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KLINIK REPORT - Fachklinik Lenggries

KLINIK REPORT - Fachklinik Lenggries

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<strong>KLINIK</strong> <strong>REPORT</strong><br />

<strong>Fachklinik</strong> für Neurologie und Physikalisch-rehabilitative Medizin • Ärztlicher Direktor: Dr. Bernd Schönberger • Tel. 0 80 42-50 40 • www.fachklinik-lenggries.de<br />

Ausgabe Juni 2002<br />

REHABILITATION HEUTE INHALT<br />

Neurologische Rehabilitation<br />

Umsetzung aktueller<br />

Forschungsergebnisse in der<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

Anfang April 2002 fand in<br />

Venedig der 3. Weltkongress der<br />

Neurologischen Rehabilitation<br />

statt. Diskutiert wurden bei der<br />

internationalen Zusammenkunft<br />

führender Neurologen und<br />

Rehabilitationsmediziner die<br />

neuesten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse bezüglich der<br />

Plastizität nach hirnfokaler<br />

Schädigung sowie der aktuelle<br />

Stand der neurologischen Rehabilitationstherapie.<br />

Insgesamt<br />

ergab sich ein sehr guter Überblick darüber,<br />

wie die verschiedenen Länder und<br />

Kulturen Schlaganfall- und Schädelhirntraumapatienten<br />

versorgen. Viele der<br />

in Venedig besprochenen neurohabilitativen<br />

Techniken bestimmen auch heute schon<br />

die tägliche rehabilitative Therapie in der<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong>.<br />

Die spezifische Reaktion des ZNS (Gehirn<br />

und Rückenmark) nach einer fokalen<br />

Schädigung wurde speziell in den letzten zehn<br />

Jahren wissenschaftlich sehr intensiv untersucht,<br />

die Erkenntnisse haben sich enorm verdichtet<br />

und Diagnostik und Therapie entscheidend<br />

geprägt.<br />

Besseres Verständnis<br />

dank bildgebender Verfahren<br />

Die Softwareveränderungen des ZNS konnten<br />

in den letzten Jahren unter den modernen<br />

bildgebenden Verfahren fMRT und PET<br />

immer besser verstanden werden. Ipsilateral<br />

kommt es im Schädigungsgebiet und in dem<br />

benachbarten Arealen zu einer sehr starken<br />

Stoffwechselaktivierung<br />

durch<br />

die nicht geschädigten<br />

Axone,<br />

kurze Zeit später<br />

Dank moderner bildgebender<br />

Verfahren<br />

konnten große Fortschritte<br />

in Diagnose<br />

und Therapie neurologischerErkrankungen<br />

gemacht werden.<br />

auch in der kontralateralen Hirnhemisphäre.<br />

Funktionell kommt es in dieser Phase zu<br />

einer elektronischen Neuverschaltung korrespondierender<br />

Hirnareale ipsi- wie kontralateral.<br />

Dadurch ist das Gehirn schon in<br />

kürzester Zeit in der Lage, bestimmte<br />

Funktionen wieder aufzunehmen. Nach dieser<br />

elektronischen Neuverschaltung bildet<br />

sich die Stoffwechselhyperaktivität innerhalb<br />

von 6 bis 8 Wochen wieder zurück, es kommt<br />

zu einem sogenannten Ökonomisierungseffekt.<br />

Die Hardwareveränderungen des ZNS entwickeln<br />

sich ebenfalls über 6 bis 8 Wochen<br />

nach der Hirnschädigung. Dabei kommt es<br />

zu einem umfangreichen, zum Teil mehrere<br />

Millimeter umfassenden Wachstum bzw.<br />

Aussprossen von Axonen und Dendriten im<br />

Schädigungsbereich. Dieses Wachstum wird<br />

LEITARTIKEL UND KOMMENTAR<br />

Disease-Management-Programme<br />

Die Versorgung chronisch kranker Patienten<br />

soll in Zukunft durch spezielle Behandlungsprogramme<br />

deutlich verbessert werden.<br />

Inwieweit das auch gelingen kann, dazu<br />

äußert sich Rechtsanwalt Erhard Hackler,<br />

geschäftsführender Vorstand der Deutschen<br />

Seniorenliga. Seite 2<br />

Schädel-Hirn-Trauma<br />

Reintegration von<br />

Patienten mit neurologischen<br />

Erkrankungen<br />

Interview mit Dagmar<br />

Buchkremer, Leiterin der<br />

Sozial- und Rehaberatung<br />

in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong>.<br />

Schädel-Hirn-Trauma<br />

Seite 4<br />

Experteninterview<br />

Dr. Jaksche, Chefarzt der Neurochirurgie in<br />

der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik<br />

Murnau berichtet über die Bedeutung der<br />

Rehabilitation bei Patienten mit Schädel-<br />

Hirn-Trauma. Seite 7<br />

REHABILITATION HEUTE<br />

Repetitives Üben<br />

Neue physiotherapeutische und kognitive<br />

Therapieansätze in der Neurologischen<br />

Rehabilitation. Seite 8<br />

ÜBERSICHT<br />

Rehabilitation Heute . . . . . . . . . . Seite 1<br />

Leitartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 2<br />

Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3<br />

Schwerpunkt: Schädel-Hirn-Trauma<br />

Interview . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4<br />

Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 5<br />

Experteninterview . . . . . . . . . . Seite 7<br />

Rehabilitation Heute . . . . . . . . . . Seite 8<br />

Experteninterview . . . . . . . . . . . . Seite 9<br />

Klinik Intern . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 10<br />

Gesundheits- und Sozialpolitik . . Seite 11<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 11<br />

Aktuelles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12


2<br />

von inhibierenden und bahnenden Eiweißmolekülen<br />

gesteuert. Beim Menschen überwiegt<br />

die inhibierende Wirkung, so dass man<br />

früher der Meinung war, dass geschädigte<br />

Neurone im zentralen Nervensystem keine<br />

Regeneration und kein Wachstum aufweisen<br />

würden. In unmittelbarer Zukunft wird über<br />

eine spezifische Steuerung dieser<br />

Eiweißmoleküle eine spezifische Regeneration<br />

im ZNS möglich sein.<br />

Nach traditioneller Vorstellung war eine<br />

funktionale Verbesserung nach Schlaganfall<br />

und Schädelhirntrauma nur durch trainierende<br />

Physiotherapie und aktivierende kognitive<br />

LEITARTIKEL<br />

Chronisch Kranke sind hier zu Lande<br />

unzureichend versorgt. Das konnte jüngst<br />

ein Gutachten des Sachverständigenrats<br />

für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen<br />

belegen. Paradebeispiel ist die<br />

Zuckerkrankheit. Obwohl<br />

diese Erkrankung gut<br />

erforscht ist und erfolgreicheBehandlungsstrategien<br />

bekannt sind,<br />

hat sich die Situation der<br />

Diabetiker in Deutschland<br />

in den letzten Jahren<br />

nicht entscheidend verbessert.Disease-Management,<br />

übersetzt Krankheits-<br />

Management, nennt sich<br />

ein neuer Ansatz, der verspricht,<br />

solche Missstände<br />

in der Versorgung chronisch<br />

Kranker endlich zu<br />

beheben. Kernpunkt ist<br />

ein Vertrag zwischen<br />

Patienten, Ärzten und Kassen, der die<br />

Mediziner zur wissenschaftlich optimalen<br />

Behandlung, die Patienten zur Mitarbeit<br />

und die Kassen zur Finanzierung verpflichtet.<br />

Wie für viele andere chronisch Kranke<br />

gehört das Krankheitsmanagement auch zum<br />

Alltag der meisten Patienten mit koronaren<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Das ZNS ist potenziell<br />

