Hinweise auf Mobbing
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Im April 2008 hatte es bei der Post massive Warnstreiks gegeben, zu denen die<br />
Gewerkschaft Verdi <strong>auf</strong>gerufen hatte. Sie verhinderten bundesweit die<br />
Auslieferung von Millionen Paketen und Briefen. Mit diesem Arbeitskampf<br />
wollten die Beschäftigten in den Verteilzentren ihrer Forderung nach sieben<br />
Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen. Betroffen waren auch Berlin und<br />
Brandenburg. Wegen der Warnstreiks konnten aus den Verteilzentren<br />
Tempelhof, Hennigsdorf, Stahnsdorf und Schönefeld einige Briefe erst<br />
verspätet ausgetragen werden. Die Region blieb von schweren Ausfällen<br />
allerdings verschont. Die Deutsche Post und die Gewerkschaft Verdi einigten<br />
sich schließlich <strong>auf</strong> einen Kompromiss, in dem sie sich <strong>auf</strong> Kündigungsschutz,<br />
höhere Löhne und geringe Mehrarbeit verständigten.<br />
" Florian hat erzählt, dass es gar nicht so sehr um die Bezahlung, als vielmehr<br />
um das hohe Arbeitspensum gegangen sei ", so sein Vater. " Er hat immer<br />
wieder davon gesprochen, dass es oftmals nicht mehr zu schaffen war. Dass<br />
Kollegen die Postpakete erst gar nicht mitgenommen, sondern noch <strong>auf</strong> der<br />
Dienststelle die Benachrichtigungszettel ausgefüllt hätten, um Zeit zu sparen. "<br />
Florian sei physisch nicht der Stärkste gewesen, habe aber einen starken<br />
Gerechtigkeitssinn gehabt. " Eines Tages sagte er uns, dass er sich am Abend<br />
nach der Schicht mit einem Kollegen treffen wolle. Unser Sohn wollte diesem<br />
Mann, dessen Namen er nicht nannte, von den Verfehlungen seiner Kollegen<br />
berichten und um Rat bitten, was er am besten unternehmen könne. "<br />
Es war der 6. Dezember 2008. Florians Todestag. Ein Suizid, wenige Stunden<br />
vor dem wichtigen Gespräch? Eine Panikreaktion?<br />
In den Ermittlungsakten der Berliner Polizei wird später stehen, dass die Mieter<br />
des Mehrfamilienhauses an der Almstadtstraße in Mitte <strong>auf</strong> ihren Postboten<br />
gewartet hätten. Auf den Zusteller, den sie als zuverlässig und gewissenhaft<br />
kannten. Als er nicht kam, sprachen Mieter nach Informationen dieser Zeitung<br />
einen Zusteller der PIN AG an. Dieser entdeckte das Fahrrad des Kollegen von<br />
der Post und suchte das Haus nach ihm ab. Schließlich wurde Florian Hödtke<br />
entdeckt. Er hing an seinem Dienstschal, ein Bein berührte den Boden. Er hatte<br />
sich erhängt.<br />
Nach Angaben eines Ermittlers gibt es keine <strong>Hinweise</strong> <strong>auf</strong> ein Fremdver -<br />
schulden. Für die Eltern von Florian Hödtke bleiben aber viele Fragen offen.<br />
" Sollte es tatsächlich ein Selbstmord gewesen sein, so muss es doch dafür<br />
Gründe geben. Und diese kann ich mir bei Florian nur im beruflichen Umfeld<br />
denken. " Bernd Hödtke will in Erfahrung gebracht haben, dass es<br />
vergleichbare Fälle gegeben habe. So soll sich bereits ein anderer<br />
Beschäftigter aus der Dienststelle Hödtkes das Leben genommen haben, eine<br />
Kollegin sei nach einem versuchten Suizid durch den Sprung aus einem<br />
Fenster in psychologischer Behandlung.<br />
Die Leiterin der Pressestelle der Deutschen Post DHL, Barbara Scheil, sagte<br />
dazu, dass die Gründe in diesen Fällen ihres Wissens nach im privaten Bereich<br />
gelegen hätten, dies sei das Ergebnis von polizeilichen Ermittlungen. Sie bat<br />
zudem um Verständnis dafür, dass über Mitarbeiter und deren persönliche<br />
Situation keine weiteren Auskünfte gemacht werden könnten.