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das letzte viertel - Hinterland Magazin

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68<br />

<strong>das</strong> <strong>letzte</strong> <strong>viertel</strong><br />

2009<br />

Nach sieben Jahren<br />

Gegenkampagne<br />

wird <strong>das</strong> Abschiebelager<br />

in Fürth<br />

geschlossen.<br />

2009<br />

Die Abschiebung<br />

von Walid Mohsin<br />

Aziz muss rückgängig<br />

gemacht werden.<br />

Monatelang hatten<br />

der BFR und Missio<br />

für den Iraker<br />

gekämpft.<br />

2009<br />

Flüchtlingsdemo in<br />

Schongau.<br />

2009<br />

Sammelpetition:<br />

„Wohnungen statt<br />

Flüchtlingslager" mit<br />

3.300 unterzeichnendenEinzelpersonen<br />

und 109 Organisationen,<br />

an Ministerin<br />

Haderthauer<br />

und die CSU Landtagsfraktionübergeben.<br />

2009<br />

September: Die bayerischeLagerlandaktivistin<br />

Nissrin Ali<br />

und der Lagerlandaktivist<br />

Felleke Bahiru<br />

Kum erhalten<br />

den Menschenrechtspreis<br />

von Pro Asyl.<br />

Am 27. Februar 1861 wurde Rudolf Steiner als<br />

Sohn eines Bahnbeamten in Kraljevec, damals<br />

Teil der Donaumonarchie, heute Kroatien,<br />

geboren. Steiner ist der Begründer der Waldorfschulen,<br />

von „Demeter“-Gemüse und „Weleda“-Kosmetik.<br />

Als Student bewegte er sich in deutschnationalen<br />

Kreisen und behauptete: „Das Judentum als solches<br />

hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung<br />

innerhalb des modernen Völkerlebens, und <strong>das</strong>s es<br />

sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte,<br />

dessen Folgen nicht ausbleiben konnten.“<br />

Steiner schlug sich als akademischer Gelegenheitsarbeiter<br />

durch, bis er um 1900 eine Karriere bei den<br />

Theosophen begann und Generalsekretär der deutschen<br />

Sektion dieser esoterischen Strömung wurde.<br />

Lehre von sieben „Wurzelrassen“<br />

Als Begründer der Anthroposophie entwickelte Steiner<br />

eine okkulte Rassenlehre, die Lehre von den sie-<br />

ben „Wurzelrassen“, die<br />

angeblich als körperliche Träger<br />

einer spirituellen Weiterentwicklung<br />

auf diesem Planeten<br />

fungieren. Schwarze<br />

galten ihm als triebgesteuerte,<br />

kindliche Wesen („Der N... hat<br />

also ein starkes Triebleben“),<br />

Mongolen als dekadent, Indianer als vergreist und<br />

Juden als intellektualistisch-versteinert. Steiner warnte<br />

weiße Frauen davor, während der Schwangerschaft<br />

Romane zu lesen, in denen Schwarze vorkämen. Sie<br />

würden sonst „Mulattenkinder“ bekommen. Dabei<br />

hätte „der N...“ nichts in Europa zu suchen...<br />

Reinkarnation und Karma<br />

Solche und andere Hirngespinste nahmen und nehmen<br />

Steiner-Anhängerinnen und -Anhänger durchaus<br />

für bare Münze. Sie verehrten ihn als „Menschheitsführer“<br />

und glaubten, er sei die Wiedergeburt von<br />

Aristoteles und Thomas von Aquin. Seine Vorstellungen<br />

über Reinkarnation und Karma gelten bis heute<br />

als konzeptionelle Grundlage der Waldorfpädagogik.<br />

Die gesamte Waldorfpädagogik ist in ihrem Kern auf<br />

einem Menschenbild aufgebaut, „für <strong>das</strong> Karma und<br />

Reinkarnation zentrale Tatsachen sind“, schrieb der<br />

