelskreis ...<br />

<strong>Osswald</strong>: … der als Akutmaßnahme<br />

schleunigst unterbrochen werden muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist schon recht merkwürdig<br />

mit den Spezialisten. Überall rennen sie<br />

hinter der mechanistisch fixierten USamerikanischen<br />

Lehre her ...<br />

<strong>Osswald</strong>: … und wenn es einmal ein<br />

echtes statisch-mechanisches Problem zu<br />

lösen gibt, jagen sie Bakterien.<br />

<strong>Deppe</strong>: In der Endodontie ist es genau<br />

umgekehrt. Die ist fast vollständig mechanistisch<br />

fixiert und lässt die verantwortlichen<br />

Bakterien vor dem definitiven<br />

Verschluss am Leben. Das verstehe, wer<br />

will. Was soll man da machen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Man kann’s nur immer wieder<br />

geduldig wiederholen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie durchbricht man diesen<br />

Teufelskreis?<br />

<strong>Osswald</strong>: Indem man in einem allersten<br />

Schritt durch Einschleifen der UK-Front<br />

das Trauma beseitigt. Die wirkt dann<br />

auch gleich deutlich ästhetischer. Schauen<br />

Sie nur auf Abbildung 5.<br />

<strong>Deppe</strong>: Toll. Da war die Patientin sicher<br />

sehr glücklich.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das können Sie laut sagen. Solch<br />

ein mit fortschreitender Jugend aufblü-<br />

hendes Zahnsträußchen ist weder funktionell<br />

noch ästhetisch der Hit. Gerade<br />

Frauen leiden erheblich, wenn sie sich das<br />

tagtäglich beim Schminken ganz genau<br />

anschauen müssen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das darf man aber nach der Lehrmeinung<br />

nicht!<br />

<strong>Osswald</strong>: Die scheint wirklich immer<br />

noch zu gelten, <strong>Deppe</strong>. In der Folge wurde<br />

dieser Fall auf einer Parodontologie-<br />

Fortbildung genau mit diesem Ergebnis<br />

besprochen: Um Himmels willen nicht<br />

die UK-Front einkürzen!<br />

<strong>Deppe</strong>: Das zeigt, wie wenig die Bedeutung<br />

des funktionellen Traumas in der<br />

Zahnheilkunde verstanden wird. Die Seitenzähne<br />

müssen dabei natürlich in stabiler<br />

Zentrik stehen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das zeigt vor allem, wie dringend<br />

die Lehrmeinung verändert werden<br />

muss, damit sie nicht länger im Widerspruch<br />

nicht nur zu medizinischen Leitlinien,<br />

sondern noch dazu zu den universell<br />

geltenden Gesetzen der Physik steht.<br />

Alternativ könnte man durch Extraktion<br />

von Prämolaren Platz schaffen, den Engstand<br />

kieferorthopädisch auflösen und die<br />

UK-Front intrudieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das hört sich dann <strong>für</strong> den Regelfall<br />

des Erwachsenen doch etwas nach<br />

Overtreatment an, <strong>Osswald</strong>. Und der Fall<br />

aus Freiburg?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der kleine Italiener, der von<br />

Napoli träumt?<br />

<strong>Deppe</strong>: Conny Froboes, 1962!<br />

<strong>Osswald</strong>: Chapeau, <strong>Deppe</strong>. Ich sage doch,<br />

dass Sie ein alter Knochen sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Es geht eben nichts über eine<br />

umfassende humanistische Bildung, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sein Kumpel hat auf Tina gehört.<br />

Er hat zwar weder Alufelgen noch<br />

einen Zweitfernseher, lebt da<strong>für</strong> aber relativ<br />

entspannt unter südlicher Sonne.<br />

Unser Patient hat das mit Marina vollständig<br />

vermasselt. Er ist hier geblieben,<br />

mit einer Deutschen verheiratet, arbeitet<br />

im Schichtdienst und muss sich durchbeißen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schon wieder der Volksmund,<br />

<strong>Osswald</strong>. Sich durchbeißen, Zähne zusammenbeißen,<br />

verbissen sein, zerknirscht<br />

sein, die Zähne zeigen, ins Gras beißen<br />

usw. Das Leben ist hart. Nicht nur <strong>für</strong><br />

einen in Deutschland in Schicht arbeitenden<br />

Italiener.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und manchmal kann man es<br />

einfach nicht mehr an den Zähnen haben.<br />

Dann kommen die Leute zu uns. Die


Knirscher und Presser sind die Psychosomatiker<br />

der Zahnheilkunde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch dazu hat er eine Tendenz<br />

zum Tiefbiss bei einseitigem Kreuzbiss ...<br />

<strong>Osswald</strong>: … und hat drei Molaren eingebüßt.<br />

Die anderen Zähne wandern in die<br />

Lücken, was zur Folge hat, dass sowohl die<br />

Front- als auch die Seitenzähne in allen<br />

Quadranten sehr deutlich auffächern.<br />

<strong>Deppe</strong>: Also noch ein Fall, bei dem sofort<br />

alle Funktionsleuchten brennen müssen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nichtdestotrotz findet sich bei<br />

der Beschreibung beider Fälle kein Wort<br />

über Funktion oder unphysiologische Belastung<br />

der Zähne durch Malokklusion<br />

und/oder schlechte Gewohnheiten. Bei<br />

keinem Patienten wurde eine klinische<br />

Funktionsanalyse durchgeführt. Keiner<br />

wurde eingeschliffen. Keiner wurde in<br />

dieser Beziehung aufgeklärt. Und bei keinem<br />

wurde das Tragen einer adjustierten<br />

Schiene, zumindest während der Nacht,<br />

angeordnet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da<strong>für</strong> mussten beide Patienten<br />

den berühmten Cocktail schlucken, der<br />

nach dem renommierten Parodontologen<br />

van Winkelhoff benannt ist, nachdem<br />

beim Bakterienscreening die üblichen,<br />

in einem Falle jedoch nicht einmal alle<br />

üblichen Verdächtigen verhaftet werden<br />

konnten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Casablanca, <strong>Deppe</strong>, 1942.<br />

<strong>Deppe</strong>: Einer der Besten, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man dem Volksmund<br />

glaubt, dann soll es ja durchaus möglich<br />

sein, Spatzen auch mit Kanonen zu treffen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auch wenn diese Weisheit das<br />

Verfahren ausgesprochen unelegant charakterisiert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was den van Winkelhoff-<br />

Cocktail betrifft, sind die potentiellen<br />

Nebenwirkungen weder selten noch zu<br />

verachten. Solch schwere Geschütze wie<br />

eine Kombinationsbehandlung mit hochdosiertem<br />

Amoxicillin und Metronidazol<br />

sollte man sich dringend <strong>für</strong> Fälle aufbewahren,<br />

in denen weniger belastende<br />

Therapien nicht den gewünschten Erfolg<br />

gebracht haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sonst muss man sich nicht wundern,<br />

dass es zu Resistenzen kommt und<br />

man irgendwann keine Pfeile mehr im<br />

Köcher hat.<br />

<strong>Osswald</strong>: Oder keine Kugeln <strong>für</strong> die dicke<br />

Berta.<br />

<strong>Deppe</strong>: Resistenzentwicklung gegen Antibiotika<br />

ist nicht von ungefähr eines der<br />

großen Themen der Medizin. Warum fa-<br />

hren die Parodontologen gerade auf diesen<br />

Cocktail ab, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich denke, dass das genau so ist<br />

wie in der Endodontie. Ein Guru mit Gewicht<br />

verkündet etwas, und alle beten es<br />

nach, ohne dass sinnvollere Alternativen<br />

überlegt und erforscht werden. Funktionieren<br />

tut er ja.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist bei dieser Dosierung nun<br />

wirklich kein Wunder.<br />

<strong>Osswald</strong>: Alle leichten und die erdrückende<br />

Mehrzahl der fortgeschrittenen<br />

Par-Fälle kann man allerdings vollständig<br />

ohne Antibiotikagabe lösen. Schauen Sie<br />

einmal auf die Abbildungen 4 und 5. Zwischen<br />

beiden Aufnahmen liegen immerhin<br />

14 Jahre. Diese Patientin hat nie ein<br />

Antibiotikum erhalten. Bis heute keinerlei<br />

Rezidiv. Die Patientin wurde nur einmal<br />

mittels geschlossener Kurettage behandelt.<br />

Sie betreibt aber eine ausgezeichnete<br />

Mundhygiene mit Interdentalbürstchen<br />

und trägt konsequent ihre adjustierte<br />

Oberkieferschiene.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was ist im dritten Quadranten<br />

passiert?<br />

<strong>Osswald</strong>: Unfallmäßige, tiefe Kronenfraktur<br />

an 35, 36 und 37. Eine Antibiotika-Verordnung<br />

ist in unserer Praxis die<br />

besondere Ausnahme von der Regel. Das<br />

gilt sowohl <strong>für</strong> die Parodontologie als auch<br />

<strong>für</strong> die Endodontie.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auf den Nachweis von Bakterien<br />

kann man eigentlich grundsätzlich verzichten.<br />

Zum einen sieht man im Verlauf,<br />

ob ein Antibiotikum erforderlich ist, zum<br />

anderen sind es fast immer die mehr oder<br />

weniger gleichen Keime, die nachgewiesen<br />

werden. Und zum Dritten kann man sich<br />

auf die Ergebnisse nicht verlassen, weil sie<br />

abhängig von dem Labor sind, in das man<br />

die Proben schickt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Drei Labore, drei unterschiedliche<br />

Keimspektren, <strong>Deppe</strong>, und mindestens<br />

zwei unterschiedliche Antibiotikaempfehlungen.<br />

Beim DNS-Sondentest<br />

mag das marginal anders sein, ändert aber<br />

grundsätzlich nichts an dieser Einschätzung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das belegt die einschlägige wissenschaftliche<br />

Literatur.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da kann man besser gleich<br />

ex juvantibus therapieren. Insbesondere<br />

sollte man Antibiotika nur verordnen,<br />

wenn diese wirklich erforderlich sind. Ihr<br />

Missbrauch ist schließlich inzwischen endemisch.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wurde in der ZM überhaupt<br />

schon jemals ein parodontologischer Lehr-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

fall veröffentlicht, der keinen Winkelhoff<br />

Cocktail schlucken musste?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich kann mich nicht erinnern.<br />

Ich kann mich aber an einen sehr<br />

leicht zu lösenden Fall erinnern, in dem<br />

er auch verordnet wurde, obwohl keineswegs<br />

eine ausreichende Zahl von<br />

Verdächtigen verhaftet werden konnte.<br />

War übrigens auch ein klassischer Funktionsfall.<br />

<strong>Deppe</strong>: War das der Fall der psychisch<br />

auffälligen Patientin, die trotz aller Therapiemaßnahmen<br />

immer noch blutete, obwohl<br />

sie eine ausgezeichnete Mundhygiene<br />

betrieb und kaum Keime noch Beläge<br />

nachweisbar waren?<br />

<strong>Osswald</strong>: Genau. Ein solcher Befund ist<br />

geradezu pathognomonisch <strong>für</strong> die funktionelle<br />

Überlastung durch schlechte Gewohnheiten.<br />

Solche Patienten brauchen<br />

kein Antibiotikum, sondern müssen konsequent<br />

eine adjustierte Aufbisschiene im<br />

Oberkiefer tragen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum im Oberkiefer, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Oben total, unten Stahl, ganz<br />

normal, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man bekommt fast den Eindruck,<br />

dass jeder Fall, der über eine Gingivitis hinausgeht,<br />

von den Parodontologen an der<br />

Hochschule systematisch antibiotisch behandelt<br />

wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Genau wie in den USA. Wenn<br />

man die vorgestellten Fälle anschaut, hat<br />

der Keimnachweis nicht einmal einen<br />

Einfluss auf die Antibiotikaverordnung.<br />

In Würzburg wird die Gabe des Winkelhoff-Cocktails<br />

mit dem Nachweis von<br />

Aggregatibacter actinomycetemcomitans<br />

begründet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Im Fall aus Freiburg konnte dieser<br />

Keim nicht nachgewiesen worden. Nichtdestotrotz<br />

wurde mit gleicher Kombinationstherapie<br />

antibiotisch behandelt, ...<br />

<strong>Osswald</strong>: …wobei die Dosierung sogar<br />

fast verdoppelt wird. Begründet wird das<br />

damit, dass die Anwesenheit von Aggregatibacter<br />

actinomycetemcomitans durch<br />

einen DNS-Sondentest nicht ausgeschlossen<br />

werden kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wozu macht man ihn dann überhaupt?<br />

Dann kann man ihn auch gleich<br />

weglassen und stattdessen sorgfältiger auf<br />

die Klinik schauen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Noch dazu sind biochemische<br />

Gruppen der Spezies Aggregatibacter actinomycetemcomitans<br />

zwar durch Sequenzierung<br />

identifizierbar; unterschiedlich<br />

virulente Stämme lassen sich aber mit keiner<br />

der in der Parodontologie verwendeten<br />

59<br />

www.dental-barometer.de 04_2008


60 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

Nachweismethoden erkennen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schrieb der sich nicht früher einmal<br />

Actinobacillus actinomycetemcomitans?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sehr gut, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum wird der dauernd umbenannt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Um die Allgemeinzahnärzte<br />

mit eingeschränktem Behandlungsspektrum<br />

nomenklaturmäßig einfacher von<br />

den Spezialisten mit der Lizenz zur wissensexplodierten<br />

lege artis-Behandlung<br />

unterscheiden zu können?<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Witze, <strong>Osswald</strong>! Da gibt’s<br />

aber einen einfachen Trick. Sagen und<br />

schreiben Sie einfach A. actinomycetemcomitans.<br />

Dann merkt es keiner.<br />

<strong>Osswald</strong>: So machen es viele Spezialisten<br />

auch.<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Polemik, <strong>Osswald</strong>! Die<br />

Einteilung der Parodontitiden wurde immerhin<br />

schon 1999 neu gestaltet.<br />

<strong>Osswald</strong>: In meinen Augen übrigens nicht<br />

in jeder Beziehung zu ihrem Vorteil.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Beschreibung der Ätiologie<br />

gibt aber doch wertvolle Hinweise.<br />

<strong>Osswald</strong>: Natürlich ist das wichtig. Das,<br />

was mich aber bei der Therapie in allererster<br />

Linie interessiert, ist, ob die Parodontitis<br />

therapieresistent ist oder nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und das extrem bedeutsame Wort<br />

„therapieresistent“ ist aus der Nomenklatur<br />

verschwunden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Honi soit qui mal y pense!<br />

<strong>Deppe</strong>: Die neue Bezeichnung „Parodontitis<br />

apicalis“ statt „Apikale Ostitis“ betreffend<br />

gäbe es auch einiges anzumerken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dabei ist es relativ unproblematisch,<br />

die Fälle, die tatsächlich ein Antibiotikum<br />

erfordern, von denen zu unterscheiden,<br />

bei denen man darauf verzichten<br />

kann. Das sagt einem schließlich die Klinik.<br />

In keinem Fall muss es aber immer<br />

gleich der Hammer-Cocktail sein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zumindest nicht vor dem Feierabend,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und danach lieber einer von<br />

Schumann’s, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Den Spruch werden leider nur die<br />

Münchner Touristen verstehen. Hätten<br />

Sie denn in den vorgestellten Fällen auf<br />

ein Antibiotikum verzichtet?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das kann ich nicht beurteilen,<br />

ich habe ja weder selbst behandelt noch<br />

den Verlauf beobachten können. Das<br />

kommt schließlich ganz auf die Klinik<br />

an.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie unterscheiden Sie die<br />

Fälle, die ins Näpfchen können, von de-<br />

04_2008 www.dental-barometer.de<br />

nen die ins Kröpfchen müssen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Grundsätzlich brauchen nur<br />

Fälle ein Antibiotikum, bei denen man<br />

Exsudat oder Pus aus den Taschen melken<br />

kann. Anlässlich der Erstuntersuchung<br />

streicht man die Tasche unter Fingerdruck<br />

nach koronal aus und schaut, was dabei<br />

aus dem Sulcus kommt. Zu diesem frühen<br />

Zeitpunkt werden bei uns die durch<br />

Funktionsstörungen komplizierten Fälle<br />

zunächst einmal klinisch funktionsanalytisch<br />

untersucht. Die einfacheren werden<br />

als Sofortmaßnahme eingeschliffen.<br />

Bei entsprechender Indikation wird ein<br />

Abdruck <strong>für</strong> die Oberkiefer-Schiene genommen.<br />

Diese wird beim ersten Vorbehandlungstermin<br />

eingegliedert und<br />

direkt im Mund in entspannter Zentrik<br />

adjustiert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kommt Pus oder Exudat, ist das<br />

ja der eindeutige klinische Beleg, dass die<br />

Tasche aktiv ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie in den beiden in der ZM<br />

vorgestellten Fällen, zu diesem frühen<br />

Zeitpunkt, eine Keimuntersuchung<br />

durchzuführen, ist weder hilfreich noch<br />

zielführend. Man weiß und sieht schließlich,<br />

dass es sich um eine bakterielle Infektion<br />

handelt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Für die anschließende Therapie in<br />

den vorgestellten Fällen hat die Qualität<br />

der nachgewiesenen Keime dann ja auch<br />

überhaupt keine Rolle gespielt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Genau so wenig zielführend ist<br />

es, wie in Würzburg, jetzt gleich hoch dosiert<br />

mit Antibiotika loszuklotzen. Ganz<br />

im Gegenteil. Wir wollen doch erst einmal<br />

herausfinden, ob die Patientin überhaupt<br />

ein Antibiotikum braucht. Wenn man<br />

so verfährt wie in Würzburg, bekommt<br />

praktisch jeder Patient ein Antibiotikum,<br />

wenn die Diagnose Parodontitis gestellt<br />

ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn man so verfährt, beraubt<br />

man sich noch dazu eines entscheidenden<br />

Kriteriums zur Verlaufsbeurteilung.<br />

<strong>Osswald</strong>: Deutlich sinnvoller ist es, wie in<br />

Freiburg zunächst die systematische Vorbehandlung<br />

durchzuführen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie läuft die bei Ihnen ab?<br />

<strong>Osswald</strong>: Systematisch, <strong>Deppe</strong>, ausgesprochen<br />

systematisch. Davon gehe ich<br />

jetzt einfach mal aus. Ich bin damit ja nicht<br />

befasst. Das machen Assistentinnen, die<br />

das gelernt haben und zuverlässig beherrschen.<br />

Zum Glück gibt es ja von der leichten<br />

Gingivitis bis zur wirklich schwersten,<br />

therapieresistenten Parodontitis alle<br />

Stadien. Es ist in der Praxis also über-<br />

haupt kein Problem, die Assistentinnen<br />

langsam aber sicher an schwere Fälle heranzuführen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Jetzt aber mal systematisch, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nach Aufklärung, Motivation<br />

und supragingivaler Zahnreinigung kürettiert<br />

die Assistentin manuell in zwei bis<br />

vier Sitzungen alles, was ohne Anästhesie<br />

möglich ist. Bei einer geschickten Helferin<br />

geht da eine ganze Menge. In leichten<br />

bis mittelschweren Fällen werden in dieser<br />

Weise jeweils zwei Quadranten einer<br />

Seite behandelt, bei schwereren bis sehr<br />

schweren Fällen jeweils nur ein Quadrant.<br />

Ultraschall wird natürlich auch eingesetzt.<br />

Je nach Menge und Persistenz von<br />

Exudat und Pus, verordnen wir Chlorhexamed<br />

zum Spülen nach jedem Essen. Die<br />

systematische Vorbehandlung umfasst<br />

also mindestens drei bis maximal fünf<br />

Sitzungen. Besonders wichtig ist, dass die<br />

Assistentin genau schaut, ob der jeweilige<br />

Patient zuverlässig umsetzt, was ihm geraten<br />

wurde, insbesondere also, ob er sehr<br />

konsequent seine Interdentalbürstchen<br />

benutzt. Wenn er das nicht tut, fragen wir<br />

ihn, ob er vielleicht im nächsten Jahr wieder<br />

leiden will. Die allermeisten verzichten<br />

gerne darauf. Bei den anderen verzichten<br />

wir.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie brechen die Behandlung ab?<br />

<strong>Osswald</strong>: Es macht keinen Sinn, denjenigen<br />

Patienten unsere Arbeitszeit und unser<br />

gesamtes Know-how zur Verfügung zu<br />

stellen, die ihren <strong>Teil</strong> der Arbeit nicht leisten<br />

wollen, der unabdingbar ist, um ihr<br />

Problem zu lösen, ihre Erkrankung auszuheilen<br />

und den dann gesunden Zustand<br />

anschließend aufrecht zu erhalten. Bei der<br />

Parodontitis muss der Patient schließlich<br />

mindestens 90 % der Arbeit leisten, die<br />

erforderlich ist. Nach der Behandlung<br />

sind es – abgesehen vom Recall – sehr<br />

nahe an 100 %. Wenn ordentlich aufgeklärt<br />

und Tacheles geredet wird, ist aber<br />

nur eine sehr kleine Zahl der Patienten<br />

uneinsichtig. Man kann leider nicht allen<br />

helfen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie redet man Tacheles?<br />

<strong>Osswald</strong>: Richtig Tacheles redet man nur<br />

in Notwehr, <strong>Deppe</strong>, quasi als ultima-ratio<br />

Reaktion. Ich sehe die Patienten ja während<br />

der Vorbehandlung gar nicht. Die<br />

Damen rufen mich nur, wenn sie nicht<br />

weiterkommen, weil die Patienten uneinsichtig<br />

sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was sagen Sie dann zum Beispiel?