zu einer umfangreichen<br />

Reparaturleistung in der Lage<br />

und stellt sich durch eine<br />

Veränderung in Soft- und<br />

Hardware auf eine<br />

Schädigung ein.<br />

Herzerkrankungen, wie arterielle Hypertonie<br />

und Herzinsuffizienz. Sie müssen lernen, mit<br />

der Erkrankung zu leben, Lebensgewohnheiten<br />

umzustellen und therapeutische Anwendungen<br />

in ihren Tagesablauf zu integrieren.<br />

Regelmäßige Arztbesuche,ausreichend<br />

Bewegung,<br />

Entspannungstraining<br />

und genau<br />

dosierte Medikamenteneinnahme<br />

sowie eine Ernährungsumstellung sind<br />

Kernpunkte ihres persönlichen Krankheits-<br />

Managements. All das erfordert ein hohes<br />

Maß an Eigenverantwortung und Disziplin.<br />

Dabei fühlen sich nicht wenige Patienten von<br />

Ärzten, Therapeuten und nicht zuletzt auch<br />

von den Krankenkassen allein gelassen. Wo<br />

erhalte ich die besten Informationen über<br />

meine Krankheit? Gibt es Selbsthilfegruppen?<br />

Therapie möglich und für die Plastizität im<br />

ZNS fördernd. Weltweite Studien haben nun<br />

bestätigt, dass bestimmte Medikamente wie<br />

Amphetamine, L-Dopa und auch serotonerg<br />

wirksame Substanzen die Plastizität und<br />

Erholung des Gehirns günstig beeinflussen.<br />

In gleicher Weise bestätigten sich die<br />

Vermutungen, dass antiadrenerge, anticholinerge<br />

und gabaerge Substanzen die<br />

Reparationsvorgänge im Gehirn beeinträchtigen<br />

bzw. verlangsamen.<br />

CA Dr. med. Bernd Schönberger<br />

Lesen Sie dazu auch den Artikel „Repetitives<br />

Üben” auf Seite 8.<br />

Management für chronisch Kranke<br />

Medizinische Qualitätsverbesserung trotz<br />

ökonomischer Zielsetzung?<br />

FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES 2/2002<br />

Patienten mit einer<br />

koronaren Herzerkrankung<br />

sollten<br />

darauf achten, sich<br />

ausreichend zu bewegen<br />

und gesund<br />

zu ernähren<br />

Wie kann ich an geeigneten Schulungsprogrammen<br />

teilnehmen? In welchen Fällen<br />

wird ein Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum<br />

bezahlt? Die Beantwortung solcher<br />

und ähnlicher Fragen erfordert oftmals mühsame<br />

Erkundungen und Nachforschungen an<br />

den verschiedensten Stellen. Patienten und<br />

Angehörige wünschen sich daher mehr<br />

Unterstützung, Betreuung und Beratung, also<br />

so etwas wie einen persönlichen Manager, der<br />

sich mit allen Fragen rund um das<br />

Krankheitsbild auskennt.<br />

Strukturierte Behandlungsmaßnahmen<br />

für chronisch kranke Patienten<br />

Auf chronische Erkrankungen entfallen<br />

nahezu 60 Prozent der Arzneimittelausgaben<br />

und über 50 Prozent der Krankenhausausgaben.<br />

Vor diesem Hintergrund hat sich der<br />

Koordinierungsausschuss der Selbstverwaltung<br />

im Gesundheitswesen im Februar<br />

dieses Jahres auf vier Krankheitsbilder geeinigt,<br />

für die strukturierte Behandlungsprogramme<br />

entworfen werden sollen:<br />

Diabetes mellitus (Typ 1 und 2)<br />

Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen<br />

(Asthma, COPD)<br />

koronare Herzerkrankungen<br />

Brustkrebs


Krankenkassen, die sich gezielt um eine<br />

Verbesserung der Versorgung chronisch<br />

Kranker bemühen, erhalten zukünftig für jeden<br />

eingeschriebenen Versicherten im Rahmen des<br />

Risikostrukturausgleichs zwischen den Kassen<br />

erhöhte standardisierte Ausgleichszahlungen<br />

zugeschrieben. Denn je nach Erkrankung und<br />

Schweregrad betragen die Leistungsausgaben<br />

für chronisch Kranke das 210fache dessen,<br />

was für einen durchschnittlichen Versicherten<br />

erbracht werden muss.<br />

Im Koordinierungsausschuss entscheiden<br />

die Bundesärztekammer (BÄK), die<br />

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)<br />

sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />

gemeinsam mit den<br />

Krankenkassen darüber,<br />

wie die qualitativen<br />

Anforderungen an die<br />

Durchführung der strukturiertenBehandlungsprogramme<br />

aussehen<br />

sollen. Der sich daraus<br />

ergebende Anforderungskatalog<br />

wird als<br />

Rechtsverordnung des<br />

Bundesgesundheitsministeriums<br />

Messlatte<br />

dafür, ob die Programme<br />

der Krankenkassen trotz<br />

anders gerichteter ökonomischer<br />

Anreize<br />

einem hohen medizinischen<br />

Qualitätsstandard genügen. Dies<br />

bedeutet, dass die für die Qualität des<br />

Behandlungsverlaufs maßgeblichen Eckpunkte<br />

der Diagnostik und Therapie konkret<br />

definiert werden müssen. Aus der Sicht der<br />

Kassen sind solche einheitlichen Empfehlungen<br />

unerlässlich, weil im Risikostrukturausgleich<br />

die Programme die Berechtigung<br />

liefern, auf den gemeinsamen Finanztopf<br />

zuzugreifen. Dies kann, wenn es gerecht<br />

zugehen soll, nur zu gleichen Voraussetzungen<br />

geschehen.<br />

Erste Ergebnisse<br />

Bei verschiedenen Krankenkassen laufen<br />

bereits die ersten Pilotprojekte – und das mit<br />

Erfolg. So hat sich die Lebensqualität der<br />

herzkranken Patienten, die an einem solchen<br />

Programm teilnehmen, nach eigenen Angaben<br />

deutlich verbessert.<br />

Kritische Stimmen<br />

Noch aber sind die Programmanforderungen<br />

umstritten. Nach den ursprünglichen<br />

Plänen des Bundesgesundheitsministeriums<br />

sollten die Krankenkassen eigenständig<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Disease-Management-Programme auflegen und<br />