Waldorfpädagoge Valentin Wember 2004 in der Zeitschrift<br />

Erziehungskunst, quasi <strong>das</strong> Zentralorgan der<br />

Waldörflerinnen und Waldörfler. Über frühere Erdenleben<br />

anderer zu spekulieren gilt zwar als taktloses<br />

Eindringen in die Privatsphäre, für Lehrende an Waldorfschulen<br />

gibt es aber eine Ausnahme: Ihnen sei<br />

„behutsames Spekulieren“ erlaubt. Anthroposophen<br />

Steiner warnte weiße Frauen davor, in<br />

der Schwangerschaft Romane zu<br />

lesen, in denen Schwarze vorkämen.<br />

glauben, <strong>das</strong>s der Leib eines Kindes von Kräften<br />

geformt wird, die auf frühere Erdenleben zurückgehen.<br />

Wer in einem früheren Leben gelogen hat, dessen<br />

Leib sei in der nächsten Verkörperung davon<br />

geprägt, der werde als geistig behinderte Person wieder<br />

geboren. „Jetzt kann der Mensch die Wahrheit<br />

nicht mehr richtig erfassen, er wird schwachsinnig“,<br />

schreibt Wember. Dieser Zusammenhang sei „eine<br />

spirituelle Gesetzmäßigkeit, die der Geistesforscher<br />

Rudolf Steiner entdeckt hat“. Erziehende sollen sich<br />

vorstellen, <strong>das</strong>s sie diejenigen waren, die im früheren<br />

Leben belogen wurden. Sie müssen dem behinderten<br />

Kind verzeihen und ihm die Wahrheiten des geistigen<br />

Lebens beibringen. Sie arbeiten auch „karmische<br />

Schuld“ von Kindern ab.<br />

Kritisches Denken vergifte Kinder und Jugendliche,<br />

meinte Steiner. Erst mit der Geschlechtsreife, wenn<br />

der „Ätherleib“ enthüllt werde, dürfe die lehrende<br />

Person die Urteilskraft der Jugendlichen entwickeln,<br />

sie dürfen sich „den Schnabel<br />

wetzen“. Allerdings solle<br />

reines „Kopfwissen“ und<br />

„Intellektualismus“ vermieden<br />

werden. Als didaktische<br />

Methode pries Steiner die<br />

Wiederholung. Intellektualität<br />

war ihm suspekt: „Alles<br />

Intellektuelle ist greisenhafter Wille, ist schon der<br />

Wille im Alter.“ Über Sexualität und Erotik zu sprechen,<br />

ist in der Waldorfschule verpönt. Steiner empfahl<br />

stattdessen, den ästhetischen Sinn für <strong>das</strong> Erhabene<br />

und Schöne in der Natur zu fördern. Seit 2002<br />

wird in Waldorfkreisen verklemmt über Sexualkunde<br />

debattiert.<br />

Von „Wurzelrassen“ zu „Kulturepochen“<br />

Dass die rund 200 Waldorfschulen in Deutschland mit<br />

Steuergeldern unterstützt werden, ist angesichts des<br />

Umstandes, <strong>das</strong>s es sich um Einrichtungen handelt,<br />

die auf einer abstrusen und okkulten Lehre gründen,<br />

eigentlich ein Skandal. Hierzulande braucht sich also<br />

niemand zu mokieren, wenn in einigen amerikanischen<br />

Schulen der Kreationismus gelehrt wird, zumal<br />

auch die Anthroposophie mit der wissenschaftlichen<br />

Evolutionstheorie auf Kriegsfuß steht und davon ausgeht,<br />

<strong>das</strong>s der Affe vom Menschen abstammt. Nach<br />

Ansicht Steiners sind Affen und Indianer „dekadente“<br />

Seitenzweige auf dem Weg zum „Arier“.<br />

Begriffe wie „Wurzelrassen“ oder „Rassen“ meidet der<br />

Steiner-Anhang heute, man spricht lieber von „Kulturepochen“.<br />

Dass sich Menschen nicht in „Rassen“ sor-

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