<strong>Osswald</strong>: „Wenn Sie nicht das tun, was<br />

von Ihrer Seite unbedingt erforderlich ist,<br />

werden Sie bald auf der Felge kauen! Jammern<br />

Sie mir also später nicht vor, dass<br />

Zahnersatz genau so teuer ist wie Alufelgen.<br />

Qualita costa soldi!<br />

<strong>Deppe</strong>: Jeder ist seines Unglücks<br />

Schmied!<br />

<strong>Osswald</strong>: Nach der Vorbehandlung<br />

schaue ich mir den Patienten an. Lässt<br />

sich jetzt noch Pus oder Exudat aus der<br />

Tasche melken, kürettiere ich tief und geschlossen<br />

unter Antibiotikaschutz. Wenn<br />

das nicht der Fall ist, was die Regel ist,<br />

und die Schleimhaut zeigt, dass die Vorbehandlung<br />

erfolgreich war, kann man<br />

getrost auf Antibiotika verzichten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kürettieren Sie nur geschlossen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Praktisch ja. Offen nur in seltenen<br />

Fällen, wenn ich beispielsweise augmentiere.<br />

Und auch da in aller Regel nur<br />

an Einzelzähnen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Im Freiburger Fall wurde anders<br />

verfahren. Vor der Vorbehandlung wurde<br />

klinisch nur an einem Zahn Pus gemolken.<br />

Nach der Vorbehandlung konnten<br />

deutliche Verbesserungen des parodontalen<br />

Zustandes festgestellt werden. Insbesondere<br />

im Oberkieferfrontzahnbereich<br />

war die Schwellung der Gingiva deutlich<br />

zurückgegangen, was sich zum einen an<br />

der klinischen Situation wie auch im Parodontalbefund<br />

durch Reduktion der Sondierungstiefen<br />

darstellte. Die Parodontalabszesse,<br />

die vorher bestanden hatten,<br />

waren ausgeheilt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich will das aus den oben genannten<br />

Gründen nicht bewerten, <strong>Deppe</strong>.<br />

Man kann nicht vorsichtig genug<br />

mit Aussagen über Fälle sein, die man<br />

selbst weder untersucht noch behandelt<br />

hat. Ein derart positiver Verlauf nach lediglich<br />

zwei Vorbehandlungsterminen<br />

in einem mittelschweren Fall gibt aber<br />

möglicherweise vielleicht doch eventuell<br />

einen nicht ganz ohne Weiteres zu negierenden<br />

ganz kleinen Hinweis darauf,<br />

dass, bei aller Vorsicht, mit der diese<br />

Aussage getroffen werden muss, vielleicht<br />

nicht alles dagegen gesprochen hätte, es<br />

zunächst einmal ohne Antibiotikagabe zu<br />

versuchen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum eiern Sie plötzlich so rum,<br />

<strong>Osswald</strong>. So kenne ich Sie ja gar nicht.<br />

Liegt das vielleicht daran, dass es sich um<br />

zwei junge und ausgesprochen charmante<br />

Kolleginnen handelt, die die Fälle vorstellen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie könnten leicht meine Töch-<br />

ter sein, <strong>Deppe</strong>. Restcharmemäßig möchte<br />

ich sie schließlich im Sinne von Oralmedizin<br />

gewinnen und fachübergreifend<br />

weiterbilden, anstatt sie in die Opposition<br />

zu schicken. Da herrscht <strong>für</strong> dermaßen<br />

junge Kolleginnen viel zu viel Gedränge.<br />

<strong>Deppe</strong>: Es deutet einiges darauf hin, dass<br />

sowohl in Würzburg als auch in Freiburg<br />

jeder mittelschwere Parodontalfall unabhängig<br />

von der Ausgangssituation, dem<br />

Keimnachweis und dem klinischen Verlauf<br />

grundsätzlich mit dem van Winkelhoff-Cocktail<br />

behandelt wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn das so ein alter Knochen<br />

wie Sie sagt, <strong>Deppe</strong>, will ich dem natürlich<br />

auch nicht widersprechen. Sie bringen<br />

mich aber auch immer in unangenehme<br />

Situationen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Welches Antibiotikum verordnen<br />

Sie denn, wenn nach der Vorbehandlung<br />

noch Pus oder Exudat aus den Taschen<br />

kommt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn das passiert, handelt es<br />

sich fast immer um einen schwereren Fall.<br />

Wir verordnen dann Doxycyclin-Kapseln<br />

von Ratiopharm, 100 mg, N2. Die Patienten<br />

nehmen <strong>für</strong> eine Woche 2x1, jeweils<br />

nach dem Frühstück und dem Abendessen,<br />

und anschließend 1x1 immer zur gleichen<br />

Tageszeit <strong>für</strong> drei Wochen. Wir haben<br />

also vier Wochen Zeit, die tiefe, geschlossene<br />

Kurettage unter Antibiotikaschutz<br />

durchzuführen, wobei wir eine Sitzung<br />

pro Woche anstreben. Man gewinnt so<br />

noch einmal Zeit, den Verlauf zu beobachten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum gerade Doxycyclin?<br />

<strong>Osswald</strong>: Doxycyclin ist ein sehr gut<br />

verträgliches, preiswertes Antibiotikum<br />

mit sehr breitem Wirkungsspektrum auf<br />

grampositive und gramnegative Keime<br />

sowie einige große Viren. Darüber hinaus<br />

wirkt Doxycyclin ausgezeichnet auf A. actinomycetemcomitans<br />

und inhibiert die<br />

Kollagenaseaktivität ...<br />

<strong>Deppe</strong>: … die <strong>für</strong> die entzündlich-reaktive<br />

Knochendestruktion mitverantwortlich<br />

ist und von diesem Keim aktiviert wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich habe bisher eigentlich noch<br />

keinen Patienten gesehen, der ein Rezidiv<br />

entwickelt hätte, solange er Doxycyclin<br />

einnahm.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann gibt es also gar keine therapieresistente<br />

Parodontitis, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: So kann man das nicht sagen,<br />

<strong>Deppe</strong>. Der Protzentsatz liegt bei indikationsgerechter<br />

Behandlung sicher aber<br />

deutlich niedriger als der, der in der Literatur<br />

angegeben wird. Es gibt nichtdesto-<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

trotz Fälle, die ausgesprochen progredient<br />

verlaufen und immer wieder Rezidive entwickeln.<br />

Manchmal hat man regelrecht<br />

das Gefühl, dass der Körper die Zähne<br />

loswerden will und abstößt. Davon habe<br />

ich in 20 Jahren aber allenfalls fünf oder<br />

sechs gesehen. Ich denke, dass es sich in<br />

wirklich therapieresistenten Fällen eher<br />

um eine Autoimmunerkrankung handelt,<br />

die sich gegen den eigenen Zahnhalteapparat<br />

richtet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Woraus schließen Sie das?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zwei dieser Fälle konnte ich anschließend<br />

implantologisch versorgen und<br />

betreue sie jetzt schon sehr viele Jahre. Bei<br />

keinem ist es jemals zu einen Rezidiv im<br />

Sinne einer Periimplantitis gekommen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist natürlich lange kein Beweis,<br />

aber in jedem Fall ein interessanter<br />

Hinweis an die Wissenschaft.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und dann gibt es noch die<br />

Extremfälle, bei denen man erst alle<br />

Zähne unter geduldiger Desinfektion<br />

wurzelbehandeln muss, ehe man die<br />

Diagnose „therapieresistent“ stellt. Immerhin<br />

ist wissenschaftlich belegt, dass<br />

in den Pulpen von Zähnen mit tiefen,<br />

infizierten Taschen sehr häufig bereits<br />

teilweise heftige entzündliche Reaktionen<br />

ablaufen, auch wenn sie klinisch<br />

bis auf Lockerungsgrade beschwerdefrei<br />

sind. Das Keimspektrum in diesen<br />

Taschen ist ja das gleiche wie im gangränösen<br />

Zahn.<br />

<strong>Deppe</strong>: Verordnen Sie den van Winkelhoff-Cocktail<br />

denn nie?<br />

<strong>Osswald</strong>: Es gibt tatsächlich einige Fälle,<br />

bei denen es trotz optimaler Mitarbeit des<br />

Patienten und regelmäßiger Betreuung<br />

im Recall nach einiger Zeit zu Rezidiven<br />

kommt. Da habe ich das schon auch probiert.<br />

War aber dann auch nicht in jedem<br />

Fall von nachhaltigem Erfolg gekrönt.<br />

Da ich ja weiß, dass der Fall schon einmal<br />

unter Doxycyclin ausgeheilt ist, mache<br />

ich es mit sehr gutem Erfolg anders.<br />

Den van Winkelhoff-Cocktail würde<br />

ich verordnen, wenn Doxycyclin erst gar<br />

nicht anschlagen würde. Aber wie gesagt,<br />

solche Fälle sehe ich nicht. Das heißt aber<br />

keineswegs, dass es sie nicht geben mag.<br />

Sie müssen aber ausgesprochen selten<br />

sein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie gehen Sie in Rezidivfällen<br />

vor?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie die Amerikaner, <strong>Deppe</strong>.<br />

Unter dem Markennamen Periostat gibt<br />

es in den USA ein Medikament, das die<br />

Amerikaner in schweren Fällen als Lang-<br />

61<br />

www.dental-barometer.de 04_2008


62 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

zeitmedikation verordnen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist sauteuer, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Als Wirkstoff enthält es nichts<br />

anderes als Doxycyclin in einer noch nicht<br />

antibiotisch wirksamen Dosierung von<br />

nur 20 mg. Davon geben die Amerikaner<br />

zwei Tabletten, also 2 x 20 mg pro Tag,<br />

Abb.6: Ausgangsbefund bei einer Bruxerin in 1992 mit vom Vorbehandler<br />

als therapieresistent eingestufter Parodontitis<br />

Abb.8: Vermeintlich therapieresistente Parodontitis bei Zustand nach KFO-<br />

Behandlung bei einem relativ jungen Patienten<br />

Abb.10: Die Kombination von funktioneller Überlastung und bakteriellem<br />

Infekt führt zum „Supergau“ <strong>für</strong> den Zahnhalteapparat.<br />

04_2008 www.dental-barometer.de<br />

über mehrere Monate bis zu einem Jahr.<br />

Ich gebe aber kein Periostat, sondern Doxyderma,<br />

50mg. Die Tabletten kann man<br />

sehr gut teilen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist saubillig, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es handelt sich ja auch um einen<br />

ganz alten Hut aus der Dermatologie,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Doxy wie Doxycyclin und Derma<br />

wie Dermatologie. Die Phantasie der<br />

Marketingleute scheint mir in diesem Fall<br />

relativ begrenzt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist noch gar nichts. Im<br />

Bayerischen Ärzteblatt wurde über Jahre<br />

Abb.7: Nach indikationsgerechter, die Funktionsstörung einschließender<br />

Therapie sistiert der Knochenabbau auch noch nach 14 Jahren.<br />

Abb.9: Nach fünf Jahren ist es aufgrund der indikationsgerechten Therapie<br />

nicht zu weiterem Knochenabbau gekommen.<br />

Abb.11: Der Zahn 17, der als einziger keinen massiven Knochenabbau<br />

aufweist, steht außerhalb jeglicher Funktion.


ganzseitig <strong>für</strong> ein Mittel geworben, das<br />

Antifönon hieß.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein Witz, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Kein Witz, <strong>Deppe</strong>. Doxyderma<br />

ist doch nicht schlecht. So kann ich mir das<br />

wenigstens merken. Ich bin ja nicht mehr<br />

der Jüngste. Es gibt eine sehr aggressive,<br />

ausgesprochen therapieresistente Form der<br />

Akne, die zu ausgeprägter Narbenbildung<br />

führt. Die wurde schon vor mindestens<br />

30 Jahren mit subantibiotisch dosierter<br />

Doxycyclin-Gabe über einen sehr langen<br />

Zeitraum erfolgreich behandelt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie gehen Sie bei einem Rezidiv<br />

genau vor?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich wiederhole die Kur mit<br />

2x100 mg <strong>für</strong> eine Woche und 1x100mg<br />

<strong>für</strong> drei Wochen. Dann gebe ich eine<br />

Tablette Doxyderma täglich <strong>für</strong> vier Wochen,<br />

anschließend eine halbe Tablette<br />

täglich <strong>für</strong> sechs Monate. Die Abbildungen<br />

7 und 8 zeigen einen solchen Fall<br />

bei einem relativ jungen Mann bei Zustand<br />

nach KFO-Behandlung. Zwischen<br />

beiden Aufnahmen liegen mehr als fünf<br />

Jahre.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sind die Zähne überhaupt fest?<br />

<strong>Osswald</strong>: Lockerungsgrad 0 bis 1, <strong>Deppe</strong>.<br />

Erstaunlich, oder? Bei diesem Patienten<br />

war es trotz guter Hygienebemühungen ca.<br />

sechs Monate nach Abschluss einer erfolgreichen<br />

Par-Behandlung zu einem Rezidiv<br />

gekommen. Er hat wie oben beschrieben<br />

dann über sechs Monate täglich eine halbe<br />

Tablette Doxyderma genommen. Jetzt<br />

ist er fast zwei Jahre rezidivfrei. Man muss<br />

während der Zeit der Einnahme natürlich<br />

vom Allgemeinarzt regelmäßig die Leberwerte<br />

kontrollieren lassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bleiben alle Patienten nach Absetzten<br />

von Doxyderma rezidivfrei?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zumindest ein erklecklicher<br />

Prozentsatz über eine sehr lange Zeit, wie<br />

wissenschaftliche Untersuchungen bei<br />

der Anwendung von Periostat belegen.<br />

So viele Fälle, dass ich darüber eine eigene,<br />

verbindliche Aussage machen könnte,<br />

habe ich zum Glück nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Haben Sie eine Idee, wie man den<br />

Spezialisten <strong>für</strong> Parodontologie nahe bringen<br />

könnte, welche bedeutsame Rolle die<br />

Funktion als Kofaktor in der Parodontologie<br />

spielt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Vielleicht mit diesem Supergau<br />

aus Abbildung 9 und 10, die den Röntgenbefund<br />

einer Extrem-Bruxerin mit generalisierter<br />

Parodontitis zeigt? Quasi der<br />

Supergau. Der einzige Zahn, bei dem es<br />

nicht zu einem massiven Knochenabbau<br />

gekommen ist, ist der 17, ...<br />

<strong>Deppe</strong>: …..der der einzige ist, der außerhalb<br />

jeglicher Funktion steht! Das ist ja<br />

ein ziemlich deutlicher Hinweis.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es sei denn, man redet sich ein,<br />

es gäbe Bakterien, die isoliert den 17 nicht<br />

befallen, <strong>Deppe</strong>.<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong> ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München, Geschäftsführer<br />

des BVAZ und Referent der<br />

Akademie <strong>für</strong> Praxisnahe Zahnheilkunde<br />

(APZ).<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong> lebt in Münster. Er<br />

vertritt hier seine ganz persönliche, eigene<br />

Meinung.<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 10<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Kaiserslautern: 31.05.2008<br />

Ì Bad Wörrishofen: 07.06.2008<br />

Ì Hamburg: 28.06.2008<br />

Ì Berlin: 12.07.2008<br />

Ì Münster: 13.09.2008<br />

Ì Köln: 18.10.2008<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebühr: 249,- E (inkl. MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Dr. med. dent. Rüdiger <strong>Osswald</strong><br />

Fritz-Hommel-Weg 4<br />

D-80805 München<br />

Telefon: +49 (0)89 3618030<br />

Telefax: +49 (0)89 36100294<br />

E-Mail: ruediger.osswald@t-online.de<br />

Internet: www.tarzahn.de<br />

Anzeige<br />

63<br />

www.dental-barometer.de 04_2008


52 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 11<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist nun schon die 11. Folge,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man der Überschrift<br />

trauen kann, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sehr witzig, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Besonders witzig finde ich es<br />

nicht, dass man gegenüber auf den ersten<br />

Blick als wissenschaftlich erscheinenden<br />

Fachartikeln ausgesprochen kritisch sein<br />

und mit allem rechnen muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kritisch muss man in der Wissenschaft<br />

immer sein. Ich will aber auf<br />

etwas ganz anderes hinaus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich werde Sie wie immer nicht<br />

zurückhalten können, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Zahnheilkunde ist zweifellos ein<br />

ausgesprochen schnuckeliger Fachbereich<br />

innerhalb der medizinischen Fächer, nicht<br />

wahr?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sicher keines der großen wie<br />

Chirurgie, Innere, Gynäkologie oder Pädiatrie.<br />

Jedoch mit kleineren Fächern<br />

durchaus vergleichbar. Hinter der Augen-<br />

oder der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde<br />

muss sie sich nicht verstecken, wenn sie<br />

teilgebietsübergreifend und im Sinne von<br />

Oralmedizin ausgeübt wird.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was machen wir dann, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Machen wir wann, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn uns der Stoff ausgeht natürlich.<br />

<strong>Osswald</strong>: Allgemeinzahnärzten, die<br />

das gesamte Spektrum der Zahnheilkunde<br />

überblicken, kann das per Definition<br />

nicht so schnell passieren wie Spezialisten.<br />

Aber falls wir wirklich jemals soweit kommen<br />

sollten, machen wir es einfach wie die<br />

Kollegen Beer und Markovic von der Universität<br />

Witten im Endodontie Journal aus<br />

dem Oemus-Verlag.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie lösen sie das Problem?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie veröffentlichen ihren Artikel<br />

aus der ersten Ausgabe 2007 einfach<br />

noch einmal im ersten Heft 2008.<br />

<strong>Deppe</strong>: Det glob ick nich, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Immerhin wollen allein in<br />

Deutschland zwei endodontologische Spezialzeitschriften<br />

gefüllt werden, obwohl es<br />

05_2008 www.dental-barometer.de<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

trotz aller technischen Hochrüstung seit<br />

mehr als 60 Jahren keinerlei Fortschritt<br />

beim endodontischen Behandlungserfolg<br />

gibt. Da kann einem schon mal der Stoff<br />

ausgehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie glauben offensichtlich, mir<br />

alles erzählen zu können!<br />

<strong>Osswald</strong>: Dass es keinerlei Fortschritt<br />

gibt, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass derselbe Artikel in der gleichen<br />

Zeitschrift innerhalb eines Jahres<br />

zweimal hintereinander abgedruckt wurde<br />

natürlich.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nicht nur derselbe Artikel,<br />

sondern auch derselbe Titel auf dem Cover:<br />

„Megatrend Endodontie“. Immerhin<br />

ein anderes Titelbild.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das musste wohl sein. Sonst wäre<br />

das Risiko, dass es die Endodontologen<br />

bemerken, wahrscheinlich doch zu groß<br />

gewesen. Welcher Artikel war es denn?<br />

<strong>Osswald</strong>: „Endodontie im Wandel der<br />

Zeit“. Wir hatten ihn in der 4. Folge gewogen,<br />

wegen Geschichtsklitterung jedoch<br />

als deutlich zu leicht befunden und<br />

verworfen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Jetzt kommt’s mir. Die endodontischen<br />

Lücke…..<br />

<strong>Osswald</strong>: ……………..zwischen Miller<br />

1903 und Schilder 1974.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann sind wir ja heute schnell<br />

fertig. Wir lassen Herrn Ellermann einfach<br />

abschreiben, was wir damals geschrieben<br />

haben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das geht nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Weil wir immer dasselbe rote Titelblatt<br />

haben?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil die Allgemeinzahnärzte<br />

das sofort merken würden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Über was schreiben wir dann?<br />

<strong>Osswald</strong>: Über das auch uns gewidmete<br />

Editorial von Professor Hülsmann in der<br />

Zeitschrift Endodontie 1/2008?<br />

<strong>Deppe</strong>: Er lässt daselbst keinen Zweifel<br />

aufkommen, dass die Änderung der Leitlinie<br />

der DGZMK zum Einsatz von Kofferdam<br />

keine Veränderung der gutachtlichen<br />

Beurteilung bei juristischen Auseinandersetzungen<br />

erwarten lässt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das haben Sie aber charmant<br />

formuliert, <strong>Deppe</strong>. Kollege Hülsmann,<br />

der ja selbst als Gerichtsgutachter tätig<br />

ist, ruft die Gutachter unmissverständlich<br />

auf, das Nichtanlegen von Kofferdam bei<br />

jedem Schritt einer endodontischen Behandlung<br />

vor Gericht als Behandlungsfehler<br />

zu werten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist starker Tobak. Warum<br />

macht er das?<br />

<strong>Osswald</strong>: Fachlich, weil er „state of<br />

the art“ und „Standard“ durcheinander<br />

bringt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und persönlich?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich würde mich zweifellos<br />

auch ärgern, wenn die DGZMK die von<br />

mir mitformulierten Leitlinien als auf<br />

niedrigstem wissenschaftlichem Niveau<br />

angesiedelt und damit als nicht nur forensisch<br />

bedeutungslos erklären würde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist wirklich bitter, <strong>Osswald</strong>.<br />