umsetzen dürfen. Dagegen äußerten BÄK und<br />

KBV Bedenken. Ohne die Beteiligung ärztlichen<br />

Sachverstandes sei eine Ausgestaltung<br />

der Behandlungsprogramme nach überwiegend<br />

ökonomischen Gesichtspunkten zu befürchten.<br />

Misslich ist allerdings, dass die gesetzlich<br />

geforderten allgemein anerkannten Leitlinien in<br />

dieser Form noch nicht existieren. Daher<br />

befürchten Ärzte und Krankenhäuser absurde<br />

Zustände, wenn Krankenkassen unterschiedliche<br />

Leitlinien zur Grundlage der DMPs<br />

machen könnten und zum Beispiel für<br />

Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung<br />

mit AOK- und BKK-Mitgliedschaft jeweils<br />

andere Behandlungsmaßstäbe gelten würden.<br />

In der augenblicklichenUnübersichtlichkeit<br />

– in der Gesundheitspolitik<br />

übrigens<br />

seit Jahren ein hinlänglich<br />

bekanntes<br />

Phänomen – von Pro-<br />

Entspannungsübungen<br />

wie Yoga oder Autogenes<br />

Training tragen wesentlich<br />

zur Stabilisierung<br />

des Gesundheitszustandes<br />

von herzkranken<br />

Patienten bei.<br />

grammentwürfen unter Federführung von Ärzteverbänden<br />

und Krankenkassen werden<br />

Befürchtungen laut, die freie Arztwahl könne<br />

für chronisch kranke Patienten der Vergangenheit<br />

angehören, die stattdessen in standardisierte,<br />

starre und ökonomisch dominierte<br />

Behandlungskonzepte hineingepresst würden.<br />

Also in ein Versorgungsgeschehen, in<br />

dem ein koordinierender Arzt den Patienten<br />

diktiert, wann sie welchen Leistungserbringer<br />

aufsuchen dürfen. Jörg Hoffmann, Vorsitzender<br />

des Vorstandes des BKK-Landesverbandes<br />

Nordrhein-Westfalen, sieht noch eine andere<br />

Gefahr. Er fürchtet, dass möglicherweise niederschwellige<br />

Programme inflationär wirken<br />

und damit das sicherlich sinnvolle Instrument<br />

nur der reinen ökonomischen Zielsetzung und<br />

nicht den Qualitätsverbesserungen in der<br />

Versorgung der Versicherten dient.<br />

Erhard Hackler<br />

Der Klinik-Report bleibt für Sie am Ball:<br />

Wir berichten zukünftig, wie die<br />

Diskussion um die Disease-Management-<br />

Programme weitergeht und welche konkrete<br />

Ausgestaltung sie erfahren.<br />

KOMMENTAR<br />

Kein Franzose käme<br />

auf den Gedanken, ein<br />

Behandlungsprogramm<br />

für chronisch kranke Patienten<br />

„Disease-Management-Programm“<br />

zu nennen und der verwirrenden Fülle von<br />

Kürzeln in Medizin und Gesundheitspolitik<br />

ein weiteres hinzuzufügen: DMPs. Doch die<br />

Deutschen haben sich mittlerweile an den<br />

neuen Begriff gewöhnt, dank der Kassen,<br />

durch die seit Monaten Disease-Management-<br />

Programme immer wieder in den Blickpunkt<br />

der gesundheitspolitischen Diskussion gerückt<br />

werden. Denn die begehrten Ausgleichszahlungen<br />

aus dem Finanzausgleich zwingen<br />

sie, aus ökonomischen Gründen möglichst<br />

viele ihrer chronisch kranken Versicherten<br />

zur Teilnahme an den Programmen zu bewegen.<br />

Bleibt allerdings zu hoffen, dass die<br />

Qualität indes nicht auf der Strecke bleibt.<br />

Das unter zeitlichen Gesichtspunkten mit<br />

heißer Nadel gestrickte Programm und das<br />

Gerangel und Gezänk um Leitlinien, Dokumentationsformen<br />

sowie regionale oder bundesvertragliche<br />

Lösungen machen jedenfalls<br />

einen Befund sonnenklar: Nach wie vor fehlt<br />

es an konkreten Vorschlägen für eine umfassende<br />

und grundsätzliche Stabilisierung und<br />

Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems.<br />

Mögen sich kurzfristig über das Arzneimittelprogramm<br />

und vielleicht auch über<br />

die strukturierten Behandlungsprogramme<br />

(DMPs) Kosten einsparen lassen, besteht mittel-<br />

und langfristig jedoch weiterhin Handlungsbedarf.<br />

Denn die Bevölkerung in<br />

Deutschland wird immer älter und die Medizin<br />

macht gewaltige Fortschritte in Diagnostik<br />

und Therapie. Demographie und Innovation<br />

stehen auf den Messern einer Schere,<br />

die sich immer weiter öffnet. Die Politik ist<br />

uns eine Antwort auf diese Herausforderungen<br />

bislang schuldig geblieben. Deshalb verlangen<br />

wir von unseren Volksvertretern – und dies<br />

nicht nur in Wahljahren – kein Herumdoktern<br />

an isolierten Krisenherden, sondern eine<br />

Konzeption, die unser Gesundheitswesen<br />

zukunftsfähig macht und der Solidargemeinschaft<br />

der Versicherten eine hoch stehende<br />

qualitative Versorgung nach dem jeweiligen<br />

Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ermöglicht.<br />

Und sollte unser Vollkasko-Gesundheitsschutz<br />

aus Kostengründen nicht aufrechtzuerhalten<br />

sein, dann sind Wahrheit, Klarheit<br />

und harte Schnitte angesagt.<br />

RA Erhard Hackler<br />

Geschäftsführender Vorstand<br />

der Deutschen Seniorenliga e.V.<br />

2/2002 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES<br />

3


4<br />

INTERVIEW<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA • SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />

Qualifizierte Unterstützung<br />

bei der Reintegration<br />

Interview mit Dagmar Buchkremer, Leiterin der Sozial- und<br />

Rehaberatung der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

Sich im Alltag wieder<br />

zurechtzufinden, ist für<br />

Menschen, die einen<br />

Schlaganfall oder ein<br />

Schädel-Hirn-Trauma<br />

erlitten haben, im<br />

Normalfall mit großer<br />

Anstrengung verbunden.<br />

Umso wichtiger ist<br />

es, dass Angehörige der<br />

erkrankten Person beistehen.<br />

Kostenklärung über die Bezahlung eines<br />

Heimplatzes, Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis,<br />

Einleitung von beruflichen<br />

Rehamaßnahmen, Antrag auf<br />

Sozialhilfe. Die Liste der Dinge, die das<br />

soziale Umfeld des Patienten betreffen und<br />

noch vor Verlassen der Klinik geregelt werden<br />

müssen, scheint unendlich. Doch nicht<br />

nur das Einleiten der entsprechenden<br />

Maßnahmen ist Aufgabe von Dagmar<br />

Buchkremer, Leiterin der Sozial- und<br />

Rehaberatung der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong>,<br />

sondern auch die Betreuung und Unterstützung<br />

von Patienten und Angehörigen<br />

im persönlichen Gespräch.<br />

Frau Buchkremer, welchen Stellenwert<br />

hat die Sozial- und Rehaberatung bei<br />

der Behandlung von Patienten mit neurologischen<br />

Erkrankungen?<br />

Dagmar Buchkremer: Neurologische Erkrankungen<br />

wie Schlaganfall oder Schädel-<br />

Hirn-Trauma treffen Patienten und Angehörige<br />

meist wie aus heiterem Himmel. Sie<br />

waren darauf nicht vorbereitet und stehen<br />

plötzlich vor einem Berg von scheinbar unlös-<br />

FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES 2/2002<br />

baren Problemen. Doch gleichzeitig hegen sie<br />

die große Hoffnung, dass alles so wird, wie es<br />

vorher war. Aufgabe der Sozial- und<br />

Rehaberatung ist es, so früh wie möglich mit<br />

Patienten und Angehörigen Kontakt aufzunehmen.<br />

Hier gilt es zunächst, über Ängste<br />

und Befürchtungen zu sprechen und diese so<br />

weit es geht abzubauen. In einer sicheren und<br />

angenehmen Umgebung soll der Patient<br />

spüren, dass seine bisherigen und zukünftigen<br />

Entscheidungen trotz der schwer wiegenden<br />

Erkrankung wertfrei akzeptiert werden.<br />

Gleichzeitig wird nach Unterstützungsmöglichkeiten<br />

gesucht, die sich an dem<br />

Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe orientieren und<br />

dabei die Lebenswelt der Patienten und<br />

Angehörigen einbeziehen. Der Berg wird<br />

sozusagen in kleine Brocken aufgeteilt, die<br />

einzeln alle gelöst werden können.<br />

Wie sieht die Situation speziell bei<br />

Schädel-Hirn-Trauma-Patienten aus?<br />

Dagmar Buchkremer: Vor Beginn der<br />

Rehabilitation hat der Schädel-Hirn-Trauma-<br />

Patient bereits lange Zeit auf der<br />

Intensivstation verbracht. Die Angehörigen<br />

konnten sich deshalb oft schon intensiv mit<br />

der veränderten Situation durch die Erkrankung<br />

sowie mit den verschiedenen Rehabilitationsmaßnahmen<br />

bzw. Kostenträgern<br />

auseinander setzen. Anders als bei neurologischen<br />

Erkrankungen wie Morbus Parkinson<br />

oder Multipler Sklerose kann bei Schädel-<br />

Hirn-Trauma-Patienten häufig zur Übernahme<br />

eines Kostenanteils herangezogen werden:<br />

Bei einem Arbeits- oder Wegeunfall ist der<br />

Kostenträger die Berufsgenossenschaft mit<br />

ihren Berufshelfern.<br />

Bei einem Verkehrsunfall kann die Haftpflichtversicherung<br />

des Unfallgegners eintreten<br />

Bei einem Sportunfall oder einem privaten<br />

Unfall ist möglicherweise eine private<br />

Versicherung wie die Arbeits- oder<br />

Berufsunfähigkeitsversicherung, Unfallversicherung,<br />

Unfall-Zusatzversicherung<br />

oder Auto-Insassenversicherung pflichtig.<br />

Mit diesen Institutionen müssen wir sobald<br />

wie möglich Kontakt aufnehmen, um die<br />

Möglichkeiten einer beruflichen Wiedereingliederung<br />

zu klären, die Ansprüche finanzieller<br />

Art (Rente, Schmerzensgeld) zu überprüfen<br />

oder aber auch, um eventuelle Ansprüche<br />

auf Umbaumaßnahmen bzw. den<br />

Anspruch auf eine behindertengerechte<br />

Wohnung zu klären. Insbesondere für die<br />

berufliche Rehabilitation stehen eine Reihe<br />

qualifizierter Maßnahmen zur Verfügung, darunter<br />

vor allem Förderlehrgänge verschiedener<br />

Stufen, Arbeits- und Belastungserprobungen,<br />

Berufsfindungen sowie Arbeitsplatzanpassungsmaßnahmen.<br />

Die Patienten werden bei Bedarf bei Berufsberatern<br />

der BfA und LVA, die regelmäßig<br />

Sprechstunden in unserem Haus abhalten,<br />

angemeldet. Für Patienten, die nicht direkt in<br />

den Beruf zurückkehren können, gibt es


PORTRÄT<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA • SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />

vollstationäre Einrichtungen wie die Pfennigparade<br />

in München oder die Neuro-<br />

Berufliche-Fördereinrichtung (NFE) in Bad<br />

Tölz, die eine langfristig angelegte berufliche<br />

Wiedereingliederung bieten. Der Patient<br />

muss für diese Einrichtungen allerdings weitgehend<br />

von fremder Hilfe unabhängig sein.<br />

Des Weiteren muss in einem solchen Fall die<br />

Kostenklärung mit den jeweiligen Kostenträgern<br />

(Rentenversicherungsträgern, Krankenkasse<br />

und Bezirk Oberbayern) abgeklärt werden.<br />

Wie Sie feststellen können, ist die<br />

Rehabilitation und die Rückkehr in den Beruf<br />

für einen Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma<br />

ein langer Weg. Viele Gespräche sind dabei<br />

notwendig, um zum Beispiel auch zu vermeiden,<br />

dass kritiklos und zu früh Rentenanträge<br />

gestellt werden.<br />

Wie helfen Sie Ihren Patienten,<br />

Existenzängste abzubauen und die<br />

Reintegration zu erleichtern?<br />

Dagmar Buchkremer: Ich erlebe sehr häufig,<br />

dass Patienten sich der Tragweite ihrer<br />

Behinderung sehr wohl bewusst sind und die<br />

notwendigen Konsequenzen daraus schon<br />

längst durchdacht haben. Es ist häufig eine<br />

Erleichterung für den Patienten, in persönlichen<br />

Gesprächen seine Wünsche zu äußern<br />

und durch die Erkrankung entstandene<br />

Defizite konkret beim Namen zu nennen.<br />

Dadurch wird dem Patienten die Eigenverantwortlichkeit<br />

zurückgegeben.<br />

Konkret unterstützen wir den Patienten<br />

beim Ausfüllen von Formularen, begleiten ihn<br />

bei der beruflichen Reintegration, geben<br />

Entscheidungshilfen für die häusliche<br />

Reintegration oder das richtige Heim, klären<br />

mit ihm, ob eine Vollmacht vorliegt oder eine<br />

Betreuung notwendig ist und wer die Kosten<br />

Dagmar Buchkremer<br />

Leiterin der Sozial- und Rehaberatung<br />

in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

Geboren: 1946 in Beverungen, Kreis Höxter/Westfalen<br />

Beruflicher Werdegang:<br />

1966 – 1969 Studium Englisch und Spanisch am Englischen Institut in Heidelberg<br />

1968 – 1969 Ausbildung zur Arzthelferin, Grone-Schule, Mannheim<br />

1969 – 1974 in verschiedenen Arztpraxen tätig<br />

1975 – 1988 in der Praxis des Ehemannes tätig<br />

1986 – 1991 Studium der Sozialpädagogik im Benediktbeuern<br />

1989 – 1990 Diplom in Montessori-Heilpädagogik, Kinderzentrum München, bei Prof. Hellbrügge<br />

1992 – 1993 als Sozialpädagogin in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Gaißach tätig<br />

seit 1993 Sozialpädagogin in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

1996 Ausbildung zum NLP-Practioner (zertifiziert), SKILL-Institut in Bammental<br />

1997 Ausbildung im Systemischen Prozessmanagement, ComTeam, Gmünd/Tegernsee<br />

seit 1997 Leiterin der Abteilung Sozial- und Rehaberatung in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

für die Weiterversorgung trägt. Vor allen<br />

Dingen eröffnen wir ihm mit spezifischen<br />

Fragetechniken Wahlmöglichkeiten und stärken<br />

damit seine Eigenverantwortung. Das<br />

Ausschlaggebende ist jedoch, eine tragfähige<br />

Basis des Vertrauens zu schaffen und dem<br />

Patienten mit Empathie zu begegnen. Und das<br />

ist in jedem kurzen oder langen Gespräch oder<br />

sogar auch am Telefon möglich.<br />

Welche spezifischen Anforderungen werden<br />

dabei an die Sozial- und Rehaberatung<br />

gestellt?<br />

Dagmar Buchkremer: Die Fachliche Voraussetzung<br />

für die Leitung der Abteilung ist ein<br />

Studium der Sozialpädagogik. Soziale Arbeit<br />

ist ein eigenverantwortliches, zielgerichtetes,<br />

planvolles, prozesshaftes und organisiertes<br />

berufliches Handeln zu einem konkreten<br />

Problem unter Berücksichtigung der<br />

Lebenssituation des Patienten. Im Wirtschafts-<br />

„... Keine Patientengeschichte gleicht der anderen, deshalb sind die Anforderungen, die in der Sozial- und<br />

Rehaberatung gestellt werden sehr vielfältig und abwechslungsreich und sorgen bei mir für große Arbeitszufriedenheit.<br />

Die Aufgaben der Sozial- und Rehaberatung erfordern spezielles Fachwissen. Es werden alle Bereiche über Sozialrecht,<br />

Rentenrecht, Arbeits- und Behindertenrecht bis hin zum Betreuungs-, Scheidungs- und Erbrecht u.a. berührt. Ich schätze<br />

an meinem Beruf, dass ich mich als Beraterin und Begleiterin verstehe, die die vorhandenen Ressourcen der<br />

Patienten und Angehörigen heraushört, herausarbeitet oder in ihnen wieder erweckt ...“<br />

2/2002 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES<br />

5


6 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES 2/2002<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA • SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />

unternehmen Klinik sehe ich die Sozial- und<br />

Rehaberatung als professionelle Dienstleistung<br />

mit speziellem Fachwissen über Nachsorge,<br />

berufliche und soziale Integration. Um in kurzer<br />

Zeit mit den richtigen Fragen ans<br />

gewünschte Ziel zu kommen, sind fundierte<br />

Kenntnisse in der Gesprächsführung unbedingt<br />

erforderlich. Das heißt auch, dass das<br />

Ziel zunächst gemeinsam mit dem Patienten<br />

formuliert werden muss.<br />

Die Arbeit in der Sozial- und Rehaberatung<br />

erfordert außerdem ein hohes Maß an<br />

Flexibilität und Belastbarkeit. Als Mutter von<br />

drei Kindern verfüge ich hier über genügend<br />

Erfahrung.<br />

Inwieweit werden die Angehörigen in<br />

die Sozial- und Rehaberatung eingebunden?<br />

Dagmar Buchkremer: Die Angehörigen<br />

spielen in der Sozial- und Rehaberatung eine<br />

außerordentlich wichtige Rolle. Sie sind insbesondere<br />

für die Patienten in der Phase B<br />

und C oft die einzigen Ansprechpartner. In<br />

diesen Phasen sind die Patienten noch weitgehend<br />

von intensiver pflegerischer und therapeutischer<br />

Hilfe abhängig. Sie können sich<br />

auf Grund einer Aphasie oft nicht verständigen<br />

oder haben bedingt durch neuropsychologische<br />

Defizite die Orientierung (Person,<br />

Zeit, Ort) verloren.<br />

Patienten und Angehörige geben immer den<br />

Lösungsweg bezüglich Versorgung etc. vor.<br />

Was wir tun können, ist, sie bei der Entscheidungsfindung<br />

zu begleiten und zu unterstützen.<br />

Falls die häusliche Versorgung aus<br />

Altersgründen, wegen mangelnder räumlicher<br />

Gegebenheiten oder sonstiger familienintern<br />

begründeter Probleme nicht möglich ist, können<br />

wir in einem Gespräch andere mögliche<br />

Wege aufzeigen und diese gemeinsam erörtern.<br />

Wie sich auch immer Angehörige und<br />

Patienten entscheiden, zeigen wir Respekt vor<br />

dieser Entscheidung.<br />

Mit welchen anderen Abteilungen der<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> arbeiten Sie<br />

zusammen?<br />

Dagmar Buchkremer: In der <strong>Fachklinik</strong><br />

<strong>Lenggries</strong> ist die Zusammenarbeit im interdisziplinären<br />

Team ein wesentlicher<br />

Häufige Fragen<br />

der Patienten<br />

Habe ich Anspruch auf<br />

Pflegeleistungen?<br />

Wenn ja, auf welche?<br />

Wie hoch ist die Pflegestufe?<br />

Was ist der Unterschied zwischen<br />

Behandlungspflege und Grundpflege?<br />

Wer zahlt was?<br />

Kann meine Tochter/mein Sohn<br />

die Pflege übernehmen?<br />

Was zahlt die Krankenkasse?<br />

Gibt es eine Rentenversicherung<br />

für die Pflegepersonen?<br />

Ist die Pflegeperson versichert?<br />

Welcher ambulante Dienst ist für<br />

mich passend?<br />

Welches Heim ist das beste für<br />

mich?<br />

Was kostet das?<br />

Wer bezahlt das?<br />

Was müssen wir tun, wenn<br />

Mutter/Vater, Ehemann/Ehefrau<br />

nicht mehr für sich selbst die<br />

Aufgaben wahrnehmen können?<br />

Wie geht es beruflich weiter?<br />

Welche Rente habe ich zu erwarten?<br />

Dass die Patienten auch<br />

nach ihrem stationären<br />

Aufenthalt gut betreut<br />

werden, darum kümmern<br />

sich bereits im Vorfeld<br />

Mitarbeiter der Sozialund<br />

Rehaberatung der<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong>.<br />

Bestandteil unserer Arbeit. Ärzte, Therapeuten,<br />

zu denen auch die Mitarbeiter der<br />

Sozial- und Rehaberatung zählen, sowie<br />

Pfleger treffen sich jeden Tag zu einem halbstündigen<br />

Stationsgespräch. Hier werden der<br />

Rehabilitationsverlauf der Patienten sowie<br />

aktuelle Probleme besprochen. Die Sozialund<br />

Rehaberatung ist von Anfang an in die<br />

Weiterversorgung der Patienten eingebunden.<br />

Desweiteren erfolgt der Informationsaustausch<br />

über den kurzen Dienstweg oder auch über<br />

das hausinterne E-Mail-System.<br />

Halten Sie den Kontakt mit den Patienten<br />

auch noch nach dem Klinikaufenthalt<br />

aufrecht?<br />

Dagmar Buchkremer: Für Fragen, die sich<br />

direkt nach dem Aufenthalt ergeben, fühlen<br />

wir uns auch noch nach der Entlassung<br />

zuständig. Ein Kontakt mit den Patienten im<br />

Sinne einer systemischen Nachbetreuung findet<br />

nicht statt und ist auch aus Gründen des<br />

Datenschutzes nur sehr schwer durchführbar.<br />

Was mir jedoch auffällt ist, dass Patienten<br />

gerne zu einer Zweitrehabilitation wiederkommen<br />

oder nach einem weiteren Krankheitsereignis<br />

erneut unser Haus wählen.<br />

Wir bedanken uns bei Frau Buchkremer<br />

ganz herzlich für das Gespräch.