Ist das aber Grund genug, uns Allgemeinzahnärzte<br />

zu bedrohen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das fragen sie ausgerechnet<br />

mich, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das Kofferdam-Dogma bei jedem<br />

Schritt einer endodontischen Behandlung<br />

um jeden Preis gegen den Rat<br />

aller uns Zahnärzten freundschaftlich verbundenen<br />

Juristen zu verteidigen, macht<br />

vor dem Hintergrund, dass in einer anderen<br />

Leitlinie geschrieben steht, man solle<br />

einen gangränösen und abszedierenden<br />

Zahn <strong>für</strong> höchstens 24 Stunden offen lassen,<br />

überhaupt keinen Sinn mehr.<br />

<strong>Osswald</strong>: Aber keine Minute länger,<br />

<strong>Deppe</strong>! Hoffentlich passiert mir das nicht<br />

ausgerechnet an einem Samstag.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hätten Sie das genau so formuliert?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich hätte „bedingt offen“ geschrieben,<br />

also mit einem potenten Desinfektionsmittel<br />

getränkten Wattepellet ausreichend<br />

verschlossen. Vollständig offen<br />

gelassen habe ich einen Zahn noch nie.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann kommt es zum Glück<br />

auch nicht mehr auf jede Minute an.<br />

Da kommt so schnell kein Keim aus der<br />

Mundhöhle vorbei. Und das Eindringen


von Speiseresten in die Kanäle wird auch<br />

noch zuverlässig verhindert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Vielleicht kann ja Kollege<br />

Hülsmann seinen Behandlungsstuhl <strong>für</strong><br />

nur einen Patienten <strong>für</strong> 24 Stunden frei<br />

halten, damit der Kofferdam dran bleiben<br />

kann. Das kann sich der gemeine Allgemeinzahnarzt<br />

leider nicht leisten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Der hat leider kein Grundgehalt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit der Behandlung nur eines<br />

Patienten innerhalb von 24 Stunden können<br />

wir einfach nicht überleben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Haben Sie es denn wenigstens<br />

versucht, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zu überleben, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das haben Sie ja offensichtlich<br />

bisher leidlich geschafft. Nein, den Kofferdam<br />

über 24 Stunden angelegt zu lassen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Logisch, <strong>Deppe</strong>. Ich konnte<br />

jedoch bisher leider keinen Patienten dazu<br />

überreden, meine Praxis mit angelegtem<br />

Kofferdam zu verlassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn Kollege Hülsmann sein<br />

Kofferdam-Dogma unbedingt gerichtswirksam<br />

aufrecht erhalten will, muss er<br />

die DGZMK dazu bringen, die medizinisch<br />

korrekte Behandlung des dentogenen<br />

Abszesses schlicht und einfach zu<br />

verbieten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und er muss es dringlichst<br />

auf alle implantologisch tätigen Zahnärzte<br />

ausweiten. Immerhin arbeiten die<br />

im Gegensatz zu den Endodontologen am<br />

offenen Knochen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich <strong>für</strong>chte, dass ihm die Chirurgen<br />

da aber ganz schnell heimleuchten<br />

werden, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Oder es findet sich jemand,<br />

der, um zu zeigen, dass er ein noch viel tollerer<br />

Hecht ist als alle anderen, zunächst<br />

zwei Hilfsimplantate setzt, um das definitive<br />

Implantat unter Kofferdam inserieren<br />

zu können ...<br />

<strong>Deppe</strong>: ... womit sich auch endlich völlig<br />

neue Perspektiven <strong>für</strong> die voraussagbar er-<br />

folgreiche WSR eröffnen würden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Soweit hergeholt ist das gar<br />

nicht. Immerhin geht die Entwicklung in<br />

den USA inzwischen zurück in Richtung<br />

Allgemeinzahnheilkunde. Die Folge ist,<br />

dass die Endodontologen eifrig bemüht<br />

sind, ihr überschaubares Behandlungsspektrum<br />

wenigstens in Richtung Implantologie<br />

auszuweiten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht ginge es ja auch mit<br />

Kleben, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der Implantate?<br />

<strong>Deppe</strong>: Des Kofferdams natürlich. Einige<br />

Kollegen glauben inzwischen, zu kleben<br />

sei ein Allheilmittel, ohne dass <strong>für</strong> die<br />

Überlegenheit Langzeituntersuchungen<br />

vorliegen. Wissenschaftliche Studien zeigen<br />

allerdings, dass geklebte Stifte im Wesentlichen<br />

auch nur durch mechanische<br />

Retention halten. Noch dazu scheinen die<br />

Klebekräfte im Laufe der Jahre mächtig<br />

nachzulassen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Kollege Stoll aus Marburg<br />

empfiehlt inzwischen, die Wurzelkanäle<br />

mit klebrigem Kunststoff abzufüllen. In<br />

der Folge freue ich mich, mit dem Kollegen<br />

Hülsmann endlich völlig einer Meinung<br />

zu sein. Er berichtet nämlich, dass<br />

die Klebe-Euphorie aufgrund der schlechten<br />

Ergebnisse wissenschaftlicher Studien,<br />

die natürlich erst nach der Markteinführung<br />

durchgeführt wurden, erhebliche<br />

Dämpfer erhalten hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und schon wieder ist ein offener<br />

Feldversuch in die Hose gegangen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Gut, dass die Patienten davon<br />

nichts erfahren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hoffentlich hat Kollege Stoll wenigstens<br />

den Ca(OH)2-Trip verlassen und<br />

heilt den <strong>für</strong> die Endodontitis verantwortlichen<br />

bakteriellen Infekt vor dem Abfüllen<br />

konsequent aus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Womit denn das plötzlich,<br />

<strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Russisch-Rot? Iontophorese?<br />

Riebler-Paste? Was anderes darf er ja we-<br />

TEIL 11 | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

gen der endodontologischen Lücke nicht<br />

kennen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und Formaldhyd und die Iontophorese<br />

darf er wegen der Leitlinien<br />

nicht verwenden. Dann wird es wohl Essig<br />

mit der Revision der so behandelten<br />

und nicht ausgeheilten Zähne.<br />

<strong>Deppe</strong>: Exazerbierende Wurzelfüllungen<br />

der Spezialisten zu revidieren ist jetzt<br />

schon Strafe genug, und …<br />

<strong>Osswald</strong>: ... wenn der dentinadhäsive<br />

Verbund gelingt, wird eine Revision nachgerade<br />

unmöglich gemacht. Mit all den<br />

Nachteilen <strong>für</strong> den Patienten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Na ja, vor der Hand klebt es sich<br />

ja in der Realität zum Glück noch nicht<br />

so, wie es die werbende Wissenschaft verspricht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Professor Hülsmann schreibt<br />

in seinem Lehrbuch, dass man Zähne, bei<br />

denen man trotz chirurgischer Kronenverlängerung<br />

keinen Kofferdam anlegen<br />

kann, extrahieren muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ob er seine Patienten wohl fragt,<br />

ob sie lieber seinen Kofferdam anlegen<br />

oder ihre Zähne behalten wollen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Vorher konnten wir dusseligen<br />

Hauszahnärzte mit eingeschränktem Behandlungsspektrum<br />

uns im Fall der Fälle<br />

den Patienten gegenüber ja damit herausreden,<br />

dass wir es einfach nicht besser<br />

wussten, wenn wir ihre Zähne erhalten<br />

haben. Aber nachdem wir sein Lehrbuch<br />

gelesen haben, lassen wir uns jetzt unterschreiben,<br />

dass sie sich <strong>für</strong> den Zahn und<br />

gegen Kofferdam entschieden haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Witze, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Man weiß ja nie, wem man<br />

begegnet, wenn es doch einmal zu einem<br />

Prozess kommen sollte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Polemik, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Bisher hat sich in diesen Fällen<br />

allerdings noch niemand <strong>für</strong> den Kofferdam<br />

entschieden. Auch der Patient der<br />

Abbildungen 1 bis 3 nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das wäre doch mal ein cooles<br />

Abb.1: Zustand nach Kronen- und Stiftfraktur Abb.2: Klinische Situation Abb.3: Verlaufskontrolle nach WF und Neuversorgung<br />

53<br />

www.dental-barometer.de 05_2008


54 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 11<br />

Thema: „Kofferdam statt Zahnerhalt“.<br />

Inauguraldissertation zur Erlangung der<br />

Doktorwürde an ...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... diese unselige Kofferdam-<br />

Debatte ist doch in Wahrheit nur ein Nebenkriegsschauplatz<br />

...<br />

<strong>Deppe</strong>: ... auf den sich die Endodontologen<br />

flüchten, weil sie auf die wesentlichen<br />

Fragen der Endodontie keine Antwort geben<br />

können.<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum hat die Behandlung<br />

der bakteriellen Endodontitis trotz technischer<br />

Hochrüstung in den letzten 60<br />

Jahren im Gegensatz zur Behandlung<br />

anderer Infektionskrankheiten keinerlei<br />

Fortschritt gemacht?<br />

<strong>Deppe</strong>: Was muss an dem nicht nur in<br />

Deutschland als Goldstandard gelehrten<br />

Behandlungsprotokoll dringlich verändert<br />

werden, um diesen Erfolg endlich<br />

herbeizuführen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum empfehlen sie in Ihrem<br />

Lehrbuch nonchalant das literweise<br />

Spülen mit, wegen seines erheblichen<br />

Nebenwirkungspotentials ge<strong>für</strong>chtetem,<br />

hochkonzentriertem Natrium-Hypochlorid<br />

...<br />

<strong>Deppe</strong>: … und verschweigen, dass die<br />

Anwendung in Deutschland mit einer<br />

Kontraindikation bei offenem Foramen<br />

apicale belegt ist ...<br />

Abb.4: Ausgangsbefund mit klinisch druckdolenter,<br />

vestibulärer Knochenauftreibung und<br />

Austritt von Pus aus der Bifurkation<br />

Abb.6: Unmittelbar nach Langzeiteinlage von<br />

Jodoformpaste nach Walkhoff im Oktober 2007<br />

05_2008 www.dental-barometer.de<br />

<strong>Osswald</strong>: ... und es keinen wissenschaftlichen<br />

Beleg da<strong>für</strong> gibt, dass die Erfolgsquote<br />

gegenüber der Anwendung einer<br />

einprozentigen Lösung höher ist?<br />

<strong>Deppe</strong>: Wann ist denn das Foramen apikale<br />

offen bzw. geschlossen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie entscheiden Sie das klinisch?<br />

<strong>Deppe</strong>: Kann man das vielleicht durch<br />

das Operationsmikroskop erkennen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Fragen über Fragen, <strong>Deppe</strong>.<br />

Schauen wir lieber auf die Bilder 4 bis 8.<br />

Ein aktueller Fall unseres Ausbildungsassistenten.<br />

Er hat hier genau so behandelt,<br />

wie Walkhoff es vor 100 Jahren gemacht<br />

hätte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Interessant! Es stimmt also wirklich,<br />

dass die Jodoformpaste, die Walkhoff<br />

erfunden und als Sealer verwendet hat,<br />

im Kanal so lange resorbiert wird, bis der<br />

bakterielle Infekt vollständig ausgeheilt<br />

ist?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das hat Engel ja bereits zur<br />

Mitte des letzten Jahrhunderts in ausgesprochen<br />

beeindruckender Weise histologisch<br />

an Wurzelspitzenresektaten belegt.<br />

Noch dazu wird es durch körpereigenes,<br />

steriles Gewebe ersetzt. Leider ist aber<br />

auch Engel in die endodontische Lücke<br />

gefallen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Na, wenn sogar Walkhoff über-<br />

Abb.5: Messaufnahme anlässlich der Revision im<br />

August 2007<br />

Abb.7: Im Februar 2008 ist die Jodoformpaste<br />

deutlich resorbiert und der Ausheilungsprozess<br />

weiter vorangeschritten.<br />

gangen wird! So kann man das heute aber<br />

nur noch bei Privatpatienten machen,<br />

<strong>Osswald</strong>. Das ergibt, genau wie bei der<br />

Knappwost-Methode, keine richtlinienkonforme<br />

Wurzelfüllung.<br />

<strong>Osswald</strong>: Deshalb haben wir das Protokoll<br />

ja auch verändert und verbessert,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das Abfüllen muss Ihr Assi<br />

nichtdestotrotz noch ein wenig üben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Oder aber das Foramen und<br />

die unteren Abschnitte des distalen Kanals<br />

sind inzwischen durch neugebildeten<br />

Wurzelzement verschlossen. Das wurde<br />

von Engel ja auch in nicht wenigen Fällen<br />

histologisch belegt. Er sagt, er sei da einfach<br />

nicht mehr weiter runter gekommen.<br />

Um das nachzuprüfen, werden wir im Gegensatz<br />

zu Engel die distale Wurzel aber<br />

auf keinen Fall resezieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie dem auch sei. Man muss es<br />

wegen der Richtlinien heute sowieso anders<br />

...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... die Ausheilung der apikalen<br />

Ostitis betreffend mindestens aber genau<br />

so gut, wegen der technisch verbesserten<br />

Möglichkeiten zur Aufbereitung eigentlich<br />

aber sehr deutlich besser machen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das scheint ja bei konsequenter<br />

Anwendung Ihres Protokolls auch kein<br />

wesentliches Problem darzustellen. Ein<br />

wirklich lehrreicher Fall, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist noch gar nichts, <strong>Deppe</strong>.<br />

Die Altvorderen hatten noch ganz andere<br />

Sachen drauf.<br />

<strong>Deppe</strong>: Mussten sie ja auch, weil sie<br />

aufgrund ihres starren Instrumentariums<br />

bei der Aufbereitung insbesondere gekrümmter<br />

Kanäle massiv behindert waren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen Sie einmal auf die<br />

Abbildung 9.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ausgesprochen insuffiziente<br />

Wurzelfüllung.<br />

Abb.8: Unmittelbar nach WF vor der prothetischen<br />

Neuversorgung im April 2008. Die<br />

röntgenologisch knochendichte Ausheilung ist<br />

praktisch abgeschlossen.


<strong>Osswald</strong>: Und keine Chance, bei der<br />

Revision bis zum Apex zu kommen. Und<br />

das ausgerechnet bei einem fetten vestibulären<br />

Abszess. Auf einen solchen Fall hatte<br />

ich schon lange gewartet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und der Vierer ist auch noch<br />

beherdet. Was hätte Walkhoff in einem<br />

solchen Fall gemacht?<br />

<strong>Osswald</strong>: Eine therapeutische via falsa<br />

natürlich, um Zugang zur Aufhellung zu<br />

schaffen, um dort desinfizieren zu können.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was haben Sie gemacht?<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen Sie sich Abbildung 10<br />

an, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Potzblitz, <strong>Osswald</strong>! Eine via falsa!<br />

Und das mit voller Absicht. Man sieht<br />

sehr deutlich, dass Sie nicht genau am<br />

Apex herausgekommen sind.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Anwendung von NaOCl<br />

ist hier natürlich absolut kontraindiziert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Insbesondere so nahe am Foramen<br />

mentale. Da hatten Sie aber Glück,<br />

dass die Aufhellung in Achsrichtung lag.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sonst hätte ich es auch nicht<br />

gemacht. Deshalb musste ich ja so lange<br />

warten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und ganz ohne MTA!<br />

<strong>Osswald</strong>: In der erdrückenden Mehrzahl<br />

der Fälle ist es zum Glück nicht so<br />

schwierig, bis zum Apex durchzukom-<br />

Abb.9: Exazerbation einer alten, insuffizienten<br />

WF als vestibulärer Abszess im April 2005<br />

Abb.11: Verlaufskontrolle nach medikamentöser<br />

Einlage von Ca(OH)2 im Juni 2005<br />

men. Schauen Sie einmal auf die Abbildungen<br />

11 und 12.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass das vollständig ausheilt, ist<br />

aber schon ein sehr starker Hinweis, dass<br />

die Desinfektion des Granuloms erforderlich<br />

ist, wenn man den Körper in seinem<br />

Bestreben nach Selbstheilung unterstützen<br />

will.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist schließlich das ureigene<br />

Ziel jeder ärztlichen Intervention,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und dieses ganze Wissen wäre<br />

beinahe ...<br />

<strong>Osswald</strong>: ... in der endodontischen Lücke<br />

verschwunden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Verherrlichung der Mechanik<br />

...<br />

<strong>Osswald</strong>: … führt uns direkt zu dem<br />

Artikel der Spezialisten <strong>für</strong> Endodontie,<br />

Dennhardt, Glockmann und Sigusch.<br />

„Die nichtchirurgische Revision – Entscheidung,<br />

Therapie und Prognose“ erschienen<br />

in der Januarausgabe des „ZWR<br />

Das deutsche Zahnärzteblatt“ aus dem<br />

Thieme Verlag.<br />

<strong>Deppe</strong>: Was die drei da zusammenschreiben,<br />

ist mit dem Bemühen um wissenschaftliche<br />

Wahrheitsfindung selbst mit<br />

ausgesprochen gutem Willen nur noch<br />

ausgesprochen schwierig zu vereinbaren,<br />

um es einmal ganz vorsichtig auszudrü-<br />

Abb.10: Forcierte Aufbereitung zur Schaffung<br />

eines Zugangs zur apikalen Aufhellung<br />

Abb.12: Unmittelbar nach WF an 45 im September<br />

2005<br />

TEIL 11 | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

cken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und das ausgerechnet bei<br />

einem derart renommierten medizinischen<br />

Fachverlag wie Thieme. Die haben offensichtlich<br />

keinen Redakteur, da<strong>für</strong> aber<br />

erhebliche Mühe, ihre Zeitschrift voll zu<br />

bekommen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Immerhin scheuen sie sich noch,<br />

dieselben Artikel mehrmals zu drucken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da haben Sie Recht, <strong>Deppe</strong>.<br />

Man muss auch einmal das Positive sehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Fortbildungspunkte <strong>für</strong> richtig<br />

beantwortete Fragen zu fachlich falschen<br />

Informationen kann man auch noch gewinnen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nicht so laut, <strong>Deppe</strong>. Wenn<br />

Ulla das liest, müssen wir alle nachsitzen!<br />

<strong>Deppe</strong>: Ganz offensichtlich findet das<br />

Bemühen, in Deutschland ein höchstpreisiges<br />

Spezialistentum nach US-amerikanischem<br />

Vorbild einzuführen, ausgesprochen<br />

breite Unterstützung.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie die drei mit Zahlen umgehen,<br />

haut dem Eingeweihten nun wirklich<br />

den Kitt aus der Brille.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein Beispiel, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie schreiben, dass in der Literatur<br />

beim Vorliegen apikaler Ostitiden<br />

Ausheilungsquoten zwischen 63 % (Weiger<br />

et al.) und 93 % angegeben werden.<br />

Für letztere Zahl geben sie jedoch keine<br />

Literaturangabe.<br />

<strong>Deppe</strong>: Können sie ja auch gar nicht.<br />

Schließlich weiß jeder, der sich mit dem<br />

Thema ein wenig befasst hat, dass die Erfolgsquote<br />

in evidenzbasierten Studien lediglich<br />

um 70 % liegt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Noch dazu erwecken sie durch<br />

eine geschickte Verknüpfung gleich im<br />

Anschluss den Eindruck, dass die Allgemeinzahnärzte<br />

Erfolgsquoten von 63 %,<br />

die Spezialisten jedoch eine von 93 % haben.<br />

Abb.13: Verlaufskontrolle nach prothetischer<br />

Neuversorgung im April 2008<br />

55<br />

www.dental-barometer.de 05_2008


56 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 11<br />

<strong>Deppe</strong>: Gibt es andere Beispiele?<br />

<strong>Osswald</strong>: Jede Menge. So wird eine<br />

Studie von Sjögren zitiert, in der bei Vorliegen<br />

einer apikalen Ostititis nach fünf<br />

Jahren eine Ausheilungsquote von 92<br />

% belegt sein soll. Richtig ist, dass diese<br />

Quote nur bei gut der Hälfte der Zähne<br />

erzielt werden konnte. Und zwar nur bei<br />

den wenigen Zähnen, bei denen nach der<br />

Aufbereitung und Desinfektion in der<br />

Kultur Keimfreiheit in den Hauptkanälen<br />

nachgewiesen werden konnte. Wurde nur<br />

Keimarmut erreicht, heilten nur 68 % der<br />

Ostitiden aus. Insgesamt wurden aber nur<br />

55 Zähne untersucht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das reicht wohl kaum <strong>für</strong> eine<br />

valide Aussage.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dann schreiben sie, dass Byström<br />

und Sjögren über hohe Erfolgsraten<br />

durch Reduktion der Bakterienzahl auf<br />

ein nicht mehr nachweisbares Niveau berichten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kommt immer darauf an, was<br />

man bei der Behandlung einer einfachen<br />

bakteriellen Infektionskrankheit als hohes<br />

Niveau bezeichnet. Sie übersehen, dass<br />

hier nur über den kulturellen Nachweis<br />

von Bakterien in den mechanisch ausgezeichnet<br />

zugänglichen Hauptkanälen gesprochen<br />

wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Diejenigen, die es ernsthaft,<br />

also histologisch untersuchen, finden wie<br />

Nair et al. nach der endodontischen Behandlung<br />

von Zähnen mit apikaler Ostitis<br />

in mehr als 90 % der Fälle überlebende<br />

Bakterien nicht nur in den Nebenkanälchen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Auffällig ist, dass die Autoren als<br />

Begründung <strong>für</strong> einen Erfolg immer wieder<br />

die überlegene technische Ausrüstung<br />

der Spezialisten und dabei insbesondere<br />

das Operationsmikroskop hervorheben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Anpreisen trifft es wohl besser,<br />

<strong>Deppe</strong>. Dabei gibt es keine einzige Studie,<br />

die eine Verbesserung durch die Anwendung<br />

welchen modernen technischen Ge-<br />

Abb.14: Unmittelbar vor Revision<br />

im August 2000<br />

05_2008 www.dental-barometer.de<br />

Abb.15: Verlaufskontrolle im<br />

April 2008<br />

rätes auch immer belegen würde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da wundert es mich nicht, dass<br />

zu diesen Behauptungen jeglicher Literaturverweis<br />

fehlt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil sie deshalb ohne Netz<br />

und doppelten Boden herumeiern müssen,<br />

erfinden sie Sätze wie diesen, um über<br />

die fehlenden wissenschaftlichen Belege<br />

hinwegzutäuschen: „Die Prognose, die<br />

sich aus der Diagnose ergibt, hängt primär<br />

von der Erfahrung des Therapeuten und<br />

seinen technischen Möglichkeiten ab, weit<br />

weniger von der gestellten Diagnose.“<br />

<strong>Deppe</strong>: „Da haben Sie aber wirklich<br />

Glück, Frau Meier, dass Sie diese schwere<br />

Lungenentzündung entwickelt haben.<br />

Wenn ihr ordinärer Husten gleich indikationsgerecht<br />

ausgeheilt worden wäre,<br />

hätten Sie nie die Chance bekommen, von<br />

einem solch tollen Spezialisten wie mir behandelt<br />

zu werden!“<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist die Subjektivierung<br />

der Heilkunst, <strong>Deppe</strong>. Schlecht ist auch<br />

dieser nicht: „Ebenfalls muss die Erhaltungswürdigkeit<br />

nach erfolgreicher Therapie<br />

kritisch hinterfragt werden.“<br />

<strong>Deppe</strong>: Häh??!! Der gemeine Allgemeinzahnarzt<br />

würde eine erfolgreiche Therapie<br />

ohne kritische Hinterfragung der Erhaltungswürdigkeit<br />

des Zahnes erst gar nicht<br />

anstreben. Das ist wirklich nicht zu toppen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da muss ich Sie leider eines<br />

Besseren belehren: „Es konnte gezeigt<br />

werden, dass nach sieben Jahren vermehrt<br />

Remissionen bereits geheilter apikaler Parodontitiden<br />

auftreten“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie bitte? Nur echte Spezialisten<br />

können offensichtlich so toll behandeln,<br />

dass ausgeheilte Erkrankungen nach sieben<br />

Jahren spontan ein zweites Mal ausheilen.<br />

<strong>Osswald</strong>: PDHD, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Häh??!!<br />

<strong>Osswald</strong>: Posttreatment Diseaseless<br />

Healed Disease!<br />

Abb.16: Exazerbation einer Spezialisten-<br />

WF im Juni 2002<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum zeigen die Kollegen<br />

stattdessen nicht lieber ausgeheilte Fälle?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das fragen Sie ausgerechnet<br />

mich? Stattdessen zeigen sie eine Bilderserie,<br />

die belegen soll, dass bei einem durch<br />

WSR chirurgisch behandelten Zahn der<br />

apikale bakterielle Infekt nicht ausheilt,<br />

weil er wegen eines Stiftes vorher nicht<br />

konservierend revidiert werden konnte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das erste Bild zeigt den Zustand<br />

nach WSR im Jahre 1993 mit röntgenologischer<br />

Aufhellung. Das zweite aus dem<br />

Jahre 1996 zeigt den Zustand nach weitgehender<br />

knochendichter Ausheilung, das<br />

dritte die vollständig längsfrakturierte<br />

Wurzel in 1997, die jetzt wieder eine sehr<br />

deutliche Aufhellung aufweist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Vielleicht haben ja die belassenen<br />

Bakterien die Wurzel gespalten?<br />

<strong>Deppe</strong>: Oder die Autoren glauben, wir<br />

Hauszahnärzte mit eingeschränktem Behandlungsspektrum<br />

seien einfach zu dusselig,<br />

eine frakturierte Wurzel im Röntgenbild<br />

zu erkennen, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Gut, dass wir nie im Leben<br />

auf die Idee kämen, Vergleichbares ausgerechnet<br />

bei den Spezialisten zu vermuten,<br />

<strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Deshalb ziehen wir es vor, das<br />

einfach als unbewusste Verdrängung der<br />

Realität zu interpretieren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das passiert ja nicht nur in<br />

endodontologischen, sondern auch in anderen<br />

verschworenen Zirkeln, die ihren<br />

Tunnelblick kultivieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Jetzt haben sie endlich einmal<br />

ein veritables koronales Leck…<br />

<strong>Osswald</strong>: … und bemerken es vor<br />

Schreck gleich gar nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Meiomei. Dagegen, den Endodontologen<br />

bewusste Verbreitung von<br />

Falschaussagen zum Nachteil von Patienten<br />

und Kollegen zu unterstellen,<br />

sträubt sich in mir immer noch alles, was<br />

sich nur sträuben kann.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das ist auch nicht der Zweck,<br />

Abb.17: Verlaufskontrolle nach<br />

Revision im März 2003


<strong>Deppe</strong>. Solche Artikel dienen alleine dazu,<br />

die Mechanik, das eigene technische Gerät<br />

und sich selbst zu überhöhen ...<br />

<strong>Deppe</strong>: … um den Allgemeinzahnärzten<br />

damit Angst vor der Endodontie einzujagen,<br />

….<br />

<strong>Osswald</strong>: … und sie zur Überweisung<br />

ihrer solventen Patienten zu animieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: An der Behandlung des gemeinen<br />

AOK-Patienten können sie schließlich<br />

nicht interessiert sein.<br />

<strong>Osswald</strong>: Natürlich sind Revisionen<br />

nicht immer einfach. Nichtdestotrotz<br />

handelt es sich bei der Endodontie um<br />

eine Basisleistung der Zahnerhaltung. Das<br />

sollte im Regelfall jeder können. Das hat<br />

schließlich allein etwas mit der Mechanik<br />

zu tun, die man beherrschen muss.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein kluger Kollege hat einmal<br />

gesagt „Die Revision ist um so einfacher<br />

und geht um so schneller, je schlechter die<br />

Wurzelfüllung ist.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Diese ewige Angstmacherei<br />

vor der Behandlung der Endodontitis geht<br />

mir allmählich ziemlich auf den Senkel,<br />

<strong>Deppe</strong>. Endodontie muss so einfach und<br />

erfolgssicher sein wie die Extraktion, dann<br />

wird sie gerne und mit Freude gemacht –<br />

und das Honorar muss stimmen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man kann ja fast keine Fachzeitschrift<br />

aufmachen, ohne auf einen Artikel<br />

zu stoßen, der den Allgemeinzahnärzten<br />

die Endodontie vergrault.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie übersehen die Implantologie-Journale.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein Zynismus, <strong>Osswald</strong>! Ich<br />

wette, es wird sogar in der ZM bald losgehen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum um Himmels Willen<br />

wird immer so getan, als wären die Basisbehandlungen<br />

in der Zahnheilkunde<br />

nachgerade unerlernbar schwierig und erforderten<br />

den Spezialisten?<br />

<strong>Deppe</strong>: Weil diejenigen das so empfinden,<br />

die diese Artikel schreiben?<br />

<strong>Osswald</strong>: Was könnte unser Leben und<br />

Abb.18: Messaufnahme anlässlich der Revision<br />

im Januar 2008<br />

unsere Arbeit doch einfach sein, <strong>Deppe</strong>,<br />

wenn wir nicht Zahnärzte, sondern einfache<br />

Herzchirurgen geworden wären!<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Kollegen wegen einer banalen<br />

Revision auf den Horror zu bringen,<br />

macht nun wirklich keinen Sinn.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie zum Beispiel bei diesem<br />

Fall aus der Abbildung 14 und 15. Das ist<br />

der Normalfall. Wenn man die alte Wurzelfüllung<br />

komplett raus bekommt, was<br />

nicht schwierig ist, und die Aufhellung erreicht,<br />

ist die Ausheilung mit einem indikationsgerechten<br />

Protokoll in aller Regel<br />

überhaupt kein Problem mehr.<br />

<strong>Deppe</strong>: Besonders schwierig sind Revisionen<br />

ohne Zweifel, wenn die Kanäle von<br />

Spezialisten abgefüllt wurden, die versucht<br />

haben, die überlebenden Keime wie<br />

in einem Mausoleum einzuschließen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das kann man wohl laut sagen.<br />

Schauen Sie sich einmal die Abbildung<br />

16 an.<br />

<strong>Deppe</strong>: What an amazing shape, <strong>Osswald</strong>!<br />

Doch was nützt das alles, wenn der<br />

apikale Infekt vor dem Abfüllen nicht ausgeheilt<br />

wurde?<br />

<strong>Osswald</strong>: Maximale Kondensation von<br />

Guttapercha. Dazu noch ein knallharter<br />

Sealer. Da fummelt man dann schon deutlich<br />

mehr als eine Stunde. Aber schauen Sie<br />

auf Abbildung 17. Das Ergebnis ist trotz<br />

via falsa und belassenem frakturiertem Instrument<br />

durchaus befriedigend.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wir müssen die Endodontologen<br />

vielleicht noch einmal daran erinnern,<br />

dass zu einer im medizinischen und nicht<br />

nur im mechanischen Sinne lege-artis<br />

Wurzelfüllung ihre leichte Entfernbarkeit<br />

gehört. Dieses Postulat gilt ja eigentlich<br />

noch immer.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und das seit 100 Jahren. Das<br />

hat schon Miller gesagt. Und der hat, um<br />

noch einmal auf das doppelte Lottchen<br />

vom Kollegen Beer zurückzukommen,<br />

immerhin schon vor der endodontischen<br />

Lücke gelebt.<br />

TEIL 11 | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann müssten es ja sogar die Spezialisten<br />

wissen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und jetzt schauen Sie einmal<br />

auf die Wurzelkanalfüllung im Bild 18.<br />

<strong>Deppe</strong>: Astreine WF, die gerade konservierend<br />

revidiert wird.<br />

<strong>Osswald</strong>: Aufbereitet und abgefüllt<br />

wurde der Zahn vor 2002. Man kann nun<br />

wirklich nicht sagen, dass dieser Kollege<br />

nicht aufbereiten kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch besser aufbereiten und<br />

abfüllen muss man nun wirklich nicht<br />

können.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nichtsdestotrotz bildet sich<br />

eine apikale Ostitis aus, wegen der der<br />

Zahn in 2002 …<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist der nicht auch schon reseziert<br />

und retrograd verschlossen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Danke, danke! Im Namen aller<br />

Allgemeinzahnärzte!<br />

<strong>Deppe</strong>: Auf den Arm nehmen kann ich<br />

mich selber, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Weit gefehlt, <strong>Deppe</strong>. Immerhin<br />

haben Sie gerade überzeugend Zeugnis<br />

da<strong>für</strong> abgelegt, dass wir Allgemeinzahnärzte<br />

keineswegs zu dusselig sind, um<br />

Röntgenbilder zu interpretieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein Grund also, unser ohnehin<br />

schon eingeschränktes Leistungsspektrum<br />

durch einen „Master of Röntgenbildbetrachtung“<br />

noch weiter reduzieren<br />

zu lassen.<br />

<strong>Osswald</strong>: An der chirurgischen Intervention<br />

kann man in diesem Fall auch<br />

nicht herummäkeln. Schauen Sie auf die<br />

Abbildung 19: Zustand unmittelbar nach<br />

Resektion in 2002.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nichtdestotrotz heilt die Resektionshöhle<br />

nicht aus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Hammerscher Restschatten?<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Aufhellung vergrößert sich<br />

vielmehr im Laufe der Jahre massiv.<br />

<strong>Osswald</strong>: Also auch keine bindegewebige<br />

Ausheilung! Als die Patientin uns<br />

aufsuchte, kam reichlich Pus aus der Bifurkation.<br />

Inzwischen sind wir auf einem<br />

Abb.19: Unmittelbar nach WSR im August 2002 Abb.20: 1. Verlaufskontrolle im April 2008<br />

57<br />

www.dental-barometer.de 05_2008


58 KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | TEIL 11<br />

guten Weg. Die Abbildung 20 zeigt eine<br />

Zwischenkontrolle unmittelbar nach<br />

Probe-WF mit Ca(OH)2 nach nur drei<br />

Monaten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vollständig ausgeheilt ist der<br />

Prozess aber noch nicht!<br />

<strong>Osswald</strong>: Toll, <strong>Deppe</strong>. Ein weiterer Beleg<br />

da<strong>für</strong>, dass Sie röntgenfest sind!<br />

<strong>Deppe</strong>: Röntgenfest, aber nicht -dicht,<br />

<strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn sich ein derart gravierender<br />

pathologischer Befund, dessen<br />

Prognose von amerikanischen Endodontologen<br />

in aller Regel als infaust bezeichnet<br />

würde, in so kurzer Zeit so positiv verändert<br />

und klinisch Beschwerdefreiheit<br />

besteht, kann man mit sehr großer Sicherheit<br />

davon ausgehen, dass er nach WF im<br />

Laufe der nächsten 12 Monate vollständig<br />

knochendicht ausheilt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Können die Endodontologen die<br />

PRD eigentlich auch ausheilen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Was ist denn das jetzt schon<br />

wieder, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Post Resection Disease, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Cool, kannte ich noch nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hab’ ich auch gerade erst geprägt.<br />

So können wir vielleicht erreichen, endlich<br />

auch in Deutschland verstanden zu<br />

werden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Autoren behaupten es,<br />

zeigen aber keine Fälle. Ich kann Sie damit<br />

zuschütten. Wollen Sie noch welche<br />

sehen?<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein anderes Mal gerne. Die Ausheilungsquote<br />

bei der Revision von Zähnen<br />

mit apikaler Ostitis, die noch nicht<br />

resiziert wurden, beträgt, wenn man der<br />

wissenschaftlichen Literatur glauben mag,<br />

trotz intelligenter Fallauswahl nur um 60<br />

%.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Vorstellung, bereits resizierte<br />

Zähne konservierend auszuheilen,<br />

ist den Endodontologen offenbar so<br />

fremd, dass man darüber nicht eine einzige<br />

Studie findet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie hoch ist Ihre Quote bei<br />

bereits resizierten Zähnen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich kann das natürlich noch<br />

nicht mit konkreten Zahlen belegen, aber<br />

deutlich über 60 % sollten es schon sein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn ich die Fälle noch einmal<br />

Revue passieren lasse, die Sie hier aus Ihrer<br />

und anderen Praxen vorgestellt haben,<br />

mitsamt Ihrer logisch und wissenschaftlich<br />

sehr gut begründeten Argumentation,<br />

dann kann man kaum noch von Belegen<br />

sprechen.<br />

05_2008 www.dental-barometer.de<br />

<strong>Osswald</strong>: Danke <strong>für</strong> die Blumen, mein<br />

lieber <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sülzen Se’ mich nicht an, <strong>Osswald</strong>!<br />

Ich würde es mittlerweile vielmehr<br />

als bewiesen ansehen, dass das nicht nur<br />

in Deutschland gelehrte Endodontie-Protokoll<br />

dringend verändert werden muss,<br />

damit endlich Fortschritte bei der flächendeckenden<br />

Versorgung der Bevölkerung<br />

mit voraussagbar erfolgreicher Zahnerhaltung<br />

auch in etwas schwierigeren Fällen<br />

erzielt werden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Indem man die Schwierigkeiten<br />

in der Endodontie maßlos übertreibt<br />

und den Kollegen Angst vor einfach<br />

zu lösenden Fällen macht, um die eigenen<br />

Leistungen zu überhöhen und seine Spezialisierung<br />

auf einen kleinen <strong>Teil</strong>bereich<br />

der konservierenden Zahnheilkunde zu<br />

rechtfertigen, wird das mit Sicherheit<br />

nicht klappen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wo ist der Hochschullehrer, der<br />

endlich einmal auf den Tisch haut und<br />

sagt: „Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Zahnerhaltung ist gar nicht so<br />

schwierig, wie wir es bisher immer dargestellt<br />

haben. Das kann jeder von Ihnen lernen,<br />

der es lernen will. Sie müssen nur die<br />

richtigen Protokolle anwenden! Lassen Sie<br />

uns gemeinsam damit jetzt anfangen!“<br />

<strong>Osswald</strong>: Wirklich schwierig ist in der<br />

Tat nur die fachübergreifende Behandlung<br />

komplexer Fälle. Die Einzelschritte<br />

in den einzelnen Disziplinen sind dagegen<br />

gar nicht so schwierig, wenn man sie klar<br />

strukturiert und nicht unnötig verkompliziert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Hülsmann behauptet<br />

immerhin, dass 50 % der in der allgemeinzahnärztlichen<br />

Praxis endodontisch<br />

behandelten Zähne nach fünf Jahren nicht<br />

mehr im Munde des Patienten stehen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Ahnung, woher solche<br />

Zahlen stammen. Aus unserer Praxis<br />

jedenfalls nicht. Und ich habe durch<br />

meine Kurse inzwischen landauf, landab<br />

sehr viele kompetent diagnostizierende<br />

und therapierende Allgemeinzahnärzte<br />

kennengelernt, aus deren Praxen sie auch<br />

nicht kommen können.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn es denn aber so sein sollte,<br />

<strong>Osswald</strong> …<br />

<strong>Osswald</strong>: … dann handelt es sich um<br />

ein ernsthaftes Problem der Volksgesundheit<br />

…<br />

<strong>Deppe</strong>: … das man mit Spezialisten,<br />

Mastern und Fachzahnärzten in keinem<br />

Fall lösen kann. Zumindest dann nicht ...<br />

<strong>Osswald</strong>: … wenn man wenigstens in<br />

diesem Jahrhundert noch ein Stückchen<br />

vorankommen will, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Bei der Lösung dieses Problems<br />

führt kein Weg am kompetent diagnostizierenden<br />

und therapierenden Allgemeinzahnarzt<br />

vorbei.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und damit kommen wir zum<br />

Schluss noch einmal auf das eingangs erwähnte<br />

Editorial von Professor Hülsmann<br />

zurück.<br />

<strong>Deppe</strong>: In einigen Absätzen rudert er<br />

inzwischen mächtig zurück, um in unser<br />

Fahrwasser zu gelangen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Er befindet sich offensichtlich<br />

gerade im Übergang zu Stadium 3.<br />

<strong>Deppe</strong>: Häh??<br />

<strong>Osswald</strong>: Die drei Stadien des wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisgewinns, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Ach so. Erstens: Was Sie erzählen<br />

ist obsolet. Zweitens: Ihre Belege sind<br />

wissenschaftlich nicht evident. Drittens:<br />

Das habe ich schon immer gesagt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Er schreibt beispielsweise, dass<br />

die Erscheinungsweise der Wurzelkanalfüllung<br />

im postoperativen Bild nicht so<br />

entscheidend sei. Entscheidend sei die<br />

Darstellung des Periapex’.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und dann wörtlich: „Dies lenkt<br />

den Blick stärker auf die biologischen Aspekte<br />

der endodontischen Tätigkeit denn<br />

auf technische und technologische Feinheiten<br />

oder ästhetische Aspekte von Wurzelkanalpräparation<br />

und -füllung und<br />

macht letztlich den Unterschied<br />

zwischen Handwerk und (zahn-)ärztlicher<br />

Tätigkeit.“<br />

<strong>Osswald</strong>: „Medizinisch“ hätte es besser<br />

getroffen als „biologisch“. „Biologisch“<br />

erinnert verdammt an „biologisch verträglich“<br />

und damit an das bundesendodontologische<br />

Ca(OH)2-Dogma.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Dennhardt schreibt, dass<br />

die Wirksamkeit von Ca(OH)2 auf Bakterien<br />

mehrfach nachgewiesen wurde.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da bin ich aber erleichtert,<br />