Was versteht man genau unter einem<br />

Schädel-Hirn-Trauma?<br />

Dr. med. Jaksche: Unter einem Schädel-<br />

Hirn-Trauma versteht man die Gewalteinwirkung<br />

auf den knöchernen Schädel und<br />

den Schädelinhalt. Dabei können Blutungen<br />

im Schädelinneren auftreten, welche dann<br />

möglicherweise zu einer Schädigung des<br />

Hirns führen. Je nach Ausmaß der Schädigung<br />

ist der Patient wach, bewusstseinseingetrübt<br />

oder komatös.<br />

In der Phase der Frührehabilitation<br />

leiden die Patienten meist noch unter<br />

schweren Bewusstseinsstörungen. Warum<br />

ist dennoch bzw. gerade die Frührehabilitation<br />

von Schädel-Hirn-Verletzten und<br />

Patienten mit apallischen Syndrom so wichtig?<br />

Dr. med. Jaksche: In der Phase nach der<br />

Stabilisierung der Kreislaufsituation ist es von<br />

großer Bedeutung, basale Reize zu setzen.<br />

Dadurch können wir erreichen, dass höhere<br />

Hirnfunktionen angeregt werden und dass der<br />

Patient aus seinem Koma früher bzw. überhaupt<br />

erwacht.<br />

Stichwort: Interdisziplinarität. Wie wichtig<br />

ist hier die Zusammenarbeit der einzelnen<br />

Fachbereiche?<br />

Dr. med. Jaksche: Bei der Primärversorgung<br />

von schweren Schädel-Hirn-Verletzten<br />

ist die Zusammenarbeit der Neurochirurgen,<br />

Neurologen und Anästhesisten von hoher<br />

Wichtigkeit. Weiterhin ist nach der<br />

Akutphase die Versorgung durch Krankengymnastik<br />

und Ergotherapie für den<br />

Behandlungserfolg wesentlich. Durch die<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit der ver-<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA • SCHÄDEL-HIRN-TRAUMA<br />

EXPERTENINTERVIEW<br />

Primärversorgung ist wesentlich<br />

Die Bedeutung der Frührehabilitation bei<br />

Schädel-Hirn-Trauma-Patienten<br />

Dr. med. Hans Jaksche<br />

Chefarzt der Neurochirurgie in<br />

der Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallklinik Murnau<br />

schiedenen Fachbereiche kann das Outcome<br />

deutlich verbessert werden.<br />

Wie hoch sind die Remissionschancen<br />

bei Patienten mit einem apallischen<br />

Syndrom?<br />

Dr. med. Jaksche: Durch intensive frühzeitige<br />

Rehabilitationsmaßnahmen kann das apallische<br />

Syndrom meist durchbrochen werden,<br />

das heißt, der Patient wird wach. Natürlich<br />

ist dies auch vom Ausmaß der primären<br />

Hirnschädigung abhängig.<br />

Warum ist es sinnvoll, Schädel-Hirn-<br />

Verletzte in spezialisierten Reha-Kliniken<br />

zu versorgen?<br />

Dr. med. Jaksche: Die Reha-Kliniken verfügen<br />

über viel Erfahrung sowohl in der<br />

Intensivmedizin als auch in der Frühreha-<br />

bilitation, was die Chance erhöht, bessere<br />

Ergebnisse zu erlangen.<br />

Noch in den 80er Jahren standen für ca.<br />

40 000 neu betroffene Komapatienten<br />

und schwer Schädel-Hirn-Traumatisierte pro<br />

Jahr gerade mal 25 qualifizierte Frühreha-<br />

Betten zur Verfügung. Wie sieht die Versorgungslage<br />

heute aus?<br />

Dr. med. Jaksche: Bereits Anfang der 90er<br />

Jahre konnte in Bayern durch intensives<br />

Bemühen erreicht werden, dass in jedem<br />

Regierungsbezirk eine Klinik mit ca. 40<br />

Betten für Schädel-Hirn-Trauma-Patienten zur<br />

Verfügung stand. Noch in den 80er Jahren<br />

mussten Betroffene oft Monate auf ein freies<br />

Krankenhausbett warten. Ausnahmen hierbei<br />

waren Verletzte, die einen Arbeitsunfall erlitten<br />

hatten. Heute hingegen beträgt die<br />

Wartezeit im Durchschnitt nur noch 8 bis 14<br />

Tage. Frühzeitig übernommen werden auch<br />

beatmete und trachiotomierte Patienten.<br />

Wie sieht die Zusammenarbeit mit der<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> aus?<br />

Dr. med. Jaksche: Mit der <strong>Fachklinik</strong><br />

<strong>Lenggries</strong> arbeiten wir sehr eng zusammen.<br />

Patienten, die in der Klinik angemeldet werden,<br />

werden in der Regel auch frühzeitig übernommen.<br />

Gleichzeitig werden auch von uns<br />

Patienten der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> schnell<br />

übernommen, sofern notwendige neurochirurgische<br />

Eingriffe wie beispielsweise eine<br />

Ventilimplantation oder die Deckung eines<br />

Knochendefektes erfolgen müssen.<br />

Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Jaksche ganz<br />

herzlich für das Interview.<br />

2/2002 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES<br />

7


REHABILITATION HEUTE<br />

8 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES 2/2002<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Repetitives Üben<br />