<strong>Deppe</strong>. Ansonsten müsste man sich wirklich<br />

fragen, warum es überhaupt angewendet<br />

wird.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass nichts in der Endodontie<br />

mit so großer wissenschaftlicher Evidenz<br />

belegt ist wie die Tatsache, dass es auf sehr<br />

wesentliche endodontitisrelevante Erreger<br />

vollständig unwirksam ist, schreibt er<br />

nicht?<br />

<strong>Osswald</strong>: Natürlich nicht, denn dann<br />

müsste er ja etwas anderes empfehlen, was<br />

er entweder nicht darf, weil es die DGZ-<br />

MK <strong>für</strong> obsolet hält, oder nicht kann, weil<br />

seine Kollegen sonst bemerken würden,


dass er sich in der endodontischen Lücke<br />

verlustiert hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da<strong>für</strong> schreibt Kollege Hülsmann:<br />

„Es ist eine verständliche, aber irreführende<br />

Unart, im Röntgenbild mehr<br />

das Helle zu bewundern, als das Dunkle<br />

zu <strong>für</strong>chten!“<br />

<strong>Osswald</strong>: Das muss man dann allerdings<br />

wirklich als einen sehr bedeutsamen<br />

Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> die Zukunft der<br />

Endodontologie in Deutschland und an<br />

der Hochschule bezeichnen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die periapikale Aufhellung und<br />

damit der periapikale bakterielle Infekt<br />

rücken auch bei den Endodontologen<br />

endlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit<br />

<strong>Osswald</strong>: Da sind sicher wieder wir dran<br />

schuld, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Geschenkt, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Von dort aus ist es nur noch<br />

ein kleiner Schritt zu der Erkenntnis,<br />

dass man auf die Anwendung von konzentriertem<br />

NaOCl dringend verzichten<br />

muss, wenn man das individuelle Immunsystem<br />

des jeweiligen Patienten in seinem<br />

Bemühen um Selbstheilung wirkungsvoll<br />

unterstützen will, indem man die Bakterien<br />

überall dort vor dem definitiven<br />

Verschluss wirksam abtötet, wo sie sich<br />

aufhalten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Weiter geht’s: „Misserfolge haben<br />

ihre Ursache nicht immer nur im Bläschen<br />

in der Wurzelkanalfüllung, dem nicht<br />

optimalen „shape“ oder dem fehlenden<br />

Viertelmillimeter, sondern sie entstehen<br />

in vielen Fällen bereits viel früher, manchmal<br />

bereits während der Diagnostik.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Diagnose ist tatsächlich<br />

entscheidend. Darüber haben wir hier ja<br />

schon ausführlich gesprochen. Wir können<br />

aber nicht jeden Zahn extrahieren,<br />

um histologisch die richtige Diagnose<br />

stellen zu können.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und anders als histologisch geht<br />

das in der Endodontie nun einmal nicht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit dem Hereinstecken von<br />

Papierspitzen in die Hauptkanäle und ihre<br />

anschließende bakteriologische Untersuchung<br />

ist es nun wirklich nicht getan ...<br />

<strong>Deppe</strong>: … obwohl es immer wieder versucht<br />

wird …<br />

<strong>Osswald</strong>: … und mehr als 99 % der endodontologischen<br />

Studien sich den Bakteriennachweis<br />

betreffend darauf beschränken.<br />

<strong>Deppe</strong>: Immerhin werden wenigstens<br />

die zahllosen Journale dadurch voll.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da wir aber auch mit dem<br />

Dentalmikroskop weder in das apikale<br />

Delta, noch in die Nebenkanälchen, die<br />

Blindkanälchen, die Verbindungskanälchen,<br />

die Seitenkanälchen und erst recht<br />

nicht in die Tubuli hereinschauen können<br />

...<br />

<strong>Deppe</strong>: … müssen wir uns bei der Therapie<br />

an den von Walkhoff formulierten<br />

Grundsatz halten, dass man die Erreger<br />

und ihre Virulenz zum Wohle von Patient<br />

und Behandler besser über- als unterschätzen<br />

sollte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Um dieser wesentlichen Erkenntnis<br />

nach nunmehr fast 100 Jahren<br />

zum Durchbruch zu verhelfen, muss man<br />

allerdings die endodontische Lücke in der<br />

Geschichte der Zahnheilkunde wieder<br />

schließen, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das sollte spätestens nach der<br />

Lektüre des Folgenden ja wohl eine der<br />

leichteren Übungen sein, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Altvorderen waren mechanisch<br />

behindert, haben aber da<strong>für</strong> medizinisch<br />

indikationsgerecht behandelt, will<br />

heißen, geduldig und mit den richtigen<br />

Medikamenten desinfiziert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Heute sind die Spezialisten mechanisch<br />

hochgerüstet, behandeln den<br />

bakteriologischen Infekt aber nicht mehr<br />

indikationsgerecht. Kein Wunder also,<br />

dass es in den letzten 60 Jahren keinen<br />

Fortschritt in der Endodontie gegeben<br />

hat.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das Geheimnis des langfristig<br />

voraussagbaren endodontischen Erfolges<br />

auch in etwas schwierigeren Fällen liegt in<br />

der Kombination von ordentlicher mechanischer<br />

Aufbereitung und genau so sorgfältiger<br />

wie geduldiger Desinfektion mit<br />

potenten Desinfektionsmitteln.<br />

<strong>Deppe</strong>: Worin denn auch sonst, <strong>Osswald</strong>.<br />

In den etwas schwierigeren Fällen<br />

haben wir es in der Endodontie schließlich<br />

mit bakteriellen Infektionen zu tun,<br />

die eine Anamnese von mehreren Jahren<br />

haben können.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es zeugt von Selbstüberschätzung,<br />

wenn der Endodontologe meint, er<br />

könne erreichen, was die Natur nicht alleine<br />

geschafft hat, indem er sich nur ein<br />

einziges Mal ganz kurz mit dem Zahn<br />

beschäftigt und dabei deutlich weniger<br />

als die Hälfte dessen mechanisch reinigt,<br />

was er entfernen müsste, wenn er 100%ig<br />

mechanisch reinigen wollte. Und wenn er<br />

noch dazu wesentliche infizierte Bereiche<br />

um die Wurzeln herum von seiner Therapie<br />

vollständig ausschließt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann können wir zum Abschluss<br />

vielleicht noch die sehr berechtigte<br />

TEIL 11 | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

Frage beantworten, die der Kollege Gernhardt<br />

aus der Universität Halle in seinem<br />

Editorial stellt. Er schreibt, dass alle, die<br />

sich <strong>für</strong> den endodontischen Zahnerhalt<br />

engagieren, doch im gleichen, richtigen<br />

Boot sitzen, wundert sich über die groteske<br />

Streiterei und stellt die Frage: „Endodontie<br />

– Welche ist die richtige?“<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Beantwortung dieser<br />

Frage betreffend hat der Kollege Brückmann<br />

anlässlich einer Diskussion auf der<br />

Logies-Liste bereits vor sehr langer Zeit<br />

einen Kompromissvorschlag gemacht, den<br />

leider nur ich sofort unterschrieben habe.<br />

Kollege Zeppenfeld, mit dem ich damals<br />

diskutiert habe, hat es dagegen vorgezogen,<br />

die Liste nachgerade fluchtartig und<br />

ohne Unterschrift zu verlassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie lautete Brückmanns Vorschlag?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ganz einfach, <strong>Deppe</strong>: Aufbereiten<br />

wie Hülsmann. Desinfizieren wie<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Where’s the beef?<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong>: lebt in Münster.<br />

Er vertritt hier seine persönliche Meinung.<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong>: ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München,<br />

Geschäftsführer des BVAZ und Referent<br />

der Akademie <strong>für</strong> praxisnahe Zahnheilkunde.<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Berlin: 12.07.2008<br />

Ì Münster: 13.09.2008<br />

Ì Köln/Bonn: 18.10.2008<br />

Ì Leipzig: 08.11.2008<br />

Ì München: 15.11.2008<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebühr: 249,- E (inkl. MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

59<br />

www.dental-barometer.de 05_2008


58<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | LETZTER TEIL<br />

<strong>Osswald</strong>: „Ich kenne die Weise, ich kenne<br />

den Text, ich kenn auch die Herren<br />

Verfasser; Ich weiß, sie tranken heimlich<br />

Wein und predigten öffentlich Wasser.“<br />

<strong>Deppe</strong>: Heinrich Heines Wintermärchen,<br />

<strong>Osswald</strong>, wie kommen Sie drauf?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil es zum Sommermärchen<br />

mal wieder nicht gereicht hat, und es momentan<br />

an Beispielen geradezu wimmelt,<br />

<strong>Deppe</strong>. Alterozentriertes Denken in einer<br />

verkehrten Welt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Alterozentriert, also auf den anderen<br />

und nicht sich selbst zentriert: Orientierung<br />

eigenen Denkens und Handelns<br />

primär am Nutzen des anderen. Gegensatz:<br />

egoistisch. Das ist die Kurzdefinition<br />

ärztlichen Handelns. Was hat das mit<br />

Heine zu tun?<br />

<strong>Osswald</strong>: In der schönen neuen Welt<br />

zentriert man sich zwar auf den anderen,<br />

allerdings weniger zu seinem Nutzen als<br />

vielmehr, um ihm Sand in die Augen zu<br />

streuen, damit er nicht bemerkt, dass man<br />

nicht seine, sondern die eigenen Ziele verfolgt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das wäre egoistisch.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie gefällt Ihnen scheinheilig?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das müssen Sie belegen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen<br />

soll, <strong>Deppe</strong>. Berufspolitisch oder<br />

zahnmedizinisch?<br />

<strong>Deppe</strong>: Heute schlecht drauf, <strong>Osswald</strong>?<br />

Verstehe ich gar nicht. Wo doch Ihr Berufsverband<br />

der Allgemeinzahnärzte<br />

(BVAZ, www.bvaz.de) gerade wieder einen<br />

tollen Erfolg verbuchen konnte. Die<br />

Allianz gegen die Änderung der Weiterbildungsordnung…<br />

<strong>Osswald</strong>: Also berufspolitisch. Richtig<br />

ist, dass es dem BVAZ endlich gelungen<br />

ist, die Bundeszahnärztekammer (BZÄK)<br />

06_2008 www.dental-barometer.de<br />

DEPPE<br />

<strong>vs</strong>.<br />

OSSWALD<br />

Eine in den vergangenen knapp 2 Jahren meist gelesenen <strong>Kolumne</strong>n im Dental Barometer findet mit diesem<br />

letzten <strong>Teil</strong> ihr Ende. Wir hoffen, Ihnen liebe Leserinnen und Lesern, Einblicke fachlicher Kompetenz entgegen<br />

dem "berufspolitischen Strom" ermöglicht zu haben. Lesen sie nun den letzten "Schlagabtausch" zwischen<br />

den beiden Kontrahenten. (Red.)<br />

davon zu überzeugen, dass ihre Rahmenvertrag<br />

gewordene Interpretation falsch<br />

war: Das Bologna-Protokoll begründet<br />

die Forderung nach der Einführung gegen<br />

Geld bei der Hochschule zu absolvierenden<br />

sogenannten postgradualen Masterstudiengängen<br />

in keiner Weise.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das klar zu machen, war mindestens<br />

genau so mühsam, wie die Hochschullehrer<br />

innerhalb der DGZMK davon<br />

zu überzeugen, dass ihre wissenschaftlichen<br />

Stellungnahmen entgegen ihrer<br />

Überzeugung sehr wohl Leitlinien sind.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zwar auf niedrigstem wissenschaftlichem<br />

Niveau, aber immerhin.<br />

Die Frage ist, ob diese Erfolge des BVAZ<br />

nachhaltig sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man sieht immerhin sehr deutlich,<br />

dass sich die Allgemeinzahnärzte<br />

nicht wie Schafe zur Schlachtbank führen<br />

lassen müssen, wenn sie sich organisieren<br />

und wehren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auffällig ist, dass man derart<br />

grundsätzliche Irrtümer nicht in einem<br />

einzigen kollegialen Gespräch ausräumen<br />

kann, sondern dass es dazu erst einer sich<br />

in ihrer Lautstärke kontinuierlich verstärkenden<br />

und immer direkteren Sprache<br />

bedarf.<br />

<strong>Deppe</strong>: Richtige Funktionäre geben eben<br />

erst auf, wenn sie mit erhobenen Händen<br />

mit dem Rücken zur Wand stehen!<br />

<strong>Osswald</strong>: „Majestät, die Menschen haben<br />

kein Brot…<br />

<strong>Deppe</strong>:…dann sollen sie doch Kuchen<br />

essen“, soll Marie Antoinette auf die Erklärung<br />

eines Dieners <strong>für</strong> den revolutionären<br />

Lärm vor der eigenen Haustüre<br />

geantwortet haben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn die BZÄK so weiter<br />

macht, könnte es dazu kommen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Warum denn das? Das Gespräch<br />

zwischen dem Präsidenten der BZÄK,<br />

Dr. Dr. Weitkamp, dem Präsidenten der<br />

DGZMK, Prof. Dr. Dr. Hoffmann und<br />

dem Vorsitzenden der KZBV Dr. Fedderwitz<br />

in den ZM lässt doch keinen Wunsch<br />

offen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zumindest keinen nach noch<br />

mehr Wasser, <strong>Deppe</strong>. Lediglich Fedderwitz<br />

schenkt dort zweifelsfrei Wein aus.<br />

Dass dort kein einziges Wort über den<br />

BVAZ verloren wurde, dem es zu verdanken<br />

ist, dass die Herren Weitkamp und<br />

Hoffmann zu Zitaten wie „Der Generalist<br />

ist die Säule der zahnmedizinischen<br />

Betreuung“, oder, „Der Bologna-Prozess<br />

liefert keine Begründung <strong>für</strong> postgraduale<br />

Masterstudiengänge“ motiviert wurden,…<br />

<strong>Deppe</strong>:…um nicht zu sagen gezwungen<br />

werden mussten,…<br />

<strong>Osswald</strong>:…wundert dann doch ein wenig.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dass die Existenz und die erfolgreiche<br />

Arbeit des BVAZ verleugnet<br />

werden, belegt doch nur, dass man in gewissen<br />

Kreisen extrem besorgt darüber ist,<br />

dass er so schnell wächst.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich sehe es ja auch eher als<br />

Kompliment, <strong>Deppe</strong>. Dass rein gar nichts<br />

über die Hintergründe berichtet wird, die<br />

zu diesem Gespräch geführt haben, ist allerdings<br />

Heinewasser pur.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ein Meisterstück des gleichzeitig<br />

manipulierten und manipulierenden<br />

Journalismus.<br />

<strong>Osswald</strong>: O tempora, oh mores….<br />

<strong>Deppe</strong>:…hätte Cicero ohne jeden Zweifel<br />

<strong>für</strong> alle vernehmlich geseufzt, wenn er<br />

das gelesen hätte. „Allgemeinzahnarzt“<br />

mag man uns in diesen Kreisen offensichtlich<br />

gar nicht mehr nennen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Unsere korrekte Berufsbe-


zeichnung „Allgemeinzahnarzt“ erinnert<br />

offenbar viel zu deutlich an den „Facharzt<br />

<strong>für</strong> Allgemeinmedizin“, der wir im Fachbereich<br />

Zahnheilkunde zweifellos sind.<br />

<strong>Deppe</strong>: Der Wissenschaftsrat fordert von<br />

der Hochschule explizit den Oralmediziner,<br />

und ….<br />

<strong>Osswald</strong>:…nachdem der „Hauszahnarzt“<br />

durch Professor Noacks Präzisierung<br />

„mit eingeschränktem Leistungsspektrum“<br />

im Weissbuch ZahnMedizin, Band<br />

2 durch unseren energischen Einspruch<br />

verbannt ist, muss schnell ein anderer her:<br />

„Familienzahnarzt“ oder noch schlichter<br />

„Generalist“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das unterscheidet uns dann<br />

endlich deutlich genug vom gegen Geld<br />

postgradual erworbenen Master oder<br />

Fachzahnarzt mit der Lizenz zur lege artis-Behandlung<br />

…<br />

<strong>Osswald</strong>:…und erinnert an den Hausarzt<br />

mit Schmalspurausbildung, zu dem<br />

man uns schlecht reden möchte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wo fließt der Wein, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Zwischen den Zeilen, <strong>Deppe</strong>.<br />

Obwohl die Bologna-Finte im eigenen<br />

Rohr krepiert ist, mögen die DGZMK<br />

unter Hoffmann und die BZÄK unter<br />

Weitkamp noch immer nicht von ihrer<br />

Rahmenvereinbarung lassen, in der sie ihr<br />

Wasser angeliefert haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: In einem zweiten Anlauf will<br />

man die Flaschen offensichtlich nur umetikettieren<br />

…<br />

<strong>Osswald</strong>:…und quält sich in dem Bemühen,<br />

die Notwendigkeit der Implementierung<br />

des modularen Weiterbildungssystems<br />

irgendwie anders zu begründen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nach diesem modularen Konzept<br />

sollen dieselben Hochschullehrer, die<br />

den Studenten das notwendige zahnmedizinische<br />

Wissen nach eigener Aussage<br />

nicht mehr vermitteln können, weil es<br />

von allen unbemerkt plötzlich unter ihrer<br />

fleißigen Hände Arbeit explodiert ist, den<br />

niedergelassenen Allgemeinzahnarzt gegen<br />

Geld zum Master und Fachzahnarzt<br />

<strong>für</strong> was auch immer weiterbilden und mit<br />

der Lizenz zur lege artis-Behandlung ausstatten<br />

dürfen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die dazu notwendige Änderung<br />

der Weiterbildungsordnung wird<br />

deshalb jetzt nicht mehr mit dem Bologna-Protokoll,<br />

sondern einfach mit dem<br />

Hochschulrahmengesetz, der überfälligen<br />

Strukturierung des Wildwuchses und dem<br />

unverzichtbaren Schutz der unwissenden<br />

Patienten vor Teufelszeug begründet. Und<br />

selbstverständlich – das scheint in Hochschulkreisen<br />

als das Tafelwasser schlechthin<br />

zu gelten – wie immer mit Europa.<br />

<strong>Deppe</strong>: Strukturierung von Wildwuchs<br />

und Europa, <strong>Osswald</strong>? Das klingt <strong>für</strong>wahr<br />

so, als wolle man Weihwasser verspritzen.<br />

Die überfällige Neustrukturierung der<br />

universitären Lehre und Forschung wäre<br />

vielmehr angesagt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sollten die Herren wirklich<br />

nicht sehen, dass sie mit ihrem Vorhaben<br />

genau das Gegenteil erreichen werden?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das kann man sich kaum vorstellen.<br />

<strong>Osswald</strong>: In Europa müssen schließlich<br />

alle Titel untereinander anerkannt werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie lange wird es wohl dauern,<br />

bis wir hier mit Billig-Master-Titeln zugeschüttet<br />

werden, wenn diese abwegigen<br />

Beschlüsse in Deutschland umgesetzt<br />

werden, und es sich an den Unis europaweit<br />

wie ein Lauffeuer verbreitet, dass man<br />

damit eine gute Mark machen kann?<br />

<strong>Osswald</strong>: Um beispielsweise zu lernen,<br />

eine ordentliche telekopierende Arbeit<br />

einzugliedern, müssen approbierte Zahnärzte<br />

nun wirklich nicht nach Greifswald<br />

wallfahren, um beim Kollegen Meyer 30<br />

Kilo Euro plus Nebenkosten abzuliefern.<br />

Das lernen sie bei einem kompetenten Allgemeinzahnarzt<br />

schließlich innerhalb der<br />

ersten drei Monate ihrer Weiterbildung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wenn sie es dort nicht<br />

lernen, besteht an preiswerteren Fortbildungsangeboten<br />

nun wahrlich kein<br />

Mangel. Meyer stellt seinen Hochschulkollegen<br />

mit seinem Programm <strong>für</strong> den<br />

Zahnersatz-Meister ein nachgerade katastrophales<br />

Armutszeugnis aus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Genau wie der Kammerpräsident<br />

von Brandenburg, Dipl.-Stom. Jürgen<br />

Herbert, seinen Allgemeinzahnärzten<br />

mit dem Weiterbildungsprogramm „Fachzahnarzt<br />

<strong>für</strong> Allgemeine Zahnheilkunde“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schon die Bezeichnung rieselt<br />

einem peinlich den Rücken hinunter:<br />

Fachzahnarzt <strong>für</strong> Zahnheilkunde.<br />

<strong>Osswald</strong>: In Brandenburg hat die Kammer<br />

offensichtlich Angst, dass die Kollegen<br />

von ihren Patienten mit einem „Fach-<br />

ZAHNarzt <strong>für</strong> Gynäkologie verwechselt<br />

werden könnten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Haben Sie mal ins Programm<br />

geschaut?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das mache ich aus Angst, aus<br />

dem Lachen vielleicht nicht mehr herauszukommen,<br />

garantiert kein zweites Mal.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein Wunder, dass kaum einer<br />