Neue physiotherapeutische und kognitive Therapieansätze<br />

Klassische neurophysiologische Therapieverfahren<br />

– auch das hat der 3. Weltkongress<br />

der Neurologischen Rehabilitation<br />

in Venedig erbracht – haben der wissenschaftlichen<br />

Prüfung nicht Stand gehalten<br />

und können im Grunde genommen keine<br />

Impulse für die Plastizitätsentwicklung<br />

eines geschädigten Gehirns geben. Neue<br />

therapeutische Methoden, unter lerntheoretischen<br />

Aspekten eingesetzt, zeigen einen<br />

starken plastizitätsfördernden Effekt, das<br />

heißt eine günstige Wirkung auf das<br />

Outcome des Patienten. Dabei steht der<br />

Begriff „Repetitives Üben“ für physiotherapeutische<br />

und kognitive Therapieansätze.<br />

Erstaunlicherweise konnte eine Parese im<br />

Armbereich durch repetitives Üben von<br />

Agonisten-Antagonisten-Beweglichkeit im<br />

Unterarm-/Handbereich über täglich ca. 20<br />

Minuten die funktionelle Erholung entscheidend<br />

positiv beeinflussen, auch Muskelgruppen<br />

proximal und distal des beübten<br />

Bereiches konnten sich deutlich verbessern.<br />

Diese Therapiemethoden sollten in der<br />

Zukunft die sensomotorische Erholung und<br />

die Verbesserung motorisch-exekutiver<br />

Leistungen fördern. Damit sind diese Übungen<br />

in der Lage, die Plastizitätsentwicklung<br />

des Gehirns entscheidend positiv zu prägen.<br />

Weitere wissenschaftliche Untersuchungen<br />

haben erbracht, dass rein passives, geführtes<br />

Üben, auch unter Zuhilfenahme elektrischer<br />

Stimulation, für das Gehirn keine wesentliche<br />

Förderung bedeutet. Diese Übungen verbleiben<br />

in Zukunft nur für eine plegische, das<br />

heißt nichtbewegliche Extremität, wobei allerdings<br />

neben der Bewegung entscheidend auch<br />

die gleichzeitige optische, akustische und<br />

motivationale Stimulation ist.<br />

Individuell geprägt<br />

Das repetitive, kognitive Training für<br />

Aufmerksamkeits-, Gedächtnis-, Exekutivfunktionen,<br />

rezeptive und expressive<br />

Sprachleistungen wird in Zukunft von sehr<br />

individuellen Aspekten geprägt sein. Was<br />

dabei trainiert wird, wird sehr wesentlich<br />

durch den Patienten und seine Familie mitbe-<br />

stimmt werden, es<br />

sollen hier also die<br />

Kriterien der WHO,<br />

Selbstbestimmung<br />

und Teilhabe noch<br />

intensiver umgesetzt<br />

werden. Das kognitive<br />

Training wird in<br />

Zukunft außerdem<br />

vermehrt durch Weiterentwicklungen<br />

im<br />

PC-Bereich geprägt<br />

sein, wo bei mit Hilfe<br />

einer virtuellen Realität<br />

gearbeitet wird.<br />

Der Patient erobert<br />

am PC alltagsrelevante<br />

Leistungen, die in einem zweiten Schritt in<br />

die erfahrbare Wirklichkeit umgesetzt werden.<br />

Ein weiterer Zukunftsaspekt wird die<br />

Kommunikation des Patienten mit dem<br />

Computer sein, um in der Lage zu sein, motorische<br />

Leistungen mit Hilfe eines PC-gesteu-<br />

Neue therapeutische<br />

Methoden, unter lerntheoreti-<br />

schen Aspekten eingesetzt,<br />

zeigen einen starken plasti-<br />

zitätsfördernden Effekt, das<br />

heißt eine günstige Wirkung<br />

auf das Outcome des<br />

Patienten.<br />

erten elektrischen Rollstuhls oder einer PCgesteuerten<br />

motorischen Prothese durchzuführen<br />

und damit Mobilität zu gewinnen.<br />

Umsetzung in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

Die neuen Technologien kommen schon<br />

heute – auch in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> – bei<br />

Durch das so genannte „repetitive<br />

Üben“ physiotherapeutischer<br />

Trainingsmethoden<br />

wird die Plastizität des<br />

Gehirns positiv beeinflusst.<br />

Diagnostik und Therapie zeitgerecht zum<br />

Einsatz und beeinflussen gerade die frühe<br />

Plastizitätsphase des Gehirns entscheidend<br />

und helfen damit, ein besseres Outcome am<br />

Patienten zu erreichen. Mit der Verbesserung<br />

der sensomotorischen und kognitiven<br />

Leistungen wird der schwer betroffene Patient<br />

heute schon frühzeitig in die Lage versetzt,<br />

Selbstbestimmung und Teilhabe nach den<br />

WHO-Kriterien umzusetzen. Allerdings ist<br />

es für ein optimales Outcome nach<br />

Schlaganfall und Schädelhirntrauma von<br />

übergeordneter Bedeutung, dass ärztliches<br />

Case-Management, spezialisierte Therapie<br />

und aktivierende Pflege optimal kooperieren<br />

und die Therapie individuell auf die<br />

Problematik des Patienten ausrichten. Eine<br />

solche hochwertige neurorehabilitative<br />

Therapie, das hat auch Venedig erneut<br />

bestätigt, ist apparativ und personell aufwendig,<br />

wodurch auch die Kosten unverändert<br />

hoch bleiben. Die Vorgaben des SGB IX für<br />

die Rehabilitation müssen trotz dieser<br />

Tatsache im Sinne unserer Patienten optimal<br />

umgesetzt werden.<br />

CA Dr. med. Bernd Schönberger


EXPERTENINTERVIEW<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Arzt-Patienten-Kommunikation<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen<br />

immer wieder, dass es gerade auf<br />

dem Gebiet der Arzt-Patienten-Kommunikation<br />

viele Defizite gibt. Woran liegt das?<br />

Prof. Paal: Inzwischen überblicke ich fast 50<br />

Jahre Neurologie, erlebte die Fortschritte<br />

durch Elektroenzephalo-, Myo- und Neurographie,<br />

durch Doppler- und Duplexsonographie<br />

der Hirngefäße, durch Neuentwicklungen<br />

bildgebender Verfahren wie Computerund<br />

Kernspintomographie, einschließlich der<br />

verschiedenen Möglichkeiten von Gefäßdarstellungen,<br />

die Weiterentwicklung labortechnischer<br />

Untersuchungen bis hin zur<br />

Gentechnologie. Nicht zu Unrecht spricht man<br />

von einer Apparate- und Labormedizin, neben<br />

der der personale Bezug zwischen Arzt und<br />

Patient immer mehr an Bedeutung verliert.<br />

Hinzu kommen Mehrbelastungen der Ärzte,<br />

besonders im stationären Bereich durch<br />

Arbeitszeitregelungen, Freizeitausgleich und<br />

Verwaltungs- oder Schreibarbeiten. Die Folge:<br />

Ein fragwürdiger Wechsel behandelnder Ärzte<br />

bei den ihnen anvertrauten Kranken während<br />

einer immer kürzer werdenden Liegezeit. Der<br />

Patient sieht nicht mehr konstant und regelmäßig<br />

seinen ihn behandelnden Arzt, wird<br />

immer mehr zum anonymen Objekt, wird<br />

namenlos, degradiert zum Fall. Er verliert<br />

Interview mit Prof. Dr. med. Gerd Paal,<br />

niedergelassener Neurologe und wissenschaftlicher<br />

Beirat in der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

Bereits während seiner Weiterbildungszeit an der Univ.-Nervenklinik in<br />

Münster unter der Leitung seines Lehrers Prof. Dr. Mauz beschäftigte sich<br />

Prof. Paal intensiv mit den Fragen, den Möglichkeiten und Grenzen des ärztlichen<br />

Gesprächs in Diagnostik und Therapie. Ergebnisse fasste er in seiner<br />

Habilitationsschrift „Psychogen-somatogen, diagnostische Möglichkeiten in<br />

der täglichen Praxis“ zusammen.<br />

zunehmend seine Individualität als<br />

Persönlichkeit: „Die Bandscheibe in Zimmer<br />

x, der Schlaganfall in Zimmer y oder das<br />

Schädelhirntrauma in Zimmer z“.<br />

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang<br />

die Individualisierung des<br />

Rehabilitationsprozesses?<br />

Prof. Paal: Auch und gerade in der<br />

Rehabilitation ist es unverzichtbar, die Gesamtperson<br />

des Kranken oder Rehabilitanden<br />

zu erfassen, seine Biografie, seine aktuelle<br />

Situation, seine körperliche und geistig-seelische<br />

Verfassung. Wo hinein soll er gesunden?<br />

In Anlehnung an Prof. Mauz habe ich früher<br />

einmal folgende Fragen formuliert, die es in<br />

Diagnostik und Therapie zu beachten gilt:<br />

Wie lautet die Klage des Patienten und was<br />

beinhaltet sie?<br />

Welche Diagnose bietet er an?<br />

Wie ist die innere und äußere Verfassung<br />

eines Kranken zum Zeitpunkt seiner Erkrankung?<br />

Wie hat er frühere Belastungen toleriert?<br />

Wie ist seine Wert- und Umwelt?<br />

Inwieweit ist die Gesamtperson des Kranken<br />

durch seine aktuelle Erkrankung betroffen?<br />

Woran ist er durch seine Erkrankung gehindert?<br />

Wie ist seine biologische und seine geistigseelische<br />

aktuelle Konstitution, wie sein<br />

soziales Umfeld, sein Zuhause?<br />

Noch vor einigen Jahren arbeitete man<br />

in der neurologischen Rehabilitation im<br />

Wesentlichen symptomorientiert. Was hat sich<br />

hier in den letzten Jahren verändert?<br />

Die Beantwortung der formulierten Fragen<br />

lässt deutlich werden, dass es ohne Einbeziehung<br />

der Gesamtperson eines Kranken,<br />

seiner biografischen Anamnese, seiner körperlichen<br />

und geistig-seelischen Verfassung<br />

kaum möglich ist ihn zu heilen oder wenigstens<br />

ihn soweit überhaupt möglich zu rehabilitieren.<br />

Es ist zwar möglich, eine Fraktur zu<br />

nageln, einen Bandscheibenprolaps operativ<br />

auszuräumen oder einen Gefäßverschluss zu<br />

überbrücken, doch wird der Heilungsprozess,<br />

die Rehabilitation und somit der Therapieerfolg,<br />

das Ergebnis des ärztlichen Handelns,<br />

entscheidend durch die Person des Kranken<br />

mitbestimmt, durch seinen Gesundheitswillen<br />

und seine Mitarbeit. Selbst beim Komapatienten<br />

ist man heute bemüht, seine latenten<br />

Kräfte zu wecken, etwa durch seine<br />

Lieblingsmusik, durch gutes Zureden, oder<br />

durch Körperkontakte.<br />

2/2002 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES<br />

9


10<br />

Selbstbestimmung und<br />

Partizipation – dafür<br />

plädieren nicht nur nationale<br />

Gesellschaften der neurologischen<br />

Rehabilitation,<br />

sondern verstärkt auch die<br />

Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO). Ist das bei unserer<br />

derzeitigen Finanzlage im<br />

Gesundheitswesen überhaupt<br />

möglich?<br />

Nur die Einbeziehung der<br />

Gesamtperson eines Kranken,<br />

seine Mitarbeit, sein<br />

Gesundheitswille unter einer<br />

kompetenten und zielgerechten<br />

Therapie kann zu<br />

einem optimalen Therapieerfolg<br />

führen und in vielen Fällen auch die<br />

Behandlungszeit verkürzen. Nicht unbedingt<br />

die Vielzahl und der nicht selten überflüssige<br />

Einsatz teurer technischer Geräte sind letztlich<br />

entscheidend für das Wohl des Kranken. Nur<br />

ihr sinnvoller und gezielter und dadurch<br />

zugleich sparsamer Einsatz vermag die ständig<br />

steigenden Kosten zu senken.<br />

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung<br />

in der Zukunft ein ?<br />

Der sich abzeichnende Trend jüngster Zeit,<br />

ärztliches diagnostisches und therapeutisches<br />

FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES 2/2002<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