LETZTER TEIL | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

<strong>für</strong> etwas Geld bezahlen will, was er bei<br />

einem ordentlichen Allgemeinzahnarzt<br />

im ersten Lehrjahr lernt. War der BVAZ<br />

nicht mal bei Herbert eingeladen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Gleich nach seiner Gründung.<br />

Das war praktisch unser erster berufspolitischer<br />

Kontakt. Da waren wir ganz neu<br />

im Haifischbecken. Die haben uns zumindest<br />

berufspolitisch nach Strich und<br />

Faden vorgeführt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Herbert wollte offensichtlich<br />

nur die angedrohte Klage gegen<br />

seinen Fachzahnarzt abwenden, um seine<br />

Diplomstomatologen zu befriedigen.<br />

Koste es, was es wolle.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wer nur auf einen Titel scharf<br />

ist, um Zugang zu Selektivverträgen oder<br />

den bereits hochschulseitig angedachten<br />

sektoralen HVMs zu bekommen, wird<br />

diese über kurz oder lang <strong>für</strong> einen Bruchteil<br />

des Geldes im europäischen Ausland<br />

erwerben können, wenn sich herumgesprochen<br />

hat, dass mit dieser Investition<br />

hierzulande eine ordentliche Rendite zu<br />

erzielen ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Den Titel „Dübelmeister“ kann<br />

man ja schon jetzt während eines Kurzurlaubs<br />

in Kuba oder Russland erwerben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ganz besonders schlau meinten<br />

BZÄK und DGZMK offensichtlich<br />

zu sein, als sie in die Rahmenvereinbarung<br />

hereingeschrieben haben, ein wahrer Meister<br />

könne man nur an einer Universität<br />

werden, an der es einen Lehrstuhl <strong>für</strong> das<br />

entsprechende Fach gibt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das sollte Krems ein <strong>für</strong> alle mal<br />

außen vor halten. Das war ja die allererste<br />

Begründung <strong>für</strong> die Notwendigkeit, den<br />

Wildwuchs zu strukturieren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und was macht man in<br />

Krems?<br />

<strong>Deppe</strong>: In Krems werden postwendend<br />

zahnmedizinische Lehrstühle geschaffen.<br />

Hier scheint es ganz offensichtlich nicht<br />

um kleines Geld zu gehen.<br />

<strong>Osswald</strong>: All diese Bemühungen wurden<br />

neulich von einem Ausnahme-Hochschullehrer<br />

sehr treffend kommentiert:<br />

"Ehe die Hochschule den Allgemeinzahnärzten<br />

und den Patienten ein System der<br />

Superspezialisierung aufoktroyiert, das<br />

fast niemand braucht, weil es nur einigen<br />

Wenigen nützt, soll sie gefälligst erst<br />

einmal den eigenen Laden in Ordnung<br />

bringen. Die Mehrzahl der Fächer, <strong>für</strong> die<br />

neuerdings Fachzahnärzte gefordert werden…<br />

<strong>Deppe</strong>:…Endodontologe, Milchzahnarzt,<br />

Parodontologe…<br />

59<br />

www.dental-barometer.de 06_2008


60<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | LETZTER TEIL<br />

<strong>Osswald</strong>:…sind an der Hochschule in<br />

der Kons zusammengefasst,…<br />

<strong>Deppe</strong>:…wie vor 100 Jahren…<br />

<strong>Osswald</strong>:…und da hockt ein Professor,<br />

der die Abteilung leitet wie eine normale<br />

Allgemeinpraxis, weil er sich mit Händen<br />

und Füßen dagegen wehrt, dem Nachwuchs<br />

etwas ab- und der Verbesserung<br />

von Lehre und Forschung eine Chance zu<br />

geben."<br />

<strong>Deppe</strong>: Ganz offensichtlich ist man entschlossen,<br />

die Lehre, wenn schon nicht<br />

zu verbessern, dann doch wenigstens zu<br />

versilbern. Nebenbei wurde in den letzten<br />

Jahren die universitäre Parodontologie sogar<br />

zurückgefahren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Als BZÄK in einer gemeinsamen<br />

Presseerklärung mit der KZBV<br />

mit Hinweis auf die Entwicklungen bei<br />

den Ärzten vor einer Zersplitterung des<br />

Berufsstandes zu warnen, sie gleichzeitig<br />

aber voranzutreiben, ist Heine-Wasser in<br />

seiner reinsten Form.<br />

<strong>Deppe</strong>: Fast, <strong>Osswald</strong>. Den reinsten<br />

Tropfen schenkt der Kollege Dieckhoff<br />

aus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ist das der Kammerpräsident<br />

von Westfalen-Lippe, Mitglied des Vorstandes<br />

der Bundeszahnärztekammer,<br />

Vorsitzender des gemeinsamen Beirats<br />

Fortbildung der BZÄK und DGZMK<br />

und ehemaliger Aspirant <strong>für</strong> Weitkamps<br />

Nachfolge?<br />

<strong>Deppe</strong>: Eben jener, <strong>Osswald</strong>, aber wieso<br />

ehemalig?<br />

<strong>Osswald</strong>: Man kann sich nach allem,<br />

was jetzt nicht mehr geheim, sondern<br />

endlich öffentlich diskutiert wird, wohl<br />

kaum noch vorstellen, dass ein solch glühender<br />

Verfechter von allen möglichen<br />

und unmöglichen „Fachzahnärzten <strong>für</strong><br />

<strong>Teil</strong>zahnheilkunde “ noch Chancen hat,<br />

Weitkamp gegen den erklärten Willen der<br />

erdrückenden Mehrzahl der Wähler zu<br />

beerben, oder?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das wäre dann wirklich eine Ge-<br />

06_2008 www.dental-barometer.de<br />

schichte aus dem Tollhaus.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie meinen also, dass man genau<br />

damit rechen muss?<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie in den ZM zu lesen war, hat<br />

er sich Kollege Dieckhoff im Vorstand der<br />

BÄZK <strong>für</strong> die Einführung des modularen<br />

Weiterbildungskonzeptes ganz besonders<br />

stark gemacht, weil es nach seiner Überzeugung<br />

die unabdingbare Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong> schafft, dass die dringliche Implementierung<br />

weiterer Fachzahnärzte wie<br />

geschmiert laufen wird. Zitat aus den<br />

ZM: "Was die Fachzahnarztgebiete angehe,<br />

führe bereits die Existenz postgradualer<br />

Studiengänge zu ihrer Weiterentwicklung.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Klassischer Fall von „Auf die<br />

falsche Karte gesetzt“, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das hält ihn aber – wenn ich<br />

richtig informiert wurde – keineswegs davon<br />

ab, in einer Rede auf einer Delegiertenversammlung<br />

in Baden-Württemberg<br />

zu behaupten, die Bundeszahnärztekammer<br />

habe die Implementierung weiterer<br />

Fachzahnärzte schon immer grundsätzlich<br />

abgelehnt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Heine-Wasser!<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch dazu hat er daselbst behauptet,<br />

wenn ich richtig informiert wurde,<br />

dass die BZÄK in dieser Angelegenheit<br />

mehrfach auf den BVAZ zugegangen sei,<br />

dieser das Gespräch jedoch konsequent<br />

verweigert habe.<br />

<strong>Osswald</strong>: Heine-Wasser pur! Ein einziges<br />

Mal ist die BZÄK auf den BVAZ zugekommen.<br />

Und selbstverständlich sind wir<br />

auf eigene Kosten in den Olymp nach Berlin<br />

gereist, um dort vor zahlreichen Zuhörern<br />

die Position der Allgemeinzahnärzte<br />

unmissverständlich zu erläutern. Wobei<br />

die Betonung auf „unmissverständlich“<br />

liegt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und warum hat man davon nie<br />

etwas gehört?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil wir zum Stillschweigen<br />

verdonnert wurden. Nachdem wir uns<br />

nicht umarmen ließen, was nach unserer<br />

Einschätzung das erklärte Ziel der Übung<br />

war, mutierte die offizielle Einladung zum<br />

Meinungsaustausch gegen Ende unvermutet<br />

zum hochvertraulichen Gespräch,<br />

über das Stillschweigen vereinbart werden<br />

musste und eine gemeinsame Pressemitteilung<br />

verweigert wurde!<br />

<strong>Deppe</strong>: Haifischbecken! In der Folge,<br />

und nur so, konnte Dieckhoff behaupten,<br />

es habe kein Gespräch stattgefunden, weil<br />

sich der BVAZ verweigert habe.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und weil es so ist, fühlen wir<br />

uns auch nicht mehr länger an dieses<br />

Schweigegelöbnis gebunden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Jungs sind eben mit allen<br />

Wassern gewaschen und uns dusseligen<br />

Hauszahnärzten hauchhoch überlegen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Leider beschränkt sich das<br />

eindeutig auf das berufspolitische Ränkespiel,<br />

so dass die Patienten nichts davon<br />

haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und zahnmedizinisch, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wasser oder Wein, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Gerne einen Schluck Wein. Ich<br />

kann gerade kein Wasser mehr sehen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Während es in den Fachzeitschriften<br />

der Endodontologen und in ihren<br />

Lehrbüchern nur so von nicht ausgeheilten<br />

Fällen wimmelt, brauchen wir hier<br />

nur einen einzigen noch nicht vollständig<br />

ausgeheilten Patientenfall zu zeigen, und<br />

schon ist das Geschrei groß. Schauen Sie<br />

auf die Bilder eins bis drei.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich hatte Sie gewarnt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn ich jedes Mal auf Sie<br />

gehört hätte…<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie hatten die Kontrollaufnahme<br />

dieses alio loco resezierten wurzelkanalbehandelten<br />

unteren Sechsers gezeigt. Dann<br />

den Zustand nach Exazerbation nach<br />

Resektion. Und schließlich die erste Verlaufskontrolle<br />

nach orthograder Revision<br />

und sorgfältiger Desinfektion bei Zustand<br />

nach Probe-WF mit Calxyl. Nach meinem<br />

Abb.1: Unmittelbar nach WSR im August 2002 Abb.2: Exazerbation im Dezember 2008 Abb.3: 1. Verlaufskontrolle im April 2008


warnenden Hinweis hatten Sie erklärt, der<br />

Rest werde sicher voraussagbar ausheilen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das konnte sich ein Endodontologe<br />

ganz offensichtlich überhaupt nicht<br />

vorstellen. Er hat mir geschrieben, dass ich<br />

mich felsenfest darauf verlassen könne,<br />

dass er sich zu einem späteren Zeitpunkt<br />

sehr öffentlich und nachdrücklich nach<br />

dem weiteren Verlauf dieses Falles erkundigen<br />

würde.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schreck lass nach. Und was machen<br />

Sie jetzt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das, was ich in dieser Situation<br />

immer mache!<br />

<strong>Deppe</strong>: Einen noch aussagekräftigeren<br />

Fall zeigen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Nein, einfach eine weitere Verlaufskontrolle.<br />

Inzwischen habe ich den<br />

Zahn definitiv gefüllt. Schauen Sie auf<br />

Abbildung 4.<br />

<strong>Deppe</strong>: Potzblitz, <strong>Osswald</strong>. Nahezu abgeschlossene<br />

Ausheilung. Ich werde zukünftig<br />

auf Warnungen verzichten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum sollte ich Märchen<br />

erzählen, <strong>Deppe</strong>? Das ist doch alles sehr<br />

einfach. Diese nur aus Spezialistensicht<br />

spektakulären Ausheilungen sind nicht<br />

mehr als die logische Folge der indikationsgerechten<br />

Behandlung der ursächlich<br />

verantwortlichen bakteriellen Infektionskrankheit<br />

mit einem überlegenen Behandlungsprotokoll,<br />

das medizinisch nachvollziehbar<br />

begründet und wissenschaftlich<br />

belegt ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das schlechte an machen Bakterien<br />

ist, dass sie uns krank machen, …<br />

<strong>Osswald</strong>:…das Tolle ist jedoch, dass<br />

bakterielle Infektionskrankheiten aufhören<br />

zu existieren, wenn man die ursächlich<br />

verantwortlichen Bakterien abtötet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann heilt alles aus und dann<br />

exazerbiert auch nichts.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man in der ersten Verlaufskontrolle<br />

solch eine entscheidende<br />

Verbesserung des röntgenologischen Befundes<br />

bei anhaltend klinischer Beschwer-<br />

Abb.4: Unmittelbar nach WF im Juni 2008<br />

defreiheit sieht, dann heilt die Restostitis<br />

in einem sehr hohen Prozentsatz voraussagbar<br />

vollständig aus. Das dauert natürlich<br />

bei großen Aufhellungen, weil der sterile<br />

Knochen häufig 3 Jahre braucht, um<br />

vollständig zu remineralisieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch dazu bleibt bei sehr großen<br />

Defekten sicher viel eher einmal eine<br />

bindegewebige Narbe zurück, die im<br />

Röntgenbild als kleine Restaufhellung<br />

imponiert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da muss man dann auf die<br />

Klinik vertrauen. Wir wundern uns nachgerade,<br />

wenn eine Aufhellung einmal<br />

nicht sehr deutlich ausheilt. Das ist dann<br />

die seltene Ausnahme von der Regel.<br />

<strong>Deppe</strong>: In diesem Fall handelte es sich<br />

immerhin um eine Revision nach gescheiterter<br />

Erstbehandlung und nach gescheiterter<br />

WSR mit anschließender Exazerbation.<br />

<strong>Osswald</strong>: Haben Sie einmal darüber<br />

nachgedacht, warum die Spezialisten das<br />

gar nicht erst versuchen?<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht weil sie sich nicht vorstellen<br />

könne, dass das überhaupt funktionieren<br />

kann? Was sagt denn die wissenschaftliche<br />

Literatur?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man die englischsprachige<br />

Literatur nach „konservierender Behandlung<br />

bei Zustand nach gescheiterter<br />

WSR“ durchsucht, findet man lediglich<br />

2 Einzelfallbeschreibungen und eine<br />

einzige Studie aus der Türkei, bei der in<br />

einer ganzen endodontologischen Abteilung<br />

einer Universität nicht mehr als 11<br />

Fälle in – wenn ich mich richtig erinnere<br />

- 8 Jahren zusammengekommen sind.<br />

Die Ausheilungsquote lag dabei unter<br />

50%. In unserer allgemeinzahnärztlichen<br />

Praxis haben wir trotz des uns von Hochschulseite<br />

bescheinigten eingeschränkten<br />

Leistungsspektrums allein innerhalb der<br />

letzten 18 Monate deutlich mehr solcher<br />

Fälle behandelt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und die Ausheilungsquote?<br />

<strong>Osswald</strong>: Darüber kann ich nach diesem<br />

kurzen Beobachtungszeitraum naturgemäß<br />

noch keine abschließende Aussage<br />

machen. Wie Sie gesehen haben, läuft es<br />

in einigen Fällen recht vielversprechend.<br />

Klinisch sind alle Fälle, bei denen wir<br />

zum Stadium der WF gekommen sind,<br />

reizlos.<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch einmal zurück zur Bologna-Finte,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die liegt doch explodiert im<br />

gemeinsamen Keller von BZÄK, DGZ-<br />

MK und dem Hochschullehrerverein.<br />

LETZTER TEIL | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich habe mir den Text der Erklärung<br />

von Bologna durchgelesen. Da steht<br />

überhaupt nichts Schwieriges drin.<br />

<strong>Osswald</strong>: Liest sich ganz locker. Jurist<br />

braucht man jedenfalls nicht zu sein, um<br />

ihn zu verstehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie konnte es dann geschehen,<br />

dass sowohl die auf ihrer Jahresversammlung<br />

vereinigten Hochschullehrer als auch<br />

der gesamte Vorstand der BÄZK und der<br />

DGZMK ihn dermaßen falsch verstanden<br />

haben, dass sie das nicht nur in einem<br />

Weißbuch haben Schrift werden lassen,<br />

sondern sogar eine Rahmenvereinbarung<br />

abgeschlossen haben?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das müssen wir dusselige<br />

Hauszahnärzte gar nicht erst zu verstehen<br />

versuchen. Das schaffen wir eh nicht.<br />

Dazu ist unsere Bildung viel zu schmalspurig.<br />

Die BZÄK hat sich in einem ersten<br />

Schritt davon distanziert. Das ist richtig,<br />

wichtig und unumstößlich!<br />

<strong>Deppe</strong>: Wir müssen jetzt alle gemeinsam<br />

da<strong>für</strong> sorgen, dass dieses modulare Weiterbildungssystem,<br />

dem die Geschäftsgrundlage<br />

nachhaltig entzogen ist, auf<br />

der kommenden Bundesversammlung gar<br />

nicht erst diskutiert wird,…<br />

<strong>Osswald</strong>:…damit die Hintertürchen,<br />

die gerade gebastelt werden, um aus dieser<br />

schlechten Nummer doch noch zu Lasten<br />

der Allgemeinzahnärzte erfolgreich herauszukommen,<br />

ein <strong>für</strong> allemal verschlossen<br />

bleiben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da das modulare Weiterbildungssystem<br />

kein Mensch braucht, muss<br />

es auch nicht weiter diskutiert werden,<br />

<strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ist es nicht erstaunlich, <strong>Deppe</strong>,<br />

wie einfach die Dinge manchmal sind,<br />

wenn man sie nicht in Heinewasser ertränkt?<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber auch der BVAZ wird nicht<br />

verhindern können, dass Hochschulen gegen<br />

Geld postgraduale Masterstudiengänge<br />

anbieten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Warum sollte der BVAZ das<br />

auch wollen? Wie er sich fortbildet, und<br />

wie viel da<strong>für</strong> zu bezahlen er bereit ist, ist<br />

jedem Allgemeinzahnarzt überlassen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Alle gemeinsam müssen wir verhindern,<br />

dass bei einer solchen Investition<br />

<strong>für</strong> den Investor eine andere Rendite als<br />

ein derart nachrangiger Master-Titel herausspringt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Beispielsweise ein Fachzahnarzt-Titel,<br />

ein höher dotierter Gruppenvertrag<br />

oder ein höherer Punktwert in<br />

Form eines sektoralen HVMs.<br />

61<br />

www.dental-barometer.de 06_2008


62<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | LETZTER TEIL<br />

<strong>Deppe</strong>: Und den Wildwuchs kann, muss<br />

und wird der Markt regeln.<br />

<strong>Osswald</strong>: Allgemeinzahnärzte sind<br />

schließlich keine kleinen Kinder, sondern<br />

im Gegensatz zu Hochschullehrern und<br />

Funktionären selbständige Unternehmer.<br />

<strong>Deppe</strong>: Die brauchen einen BZÄK-Vorstand,<br />

der glaubt, sie an der Hand führen<br />

zu müssen, weil er die Lizenz zum „Blick<br />

aufs Ganze“ ganz alleine gepachtet hat,<br />

nun wirklich so nötig wie einen Kropf.<br />

<strong>Osswald</strong>: Den Wildwuchs kann man<br />

nur stoppen, indem man ihm die Rendite<br />

verweigert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Beschäftigt denn die BZÄK keinen<br />

Juristen, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Selbstverständlich. Warum?<br />

<strong>Deppe</strong>: Von wem wird der bezahlt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Von uns Allgemeinzahnärzten<br />

natürlich. Warum?<br />

<strong>Deppe</strong>: Hätte man nicht erwarten können,<br />

dass zumindest ein Jurist das Bologna-Protokoll<br />

nicht nur genau durchliest,<br />

sondern darüber hinaus auch noch versteht,<br />

ehe die BZÄK einen solchen Rahmenvertrag<br />

auf einer dermaßen falschen<br />

Annahme abschließt?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie können ja mal hinterfotzige<br />

Fragen stellen, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht wollte man…<br />

<strong>Osswald</strong>: Oder man hat…<br />

<strong>Deppe</strong>: Oder man wollte nur…<br />

<strong>Osswald</strong>:…konnte aber nicht, weil…<br />

<strong>Deppe</strong>: Fragen über Fragen, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mir ist das allmählich ziemlich<br />

Banane. Viel interessanter als das, was<br />

der scheidende Vorstand erzählt, ist doch,<br />

was die Aspiranten erzählen, die mit den<br />

Hufen scharren, um den amtierenden<br />

Präsidenten auf der nächsten Bundesversammlung<br />

zu beerben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und was sagen die, die noch voller<br />

Hoffnung sind?<br />

<strong>Osswald</strong>: Bis jetzt scharren sie <strong>für</strong> uns<br />

Allgemeinzahnärzte noch unvernehmbar.<br />

Das heißt aber nicht, dass hinter den Ku-<br />

Abb.5: Schwere Paro-Endo-Problematik an Zahn<br />

36<br />

06_2008 www.dental-barometer.de<br />

lissen nicht schon längt der offene Krieg<br />

ausgebrochen ist und Haubitzen in Form<br />

von Seilschaften in Stellung gebracht werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schließlich wollen die Allgemeinzahnärzte<br />

endlich wissen, wer ihr<br />

Kandidat ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Nicht nur das, <strong>Deppe</strong>. Die<br />

Delegierten, die schließlich wiedergewählt<br />

werden wollen, wissen inzwischen,<br />

dass wir bei Abstimmungen sehr genau<br />

hinschauen werden, wer wie über was<br />

abstimmt. Wenn ich das Amt des Präsidenten<br />

ernsthaft anstreben würde, würde<br />

ich zusehen, dass ich schön langsam aus<br />

den Sträuchern komme. Es sind schließlich<br />

nicht einmal 6 Wochen bis zur Wahl.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nachdem sich jetzt schon die<br />

KZVen von Niedersachsen, Baden-Württemberg<br />

und Bayern gegen eine Änderung<br />

der bewährten Weiterbildungsordnung<br />

ausgesprochen haben, und sich unter den<br />

zahnärztlichen Verbänden eine sehr breite<br />

Allianz dagegen ausgebildet hat, in der<br />

deutlich mehr als 5000 Allgemeinzahnärzte<br />

organisiert sind, kann doch überhaupt<br />

kein Zweifel mehr daran bestehen,<br />

dass dieser untaugliche Versuch einer unfreundlichen<br />

Übernahme endgültig gescheitert<br />

ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ihre Naivität möchte ich noch<br />

einmal haben. Man kann das, was da in<br />

der ZM steht, auch ganz anders interpretieren.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ohne sich zu verrenken?<br />

<strong>Osswald</strong>: 180 Grad-Wendungen sind in<br />

der Politik doch kein Problem.<br />

<strong>Deppe</strong>: Hier könnten es glatte 360 Grad<br />

sein.<br />

<strong>Osswald</strong>: Eine Pirouette, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Für die Augen, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Für mich ist das keine eindeutige<br />

Sprache. Ganz im Gegenteil. Da ist<br />

<strong>für</strong> jeden etwas dabei. Das könnte auch<br />

bedeuten, dass sich der Kollege Weitkamp<br />

an der Seite des bisher unauffälligen Prä-<br />

Abb.6: Zustand 7 Jahre nach prothetischer<br />

Versorgung<br />

sidenten der DGZMK und dem in dieser<br />

Beziehung unverdächtigen Fedderwitz als<br />

der Garant der Interessen der Allgemeinzahnärzte<br />

darstellen und <strong>für</strong> eine weiter<br />

Amtszeit qualifizieren will.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie kommen Sie auf die Idee,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie lesen Sie beispielsweise<br />

folgenden Satz, <strong>Deppe</strong>: "Der Vorstand<br />

wird – gemäß Auftrag der letzten Bundesversammlung<br />

– zeitnah einen Vorschlag<br />

<strong>für</strong> eine Novellierung der Musterweiterbildungsordnung<br />

vorlegen und hierbei die<br />

berufsbegleitenden postgradualen Fortbildungen<br />

sowie europarechtliche Vorgaben<br />

berücksichtigen. Die Gesamtproblematik<br />

wird auf der Bundesversammlung in<br />

Stuttgart einer intensiven Beratung unterzogen.<br />

Das grundsätzliche Berufsbild des<br />

Zahnarztes als Generalist – ergänzt um<br />

Schwerpunktwissen und entsprechende<br />

Fertigkeiten – darf nicht in Frage gestellt<br />

werden."<br />

<strong>Deppe</strong>: „Liebe Allgemeinzahnärzte. Als<br />

Vertreter der Interessen der erdrückenden<br />

Mehrzahl unserer Wähler stehen wir fest<br />

an Eurer Seite. Habet keine Angst! Wir<br />

werden dem Druck der Hochschule nicht<br />

nachgeben, Euch zu Hauszahnärzten mit<br />

eingeschränktem Leistungsspektrum zu<br />

degradieren, um eine neue Ebene von gegen<br />

Geld weitergebildeten Mastern und<br />

Fachzahnärzten mit der Lizenz zur lege<br />

artis–Behandlung zu implementieren.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn man sagt, dass man<br />

einer Sache grundsätzlich zustimmt, so<br />

bedeutet es, dass man nicht die geringste<br />

Absicht hat, sie in der Praxis durchzuführen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Otto von Bismarck, <strong>Osswald</strong>,<br />

1815 bis 1898. Der kannte seine Pappenheimer.<br />

<strong>Osswald</strong>: Und wie lesen Sie diesen: "Zu<br />

dieser Thematik wird die kommende Bundesversammlung<br />

im Herbst weitere wichtige<br />

Schritte einleiten, um den Berufsstand<br />

Abb.7: Desolater Zustand von 36 und 37


fit zu machen <strong>für</strong> künftige Herausforderungen.<br />

Es wird kein Diktat geben, aber<br />

man kann sich nicht vor Entscheidungen<br />

drücken – die allerdings zuvor sorgfältig<br />

kommuniziert werden müssen."<br />

<strong>Deppe</strong>: „Liebe Hochschullehrer, habt<br />

keine Angst vor den Allgemeinzahnärzten!<br />

Die BZÄK steht fest an Eurer Seite.<br />

Wir peitschen das durch. Wir brauchen<br />

nur noch etwas Zeit, um die Delegierten<br />

schwindelig zu reden. Die Gefahr, dass<br />

uns dabei der ganze Laden um die Ohren<br />

fliegt, ignorieren wir einfach. Unsere<br />

Bologna-Finte liegt zwar leider explodiert<br />

in unserem gemeinsamen Keller, wobei<br />

einige Kandidaten übel verletzt wurden,<br />

aber wir erfinden schon eine andere Begründung,<br />

die man uns abkaufen wird.“<br />

<strong>Osswald</strong>: Sag ich doch, <strong>Deppe</strong>, nicht<br />

Fisch nicht Fleisch.<br />

<strong>Deppe</strong>: Apropos Bologna, <strong>Osswald</strong>,…<br />

<strong>Osswald</strong>: Schluss jetzt. Zurück zur Medizin!<br />

<strong>Deppe</strong>: Wein oder Wasser?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ich kann im Moment kein<br />

Wasser mehr sehen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann aber bitte einen guten<br />

Jahrgang.<br />

<strong>Osswald</strong>: Allgemeinzahnärzte können es<br />

sich sogar leisten, Fälle zu zeigen, in denen<br />

es <strong>für</strong> den Patienten nicht so gut gelaufen<br />

ist. Schauen Sie einmal auf Abbildung 5.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schwere Paro-Endo-Läsion an<br />

der distalen Wurzel eines 36. Und die<br />

wollten Sie konservierend ausheilen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Voraussagen kann man das<br />

nicht. Meistens klappt es mit der notwendigen<br />

Geduld, manchmal nicht. Röntgenologisch<br />

ist das nicht zu entscheiden. Der<br />

Zange läuft der Zahn ja nicht weg. Man<br />

muss es also versuchen. Ich sage ja auch<br />

nicht, dass wir jeden Fall ausheilen können.<br />

Ich sage lediglich, dass die Fälle, in<br />

denen wir das Stadium der WF erreichen,<br />

in einem sehr deutlich höheren Prozentsatz<br />

vollständig ausheilen als in der wis-<br />

Abb.8: Zustand 4 Jahre nach prothetischer<br />

Versorgung<br />

senschaftlichen Literatur angegeben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das grundsätzliche Manko aller<br />

bisherigen Studien ist schließlich, dass<br />

überhaupt nur Zähne eine Chance haben,<br />

in eine Studie aufgenommen zu werden,<br />

die definitiv abgefüllt werden.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dabei muss man bedenken,<br />

dass bundesweit nur rund drei Viertel<br />

aller Zähne, die aufbereitet werden, das<br />

Stadium der Wurzelfüllung überhaupt<br />

erreichen. In einer Studie aus Marburg<br />

wurden beispielsweise um 20% der Zähne<br />

primär resiziert und fielen aus der Untersuchungsgruppe.<br />

In einer ordentlichen<br />

Studie hätten sie als Misserfolge gewertet<br />

werden müssen. Bei uns liegt die Abfüllquote<br />

hingegen sehr deutlich über 90%.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das Ergebnis Ihrer Bemühungen<br />

in diesem Fall?<br />

<strong>Osswald</strong>: In diesem Fall war nichts zu<br />

machen. Das ist jedoch keineswegs ein<br />

Grund, den Zahn zu extrahieren. Es war<br />

schließlich nur eine Wurzel schwer erkrankt.<br />

Die Abbildung 5 zeigt den Fall<br />

7 Jahre nach Hemisektion und prothetischer<br />

Versorgung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wenn man das sieht, wundert<br />

man sich, dass die Hemisektion bis auf<br />

Ausnahmefälle aus dem Leistungskatalog<br />

der gesetzlichen Versicherungen verschwunden<br />

ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dies insbesondere vor dem<br />

Hintergrund, dass eine wissenschaftliche<br />

Studie zeigt, dass Hemisektionen eine mit<br />

Implantaten vergleichbar gute Prognose<br />

haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Da<strong>für</strong> haben Implantate in Ausnahmefällen<br />

Einzug gehalten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wenn hier kein Unglück geschieht,<br />

sehe ich keinen Grund, warum<br />

diese Versorgung nicht ein Leben lang in<br />

Funktion bleiben sollte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie machen Sie das, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Routinemäßig. Die Abbildungen<br />

7 bis 9 zeigen einen weiteren Fall<br />

vier Jahre nach Sanierung.<br />

Abb.9: Klinische Situation 4 Jahre nach Eingliederung


64<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | LETZTER TEIL<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch dazu mit Revision. Indikationsgerechte<br />

Zahnerhaltung auf allgemeinzahnheilkundlich<br />

hohem Niveau.<br />

Solch einen Fall sucht man vergeblich<br />

im Endodontiebuch von Hülsmann und<br />

Schäfer, obwohl dort – die Fälle betreffend<br />

– immerhin 10 Hochschullehrer und<br />

Spezialisten zusammengelegt haben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Noch dazu sind das keine<br />

Sonntagsfälle. Mit solchen Fällen kann<br />

ich Sie zuschütten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Nachdem ich das gesehen habe,<br />

könnte ich übrigens wieder ein wenig<br />

Wasser aushalten, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wer schenkt uns ein, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Professor Löst in einem Editorial<br />

der „Endodontie“ aus dem Quintessenz-<br />

Verlag.<br />

<strong>Osswald</strong>: Scheint ihm eine liebe Gewohnheit<br />

zu werden. Hoffentlich weitet<br />

sich das nicht zur Abhängigkeit aus.<br />

<strong>Deppe</strong>: Keine Polemik, <strong>Osswald</strong>! Er<br />

antwortet, nach offensichtlich sehr reifer<br />

Überlegung, dem Kollegen Nothnagel.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sehr netter Kerl. War einmal<br />

bei mir auf einem Kurs.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Nothnagel hatte vor<br />

langer Zeit in einem Leserbrief geschrieben,<br />

dass er sehr lange nach dem universitär<br />

gelehrten Endodontieprotokoll behandelt<br />

und entsprechende Erfolge, aber<br />

auch die in der Literatur veröffentlichte<br />

Misserfolgsquote gehabt habe. Seit er im<br />

Jahr 2004 auf Ihr Protokoll umgestiegen<br />

sei, habe er bei 450 Wurzelkanalbehandlungen<br />

lediglich zwei Misserfolge wegen<br />

einer Längsfraktur gehabt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Hohe Fallzahl <strong>Deppe</strong>, da kann<br />

man schon eine valide Aussage machen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Er frage nun, warum die durch<br />

die Herren Löst und Hülsmann vertretene<br />

endodontologische Wissenschaft in ihren<br />

Editorials ihrer Fachzeitschriften ein Behandlungsprotokoll<br />

als obsolet verteufele,<br />

das im Gegensatz zu dem von ihnen zur<br />

Zeit gelehrten nicht regelmäßig zu Ex-<br />

06_2008 www.dental-barometer.de<br />

traktionen und Resektionen führe, und<br />

bitte um eine sachliche Diskussion zum<br />

Wohle der Patienten.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die armen Professoren. Da<br />

tun sie mir ja fast schon leid. Solch eine<br />

schwierige Frage aber auch.<br />

<strong>Deppe</strong>: Kein Wunder, dass die Antwort<br />

Monate auf sich warten ließ.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was hat Kollege Löst denn<br />

geantwortet?<br />

<strong>Deppe</strong>: Kollege Nothnagel müsse verstehen,<br />

dass er als Wissenschaftler ein solches<br />

Ergebnis mit Argwohn betrachte.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das kann ich nachvollziehen.<br />

Derart wenige Komplikationen kann er<br />

sich sicher gar nicht vorstellen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Allein die Fallzahl muss schockierend<br />

wirken.<br />

<strong>Osswald</strong>: Interessanter Aspekt, <strong>Deppe</strong>.<br />

Wie viele Wurzelkanalbehandlungen<br />

führen die Kollegen Löst und Hülsmann<br />

wohl jeweils in weniger als 4 Jahren selbstständig<br />

durch? Und weiter?<br />

<strong>Deppe</strong>: Als Student habe er auch nur<br />

Kochbuchwissen gehabt und deshalb<br />

genau so einfach strukturiert gedacht.<br />

Nachdem er aber jetzt Wissenschaftler geworden<br />

sei, müsse er ihn leider gnadenlos<br />

mit der Wahrheit konfrontieren: Kollege<br />

Nothnagel würde es nämlich gar nicht<br />

merken, wenn eine entscheidende Veränderung<br />

seines Behandlungsprotokolls<br />

entscheidende Veränderungen im Behandlungsergebnis<br />

zur Folge hätte, weil<br />

er leider sein Leben lang auf dem Niveau<br />

verharren müsse, dass ein richtiger Wissenschaftler<br />

als Student hatte.<br />

<strong>Osswald</strong>: „Liebe Kollegen! Hören Sie<br />

um Himmels Willen sofort auf, Kunststofffüllungen<br />

mit Ätzen, Primer, Adhäsiv,<br />

Bonden und Schichten zu legen!<br />

Schmieren Sie den Kunststoff einfach nur<br />

rein! Sie werden nämlich gar nicht bemerken,<br />

dass Ihre Füllungen sehr deutlich<br />

schneller verloren gehen, weil Sie dusselige<br />

Hauszahnärzte mit Kochbuchwissen und<br />

Abb.10: Insuffiziente WFs im Februar 2007 Abb.11: Frakturiertes Instrument in 37 im März<br />

2007<br />

keine Wissenschaftler sind!“<br />

<strong>Deppe</strong>: Und dann schreibt er noch,<br />

dass der Kollege Nothnagel natürlich jederzeit<br />

eingeladen sei, eine randomisierte<br />

prospektive klinische Studie vorzulegen,<br />

um auf diese Weise endlich bemerken zu<br />

können, dass er keine Veränderungen des<br />

Erfolges seiner Behandlung nach der Veränderung<br />

seines Behandlungsprotokolls<br />

bemerkt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil Kollege Löst dauernd<br />

solche Studien vorlegt?<br />

<strong>Deppe</strong>: Oder wenigstens einmal eine<br />

einzige vorgelegt hat?<br />

<strong>Osswald</strong>: Im Internet ist jedenfalls<br />

nichts dergleichen zu finden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und ich wüsste auch nicht, dass<br />

Kollege Hülsmann jemals eine solche Studie<br />

vorgelegt hätte, oder sonst ein endodontologisch<br />

bemühter deutscher Hochschullehrer.<br />

<strong>Osswald</strong>: Immerhin hat Kollege Hülsmann<br />

28 wurzelkanalbehandelte deutsche<br />

Zähne mit apikalen Aufhellungen zur Untersuchung<br />

nach Südamerika exportiert.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und welche Erkenntnisse hat er<br />

dabei gewonnen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Bahnbrechende, <strong>Deppe</strong>. Endlich<br />

wissen wir sicher, dass nicht nur in<br />

den weltweiten, sondern auch in bundesdeutschen<br />

Wurzelkanälen unzählige<br />

Keime nachzuweisen sind, wenn sich nach<br />

nicht indikationsgerechter Behandlung<br />

eine apikale Ostitis ausbildet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Toll. Und warum hat Kollege<br />

Hülsmann das nicht selbst und hier in<br />

Deutschland untersucht?<br />

<strong>Osswald</strong>: Um diese schwierige Frage zu<br />

beantworten, dürfen Sie maximal einmal<br />

raten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Vielleicht weil die Stärken der<br />

deutschen endodontologischen Wissenschaftler<br />

eher im nacherzählenden Bereich<br />

liegen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Was antwortet der Kollege<br />

Löst unserem Freund Nothnagel noch?<br />

Abb.12: Via falsa an 36 im März 2007


Vielleicht doch noch wenigstens eine klitzekleine<br />

wissenschaftliche Begründung?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das mag ich nicht abstreiten,<br />

<strong>Osswald</strong>. Sie klingt aber eher so, als habe<br />

er einen Abstecher in die theologische Fakultät<br />

gemacht.<br />

<strong>Osswald</strong>: Jetzt sagen Sie schon, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: „Ich bin die Leitplanke, Ihr seid<br />

die Verkehrssünder!“<br />

<strong>Osswald</strong>: Häääähhhhh?<br />

<strong>Deppe</strong>: Johannes 15, <strong>Osswald</strong>. Er als<br />

Wissenschaftler stelle die Verkehrsregeln<br />

auf, die ein Praktiker, wie der Kollege<br />

Nothnagel, gefälligst zu befolgen habe,<br />

damit er nicht vom rechten Weg abkommt.<br />

Und dann zieht er noch ein wenig<br />

über den BVAZ und Sie persönlich her.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das hat immerhin dazu geführt,<br />

dass zwei meiner Veröffentlichungen<br />

zum ersten Mal in der wissenschaftlichen<br />

Literatur erwähnt werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Immerhin ein Anfang. Ich<br />

denke, dass wir jetzt ganz dringend wieder<br />

einen Schluck Wein trinken sollten, ehe<br />

wir noch einen Wasserbauch bekommen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Als Allgemeinzahnarzt kann<br />

man sogar Fälle zeigen, bei dem er Mist<br />

gebaut hat.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man kann schließlich nicht jeden<br />

Tag gleich gut drauf sein.<br />

<strong>Osswald</strong>: Schauen Sie doch einmal auf<br />

Abbildung 10.<br />

<strong>Deppe</strong>: Insuffiziente Wurzelkanalbehandlungen<br />

an 36 und 37, mit sehr deutlicher<br />

apikaler Ostitis an 37.<br />

<strong>Osswald</strong>: Sah erst völlig unproblematisch<br />

aus. Bei dem Versuch der Revision<br />

im März 2007 zeigte sich jedoch, dass<br />

mit einem knallharten Sealer gearbeitet<br />

worden war. Als erstes ist mir ein Instrument<br />

durchgerauscht, hat sich verklemmt<br />

und ist abgebrochen, wie in Abbildung 11<br />

nicht zu übersehen ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Eindeutig zu stark forciert, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Danke, <strong>Deppe</strong>! Auf die Idee<br />

Abb.13: Unmittelbar vor prothetischer Versorgung<br />

im Mai 2007<br />

war ich bisher noch gar nicht gekommen.<br />

Ein Unglück kommt, wie man in Abbildung<br />

12 deutlich sieht, sehr häufig nicht<br />

allein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Astreine via falsa!<br />

<strong>Osswald</strong>: „Master of Röntgenfilmbetrachtung“?<br />

<strong>Deppe</strong>: Die Endodontologen behaupten,<br />

dass sie jeden Kanal aufbereiten können,<br />

wenn er nicht durch einen Allgemeinzahnarzt<br />

ruiniert ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Dieser war einfach zu. Zumindest<br />

<strong>für</strong> mich keine Chance zum Durchkommen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Shit happens. Wie sind Sie aus<br />

dieser ungemütlichen Situation heil herausgekommen?<br />

<strong>Osswald</strong>: Hemisektion der mesialen<br />

Wurzel von 36, Stiftaufbauten, primäre<br />

Verblockung mit 37. Die Abbildung 13<br />

zeigt die Situation gut zwei Monate später<br />

unmittelbar vor prothetischer Versorgung,<br />

die Abbildung 14 die erste Verlaufskontrolle<br />

nach gut einem Jahr.<br />

<strong>Deppe</strong>: Schönes Beispiel <strong>für</strong> Schadensbegrenzung.<br />

Zum Glück ist die große Aufhellung<br />

an 37 röntgenologisch vollständig<br />

knochendicht ausgeheilt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das hat mit Glück nichts zu<br />

tun, <strong>Deppe</strong>. Wenn es bei der Revision<br />

gelingt, den erforderlichen Zugang zum<br />

apikalen Knocheninfekt zu schaffen, ist<br />

das überhaupt kein Problem, sondern vielmehr<br />

in einem extrem hohen Prozentsatz<br />

voraussagbar, wenn man indikationsgerecht<br />

behandelt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und die biologische Breite?<br />

<strong>Osswald</strong>: Das tut mir jetzt aufrichtig<br />

leid, aber die wird sich wohl oder übel neu<br />

einstellen müssen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man sieht ja schon, wie brav sie<br />

reagiert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Was soll die Arme denn auch<br />

anderes machen als zu kooperieren, wenn<br />

die Mundhygiene stimmt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Gibt es sonst noch etwas Neues?<br />