REHABILITATION HEUTE • REHABILITATION HEUTE<br />

<strong>KLINIK</strong> INTERN<br />

Neues Layout, mehr Inhalt<br />

Detaillierte und verständlich aufbereitete<br />

Informationen finden Interessierte unter:<br />

www.fachklinik-lenggries.de<br />

Handeln nur noch nach wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten zu messen und insbesondere<br />

Rehabilitationseinrichtungen von Seiten der<br />

Kostenträger nach diesen Kriterien und nicht<br />

nach den Bedürfnissen des Kranken auszuwählen,<br />

gibt mir Anlass zu größter Sorge. Wir<br />

alle sind zur Sparsamkeit im Gesundheitssystem<br />

verpflichtet, doch kann und darf dies<br />

nicht auf Kosten der uns anvertrauten Kranken<br />

geschehen. Hier könnte eine ungenügende<br />

Therapie letztlich zu einer größeren und früheren<br />

Pflegeabhängigkeit eines Kranken und<br />

nur zu einer Verschiebung von Kosten in ein<br />

anderes Sozialsystem führen. Ein Beispiel soll<br />

Die <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> im Internet<br />

Wissen per Mausklick. In unserer<br />

Kommunikationsgesellschaft wird die<br />

Informationsbeschaffung via Internet<br />

immer beliebter. Umso wichtiger ist es,<br />

Informationen im Netz anschaulich darzustellen,<br />

übersichtlich zu gestalten und<br />

sinnvoll zu strukturieren. Genau das hat<br />

die <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> bei der<br />

Neugestaltung ihrer Internetseiten im Juni<br />

dieses Jahres erfolgreich umgesetzt.<br />

Patienten, aber auch niedergelassene Ärzte<br />

oder Akutkrankenhäuser haben nun die<br />

dies verdeutlichen: Ein 60- oder<br />

65-jähriger Schlaganfallpatient<br />

wird in eine geriatrische<br />

Rehabilitationsabteilung mit<br />

zumindest quantitativ wesentlich<br />

geringeren Rehabilitationsmöglichkeiten<br />

verlegt und dort<br />

nach einer mehr oder weniger als<br />

angemessen angesehenen Zeit<br />

zum Pflegefall erklärt. Und das<br />

alles nur, um Kosten zu sparen,<br />

auch wenn der Patient primär ein<br />

Bei unserer heutigen Apparateund<br />

Labormedizin ist gerade das<br />

persönliche Gespräch zwischen<br />

Arzt und Patient von großer<br />

Bedeutung.<br />

gutes Rehabilitationspotenzial besitzt und man<br />

bei einer sicherlich primär zwar teureren, doch<br />

umfassenden und kompetenten Therapie nicht<br />

nur die Lebensqualität des Kranken verbessern,<br />

sondern zugleich auch eine dauernde<br />

Pflegeabhängigkeit und somit auch höhere<br />

Kosten auf Dauer verhindern könnte.<br />

Wir bedanken uns bei Herrn Prof. Paal<br />

ganz herzlich für das Interview.<br />

Möglichkeit, sich schnell und umfassend<br />

über Diagnose- und Therapiemöglichkeiten<br />

der Klinik sowie über Gebäude und<br />

Ausstattung zu informieren. Darüber hinaus<br />

können Interessierte direkt per E-Mail mit<br />

der Klinik Kontakt aufnehmen und bei<br />

Bedarf die Anfahrtswege abfragen. Auch die<br />

jeweils aktuelle Ausgabe des Klinik Reports<br />

ist auf den sowohl im Design als auch in der<br />

Informationsaufbereitung neu gestalteten<br />

Internetseiten der <strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong> zu<br />

finden.


GESUNDHEITS- UND SOZIALPOLITIK<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Kein eindeutiges Ja oder Nein<br />

Stammzellenimport unter Auflagen zugelassen<br />

Der Bundestag hat entschieden: Bestehende<br />

embryonale Stammzelllinien<br />

dürfen importiert, jedoch keine weiteren<br />

Embryos zu Forschungszwecken<br />

getötet werden. Das Bundesforschungsministerium<br />

arbeitet seitdem mit<br />

Hochdruck an dem Gesetzesentwurf,<br />

der noch bis Juni verabschiedet werden<br />

soll. Erste Forschungsprojekte mit<br />

embryonalen Stammzellen können<br />

damit bereits im Sommer dieses Jahres<br />

starten.<br />

Ob wirklich wie erhofft eines Tages<br />

schwere Erkrankungen wie Alzheimer<br />

oder Parkinson geheilt werden können,<br />

steht noch in den Sternen. Mit der<br />

Forschung an embryonalen Stammzellen<br />

käme man jedoch, so das Gros der<br />

Wissenschaftler, diesem Wunschdenken einen<br />

großen Schritt näher. Das rechtliche<br />

Fundament dafür wurde mit dem Beschluss<br />

des Bundestages am 30. Januar dieses Jahres<br />

zumindest gelegt: Der Import embryonaler<br />

Stammzellen ist von nun an erlaubt – allerdings<br />

mit gewissen Einschränkungen. Denn<br />

den Belangen der Forschungsfreiheit und der<br />

Förderung der deutschen Forschungslandschaft<br />

stehen ethische Bedenken gegenüber.<br />

Konsens statt Klarheit<br />

Für die Kompromisslösung warb neben<br />

Angela Merkel (CDU) auch Bundeskanzler<br />

Gerhard Schröder: „Damit wird weder eine<br />

neue Rechtslage geschaffen noch geht<br />

Deutschland einen Sonderweg“, so der<br />

Kanzler. Denn die Zielsetzung des Embryonenschutzgesetzes<br />

– „Embryonen dürfen nur<br />

zum Zweck der Fortpflanzung erzeugt werden“<br />

– bleibt somit unangetastet. Auch die<br />

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />

begrüßt den Bundestagsbeschluss. Jetzt kann<br />

sie endlich den lange auf Eis gelegten Antrag<br />

des Bonner Neurowissenschaftlers Professor<br />

Oliver Brüstle genehmigen. Brüstle widmet<br />

sich der Züchtung von Hüllzellen für<br />

Nervenfasern des Gehirns. Falls Stammzellen<br />

sich in intakte Hüllzellen umwandeln ließen,<br />

wäre das ein Therapieansatz für alle<br />

Krankheiten, bei denen das Gehirn degeneriert.<br />

Bei Ratten hat der Bonner Wissenschaftler<br />

bereits Erfolg gehabt, jetzt will er es<br />

mit menschlichen embryonalen Stammzellen<br />

versuchen, und die kommen aus Israel. Die<br />

DFG unterstützt dieses Projekt mit 102 000<br />

Euro.<br />

Konkrete Ausformulierung<br />

des Gesetzes<br />

Die genauen Bedingungen für den Import<br />

müssen indes noch klar geregelt werden. So<br />

soll eine von einer Ethikkommission beratene<br />

Kontrollbehörde geschaffen werden, die alle<br />

Kriterien überwachen und sicherstellen soll,<br />

dass die Embryonen nicht zu Forschungszwecken<br />

erzeugt wurden. Weiterhin ist zu<br />

überprüfen, ob die Eltern zugestimmt, jedoch<br />

keine finanzielle Entlohnung erhalten haben.<br />

Der vom Parlament angenommene Antrag<br />

sieht ferner vor, dass nach einem bestimmten<br />

Datum hergestellte Stammzelllinien nicht<br />

nach Deutschland importiert werden dürfen.<br />

Dabei wird der 30. Januar 2002 als spätester<br />

Termin genannt. Die Antragsteller wollen<br />

damit verhindern, dass zum Zwecke des<br />

Imports weitere Embryonen getötet werden.<br />

Doch um diese Stichtagsregelung gibt es<br />

bereits Streit. Die Forschungsbefürworter fordern<br />

inzwischen, den Termin nach hinten zu<br />

verlegen, während die Gegner des Embryo-<br />

IMPRESSUM<br />

340 von 618 Abgeordneten<br />

stimmten<br />

während der Debatte<br />

um den Stammzellenimport<br />

zu Gunsten<br />

des Kompromissantrages<br />

ab.<br />

nenimports dafür plädieren, den Stichtag auf<br />

den 7. August 2001 zu setzen.<br />

So ist das, wenn man sich weder für eine<br />

eindeutige Ja- noch eine eindeutige Nein-<br />

Regelung ausgesprochen hat. Denn Kompromisse<br />

können schell in die ein oder andere<br />

Richtung abdriften. Im Fall der Stammzellendebatte<br />

ist die stetige Ausweitung der Forschung<br />

an embryonalen Stammzellen jedoch<br />

wahrscheinlicher.<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Herausgeber:<br />