LETZTER TEIL | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

<strong>Osswald</strong>: Bei der „Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde (APZ)“, <strong>für</strong> die ich<br />

gelegentlich als Referent tätig bin, gibt es<br />

eine interessante Entwicklung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ihr erklärtes Ziel ist es ja, eine<br />

kleine Gruppe in fachgebietsübergreifender<br />

Zahnheilkunde erfahrener Referenten<br />

zu versammeln, die auf preiswerten Kursen<br />

ein allgemeinzahnärztliches Gesamtbild<br />

von Zahnheilkunde vermittelt.<br />

<strong>Osswald</strong>: Mit Dr. Gerhard Will konnte<br />

jetzt ein erfahrener Kollege zum Thema<br />

„Indikationsgerechte Implantologie –<br />

Richtig implantieren (lassen)“ verpflichtet<br />

werden. Die richtige Indikationsstellung<br />

spielt wie überall in der Medizin auch in<br />

der Implantologie die entscheidende Rolle.<br />

Im September werden wir zusammen<br />

in Münster eine erste Doppelveranstaltung<br />

haben, auf die ich mich schon ein<br />

halbes Jahr freue.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das ist sicher nicht nur <strong>für</strong> die<br />

Kolleginnen und Kollegen interessant, die<br />

selbst implantieren, sondern auch <strong>für</strong> alle,<br />

die zur Implantation überweisen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch und gerade der Allgemeinzahnarzt,<br />

der nicht selbst implantiert,<br />

muss sich in der Implantologie sehr<br />

gut auskennen, wenn er der kompetente<br />

Partner seiner Patienten sein und bleiben<br />

will. Er gibt mit der Überweisung zwar<br />

den Patienten ab, damit der Implantologe<br />

eine gezielte Verrichtung vornimmt, keinesfalls<br />

jedoch die ärztliche Verantwortung.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ob man nun selbst implantiert<br />

oder implantieren lässt, man trägt immer<br />

die Verantwortung <strong>für</strong> die indikationsgerechte<br />

Behandlung. Gerade derjenige, der<br />

überweist, muss entscheiden können, ob<br />

implantiert werden kann, wie viele Implantate<br />

zur anschließenden prothetischen<br />

Versorgung erforderlich sind und wo sie<br />

inseriert werden können. Nur derjenige,<br />

der sich mit der korrekten Indikationsstellung<br />

zur Implantation auskennt, kann<br />

Abb.14: 1. Verlaufskontrolle im Juni 2008 Abb.15: Zwei Jahre nach Sanierung und festsitzender<br />

Versorgung im Juli 2008<br />

65<br />

www.dental-barometer.de 06_2008


66<br />

KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD | LETZTER TEIL<br />

seine Patienten vor Leid bewahren.<br />

<strong>Osswald</strong>: Ein schönes Beispiel da<strong>für</strong><br />

sehen Sie in der Abbildung 15. Zustand<br />

2 Jahre nach konservierender Sanierung<br />

und prothetischer Versorgung eines relativ<br />

jungen Mannes und aktiven Fußballspielers.<br />

Der Kieferchirurg, an den er mit<br />

dem völlig unzureichend beschriebenen<br />

Auftrag „Implantation“ überwiesen worden<br />

war, wollte auf beiden Seiten einen<br />

externen Sinuslift mit Knochen aus dem<br />

Beckenkamm durchführen, um nach der<br />

Extraktion aller erhaltungswürdiger Zähne<br />

auf mindestens 8 Implantaten festsitzend<br />

zu versorgen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Beckenkamm? Für einen aktiven<br />

Fußballer nicht gerade eine erfreuliche<br />

Perspektive.<br />

<strong>Osswald</strong>: Er war dann auch ziemlich erleichtert,<br />

als ich ihm sagte, dass man ihn<br />

auch ohne einen maximal invasiven Eingriff<br />

festsitzend versorgen und noch dazu<br />

fast alle eigenen Zähne erhalten könne.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wer, der schon selbst einmal Patient<br />

gewesen ist, könnte das nicht nachvollziehen.<br />

Und sonst?<br />

<strong>Osswald</strong>: Neben Gerhard Will konnte<br />

mit dem Kollegen Dr. Marc Hünten ein<br />

profilierter Allgemeinarzt gewonnen werden.<br />

Mit ihm verfügt die APZ nunmehr<br />

über einen sehr erfahrenen Referenten,<br />

mit dem sie den Allgemeinzahnärzten ab<br />

dem nächsten Jahr ein „Update: Medizin<br />

<strong>für</strong> Zahnmediziner“ anbieten kann.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ist das jetzt Zufall, dass die APZ<br />

bemüht ist, genau das umzusetzen, was<br />

der Wissenschaftsrat von der zahnmedizinischen<br />

Hochschule zur Weiterentwicklung<br />

des Fachbereichs zur Oralmedizin<br />

dringlich einfordert?<br />

<strong>Osswald</strong>: Damit können wir dann wohl<br />

zum Ende kommen, <strong>Deppe</strong>. Irgendeine<br />

intelligente Schlussbemerkung auf Lager,<br />

die unser gutes Andenken <strong>für</strong> immer in<br />

die Seele unserer Leser brennt?<br />

<strong>Deppe</strong>: Gemach, gemach! So schnell<br />

schießen die Preußen nicht, wir…<br />

<strong>Osswald</strong>:…Schlacht von Königgrätz<br />

1866!<br />

<strong>Deppe</strong>: Donnerwetter, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Nein, <strong>Deppe</strong>, Wikipedia.<br />

<strong>Deppe</strong>: Haben Sie das dem Kollegen Logies<br />

abgeschaut?<br />

<strong>Osswald</strong>: Richtig. Obwohl selbst nur einen<br />

Mausklick entfernt, beeindruckt das<br />

die Kollegen kolossal.<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie dem auch sei, es schickt sich<br />

nicht, so Knall auf Fall aufzuhören, ohne<br />

Gründe zu nennen.<br />

06_2008 www.dental-barometer.de<br />

<strong>Osswald</strong>: Erst die guten oder die schlechten,<br />

<strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Gibt es denn auch schlechte?<br />

<strong>Osswald</strong>: Der beste Grund ist wohl der,<br />

dass man aufhören soll, solange man erfolgreich<br />

und es am schönsten ist. Ein solches<br />

Format läuft sich tot. Und seien wir<br />

ehrlich. Es fällt uns zunehmend schwerer,<br />

das hohe und gleichzeitig locker-leichtironische<br />

Niveau zu halten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Man läuft Gefahr, immer noch<br />

einen drauf-…<br />

<strong>Osswald</strong>:…und sich irgendwann ins<br />

Unrecht zu setzten! Noch dazu leidet das<br />

Privatleben erheblich.<br />

<strong>Deppe</strong>: Noch ein guter Grund?<br />

<strong>Osswald</strong>: Wir haben wohl wie niemand<br />

sonst dem BVAZ aufs Fahrrad und seiner<br />

politischen Botschaft in die Öffentlichkeit<br />

geholfen und damit da<strong>für</strong> gesorgt, dass<br />

die von langer Hand geplante Änderung<br />

der Weiterbildungsordnung nicht mehr in<br />

geheimen Zirkeln diskutiert wird, sondern<br />

jetzt das berufspolitische Thema Nummer<br />

eins in Deutschland ist.<br />

<strong>Deppe</strong>: Gab es vorher kaum jemanden,<br />

der darüber geredet hat,…<br />

<strong>Osswald</strong>:…gibt es jetzt kaum jemanden,<br />

der berufspolitische Verantwortung trägt,<br />

der nicht drüber redet.<br />

<strong>Deppe</strong>: Der Quintessenz-Verlag müsste<br />

uns eigentlich Tantiemen zahlen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Die Verkaufszahlen <strong>für</strong> das<br />

Weißbuch ZahnMedizin, Band 2 sollen ja<br />

nachgerade explodiert sein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und gelesen wird es jetzt noch<br />

dazu.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wie man hört sogar von denjenigen,<br />

bei denen es schon 2 Jahre im<br />

Schrank stand und verstaubte.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber das wäre doch ein guter<br />

Grund weiterzumachen, <strong>Osswald</strong>. Noch<br />

haben wir die Einführung des modularen<br />

Weiterbildungssystems nicht verhindert.<br />

<strong>Osswald</strong>: So naiv, <strong>Deppe</strong>? Das zum<br />

Thema Nummer eins zu machen, ist doch<br />

deutlich mehr, als wir beide uns jemals erträumt<br />

haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Richtig. Keiner derjenigen, die<br />

berufspolitische Verantwortung <strong>für</strong> die<br />

Allgemeinzahnheilkunde in Deutschland<br />

trägt, wird sich zukünftig damit herausreden<br />

können, er habe nichts gewusst.<br />

<strong>Osswald</strong>: Also immer schön auf dem<br />

Teppich bleiben, <strong>Deppe</strong>. Wir müssen uns<br />

nun wirklich nicht einreden, wir könnten<br />

die Entscheidungen, die auf der Basis des<br />

jetzigen Kenntnisstandes von denen getroffen<br />

werden, die die Macht dazu haben,<br />

verhindern und verändern.<br />

<strong>Deppe</strong>: Und die schlechten Gründe?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die indikationsgerechte Behandlung<br />

der Endodontitis, also die Verhinderung<br />

der Extraktion oder Amputation<br />

erhaltungswürdiger Zähne.<br />

<strong>Deppe</strong>: Das soll ein Grund sein, Schluss<br />

zu machen? Und noch dazu ein schlechter?<br />

<strong>Osswald</strong>: Sie haben es ja selbst gesagt,<br />

<strong>Deppe</strong>. Der Kampf gegen Windmühlen<br />

fordert seinen Tribut und geht auf Kosten<br />

des Privatlebens. Letztlich ist man nur<br />

gegenüber den eigenen Patienten verantwortlich.<br />

<strong>Deppe</strong>: Sie wollen aufgeben, <strong>Osswald</strong>?<br />

Wir sind doch auf einem guten Wege.<br />

<strong>Osswald</strong>: Man muss einsehen, wenn<br />

man auf verlorenem Posten steht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die spektakulären Fälle, die<br />

Sie hier gezeigt haben, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wir haben uns verrannt, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die spektakulären Fälle, die<br />

Sie auf Ihrer Homepage zeigen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Gegen das geballte Wissen der<br />

weltweit berühmten deutschen Wissenschaftler<br />

kommen wir nicht an.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die spektakulären Fälle,<br />

die Sie von anderen Kollegen hier gezeigt<br />

haben.<br />

<strong>Osswald</strong>: Zum Beispiel Professor Hülsmann.<br />

Der ist inzwischen so berühmt,<br />

dass er über seine Forschungsergebnisse<br />

nicht mehr in Fachzeitschriften berichten<br />

muss, sondern in der Welt, im Stern und<br />

sogar in der Rentnerbravo veröffentlichen<br />

darf.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die spektakulären Fälle, die<br />

Sie von anderen Kollegen auf Ihrer Homepage<br />

zeigen.<br />

<strong>Osswald</strong>:Oder Professor Löst, der Tag<br />

und Nacht in seinem Labor verbringt, die<br />

voraussagbar erfolgreiche Zahnerhaltung<br />

erforscht, um die Volksgesundheit zu verbessern,<br />

und in der Folge eine randomisierte<br />

prospektive klinische Studie nach<br />

der anderen veröffentlicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber die Fälle, <strong>Osswald</strong>, die Fälle!<br />

<strong>Osswald</strong>: Ach hören Sie doch auf mit den<br />

Fällen, <strong>Deppe</strong>. Sogar Kollege Logies, der<br />

ja nun wirklich alles über Zahnheilkunde<br />

weiß, sagt, dass in Wikipedia steht, dass<br />

Fälle zeigen zu können, keinerlei Bedeutung<br />

hat, weil er, wie jeder andere mit dem<br />

Behandlungsschwerpunkt Endodontie,<br />

jede Menge solcher Fälle zeigen könnte,<br />

wenn er nur wollte..


<strong>Deppe</strong>: Warum zeigt dann keiner welche,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil keiner will, <strong>Deppe</strong>!<br />

<strong>Deppe</strong>: Und warum will keiner?<br />

<strong>Osswald</strong>: Weil keiner solch ein hochstapelnder<br />

Angeber ist wie ich! Sie nennen<br />

mich schließlich nicht umsonst einen evidenzresistenten<br />

Clown.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber schauen Sie doch hier:<br />

http://snipurl.com/3h2ay<br />

<strong>Osswald</strong>: Fälle, <strong>Deppe</strong>, nichts als Fälle.<br />

Der Kollege Klier hat vor wenigen Jahren<br />

einmal einen Vortrag von mir besucht.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber wenn man seine, in sehr<br />

kurzer Zeit gesammelten Fälle anschaut,<br />

und sie mit denen im endodontologischen<br />

Lehrbuch von Schäfer und Hülsmann vergleicht…<br />

<strong>Osswald</strong>: Keine Polemik, <strong>Deppe</strong>. Wenn<br />

international anerkannte Kapazitäten eine<br />

einfache bakterielle Infektionskrankheit<br />

in einem seit 100 Jahren vollständig beschriebenen<br />

anatomischen Umfeld nicht<br />

voraussagbar erfolgreich ausheilen können,<br />

dann…<br />

<strong>Deppe</strong>: Was ist dann, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Dann müssen dusselige Hauszahnärzte<br />

wie wir und die Kollegen Klier,<br />

Nothnagel, Grummt, Mohr, Grabowski,<br />

Brückmann, Trost, Otto, Menges, Landenberger,<br />

Korten, Kaden, Jaspers, Winkelsberg,<br />

Galler, Frank, Speich, Cupermann,<br />

Bofinger, Bien, Gross, Gies, Kau,<br />

Zenger, Riefenstahl, Simonis, Adam,<br />

Carstensen, Deck, und wie sie alle heißen,<br />

irgendwann zugeben, dass es so ist, wie es<br />

ist!<br />

<strong>Deppe</strong>: Na hoffentlich haben Sie jetzt<br />

keinen vergessen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Einen? Hunderte!<br />

<strong>Deppe</strong>: Und wie ist es, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Es geht schlicht und einfach<br />

nicht, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Aber Walkhoff konnte es doch<br />

schon vor fast einem Jahrhundert.<br />

<strong>Osswald</strong>: Auch Walkhoff betreffend<br />

müssen wir unseren Lesern zum Abschluss<br />

reinen Wein einschenken, damit<br />

sie sich nicht <strong>für</strong> den Rest ihres Lebens<br />

wundern, dass er von keinem schriftstellerisch<br />

aktiven Hochschullehrer jemals<br />

erwähnt wird.<br />

<strong>Deppe</strong>: Also eine umfangreiche Beichte,<br />

<strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Die endodontische Lücke, die<br />

inzwischen beinahe ein ganzes Jahrhundert<br />

umspannt, weil sie in der ZM Nr.<br />

9/2008 von Professor Sonntag gerade bis<br />

zum Jahr 1997 erweitert wurde, gibt es gar<br />

nicht.<br />

<strong>Deppe</strong>: In den gleichen ZM schreibt übrigens<br />

der Kollege Zirkel, dass die Wurzelkanalbehandlung<br />

die schwierigste Disziplin<br />

in der Zahnheilkunde überhaupt ist.<br />

<strong>Osswald</strong>: Das sagen doch alle Spezialisten.<br />

<strong>Deppe</strong>: Dann schreibt er noch, dass er<br />

noch nie einen Zahn offen gelassen hat.<br />

<strong>Osswald</strong>: Der Titel seines Aufsatzes<br />

lautet vielleicht nicht umsonst „Der endodontische<br />

Notfall in der Praxis“.<br />

<strong>Deppe</strong>: Post treatment disease und interappointment<br />

flare up.<br />

<strong>Osswald</strong>: Da verfügt er offensichtlich<br />

über umfangreiche Erfahrung und gibt<br />

Tipps zur Auswahl von Antibiotika und<br />

Schmerzmittel, die man bei indikationsgerechter<br />

Behandlung auch in schwierigen<br />

Fällen nur sehr selten benötigt.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ich frage mich überhaupt, <strong>für</strong><br />

wen die Hochschullehrer solche Aufsätze<br />

in den ZM schreiben anstatt zu forschen.<br />

Für erfahrene Allgemeinzahnärzte ist das<br />

doch das tägliche Brot.<br />

<strong>Osswald</strong>: Vielleicht ja <strong>für</strong> ihre Studenten,<br />

die sie das während des Studiums<br />

nicht lehren konnten, weil ihnen dieses<br />

Wissen unter der Hand explodiert ist?<br />

<strong>Deppe</strong>: Wie dem auch sei, <strong>Osswald</strong>.<br />

<strong>Osswald</strong>: Es gibt definitiv keine endodontische<br />

Lücke in Deutschland.<br />

<strong>Deppe</strong>: Genau so wenig wie Prof. Dr.<br />

Dr. Otto Walkhoff. Den haben wir nur<br />

erfunden…<br />

<strong>Osswald</strong>:…um Sie, liebe Leser, erfolgreich<br />

an der Nase herumzuführen und uns<br />

wichtig zu machen.<br />

<strong>Deppe</strong>: Um das wieder gut zu machen,<br />

ist jetzt aber definitiv eine abschließend<br />

Erklärung erforderlich, <strong>Osswald</strong>!<br />

<strong>Osswald</strong>: Im Sinne eines Wortes zum<br />

Sonntag, <strong>Deppe</strong>?<br />

<strong>Deppe</strong>: Das würde gut zum grundsätzlichen<br />

Tenor dieser letzten Folge passen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Na ja, wenn’s der Wahrheitsfindung<br />

dient.<br />

<strong>Deppe</strong>: Fritz Teufel, 1967!<br />

<strong>Osswald</strong>: Auf Ihre Verantwortung! Ein<br />

sehr gläubiger Kollege hat mir neulich anvertraut,<br />

dass Zahnärzte nach seiner Überzeugung<br />

beim jüngsten Gericht gegen von<br />

ihnen extrahierte erhaltungsfähige Zähne<br />

gewogen werden.<br />

<strong>Deppe</strong>: Oh-Hah! Gilt das auch <strong>für</strong> diejenigen,<br />

die aufgrund ihrer Sturheit Verantwortung<br />

da<strong>für</strong> tragen, dass andere erhaltungsfähige<br />

Zähne extrahieren?<br />

<strong>Osswald</strong>: Bei denen sollen diese Zähne<br />

LETZTER TEIL | KOLUMNE DEPPE VS. OSSWALD<br />

nach seiner Überzeugung doppelt so viel<br />

wiegen, <strong>Deppe</strong>.<br />

<strong>Deppe</strong>: Oh-Hah, <strong>Osswald</strong>. Dem ist jetzt<br />

nichts mehr hinzuzufügen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Herzlichen Dank an alle Leser,<br />

insbesondere an die zahllosen, die uns<br />

geschrieben und dabei ermutigt oder kritisiert<br />

haben.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ganz besonderen Dank an Herrn<br />

Ellermann, der nie zensiert, sondern uns<br />

vielmehr ermutigt und alles gedruckt hat,<br />

was wir meinten zur Wahrheitsfindung<br />

beitragen zu können! Daran sollten sich<br />

andere Fachzeitschriften ein Beispiel nehmen.<br />

<strong>Osswald</strong>: Wo Sie das gerade so nonchalant<br />

anmerken, <strong>Deppe</strong>, fällt mir noch etwas<br />

ein.<br />

<strong>Deppe</strong>: Ja bitte, <strong>Osswald</strong>?<br />

<strong>Osswald</strong>: Ein gläubiger Journalist hat<br />

mir neulich anvertraut, dass Journalisten<br />

vor dem jüngsten Gericht gegen …<br />

ZA Christian <strong>Deppe</strong>: lebt in Münster.<br />

Er vertritt hier seine persönliche Meinung<br />

Dr. Dr. Rüdiger <strong>Osswald</strong>: ist niedergelassener<br />

Vertragszahnarzt in München<br />

und Referent der Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde.<br />

Vortragsreihe<br />

»Aus der Praxis – <strong>für</strong> die Praxis«<br />

Termine:<br />

Ì Münster: 13.09.2008<br />

Ì Köln/Bonn: 18.10.2008<br />

Ì Leipzig: 08.11.2008<br />

Ì München: 15.11.2008<br />

Ì Nürnberg 31.01.2009<br />

<strong>Teil</strong>nahmegebühr: 249,- E (inkl. MwSt.)<br />

Fortbildungspunkte: 5<br />

Anmeldung und Information:<br />

Akademie <strong>für</strong> praxisnahe<br />

Zahnheilkunde GbR<br />

Ottostraße 22<br />

D-82319 Starnberg<br />

Telefon: +49 (0)8151 78245<br />

Telefax: +49 (0)8151 78244<br />

E-Mail: apz@gmx.net<br />

Internet: www.apzonline.net<br />

67<br />

www.dental-barometer.de 06_2008

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!