MedCom Verlags GmbH<br />

Godesberger Allee 154, 53175 Bonn,<br />

Tel.: 02 28/30 82 1-0, Fax: 02 28/30 82 1-33<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

<strong>Fachklinik</strong> <strong>Lenggries</strong><br />

für Neurologie und Physikalischrehabilitative<br />

Medizin GmbH<br />

Bergweg 21<br />

83661 <strong>Lenggries</strong><br />

Tel.: 0 80 42/50 40<br />

Fax: 0 80 42/50 47 77<br />

Internet: www.fachklinik-lenggries.de<br />

E-Mail: Info@fachklinik-lenggries.de<br />

Chefredaktion (V. i. S. d. P.):<br />

Dipl. Biol. Andrea Hertlein<br />

Medizinisch-wissenschaftliche Mitarbeit<br />

Prof. Dr. med. Gerd Paal<br />

Dr. med. Bernd Schönberger<br />

2/2002 FACH<strong>KLINIK</strong> LENGGRIES<br />

11


Wer sich regelmäßig mit neuen<br />

Dingen auseinander setzt, hält sich<br />

geistig fit. Und dies reduziert ebenfalls<br />

das Risiko, an Morbus<br />

Alzheimer zu erkranken. Was schon<br />

lange diskutiert und empfohlen<br />

wird, ist jetzt durch das Ergebnis<br />

einer Kohorten-Studie bestätigt worden.<br />

733 ältere katholische Nonnen und<br />

Priester sind von Wissenschaftlern des<br />

Rush Alzheimer’s Desease Center in<br />

Chicago untersucht worden. Alle<br />

Teilnehmer hatten zu Beginn keinen<br />

Alzheimer. Die Nonnen und Priester wurden<br />

gefragt, wie oft sie sieben Tätigkeiten ausübten,<br />

die eines gemeinsam haben: Das Gehirn<br />

muss laufend neue Informationen verarbeiten.<br />

Gefragt wurde nach Fernsehen, Radiohören,<br />

Lesen von Zeitungen, Zeitschriften,<br />

Büchern, Kartenspielen und Museumsbesuchen.<br />

Die kognitiven Fähigkeiten wurden schließlich<br />

mit 20 üblichen kognitiven Tests zu<br />

<strong>KLINIK</strong><strong>REPORT</strong><br />

Aktuelles+++Aktuelles+++Aktuelles+++Aktuelles+++Aktuelles+++AktuellesAktuelles+++Aktuelles<br />

Neues Messsystem<br />

Bei älteren Menschen kann Stürzen und<br />

damit auch Knochenfrakturen vielleicht<br />

bald effektiver vorgebeugt werden als bisher.<br />

Mit einem neuen Messsystem, das derzeit<br />

erprobt wird, lassen sich Bewegungsabläufe,<br />

etwa beim Treppensteigen, genau<br />

analysieren.<br />

Ein Drittel aller über 65-Jährigen stürzt mindestes<br />

einmal pro Jahr, so Dr. Martin Runge<br />

vom Geriatriezentrum Esslingen. Sturzgefährdete<br />

Menschen ließen sich an gestörten<br />

Bewegungsabläufen infolge verminderter<br />

Balance und Muskelleistung der Beine erkennen.<br />

Zu diesem Zweck ist das Leonardo-<br />

Messsystem von dem Pforzheimer Medizintechnik-Unternehmen<br />

Novotec in Zusammenarbeit<br />

mit Geriatern und Osteologen entwickelt<br />

worden. Damit lassen sich Bewegungsabläufe<br />

und Muskelfunktionen in Alltagssituationen<br />

genau analysieren, etwa beim Aufstehen, beim<br />

Treppensteigen oder beim Springen. Um etwa<br />

aus einem tiefen Sessel aufstehen oder sich<br />

beim Stolpern abfangen zu können, müssen<br />

Bewegungen kräftig, schnell und geschickt<br />

genug sein, erklärt Runge. „Wir können mit<br />

dem neuen Messsystem prüfen, ob das bei<br />

unseren Patienten gewährleistet ist.“ In der<br />

geriatrischen Rehabilitation wird das<br />

Messsystem seit über einem Jahr angewandt.<br />

Therapieerfolge, was die motorischen<br />

Fähigkeiten der Patienten betrifft, seien so einfach<br />

zu kontrollieren. Geeignet sei das System<br />

bei allen Erkrankungen und Krankheitsfolgen<br />

mit Bewegungsstörungen, etwa bei Patienten<br />

mit Schlaganfall, Morbus Parkinson und<br />

Nervenleiden infolge von Diabetes mellitus.<br />

Aber auch der altersbedingte Verlust von<br />

Muskelleistung könne kontrolliert werden.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.novotecmedical.com<br />

Tägliches Zeitunglesen<br />

reduziert Alzheimer-Risiko<br />

Beginn und einmal jährlich überprüft.<br />

Ergebnis: 111 der Teilnehmer hatten Morbus<br />

Alzheimer entwickelt, 622 nicht. Ergebnis der<br />

Analyse: Die zehn Prozent der Teilnehmer<br />

mit den höchsten Punktwerten bezogen auf<br />

die oben genannten Tätigkeiten (Durchschnitt<br />

4,3) hatten nur ein halb so hohes Alzheimer-<br />

Risiko wie die zehn Prozent mit den niedrigsten<br />

Punktwerten (Durchschnitt 2,9). Regelmäßiges<br />

Gehirn-Training beugt also wirklich<br />

Alzheimer vor.<br />

Memory-Mobil<br />

ist weiter<br />

unterwegs<br />

Seit Herbst 2000 tourt das Memory-Mobil<br />

schon durch Deutschland. Rat Suchende<br />

erhalten dort Informationen zu Morbus<br />

Alzheimer. Ziel der Alzheimer-Hilfe ist es,<br />

die Früherkennung der Krankheit zu fördern<br />

und etwa durch Broschüren, Faltblätter und<br />

Newsletter Betroffene und Angehörige zu<br />

informieren. Die telefonische Infoline bietet<br />

ihren Service auch in türkischer Sprache an.<br />

Tourtermine des Memory-Mobils und Infomaterial<br />

bei: Alzheimer-Hilfe, Postfach 70833,<br />

60599 Frankfurt. Infoline montags bis freitags<br />

von 8 bis 20 Uhr unter Tel.: 0180/3 36 66<br />

33, türkische Infoline dienstags von 14 bis 18<br />

Uhr unter Tel.: 0180/3 36 66 34, Fax: 069/62<br />

06 95.<br />

Schlaganfall-<br />

Hilfe<br />

gegründet<br />

Die Schlaganfall-Forschung zu fördern und<br />

die klinische Versorgung von Patienten sowie<br />

die Aus- und Fortbildung von Ärzten zum<br />

Schlaganfall zu verbessern, ist das Ziel der<br />

Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).<br />

Die wissenschaftliche Fachgesellschaft ist<br />

jetzt von Fachärzten und Forschern auf<br />

Initiative des Kompetenznetzwerks Schlaganfall<br />

und der Deutschen Gesellschaft für<br />

Neurologie gegründet worden. Die Gesellschaft<br />

will die Aktivitäten der Stiftung<br />

Deutsche Schlaganfall-Hilfe ergänzen. „Die<br />

Deutsche Schlaganfall-Medizin ist in der<br />

Grundlagenforschung und in der klinischen<br />

Versorgung weltweit führend“, sagt der 1.<br />

Vorsitzende der DSG, Professor Otto Busse<br />

aus Minden. Neue Verfahren der Therapie und<br />

Prophylaxe seien in Deutschland entwickelt<br />

worden. Diese Führungsrolle wolle man zum<br />

Nutzen der Patienten weiter ausbauen, so<br />

Busse.

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